Institutionelle Diskriminierung. Benachteiligung von Schülern mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem. - Patrik Grün - E-Book

Institutionelle Diskriminierung. Benachteiligung von Schülern mit Migrationshintergrund im deutschen Bildungssystem. E-Book

Patrik Grün

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Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Pädagogik - Interkulturelle Pädagogik, Note: 1,3, Universität des Saarlandes (Humanistisches Institut), Veranstaltung: Interaktion und Kommunikation unter besonderer Berücksichtigung des Interkulturellen Kompetenz, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Hausarbeit stellt die Problematik der Ungleichbehandlung von Schülern in Deutschland ins Zentrum ihrer Untersuchung und zeigt, in welchen Gebieten sie am häufigsten und stärksten zu finden ist.

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I. Einleitung - Definition und Forschungsstand zum Thema„Institutionelle Diskriminierung“

 

Die Bundesrepublik Deutschland gilt als Einwanderungsland. Unsere Gesellschaft ist geprägt dadurch, dass sie offen dafür ist, ausländische Mitbürger aufnehmen und ihnen bei entsprechenden Voraussetzungen eine neue Lebensperspektive zu geben und ihnen die Integration zu ermöglichen. So war es im Jahr 2001 beispielsweise so, dass in Deutschland 7,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund lebten, was immerhin fast 10% der Gesamtbevölkerung Deutschland ausmacht.[1] Jedes Jahr kommen mehrere hunderttausend Menschen nach Deutschland, um hier eine Heimat zu finden. Die Gründe dafür, dass die Menschen nach Deutschland kommen, sind unterschiedlich: Flucht vor Krieg aus ihren Heimatländern, bzw. Suchen einer neuer Lebensperspektive sind unter anderem zwei häufig genannte Gründe.

 

Die Migration nach Deutschland stellt beide Seiten – die Einwanderer und den deutschen Staat - allerdings vor Probleme, die gelöst werden müssen, um die Integration in die deutsche Gesellschaft zu ermöglichen. Ein insbesondere für die nachhaltige Entwicklung der Menschen notwendiger Faktor hierbei ist der Bildungssektor. Eine gute Bildung ist in unserer heutigen Welt immer wichtiger, wenn man sich die wirtschaftliche Entwicklung weltweit anschaut. Die Bildungschancen in Deutschland sind allerdings sehr stark abhängig von der Herkunft der Menschen. So sagt das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf seiner Homepage, dass „in keinem anderen Industriestaat der Welt die sozio-ökolgische Herkunft so sehr über den Schulweg und die Bildungschancen [entscheidet] wie in Deutschland“.[2] Das heißt also, dass Schüler mit Migrationshintergrund in Deutschland dadurch, dass sie einem fremden Kulturkreis entstammen, eine andere Bildungschance haben als andere Kinder hier in Deutschland. Die Diplompsychologin Mechtild Gomolla spricht in diesem Zusammenhang von einem Gerechtigkeitsdefizit: Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund werden vom deutschen Bildungssystem systematisch benachteiligt.[3] Diese Form der Benachteiligung wird in der Wissenschaft als „institutionelle Diskriminierung bezeichnet. Hierunter versteht man Formen der Diskriminierung, die „in normalen organisatorische Strukturen, Programme und Routinen in den Basissystemen des gesellschaftlichen Lebens (…) eingebettet“ sind.[4] Diese Benachteiligung besitzt also eine formale rechtliche Legitimation. Gründe hierfür sind in den meisten Fällen ethnisch begründet, wie z.B. hinsichtlich Nationalität, Sprache, Religion oder Kultur der Menschen. Gomolla geht sogar so weit zu behaupten, dass es sich in solchen Fällen um eine Form des Rassismus handelt, die zur Routine geworden ist.[5] In Bezug auf den Bildungssektor kommt es insbesondere zu institutioneller Diskriminierung, wenn Weichenstellungen der Einwanderungs- und schulpolitischen Ebene, Strukturen, Programme und etablierte Praktiken in einzelnen Organisationen wie im lokalen Schulfeld sowie defizitorientierte Ansätze der Ausländerpädagogik und statische, rückwärtsgewandte Konzepte kulturelle Identität zusammenwirken.[6] Eine sogenannte Kumulation benachteiligender Aspekte für Migranten bewirkt also in ihrem Zusammenspiel die institutionelle Diskriminierung.

 

Der Begriff der institutionellen Diskriminierung entstand in den 70er Jahren in den USA, und wurde geprägt durch Stokely Carmichael und Charles Hamilton. Sie waren beide politische Aktivisten bei den Black Panthern, einer Gruppe, die zur damaligen Zeit für die Gleichstellung der afroamerikanischen Menschen in den USA kämpfte. Sie formulierten als erste medienwirksam den Vorwurf, dass in den USA eine Ungleichheit in Angelegenheiten von Institutionen, also eine politische und rechtliche Ungleichheit herrschte.[7] Die Soziologen Joe R. Feagin und Clairece B. Feagin stellten 1986 eine Differenzierung zwischen direkter und indirekter institutioneller Diskriminierung an. Auf diese beiden Amerikaner sich berufend beschreibt Gomolla direkte institutionelle Diskriminierung als „explizite Formen der Ungleichbehandlung“, die „auf formalen Regeln oder auch auf informellen organisatorischen Praktiken“ geruhen. Ein Beispiel hierfür ist de Ungleichbehandlung von Kindern mit Flucht- / Asylhintergrund im deutschen Bildungssystem. Im Gegensatz hierzu versteht sie unter indirekter institutioneller Diskriminierung „oberflächlich neutrale oder faire institutionelle Regeln“, deren Einhaltung jedoch „diskriminierende Effekte“ für bestimmte Bevölkerungsgruppen bewirken (z.B. Zurückstellung von Migrantenkindern zur verstärkten Förderung, was einer Stigmatisierung dieser Schüler gleichkommt).[8]

 

In Deutschland ist die Diskussion über institutionelle Diskriminierung seit den 1960er Jahren besonders in den Vordergrund getreten. So existieren seit Mitte der 60er Jahre Daten, die Aufschluss über den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungs- sowie Berufschancen geben können. Als Ergebnisse dieser Mikrozensus- und Volkszählungsdaten bis 1989 gibt der Soziologe Bernhard Schimpl-Neimann an, dass es insbesondere im Gymnasialbereich eine große Ungerechtigkeit besteht für Schüler aus sozial schwächeren Elternhäusern.[9] Nach der PISA-Studie im Jahr 2000, zu der im weiteren Verlauf des Aufsatzes noch genauer eingegangen wird, wiesen die Erziehungswissenschaftler J. Baumert und G. Schümer nach, dass die Ergebnisse Schimpl-Neimanns auch heutzutage noch ihre Gültigkeit haben. Zudem gebe es eine hohe Stabilität sozialer Ungerechtigkeiten über Jahre hinweg, trotz mehrerer kleiner Reformen des Bildungssystems. Hieraus wird gefolgert, dass die Institution Schule selber als Schuldiger für institutionelle Diskriminierung gesehen werden muss, und man an ihr auch ansetzen muss, um die Situation für bisher benachteiligte Schülergruppen zu verbessern.[10]

 

In wieweit die Institution Schule sowie das dahinter stehende Bildungssystem verantwortlich ist für institutionelle Diskriminierung insbesondere bei Schülern mit Migrationshintergrund, soll im nachfolgen Aufsatz näher beleuchtet werden, und im Anschluss sollen auch mögliche Verbesserungen genannt werden, die die derzeitige Ungleichbehandlung abmildern könnten.