IT-Management - Thomas Allweyer - E-Book

IT-Management E-Book

Thomas Allweyer

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Beschreibung

Mit der zunehmenden Digitalisierung gewinnt der intelligente Einsatz von Informationstechnik (IT) im Unternehmen weiter an Bedeutung. Dies gilt für jede Branche und jede Unternehmensgröße. Das IT-Management steht dabei im Spannungsfeld zwischen Agilität und Stabilität. Durch neue, digitale Geschäftsmodelle und die schnelle Umsetzung von IT-basierten Innovationen soll die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden. Gleichzeitig muss für zuverlässige IT-Services gesorgt werden, um die Geschäftsprozesse des Unternehmens möglichst effizient zu unterstützen. Das Buch bietet einen fundierten Einstieg in das IT-Management. Es richtet sich an Studierende IT-naher Studiengänge, aber auch an Berufstätige im Umfeld der IT, die sich weiterentwickeln wollen. Es werden alle wichtigen Bereiche des IT-Managements behandelt, wie IT-Strategie, IT-Organisation, IT-Governance, IT-Servicemanagement, Business Analytics und Informationssicherheit. Ebenso werden die in der Praxis weit verbreiteten Frameworks COBIT und ITIL vorgestellt. Im Fokus stehen insbesondere auch aktuelle Ansätze wie DevOps, Kanban, agile Verfahren und das Innovate-Design-Transform-Paradigma.

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Seitenzahl: 340

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Inhalt

Über dieses Buch

Unternehmens-IT im Wandel der Zeit

1.1 Großrechner

1.2 Minicomputer

1.3 Personal Computer

1.4 Client-Server-Architekturen

1.5 Internet und Mobile Computing

1.6 Viele parallele Entwicklungen

Aktuelle Trends

2.1 Grundlegende Veränderungen durch den Einsatz von IT-Innovationen

2.2 Veränderte und neue Geschäftsmodelle

2.3 Disruptive Veränderungen in vielen Märkten

2.4 Wichtige technologische Entwicklungen

2.5 Gestiegene Kundenanforderungen

2.6 Schwieriges Umfeld und hohe Veränderungsgeschwindigkeit

2.7 Regularien

2.8 Neue Vorgehensweisen

2.9 Fallbeispiel Kaeser Kompressoren

2.9.1 Beschreibung des Fallbeispiels

2.9.2 Merkmale des Fallbeispiels aus Sicht der Digitalisierung

2.10 Herausforderungen für das IT-Management

Aufgaben und Prozesse des IT-Managements

3.1 Paradigmenwechsel im IT-Management

3.1.1 Plan-Build-Run

3.1.2 Source-Make-Deliver

3.1.3 Innovate-Design-Transform

3.2 Prozesse des IT-Managements

3.2.1 Kernprozesse

3.2.2 Umsetzung der IT-Management-Paradigmen

3.2.3 Führungsprozesse

3.2.4 Unterstützungsprozesse

IT-Strategie

4.1 Unternehmensstrategie und IT

4.2 Abstimmung der IT-Strategie mit der Unternehmensstrategie

4.3 Die strategische Bedeutung der IT

4.4 Inhalte einer IT-Strategie

4.4.1 Strategische Positionierung

4.4.2 Umfeldanalyse

4.4.3 Strategische Vorgaben

4.4.4 Situationsanalyse

4.4.5 Beispiel: Analyse der Informationssysteme

4.4.6 Sollzustand und Roadmap

4.4.7 Maßnahmen- und Investitionsplanung

4.4.8 Steuerungsinstrumente

4.4.9 IT-Organisation und -Prozesse

4.4.10 Teilstrategien

Organisation und Rollen des IT-Managements

5.1 Positionierung

5.2 IT der zwei Geschwindigkeiten

5.3 Organisatorische Einordnung

5.4 Cost-, Service- oder Profitcenter

5.5 Interne Strukturierung

5.6 Leitung des IT-Bereichs

5.7 Outsourcing

5.8 Cloud-Computing

Governance, Risikomanagement und Compliance

6.1 Corporate Governance

6.2 IT-Governance

6.3 COBIT als Rahmenwerk für die IT-Governance

6.3.1 Governance-and-Management-Objectives

6.3.2 Anpassen von COBIT

6.3.3 Leistungssteuerung

6.3.4 Bewertung

6.4 Risikomanagement

6.5 Compliance-Management

6.5.1 IT-relevante Regelwerke

6.5.2 Vorgehen zum Compliance-Management

Enterprise-Architecture-Management

7.1 Ziele und Aufgaben

7.2 Struktur und Inhalte einer Enterprise-Architecture

7.3 Geschäftsfähigkeiten

7.4 Analysen und Visualisierungen

7.5 Frameworks

7.5.1 TOGAF

7.5.2 ArchiMate

7.6 EAM im Spannungsfeld von Stabilität und Agilität

IT-Servicemanagement

8.1 IT-Services

8.2 Service-Levels

8.3 ITIL

8.3.1 Überblick

8.3.2 ITIL und COBIT

8.3.3 ITIL und ISO 20 000

8.4 ITIL-Praktiken

8.4.1 Entwicklung und Änderung von Services

8.4.2 Betrieb und Nutzung der Services

8.4.3 Behebung von Störungen und Lösungen von Problemen

8.4.4 Querschnittsthemen

8.5 Berücksichtigung aktueller Entwicklungen in ITIL

8.6 Weitere aktuelle Ansätze für das IT-Servicemanagement

8.6.1 Kanban

8.6.2 DevOps

8.6.3 Shift-Left

Standardsoftware

9.1 Softwareauswahl

9.1.1 Projektvorbereitung

9.1.2 Analyse

9.1.3 Anforderungen

9.1.4 Vorauswahl

9.1.5 Endauswahl

9.2 Einführung von Standardsoftware

9.3 Software-Lizenzmanagement

9.3.1 Lizenzformen

9.3.2 Lizenzmodelle

9.3.3 Beispiel: Microsoft

9.3.4 Beispiel: indirekte Benutzer

9.3.5 Beispiele im Outsourcing und Cloud-Computing

9.3.6 Folgen fehlerhafter Lizenzierungen

9.3.7 Ziele und Aufgaben des Lizenzmanagements

Datenmanagement

10.1 Daten in operativen Systemen

10.2 Datenqualität

10.3 Stammdatenmanagement

10.4 Business-Analytics

10.4.1 Data-Warehouse

10.4.2 Big Data

10.4.3 NoSQL-Datenbanken

10.4.4 Eventual Consistency

10.4.5 Parallelisierung mit dem Map/Reduce-Verfahren

10.4.6 Architektur

10.4.7 Analysen

10.4.8 Vorgehen

Informationssicherheit

11.1 Bedrohungen

11.2 Sicherheitsziele

11.3 Informationssicherheits-Managementsystem

11.4 Informationssicherheitsleitlinie

11.5 Schutzbedarfsanalyse

11.6 Zusammenarbeit mit externen Partnern

11.7 Notfallmanagement

11.8 Gesetze und Normen

11.8.1 ISO 27 001

11.8.2 IT-Grundschutz

IT-Controlling

12.1 Total-Cost-of-Ownership

12.2 Beispiel: Return-on-Security-Investment

12.3 IT-Leistungsverrechnung

12.3.1 Unterschiedliche Verrechnungsmöglichkeiten

12.3.2 Ein Verfahren zur Kalkulation von IT-Services

12.3.3 Beispiel zum Kalkulationsverfahren

Literatur

Index

Über dieses Buch

Kein Unternehmen kommt heute mehr ohne den Einsatz von Informationstechnik (IT) aus. Mit der rasanten Digitalisierung der gesamten Wirtschaft wächst die Bedeutung der IT in allen Branchen. Entsprechend wird das effektive Management dieser Ressource immer wichtiger. Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen für IT-Managerinnen und -Manager. Zum einen müssen die Potenziale aktueller technologischer Entwicklungen genutzt werden, um mit hoher Geschwindigkeit neue innovative Geschäftsmodelle umzusetzen. Zum anderen müssen die umfangreichen existierenden Systemlandschaften in den Unternehmen betrieben und weiterentwickelt werden, um die zahlreichen Geschäftsprozesse zuverlässig abwickeln zu können.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen, muss man sich mit einer Vielzahl von Themen befassen. Das Spektrum reicht von der Auseinandersetzung mit Unternehmensstrategien und Geschäftsmodellen bis hin zu detaillierten technischen Fragestellungen. Aber auch Themen wie die Gewinnung qualifizierten Personals, die Verhandlung mit IT-Lieferanten oder die Ermittlung von IT-Kosten gehören zu den Aufgaben von IT-Managerinnen und -Managern.

Dieses Buch richtet sich vor allem an Leserinnen und Leser, die sich bislang nicht oder nur wenig mit dem IT-Management auseinandergesetzt haben und einen fundierten Einstieg in die wichtigsten Aspekte dieses Aufgabengebiets gewinnen möchten. Zur Zielgruppe gehören daher zum einen Studierende IT-naher Studiengänge, zum anderen Berufstätige, die sich weiterentwickeln möchten.

Das vorliegende Werk ist aus Vorlesungen für Informatik- und Wirtschaftsinformatik-Studierende hervorgegangen. Entsprechend werden Themen, die in diesen Studiengängen an anderer Stelle behandelt werden, im vorliegenden Buch nicht mehr vertieft.

Es wird daher vorausgesetzt, dass wesentliche Grundlagen aus der Informatik und der Betriebswirtschaft bekannt sind. Zudem sollten Basis-Kenntnisse der Softwareentwicklung und des Projektmanagements vorhanden sein.

Das IT-Management ist in ständigem Wandel begriffen. Entsprechend ändern sich auch die Auffassungen darüber, welche Rolle die IT-Bereiche der Unternehmen spielen und wie ihr genaues Aufgabenspektrum aussehen soll.

Daher werden die in diesem Buch besprochenen Themen für ein konkretes Unternehmen mehr oder weniger bedeutend sein – je nachdem, wie das IT-Management dort im Einzelnen ausgestaltet ist. So kann es beispielsweise vorkommen, dass manche der im Buch beschriebenen Aufgaben komplett an einen Dienstleister ausgelagert wurden und die eigene IT-Abteilung gar nichts mehr damit zu tun hat. Daneben wird man zahlreiche Unternehmen finden, die die betreffenden Aufgaben selbst durchführen. Dort müssen die dafür benötigten Kenntnisse vorhanden sein. Zudem richtet sich das Buch auch an Mitarbeiter der entsprechenden IT-Dienstleistungsunternehmen, die die ausgelagerten Aufgaben übernehmen.

In vielen Fällen führt eine geänderte Rolle des IT-Managements auch nicht dazu, dass die bis dahin wahrgenommenen Aktivitäten wegfallen. Meist kommen neue Aufgaben hinzu. Somit muss man sich nicht nur mit den neuesten Entwicklungen auseinandersetzen, sondern auch mit herkömmlichen IT-Management-Themen.

Zwangsläufig können in einem Einsteiger-Werk nicht alle Bereiche des IT-Managements behandelt werden. Entsprechend wird man nicht umhinkommen, verschiedene Aspekte mithilfe der angegebenen Literatur zu vertiefen. Angesichts der raschen Entwicklung der IT und des IT-Managements ist es zudem unumgänglich, sich ständig weiterzubilden.

1 Unternehmens-IT im Wandel der Zeit

Die Aufgaben des IT-Managements ändern sich laufend. In diesem Kapitel wird zunächst die Entwicklung des IT-Einsatzes in Unternehmen bis heute betrachtet.

Die folgenden Ausführungen beruhen auf [PfJe16], [UrAh16] und [Ti20a].

1.1 Großrechner

In den Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts zogen die ersten Computer in die Unternehmen ein. Dabei handelte es sich um Großrechner (englisch „Mainframes“), die ganze Säle füllten. Die zu verarbeitenden Daten mussten in spezielle Lochkarten gestanzt werden, die anschließend über Lesegeräte eingelesen und auf Magnetbänder kopiert wurden. Diese Bänder konnten dann vom Großrechner verarbeitet werden. Die Ergebnisse wurden wiederum auf Magnetbänder geschrieben und schließlich auf Papier ausgedruckt. Diese Art von Datenverarbeitung, bei der eine Menge bereitgestellter Daten automatisch nacheinander abgearbeitet werden, nennt man auch Stapelverarbeitung (englisch „Batch Processing“). Dabei findet keine Benutzerinteraktion statt.

Später erfolgte die Bedienung über Terminals mit Bildschirmen und Tastaturen, die selbst über keine eigene Verarbeitungslogik verfügten, sondern direkt mit dem zentralen Computer verbunden waren.

Zunächst wurden vor allem einfache Tätigkeiten automatisiert, z. B. in der Buchhaltung. Eines der ersten Einsatzgebiete war zudem die Materialbedarfsplanung (englisch „Material Requirements Planning“, MRP). Komplexe Produkte bestehen oftmals aus Tausenden von Einzelteilen. Industrieunternehmen konnten für die Herstellung solcher Produkte nun wesentlich schneller und einfacher ausrechnen, zu welchen Zeitpunkten welche Mengen der unterschiedlichen Produktgruppen und Einzelteile benötigt wurden.

Es gab zunächst nur wenige weitere Fälle, in denen fachliche Abläufe automatisiert wurden. Beispielsweise führte die Bank of America bereits 1955 ein System zur elektronischen Scheckverarbeitung ein.

Hauptaufgaben des IT-Bereichs waren damals der Betrieb und die Wartung der Großrechner sowie die Anwendungsentwicklung. Die gesamte Entwicklung von der Festlegung der Funktionalität bis zur Implementierung wurde komplett vom IT-Bereich durchgeführt. Die betroffenen Fachabteilungen, wie z. B. die Buchhaltung, hatten wenig mitzureden.

1.2 Minicomputer

Ab Ende der Sechzigerjahre kamen sogenannte Minicomputer auf den Markt. Diese waren zwar wesentlich größer als heutige PCs, doch deutlich kleiner als Großrechner. Sie werden heute zumeist als „Midrange-Server“ bezeichnet. Nun war es möglich, Computer auch dezentral in verschiedenen Unternehmensbereichen zu installieren.

Die Bedienung war nicht mehr nur den IT-Spezialisten vorbehalten. Stattdessen erhielten Mitarbeiter der Fachabteilungen Terminals auf ihre Schreibtische. Die Verarbeitung erfolgte nun online im Dialog, d. h. man musste nicht mehr stundenlang auf seine Ergebnisse warten, sondern erhielt sie direkt auf dem eigenen Bildschirm angezeigt.

Mit den Minicomputern zog die IT in weitere Anwendungsbereiche im Unternehmen ein. Im Gegensatz zu Großrechnern eigneten sich diese Computer auch für den Einsatz in mittelständischen Unternehmen.

In dieser Zeit wurde Software erstmals teurer als Hardware. Die wachsende Komplexität führte zu zahlreichen gescheiterten Softwareprojekten. Als Reaktion auf diese Probleme entstand die Disziplin des Software-Engineering.

Die IT wurde zunehmend dezentralisiert. Vielfach konnte die zentrale IT-Organisation die Nachfrage der Fachabteilungen nach neuen IT-Lösungen nicht schnell genug befriedigen. Manche Fachanwender begannen deshalb, selbst Anwendungen zu schreiben oder zu modifizieren. Die Minicomputer wurden in der Nähe der Nutzer platziert, da noch keine günstigen Netzwerke für einen Fernzugriff existierten.

1.3 Personal Computer

Die fortschreitende Miniaturisierung führte dazu, dass ab Anfang der Achtzigerjahre Personal Computer (PCs) an den einzelnen Arbeitsplätzen aufgestellt wurden. Mithilfe von Textverarbeitungsprogrammen und Tabellenkalkulationen, die nach entsprechenden Schulungen auch von Laien bedient werden konnten, ließen sich viele Büroaufgaben effizienter durchführen. Die Arbeitsplatz-PCs wurden miteinander vernetzt. E-Mail und Kollaborationswerkzeuge unterstützten die Kommunikation und die Zusammenarbeit, zumindest innerhalb lokaler Netze.

Neben dem Rechenzentrumsbetrieb war das IT-Management nun auch für das Management der Netzwerke und der Arbeitsplatzrechner zuständig, deren Stabilität und Zuverlässigkeit zu dieser Zeit noch recht gering war. Mit zunehmend leistungsfähigeren Netzwerken wurden die Rechenzentren wieder stärker zentralisiert.

Die Anwendungsentwicklung wurde noch komplexer. Dies erforderte eine weitergehende Professionalisierung des Projektmanagements.

1.4 Client-Server-Architekturen

Die lokale und die standortübergreifende Vernetzung bildeten in den Neunzigerjahren die Voraussetzung für die Nutzung von Client-Server-Architekturen für betriebswirtschaftliche Anwendungen. Dabei läuft auf den Arbeitsplatz-PCs jeweils eine Client-Anwendung mit einer grafischen Benutzungsoberfläche. Die Client-Anwendungen sind mit einer Server-Anwendung verbunden, die auf einem zentralen Rechner läuft und die eigentliche Anwendungslogik enthält.

Die zuvor noch häufige Individualentwicklung von Software wurde vermehrt durch den Einsatz von Standardsoftware abgelöst. Viele Unternehmen, die früher viele verschiedene, meist wenig integrierte, betriebswirtschaftliche Anwendungen betrieben, führten nun Systeme für das Enterprise-Resource-Planning (ERP) ein, die alle wesentlichen betrieblichen Funktionsbereiche abdeckten und eine einheitliche Datenbasis verwendeten. Daneben wurden aber noch zahlreiche weitere Anwendungen betrieben, wodurch die Systemlandschaft immer komplexer wurde.

Die Arbeitsplatz-PCs wurden immer leistungsfähiger, konnten zunehmend multimediale Daten verarbeiten und wurden mit dem Internet verbunden. Es entwickelten sich erste E-Commerce-Geschäftsmodelle.

Informationstechnik wurde immer mehr zur unternehmenskritischen Ressource. Die gestiegenen Anforderungen und komplexen Systemlandschaften führten dazu, dass die Kosten für die IT stark stiegen. Trotzdem waren die Anwender und Fachabteilungen mit der Qualität der IT-Leistungen oft nicht zufrieden.

Unter dem Motto „Industrialisierung der IT“ wurden industrielle Methoden auf den IT-Bereich übertragen. Hierdurch sollten eine gleichbleibend hohe Qualität der IT-Services – also der von der IT-Abteilung erbrachten Leistungen – gewährleistet und gleichzeitig Kosten gesenkt werden.

Die bisherigen Aufgaben wie IT-Infrastrukturbetrieb und Anwendungsentwicklung verloren an Bedeutung, u. a. durch den Einsatz von Standardsoftware. Zudem wurden diese Aufgaben zunehmend an externe Dienstleister ausgelagert. Zu den neuen Aufgaben gehörten u. a. das Management der angebotenen IT-Services, die Planung von IT-Investitionen, das Anforderungsmanagement sowie die Betreuung der – unternehmensinternen – Kunden. Kurzum, der IT-Bereich wurde wie ein professionelles Dienstleistungsunternehmen aufgestellt.

1.5 Internet und Mobile Computing

Seit Ende der Neunzigerjahre hat das Internet für Unternehmen fast aller Branchen extrem an Bedeutung gewonnen. Zunächst wurde es vor allem zur Kommunikation und Information genutzt, doch schon bald auch als zusätzlicher Absatzkanal. Insbesondere bildete das Internet die Voraussetzung für neu entstehende Geschäftsmodelle, die zur Konkurrenz für etablierte Anbieter wurden. Beispielsweise waren die Verkaufszahlen für Musik-CDs rückläufig, seit man Musikstücke zum sofortigen Download kaufen konnte – bzw. heute per Abonnement streamen kann. Derartige Entwicklungen wurden durch die Verbreitung von Smartphones und das mobile Internet weiter verstärkt, da das Internet nun überall verfügbar ist und alle Lebensbereiche durchdringt.

Für die Unternehmen wurden insbesondere benutzerfreundliche, leicht bedienbare Web-Anwendungen und mobile Apps wichtig, über die sie ihre Produkte vertreiben und elektronische Dienstleistungen abwickeln konnten. Auch überbetriebliche Abläufe wurden vermehrt durch elektronischen Datenaustausch und mit Hilfe von Systemen zum Lieferkettenmanagement (englisch „Supply Chain Management“, SCM) unterstützt.

Die IT war nun in vielen Unternehmen zu einem zentralen Bestandteil des Geschäfts geworden. Damit stiegen die Anforderungen an die Qualität und die Zuverlässigkeit weiter. Hierfür waren die Ansätze der industrialisierten IT gut geeignet. Als problematisch erwies sich jedoch, dass die als professioneller Dienstleister organisierte IT oftmals recht weit vom eigentlichen Geschäft entfernt war und nicht sicherstellen konnte, dass IT und Unternehmensstrategie optimal aufeinander ausgerichtet wurden. Daher wurden nun verstärkte Anstrengungen unternommen, diese gemeinsame Ausrichtung, das sogenannte „Business-IT-Alignment“, zu verbessern.

1.6 Viele parallele Entwicklungen

Tabelle 1 fasst die genannten Phasen im Überblick zusammen. Bei den eingetragenen Technologien, Anwendungen und IT-Management-Themen handelt es sich jeweils um Beispiele.

Die aufgeführten Entwicklungsphasen stellen nur eine grobe Einteilung dar. Es handelt sich auch nicht um abgeschlossene Phasen. Vielmehr sind heute Technologien aus allen Epochen im Einsatz. So finden sich z. B. in manchen Unternehmen nach wie vor Großrechner. Ebenso sind Client-Server-Architekturen bei vielen Typen von Anwendungen der vorherrschende Architekturstil.

Auch sind die ursprünglichen Aufgaben des IT-Managements nicht komplett durch die neueren Aufgaben ersetzt worden. Nach wie vor müssen Anwendungen entwickelt und betrieben sowie IT-Services erbracht werden. Neuere Themen wie das Business-IT-Alignment stellen zunächst zusätzliche Aufgaben für das IT-Management dar.

Die IT-Abteilungen der Anwenderunternehmen können einen Teil dieser Aufgaben durch Automatisierung, den Einsatz von Standardsoftware oder durch die Nutzung von IT-Outsourcing bzw. Cloud-Computing reduzieren. Teilweise fallen diese Aufgaben dann bei externen Dienstleistern an. Insbesondere die Anbieter von Cloud-Computing haben einen Großteil dieser Aktivitäten automatisiert.

Beginn (ca.)

Wichtige Technologien (Beispiele)

Wichtige Anwendungen (Beispiele)

Wichtige Themen für das IT-Management (Beispiele)

1950er Jahre

Großrechner

Buchhaltung, Materialbedarfsplanung

Betrieb und Wartung von Großrechnern, Anwendungsentwicklung

Ende 1960er Jahre

Minicomputer

Buchungs- und Bestellsysteme, weitere betriebswirtschaftliche Anwendungen

Betrieb und Wartung dezentraler Systeme, systematisches Software-Engineering

Anfang 1980er Jahre

Personal Computer

Büroanwendungen, Kommunikation

Management der Netzwerke und Arbeitsplatzrechner, Professionalisierung des Projektmanagements

1990er Jahre

Client-Server- Architektur

ERP-Systeme

Industrialisierung der IT, professionelles IT-Servicemanagement

Ende 1990er Jahre

Internet

Web-Plattformen, SCM-Systeme

Business-IT-Alignment

2010er Jahre

Cloud- Computing, künstliche Intelligenz, Big Data

Vielfältige, intelligente netzwerkbasierte Anwendungen, u. a. im Bereich Industrie 4.0

Agilität, IT als Innovationstreiber, Integration von Unternehmens-und Produkt-IT

Tabelle 1: Entwicklungsphasen der Unternehmens-IT

Die unterste Zeile von Tabelle 1 bezieht sich auf aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen für das IT-Management. Diese werden im folgenden Kapitel besprochen.

2 Aktuelle Trends

2.1 Grundlegende Veränderungen durch den Einsatz von IT-Innovationen

Eine Vielzahl aktuell zu beobachtender Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft wird unter dem Sammelbegriff „Digitalisierung“ zusammengefasst. Häufig wird auch von der „digitalen Transformation“ von Unternehmen gesprochen.

Ursprünglich bedeutet der Begriff „Digitalisierung“ die Umwandlung analoger Informationen in digitale Daten, wie sie z. B. geschieht, wenn ein Papierdokument eingescannt und mithilfe eines Texterkennungsprogramms in eine digitale Textdatei überführt wird. Dass Unternehmen Daten in digitaler Form verarbeiten, geschieht bereits seit vielen Jahrzehnten.

Wird heute von der Digitalisierung von Unternehmen gesprochen, so ist damit gemeint, dass man durch den Einsatz von IT-Innovationen wesentliche Bereiche des gesamten Unternehmens und seines Geschäfts grundlegend verändert.

Die Digitalisierung kann prinzipiell alle Komponenten eines Unternehmens betreffen (vgl. z. B. [ApFe18]). So werden Produkte und Dienstleistungen durch den Einsatz von IT verbessert und um Zusatzleistungen ergänzt - oder es werden ganz neuartige Produkte entwickelt. Die Geschäftsprozesse werden durch IT-Systeme unterstützt und in immer mehr Fällen komplett automatisiert abgewickelt. Lieferanten und Kunden werden digital angebunden, wobei die Endkunden über verschiedene Kanäle wie z. B. soziale Netzwerke, Webshops und Smartphone-Apps angesprochen werden. Mitarbeiter werden von digitalen Assistenten bei ihrer Arbeit unterstützt, mit denen sie mittels Computern, Mobilgeräten, Datenbrillen, Spracherkennung u. Ä. kommunizieren. In der Produktion kommen computergesteuerte Maschinen und Roboter zum Einsatz, die miteinander und mit den IT-Systemen des Unternehmens vernetzt sind.

Die vorhandenen IT-Systeme der Unternehmen werden um weitere Funktionen ergänzt, z. B. um mobile Apps oder Frameworks zur Analyse sehr großer Datenmengen („Big Data“), wie sie unter anderem von der Vielzahl miteinander vernetzten Maschinen, Sensoren usw. erzeugt werden. IT-Leistungen werden verstärkt extern in Form von Cloud-Lösungen bezogen.

2.2 Veränderte und neue Geschäftsmodelle

In vielen Fällen wird die Digitalisierung auch das Geschäftsmodell des Unternehmens betreffen, d. h. die Art und Weise wie das Unternehmen Nutzen für den Kunden generiert und wie es damit Geld verdient. Hierbei kann ein existierendes Geschäftsmodell digitalisiert werden, indem z. B. IT-basierte Zusatzleistungen angeboten werden. So kann ein Maschinenhersteller als Zusatzleistung die automatische Fernüberwachung der Maschinen anbieten, inklusive der rechtzeitigen Behebung auftretender Probleme.

Neben der Digitalisierung eines herkömmlichen Geschäftsmodells gibt es auch vollständig neue, digitale Geschäftsmodelle. Dabei beruht die Grundidee des Geschäftsmodells komplett auf digitalen Technologien. Beispielsweise wäre ein typischer Carsharing-Service ohne Technologien wie mobile Netzwerke, Apps, vernetzte Fahrzeuge etc. nicht realisierbar.

2.3 Disruptive Veränderungen in vielen Märkten

Die digitale Transformation hat viele Branchen und Lebensbereiche erfasst. Schafft es ein Unternehmen nicht, sich selbst geeignet digital zu transformieren, so läuft es Gefahr, ins Hintertreffen zu geraten und im Extremfall vom Markt zu verschwinden.

Häufig wird von disruptiven Änderungen gesprochen. „Disruptiv“ bedeutet wörtlich „zerstörend“. Und in der Tat lassen sich viele Beispiele beobachten, bei denen neue Technologien und darauf aufbauende Geschäftsmodelle etablierten Unternehmen empfindlich zugesetzt oder sie komplett verdrängt haben.

Bekannte Beispiele:

Streaming-Dienste wie Netflix oder Spotify haben CDs und DVDs weitgehend überflüssig gemacht, und die meisten Videotheken mussten schließen. Auch Plattformen zum Musik-Download konnten sich nicht gegen die Streaming-Konkurrenz behaupten.

Amazon und andere Online-Händler sind eine starke Bedrohung für den etablierten Handel. Unter anderem war die Insolvenz der Firma Quelle, einstmals einer der größten deutschen Versandhändler, auch darauf zurückzuführen, dass es nicht rechtzeitig gelang, ein erfolgreiches Online-Geschäft aufzubauen.

Airbnb als Vermittler von Ferienunterkünften stellt eine starke Konkurrenz für Hotels dar.

Uber als Vermittler von Personenbeförderungen bedroht vielerorts das Geschäft von Taxiunternehmen.

Direktbanken und -versicherungen sind zu einer starken Konkurrenz für Filialbanken geworden. Hinzu kommen sogenannte „Fintech“-Unternehmen, die mit Hilfe neuer Technologien einzelne Finanzdienstleistungen anbieten, z. B. mobile Bezahldienste oder die Vermittlung von Krediten zwischen Privatpersonen. Die neue Konkurrenz hat vielerorts dazu geführt, dass Bankfilialen geschlossen wurden und kleinere Filialbanken zur Verbesserung ihrer Kostenstruktur fusionierten.

Die Digitalfotografie hat schon vor längerer Zeit die Analogfotografie verdrängt und damit auch das Geschäft von Filmherstellern und Fotolaboren zerstört. Mittlerweile sind wiederum die in Smartphones eingebauten Kameras so gut geworden, dass der Umsatz mit Digitalkameras deutlich zurückgegangen ist.

Prominentes Beispiel für eine gescheiterte digitale Transformation ist das Unternehmen Kodak, einst Weltmarktführer im Bereich der analogen Fotografie. Obwohl Kodak selbst Pionier bei der Entwicklung der ersten Digitalkameras war, gelang es der Firma nicht, den Niedergang des Geschäfts mit analogem Film durch den Digitalkamera-Bereich auszugleichen, sodass die Firma im Jahr 2012 Konkurs ging [Br12]. Im gleichen Zeitraum wurde die Fotoplattform Instagram, die damals aus 13 Mitarbeitern bestand, für rund eine Milliarde Dollar an Facebook verkauft [Pa12].

Nicht jede Branche ist in gleichem Umfang und von derartigen Umwälzungen betroffen. Veränderungen in der einen oder anderen Form finden jedoch in allen Bereichen statt, und das oftmals sehr schnell. Daher ist es für jedes Unternehmen erforderlich, diese Veränderungen zu beobachten, sich mit neuen technologischen Entwicklungen auseinanderzusetzen und für die eigene Situation geeignete Digitalisierungsinitiativen durchzuführen.

Bei den oben genannten Beispielen haben die etablierten Unternehmen der betreffenden Branchen nicht rechtzeitig erkannt, welche disruptiven Veränderungen die digitalen Geschäftsmodelle der neuen Konkurrenz auslösten. Sie haben daher zu lange einseitig auf ihre existierenden Geschäftsmodelle gesetzt. Es ist wohl in keiner Branche auszuschließen, dass das neue Geschäftsmodell eines zunächst kaum beachteten Start-up-Unternehmens zu einer vergleichbaren Umwälzung führt. Daher sollte das eigene Geschäftsmodell vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden.

2.4 Wichtige technologische Entwicklungen

Die gegenwärtige Digitalisierungswelle basiert auf zahlreichen neuen Technologien und deren Verbreitung. Eine wichtige Rolle spielen insbesondere die folgenden Entwicklungen:

Leistungsfähigere Hardware

Die zunehmende Miniaturisierung und der Preisverfall von Hardware stellen eine wesentliche Voraussetzung für die technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit der nachfolgend aufgeführten Entwicklungen dar. Beispielsweise kommen heute zunehmend „In-Memory“-Datenbanken zum Einsatz, bei denen mehrere Terabyte an Daten komplett im Hauptspeicher eines oder mehrerer Computer gehalten werden. Da zeitaufwändige Festplattenzugriffe entfallen, sind wesentlich höhere Verarbeitungsgeschwindigkeiten möglich als früher.

Umfassende Vernetzung und intelligente Dinge

Längst sind nicht mehr nur herkömmliche Computer, Smartphones und andere mobile Endgeräte über das Internet miteinander verbunden. Zunehmend sind auch Maschinen, Fahrzeuge, Haushaltsgeräte und viele andere Dinge vernetzt und können beispielsweise mit ihren Besitzern, mit Wartungsfirmen oder auch miteinander kommunizieren. Daher spricht man auch vom „Internet der Dinge“(englisch „Internet of Things“, IoT).

Die vernetzten Dinge sind je nach Anforderungen mit unterschiedlichen Arten von Sensoren und Aktoren sowie eigener Verarbeitungslogik ausgestattet. Sie werden somit zu „intelligenten“ Dingen oder „smarten Produkten“. Beispiele dafür finden sich etwa im Bereich des „Smart Home“. Beleuchtung, Heizung, Rollläden etc. können nicht nur über Smartphone-Apps aus der Ferne gesteuert werden, sondern sich auch automatisch an das Nutzungsverhalten der Bewohner anpassen und sich so einstellen, dass möglichst wenig Energie verbraucht wird. Aber auch im Gesundheitswesen, dem Verkehr, der Produktion und vielen weiteren Anwendungsgebieten kommen vernetzte intelligente Dinge zum Einsatz.

Über die Objekte und Vorgänge der physischen Welt existieren immer mehr digitale Daten. Werden die zu einem Objekt gehörenden Daten gezielt in zusammenhängender Form verwaltet, so werden sich auch als „digitaler Zwilling“ des physischen Objekts bezeichnet. So können etwa zu einer Maschine sämtliche Konstruktionsdaten, 3-D-Modelle, Betriebs- und Wartungsdaten gesammelt werden. Dann stehen z. B. für einen Umbau oder zur Lösung eines Problems sofort alle benötigten Informationen zur Verfügung.

Eine Extremform smarter Dinge ist der sogenannte „Smart Dust“, also „intelligenter Staub“. Dabei handelt es sich um eine Vielzahl staubkorngroßer Mikrosysteme, die mittels Sensoren Daten erfassen und diese drahtlos an andere Mikrosysteme oder an Computer weiterleiten. Smart Dust ist noch in einer frühen Entwicklungsphase, doch könnte er z. B. zur Überwachung von Schadstoffkonzentrationen oder in der medizinischen Diagnostik zum Einsatz kommen.

Soziale Netzwerke

In sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter oder Instagram sind die Nutzer sowohl Konsumenten als auch Bereitsteller von Inhalten. Aus Sicht von Unternehmen stellen soziale Netzwerke wichtige Kanäle zur Kommunikation mit Kunden und Interessenten dar. Zudem liefern sie umfangreiche Daten über das Verhalten der Nutzer sowie über die Meinungen und Trends.

Auch innerhalb von Unternehmen werden soziale Netzwerke aufgebaut. Sie ermöglichen den unternehmensweiten Austausch von Mitarbeitern zu verschiedenen Themen und unterstützen somit das organisationale Wissensmanagement, aber auch z. B. die standortübergreifende Zusammenarbeit in Projekten.

Digitale Plattformen

Eine digitale Plattform bringt Anbieter und Nachfrage zusammen, wobei die Plattform umso wertvoller und für alle Beteiligten umso nützlicher wird, je mehr Nutzer sich an der Plattform beteiligen. Große Plattformen im E-Commerce-Bereich sind der Amazon-Marketplace und eBay. Weitere bekannte Beispiele sind das Unterkunftsportal Airbnb, der Personenbeförderungsvermittler Uber und die App-Stores, auf denen Smartphone-Apps verschiedener Anbieter vertrieben werden. In verschiedenen Wirtschaftsbereichen sind digitale Plattformen heute bereits das dominierende Geschäftsmodell, weshalb auch von der „Plattform-Ökonomie“ gesprochen wird.

Neben den genannten großen Unternehmen gibt es auch viele kleinere, spezialisierte Plattformen, wie z. B. Mercateo, eine Beschaffungsplattform für Geschäftskunden.

Cloud-Computing

Beim Cloud-Computing handelt es sich um den Bezug von standardisierten IT-Leistungen über das Internet. Jeder, der seine Fotos und Dateien zu einem Speicherdienst hochlädt, nutzt bereits Cloud-Computing. Neben Speicherplatz können in vergleichbarer Weise viele weitere IT-Leistungen bezogen werden, z. B. virtuelle Server und andere Infrastrukturkomponenten oder komplette Plattformen zur Entwicklung und Ausführung von Web-Anwendungen. Auch Anwendungssysteme, wie Office-Pakete oder Systeme für das Kundenbeziehungsmanagement (englisch „Customer Relationship Management“, CRM), lassen sich aus der Cloud beziehen.

Der Begriff „Cloud“ (Wolke) weist darauf hin, dass die betreffenden Leistungen in virtueller Form bezogen werden, d. h. man nutzt sie einfach über das Internet ohne sich um die physischen Komponenten wie Server kümmern zu müssen. Dies erledigt alles der Cloud-Anbieter.

In der Regel lassen sich die gewünschten Leistungen recht unkompliziert über die Webseite des Anbieters bestellen und sofort nutzen. Die Abrechnung erfolgt häufig nutzungsbasiert. Benötigt der Kunde mehr oder weniger Rechenleistung, so kann er die entsprechenden Mengen leicht hinzubuchen oder reduzieren.

Künstliche Intelligenz

Verfahren der künstlichen Intelligenz kommen beispielsweise bei der Klassifizierung von Daten, der automatischen Bilderkennung, der Verarbeitung natürlicher Sprache und der Erstellung von Prognosen zum Einsatz. Ein anschauliches Beispiel ist der Einsatz beim autonomen Fahren, wo die Steuerung eines fahrerlosen Fahrzeugs aus Kamerabildern die Verkehrssituation erkennen und hierauf richtig reagieren muss.

Große Aufmerksamkeit erfährt gegenwärtig das maschinelle Lernen, u. a. das sogenannte „Deep Learning“. Dabei werden mehrstufige künstliche neuronale Netze verwendet, die an die Struktur des menschlichen Gehirns angelehnt sind. Diese Systeme, die etwa bei der Mustererkennung zum Einsatz kommen, müssen zunächst mithilfe von Beispieldaten „trainiert“ werden. Anschließend können die derart erlernten Regeln auf die zu erkennenden Muster angewendet werden.

Die meisten derzeit genutzten Verfahren der künstlichen Intelligenz wurden bereits im letzten Jahrhundert entwickelt. Doch erst die heute zur Verfügung stehende leistungsfähige Hardware hat dazu geführt, dass diese Verfahren sinnvoll auf praktische Probleme angewandt werden können.

Verarbeitung großer Datenmengen

Die zunehmende Digitalisierung aller Bereiche des Lebens und der Wirtschaft führt dazu, dass in immer kürzerer Zeit immer größere Datenmengen entstehen. Ansätze und Technologien zur Verarbeitung und Analyse solcher großen Datenmengen werden unter der Bezeichnung „Big Data“ zusammengefasst.

Bei herkömmlichen Analyseverfahren wurden meist Daten ausgewertet, die über einen bestimmten Zeitraum gesammelt wurden, wie z. B. über den vergangenen Monat. Im Gegensatz hierzu werden Daten heute häufig in Echtzeit analysiert, d. h. in der Geschwindigkeit ihres Auftretens. Auf diese Weise kann sofort auf festgestellte Veränderungen und wichtige Ereignisse reagiert werden.

Leistungsfähige Analyseverfahren ermöglichen es, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen und vorherzusagen, welche Auswirkungen verschiedene Entscheidungsalternativen haben werden.

Neue Produktionsverfahren

In den vergangenen Jahren hat insbesondere der 3-D-Druck zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dabei handelt es sich um ein additives Fertigungsverfahren, bei dem ein Material Schicht für Schicht aufgetragen wird, sodass ein dreidimensionales Gebilde entsteht. Längst ist dieses Verfahren nicht mehr auf die Herstellung von Kunststoffteilen und Prototypen beschränkt. Auch Metall und viele andere Materialien können verarbeitet werden. So kann man mittels 3-D-Druck beispielsweise ganze Fahrzeugteile oder medizinische Implantate fertigen.

Ein ganz wesentlicher Vorteil des 3-D-Drucks gegenüber anderen Herstellungsverfahren ist die Flexibilität. Ein 3-D-Drucker ist ein Universalgerät, mit dem sich weitgehend beliebige Formen herstellen lassen. Der Wechsel zu einer anderen Form erfordert keine Umrüstung des Druckers. Es ist lediglich eine Datei mit einem anderen digitalen 3-D-Modell erforderlich. Auf diese Weise können auch sehr individuelle Produkte nach Kundenwunsch gefertigt werden.

Auch Fortschritte in der Robotertechnik verändern die Produktion. Neben herkömmlichen Industrierobotern, die beispielsweise in der Automobilindustrie hinter Schutzgittern mit schweren Teilen hantieren, gibt es heute Leichtbauroboter, die als „kollaborative Roboter“ direkt mit Menschen zusammenarbeiten können. Weiterhin kommen neue Formen von Robotern zum Einsatz, z. B. Transportroboter, die Materialien weitgehend selbstständig an ihren Bestimmungsort bringen.

Auch Maschinen, andere Fertigungseinrichtungen und sogar die Werkstücke selbst werden zunehmend intelligenter und können sich untereinander abstimmen und so einen reibungslosen Produktionsablauf gewährleisten. Hierbei spielen auch die bereits angesprochenen Trends der zunehmenden Vernetzung und der künstlichen Intelligenz eine wichtige Rolle.

Aktuelle Digitalisierungskonzepte in Produktion und Logistik werden vielfach als vierte industrielle Revolution angesehen und daher unter dem Begriff „Industrie 4.0“ zusammengefasst.

Neue Automatisierungslösungen

Nicht nur in der Produktion, sondern auch in anderen Bereichen werden zunehmend Aufgaben automatisiert, die bisher nur von Menschen erledigt werden konnten. So werden zunehmend Chatbots eingesetzt, um mit Kunden zu kommunizieren und einfache Fragen zu beantworten.

Auch für zahlreiche sonstige Routinetätigkeiten kann man Software-Roboter einsetzen. Oftmals bestehen solche Aufgaben darin, Daten aus verschiedenen Software-Anwendungen und Dateien zu sammeln und in andere Software-Anwendungen zu übertragen. Eine Automatisierung solcher Aufgaben scheiterte in der Vergangenheit häufig daran, dass es einen hohen Programmieraufwand bedeutet, die verschiedenen Systeme über ihre Programmierschnittstellen miteinander zu verknüpfen.

Hier können Systeme zur „Robotic-Process-Automation“ (RPA) helfen. Dabei handelt es sich um Software-Roboter, die menschliche Benutzer nachahmen, indem sie die benötigten Software-Anwendungen über deren grafische Oberflächen bedienen. Ein solcher Roboter loggt sich in die benötigten Systeme ein, drückt auf Buttons, kopiert Daten aus Benutzerdialogen, verarbeitet diese nach vorgegebenen Regeln und trägt die Ergebnisse in Eingabefelder ein. Die Konfiguration eines derartigen Bots erfolgt nicht in Form herkömmlicher Programmierung, sondern durch Aufzeichnen der Aktionen menschlicher Benutzer, ergänzt um grafische Flussdiagramme.

Zunehmend werden derartige Software-Roboter mit künstlicher Intelligenz ausgestattet. Damit können sie auch komplexere Aufgaben übernehmen und Entscheidungen treffen. Die Verarbeitungsregeln müssen dann auch nicht mehr im Einzelnen vorgegeben werden, sondern können vom Roboter erlernt werden.

Mensch-Maschine-Interaktion

Früher fand die Interaktion zwischen Menschen und Computern fast ausschließlich über Bildschirm, Tastatur und Maus statt. In vielen Bereichen dominieren heute stattdessen Smartphones, Tablets und andere Mobilgeräte. Hierfür sind andere Arten der Informationsdarstellung und –bearbeitung erforderlich, z. B. in Form von Smartphone-Apps, die – vor allem wegen der geringeren Bildschirmgröße – auf das Wesentliche reduziert und intuitiv zu bedienen sind. Die Bedienung kann unter anderem mittels Touchscreen, Gestensteuerung oder auch Sprache erfolgen.

Hinzu kommen „Wearables“ wie smarte Uhren oder Brillen mit eingebauten Kameras. Sprachassistenten, die sich in der Wohnung aufstellen lassen und auf gesprochene Befehle reagieren, sind weitere anschauliche Beispiele für „Ubiquitous Computing“, also „allgegenwärtige Informationsverarbeitung“.

Mithilfe von Datenbrillen und -handschuhen kann man komplett in computergenerierte Umgebungen eintauchen. Dies wird als Virtual Reality (VR) bezeichnet. Im Gegensatz dazu bedeutet „Augmented Reality“ (AR) „erweiterte Realität“. Dabei wird die aktuelle Ansicht der physischen Umgebung in Echtzeit mit passenden Einblendungen von computergenerierten Bildern und Informationen erweitert. Bekannt ist dies beispielsweise vom Spiel „Pokemon Go“, bei dem auf dem Smartphone-Bildschirm künstliche Wesen in das Kamerabild der Umgebung integriert sind. Nach dem gleichen Prinzip lassen sich z. B. auch animierte Montage-Hinweise an die passenden Stellen einer Maschine einblenden.

Blockchain

Die Technologie der Blockchain wurde vor allem durch die digitale Währung „Bitcoin“ bekannt. Die Blockchain ist die bekannteste Implementierung eines sogenannten „Distributed Ledger“. Dabei handelt es sich um ein verteiltes, fälschungssicheres Verzeichnis, das keine zentrale Verwaltung benötigt. Diese Technologie lässt sich nicht nur für Kryptowährungen einsetzen, sondern zur unveränderbaren, nachvollziehbaren Protokollierung aller Arten von Transaktionen, wie z. B. Grundstückskäufe oder die Vergabe von Lizenzrechten.

Auch sogenannte „Smart Contracts“ können auf der Grundlage einer Blockchain implementiert werden. Dies sind Verträge, deren Einhaltung automatisiert erfolgt. Z. B. könnte durch die Zustellbestätigung eines Paketdienstleisters automatisch die Zahlung des Warenempfängers an den Versender ausgelöst werden.

Im Moment ist noch nicht genau abzusehen, in welchen Einsatzszenarien sich die Blockchain und verwandte Technologien in der Praxis durchsetzen werden. Es ist aber vorstellbar, dass sie dazu verwendet werden können, die Abwicklung von geschäftlichen Transaktionen in manchen Branchen und Märkten grundlegend zu verändern.

Neue Entwicklungsplattformen und Software-Architekturen

Mithilfe von „Low-Code“-Plattformen kann man Anwendungen weitgehend ohne klassische Programmierung erstellen. Hierbei kommen unter anderem grafische Prozess- und Datenmodelle, Dialog-Editoren und vordefinierte Funktionsbausteine zum Einsatz. Lediglich für spezielle Anforderungen, die nicht durch Standardbausteine abgedeckt werden, muss herkömmlicher Programmcode geschrieben werden. Ziel solcher Plattformen ist es, die Entwicklungsproduktivität und -geschwindigkeit zu erhöhen. Zudem können z. T. auch Mitarbeiter der Fachabteilungen, die nicht programmieren können, selbst Anwendungen erstellen.

Neben herkömmlichen Client-Server- und Web-Architekturen gewann in jüngster Zeit der von großen Internet-Unternehmen entwickelte Architekturstil der Microservices an Interesse. Bei Microservices ist die Gesamtanwendung aus unabhängigen, sehr lose gekoppelten Diensten zusammengesetzt, die jeweils nur eine vergleichsweise kleine Aufgabe erfüllen. Die Microservices können in unterschiedlichen Sprachen und Technologien implementiert sein und unabhängig voneinander weiterentwickelt werden. Vorteile sind u. a. eine hohe Flexibilität bei der Entwicklung, die eine schnelle Bereitstellung neuer Funktionalitäten erlaubt, und eine gute Skalierbarkeit.

Die genannten Entwicklungen bieten Unternehmen vielfältige Möglichkeiten, ihr Geschäftsmodell mithilfe von digitalen Technologien weiterzuentwickeln. Gleichzeitig sind sie auch dazu gezwungen, da Kunden, Wettbewerber und Lieferanten dies ebenfalls tun, wodurch sich das Unternehmensumfeld in vielen Fällen sehr umfassend und rasch verändert.

2.5 Gestiegene Kundenanforderungen

Heutige Unternehmen müssen gestiegenen Anforderungen der Kunden gerecht werden. Diese erwarten von jedem Unternehmen das gleiche angenehme Erlebnis, wie es beispielsweise von erfolgreichen Internethändlern geschaffen wird. Kunden sind es gewohnt, über Internet und Mobilgeräte 24 Stunden am Tag zu kommunizieren, einzukaufen sowie Bankgeschäfte und Ähnliches zu erledigen. Sie erwarten, dass auf Anfragen möglichst direkt geantwortet wird, bestellte Artikel in ein bis zwei Tagen geliefert und bei Nichtgefallen zurückgenommen werden. Beschwerden und Reklamationen sollen schnell und zufriedenstellend bearbeitet und großzügige Rücknahmeregelungen angeboten werden.

Daher ist ein hohes Maß an Kundenorientierung erforderlich. Hierzu ist der Kunde in den Mittelpunkt aller Überlegungen zu stellen. Produkte und Dienstleistungen müssen einen hohen Nutzen stiften, den der Kunde auch als solchen wahrnimmt. Über alle Kontakte hinweg, die mit dem Unternehmen und seinen Produkten stattfinden, soll ein durchgängig angenehmes Kundenerlebnis entstehen. Dabei ist es unerheblich, über welche Kanäle (wie z. B. Internet, Telefon, Ladengeschäft, Servicetechniker) die einzelnen Kontakte erfolgen.

2.6 Schwieriges Umfeld und hohe Veränderungsgeschwindigkeit

Kunden haben nicht nur steigende Anforderungen, ihr Verhalten kann sich auch sehr schnell ändern, weil z. B. neue Produkte und Angebote auf den Markt kommen, neue Konkurrenten mit innovativen Geschäftsmodellen auftauchen, oder neue Trends entstehen – nicht zuletzt beschleunigt durch Multiplikatoreffekte in sozialen Netzwerken oder durch Influencer auf Videoplattformen.

Entsprechend wird das Umfeld vieler Unternehmen durch sehr rasche, im Einzelnen kaum vorhersehbare Veränderungen geprägt. Die Eigenschaften eines solchen Umfeldes werden auch unter dem Akronym „VUCA“ zusammengefasst (vgl. [MaKh16]). Dies steht für „Volatility“ (Volatilität), „Uncertainty“ (Unsicherheit), „Complexity“ (Komplexität), „Ambiguity“ (Mehrdeutigkeit):

Volatilität

bedeutet, dass man plötzlichen und starken Schwankungen in verschiedene Richtungen ausgesetzt ist.

Unsicherheit

wird durch die Unvorhersehbarkeit und damit den Überraschungsgrad von Ereignissen erzeugt.

Komplexität

entsteht dadurch, dass es sehr viele Einflussfaktoren mit gegenseitigen Wechselwirkungen gibt, die sich nicht in Gänze überblicken lassen.

Ambiguität

oder

Mehrdeutigkeit

ist gegeben, wenn sich eine Situation trotz umfassender Informationen nicht eindeutig bewerten lässt.

2.7 Regularien

Es existiert eine große Zahl von Gesetzen, Normen und Vorschriften, die Unternehmen einhalten müssen, u. a. in den Bereichen Sicherheit, Qualität, Gesundheit, Arbeitsschutz, Risikomanagement und Datenschutz. Die meisten einzuhaltenden Regularien betreffen direkt oder indirekt die IT. So etwa die internationalen IT-Sicherheitsnorm ISO 27 001. Ein anderes Beispiel ist die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die den Umgang mit personenbezogenen Daten regelt. Da derartige Daten in der Regel in IT-Systemen gespeichert und verarbeitet werden, handelt es sich ebenfalls um ein Thema mit sehr starkem IT-Bezug.

Aber auch Regularien, die sich vordergründig auf andere Bereiche beziehen, wie z. B. auf die Produktion oder das finanzielle Risikomanagement, haben Auswirkungen auf die IT. So werden Maschinen durch IT-Systeme gesteuert und Finanzdaten mithilfe von IT-Systemen verarbeitet. Entsprechend müssen diese IT-Systeme so gestaltet werden, dass die betreffenden Vorschriften zu Produktion, finanziellem Risikomanagement usw. eingehalten werden.

2.8 Neue Vorgehensweisen

Bei herkömmlichen, plangetriebenen Vorgehensweisen wird Software in klar voneinander abgegrenzten Phasen entwickelt. Dabei werden zunächst detaillierte Projektpläne und genaue, meist sehr umfangreiche Spezifikationen erstellt. Erst dann beginnt die Implementierung. Lauffähige Software steht erst gegen Ende des Projekts zur Verfügung.

Im Gegensatz dazu wird Software bei agilen Verfahren wie Scrum in kurzen Iterationen entwickelt. Dabei entsteht zum Ende jeder Iteration eine lauffähige Software. Deren Funktionsumfang erhöht sich von Iteration zu Iteration. Es wird auf umfangreiche schriftliche Spezifikationen verzichtet. Stattdessen erfolgt eine enge Kommunikation mit dem Kunden. Änderungen der Anforderungen können aufgrund der kurzen Iterationszyklen leicht berücksichtigt werden.

Neben Scrum werden unter anderem die Methoden Kanban und Design-Thinking häufig eingesetzt. Wichtige Elemente von Kanban sind die Visualisierung des Arbeitsfortschritts mithilfe von Haftzetteln an Wandtafeln, sowie die Limitierung der Zahl der Aufgaben, an denen gleichzeitig gearbeitet wird („Work-in-Progress“). Hierdurch soll ein möglichst gleichmäßiger Arbeitsfluss erreicht werden. Dieses Verfahren kann nicht nur für die Softwareentwicklung eingesetzt werden, sondern beispielsweise auch für die Administration und den Betrieb von IT-Systemen.

Design-Thinking wird insbesondere für die Entwicklung von Innovationen eingesetzt. Diese Methode orientiert sich an der Vorgehensweise von Designern und überträgt sie auf andere Anwendungsbereiche. Wichtige Merkmale sind interdisziplinäre Teams, eine kreativitätsfördernde Umgebung, die frühzeitige Visualisierung in Form simpler Prototypen und das Lernen durch Ausprobieren und Nutzer-Feedback.

Einige dieser Verfahren stammen vor allem aus dem Bereich der Softwareentwicklung. Sie werden heute aber nicht mehr nur im IT-Bereich, sondern zunehmend auch in anderen Unternehmensbereichen angewandt.

2.9 Fallbeispiel Kaeser Kompressoren

Ein gut dokumentiertes Beispiel für ein neues digitales Geschäftsmodell im Bereich Industrie 4.0 ist das „Sigma Air Utility“-Betreibermodell der Firma Kaeser Kompressoren. Die folgende Beschreibung dieses Modells beruht auf [SaWi18] und [BoWi19].

2.9.1 Beschreibung des Fallbeispiels

Das Unternehmen mit Hauptsitz in Coburg ist einer der weltweit größten Anbieter für Systeme zur Erzeugung von Druckluft. Druckluft wird in der Industrie für zahlreiche Aufgaben benötigt, unter anderem für Antriebe, Steuerungen, zur Kühlung und zur Reinigung. Kaeser hat weltweit über 5 000 Mitarbeiter und erzielt einen Jahresumsatz von ungefähr 800 Millionen Euro.

Das ursprüngliche Geschäftsmodell, das nach wie vor weiter betrieben wird, besteht aus der Herstellung und dem Verkauf von Druckluftkompressoren. Zudem werden Dienstleistungen erbracht, wie die Wartung der Kompressoren. Mit dem Kauf von Kompressoren geht das Eigentum an den Kunden über. Der Kunde ist auch komplett für den Betrieb und die Wartung verantwortlich – wofür er wiederum die Dienstleistungen von Kaeser kaufen kann.

Seit einigen Jahren bietet Kaeser Druckluft zudem in Form eines Betreibermodells an, sozusagen „Druckluft-as-a-Service“. Dabei bleiben die beim Kunden installierten Kompressoren im Eigentum der Firma Kaeser, und der Kunde bezahlt die bezogene Druckluft zu einem vereinbarten Kubikmeterpreis. Kaeser ist komplett für Wartung, Service und Betrieb zuständig. Damit liegt auch das gesamte Betreiberrisiko bei Kaeser, z. B. die Verantwortung für die Durchführung der vorgeschriebenen Sicherheitsinspektionen oder das Risiko, dass ein Kompressor kaputtgeht und ersetzt werden muss.

Im Jahr 2015 nutzten bereits 20 % der Kunden diese Variante des Druckluftbezugs. Sie bietet eine Reihe von Vorteilen für den Kunden. So muss er zu Beginn keine große Investition tätigen, sondern nur laufende Kosten bezahlen. Die meisten Unternehmen, die eigene Kompressoren besitzen, wissen gar nicht im Einzelnen, wie hoch ihre gesamten Druckluft-Kosten sind. Im Gegensatz dazu sind die beim Betreibermodell anfallenden Kosten genau bekannt.

Hinzu kommt ein Mehr an Flexibilität. Wenn es für den Kunden wirtschaftlich schlecht läuft und er die Produktion drosseln muss, bezieht und bezahlt er auch nur die benötigte geringere Menge Druckluft. Er braucht kein eigenes Personal für den Betrieb und muss sich auch nicht um die Wartung kümmern. Und schließlich entfällt das Betreiberrisiko, da dies wie oben geschildert bei Kaeser liegt.

Auch für die Firma Kaeser als Hersteller und Betreiber hat das Modell Vorteile. Auf Grundlage von Datenanalysen können die Kompressoren so optimiert und laufend angepasst werden, dass sie möglichst wenig Energie verbrauchen. Da die Energiekosten etwa 75 % der Gesamtkosten ausmachen, können die Betriebskosten somit deutlich gesenkt werden. Zudem ermöglicht die Echtzeitauswertung von Sensordaten eine genaue Ermittlung und Planung der Instandhaltungsarbeiten und somit eine Reduzierung der Instandhaltungskosten.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich mit diesem Modell lange und intensive Kundenbeziehungen entwickeln lassen. Im Gegensatz zum einmaligen Kauf eines Kompressors, den der Kunde anschließend auch von einer anderen Firma warten lassen kann, werden beim Betreibermodell über einen langen Zeitraum alle Services von Kaeser erbracht, und die aus den Datenanalysen gewonnen Erkenntnisse bieten regelmäßige Anlässe für Gespräche mit dem Kunden.

Das beschriebene Betreibermodell ließ sich in dieser Form nur auf Grundlage einer umfassenden Digitalisierung realisieren. Dies beginnt bereits bei der Planung der für einen Kunden erforderlichen Anlagen zur Drucklufterzeugung. Hierbei werden unter anderem die bisher verwendeten Kompressoren mit Messgeräten versehen und der aktuelle Druckluftverbrauch über einen gewissen Zeitraum gemessen. Auf Grundlage dieser Messwerte und weiterer Informationen, die beim Kunden mit Hilfe von Checklisten erfasst werden, werden Simulationen durchgeführt. Mit diesen Simulationen wird ermittelt, wie der Druckluftbedarf des Kunden mit möglichst geringem Energieeinsatz befriedigt werden kann. Zudem erfolgt eine automatisierte Kostenermittlung. In diese Berechnungen fließen auch frühere Erfahrungen bei anderen Kunden mit ein.

Die von Kaeser anschließend installierten Kompressoren sind mit Steuergeräten und Sensoren ausgestattet, die während des Betriebs ständig umfassende Messwerte liefern. Über ein lokales Netzwerk sind die Steuergeräte der einzelnen Kompressoren mit einem Verbundsteuergerät („Sigma Air Manager“) verbunden. Diese Verbundsteuerung wertet die gemessenen Daten aus und regelt die angeschlossenen Kompressoren so, dass eine größtmögliche Energieeffizienz erreicht wird.

Zudem werden die Daten an das Rechenzentrum von Kaeser in Coburg übertragen, wo sie in Echtzeit analysiert werden. Hierbei kommen Standardsoftware-Komponenten des Softwareherstellers SAP zum Einsatz. Die Datenübertragung übernimmt ein spezieller „Internet-of-Things“-Client (SAP-IoT-Client). Die Datenanalyse erfolgt in einer SAPHANA-Datenbank. Abbildung 1 zeigt die technische Infrastruktur im Überblick.

Mithilfe der ständig übertragenen Daten kann Kaeser sämtliche installierten Kompressoren ständig aus der Ferne überwachen und beispielsweise bei einer Störung oder einem Ausfall sofort reagieren und einen Techniker vor Ort schicken.

Vor allem aber ermöglicht die Analyse der umfangreichen Datenmengen eine vorausschauende Instandhaltung (englisch „Predictive Maintenance“), sodass es gar nicht erst zu Ausfällen kommt.

Hierzu werden die erhobenen Daten auf bestimmte Muster und Entwicklungen hin analysiert, die Rückschlüsse auf die zu erwartende Restlebensdauer der verschiedenen Kompressor-Teile ermöglichen und z. B. auf den baldigen Ausfall eines Teils hinweisen. Dann ist es möglich, das Teil rechtzeitig auszutauschen, bevor es ausfällt. Umgekehrt ist es nicht mehr nötig, bestimmte Verschleißteile bei regelmäßigen Wartungsterminen routinemäßig auszutauschen. Stattdessen kann man warten, bis man aufgrund der erhobenen Daten weiß, dass tatsächlich eine Wartung nötig ist.

Hierdurch gibt es zum einen weniger Ausfälle, zum anderen werden Kosten gespart, weil weniger Wartungen durchgeführt werden müssen. Zudem können die Verschleißteile länger genutzt werden, was ebenfalls Kosten reduziert.