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Ältere Menschen verfügen über einen reichhaltigen Erinnerungsschatz – der bei Demenz jedoch tief vergraben scheint. Es lohnt sich, ihn wieder in die Gegenwart zu holen. Diese Geschichtenreihe hilft Ihnen, bei der Betreuung Demenzkranker in der Heim- oder Tagespflege, aber auch in der häuslichen Pflege, themenbezogen ins Gespräch zu kommen. Lebensstationen, Feste und Feiertage, jahreszeitliche Begebenheiten oder humoristische Anekdoten bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für Zwiegespräche oder kleinere Gesprächsrunden – und wer gar nichts erzählen mag, genießt einfach das Vorleseritual und den Inhalt der jeweiligen Geschichte. Alle Vorlesegeschichten sind kurz und verständlich gehalten, überfordern nicht, verkindlichen aber auch nichts, sodass sich Demenzkranke trotz der einfachen Handlungsstruktur mit den Inhalten und den Figuren sehr gut identifizieren können. Fragen, die an jede Geschichte anknüpfen, aktivieren die Erinnerung und ermuntern die Zuhörer zum Erzählen.
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Seitenzahl: 79
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Impressum
Titel
5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz
Jahreszeitliches
Autorin
Annette Weber
Titelbildmotiv
© ivan kmit – Fotolia.com
Ein Hinweis für die Vorlesenden:
Seien Sie umsichtig im Umgang mit Demenzkranken, denn viele Betroffene reagieren beim Lesen des Wortes „Demenz“ sehr empfindlich. Im Einzelfall kann es daher sinnvoll sein, das Wort Demenz im Titel des Covers abzukleben, oder Sie verwenden beim Vorlesen eine Schutzhülle als Buchumschlag.
Verlag an der Ruhr
Mülheim an der Ruhr
www.verlagruhr.de
Unser Beitrag zum Umweltschutz:
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Zuwiderhandlungen werden zivil- und strafrechtlich verfolgt.
© Verlag an der Ruhr 2013
ISBN 978-3-8346-2709-4
eBook-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmundwww.readbox.net
Inhalt
Vorwort
Über die Reihe
Frühling
Die Ostereiersuche
April, April!
Der verschwundene Maibaum
Bruno, der Bernhardiner
Sommer
Die blaue Badehose
Ein Nachmittag im Kirschbaum
Das Volkstanztreffen
Der Straßenköter
Herbst
Bananen-Klara
Der blaue Drachen
Kartoffelferien
Der Sankt-Martins-Umzug
Winter
Der Tag auf dem Eis
Der Nikolaus auf dem Klo
Das Christkind kommt
Weihnachten auf der Autobahn
Liebe Vorlesende, liebe Zuhörer,
mein Name ist Annette Weber. Seit fast 30 Jahren bin ich als Autorin tätig, schreibe Bücher, Geschichten und Theaterstücke für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.
Die Geschichten, die ich hier erzähle, habe ich mir ausgedacht, und doch enthalten die meisten von ihnen einen wahren Kern. Viele Menschen haben mir, als ich mit der Arbeit zu diesem Buch begann, Ankedoten aus ihrem Leben erzählt, die in die Geschichten eingeflossen sind. Ihnen möchte ich hiermit noch einmal ganz herzlich danken.
Mein besonderer Dank gilt meinem Vater und meiner Tante Hanna. Sie haben mich oft beraten, die Geschichten gelesen und mir wichtige Rückmeldungen gegeben. Ebenfalls danken möchte ich dem Haus Ruhrgarten der evangelischen Altenhilfe aus Mülheim an der Ruhr. Auch hier wurden die Geschichten gelesen und besprochen und die Resonanz an den Verlag weitergegeben.
Das Arbeiten an dem Buch hat mir viel Spaß gemacht. Ich hoffe, Sie spüren das zwischen den Zeilen.
Ich wünsche Ihnen mit diesem Buch viel Freude und hoffe, dass auch Sie sich beim Vorlesen oder Zuhören der Geschichten an viele verschiedene Stationen in Ihrem Leben erinnern.
Liebe Grüße
Über die Reihe
Lesen ist eine der schönsten und zeitlosesten Freizeitbeschäftigungen für Jung und Alt. In Erzählungen abtauchen, sich in andere Personen hineinversetzen, via Fantasie Zeitreisen unternehmen … Lesen bietet die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen und ihn gleichzeitig zu verarbeiten. Wem das Lesen jedoch Mühe bereitet, kann Lesevergnügen auch über das Vorlesen erleben.
Die Reihe „5-Minuten-Vorlesegeschichten für Menschen mit Demenz“ berücksichtigt die Einschränkungen von Demenzkranken mit kurzen, pointierten und einfachen Geschichten, die an das Alltagserleben anknüpfen. Mal humoristisch, mal nachdenklich oder auch religiös-besinnlich – je nach Anlass und Situation können Sie die passende Geschichte auswählen und die Zuhörer zum Gedankenaustausch anregen. Die entsprechenden Anschlussfragen zu jeder Geschichte bieten die dazu nötigen Anknüpfungspunkte – für ein abwechslungsreiches (Vor-) Lesevergnügen!
Die Ostereiersuche
Ostern verbrachte die kleine Elsa mit ihren Eltern immer bei den Verwandten Onkel Rüdiger und Tante Anita im Nachbardorf. Onkel und Tante hatten dort eine kleine Landwirtschaft mit Kühen und Ziegen. Außerdem besaßen sie einen wunderschönen, großen Garten.
Elsa war gerne hier. Sie freute sich über die vielen Tiere, und sie liebte ihre beiden großen Cousins Hans und Matthias. Die beiden spielten der kleinen Elsa allerdings auch hin und wieder mal einen Streich oder neckten sie.
Als sie nun vor dem Haus der Verwandten ankamen, sprang Elsa freudig ins Haus.
„Ich bin wieder da!“, rief sie vergnügt.
„Jaja, das ist nicht zu übersehen“, kicherte Hans.
Und Matthias fügte hinzu: „Und nicht zu überhören.
Tante Anita und Onkel Rüdiger warfen ihnen strafende Blicke zu.
„Benehmt euch!“, flüsterte ihre Tante Anita ihren Söhnen zu. „Und seid schön lieb zu Elsa.“
„Aber natürlich“, erwiderten Hans und Matthias wie aus einem Munde. Dabei grinsten sie sich kurz an.
Tante und Onkel begrüßten die kleine Elsa herzlich.
„Der Osterhase hat schon ganz viele Eier im Garten versteckt“, sagten sie liebevoll. Elsa freute sich sehr.
Da kamen auch ihre Cousins auf Elsa zu.
„Ja, der Osterhase hat ganz viele Eier versteckt“, kicherte Matthias, und Hans fügte grinsend hinzu: „Jedenfalls, wenn man an den Osterhasen glaubt.“
Aber Elsa glaubte ganz fest an ihn, und sie sprang vor lauter Freude hin und her.
„Wann können wir die Ostereier suchen?“, wollte sie wissen.
Tante Anita verteilte kleine Osterkörbchen an die Kinder, damit sie ihre Eier dort hineinlegen konnten.
„Jetzt könnt ihr damit anfangen“, sagte sie.
„Guck du mal im Gemüsegarten“, riet Hans der kleinen Elsa. „Ich glaube, der Osterhase ist dorthin gegangen. Der frisst ja so gerne Salat und Kohl.“
Das leuchtete Elsa sofort ein. Sie ging zum Gemüsegarten hinüber, doch an dem kleinen Tor hielt Onkel Rüdiger sie auf.
„Nein, hier war der Osterhase nicht“, sagte er. „Der ist drüben im Blumengarten und auf der Wiese gewesen. Geh nur dort hinüber.“
Schnell drehte sich Elsa um und ging zur Wiese.
Dort sah sie Matthias und Hans von einem Busch zum nächsten rennen.
„Hier ist eins.“
„Ich hab’ auch eins.“
„Oh, hier ist sogar ein dickes aus Schokolade.“
„Und ich habe eins aus Marzipan.“
Elsa blickte aufgeregt von einem zum anderen. Sie lief nun auch zu dem Busch, unter dem Hans ein Ei gefunden hatte, aber nun war keines mehr da. Enttäuscht blickte Elsa zu Matthias und Hans. Sie hatten ihr Körbchen schon randvoll mit Eiern. Elsa dagegen hatte gerade mal ein Ei gefunden.
„Matthias? Hans?“ Tante Anita stand plötzlich vor ihren Söhnen. „Kommt ihr bitte mal zu mir?“
Ihre Stimme war streng und duldete keinen Widerspruch. Matthias und Hans gehorchten widerwillig.
„Kann es sein“, begann die Mutter, „dass ihr den Osterhasen beim Verstecken beobachtet habt?“
„Nein“, riefen die beiden Söhne mit dem Brustton der Überzeugung.
„Woher wusstet ihr denn so schnell, dass unter dem Busch ein Ei lag? Und du, Hans, bist sofort zu dem Rosenstrauch hingelaufen? Woher kanntest du das Versteck?“
Hans schob schmollend die Unterlippe vor. „Keine Ahnung. Ich hab’s mir eben gedacht“, brummte er. „Kann ich jetzt weitersuchen?“
Er hatte bemerkt, dass Elsa einige Eier gefunden hatte, und das machte ihn unruhig. Nun aber trat Onkel Rüdiger zu seinen Söhnen.
„Ich finde es ganz schön hinterlistig von euch, dass ihr die kleine Elsa zuerst in den Gemüsegarten geschickt habt, damit ihr alle Ostereier zuerst findet.“
Matthias wollte widersprechen, aber als er den strengen Blick seines Vaters sah, senkte er den Kopf und schwieg.
„Kinder, die den Osterhasen beobachten, verdienen keine Ostereier!“, fuhr der Vater nun fort und streckte seine Hände aus. „Gebt mir euer Ostereierkörbchen.“
„Aber Vater!“, rief Hans nun entsetzt. „Bitte nicht.“
„Bitte lass uns wenigstens ein Ei behalten“, bettelte Matthias.
Aber der Vater duldete keine Entschuldigung. „Gebt die Eier sofort her!“, forderte er.
Nun mussten die beiden Jungen wirklich schlucken. Hans war nah davor, zu weinen, und Matthias’ Gesicht war kreideweiß geworden. Doch sie reichten dem Vater ihre Körbchen mit den Ostereiern.
Die kleine Elsa bemerkte nichts von alldem. Fröhlich lief sie von einem Busch zum anderen. Sie fand noch einige Ostereier und einen Schokoladenosterhasen und jubelte bei jedem Fund. Endlich hatte sie alle Sachen gefunden und kehrte auf die Terrasse zurück.
„Was habt ihr gefunden?“, fragte sie Hans und Matthias. Dann erst bemerkte sie, dass die beiden Cousins Tränen in den Augen hatten.
„Warum seid ihr denn so traurig?“, fragte sie erschrocken. „Heute ist doch Ostern. Der Osterhase war da.
Da müssen wir uns doch alle freuen.“
„Wir müssen dir unsere Ostereier geben“, schluchzte Matthias und reichte Elsa sein Osternest. „Der Vater hat es so befohlen.“
Auch Hans reichte ihr sein Osternest. Jetzt aber schüttelte Elsa energisch den Kopf.
„Das will ich nicht!“, sagte sie. „Sonst seid ihr ja so traurig.“
Nun kullerten Hans und Matthias ein paar dicke Tränen über die Wangen. Elsa drückte die beiden großen Cousins fest an sich.
„Nicht weinen“, sagte sie. „Ihr könnt eure Ostersachen behalten. Ich habe doch auch so viel.“
Tante Anita beobachtete die kleine Elsa gerührt.
„Du bist wirklich so ein liebes Mädchen“, sagte sie dann. „Ich mache euch einen Vorschlag. Legt alle Ostereier und Süßigkeiten auf den Tisch, und dann wird geteilt.“
So machten sie es dann auch. Und Elsa durfte sich als Erstes die Sachen aussuchen.
April, April!
Die Zwillinge Doris und Irma betraten die große Wohnküche. Ihre Mutter stand am Fenster und schaute nachdenklich hinaus.
„Ist was, Mutti?“, fragte Irma verwundert.
Die Mutter schüttelte lächelnd den Kopf. „Nein, nein“, winkte sie ab. „Ich überlege nur, was ich heute kochen soll. Worauf habt ihr denn Hunger?“
„Milchreis mit Zimt und Zucker“, schlug Irma vor und Doris fügte hinzu: „Oder armer Ritter.“ Das war ihr Leibund Magengericht.
Die Mutter wiegte den Kopf hin und her.
„Reis haben wir nicht“, meinte sie. „Da müsste ich extra noch einmal einkaufen gehen.“
„Was haben wir denn?“, wollte Irma wissen, und die Mutter zählte auf: „Margarine, Mehl, Eier …“
„Apfelpfannkuchen“, riefen Irma und Doris wie aus einem Munde.
Die Mutter lachte. Das Gericht liebte sogar ihr jüngster Sohn Richard, und der war eigentlich ziemlich wählerisch beim Essen.
„Also gut“, stimmte sie zu.