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Der Begriff „Heimat“ spielt für viele Menschen zunehmend eine wichtige Rolle. Nun haben wir sogar erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein Heimatministerium. Und dabei gibt es keine eindeutige Definition des Begriffes Heimat.
Wenn ich nach meiner Heimat gefragt werde, antwortete ich über viele Jahre: Für mich hat der Begriff Heimat vier Bezugspunkte.
Doch seit der Bundestagswahl am 24. September 2017 bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich das Erzgebirge noch als einen dieser vier Bezugspunkte bezeichnen kann und darf, oder diesen verloren habe.
Seit der Wende verfolge ich sehr genau, wie man in der ehemaligen DDR – und speziell im Erzgebirge – politisch „tickt“, wählt und was sich sonst noch so ereignet. Dabei hat es mich nicht sonderlich gewundert, dass die meisten Menschen, auch kirchenferne, in einem die Werte durch den Pietismus geprägten Landstrich überwiegend konservative Parteien wählen. Doch bei meinem letzten Besuch im Erzgebirge im Frühjahr 2016 musste ich die Feststellung machen, dass man nicht nur konservativ denkt, sondern dass auch das Handeln davon geprägt ist, bis hin zur Herzlosigkeit – vor allem gegenüber Ausländern mit anderer Religion. Die Hauptsache, man bleibt seinen Grundsätzen treu.
Wenn ich mir diese Entwicklungen im Erzgebirge und die Haltung in den dortigen Kirchengemeinden ansehe, kann ich nach dem 24. September 2017 Hartenstein im Erzgebirge nicht mehr als einen meiner vier heimatlichen Bezugspunkte bezeichnen, sondern nur noch als meinen Geburtsort und den Ort, wo ich eine unbeschwerte Kindheit und meine Jugendzeit verlebte, zu dem ich aber heute keinen politischen und religiösen Bezug mehr habe.
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Gedanken zur Bundestagswahl
am 24. September 2017
in Sachsen
Der Begriff „Heimat“ spielt für viele Menschen zunehmend eine wichtige Rolle. Nun haben wir sogar erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ein Heimatministerium. Und dabei gibt es keine eindeutige Definition des Begriffes Heimat.
Wenn ich nach meiner Heimat gefragt werde, antwortete ich über viele Jahre: Für mich hat der Begriff Heimat vier Bezugspunkte:
Hartenstein, eine Kleinstadt im Erzgebirge, wo ich insgesamt 19 ½ Jahre lang lebte; wo ich geboren wurde, meine Kindheit und Jugendzeit verlebte, meine erste politische und in der Jungen Gemeinde der evangelischen Jugend meine erste christliche Prägung erfuhr.Reinfeld, eine Kleinstadt in Holstein, wo ich 31 ½ Jahre lang lebte und arbeitete, wo ich geheiratet habe und wo unsere drei Töchter geboren wurden.Klein Wesenberg, ein kleines Dorf bei Lübeck, wo Ursula und ich seit 1996 leben, wo ich meine letzten Berufsjahre verbrachte und seit 2000 das Rentnerdasein verbringe, wo Ursula und ich unsere goldene Hochzeit feierten, wo wir eine Doppelhaushälfte mit dazugehörendem kleinen Grundstück unser Eigen nennen dürfen und wo wir uns im Dorf und in der Kirchengemeinde engagieren.Und als meine geistige Heimat nenne ich das Rauhe Haus in Hamburg, wo ich in den Jahren 1959 bis 1964 zum Diakon und Sozialarbeiter ausgebildet wurde und damit meine christliche und soziale Prägung vertiefen und verändern konnte, wo ich seit 1964 der Brüder- und Schwesternschaft angehöre und seit einem halben Jahrhundert jeden Monat mindestens einmal bin, um in irgendeinem Arbeitskreis mitzuarbeiten.
Doch seit der Bundestagswahl am 24. September 2017 bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich das Erzgebirge noch als meine Heimat bezeichnen kann und darf, oder diese verloren habe.
Das Erzgebirge war schon seit der Reformation, und ist noch heute sehr stark in seinem christlichen Glauben vom Pietismus geprägt, einer sehr strengen evangelischen Glaubensrichtung, welche alle biblischen Aussagen wortwörtlich nimmt (z.B. die Schöpfungsgeschichte und dadurch mit der Wissenschaft in Konflikt gerät) und von daher nicht nur mit dem Atheismus und dem den christlichen Glauben als „Opium für das Volk“ ablehnenden Kommunismus der ehemaligen DDR in Konflikt geriet, sondern auch noch heute jede liberalere Form des christlichen Glaubens ablehnt. Als Kind und in meiner aktiven Zeit als Jugendlicher in der Jungen Gemeinde der evangelischen Kirche habe ich das nicht als problematisch empfunden, da ich nichts anderes kannte. So stellte ich damals die Auffassung nicht infrage, dass Tanzen Sünde sei, dass Geschlechtsverkehr vor der Eheschließung verboten sei, und fand es normal, dass sich die Mädchen nicht die Haare abschneiden und eine Bubikopf-Frisur tragen durften, sondern ihr langes Haar zu einem Knoten zusammen zu binden hatten.