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John Patrick, Kandidat für das Amt des Bezirksstaatsanwalts, wurde tot aufgefunden - von Ratten tot gebissen. New York litt unter einer entsetzlichen Rattenplage, doch griffen diese Tiere jetzt auch Menschen an? Phil und ich stießen auf die Spur des Ratman, der die Tiere zu Killern konditionierte und schließlich auch auf mich hetzte...
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Seitenzahl: 133
Cover
Impressum
RATMAN – der Rattenmann
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Johnny Cris
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-1226-3
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
RATMAN – der Rattenmann
Es war gegen zehn Uhr abends, als Dwight C. Timmons sein Büro verließ. Wieder hatte der Geschäftsmann, der für eine Importfirma in der Upper Eastside arbeitete, Überstunden gemacht, wieder würde er seiner Frau erklären müssen, wieso er so spät nach Hause kam.
Unbehaglich blickte Timmons auf die Uhr, während er den dunklen Korridor durchmaß auf dem Weg zum Lift. Er würde noch schnell im Blumenviertel vorbeifahren, um Marlen mit einem Strauß Rosen zu besänftigen. Es hatte keine Möglichkeit gegeben, die Verhandlungen aufzuschieben – die Sache mit Fernost hatte abgewickelt werden müssen, es war um Millionen von Dollars gegangen …
Mit leisem Klingeln öffnete sich die Aufzugtür, und der Geschäftsmann trat ein, drückte den Knopf zur Tiefgarage. Summend lief der Motor des Lifts an und trug ihn hinab, und gleichzeitig hörte Timmons noch ein anderes Geräusch …
Es war ein leises, abgehacktes Pochen. So, als wenn jemand in schnellem Rhythmus auf das Dach der Aufzugkabine klopfte.
Oder als wenn Hunderte kleiner Füße darüber krabbelten …
Timmons schüttelte unwillig den Kopf, schalt sich einen Narren. Das war bestimmt die Überarbeitung. Als er jedoch auch die scharrenden Geräusche hörte und das leise, schrille Fiepen, beschlich ihn ein eigenartiges Gefühl.
Instinktiv verspürte er den Drang, den Lift zu verlassen. Ein Blick nach der Stockwerksanzeige: noch 38. Etagen. Mit quälender Langsamkeit sank der Aufzug in die Tiefe …
Einen Augenblick erwog Timmons, den Notstopp zu betätigen – nur um sich einen Herzschlag später wieder zur Vernunft zu rufen. Was sollte er dem Sicherheitsteam erklären? Dass er seltsame Geräusche gehört hatte?
Was für ein Unsinn!
Doch so sehr Dwight Timmons versuchte, die Geräusche zu ignorieren, das Trippeln verstärkte sich, wurde immer lauter. Ebenso das Scharren, das von Dutzenden winzig kleiner Krallen zu stammen schien.
Im nächsten Moment passierte es.
Es gab ein leises, knackendes Geräusch – und der Notausstieg, der in die Decke der Liftkabine eingelassen war, klappte herab. Gleichzeitig erklang ein schrilles Quieken, und etwas Graues, Pelziges, das in etwa die Größe eines Footballs hatte, fiel durch die offene Luke herab, landete mit dumpfem Schlag auf dem Boden.
Entsetzt wich Timmons zurück, er gab einen Laut des Ekels von sich, als er erkannte, dass es eine Ratte war. Eine verdammt große Ratte sogar …
Mit schrillem Pfeifen zog sich das Tier in die gegenüberliegende Ecke der Liftkabine zurück, schien ebenso erschrocken zu sein wie der Manager. Reglos verharrte sie, blickte Timmons aus ihren kleinen, rot leuchtenden Augen an.
»Na, du miese kleine Missgeburt?«, fragte Timmons angewidert. »Machst du auch Überstunden …?«
Er hatte in der ›New York Times‹ von der Rattenplage gelesen, die New York City derzeit heimsuchte und auch auf Teile Manhattans übergegriffen hatte. Die Upper Eastside allerdings war bislang von der Plage verschont geblieben.
»Ich werde nachher den Sicherheitsdienst anrufen«, sagte Timmons mit freudlosem Grinsen. »Die werden ein Team von Kammerjägern schicken und dir und deinen miesen Kollegen den Garaus machen. Verstanden?«
Die Ratte antwortete nicht. Wie sollte sie auch? Sie war nur ein dummes, ekliges, stinkendes Tier.
Dafür bekam Timmons Antwort ganz anderer Art. In Form einer zweiten Ratte, die durch die Öffnung auf den Fußboden der Liftkabine fiel. Und eine Dritte. Und eine Vierte …
»Verdammt, was …?« Angewidert blickte der Geschäftsmann auf die pelzigen Körper, die vor ihm kauerten und aus denen ihn leuchtende Augen ausdruckslos musterten.
Ein schneller Blick zur Anzeige: noch 16 Stockwerke …
Timmons stand in der Ecke, geschüttelt von Abscheu und Ekel. Die Biester stanken nach Kot und Fäulnis.
»Sagt mal«, meinte der Geschäftsmann angewidert, »wo kommt ihr eigentlich alle her? Da muss irgendwo ein Nest sein.«
Timmons ahnte nicht, wie Recht er mit dieser Vermutung hatte. Denn im nächsten Moment ergoss sich ein ganzer Schwall aus grauen, ineinander verschlungenen Körpern ins Innere des Aufzugs, gab dabei quiekende und pfeifende Geräusche von sich.
Kaum schlug das Rattenknäuel, aus dem mehrere lange, nackte Schwänze ragten, auf den Boden der Kabine, löste es sich auf in Dutzende gedrungener, pelziger Körper, die auseinander spritzten. Ihre kleinen Pfoten verursachten dabei ein hektisches Trippeln.
»Verdammt!«, rief Timmons, während er sich wieder schüttelte vor Ekel und Entsetzen. »Was soll das? Bleibt mir gefälligst vom Leib, ihr verdammten Viecher!«
Binnen Sekunden war der Boden der Kabine mit schmutzig grauen Leibern übersät, die wirr durcheinander drängten. Timmons wusste sich in seiner Not nicht anders zu helfen, als mit dem Trenchcoat, den er über dem Arm hängen hatte, in hilfloser Wut auf die Ratten einzuschlagen.
»Wollt ihr wohl …? Verzieht euch, ihr verdammten Biester …!«
Wieder und wieder schlug er mit dem Mantel nach den Ratten. Dabei verkrallte sich eines der Tiere in dem weichen Stoff, und Timmons riss es hoch, als er erneut ausholte, um zuzuschlagen.
Quiekend flog die Ratte durch die Luft – und landete auf der Schulter des Geschäftsmannes. Timmons’ ungeschützter Nacken bot sich ihr dar, und in einem jähen Reflex schlug die Ratte ihre messerscharfen Schneidezähne hinein.
Der Geschäftsmann schrie auf, begann wie ein Derwisch durch die Kabine zu springen. Er achtete nicht mehr darauf, wohin er trat, zerstampfte einige Ratten unter seinen Füßen, während andere sich in seinen Hosenbeinen verbissen und daran emporkrochen.
»Aaaah! Verdammte Viecher …!«
Timmons griff in seinen Rücken, bekam das pelzige Knäuel zu packen, riss es von sich. Rasend vor Zorn und Schmerz holte er aus und schmetterte das blutbesudelte Tier an die Wand.
Dabei verlor er das Gleichgewicht und geriet ins Torkeln, taumelte genau unter die Lukenöffnung – aus der sich im nächsten Augenblick eine weitere Flut pelzbesetzter Leiber ergoss.
Timmons stieß noch einen entsetzten Schrei aus, als Hunderte kleiner Körper mit glühenden Augen und messerscharfen Krallen auf ihn nieder regneten. Sie landeten auf ihm, verbissen und verkrallten sich in seiner Kleidung, schlugen ihre rasiermesserscharfen Zähne in sein Fleisch.
Hilflos ruderte Timmons mit den Armen, versuchte, die unzähligen kleinen Leiber von sich wegzureißen – vergeblich. Immer noch mehr Ratten stürzten sich auf das wehrlose Opfer. An seinen Hosenbeinen kletterten sie empor, krochen unter seine Kleidung, zerfetzten sie mit ihren Krallen und Zähnen.
Timmons hörte ihr Pfeifen, das Trippeln ihrer kleinen Pfoten, spürte die entsetzlichen Schmerzen und schrie. Schrie aus Leibeskräften – doch sein Gebrüll verhallte ungehört in der Tiefe des Aufzugschachts.
***
»Halt! Stehen bleiben! FBI!«
Donnernd erhob sich mein Ruf über das Gemurmel der Menschenmenge, die sich auf dem Subway-Bahnsteig an der 18. Straße drängte. Die Leute blickten auf, sahen entsetzt die beiden Männer, die im Laufschritt die Treppe herunter stürmten, ihre kurzläufigen Pistolen beidhändig im Anschlag.
Die beiden Männer waren Phil und ich.
»Auf den Boden!«, brüllte mein Partner Phil Decker, während er die letzten vier Stufen mit einem einzigen Satz nahm und sich dann durch die Menge drängte. »Legen Sie sich auf den Boden!«
Die Leute zögerten, glaubten wohl es mit einem Übergeschnappten zu tun zu haben, der zu viele Krimiserien in der Glotze geguckt hatte. Als von der anderen Seite der Subway-Station jedoch ein heller Knall erklang und ein heißes Stück Blei verderblich durch die Luft schrammte, wurde allen Anwesenden jäh klar, dass Phil kein Irrer war.
Ein greller Schrei ging durch die Menge, und augenblicklich warfen sich die Leute auf den schmutzigen Boden, ungeachtet der Anzüge und feinen Kostüme, die viele von ihnen trugen.
»FBI!«, rief ich entschuldigend, während wir mit ausgreifenden Schritten über die flach am Boden liegenden Passanten hinweg setzten. »FBI …!« – als würde das alles erklären.
»Da vorne läuft er!«, brüllte Phil. »Ich kann ihn sehen …!«
Tatsächlich – Cord Neezy, der wegen Mordes gesuchte Zuhälter, den wir in einer üblen Spelunke in Spanish Harlem aufgebracht und quer durch die Stadt verfolgt hatten, hatte bereits das andere Ende des U-Bahnhofs erreicht. Mit ausgreifenden Schritten wollte er die Treppe zur Oberfläche hinauf. Doch er hatte seine Rechnung ohne die Kollegen vom NYPD gemacht, die nun die Stufen herunterpolterten.
»Halt, keine Bewegung! Polizei …!«
Neezy stieß eine laute Verwünschung aus und änderte seine Laufrichtung, trampelte rücksichtslos über die am Boden liegenden Menschen hinweg auf einen der Subway-Tunnels zu.
»Stehen bleiben!«, rief ich wieder und riss die SIG Sauer in Anschlag. Mir war klar, was der Mörder vorhatte, doch Neezy ließ sich nicht aufhalten.
Im Laufen fuhr er herum, gab mehrere Schüsse aus seinem Revolver ab, mit denen er Phil und mich auf Distanz hielt. Das Feuer erwidern konnten wir nicht. Die Gefahr, dass bei dem Schusswechsel Unbeteiligte verletzt wurden, war einfach zu groß. Tatenlos mussten wir zusehen, wie Neezy den Subway-Tunnel erreichte und auf die Gleise sprang, wild um sich feuernd im dunklen Schacht verschwand.
»Verdammter Mistkerl!«, stieß Phil atemlos hervor. »So leicht entkommst du uns nicht!«
Im Laufschritt folgten wir dem Ganoven, ließen die Kollegen vom Department hinter uns zurück. Mit raschem Blick vergewisserten wir uns, dass kein Zug kam, sprangen dann ebenfalls hinab auf die Gleise und setzten Neezy hinterher. Wir hüteten uns vor den Starkstromkontakten, deren bloße Berührung genügte, um einem Menschen das Lebenslicht auszublasen.
Wir folgten dem flüchtigen Ganoven in den Tunnel, waren schon nach wenigen Schritten von russgeschwärztem Beton umfangen. Der saure Gestank von Metall und verbrannten Gummi lag in der Luft.
Ich riss meine Taschenlampe hervor und leuchtete, und in ihrem Schein konnten wir Neezys hagere Gestalt sehen. Der Zuhälter rannte, als ob der Teufel selbst hinter ihm her wäre. Er wusste nur zu gut, was ihm blühte, wenn wir ihn erwischten.
»Neezy!«, schrie ich. »Bleiben Sie stehen!«
Der Verbrecher wirbelte herum, gab wiederum einige Schüsse aus seinem Revolver ab.
Wir sahen das Mündungsfeuer im Halbdunkel blitzen, warfen uns instinktiv in Deckung. Eine der Kugeln landete irgendwo mit hässlichem Klatschen in der Wand, eine prallte ab und schlug als heulender Querschläger durch die Gegend, eine weitere zog knapp über uns hinweg und verfehlte meinen Schädel nur um Haaresbreite.
Wir bissen die Zähne zusammen und erwiderten das Feuer, bäuchlings auf den Gleisen liegend. Ein kurzer Schusswechsel, der jäh endete, als Neezys Achtschüsser nur mehr ein hohles Klicken von sich gab, das im ganzen Tunnel zu hören war.
»Los, Phil!«, raunte ich meinem Partner zu. »Jetzt holen wir ihn uns!«
Rasch sprangen wir auf und rannten, so schnell wir konnten, dem Ganoven hinterher, der jetzt wieder Fersengeld geben wollte. Vielleicht hätten wir ihn in diesem Augenblick erwischt – wäre Phil nicht auf etwas getreten, das ein lautes, schmerzvolles Kreischen von sich gab.
»Verdammter Mist!«, entfuhr es meinem Partner, der abrupt stehen blieb. »Was …?«
Ich leuchtete mit der Taschenlampe – und im fahlen Schein, den die Batterien zauberten, sahen wir, dass der Boden des U-Bahn-Tunnels an dieser Stelle von schmutzigen, fellbesetzten Leibern übersät war, die sich wild übereinander wälzten und ineinander verbissen.
Ratten …
»Verdammte Scheiße«, rief Phil und begann in wilden Sätzen umher zu springen wie ein Kasatschok tanzender Kosak. »Ich hasse Ratten! Ich hasse diese Biester!«
Ich muss gestehen, dass sich auch mein Innerstes vor Ekel und Abscheu verkrampfte. Überall um uns herum war der Boden mit pelzigen Körper und dünnen, nackten Schwänzen bedeckt, die sich wie giftige Schlangen ringelten. Der Gestank, den die kleinen Biester verursachten, war ebenfalls widerlich. Ein weiterer Auswuchs der Rattenplage, die unsere Stadt derzeit heimsuchte.
»Himmel!«, stieß ich hervor und gab mehrere Schüsse aus der SIG Sauer ab. Entsetzt spritzten die Ratten auseinander. Der bloße Lärm, den die Waffe verursachte, verschreckte sie.
Phil hielt in seiner wilden Performance inne, sandte mir einen beschämten Blick.
»Weißt du, ich hasse die Viecher wirklich«, raunte er mir zu.
Dann nahmen wir wieder Neezys Verfolgung auf.
***
Als Albert Hosley das Büro seines Chefs betrat, konnte er beinahe riechen, das Ärger in der Luft lag. Irgendetwas musste vorgefallen sein, und Hosley hätte seinen Fernseher darauf verwettet, dass es mal wieder sein Job sein würde, die Kastanien aus dem Feuer zu holen …
»’n Tag, Sir.« Hosley nickte dem seriös wirkenden Mann, der hinter einem aus Mahagoni gefertigten Ungetüm von Schreibtisch thronte, nachlässig zu. Er ließ sich in den zerknautschten Ledersessel fallen, der in einer Ecke des Raumes stand. Er wartete nicht erst darauf, bis der junge Cooper ihn aufforderte, Platz zu nehmen. Im Lauf von knapp dreißig Jahren Arbeit für Cooper and Sons hatte Hosley gelernt, auf solche Formalitäten zu verzichten.
»Mr. Hosley«, begann der schneidige Juniorchef, der im letzten Jahr das Büro von seinem Vater übernommen hatte. »Ich habe Sie rufen lassen, weil …«
»… weil mal wieder irgendwas vorgefallen ist und Sie meine Hilfe brauchen«, brachte Hosley den Satz unwirsch zu Ende, während er in den unzähligen Taschen seines zerknitterten Trenchs nach einer Zigarette suchte.
»Sie sind der erfahrenste Detektiv unserer Agentur«, erklärte Cooper umständlich, »und der vorliegende Fall erfordert höchste Diskretion.«
»Na klar.« Hosley grinste. Er war fündig geworden und hatte einen einzelnen, ziemlich lädiert aussehenden Glimmstängel zutage befördert, den er sich auch ansteckte, ungeachtet des »No Smoking«-Schildchens, das auf Coopers Schreibtisch stand. »Diskretion ist meine Spezialität.«
Der junge Cooper blickte ihn indigniert an. Bisweilen fragte sich der Juniorchef, ob er diesen impertinenten Angeber nicht aus der Detektei feuern sollte. Doch Albert Hosley hatte Qualitäten, die andere Kollegen seines Fachs schmerzlich missen ließen, darunter Sorgfalt, Beharrlichkeit und Instinkt.
»Also?«, meinte Al. »Was soll ich diesmal für euch tun, Junge?«
»Es geht um eine namhafte Versicherungsgesellschaft, die bei uns Kunde ist«, gab Cooper Auskunft, den ›Jungen‹ geflissentlich überhörend. »Vor ein paar Tagen kam ein Geschäftsmann in der Upper Eastside ums Leben. Er wurde im Aufzug von einer Meute Ratten attackiert und zu Tode gebissen.«
»Scheiße.« Hosley paffte einen blauen Kringel zur Zimmerdecke. »Ein mieses Ende.«
»Allerdings«, stimmte Cooper zu. »Die Witwe des Opfers fordert nun Schadenersatz in Millionenhöhe von den Betreibern des Aufzugs und hier kommen wir ins Spiel.«
»Ich verstehe«, murrte Hosley. »Wir sollen herausfinden, ob die Versicherung des Betreibers zahlen muss oder nicht.«
»Genauso ist es. Wenn das Ableben des Opfers auf technische Mängel oder unzureichend durchgeführte Sicherheitskontrollen zurückzuführen ist, ist die Versicherung zur Zahlung verpflichtet. Sollte sich jedoch herausstellen – und ein Gefühl sagt mir, dass es so ist –, dass es lediglich ein tragischer Unfall war, der auf die zurzeit in dieser Stadt grassierende Rattenplage zurückzuführen ist, kann die Versicherung ihr Geld behalten.«
»Ihr Gefühl sagt Ihnen, dass es so ist?« Hosley hob die Brauen.
»Sie wissen, dass unsere Agentur in der letzten Zeit ein paar Probleme hatte, Al. Finanzieller Natur. Diese Versicherungsgesellschaft als Kunden zu verlieren, würde das Aus für unsere Firma bedeuten. Und so kurz vor dem Ruhestand auf die Straße gesetzt zu werden, wäre für Sie wirklich alles andere als erstrebenswert, wenn Sie wissen, was ich …«
»Schon gut«, knurrte Hosley. »Ich habe verstanden. Ich könnte mir meine Prämie und meine Sozialversicherung sonst wohin stecken.«
»Genau so ist es«, bestätigte Cooper mit öligem Lächeln. »Also sollten wir dafür sorgen, dass die Versicherung nicht bezahlen muss.«
»All right.« Hosley nickte, den Zigarettenstummel im Mundwinkel. »Ich verstehe vollkommen, Junge. Dein Vater wäre wirklich stolz auf dich.«
»Schön, dass wir uns so gut verstehen. So long, Al. Mrs. Langston wird Ihnen alle weiteren Informationen geben, die Sie benötigen.«
»Großartig.« Hosley erhob sich aus dem Sessel, schnitt eine Grimasse. »Vielen Dank auch …«
***
Es war einer jener Aufträge, von denen Al Hosley schon so viele in seinem Leben abgewickelt hatte. Versicherungsfälle auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, das gehörte zu den Dingen, mit denen sich ein Detektiv sein täglich Brot verdiente. Dass dabei gelegentlich auch gedreht und geschoben wurde, gehörte ebenfalls zum Geschäft – allerdings nicht, wenn es dabei um Todesfälle ging.
Bislang hatte Al es stets vermieden, die Tatsachen zu verdrehen, wenn es um Nachlassregelungen oder Forderungen von Schadenersatz ging. Die Leute, die einen Angehörigen verloren hatten, waren schließlich schon geschlagen genug. So, wie die Dinge diesmal lagen, würde er jedoch in den sauren Apfel beißen müssen. Er hatte sein Leben lang geschuftet, um sich einen ruhigen Lebensabend gönnen zu können, und er würde nicht zusehen, wie all das durch den Kanal rauschte, nur weil er ein paar lächerliche Skrupel empfand.
Beharrlich kämpfte Al die Stimme in seinem Hinterkopf nieder, die ihn warnte, sich auf Coopers krumme Touren einzulassen. Hosley ignorierte sie.