Inklusion ermöglichen – Grenzen überwinden. Schulpädagogik bei Kindern mit Behinderung - Kristin Kunert - E-Book

Inklusion ermöglichen – Grenzen überwinden. Schulpädagogik bei Kindern mit Behinderung E-Book

Kristin Kunert

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Beschreibung

Kindergarten und Schule gehören zu den ersten Orten, an denen Kinder mit Menschen außerhalb ihrer Familie intensiv und dauerhaft konfrontiert werden. Hier lernen sie nicht nur Buchstaben und Formeln, sondern finden auch ihre Rolle in der Gesellschaft. Doch wie sieht es mit körperlich oder geistig beeinträchtigten Schülern aus? Wollen und können wir sie in gleichem Maße zu unserer Gesellschaft zählen wie gesunde Kinder? Schüler mit Behinderung im Unterricht zu integrieren und ihnen so eine weitgehend normale gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen ist das Hauptanliegen der aktuellen Inklusionsdebatte. Dieser Band beleuchtet die theoretischen Ansätze der inklusiven Pädagogik und liefert gleichzeitig einen Beitrag zur schulischen Praxis, indem er zeigt, wie man Lernprozesse inklusiv gestalten kann. Aus dem Inhalt Von der Integration zur Inklusion Die UN-Behindertenrechtskonvention und der Inklusionsgedanke Die Montessori-Pädagogik – ein Modell für die Inklusion? Inklusive Schulkultur: Lernen durch ästhetische Erfahrung

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum:

Copyright © 2013 ScienceFactory

Ein Imprint der GRIN Verlags GmbH

Druck und Bindung: Books on Demand GmbH, Norderstedt, Germany

Coverbild: pixabay.com

Inklusion ermöglichen – Grenzen überwinden

Schulpädagogik bei Kindern mit Behinderung

Kristin Kunert (2009): Unterschiede der Ziele und Forderungen von Integration und Inklusion

Einleitung

Integration und Inklusion nach Hinz

Integration nach Feuser

Integration nach Hinz und Feuser im Vergleich

Schlussbemerkung

Literaturverzeichnis

Eva Herrmann (2012): Das inklusive Konzept der Montessori-Pädagogik und das Menschenrecht auf Bildung für Behinderte. Ein mögliches Vorbild für ein deutsches inklusives Bildungssystem

Einleitung

Begriffsklärung von Integration und Inklusion

Der rechtlich verankerte Anspruch auf Inklusion im deutschen Bildungssystem als Menschenrecht

Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Schulische Inklusion in der Montessori-Pädagogik

Erweiterter Schlussteil

Literaturverzeichnis

Verwendete Zeitschriftenartikel

Verwendete Internetquellen

Sylvia Wilbrink (2010): Ästhetische Erfahrungsbildung als Chance im Inklusionsprozess an Grundschulen

Einleitung

Inklusive Bildung

Bildungsstandards und Schlüsselkompetenzen

Lernprozesse ästhetisch und inklusiv gestalten

Didaktische und methodische Vorschläge für inklusiven Unterricht

Zusammenfassung – Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

Anhang

Einzelpublikationen

Kristin Kunert (2009): Unterschiede der Ziele und Forderungen von Integration und Inklusion

Einleitung

Integration und Inklusion – zwei häufig genutzte Wörter, die für die einen schlichtweg das Gleiche bedeuten, sich für andere jedoch ganz klar voneinander unterscheiden. Im heutigen Sprachgebrauch findet man zunehmend die Verwendung des Begriffs der Inklusion, sodass man den Eindruck bekommen könnte, Integration mit all seinen Vorstellungen und Forderungen würde zukünftig von diesem abgelöst werden und das, obwohl sich Pädagogen bis heute nicht für eine einheitliche Definition und Realisierung von Integrationspädagogik entscheiden konnten.

Die Autoren Andreas Hinz und Georg Feuser haben sich ausführlich mit dem Thema der Integration auseinandergesetzt. Was die Inklusionspädagogik beinhaltet, wurde von Hinz zusätzlich betrachtet. Die Verschiedenheit der mit diesen Begriffen verbundenen Ziele und Forderungen sollen nun Gegenstand der vorliegenden Hausarbeit sein. Zunächst werden Merkmale, Umsetzung und daraus resultierende Probleme der Integration nach dem Verständnis von Hinz aufgezeigt, bevor im Anschluss seine Gedanken zum Inklusionsbegriff vorgestellt werden. Was Feuser unter dem Begriff der Integration versteht, leitet das nachfolgende Kapitel ein. Der Vorstellung seiner Definition folgt schließlich die Erörterung der sich daraus ergebenen Merkmale. Um die von ihm dargestellte Integration erfolgreich in die Praxis umsetzen zu können, bedarf es einiger grundlegender Rahmenbedingungen, auf deren Darstellung in diesem Zusammenhang nicht verzichtet werden kann. Wie bereits Hinz beanstandet auch Feuser die gegenwärtige Realisierung integrativer Pädagogik in der Institution Schule. Die wichtigsten Kritikpunkte werden daher kurz erläutert und schließen letztlich das Kapitel ab. Nachdem die umfangreiche Darstellung beider Positionen zum Begriff Integration erfolgt ist, soll im Anschluss die Beantwortung der Frage

„Bedeutet gleicher Wortgebrauch auch gleiches Verständnis?“

den Mittelpunkt nachfolgender Überlegungen bilden. Zu diesem Zweck werden ausgewählte Aspekte beider Autoren miteinander verglichen. Die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen liefern wichtige der Antwort dienende Erkenntnisse.

Aus Vereinfachungsgründen wird in der vorliegenden Hausarbeit nur die männliche Form verwendet.

Integration und Inklusion nach Hinz

Den Begriffen Integration und Inklusion liegen keine eindeutigen Definitionen zu Grunde. In der Literatur findet man daher eine Vielzahl von Autoren, die sich ausgiebig mit diesen Themen beschäftigt haben. Einer von ihnen ist Andreas Hinz. Sein Verständnis von Integration und die daraus resultierenden Probleme bei Realisierung als auch die Inklusion werden in diesem Kapitel ausführlich beschrieben.

Merkmale und Probleme bei der Umsetzung von Integration

Integration bedeutet für Hinz Menschen mit Schädigungen in eine Gruppe von Menschen, die keine Schädigungen aufweisen, einzubeziehen und ihre Weiterentwicklung mit der Ausstattung personenbezogener Ressourcen, individueller Förderung und eigens für sie zuständiger Pädagogen zu fördern. So werden beispielsweise behinderte Kinder in die Allgemeine Schule aufgenommen, um mit den anderen nichtbehinderten Schülern gemeinsam in einer Klasse zu lernen, obwohl man oftmals bereits im Vorfeld weiß, dass einige der integrierten Kinder die vorgegebenen Ziele der jeweiligen Schulreform nicht erreichen können. Nichtsdestotrotz erfolgt die Aufnahme in diese Schule, wenn sowohl die Rahmenbedingungen stimmen als auch die individuelle Förderung der behinderten Kinder gesichert ist. (Hinz, A. 2002, S. 355 und 359 / 2007, S. 26)

Doch nicht jedem Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf wird Integration im gleichen Umfang ermöglicht. Die Aussage„Sag mir deine Schädigung und ich sage dir deine Integrationsmöglichkeiten“ (Hinz, A. 2002, S. 356) zeigt laut Hinz die gängige Praxis nach der heute Integration durchgeführt wird. Je nach Beeinträchtigung wird zunächst selektiert und schließlich eine für den jeweiligen Schüler geeignete Integrationsform ausgewählt und zugewiesen. Gerade für schwerer geistig behinderte Kinder führt diese Vorgehensweise zu einem stärkeren Ausschluss aus integrativen Projekten und Maßnahmen. Anstelle ihrer vorhandenen Möglichkeiten wird häufig das Nicht-Können als Ausgangspunkt für die Überlegungen hinsichtlich der Integrierbarkeit dieser Schüler gewählt. Im Ergebnis begründet diese defizitäre Sichtweise somit oftmals die Nicht-Förderbarkeit der schwerstbehinderten Kinder in der Allgemeinen Schule, so dass für sie schließlich nur die Möglichkeit der Sonderschule besteht, die infolgedessen nun zur Restschule degeneriert. (Hinz, A. 1992, S. 12 / 2002, S. 356) Um diesem Trend entgegenzuwirken und zukünftig Kinder mit schweren Behinderungen stärker in Schulen und Projekte zu integrieren, muss ein Umdenken seitens der Pädagogen stattfinden. Dies erfordert von den Fachkräften zunächst die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit den eigenen Wertmaßstäben und Haltungen gegenüber Kindern mit Schädigungen. Sind die Barrieren in den Köpfen dann erst einmal abgebaut, ist der Pädagoge auch wieder in der Lage sich mit den spezifischen Erfordernissen, Bedürfnissen und Kompetenzen der schwerstbehinderten Schüler auseinanderzusetzen, um deren Einbezug in integrative Maßnahmen und Projekte sicherzustellen. (Hinz, A. 1992, S. 17)

Angemessene Rahmenbedingungen einer Schule sind neben der veränderten Sichtweise der pädagogischen Fachkräfte eine weitere Voraussetzung für die erfolgreiche Integration besonders mehrfach behinderter Kinder. Häufig stellen die der Allgemeinen Schule vorgegebenen Rahmenbedingungen ein grundlegendes Problem dar, warum diese Schüler nicht integriert werden können (Hinz, A. 2007, S. 27). Die Herausforderung der Integrationspädagogik besteht letztendlich darin, diesen schwerstbehinderten Kindern unter Beachtung ihrer Bedürfnisse ein gemeinsames Leben und Lernen mit anderen in ihrem gewohnten sozialen Umfeld zu ermöglichen und die Voraussetzungen zu schaffen, um in gegenseitigen Begegnungen das Vorhandensein vielfältiger individueller Persönlichkeiten kennen und achten zu lernen. (Hinz, A. 1992, S. 22-23)

Trotz integrativem Unterricht findet das gemeinsame Lernen behinderter und nichtbehinderter Schüler selten statt, sodass die für die Integration maßgeblichen Gründe wie zum Beispiel Interaktion, emotionales Wohlbefinden und die soziale Einbindung in die Gruppe oftmals nicht realisiert werden können. Räumliches Bei- oder Nebeneinander sowie zeitlich begrenztes Miteinander, zum einen häufig verursacht durch für notwendig erachtete Einzelmaßnahmen und zum anderen durch die Festlegung getrennter Unterrichtsdurchführung in den zentralen Fächern wie Rechnen, Lesen und Schreiben führen im Ergebnis dazu, dass Integration nur für diejenigen behinderten Kinder verwirklicht wird, die annähernd dem geistigen Niveau der nichtbehinderten Schüler entsprechen. (Hinz, A. 2002, S. 355)

Zentrales Problem des gemeinsamen Unterrichts ist häufig, dass die Situation des einzelnen behinderten Schülers nicht betrachtet wird. Zwar werden alle verfügbaren Möglichkeiten angewandt, um diesen in die Klasse zu integrieren, die erforderliche Veränderung der Schule als Ganzes, basierend auf einer zuvor getätigten Revidierung der Sichtweise hinsichtlich der Schädigung des Kindes, erfolgt jedoch nicht. Nach außen wird so der Anschein erweckt, dass der behinderte Schüler vollständig in der Klasse integriert ist. In Wirklichkeit aber befindet er sich wie Hinz treffend formuliert „in einer Insellage“ (Hinz, A. 2002, S. 356). Mit anderen Worten gesagt: obwohl das geschädigte Kind zusammen mit nichtbehinderten Kindern in einer Klasse sitzt und lernt, findet oftmals weder Interaktion untereinander statt noch erfolgt die beabsichtigte soziale Einbindung in die Gruppe, denn die vorherrschende Meinung der Schüler und Lehrer ist nach wie vor, dass der behinderte Schüler ‚anders‘ ist und bleibt. (Hinz, A. 2002, S. 356)

Verstärkt wird diese negative Einstellung gegenüber dem Behindert sein und die daraus resultierende Abwertung des geschädigten Kindes unter anderem durch die Bezeichnung als ‚Integrationskind‘ im täglichen Sprachgebrauch, das Vorhandensein anderer speziell für diesen Schüler notwendiger Pädagogen, die nicht der Allgemeinen Schule angehören und die Ausstattung mit zusätzlichen Ressourcen. Die Dominanz der nichtbehinderten Schüler in der Klasse erschwert zusätzlich die Integration und führt folglich dazu, dass die Bedürfnisse der Gruppe der integrierten Kinder zugunsten der Erfordernisse der Mehrheit außer Acht gelassen werden. Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der verschiedenen Modelle und Konzepte der Integration für das einzelne geschädigte Kind ist daher ein verändertes Verständnis von Behinderung sowie eine regelmäßige kritische Reflexion hinsichtlich der Funktionalität angewandter Maßnahmen und Methoden. (Hinz, A. 2002, S. 357 / 2007, S. 26)

Die zuvor erwähnte Ausstattung mit zusätzlichen Ressourcen und die damit einhergehende öffentliche Etikettierung der behinderten Schüler, führen zu einer weiteren Verschärfung der Zwei-Gruppen-Theorie und stellen für Hinz somit ein ernst zu nehmendes Problem der Integration dar. Ergänzt wird diese Stigmatisierung durch die Zuordnung behinderter Schüler zu den jeweiligen Schulformen und verschiedenen Förderschwerpunkten. Auch die Anfertigung individueller Förderpläne wirkt sich laut Hinz eher kontraproduktiv auf das gemeinsame Lernen aus, da sie dem behinderten Kind unter Umständen Lerninhalte vorenthalten. Häufig von Sonderschullehrern verfasst, werden hier ausgehend von den Defiziten des Schülers Lerninhalte, die für ihn realisierbar erscheinen, festgelegt. Doch diese einseitige Ausrichtung an den Lernbedürfnissen und -möglichkeiten des einzelnen Schülers kombiniert mit der Vorstellung, dass diese Kinder nur in kleinen Schritten lernen können, behindern mehr den Lernprozess in der Gemeinschaft als das sie diesen fördern. Diskriminierung, durch die die Teilhabe am öffentlichen Leben eingeschränkt wird, ist oft die Folge. (Hinz, A. 2002, S. 358 / 2007, S. 31)

Probleme hinsichtlich der Integration zeichnen sich darüberhinaus auch auf quantitativer Ebene ab. So hat der gemeinsame Unterricht das bestehende System des gegliederten Schulwesens nicht wie erhofft ersetzt, sondern letztendlich nur ergänzt. Die daraus resultierende Zunahme an sonderpädagogischem Förderbedarf und der damit verbundende notwendige finanzielle Mehraufwand für zusätzlichen Lehrerbedarf und Ressourcen, welche die Situation für die behinderten Schüler verbessern sollen, führten folglich zu einer quantitativen Stagnation des integrativen Unterrichts sowie zu einer Abnahme gemeinsamer Projekte. (Hinz, A. 2002, S. 355)

Es bleibt also festzuhalten, dass Integration als ständiger Prozess von Einigungen zwischen Personen, Institutionen und auf der Ebene gesellschaftlich vorgegebener Normen und Werte stattfindet. Dabei geht es in erster Linie darum, mit Hilfe von Annäherungs- und Abgrenzungsprozessen ein Gleichgewicht zwischen den Polen der Gleichheit und Verschiedenheit herzustellen. Integration klagt das „Recht aller Kinder auf Unterschiedlichkeit“ (Hinz, A. 1992, S. 19 zitiert nach Wocken 1987, 76) ein und zielt daher nicht auf Anpassung oder Abschaffung der Heterogenität ab. (Hinz, A. 1992, S. 18-19)

„Grenzen der Integration gibt es [wiederum] überall dort, wo es nicht zu Einigungen kommt“ (Hinz, A. 1992, S. 23). Ursachen dafür können unter anderem konzeptionelle und finanzielle Festlegungen der Schulverwaltung oder die Bildungspolitik eines Bundeslandes sein. Obwohl auch in Zukunft noch viele Probleme hinsichtlich der Integration gelöst werden müssen, sind die ersten Schritte in die richtige Richtung erfolgt, sodass bereits heute eine begrenzte Anzahl von behinderten Kindern gemeinsam mit anderen Kindern leben und lernen kann. (Hinz, A. 2007, S. 29)

Inklusion

Die Inklusion hat den Anspruch „allen Zugang zu Allem und Teilhabe an Allem zu ermöglichen“ (Hinz, A. 2007, S. 32). Das heißt also, an jedem Ort und zu jedem Zeitpunkt Erfahrungen zu machen, Situationen zu erleben oder Wissen zu erwerben. Grundlegend zielt sie darauf ab, verschiedene Ausmaße von Heterogenität in einer einzigen unteilbaren Gruppe zusammenzuführen. „Heterogenität ist Normalität“ (Hinz, A. 2002, S. 357) kann folglich als Leitidee der Inklusionspädagogik aufgefasst werden. Unabhängig von seinen Fähig- und Fertigkeiten soll der Einzelne als vollwertiges Mitglied in der Gemeinschaft anerkannt und in alle Bereiche mit einbezogen werden. Die Erreichung dieses Zieles setzt in erster Linie eine Veränderung von Einstellungen und Haltungen jedes Einzelnen voraus. Reflexive Entwicklungsprozesse von Institutionen und ein damit einhergehendes verändertes Selbstverständnisses und Menschenbild sind weitere Grundlagen für die erfolgreiche Umsetzung des inklusiven Gedankens. In der Praxis zeigt sich dieser beispielsweise durch Anpassungen am Schulprogramm und Schulprofil. (Hinz, A. 2002, S. 356-357)

Im Gegensatz zur Integration wird die vorhandene Heterogenität bei der Inklusion zum Ausgangspunkt des gemeinsamen Lernens in der Schule. Anstelle von verschiedenen Verantwortlichen für Einzelne gibt es nun eine gemeinsame Zuständigkeit für alle Schüler einer Klasse und resultierend daraus auch eine gemeinschaftliche Reflexion der Gesamtsituation. Um am gemeinsamen Unterricht teilnehmen zu können ist keine Qualifikation erforderlich. Sowohl gemeinsames als auch individuelles Leben und Lernen aller Kinder in der Allgemeinen Schule kennzeichnen die Inklusionspädagogik. Um die Etikettierung des Einzelnen aufzuheben, wird die für die Integration übliche personenbezogene Ressourcenausstattung durch eine pauschale systembezogene Zuweisung von Ressourcen ersetzt. (Hinz, A. 2002, S. 356-358)

Die Inklusion benötigt pädagogische Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel aus der Schul-, Sonder- und Sozialpädagogik, die zusammen als Team durch ihre unterschiedlichen Betrachtungsweisen, die in der Gruppe auftretenden Probleme lösen sowie vorhandene Spannungsfelder ausbalancieren können und so das gemeinsame Lernen innerhalb der Klasse sichern. Diese Pädagogen werden nicht wie aus der Integration bekannt zusätzlich für spezielle Schüler in einem festgesetzten Zeitrahmen eingesetzt, sondern arbeiten ganz an der Schule und unterstützen bei Bedarf den Klassenlehrer. (Hinz, A. 2002, S. 358-359)

Individuelle Förderpläne als auch Begriffe wie ‚geistige Behinderung‘ oder ‚Lernstörung‘ etikettieren nach Meinung von Inklusionspädagogen die in der Klasse vorhandenen behinderten Schüler und werden kategorisch abgelehnt. Deshalb erfolgt anstelle eines spezifischen die Entwicklung eines gemeinsamen Curriculums, das anschließend in unterschiedlichen Teilbereichen individualisiert wird, um ein sinnvolles Lernen aller Beteiligten einer Klasse zu gewährleisten. Die zentrale didaktische Aufgabe des inklusiven Unterrichts besteht darin, zusammen mit jedem Schüler zu überlegen und zu entscheiden, in welcher Art und Weise er sich individuell an den jeweiligen Unterrichtsinhalten beteiligen kann. Eine kollektive Planung und Reflexion gegenwärtiger und zukünftiger Prozesse mit dem Kind trägt entscheidend zum erfolgreichen gemeinsamen Lernen bei. (Hinz, A. 2002, S. 358)

Doch auch bei diesem inklusiven Konzept zeigen sich verschiedene Problematiken. Zum einen geht es um die Frage der Realisierung im Gesetz verfasster Ansprüche eines Kindes auf spezielle Unterstützung. Zum anderen tritt der eigentliche Auftrag der Sonderpädagogen, ausgewählte Kinder gezielt zu fördern, zunehmend in den Hintergrund, da sie nun als Unterstützung für alle Schüler einer Klasse fungieren. Verursacht durch die homogene Ausrichtung der Schule scheinen des Weiteren schulische Anforderungsnormen durch die Forderung nach individueller Entwicklung eines Kindes beliebig zu werden. Zukünftig steht die Inklusionspädagogik daher vor der Aufgabe, das in der Praxis vorhandene selektive Schulsystem so anzupassen, dass inklusive Konzepte erfolgreich verwirklicht werden können. (Hinz, A. 2002, S. 358)

Integration nach Feuser

Integration soll subjektorientiert sein und allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen bezüglich Erziehung, Bildung und Unterricht gewähren. Diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es einerseits einem veränderten Verständnis von Kultur und sozialer Gemeinschaft und andererseits einem revidierten Menschenbild. (Feuser, G. 1987b, S. 57 / 1995, S. 133)

Das folgende Kapitel zeigt zunächst auf, was Georg Feuser allgemein unter Integration versteht. Ausführlich werden danach Merkmale und Rahmenbedingungen integrativer Pädagogik erörtert, bevor im Anschluss bedeutende Kritikpunkte an der gegenwärtigen Realisierung der Integration vorgestellt werden.

Der Begriff der Integration

Eine „Schule für alle“ (Feuser, G. 1995, S. 135) und eine damit einhergehende Vollintegration zu realisieren stellt für Feuser das oberste Ziel der gegenwärtigen und auch zukünftigen Integrationsbewegung dar. Das Fundament hierfür bildet „die untrennbare Einheit von sozialer Gemeinschaft und einer subjektorientierten Erziehung und Bildung aller ihrer Mitglieder“ (Feuser, G. 1995, S. 137). Damit wird sichergestellt, dass sich jedes Kind und jeder Jugendliche unabhängig seiner physischen und psychischen Verfassung bei Bedarf alle für ihn relevanten Kenntnisse, Fähig- und Fertigkeiten aneignen kann. (Feuser, G. 1987b, S. 54) In diesem Sinne kann daher nicht von einer Integrationspädagogik gesprochen werden, sondern von einer allgemeinen Pädagogik, deren Aufgabe es ist unter Ausschluss von Selektion jedem Schüler Erziehung, Bildung und Unterricht in der Institution Schule zu ermöglichen, um so dessen Entwicklung zu fördern. Da sich diese allgemeine integrative Pädagogik nach Maßgabe der Entwicklung des jeweiligen Schülers anpasst, bedarf sie generell keiner bestimmten Schulform oder -stufe. (Feuser, G. 1995, S. 213) Um der hier geforderten Vollintegration zu entsprechen, muss zunächst die Didaktik betrachtet werden, denn Gegenstand der Integrationspädagogik ist nicht das Kind oder der Jugendliche, sondern der Aufbau des für ihn notwendigen Erziehungs- und Bildungsprozesses. (Feuser, G. 1984, S. 29 / 1995, S. 133-135)

Eine nicht selektierende und segregierende „Allgemeine Pädagogik, in der alle Kinder und Schüler in Kooperation miteinander, auf ihrem jeweiligen Entwicklungsniveau, nach Maßgabe ihrer momentanen Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungskompetenzen, in Orientierung auf die ‚nächste Zone ihrer Entwicklung‘, an und mit einem ‚gemeinsamen Gegenstand‘ spielen, lernen und arbeiten.“ (Feuser, G. 1995, S. 168) ist für Feuser letztlich das zentrale Anliegen der Integration. Die Umsetzung der Integration nach diesem Verständnis erfordert primär eine Veränderung des Schulprofils. Ergänzend dazu müssen auch die Lehrer ihre Einstellungen und Haltungen hinsichtlich ihrer Funktion und Bedeutung für die Entwicklung ihrer Schüler überdenken und gegebenenfalls revidieren, um auf dieser Grundlage einen Unterricht planen und durchführen zu können, in dem Integration im zuvor beschriebenen Sinne verwirklicht wird. (Feuser, G. 1987a, S. 219) Inwieweit die von Feuser dargestellte Integration realisiert werden kann, hängt also stark von der Bereitschaft der Lehrer ab, Veränderungen sowohl im Bewusstsein als auch im Handeln zu vollziehen. (Feuser, G. 1987b, S. 68)

Merkmale der Integration

Integration nach dem Verständnis von Feuser stellt die Heterogenität der Gruppe und damit die Individualität des Einzelnen in das Zentrum aller integrativer Überlegungen und Maßnahmen und verhindert infolgedessen einerseits den Ausschluss von behinderten Schülern aus Regelschulen und andererseits das heutzutage häufig praktizierte Zusammenführen von Kindern und Jugendlichen in Gruppen, die annähernd dem gleichen geistigen Niveau entsprechen. (Feuser, G. 1995, S. 171)