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Das beliebte Buch zum Newsletter - jetzt in einer vollständig überarbeiteten Neuausgabe. Just One Thing gibt uns 52 kurze, kraftvolle Tipps und Tricks an die Hand, wie wir trotz Stress und alltäglicher Herausforderungen ein friedliches und erfülltes Leben führen können. Der bekannte Neuropsychologe Rick Hanson zeigt uns, wie wir unsere Zeit und Energie gezielt nutzen können, um unser Gehirn zu stärken und unser Herz zu öffnen. Just One Thing hilft uns, gut zu uns selbst zu sein, das Leben so zu genießen, wie es ist, auf unsere eigenen Stärken zu bauen, Stress und schwierigen Gefühlen zu begegnen, den Arbeits- und Familienalltag zu genießen.
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Seitenzahl: 223
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Rick Hanson
Just One Thing
So entwickeln Siedas Gehirn eines Buddha
Aus dem Amerikanischen von Mike Kauschke
Arbor Verlag
Freiburg im Breisgau
Für Jan – meine unglaubliche, atemberaubende, kostbare Frau
© 2011 by Rick Hanson
© 2012 der deutschen Ausgabe: Arbor Verlag GmbH, Freiburg
by arrangement with New Harbinger Publications, Inc.
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel:
Just One Thing: Developing a Buddha Brain One Simple Practice at a Time
Alle Rechte vorbehalten
E-Book 2017
Buddhabild auf dem Cover: © 2012 Brijesh Bolar
(In einer Bearbeitung von hanciong)
Lektorat: Anne Nordmann
eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de
Hergestellt von mediengenossen.de
www.arbor-verlag.de
ISBN E-Book: 978-3-86781-192-7
Wichtiger Hinweis
Die Ratschläge zur Selbstbehandlung in diesem Buch sind vom Autor sowie dem Verlag sorgfältig erwogen und geprüft worden. Dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Bei ernsthafteren oder länger anhaltenden Beschwerden sollten Sie auf jeden Fall einen Arzt, Psychotherapeuten, Psychologen oder Heilpraktiker Ihres Vertrauens zu Rate ziehen. Eine Haftung des Autors oder des Verlages für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Inhalt
Einleitung
Nutze deinen Geist, um dein Gehirn zu verändern
1. Teil Sei gut zu dir selbst
1 Sei auf deiner Seite
2 Nimm das Gute in dich auf
3 Sei mitfühlend mit dir selbst
4 Entspanne
5 Sieh das Gute in dir
6 Werde langsamer
7 Vergib dir
8 Schlafe mehr
9 Werde zum Freund deines Körpers
10 Ernähre dein Gehirn
11 Schütze dein Gehirn
2. Teil Genieße das Leben
12 Freue dich
13 Sag Ja
14 Mach mehr Pausen
15 Sei froh
16 Hab Vertrauen
17 Finde Schönheit
18 Sei dankbar
19 Lächle
20 Sei begeistert
3. Teil Entwickle deine Stärken
21 Finde Stärke
22 Sei achtsam
23 Sei geduldig
24 Genieße Demut
25 Halte inne
26 Finde Einsicht
27 Nutze deinen Willen
28 Nimm Zuflucht
29 Riskiere die gefürchtete Erfahrung
30 Bemüh dich, ohne anzuhaften
31 Geh weiter
4. Teil Begegne der Welt
32 Sei neugierig
33 Genieße deine Hände
34 Wisse nicht
35 Tu, was du kannst
36 Akzeptiere die Grenzen deines Einflusses
37 Kümmere dich um die Voraussetzungen
38 Sei nicht alarmiert
39 Lösch die Feuer
40 Träume große Träume
41 Sei großzügig
5. Teil Sei im Frieden
42 Nimm wahr, dass es dir gerade gut geht
43 Würdige dein Temperament
44 Liebe dein inneres Kind
45 Schieß keine Pfeile
46 Lass die Angst vor Unvollkommenheit los
47 Sei empfänglich und nicht reaktiv
48 Nimm es nicht persönlich
49 Fühle dich sicherer
50 Fülle das Loch in deinem Herzen
51 Lass los
52 Liebe
Literaturverzeichnis
Über den Autor
Einleitung
Nutze deinen Geist,um dein Gehirn zu verändern
Dieses Buch vermittelt einfache Übungen, die du routinemäßig und vor allem mental durchführen kannst. Sie werden dein Gefühl von Sicherheit und Selbstwert verstärken, von Resilienz, Effektivität, Wohlbefinden, Einsicht und innerem Frieden. Du findest hier Übungen wie: Nimm das Gute in dich auf; Schütze dein Gehirn; Fühle dich sicherer; Lass die Angst vor Unvollkommenheit los; Wisse nicht; Genieße deine Hände; Nimm Zuflucht; Fülle das Loch in deinem Herzen.
Auf den ersten Blick unterschätzt man vielleicht die Kraft dieser scheinbar einfachen Übungen; durch die sogenannte erfahrungsabhängige Neuroplastizität aber werden sie dein Gehirn nach und nach verändern.
Was du in jedem Moment wahrnimmst – Klänge, Empfindungen, Gedanken oder deine tiefsten Sehnsüchte –, basiert auf neuronalen Aktivitäten. Gleiches gilt für unbewusste mentale Prozesse, wie die Bildung von Erinnerung oder die Kontrolle des Atems. Es ist immer noch ein großes Geheimnis, wie es dem physischen Gehirn gelingt, das nicht-physische Bewusstsein zu erzeugen. Neben dem möglichen Einfluss transzendentaler Faktoren – ob wir sie Gott, GEIST, den Urgrund nennen oder ihnen gar keinen Namen geben – gibt es eine direkte Verbindung zwischen mentalen und neuronalen Aktivitäten. Diese Verbindung geht in beide Richtungen: Wenn sich unser Gehirn verändert, verändert sich auch unser Geist, und wenn sich unser Geist verändert, verändert sich auch unser Gehirn. Das bedeutet, dass das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten – was wir denken und fühlen und wollen, und wie wir auf Situationen und Ereignisse reagieren –, in vielfacher Weise unser Gehirn formt:
• Aktive Regionen erhalten mehr Blutzufluss, weil sie mehr Sauerstoff und Glukose brauchen.
• Die Gene in den Neuronen werden schwächer oder stärker aktiviert. Ein Beispiel: Menschen, die regelmäßig entspannen, zeigen eine verstärkte Aktivität der Gene, die Stressreaktionen beruhigen, dadurch erhöht sich die Resilienz dieser Menschen (Dusek et al., 2008).
• Eher inaktive neuronale Verbindungen verschwinden nach und nach; das ist eine Art neuronaler Darwinismus, das Überleben des Beschäftigten. Im Englischen sagt man: use it or leave it – „Nutze es oder verliere es“.
• „Neuronen, die zusammen aktiviert werden, vernetzen sich.“ Mit diesem Satz des Psychologen Donald Hebb ist gemeint, dass aktive Synapsen (die Verbindungen zwischen den Neuronen) sensibler werden, und dass außerdem neue Synapsen wachsen und dickere neuronale Schichten bilden. Taxifahrer beispielsweise, die das ganze Gewirr der Straßen Londons auswendig kennen müssen, haben zum Ende ihrer Ausbildung einen dickeren Hippocampus – das ist der Teil des Gehirns, der für die visuell-räumliche Erinnerung zuständig ist (Maguire et al., 2000). In gleicher Wiese entwickeln Menschen, die regelmäßig Achtsamkeit praktizieren, eine dickere Schicht von Neuronen in der Insula – eine Region, die aktiviert wird, wenn wir uns mit unserem Körper und unseren Gefühlen verbinden – und in Teilen des präfrontalen Kortex (an der Vorderseite des Gehirns), der die Aufmerksamkeit steuert (Lazar et al., 2005).
Die Einzelheiten sind komplex, das Ergebnis jedoch ist einfach: Wie du deinen Geist benutzt, wird dein Gehirn verändern – zum Guten oder zum Schlechten.
Ein Sprichwort sagt sinngemäß, dass der Geist die Form dessen annimmt, worauf man ihn bettet. Wenn wir unseren Geist beispielsweise auf Sorgen, Selbstkritik und Wut „betten“, wird unser Gehirn nach und nach genau diese Form annehmen und neuronale Strukturen und Dynamiken entwickeln, die Angst, ein geringes Selbstwertgefühl und Gereiztheit mit sich bringen. Wenn wir unseren Geist jedoch regelmäßig auf der Überzeugung betten, dass es uns jetzt gerade gut geht, dass wir das Gute in uns selbst sehen und dass wir loslassen können – drei der Übungen in diesem Buch –, wird unser Gehirn nach und nach die Form von ruhiger Stärke annehmen, von Selbstvertrauen und innerem Frieden.
Unser Gehirn verändert sich, daran können wir es nicht hindern. Die Frage ist nur: Sind es die Veränderungen, die wir uns wünschen?
Die Praxis ist der Weg
Hier kommt die Praxis ins Spiel. Praxis bedeutet schlicht und ergreifend, regelmäßig etwas zu tun – in Gedanken, Worten oder Taten –, um positive Qualitäten zu verstärken und negative Eigenschaften zu schwächen. Studien haben beispielsweise gezeigt, dass das Achtsam sein (22. Kapitel) die Aktivität des linken präfrontalen Kortex steigert und dadurch die Stimmung hebt (weil dieser Teil des Gehirns die negativen Emotionen bremst; Davidson, 2004). Achtsamkeit verringert zudem die Aktivität der Amygdala, der Alarmglocke des Gehirns (Stein, Ilves-Deliperi und Thomas, 2008). In gleicher Weise unterstützt Selbstmitgefühl (3. Kapitel) die Resilienz und löst negative Gedankenschleifen auf (Leary et al., 2007; Neff, 2009).
Die Praxis jätet das Unkraut und pflanzt Blumen im Garten deines Geistes. Dadurch verschönert sich dein Garten und du wirst zu einem besseren Gärtner: Du kannst deine Aufmerksamkeit besser ausrichten, klarer denken, besser mit deinen Gefühlen umgehen, dich motivieren, du wirst widerstandsfähiger und fährst gelassener in der Achterbahn des Lebens.
Die Praxis zeitigt zudem Effekte, die über den Wert der jeweiligen Übung, mit der du dich gerade beschäftigst, hinausgehen. Jede Praxis ist ein Akt der Güte dir selbst gegenüber, denn allein durch das Üben behandelst du dich selbst mit Respekt – was besonders wirkungsvoll und heilsam ist, wenn du als Kind oder Erwachsener das Gefühl hattest, dass andere dich nicht respektiert oder sich nicht um dich gekümmert haben. Zudem bist du aktiv statt passiv – das steigert Optimismus und Resilienz und verringert das Risiko für Depressionen. In Zeiten, in denen du dich durch äußere Umstände – finanzielle Schwierigkeiten oder zwischenmenschlich Konflikte – unter Druck gesetzt fühlst, ist es hilfreich, zumindest einen Bereich im Leben zu haben, in dem du dir wie der Hammer und nicht wie der Nagel vorkommst.
Letztendlich ist die Praxis ein Prozess der persönlichen Transformation, der nach und nach die Wurzeln der Gier, des Hasses, des Kummers und der Täuschung – im weitesten Sinne – entfernt und sie durch Zufriedenheit, Frieden, Liebe und Klarheit ersetzt. Manchmal wird eine innere Veränderung spürbar, und manchmal entdeckst du einfach nur die wunderbaren, schönen Dinge, die immer schon in dir waren, wie deine natürliche Wachheit zum Beispiel, deine Güte und dein liebendes Herz.
Wie dem auch sei, du begibst dich damit in einen Prozess, in dem du etwas entwickelst, was man als „Gehirn eines Buddha“ bezeichnen kann – ein Gehirn, das die Ursachen und das Ende des Leidens zutiefst versteht. Die Wurzel des Wortes „Buddha“ bedeutet immerhin „zu wissen, zu erwachen“. (Ich möchte anmerken, dass ich hier den Begriff „Buddha“ als eine allgemeine Metapher verwende, die sich nicht auf die Person Buddhas, des großen Lehrers, bezieht.) In diesem umfassenden Sinne entwickelt jeder, der sich dem psychologischen Wachstum oder einer spirituellen Praxis widmet – sei er nun Christ, Jude, Muslim, Hindu, Agnostiker, Atheist oder nichts von alledem –, das Gehirn eines Buddha und die damit verbundenen Qualitäten des Mitgefühls, der Tugend, der charakterlichen Stärke, der Achtsamkeit und der Weisheit.
Das Gesetz der kleinen Dinge
Wenn die Praxis sehr aufwändig ist, werden die meisten Menschen (ich eingeschlossen) lieber darauf verzichten. Deshalb bestehen die Übungen in diesem Buch aus kurzen, über den Tag verteilten Lektionen – wie Finde Schönheit (17. Kapitel) – oder dem Etablieren einer allgemeinen Haltung oder Perspektive wie Lass die Angst vor Unvollkommenheit los (46. Kapitel) oder Nimm es nicht persönlich (48. Kapitel).
Die Übungseinheiten sind für sich genommen meist sehr kurz, aber sie summieren sich. Das ist das Gesetz der kleinen Dinge: Mentale Aktivitäten können langsam kumulieren und zu Veränderungen der neuronalen Struktur führen. Deshalb können viele kleine Dinge dein Wohlbefinden verringern – und viele kleine Dinge können die Lage wieder verbessern. Es ist wie beim Sport: Wenn du einmal läufst, Pilates übst oder Gewichte hebst, bemerkst du keine sofortige Veränderung – wenn du aber konstant trainierst, wirst du Muskeln aufbauen. In gleicher Weise werden kleine regelmäßige Übungen den „Muskel“ deines Gehirns trainieren. Basierend auf der neuesten Hirnforschung kannst du wirklich darauf vertrauen, dass sich die Praxis auszahlen wird.
Zur Verwendung dieses Buches
Aber du musst dranbleiben. Deshalb ist es hilfreich, wenn du dich auf jeweils eine Übung konzentrierst. Das Leben ist heutzutage so geschäftig, da ist es eine Erleichterung, sich einmal nur einer Sache zu widmen.
Es muss natürlich die richtige „eine Sache“ sein. Seit 40 Jahren praktiziere ich verschiedene Übungen – zuerst als junger Mann auf der Suche nach Glück, dann als Ehemann und Vater, der mit den Anforderungen von Arbeit und Familie umgehen musste und heute als Neuropsychologe und Meditationslehrer – und bringe sie anderen nahe. Für dieses Buch habe ich die Übungen ausgewählt, die die neuronalen Substrate, die Grundlagen für Resilienz, Erfülltheit, Wohlbefinden und innerem Frieden schaffen. Keine dieser Übungen habe ich erfunden: Es geht hier um die fundamentalen Dinge, die wir uns jedes Jahr aufs Neue vornehmen – und die wir so nur selten umsetzen. Genau dieses Umsetzen aber ist es, das hier den Unterschied macht.
Du kannst diese Übungen auf vielerlei Arten praktizieren. Beispielsweise kannst du dich ganz einer bestimmten Übung widmen, die dir besonders entspricht. Oder du konzentrierst dich auf einen Teil des Buches, der auf bestimmte Bedürfnisse in dir antwortet: Wenn du zum Beispiel sehr selbstkritisch bist, kann dir der erste Teil helfen, in dem du lernst, gut mit dir selbst umzugehen. Wenn du ängstlich und leicht reizbar bist, fühlst du dich vielleicht vom fünften Teil angesprochen, in dem es um inneren Frieden geht. Du kannst abseits von der Reihenfolge in dem Buch stöbern und dich dem widmen, das dich spontan anzieht. Oder du nimmst dir pro Woche eine Übung vor und schenkst dir damit ein transformierendes „Jahr der Praxis“.
Welchen Ansatz du auch wählst, meine Empfehlung ist, dass du dein Üben möglichst einfach hältst und dich immer auf eine bestimmt Übung konzentrierst – ob es nun in einer bestimmten Situation (z. B. einem schwierigen Gespräch mit deinem Partner, bei einem wichtigen Projekt im Büro, während einer Meditation), während des ganzen Tages oder länger ist. Während du dich auf eine Übung konzentrierst, wirst du vielleicht feststellen, dass andere Übungen und ihre positiven Effekte in deinem Hinterkopf „mitwirken“. Wenn du beispielsweise die Übung Nimm es nicht persönlich (48. Kapitel) praktizierst, kann Nimm Zuflucht (28. Kapitel) hilfreich im Hintergrund dabei sein.
Das tägliche Üben ist unerlässlich, und je öfter du dir deine jeweilige Übung ins Bewusstsein rufst, desto nachhaltiger wird ihr Effekt sein. Um deinen Geist wirklich auf deiner Praxis zu gründen, kannst du ihn mit kleinen Erinnerungshilfen unterstützen: mit einem Schlüsselbegriff auf einem Post-it zum Beispiel. Das Führen eines Praxis-Tagebuchs oder Gespräche über deine Übungen sind ebenfalls hilfreich. Du kannst deine Praxis auch in psychologische oder spirituelle Aktivitäten einfließen lassen – du kannst sie zur Yogastunde „mitnehmen“ in die Psychotherapie oder zum Gebet.
Weil ich mich auf 52 Übungen beschränke, musste ich einige Entscheidungen treffen:
• Die Übungen werden kurz und bündig beschrieben (auch wenn über jede Übung viel mehr gesagt werden könnte). Der Titel jedes Kapitels verweist darauf, worum es bei der jeweiligen Übung geht. Die Kapitel beginnen mit einer Erklärung, warum man diese Übung machen sollte. Danach wird beschrieben, wie man sie übt. Die Länge der Kapitel variiert je nach Thema.
• Mit Ausnahme der letzten Übung habe ich mich auf Übungen konzentriert, die wir in uns selbst tun können, wie Sei dankbar (18. Kapitel). Es geht also weniger um Dinge, die wir in Interaktion mit anderen tun. (Wenn du dich für interpersonelle Übungen im Stil von Just One Thing interessierst, könnte dich mein kostenfreier E-Mail-Newsletter interessieren, den du auf www.RickHanson.net bestellen kannst.) Selbstverständlich kannst du jede in diesem Buch beschriebene Praxis in einer Beziehung oder mehreren Beziehungen üben; mit einem Freund, deinem Partner oder in einer Gruppe (Familie, Team, Lesegruppe).
• Die meisten Übungen finden in deinem Geist statt – aber es ist natürlich ebenso wichtig, körperlich und in der Welt um uns herum aktiv zu werden.
• In der psychischen und spirituellen Entwicklung gibt es drei grundlegende Phasen: das schlichte Sein mit schwierigen Erfahrungen oder Gemütszuständen (z. B. alte Wunden oder Wut); das Loslassen und das Ersetzen dieser Erinnerungen und Befindlichkeiten durch etwas Positives und Heilsames. Kurz gesagt: Seinlassen, Loslassen und Einlassen. Alle drei Phasen werden in diesem Buch berücksichtigt; allerdings habe ich mich auf die dritte konzentriert, denn hier finden sich meistens die direktesten und schnellsten Wege, um Stress und Unglücklichsein zu verringern und positive Qualitäten in sich zu entwickeln.
• Obwohl es meine Erfahrung und meine Überzeugung ist, dass in Geist und Materie auch etwas Transzendentes wirkt, bleibe ich in diesem Buch im Rahmen der westlichen Wissenschaft.
Nicht zuletzt sollen diese Übungen natürlich auch Spaß machen. Wir sollten die Praxis (und uns selbst) nicht zu ernst nehmen. Es steht dir frei, kreativ zu werden und die Übungen jederzeit deinen eigenen Bedürfnissen entsprechend zu verändern. Die Abschnitte über das Wie enthalten meist mehrere Empfehlungen, wie man eine Übung ausführen kann – du musst nicht alle davon anwenden. Such dir einfach diejenigen aus, die dir am meisten entsprechen.
Und das Wichtigste: Vergiss während du übst nicht, gut mit dir selbst umzugehen. Es kann durchaus passieren, dass dir eine bestimmte Übung ausgesprochen schwerfällt oder sehr schmerzhaft ist. Dann lass sie einfach aus – fürs Erste oder auch ganz.
Beim Üben können wir auf unsere eigenen Ressourcen zurückgreifen: Wenn wir beispielsweise das Gefühl haben, dass sich andere um uns kümmern, können wir uns leichter vergeben (7. Kapitel). Abschließend will ich darauf hinweisen, dass die Praxis kein Ersatz für professionelle Psychotherapie oder eine medizinische Behandlung ist.
Geh weiter
Wenn man lernen möchte, wie man einen Lastwagen fährt, eine Abteilung leitet oder Tennis spielt, steht außer Frage, dass es einer gewissen Anstrengung bedarf, bis man es gut kann. Wenn es aber um einen gekonnteren Umgang mit dem eigenen Geist geht, herrscht immer noch die Überzeugung, dass dieser irgendwie von alleine funktionieren müsste, ohne dass wir uns anstrengen oder irgendetwas üben müssten.
Weil aber der Geist in der Biologie und im Körper wurzelt, gelten hier die gleichen Gesetze wie bei jedem anderen Lernprozess: Je mehr du hineingibst, desto mehr bekommst du zurück. Um die positiven Veränderungen der Übungen zu erfahren, müssen wir sie machen – immer wieder.
Um es noch einmal zu sagen, es ist wie beim Sport: Wenn du ab und zu trainierst, wirst du nur ein wenig besser, wenn du regelmäßig trainierst, wirst du viel besser. Manchmal höre ich Menschen sagen, es sei leicht, den eigenen Geist zu trainieren, tatsächlich aber braucht man dafür einiges an Entschlossenheit und Ausdauer und manchmal geht man im Training durchaus an seine Grenzen. Üben ist nichts für Feiglinge. Wir müssen uns die positiven Effekte verdienen.
Es ist wichtig, dass wir uns für unsere Praxis wertschätzen. Die Übungen sind zwar einerseits bodenständig und unspektakulär, aber eben auch ambitioniert und tiefgründig. Wenn wir üben, legen wir das Beste in uns frei und nähren es. Wir begeben uns auf einen anspruchsvollen Weg – nicht den Weg des geringsten Widerstands. Dazu brauchen wir Ernsthaftigkeit, Entschlossenheit und Mut. Wir zähmen und klären den unruhigen, und flatterhaften Geist und erkunden die noch unerschlossenen Gebiete im Dschungel unseres Gehirns, dessen Ebenen bis zu den Reptilien, Säugetieren und Primaten zurückgehen. Dies ist ein wunderbares Geschenk an unser zukünftiges Selbst – an das Wesen also, über das wir die größte Macht haben und für das wir damit auch die umfassendste Verantwortung tragen.
Die Früchte der Praxis werden auch im Außen wirken und anderen – bekannten und unbekannten – Wesen zugutekommen. Zweifle nie an der Kraft der Praxis oder wie weit dich dein Weg der Praxis bringen kann.
Ich wünsche dir alles Gute auf deinem Weg!
1. Teil
Sei gut zu dir selbst
1
Sei auf deiner Seite
Um etwas für unser eigenes Wohlbefinden zu tun – zum Beispiel die Übungen in diesem Buch –, müssen wir auf unserer Seite sein. Das heißt nicht, dass wir gegen andere sind, sondern für uns.
Für viele Menschen ist das schwerer, als es sich anhört. Vielleicht haben wir von klein auf gelernt, dass wir nicht so wichtig sind wie andere Menschen. Oder wir wurden, als wir für uns einstehen wollten, daran gehindert oder kleingemacht. Vielleicht hast du irgendwo tief drinnen das Gefühl, dass du es nicht verdienst, glücklich zu sein.
Denk darüber nach, wie es ist, für jemanden ein guter Freund zu sein. Und dann frage dich: Bin ich mir selbst ein guter Freund?
Wenn wir die Frage mit Nein beantworten, liegt es womöglich daran, dass wir zu selbstkritisch sind und zu schnell denken, wir hätten Fehler gemacht und zu wenig wertschätzen, was wir jeden Tag leisten. Oder wir schützen uns nicht ausreichend davor, schlecht behandelt zu werden und sagen nur halbherzig, was wir wirklich brauchen. Vielleicht sind wir unserem eigenen Schmerz gegenüber auch gleichgültig geworden und tun nicht genug dafür – sowohl in unserem Kopf als auch in der Welt –, um unser Leben zu verbessern.
Doch wie können wir für andere da sein, wenn wir nicht zuerst für uns selbst da sind?
Die Grundlage jeder der folgenden Übungen besteht darin, dass wir uns selbst Gutes wünschen und dass wir uns, unsere Sorgen und Bedürfnisse und unsere Träume wichtig nehmen. Dann wird in allem, was wir für uns selbst tun, eine tiefe Kraft liegen!
So geht’s
Frage dich mehrmals am Tag: Bin ich gerade auf meiner Seite? Achte ich auf meine eigenen Interessen? (Die oft auch das Beste für andere bedeuten.)
Das bietet sich besonders dann an,
• wenn du dich nicht gut fühlst (z. B. traurig, verletzt, besorgt, enttäuscht, schlecht behandelt, frustriert, gestresst oder gereizt);
• wenn jemand dich drängt, etwas zu tun;
• wenn du weißt, dass du etwas um deiner selbst willen tun solltest, es aber nicht tust (wie deine Meinung sagen, nach einem neuen Job suchen oder mit dem Rauchen aufhören).
In diesen Momenten aber auch generell kannst du Folgendes tun:
• Erinnere dich daran, wie es sich anfühlt, wenn dich jemand gerne hat. Das hilft Dir zu spüren, dass du wichtig und wertvoll bist, und das wiederum ist die Grundlage dafür, um auf deiner Seite zu sein.
• Erinnere dich daran, wie es sich anfühlt, für jemanden da zu sein. Vielleicht für ein Kind, ein Haustier oder einen guten Freund. Achte auf die verschiedenen Bestandteile dieser Erfahrung, wie Treue, Fürsorge, Wärme, Entschlossenheit oder Fürsprache. Lass das Gefühl, auf der Seite eines anderen zu sein, in deinem Gewahrsein wachsen. Nimm auch körperlich eine Haltung der Unterstützung und Fürsprache ein: Vielleicht stehst oder sitzt du etwas aufrechter, und dein Blick wird konzentrierter. Du verstärkst die Erfahrung, für jemanden da zu sein, indem du dich der Wahrnehmungen deines Körpers und der sensomotorischen Systeme deines Gehirns bedienst, die deinen Gedanken und Gefühlen zugrunde liegen und sie formen.
• Erinnere dich an eine Zeit, in der du um deiner selbst willen stark, energisch, unerschütterlich oder kraftvoll sein musstest. Es kann etwas so Einfaches sein wie die letzten Minuten einer Sportübung, wo du alle Willenskraft aufbringen musstest, um die Übung noch zu Ende zu bringen. Es könnte ein Moment sein, in dem du einer ernsten Gefahr entkommen oder dich gegen einen einschüchternden Menschen wehren musstest, oder in dem du mit großer Beharrlichkeit für ein wichtiges Anliegen in der Schule oder am Arbeitsplatz gekämpft hast. Öffne dich dieser Erfahrung und nimm auch diesmal die entsprechende Körperhaltung dazu ein. Dadurch werden die jener Erfahrung zugrunde liegenden neuronalen Netzwerke stimuliert und verstärkt.
• Stell dir dich selbst als kleines Kind vor – niedlich, verletzlich, kostbar – und übertrage die Haltung der Treue, Stärke und Fürsorge auch auf diesen kleinen Jungen oder dieses kleine Mädchen. (Du könntest ein Kinderbild von dir in deinem Portemonnaie oder deiner Handtasche tragen und es von Zeit zu Zeit anschauen.)
• Stell dir vor, du würdest dir heute die gleiche Treue, Stärke und Fürsorge entgegenbringen, wie dem Kind auf dem Foto.
• Nimm wahr, wie es sich in deinem Körper anfühlt, auf deiner Seite zu sein. Öffne dich diesem Gefühl so tief wie möglich. Fördere dieses Gefühl, achte auf jeden Widerstand dagegen und lass ihn los.
• Frage dich: Was soll ich jetzt tun, wenn ich auf meiner eigenen Seite bin?
• Und dann tu es, so gut du kannst.
Denk daran:
• Auf deiner Seite zu sein bedeutet, dass du für dich sorgst. Du möchtest dich glücklich fühlen statt besorgt, traurig, schuldig oder wütend. Du möchtest, dass dich andere Menschen gut behandeln und dir nicht wehtun. Du möchtest deinem zukünftigen Selbst helfen – der Mensch, der du in der nächsten Woche, im nächsten Jahr, im nächsten Jahrzehnt sein wirst –, das beste Leben zu führen, das möglich ist.
• Wie es dir geht ist wichtig, sowohl für den Augenblick als auch wegen der bleibenden Spuren, die deine Gedanken und Gefühle in den Strukturen deines Gehirns hinterlassen.
• Es ist ethisch richtig, Menschen mit Anstand, Respekt, Mitgefühl und Freundlichkeit zu behandeln. Auch du bist ein Mensch! Du hast genau die gleichen Rechte wie jeder andere und deine Bedürfnisse und Träume sind ganz genauso wichtig.
• Wenn du dich gut um dich selbst kümmerst, kannst du anderen mehr geben, angefangen von den Menschen, die dir nahestehen, bis hin zur großen weiten Welt.
2
Nimm das Gute in dich auf
Wissenschaftler gehen davon aus, dass unser Gehirn von Natur aus eine „Vorliebe“ für das Negative hat (Baumeister et al., 2001; Rozin und Royzman, 2001). Das liegt an unserer Evolution. Unsere Vorfahren waren über Millionen von Jahren hauptsächlich damit beschäftigt, Gefahren auszuweichen und Nahrung zu finden. Für das Überleben war es dabei allerdings sehr viel wichtiger, eine Gefahr rechtzeitig zu bemerken und darauf zu reagieren.
Unsere Ausrichtung auf das Negative zeigt sich in vielen Formen. Studien haben zum Beispiel Folgendes ergeben:
• Das Gehirn reagiert für gewöhnlich stärker auf einen negativen Stimulus als auf einen gleich intensiven positiven Stimulus (Baumeister et al., 2000).
• Tiere – wir eingeschlossen – lernen normalerweise schneller durch Schmerz als durch Freude (Rozin und Royzman, 2001); ein gebranntes Kind scheut das Feuer.
• Schmerzvolle Erfahrungen werden im Allgemeinen viel besser erinnert als erfreuliche (Baumeister et al., 2000).
• Die meisten Menschen arbeiten härter, um einmal Erreichtes nicht zu verlieren, als dafür, die gleiche Sache zu bekommen (Rozin und Royzman, 2001).
• In einer Beziehung braucht es im Allgemeinen fünf positive Interaktionen, um eine negative Interaktion auszugleichen (Gottman, 1995).
Und du selbst, woran erinnerst du dich am Ende eines Tages? An die fünfzig Dinge, die gut gegangen sind, oder an die eine Sache, die schief gelaufen ist? Wie zum Beispiel an den Typen, der dir die Vorfahrt genommen hat oder an die eine Sache auf deiner To-do-Liste, die du nicht erledigt hast …
Das Gehirn ist wie ein Fliegenfänger für negative Erfahrungen und wie Teflon für positive. Das färbt die implizite Erinnerung – deine Gefühle, Erwartungen, Glaubenssätze, Vorlieben und Stimmungen – und lässt sie immer negativer werden.
Aber dadurch entspricht diese häufig nicht der Wahrheit, weil die meisten Tatsachen in deinem Leben vermutlich positiv oder zumindest neutral sind. Und zudem machen diese immer größer werdenden Berge negativer Erfahrungen in der impliziten Erinnerung einen Menschen furchtsamer, gereizter und depressiv. Außerdem fällt es dadurch schwerer, anderen gegenüber geduldig und großzügig zu sein.
Zum Glück müssen wir diese Negativtendenz unseres Gehirns nicht akzeptieren! Indem wir uns dem Guten zuwenden – „gut“ im Sinn dessen, was uns glücklicher macht und uns und anderen nützt –, können wir einen Ausgleich schaffen. Auf diese Weise werden die positiven Erfahrungen nicht mehr durch uns hindurchfließen wie Wasser durch ein Sieb, sondern sie werden ein Teil unserer impliziten Erinnerung.
Du wirst auch weiterhin die schwierigen Bereiche des Lebens sehen, doch es wird dir besser gelingen, sie zu verändern, wenn du dich dem Guten zuwendest. Denn dies wird die Herausforderungen in einen größeren Zusammenhang stellen, deine Energie und Begeisterung verstärken, nützliche Ressourcen zutage fördern und deinen eigenen Becher füllen, damit du anderen mehr geben kannst.
Übrigens ist dieser Ansatz nicht nur für Erwachsene gut, sondern er ist auch für Kinder hervorragend geeignet, weil er ihnen helfen kann, widerstandsfähiger, glücklicher und selbstsicherer zu werden.
So geht’s
1. Suche nach guten Tatsachen und mache sie zu guten Erfahrungen.
Zu den guten Tatsachen gehören positive Ereignisse – etwa das Abarbeiten einer Reihe von E-Mails oder ein unerwartetes Kompliment – sowie positive Aspekte der Welt und von dir selbst. Die meisten guten Dinge sind nicht außergewöhnlich und relativ klein, aber sie sind nichtsdestotrotz existent. Wir betrachten die Welt nicht durch eine rosarote Brille, sondern nehmen einfach etwas wahr, das tatsächlich real ist.
Wenn wir uns einer guten Sache bewusst werden – egal, ob es etwas ist, das gegenwärtig existiert oder etwas, das in der Vergangenheit geschehen ist –, geht es darum, dass wir uns auch gut fühlen. Oft im Leben geschieht etwas Gutes – Blumen blühen, jemand ist