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Jugurtha selbst führte den Truppenverband, der die Römer von vorne angriff und sie ablenken sollte. Wir stießen auf unseren Pferden zwischen die Kohorten und schlugen oder stachen mit Schwertern und Speeren auf die Fußsoldaten ein.
Als sich uns die Reiterei, die die rechte Flanke der römischen Marschordnung schützte, zuwenden wollte, kamen die Mauren unter der Führung Bocchus von hinten und die römische Kavallerie beeilte sich, den hinteren Gliedern ihres Heeres zu Hilfe zu eilen, ehe diese von den Angreifern niedergemetzelt wurden.
Ich ließ mein Schwert wirbeln und sah die römischen Legionäre unter meinen Streichen tot oder sterbend zusammenbrechen. Manchmal sah ich Jugurtha, der ebenfalls wie besessen kämpfte, die Legionäre erschlug oder einfach niederritt und jeden seiner Schwertstreiche mit barbarischem Gebrüll begleitete.
Um uns herum war chaotisches Kampfgetümmel. Man hatte kaum noch Platz, um das Pferd von der Stelle zu bewegen. Auf beiden Seiten wurde geschlagen, gestochen, geflucht und gebrüllt, Blut spritzte, Köpfe wurden gespalten, aus aufgeschlitzten Leibern quollen die Eingeweide, abgeschlagene Köpfe lagen herum.
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Veröffentlichungsjahr: 2019
Historisches Serial - Episode 12
von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 47 Taschenbuchseiten.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
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© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.
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Unsere Krieger wurden einfach nicht müde, ihren Sieg zu feiern. Jugurtha und Bocchus sowie einige unserer ranghöchsten Offiziere saßen an einem Feuer, tranken Wein und ergingen sich in gegenseitigen Lobhudeleien. Jeder lobte den Mut, die Umsicht und die taktische Klugheit des anderen, nur ich konnte mich von ihrer gehobenen Stimmung nicht anschließen lassen.
Hin und wieder bemerkte ich einen nachdenklichen Blick Jugurthas, den er mir zuwarf, doch er forderte mich nicht mehr auf, ausgelassen und froher Laune zu sein.
Auf den beiden Hügeln, auf die sich die Römer und ihre Hilfstruppen geflüchtet hatten, herrschten absolute Finsternis und – Stille. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm. Irgendetwas lauerte im Hintergrund meines Bewusstseins, das mich zutiefst beunruhigte – das sich allerdings meinem Verstand entzog.
In den Reihen der maurischen und gätulischen Krieger kehrte nach und nach Ruhe ein. Die Lagerfeuer brannten herunter, waren bald nur noch rote Glutpunkte und schließlich legte sich auch auf sie Asche und verdeckte sie. Es war die Stunde, in der sich über dem westlichen Horizont mit gelbem Schein der Sonnenaufgang ankündigte, die Sterne verblassten und die Vögel zu zwitschern begannen.
Ich lag wach auf meinem provisorischen Lager und lauschte. Und es riss mich regelrecht hoch, als die Tubas der Römer zu schmettern begannen; die Signale, die geblasen wurden, waren mir unbekannt. Sie veranstalteten einfach nur frenetischen Lärm, und ich kam gar nicht richtig zum Denken, als auch schon wüstes Gebrüll aufkam, mit dem die römischen Soldaten unsere Lager stürmten. Hufgetrappel schlug wie eine Brandungswelle heran. Das alles vermischte sich zu einer Geräuschkulisse, die einem das Blut in den Adern gerinnen ließ, die unsere schlaftrunkenen Krieger lähmte und kaum eine Reaktion zuließ.
Ich raffte meinen Gürtel mit dem Schwert an mich, rannte zu Jugurthas Lager und sah, dass er sich aufgesetzt hatte. Wahrscheinlich war er ebenso überrascht wie alle unsere Männer. Während ich mir den Gürtel umschnallte, stieß ich hervor: „Sie wüten überall in den Lagern, mein König. Hörst du die Todesschreie, das Röcheln und Stöhnen. Schwerter jedoch hörst du nicht klirren. Unsere Krieger kommen gar nicht dazu, sich zu wehren. Steh auf und lass uns fliehen, mein König. Das ist nicht unser Platz zum Sterben.“
Jetzt endlich schien Jugurtha zu begreifen. Mit einem dumpfen Laut in der Kehle kam er hoch. Um uns herum herrschte wildes Durcheinander. Auch viele andere schienen jetzt ihren Bann abzuwerfen, aber keiner stürzte sich in den Kampf, sondern jeder suchte sein Heil in der Flucht.
Schritte trampelten. Immer wieder vernahm ich den dumpfen Aufprall von schweren Körpern am Boden, wenn die Fliehenden eingeholt und erschlagen wurden.
Ich hielt Jugurtha am Oberarm gepackt und zerrte ihn zu den Pferden. Sie standen unter den Sätteln, sollten sie doch für den jederzeitigen Einsatz bereit sein. Mit fliegenden Fingern band ich zwei der Tiere los, wir rissen uns regelrecht in die Sättel und trieben die Pferde rücksichtslos an. Überall rannten schreiende Schemen durch die sich lichtende Dunkelheit, Pferde wieherten, Hufschläge hämmerten. Jetzt konnte man auch vereinzeltes Klirren von Eisen hören.
Unsere Pferde jagten dahin, ihre Hufe schienen kaum den Boden zu berühren. Der Lärm blieb zurück, und nach einiger Zeit umgab uns nur noch das rhythmische Hufgetrappel, das unsere Vierbeiner verursachten.
Wir ritten bis es hell war. Von einer Anhöhe aus schauten wir in die Richtung, aus der wir gekommen waren, und wir sahen viele unserer Soldaten auf ihren Pferden heranjagen. Sämtliche Flüchtlinge sammelten sich. Es war jedoch nicht einmal ein Viertel des Heeres, über das wir vor dem Kampf verfügt hatten.
Jugurtha sagte: „Das sind sicher nicht alle, die den Überfall überlebt haben. Die Römer haben unsere Krieger in alle Himmelsrichtungen versprengt. Schicke Boten aus, Gulupsa, die unsere Leute finden und in die Nähe der Stadt Cirta schicken sollen, wo Marius sein Winterlager aufschlagen will.“ Er machte eine kleine Pause, dann hub er erneut zu sprechen an, indem er knurrte: „Ich frage mich, was aus König Bocchus geworden ist. Haben ihn die Römer getötet, oder ist er ihr Gefangener?“
„Es wird sich herausstellen“, antwortete ich. „Willst du wirklich dem römischen Heer folgen?“, setzte ich ungläubig hinzu und spürte eine Art Entsetzen in mir hochspülen. Hatte er denn noch immer nicht genug? Wir hatten wahrscheinlich unser halbes Heer verloren, und er dachte schon wieder daran, die römischen Truppen zu provozieren und vielleicht sogar zu attackieren. Einen anderen Grund konnte ja sein Befehl, das Heer, über das wir noch verfügten, bei Cirta zusammenzuziehen, nicht haben.
„Natürlich.“ Jugurtha nickte. „Wir können jetzt nicht aufgeben, denn Aufgabe wäre gleichbedeutend mit Untergang. Die Römer müssen aus Numidien verschwinden und das Wiederkommen vergessen. Erst wenn mein Reich frei ist vom römischen Joch kann ich in Ruhe und Frieden regieren.“
Und du musst nicht mehr um deinen Kopf fürchten, fügte ich in Gedanken hinzu. Bei den Göttern! Seinem Egoismus opfert er ohne Skrupel seine Krieger, seine Verbündeten, sein Volk und am Ende wahrscheinlich auch sein Reich. Denn das Ende würden nicht Ruhe und Frieden sein, sondern Chaos und Elend – und Tod.
Man musste kein Seher sein, um dies zu prophezeien.
Die Boten ritten los. Wir warteten zwei Tage, in denen weitere Versprengte zu uns stießen. Einige meldeten, dass der Lagerplatz, der uns beinahe zum Verhängnis geworden wäre, von toten maurischen und gätulischen Kriegern übersät sei, dass die Römer keine Gefangenen gemacht und unsere verwundeten Krieger brutal niedergemacht hatten.