Iphigenie auf Tauris von Johann Wolfgang von Goethe (Textausgabe) - Johann Wolfgang von Goethe - E-Book

Iphigenie auf Tauris von Johann Wolfgang von Goethe (Textausgabe) E-Book

Johann Wolfgang von Goethe

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Beschreibung

"Iphigenie auf Tauris" handelt von der griechischen Prinzessin Iphigenie, die von den Göttern gerettet und auf der Insel Tauris verborgen wurde. Dort wird sie zur Priesterin der Artemis und muss sich mit der emotionalen Herausforderung auseinandersetzen, als ihr Bruder Orest in Gefangenschaft gerät und sie ihn zu retten versucht. Die bewährten Hamburger Lesehefte + Königs Materialien in einem Band. Das zeichnet die neue Reihe aus: -Die preisgünstigste Reihe im deutschsprachigen Raum! -Großes Format (DIN A5) -Lesefreundlicher Originaltext -Breite Randspalte mit kurzen Worterklärungen -Platz für eigene Notizen -Navigationsleiste zur besseren Orientierung -Biografie des Autors -Ausführlicher Wort- und Sacherklärungsteil -Umfangreiche Materialien, nach Themenbereichen gebündelt

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Seitenzahl: 120

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Text und Materialien

JOHANN WOLFGANG VON GOETHE

Iphigenie auf Tauris

Ein Schauspiel

HAMBURGER LESEHEFTE PLUSKÖNIGS MATERIALIEN509. HEFT

Zur Textgestaltung Dieser Ausgabe zugrunde gelegt wurden die Texte der Weimarer Sophienausgabe (10. Band, 1889), der Cotta’schen Jubiläumsausgabe aus der Zeit um 1903 und der von Erich Trunz herausgegebenen Hamburger Ausgabe (5. Band). Die Rechtschreibung wurde behutsam den amtlichen Regeln angepasst.

 

Analysiert und interpretiert mit Textverweisen auf dieses Heft wird Iphigenie auf Tauris in Königs Erläuterungen, Band 15, C. Bange Verlag.

 

1. Auflage 2020

 

Alle Drucke dieser Ausgabe und die der Hamburger Lesehefte sind untereinander unverändert und können im Unterricht nebeneinander genutzt werden.

 

Heftbearbeitung Text: F. Bruckner und K. Sternelle Heftbearbeitung Materialien: Carina Orf Umschlaggestaltung und Layout: Petra Michel Umschlagzeichnung: Ingeborg Strange-Friis Druck und Weiterverarbeitung: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum

 

ISBN: 978-3-8044-2588-0PDF: 978-3-8044-6588-6EPUB: 978-3-8044-7588-5 © 2020 by Bange Verlag GmbH, Marienplatz 12, 96142 Hollfeldwww.bange-verlag.de

 

ISBN: 978-3-87291-508-5PDF: 978-3-87291-709-6EPUB: 978-3-87291-659-4 © 2020 by Hamburger Lesehefte Verlag, Nordbahnhofstraße 2, 25813 Husumwww.hamburger-lesehefte.de

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

 

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Die E-Books der Reihe Hamburger Lesehefte Plus verwenden entsprechend der jeweiligen Buchausgabe gegebenenfalls Sperrungen. Diese Textauszeichnung wird nicht von allen Readern unterstützt.

Das E-Book enthält in eckigen Klammern beigefügte Seitenzählungen, diese verweisen auf die Printausgabe des Werkes.

Versdramen weisen zusätzlich zur Seitenzählung eine Versnummerierung in entsprechender Höhe auf dem Rand aus.

Inhaltsverzeichnis

Text

Personen

ERSTER AUFZUG

ZWEITER AUFZUG

DRITTER AUFZUG

VIERTER AUFZUG

FÜNFTER AUFZUG

Biografie

Wort- und Sacherklärungen

Materialien

Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?

Weimarer Klassik

Stoffgeschichte der Iphigenie

Euripides und Goethe

Zum Autor und zur Entstehungsgeschichte

Entstehung von Goethes Iphigenie

Uraufführung der Iphigenie

Charlotte von Stein und Goethe

Interpretationsansätze

Zum Klassizismus von Goethes Iphigenie

Humanität und menschliche Autonomie

Wer ist humaner: Iphigenie oder Thoas?

Aufklärung in Goethes Iphigenie auf Tauris

Kommunikative Autonomie in Goethes Iphigenie

Rezeption/Theater

Iphigenie, ein Frauenstück

Die Figur der Iphigenie

Was hat uns Iphigenie heute noch zu sagen?

Goethes Iphigenie neu erzählt

Text

[2]PERSONEN

IPHIGENIE

THOAS, König der Taurier

OREST

PYLADES

ARKAS

 

Schauplatz:Hain vor Dianens Tempel

Text

[3]ERSTER AUFZUG

ERSTER AUFTRITT

Iphigenie.

IPHIGENIE.

Heraus in eure Schatten, rege Wipfel

Des alten, heilgen, dicht belaubten Haines,

Wie in der Göttin stilles Heiligtum,

Tret ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl,

5Als wenn ich sie zum ersten Mal beträte,

Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher.

So manches Jahr bewahrt mich hier verborgen

Ein hoher Wille, dem ich mich ergebe;

Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd.

10Denn ach mich trennt das Meer von den Geliebten,

Und an dem Ufer steh ich lange Tage,

Das Land der Griechen mit der Seele suchend;

Und gegen meine Seufzer bringt die Welle

Nur dumpfe Töne brausend mir herüber.

15Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern

Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram

Das nächste Glück vor seinen Lippen weg.

Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken

Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne

20Zuerst den Himmel vor ihm aufschloss, wo

Sich Mitgeborne spielend fest und fester

Mit sanften Banden aneinander knüpften.

Ich rechte mit den Göttern nicht; allein

Der Frauen Zustand ist beklagenswert.

25Zu Haus und in dem Kriege herrscht der Mann

Und in der Fremde weiß er sich zu helfen.

Ihn freuet der Besitz; ihn krönt der Sieg;

Ein ehrenvoller Tod ist ihm bereitet.

Wie eng-gebunden ist des Weibes Glück!

30Schon einem rauen Gatten zu gehorchen,

Ist Pflicht und Trost; wie elend, wenn sie gar

Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt!

So hält mich Thoas hier, ein edler Mann,

In ernsten, heilgen Sklavenbanden fest.

35O wie beschämt gesteh ich, dass ich dir

Mit stillem Widerwillen diene, Göttin,

Dir, meiner Retterin! Mein Leben sollte

[4]Zu freiem Dienste dir gewidmet sein.

Auch hab ich stets auf dich gehofft und hoffe

40Noch jetzt auf dich, Diana, die du mich,

Des größten Königes verstoßne Tochter,

In deinen heilgen, sanften Arm genommen.

Ja, Tochter Zeus’, wenn du den hohen Mann,

Den du, die Tochter fordernd, ängstigtest;

45Wenn du den göttergleichen Agamemnon,

Der dir sein Liebstes zum Altare brachte,

Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich

Nach seinem Vaterland zurückbegleitet,

Die Gattin ihm, Elektren und den Sohn,

50Die schönen Schätze, wohl erhalten hast;

So gib auch mich den Meinen endlich wieder,

Und rette mich, die du vom Tod errettet,

Auch von dem Leben hier, dem zweiten Tode.

ZWEITER AUFTRITT

Iphigenie. Arkas.

ARKAS.

Der König sendet mich hierher und beut

55Der Priesterin Dianens Gruß und Heil.

Dies ist der Tag, da Tauris seiner Göttin

Für wunderbare neue Siege dankt.

Ich eile vor dem König und dem Heer,

Zu melden, dass er kommt und dass es naht.

IPHIGENIE.

60Wir sind bereit, sie würdig zu empfangen,

Und unsre Göttin sieht willkommnem Opfer

Von Thoas’ Hand mit Gnadenblick entgegen.

ARKAS.

O fänd ich auch den Blick der Priesterin,

Der werten, viel geehrten, deinen Blick,

65O heilge Jungfrau, heller, leuchtender,

Uns allen gutes Zeichen! Noch bedeckt

Der Gram geheimnisvoll dein Innerstes;

Vergebens harren wir schon Jahre lang

Auf ein vertraulich Wort aus deiner Brust.

70So lang ich dich an dieser Stätte kenne,

Ist dies der Blick, vor dem ich immer schaudre;

Und wie mit Eisenbanden bleibt die Seele

Ins Innerste des Busens dir geschmiedet.

IPHIGENIE.

Wie’s der Vertriebnen, der Verwaisten ziemt.

[5]ARKAS.

75Scheinst du dir hier vertrieben und verwaist?

IPHIGENIE.

Kann uns zum Vaterland die Fremde werden?

ARKAS.

Und dir ist fremd das Vaterland geworden.

IPHIGENIE.

Das ist’s, warum mein blutend Herz nicht heilt.

In erster Jugend, da sich kaum die Seele

80An Vater, Mutter und Geschwister band;

Die neuen Schösslinge, gesellt und lieblich,

Vom Fuß der alten Stämme himmelwärts

Zu dringen strebten; leider fasste da

Ein fremder Fluch mich an und trennte mich

85Von den Geliebten, riss das schöne Band

Mit ehrner Faust entzwei. Sie war dahin,

Der Jugend beste Freude, das Gedeihn

Der ersten Jahre. Selbst gerettet, war

Ich nur ein Schatten mir, und frische Lust

90Des Lebens blüht in mir nicht wieder auf.

ARKAS.

Wenn du dich so unglücklich nennen willst,

So darf ich dich auch wohl undankbar nennen.

IPHIGENIE.

Dank habt ihr stets.

ARKAS.

Doch nicht den reinen Dank,

Um dessentwillen man die Wohltat tut;

95Den frohen Blick, der ein zufriednes Leben

Und ein geneigtes Herz dem Wirte zeigt.

Als dich ein tief geheimnisvolles Schicksal

Vor so viel Jahren diesem Tempel brachte,

Kam Thoas, dir als einer Gottgegebnen

100Mit Ehrfurcht und mit Neigung zu begegnen.

Und dieses Ufer ward dir hold und freundlich,

Das jedem Fremden sonst voll Grausens war,

Weil niemand unser Reich vor dir betrat,

Der an Dianens heilgen Stufen nicht

105Nach altem Brauch, ein blutges Opfer, fiel.

IPHIGENIE.

Frei atmen macht das Leben nicht allein.

Welch Leben ist’s, das an der heilgen Stätte,

Gleich einem Schatten um sein eigen Grab,

Ich nur vertrauern muss? Und nenn ich das

110Ein fröhlich selbstbewusstes Leben, wenn

Uns jeder Tag, vergebens hingeträumt,

Zu jenen grauen Tagen vorbereitet,

Die an dem Ufer Lethes, selbstvergessend,

Die Trauerschar der Abgeschiednen feiert?

115Ein unnütz Leben ist ein früher Tod;

Dies Frauenschicksal ist vor allen meins.

[6]ARKAS.

Den edeln Stolz, dass du dir selbst nicht gnügest,

Verzeih ich dir, so sehr ich dich bedaure:

Er raubet den Genuss des Lebens dir.

120Du hast hier nichts getan seit deiner Ankunft?

Wer hat des Königs trüben Sinn erheitert?

Wer hat den alten grausamen Gebrauch,

Dass am Altar Dianens jeder Fremde

Sein Leben blutend lässt, von Jahr zu Jahr

125Mit sanfter Überredung aufgehalten,

Und die Gefangnen vom gewissen Tod

Ins Vaterland so oft zurückgeschickt?

Hat nicht Diane, statt erzürnt zu sein,

Dass sie der blutgen alten Opfer mangelt,

130Dein sanft Gebet in reichem Maß erhört?

Umschwebt mit frohem Fluge nicht der Sieg

Das Heer? und eilt er nicht sogar voraus?

Und fühlt nicht jeglicher ein besser Los,

Seitdem der König, der uns weis und tapfer

135So lang geführet, nun sich auch der Milde

In deiner Gegenwart erfreut und uns

Des schweigenden Gehorsams Pflicht erleichtert?

Das nennst du unnütz? wenn von deinem Wesen

Auf Tausende herab ein Balsam träufelt;

140Wenn du dem Volke, dem ein Gott dich brachte,

Des neuen Glückes ewge Quelle wirst,

Und an dem unwirtbaren Todesufer

Dem Fremden Heil und Rückkehr zubereitest?

IPHIGENIE.

Das wenige verschwindet leicht dem Blick,

145Der vorwärts sieht, wie viel noch übrig bleibt.

ARKAS.

Doch lobst du den, der, was er tut, nicht schätzt?

IPHIGENIE.

Man tadelt den, der seine Taten wägt.

ARKAS.

Auch den, der wahren Wert zu stolz nicht achtet,

Wie den, der falschen Wert zu eitel hebt.

150Glaub mir und hör auf eines Mannes Wort,

Der treu und redlich dir ergeben ist:

Wenn heut der König mit dir redet, so

Erleichtr’ ihm, was er dir zu sagen denkt.

IPHIGENIE.

Du ängstest mich mit jedem guten Worte;

155Oft wich ich seinem Antrag mühsam aus.

ARKAS.

Bedenke, was du tust und was dir nützt.

Seitdem der König seinen Sohn verloren,

Vertraut er wenigen der Seinen mehr,

Und diesen wenigen nicht mehr wie sonst.

[7]160Missgünstig sieht er jedes Edeln Sohn

Als seines Reiches Folger an; er fürchtet

Ein einsam hülflos Alter, ja vielleicht

Verwegnen Aufstand und frühzeitgen Tod.

Der Skythe setzt ins Reden keinen Vorzug,

165Am wenigsten der König. Er, der nur

Gewohnt ist zu befehlen und zu tun,

Kennt nicht die Kunst, von weitem ein Gespräch

Nach seiner Absicht langsam fein zu lenken.

Erschwer’s ihm nicht durch ein rückhaltend Weigern,

170Durch ein vorsätzlich Missverstehen. Geh

Gefällig ihm den halben Weg entgegen.

IPHIGENIE.

Soll ich beschleunigen, was mich bedroht?

ARKAS.

Willst du sein Werben eine Drohung nennen?

IPHIGENIE.

Es ist die schrecklichste von allen mir.

ARKAS.

175Gib ihm für seine Neigung nur Vertraun.

IPHIGENIE.

Wenn er von Furcht erst meine Seele löst.

ARKAS.

Warum verschweigst du deine Herkunft ihm?

IPHIGENIE.

Weil einer Priesterin Geheimnis ziemt.

ARKAS.

Dem König sollte nichts Geheimnis sein;

180Und ob er’s gleich nicht fordert, fühlt er’s doch

Und fühlt es tief in seiner großen Seele,

Dass du sorgfältig dich vor ihm verwahrst.

IPHIGENIE.

Nährt er Verdruss und Unmut gegen mich?

ARKAS.

So scheint es fast. Zwar schweigt er auch von dir;

185Doch haben hingeworfne Worte mich

Belehrt, dass seine Seele fest den Wunsch

Ergriffen hat, dich zu besitzen. Lass,

O überlass ihn nicht sich selbst! damit

In seinem Busen nicht der Unmut reife

190Und dir Entsetzen bringe, du zu spät

An meinen treuen Rat mit Reue denkest.

IPHIGENIE.

Wie? Sinnt der König, was kein edler Mann,

Der seinen Namen liebt und dem Verehrung

Der Himmlischen den Busen bändiget,

195Je denken sollte? Sinnt er, vom Altar

Mich in sein Bette mit Gewalt zu ziehn?

So ruf ich alle Götter und vor allen

Dianen, die entschlossne Göttin, an,

Die ihren Schutz der Priesterin gewiss,

200Und Jungfrau einer Jungfrau gern gewährt.

ARKAS.

Sei ruhig! Ein gewaltsam neues Blut

Treibt nicht den König, solche Jünglingstat

[8]Verwegen auszuüben. Wie er sinnt,

Befürcht ich andern harten Schluss von ihm,

205Den unaufhaltbar er vollenden wird:

Denn seine Seel ist fest und unbeweglich.

Drum bitt ich dich, vertrau ihm; sei ihm dankbar,

Wenn du ihm weiter nichts gewähren kannst.

IPHIGENIE.

O sage, was dir weiter noch bekannt ist.

ARKAS.

210Erfahr’s von ihm. Ich seh den König kommen;

Du ehrst ihn, und dich heißt dein eigen Herz,

Ihm freundlich und vertraulich zu begegnen.

Ein edler Mann wird durch ein gutes Wort

Der Frauen weit geführt.

IPHIGENIE.

(allein).Zwar seh ich nicht,

215Wie ich dem Rat des Treuen folgen soll.

Doch folg ich gern der Pflicht, dem Könige

Für seine Wohltat gutes Wort zu geben,

Und wünsche mir, dass ich dem Mächtigen,

Was ihm gefällt, mit Wahrheit sagen möge.

DRITTER AUFTRITT

Iphigenie. Thoas.

IPHIGENIE.

220Mit königlichen Gütern segne dich

Die Göttin! Sie gewähre Sieg und Ruhm

Und Reichtum und das Wohl der Deinigen

Und jedes frommen Wunsches Fülle dir!

Dass, der du über viele sorgend herrschest,

225Du auch vor vielen seltnes Glück genießest.

THOAS.

Zufrieden wär ich, wenn mein Volk mich rühmte:

Was ich erwarb, genießen andre mehr

Als ich. Der ist am glücklichsten, er sei

Ein König oder ein Geringer, dem

230In seinem Hause Wohl bereitet ist.

Du nahmest teil an meinen tiefen Schmerzen,

Als mir das Schwert der Feinde meinen Sohn,

Den letzten, besten, von der Seite riss.

So lang die Rache meinen Geist besaß,

235Empfand ich nicht die Öde meiner Wohnung;

Doch jetzt, da ich befriedigt wiederkehre,

Ihr Reich zerstört, mein Sohn gerochen ist,

Bleibt mir zu Hause nichts, das mich ergötze.

[9]Der fröhliche Gehorsam, den ich sonst

240Aus einem jeden Auge blicken sah,

Ist nun von Sorg und Unmut still gedämpft.

Ein jeder sinnt, was künftig werden wird,

Und folgt dem Kinderlosen, weil er muss.

Nun komm ich heut in diesen Tempel, den

245Ich oft betrat, um Sieg zu bitten und

Für Sieg zu danken. Einen alten Wunsch

Trag ich im Busen, der auch dir nicht fremd,

Noch unerwartet ist: ich hoffe, dich

Zum Segen meines Volks und mir zum Segen,

250Als Braut in meine Wohnung einzuführen.

IPHIGENIE.

Der Unbekannten bietest du zu viel,

O König, an. Es steht die Flüchtige

Beschämt vor dir, die nichts an diesem Ufer

Als Schutz und Ruhe sucht, die du ihr gabst.

THOAS.

255