Denken wie ein Buddha - Rick Hanson - E-Book
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Denken wie ein Buddha E-Book

Rick Hanson

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  • Herausgeber: Irisiana
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2014
Beschreibung

Gehirnstrukturen positiv verändern

Der Neuropsychologe Dr. Rick Hanson beschäftigt sich mit dem Zusammenwirken von Achtsamkeit, Hirnforschung und Psychologie. Was wir denken und fühlen hat Einfluss auf die Struktur unseres Gehirns. In seinem Bestseller »Das Gehirn eines Buddha« erklärt er die Grundlagen seines neurowissenschaftlichen Ansatzes. In seinem neuen Buch steht die tägliche Praxis im Vordergrund. Hanson stellt vor allem drei Wege vor zu heilen und zu wachsen: Achtsamkeit, das Loslassen problembehafteter Ereignisse und Strukturen und das Ersetzen dieser durch positive Gedanken, Erfahrungen und Emotionen.

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Seitenzahl: 325

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Die amerikanische Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel »Hardwiring Happiness«. All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This translation published by arrangement with Harmony Books, an imprint of the Crown Publishing Group, a division of Random House, Inc., New York www.crownpublishing.com
Harmony and the colophon are registered trademarks of Random House, Inc.
© 2013 by Rick Hanson© 2013 der deutschsprachigen Ausgabe Irisiana Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München. Covergestaltung: Geviert, Grafik & Typografie, München Covermotiv: © shutterstock/Tungphoto Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-10610-2V002
www.penguinrandomhouse.de

Unterschätze nicht dein gutes Handeln, Und denke nicht: »Das hat ja keine Folgen für mich!« Tropfen für Tropfen füllt sich der Krug, Und ebenso füllt sich randvoll mit Gutem der Weise.

Dhammapada 9.122

Inhaltsverzeichnis

WidmungEinführungTeil I - Warum?
Kapitel 1 - Gutes anbauen
Innere StärkeIm GartenErfahrungsabhängige NeuroplastizitätDas Gehirn zum Guten verändernDie Erfahrungen, die uns am meisten zugutekommenSelbst gesteuerte NeuroplastizitätDie Aufnahme des Guten
Kapitel 2 - Klett für das Schlechte
Die Entwicklung des GehirnsSchlecht ist stärker als gutAuf alles gefasst seinDie Kraft des SchmerzesDer TeufelskreisPapiertiger-ParanoiaKlett und TeflonVergebliche BemühungenFür Chancengleichheit sorgenDie Aufnahme des Guten
Kapitel 3 - Grünes Gehirn, rotes Gehirn
Drei BetriebssystemeDer anpassungsfähige ModusEin gutes Gefühl, zu Hause zu seinKlett für das GuteDer reaktive ModusDie WahlEntwicklung einer anpassungsfähigen VerzerrungGutes aufnehmen
Teil 2 - Wie?
Kapitel 4 - Heile dich selbst
Vier Schritte, Gutes in sich aufzunehmenFreude bei der Aufnahme des Guten empfindenEs sich zur Gewohnheit machenDas aufnehmen, was man brauchtGutes in sich aufzunehmen tut gutEdelsteine des AlltagsDas Gute aufnehmen
Kapitel 5 - Dingen Beachtung schenken
Angenehme Empfindungen wahrnehmenDie Musik der ErfahrungDie Stufen des BewusstseinsMögen statt wollenNiedrig hängende FrüchteDas Gute in uns aufnehmen
Kapitel 6 - Positive Erfahrungen schaffen
Das Hier und JetztJüngste EreignisseAnhaltende UmständeUnsere persönlichen QualitätenDie VergangenheitDie ZukunftGutes mit anderen teilenDas Gute im Schlechten findenFürsorge für andereGutes im Leben anderer erblickenSich gute Tatsachen vorstellenProduzieren guter TatsachenDas direkte Hervorbringen einer positiven ErfahrungDas Leben als Möglichkeit betrachtenDas Gute in sich aufnehmen
Kapitel 7 - Gehirnbildung
Anreichern einer ErfahrungDie Erfahrung in sich aufnehmenFrieden, Wohlbehagen und LiebeDie Aufnahme von Erfahrungen
Kapitel 8 - Blumen verdrängen das Unkraut
Negatives Material hat seinen PreisWie negatives Material in unserem Gehirn arbeitetZwei Möglichkeiten, das Negative zu verändernWirkungsvolle MöglichkeitenDer vierte SchrittErfahrungen als GegenmittelMit dem Negativen beginnenPositives Material und negative Situationen miteinander verbindenDie Einübung des vierten SchrittsDie Aufnahme von Erfahrung
Kapitel 9 - Gute Anwendung
Lektionen annehmenWollen, was gut für uns istDas Glück festschreibenEin Stück KuchenDas Loch im Herzen schließenNiedergeschlagenheit überwindenErholung von einem TraumaBeziehungen nährenAnderen helfenKinder heilenUmgang mit BlockadenAuf anpassungsfähige Weise mit Herausforderungen umgehenDie Aufnahme
Kapitel 10 - 21 Edelsteine
Wie man dieses Kapitel benutztSicherheitBefriedigungVerbundenheit
NachwortLiteraturDanksagungRegisterCopyright

Für Laurel und Forrest

Einführung

Wenn Sie so sind wie ich und viele andere, dann verbringen Sie Ihren Alltag damit, von einer Tätigkeit zur nächsten zu hetzen. Doch wann haben Sie das letzte Mal für nur zehn Sekunden innegehalten, um einen der positiven Momente in sich aufzunehmen, die auch der hektischste Alltag bereithält? Wenn Sie sich nicht die Zeit nehmen, für wenige Sekunden bei dieser Erfahrung zu verweilen und sie zu genießen, rauscht sie durch Sie hindurch wie der Wind durch die Bäume – ein ebenso flüchtiges wie angenehmes Gefühl ohne bleibenden Wert.

In diesem Buch geht es um eine einfache Sache: die verborgene Kraft positiver Alltagserfahrungen, die das Gehirn verändern und das Leben verbessern können. Ich werde Ihnen zeigen, wie diese schönen Momente Ihrem Gehirn nützen und Sie mit Selbstvertrauen, Zufriedenheit, Wohlbefinden und dem Gefühl, für andere von Wert zu sein, erfüllen. Es sind keine bahnbrechenden Momente rauschhaften Glücks, sondern kurze Augenblicke der Zufriedenheit: das behagliche Gefühl, in seinen Lieblingspullover zu schlüpfen, der Genuss einer Tasse Kaffee, die wärmende Fürsorge eines Freundes, die Befriedigung, eine Aufgabe bewältigt zu haben, oder die Liebe des Partners.

Mehrmals am Tag, jedes Mal für etwa zehn Sekunden, werden Sie lernen, das Gute in sich aufzunehmen, was Ihnen auf natürlichem Wege zu mehr Glück, innerer Ruhe und Stärke verhilft. Doch haben diese Übung und ihre wissenschaftliche Grundlage nichts mit positivem Denken oder einer anderen Methode zu tun, sich angenehme Erfahrungen zu verschaffen. Diese Methoden haben für das Gehirn in der Regel keinen Nutzen. Hier geht es darum, flüchtige Alltagserfahrungen in eine dauerhafte Erhöhung unserer neuronalen Kapazitäten umzuwandeln.

Die innere Stärke, die wir benötigen, um ausgeglichen und erfolgreich zu sein, hängt unmittelbar von unseren Gehirnstrukturen ab – aber damit unsere Vorfahren überleben konnten, hat unser Gehirn etwas entwickelt, das von Wissenschaftlern als negative Verzerrung bezeichnet wird. Für negative Erfahrungen gilt das Klett-Prinzip: sie bleiben haften, während für positive Erfahrungen das Teflon-Prinzip gilt. Um dieses Problem zu lösen und unser Gehirn »fit zu machen«, müssen wir lernen, welche positiven Erfahrungen unseren drei Grundbedürfnissen nach Sicherheit, Zufriedenheit und Zugehörigkeit zugutekommen. Je mehr Wohlbefinden und inneren Frieden wir aufbauen, desto weniger sind wir versucht, unterhaltsamen Erlebnissen nachzujagen oder mit unangenehmen zu kämpfen. Wir erlangen vielmehr eine Form des Wohlergehens, die aus sich selbst heraus existiert und nicht von äußeren Bedingungen abhängt.

Das Gehirn ist das bei Weitem wichtigste Organ unseres Körpers. Was in ihm geschieht, bestimmt unser Denken und Fühlen, unsere Worte und Taten. Viele Studien belegen, dass unsere Erfahrungen kontinuierlich unser Gehirn beeinflussen. Dieses Buch handelt davon, wie man Gutes erlangt, indem man sein Gehirn zum Besseren hin verändert.

Das Gehirn ist faszinierend, und Sie werden eine Menge darüber lernen. In den ersten drei Kapiteln gebe ich einen Überblick über die Funktionsweise des Gehirns, warum wir es hegen und pflegen müssen und wie wir uns die ganze wundervolle Tiefe unserer Natur erschließen können. Im weiteren Verlauf werde ich Ihnen die effektivsten Methoden vorstellen, wie Sie das Gute in sich aufnehmen und darin praktische Routine erlangen können. Sie brauchen weder neurowissenschaftliches noch psychologisches Vorwissen, um diese Ideen zu verstehen. Ich habe sie zu vier einfachen Schritten zusammengefasst:

1. Mache eine positive Erfahrung.

2. Reichere sie an.

3. Nimm sie in dich auf.

4. Verbinde sie dergestalt mit positivem und negativem Material, dass das Positive gestärkt wird und das Negative sogar ersetzen kann. (Der vierte Schritt ist optional.)

Jeder Schritt wird sorgfältig erklärt. Sie erlernen viele nützliche, für unseren hektischen Alltag taugliche Methoden, wie Sie sich positive Erfahrungen verschaffen beziehungsweise sich diese bewusst machen und sie anschließend Ihrem Bewusstsein und Ihrem Gehirn, also Ihrem Leben, einschreiben können. Am Ende eines jeden Kapitels gibt es eine Zusammenfassung der wesentlichen Punkte. Wenn Sie mehr über mein Fachgebiet erfahren wollen, dann werfen Sie einen Blick auf die Quellenangaben und Literaturhinweise am Ende dieses Buchs.

Zum ersten Mal bin ich mit dem Thema, wie man Gutes in sich aufnimmt, während meines Studiums in Berührung gekommen, und es hat mein Leben verändert. Jetzt, 40 Jahre später, habe ich diese Methode in meiner Eigenschaft als Neuropsychologe vertieft und perfektioniert. Ich habe sie Tausenden von Menschen vermittelt und von vielen erfahren, dass auch ihr Leben sich fundamental verändert hat. Manche dieser Geschichten können Sie in diesem Buch nachlesen. Es ist mir eine große Freude, diese machtvollen Ideen und Gedanken mit Ihnen zu teilen. Falls Sie mehr darüber erfahren möchten, besuchen Sie meine Homepage www.RickHanson.net.

Als Vater, Ehemann, Psychologe, Meditationslehrer und Wirtschaftsberater habe ich die Erfahrung gemacht, dass sowohl unsere inneren Vorgänge als auch unser äußeres Handeln von enormer Bedeutung sind. Darum werden Sie mit verschiedenen empirischen Methoden Bekanntschaft machen, um vorübergehende Befindlichkeiten in dauerhafte neuronale Strukturen umwandeln zu können, die sich an Ihren individuellen Bedürfnissen orientieren. Ich hoffe, Sie genießen die Lektüre dieses Buchs. Es soll Ihnen helfen, das Gelesene in Ihrem Gehirn zu verankern und in Ihr Leben zu integrieren. Haben Sie Vertrauen in sich. Das Gute in sich aufzunehmen bedeutet, sich dem Guten in der Welt, in anderen wie in sich selbst zu öffnen.

Teil I

Warum?

Kapitel 1

Gutes anbauen

Während meiner Schulzeit war ich ein, zwei Jahre jünger als die übrigen Schüler in meiner Jahrgangsstufe: ein schüchterner, schmächtiger Eigenbrötler mit Brille. Wirklich schlimme Erfahrungen habe ich nicht gemacht, doch hatte ich stets das Gefühl, von den anderen durch eine gläserne Wand getrennt zu sein. Ein Außenseiter, der von den meisten ignoriert und abgelehnt wurde. Verglichen mit anderen hielt sich mein Kummer in Grenzen, aber wir haben alle das Bedürfnis, gesehen und anerkannt zu werden, vor allem als Kinder. Wird dieses Bedürfnis nicht befriedigt, ernährt man sich quasi von Wasser und Brot. Man überlebt, aber die Kost ist karg. Ich verspürte eine innere Leere, als wäre ein Loch in meinem Herzen.

Auf dem College habe ich dann zufällig mit etwas Bekanntschaft gemacht, das mich heute so fasziniert wie damals. Es war die Macht der kleinen Dinge. Zum Beispiel die Aufforderung von einigen der anderen Jungs: »Komm, lass uns Pizza essen gehen!« Oder das Lächeln einer jungen Frau. An sich keine große Sachen. Doch wenn ich dieses schöne Erlebnis ein wenig auf mich einwirken ließ – so meine damalige Erfahrung –, statt es beiseitezuwischen und sofort zu irgendetwas anderem überzugehen, dann spürte ich, dass etwas Gutes von mir Besitz ergriff und ein Teil von mir wurde. Tatsächlich nahm ich das Gute in mich auf – jedes Mal für etwa zehn Sekunden. Es war ein kurzer und einfacher Genuss. Und ich begann, mich besser zu fühlen.

Anfangs fühlte sich das Loch in meinem Herzen so groß wie ein leeres Schwimmbecken an. Doch nachdem ich jeden Tag auf Dinge aufmerksam wurde, die mir das Gefühl gaben, integriert, gemocht und geschätzt zu werden, füllte sich das Becken allmählich mit Wasser und schloss sich das Loch in meinem Herzen. Diese Methode hob meine Laune und sorgte dafür, dass ich mich zusehends unbeschwerter, fröhlicher und selbstbewusster fühlte.

Viele Jahre später, nunmehr als Psychologe, begriff ich, warum diese kleinen Dinge eine so große Wirkung auf mich haben konnten. Die neue innere Stärke war gewissermaßen in die Textur meines Gehirns, meines Bewusstseins, meines Ich eingewoben worden. Deshalb bezeichne ich es auch als »dauerhaft gespeichertes Glück«.

Innere Stärke

Ich war oft wandern und dabei stets auf die Dinge angewiesen, die sich in meinem Rucksack befanden. Innere Stärke ist der wichtigste Vorrat, von dem wir auf unserem verschlungenen und oft steinigen Lebensweg zehren können. Sie besteht aus einer positiven Gemütsverfassung, gesundem Menschenverstand, Integrität, innerer Ruhe, Entschlossenheit und einem vollen Herzen. Forscher haben noch andere Stärken identifiziert wie Selbstgefühl, soziale Zugehörigkeit, emotionale Intelligenz, erlernter Optimismus, Entspannungsreaktion, Selbstwertgefühl, Stresstoleranz, Selbstregulierung, Belastbarkeit und exekutive Funktionen. Ich benutze das Wort »Stärke« in einem umfassenden Sinn, um positive Gefühle wie Gelassenheit, Zufriedenheit und Fürsorge ebenfalls zu berücksichtigen wie Talente und Fähigkeiten, persönliche Vorlieben und Perspektiven, außerdem physische Qualitäten wie Vitalität und Entspannung. Im Gegensatz zu vorübergehenden Befindlichkeiten handelt es sich bei der inneren Stärke um einen stabilen Zustand, eine bleibende Quelle des Wohlbefindens, der Vernunft, effektiver Handlungen und Zuwendung zu anderen Menschen.

Die Existenz von innerer Stärke scheint zunächst eine eher abstrakte Vorstellung zu sein. Lassen Sie mich daher ein paar konkrete Beispiele anführen. Der Wecker klingelt, und Sie würden am liebsten weiterschlafen – doch Sie finden die innere Stärke, um aufzustehen. Ihre Kinder streiten sich lautstark, was Ihnen mächtig auf die Nerven geht – doch anstatt sie anzuschreien, sind Sie in der Lage, darauf mit ruhiger Entschiedenheit zu reagieren. Ein beruflicher Fehler ist Ihnen furchtbar unangenehm – doch Sie sind in der Lage, dem das Wissen um all das entgegenzusetzen, was Sie in Ihrem Beruf bereits geleistet haben. Sie fühlen sich gestresst und gehetzt – nachdem Sie mehrere Male tief durchgeatmet haben, fühlen Sie sich besser. Sie sind traurig, weil Sie keinen Partner haben – doch der Gedanke an Ihre Freunde tröstet Sie. So kommt Ihnen die innere Stärke im Verlauf des Tages immer wieder zugute. Sie bildet gewissermaßen den Hintergrund Ihres Bewusstseins, vermittelt Ihnen den steten Glauben an Ihre Möglichkeiten, schenkt Ihnen Zuversicht und Selbstvertrauen.

In der Medizin und Psychologie herrscht die verbreitete Annahme, dass unser Fühlen und Handeln – sowohl was den gesamten Lebensverlauf als auch bestimmte Beziehungen und Situationen betrifft – durch drei Faktoren bedingt werden: durch die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert werden, durch unsere Verwundbarkeit gegenüber diesen Herausforderungen und durch unsere Stärke, den Herausforderungen zu begegnen und unsere Verwundbarkeit zu schützen. Die Herausforderung, einen kritischen Chef zu haben, könnte durch die ängstliche Veranlagung einer Person verstärkt werden. Wenn sich diese Person jedoch von anderen respektiert fühlt und zudem in der Lage ist, sich selbst zu beruhigen, dann wird sie diese individuelle Herausforderung meistern.

Wir alle haben unsere Schwächen und Empfindlichkeiten. Ich persönlich würde mir wünschen, nicht so schnell besorgt und weniger selbstkritisch zu sein. Die Herausforderungen in unserem Leben sind unbegrenzt, angefangen von kleinen Ärgernissen wie unterbrochenen Handyverbindungen bis hin zu unausweichlichen Tatsachen wie Alter, Krankheit und Tod. Man braucht viel innere Stärke, um den äußeren Herausforderungen sowie den eigenen Unzulänglichkeiten zu begegnen. Wenn Sie sich weniger gestresst, ängstlich, frustriert, reizbar, niedergeschlagen, enttäuscht, einsam, schuldig, verletzt oder unzulänglich fühlen wollen, dann wird es Ihnen helfen, mehr innere Stärke zu haben.

Innere Stärke ist die Basis für ein glückliches, produktives und erfülltes Leben. Die Erforschung positiver Gefühle hat gezeigt, dass sie Passivität und Stress entgegenwirken, seelische Belastungen reduzieren, Belastbarkeit, Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit erhöhen. Positive Gefühle fördern das Streben nach Möglichkeiten, begründen positive Kreisläufe und fördern den Erfolg. Sie stärken auch unser Immunsystem, schützen unser Herz und ermöglichen ein gesünderes und längeres Leben.

Ungefähr ein Drittel aller Eigenschaften, die unsere innere Stärke ausmachen, sind angeboren und Teil unseres genetisch bedingten Temperaments, unserer Begabung, psychischen Grundverfassung und Persönlichkeit. Die anderen zwei Drittel kommen im Laufe der Zeit dazu. Man erhält sie, indem man ihnen die Möglichkeit gibt, sich zu entwickeln. Das ist eine wunderbare Nachricht, weil sie bedeutet, dass wir all die Eigenschaften, die uns Erfüllung, Leistungsfähigkeit, Klugheit und inneren Frieden bescheren, selbst hervorbringen können. Herauszufinden, wie man seine innere Stärke zum Wachsen bringt, ist eine der wichtigsten Lehren unseres Lebens. Von ihr handelt dieses Buch.

Im Garten

Stellen Sie sich Ihre Psyche als einen Garten vor. Sie können sowohl das Unkraut als auch die Blumen betrachten, ohne etwas zu bewerten oder zu verändern. Sie können das Unkraut aber auch beseitigen, indem Sie das Negative in Ihrer Psyche zurückdrängen. Als Nächstes bringen Sie die Blumen zu voller Blüte, indem Sie das Positive in Ihrer Psyche fördern. (Zu den Begriffen »negativ« und »positiv« betrachten Sie den folgenden Kasten.)

Im Wesentlichen können Sie Ihre Psyche auf drei Arten beeinflussen: sein lassen (let be), loslassen (let go), einlassen (let in). Dieses Buch handelt von der dritten Möglichkeit: der Kultivierung der inneren Stärke, um die Blumen im Garten Ihrer Psyche zu voller Blüte zu bringen. Um dies möglichst effektiv zu tun, würde ich dies gern mit den anderen beiden Möglichkeiten, ihr Bewusstsein zu erreichen, verbinden.

Das Bewusstsein gewähren lassen

Das Bewusstsein gewähren lassen – die eigenen Erfahrungen nur beobachten –, entspannt und ermöglicht eine neue Perspektive. Als würde man plötzlich die Kinoleinwand seines eigenen Films verlassen und sich stattdessen in die 20. Reihe setzen, um alles in Ruhe zu betrachten. Den Strom des eigenen Bewusstseins gewähren zu lassen, bewahrt einen davor, Annehmlichkeiten nachzujagen und alles Unangenehme bekämpfen zu wollen. Negative Gedanken und Gefühle lösen sich manchmal in Luft auf, wenn man ihnen mit gelassener Akzeptanz begegnet.

Das Bewusstsein bearbeiten

Das Bewusstsein gewähren lassen reicht jedoch nicht aus. Man muss es auch bearbeiten, sich bemühen, kluge Entscheidungen zu treffen, das Unkraut jäten und die Blumen düngen. Den eigenen Stress, die eigenen Sorgen und Unempfindlichkeiten lediglich zur Kenntnis zu nehmen oder sich seiner Schwermut zu überlassen, wird nichts von alldem beseitigen. Wie das nächste Kapitel zeigen wird, lernt unser Gehirn allzu gut aus negativen Erfahrungen und speichert sie in Gestalt von dauerhaften neuronalen Strukturen. Auch fördert das passive Akzeptieren des Bewusstseins weder Dankbarkeit noch Güte, weder Enthusiasmus noch Ehrlichkeit, Kreativität oder andere Bestandteile der inneren Stärke. Diese mentalen Qualitäten beruhen auf grundlegenden neuronalen Strukturen, die ihre Wirksamkeit nicht von allein entfalten. Außerdem beinhaltet die Akzeptanz des Bewusstseins, dass man all seine Gefühle wahrnimmt und sich auch seinen dunklen Seiten stellt. Erst wenn man dies tut, kann sich die innere Stärke in Form von Selbstgewissheit, Entschiedenheit und Geborgenheit entwickeln. Andernfalls öffnen Sie gewissermaßen das Tor zur Hölle, wenn Sie sich ihren Erfahrungen stellen.

WAS IST »POSITIV«?

Mit »positiv« und »gut« meine ich all das, was anderen sowie einem selbst Freude und Nutzen beschert. »Negativ« und »schlecht« ist alles, was Unglück und Leid hervorruft. In diesem Punkt bin ich sehr pragmatisch und weder moralisch noch religiös.

Positive Erfahrungen vermitteln in der Regel ein gutes Gefühl. Doch auch Erfahrungen, die ein negatives Gefühl hervorrufen, können Positives bewirken, also betrachte ich sie ebenfalls als positiv. Zum Beispiel der Schmerz einer Hand auf der heißen Herdplatte, die Angst, sein Kind im Park nicht wiederzufinden, oder das schlechte Gewissen, das uns veranlasst, den richtigen Weg einzuschlagen – all diese negativen Erfahrungen führen dazu, dass wir uns später besser fühlen.

Desgleichen vermitteln uns negative Erfahrungen in der Regel ein schlechtes Gefühl. Doch gibt es auch Erfahrungen, die sich gut anfühlen, jedoch Schlechtes bewirken. Diese ordne ich den negativen Erfahrungen zu. Der leichte Schwindel nach drei Gläsern Bier oder die Rache an jemandem, der uns Unrecht getan hat, mag unmittelbar ein angenehmes Gefühl hervorrufen, doch langfristig übertrifft der Schaden den Nutzen. Solche Erfahrungen fühlen sich zunächst gut, später jedoch ziemlich schlecht an.

Achtsam bleiben

Wie auch immer Sie Ihre Psyche beeinflussen – bleiben Sie stets achtsam. Das bedeutet nichts anderes, als jedem einzelnen Moment die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken. Achtsamkeit selbst registriert nur, doch kann dieses Registrieren durchaus etwas Aktives und Zielgerichtetes haben, um das Bewusstsein in die eine oder andere Richtung zu lenken. Mit seinem Bewusstsein zu arbeiten steht nicht im Widerspruch zur Achtsamkeit. Tatsächlich müssen Sie Ihr Bewusstsein sogar bearbeiten, um die innere Stärke der Achtsamkeit entwickeln zu können.

Seien Sie also achtsam, was Ihre äußere und innere Welt betrifft. Schenken Sie den guten Dingen um sich herum ebenso viel Aufmerksamkeit wie Ihren Gefühlen diesen Dingen gegenüber. Achtsamkeit ist mehr als Selbsterfahrung. Während einer Klettertour in den Bergen achte ich sehr darauf, wie mich mein Partner absichert, der sich weit über mir befindet!

Eine natürliche Reihenfolge

Wenn etwas Schwieriges oder Unangenehmes passiert – wenn Ihr Haus von einem Unwetter heimgesucht wird –, dann geben Ihnen die drei Arten, Ihre Psyche zu beeinflussen, eine sehr nützliche Reihenfolge vor. Nehmen Sie Ihre Eindrücke zunächst zur Kenntnis. Akzeptieren Sie ihre Existenz, auch wenn dies schmerzhaft sein mag. Als Zweites, sobald sich dies »richtig« anfühlt – was bei einem Streit innerhalb der Familie Sekunden, anlässlich des Todes eines geliebten Menschen auch Monate oder Jahre dauern kann –, beginnen Sie alles loszulassen, was negativ ist. Entspannen Sie beispielsweise Ihren Körper, um Spannung abzubauen. Drittens, wiederum wenn sich dies »richtig« anfühlt, ersetzen Sie alles Negative, von dem Sie sich befreit haben, durch etwas Positives. Sie können sich beispielsweise daran erinnern, wie es war, mit jemandem zusammen zu sein, der Sie wirklich geschätzt hat, und bei dieser Erinnerung für 10 bis 20 Sekunden verweilen. Abgesehen von dem schönen Gefühl, das sich unmittelbar einstellt, wird Ihnen dieser dritte Schritt langfristig zugutekommen. Denn wenn Sie positive Erfahrungen in sich aufnehmen, bringen Sie nicht nur die Blumen im Garten Ihres Bewusstseins zum Blühen. Sie begründen damit auch neue neuronale Schaltkreise in Ihrem Gehirn. Sie programmieren Ihre Hardware auf Glück.

Erfahrungsabhängige Neuroplastizität

Das Gehirn ist ein lernendes Organ und als solches dafür geschaffen, durch persönliche Erfahrungen verändert zu werden. Es ist eine Tatsache, die mich immer noch fasziniert: Alles, was wir wiederholt in uns aufnehmen, was wir spüren, fühlen, wollen und denken, verändert langsam, aber sicher die neuronalen Strukturen unseres Gehirns. Während Sie dies lesen, nisten inmitten der fünf Tassen tofuartiger Substanz in Ihrem Kopf 1 Billion Bindegewebszellen. 80 bis 100 Milliarden Neuronen bilden ein Netzwerk und sind durch 1 Billiarde Synapsen miteinander verbunden. Ein unglaublich schnelles und komplexes System, dessen dynamische neuronale Aktivität unser Gehirn ständig umgestaltet. Aktive Synapsen werden sensibler, neue Synapsen bilden sich binnen Minuten. In besonders aktiven Regionen wird die Blutversorgung erhöht, weil sie für ihre Arbeit mehr Sauerstoff und Glukose brauchen. Die Gene in den Neuronen werden ein- und ausgeschaltet. Weniger aktive Verbindungen verkümmern derweil in einem Prozess, der mitunter als neuronaler Darwinismus bezeichnet wird: das Überleben der Eifrigsten.

Jede mentale Aktivität – Anblicke und Geräusche, Gedanken und Gefühle, bewusste und unbewusste Prozesse – beruht auf neuronaler Aktivität. Ein erheblicher Teil dieser mentalen und daher neuronalen Aktivität streicht durch das Gehirn wie der Wind durch die Bäume und hinterlässt keinen bleibenden Eindruck. Intensive, anhaltende oder wiederholte neuronale Aktivität – vor allem wenn sie bewusst stattfindet – hat auf die neuronalen Strukturen hingegen einen prägenden Einfluss. Neurowissenschaftler sagen dazu: »Neurons that fire together, wire together«, womit zum Ausdruck kommt, dass Neuronen, die gleichzeitig aktiv sind, sich durch Synapsen miteinander verbinden. Momentane Befindlichkeiten werden zu dauerhaften neuronalen Eigenschaften. Tag für Tag beeinflusst unsere Psyche die Beschaffenheit unseres Gehirns.

Das ist es, was Wissenschaftler erfahrungsabhängige Neuroplastizität nennen – ein Fachgebiet, auf dem inzwischen intensiv geforscht wird. Londoner Taxifahrer beispielsweise, die sich in dem labyrinthischen Gewirr der Straßen auskennen, haben in ihrem Hippocampus, also in der Hirnregion, die für das räumliche Gedächtnis zuständig ist, verdickte neuronale Strukturen. Als würden sie einen Muskel trainieren, so haben diese Fahrer einen Teil ihres Gehirns trainiert und dort für mehr Substanz gesorgt. Achtsamkeitslehrer hingegen verfügen über eine erhöhte Menge an grauer Substanz, also einen dickeren Kortex, und zwar in drei Schlüsselregionen: den präfrontalen Regionen hinter der Stirn, die eine situationsangemessene Handlungssteuerung ermöglichen; der Insula, die unter anderem an unseren empathischen Fähigkeiten beteiligt ist, sowie im Hippocampus.

Unsere Erfahrungen lassen dabei nicht nur neue Synapsen entstehen, was an sich schon bemerkenswert ist, sondern erreichen auch unsere Gene – kleine Abschnitte auf der Doppelhelix unserer DNA innerhalb der Kerne unserer Nervenzellen – und verändern ihre Wirkungsweise. Regelmäßige Entspannungsübungen erhöhen beispielsweise die Aktivität von Genen, die Stressreaktionen eindämmen, optimieren also unsere Stressresistenz.

Das Gehirn zum Guten verändern

Wenn wir einmal die Details dieser Studien außen vor lassen, dann bleibt eine simple Wahrheit bestehen: Es sind unsere Erfahrungen, die zählen. Nicht nur wegen der momentanen Gefühle, die sie erzeugen, sondern wegen der Spuren, die sie in unserem Gehirn zurücklassen. All das, was wir als Glück, Freude, Trauer und Angst empfinden, kann die Struktur unserer neuronalen Netzwerke verändern. Die strukturbildenden Prozesse unseres Nervensystems unterliegen bewussten Erfahrungen, vor allem jenen, die sich im Vordergrund unserer Wahrnehmung abspielen. Unsere Aufmerksamkeit ist wie eine Mischung aus Scheinwerfer und Staubsauger: Sie rückt Dinge in den Fokus und saugt sie anschließend ins Gehirn – mit allen Vor- und Nachteilen.

Einer alten Redewendung zufolge wird unser Geist von unserem Verhalten bestimmt. Nach dem, was wir über die erfahrungsabhängige Neuroplastizität gelernt haben, könnte die Redewendung auch folgendermaßen lauten: Unser Gehirn wird von unserem Verhalten bestimmt. Wessen Geist sich permanent mit überzogener Selbstkritik und Kritik an anderen, Sorgen, Kränkungen und Stress beschäftigt, dessen Gehirn wird sich dem anpassen und zu größerer Reaktivität, einer Anfälligkeit für Ängste und Niedergeschlagenheit, einem verengten Fokus auf Bedrohungen und Verluste sowie einem Hang zu Zorn, Trauer und Schuldgefühlen neigen. Wer sich hingegen auf das Gute des alltäglichen Lebens besinnt (der Freude an anderen Menschen und darüber, ein Dach über dem Kopf zu haben), auf angenehme Gefühle, den Stolz auf geleistete Arbeit, körperliche Vergnügen, auf die eigenen guten Absichten und Fähigkeiten, dessen Gehirn wird allmählich eine dementsprechende Beschaffenheit annehmen. Stärke und Widerstandskraft werden darin ebenso nachhaltig verankert sein wie eine pragmatisch-optimistische Sichtweise, eine positive Grundeinstellung sowie ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl. Wenn Sie die letzten Wochen Revue passieren lassen – in welche Richtung hat Ihr eigener Geist tendiert?

Worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten – womit sich unser Geist beschäftigt –, ist tatsächlich der wichtigste Faktor bei der steten Umgestaltung unseres Gehirns. Obwohl vieles unsere Aufmerksamkeit nahezu automatisch auf sich zieht – Probleme bei der Arbeit, physischer Schmerz oder ernste Sorgen –, haben wir doch erheblichen Einfluss darauf, womit sich unser Geist beschäftigt. Was bedeutet, dass wir die Erfahrungen, die unser Gehirn positiv beeinflussen, bewusst ausdehnen und sogar selbst erschaffen können.

Beginnend mit Kapitel 4 werde ich Ihnen detailliert zeigen, wie so etwas möglich ist. Doch zögern Sie nicht, schon jetzt das Gute in sich aufzunehmen. Diese Übung, die sich an positiven Erfahrungen orientiert, lässt sich im Kern auf vier Wörter reduzieren: Erfahrung machen, Spaß haben. Und beobachten Sie an sich selbst, welche Wirkung das hat.

Die Erfahrungen, die uns am meisten zugutekommen

Wenn Sie den Garten Ihres Bewusstseins betrachten, welche Blumen würden Sie gern darin sehen? Manche Erfahrungen nützen Ihnen mehr als andere.

Auch negative Erfahrungen können nützlich sein. Zum Beispiel hat es mich abgehärtet, im Sommer die Nachtschicht in einem Abfüllbetrieb zu übernehmen, während ich noch aufs College ging. Doch negative Erfahrungen haben auch ungute Nebenwirkungen wie psychische Probleme oder gesundheitliche Folgen von Stress. Darüber hinaus können sie zu zwischenmenschlichen Konflikten führen oder diese verstärken. Als unsere beiden Kinder noch klein waren, gerieten meine Frau und ich oft in Streit miteinander, weil wir von den Erfordernissen des Alltags so erschöpft waren. Die Nachteile negativer Erfahrungen überwiegen deren Vorteile, sofern diese überhaupt vorhanden sind – nur Fleiß, kein Preis. Da sich Neuronen, die gleichzeitig aktiv sind, durch Synapsen miteinander verbinden, sollte man bei negativen Erfahrungen nicht länger verharren als unbedingt nötig. Sonst graben sie sich nur immer tiefer in das Bewusstsein und die Hirnstrukturen ein. Andererseits haben positive Erfahrungen kaum unerwünschte Nebenwirkungen. Der direkteste Weg zu innerer Stärke sind Erfahrungen, die geeignet sind, positive Gefühle, Entschlusskraft und Mitgefühl zu fördern. Wenn Sie mehr Dankbarkeit entwickeln wollen, dann widmen Sie sich bewusst diesem Gefühl. Wenn Sie mehr Liebe empfinden wollen, dann suchen oder vergegenwärtigen Sie sich Erlebnisse, in denen Sie sich integriert und beteiligt, gesehen und geschätzt fühlten. Die Antwort auf die Frage, wie man die guten Dinge in sich zum Blühen bringt, lautet: Indem man sie durchlebt. Dies wird dazu führen, diese Erlebnisse in die Gehirnstruktur einzuweben und neue neuronale Schaltkreise zu etablieren, was Sie in die Lage versetzt, jederzeit darüber verfügen zu können.

Abgesehen vom Aufbau innerer Stärke hat die Aufnahme des Guten weitere Vorteile. Man ist eher aktiv als passiv, gut zu sich selbst und schärft seine Aufmerksamkeit. Außerdem lässt sich, wie wir in Kapitel 3 sehen werden, das Gehirn nach und nach für positive Eindrücke sensibilisieren, wodurch die Entwicklung neuer Qualitäten leichter und schneller vonstattengeht.

Selbst gesteuerte Neuroplastizität

Ein befreundeter Neurologe hat das Gehirn einst als »drei Pfund Tapioka-Pudding« bezeichnet. Sein Äußeres gleicht einer zähen, unscheinbaren Masse. Doch es ist das Königsorgan des menschlichen Körpers und seine primäre Quelle für Wohlbefinden, Heilung, psychisches und spirituelles Wachstum, Kreativität und Erfolg. Ob wir gereizt oder unbeschwert sind, frustriert oder fröhlich, uns einsam oder geliebt fühlen, hängt von unserem neuronalen Netzwerk ab. Des Weiteren ist die Funktionsweise des Gehirns die Grundlage für erfüllte zwischenmenschliche Beziehungen, erfolgreiche Organisationen sowie prosperierende Staaten und entscheidet letztlich darüber, ob wir in einer friedlichen und gedeihlichen Welt leben. Die Wissenschaft der erfahrungsabhängigen Neuroplastizität zeigt, dass jeder von uns die Möglichkeit besitzt, sein Gehirn zum Besseren zu verändern – was Jeffrey Schwartz als selbst gesteuerte Neuroplastizität bezeichnet hat. Wer diese Möglichkeit nicht nutzt, der überlässt dies anderen Kräften, inklusive des Drucks zu Hause oder am Arbeitsplatz, Technologie und Medien, aufdringlicher Menschen, der Nachwirkungen unangenehmer Erfahrungen und, wie das nächste Kapitel zeigen wird, Mutter Natur selbst.

Es bedarf nur weniger einfacher, schneller und genussvoller »Eingriffe« im Laufe unseres Alltags, um die Möglichkeiten der selbst gesteuerten Neuroplastizität so zu nutzen, dass wir ein nachhaltiges Gefühl der Leichtigkeit, des Selbstvertrauens und der Selbstakzeptanz empfinden. Um unsere empathischen Fähigkeiten zu stärken, uns glücklich und geliebt zu fühlen. Im Wesentlichen geht es dabei um einen simplen Vorgang: positive Alltagserfahrungen in gute neuronale Strukturen umzusetzen. Etwas wissenschaftlicher ausgedrückt: Bestimmte Befindlichkeiten werden aktiviert und als neuronale Merkmale installiert. Danach können Sie diese neuronalen Merkmale, die Ihre gewachsene innere Stärke ausmachen, jederzeit in Anspruch nehmen. Sie nutzen also Ihren Verstand, um Ihr Gehirn zu verändern und Ihre Psyche zu stärken. Stück für Stück, Synapse für Synapse, können Sie Ihrem Gehirn mehr Glück und Zufriedenheit einpflanzen.

Und indem Sie das tun, überwinden Sie auch die negative Verzerrung: Aus negativen Erfahrungen lernt das Gehirn viel leichter als aus positiven. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, ist der »Humus« Ihres inneren Gartens also eher für Unkraut als für Blumen geeignet. Es ist daher äußerst wichtig, den Samen für die innere Stärke immer wieder aufs Neue auszusähen, indem man Gutes in sich aufnimmt.

Die Aufnahme des Guten

Die innere Stärke einer Person beinhaltet ebenso Friedfertigkeit, Zufriedenheit und Liebe wie Widerstandskraft, Selbstvertrauen, Entschlossenheit und Einsicht. Diese Qualitäten helfen uns, mit den Problemen des Alltags fertigzuwerden, uns von Stress zu erholen, alten Schmerz zu heilen, unser Wohlbefinden aufrechtzuerhalten, häusliche und berufliche Arbeiten zu erledigen sowie anderen mit Geduld und Fürsorge zu begegnen.

Die meisten Eigenschaften, die unsere innere Stärke ausmachen, entwickeln sich nach und nach. Dieses Buch handelt davon, durch positive Erfahrungen innere Stärke zu gewinnen und diese dauerhaft in unserem Gehirn zu verankern.

Die reine Beobachtung unserer Psyche ist sehr nützlich, doch müssen wir darüber hinaus alles Negative zurückdrängen und alles Positive fördern. Mein Fokus liegt auf dem Fördern des Positiven: Blumen im Garten unseres Bewusstseins zum Blühen bringen. Also die Struktur des Gehirns zu verändern.

Jede mentale Aktivität – Anblicke und Geräusche, Freude und Leid – beruht auf neuronaler Aktivität. Wiederholte mentale/ neuronale Aktivität führt zu dauerhaften Veränderungen neuronaler Strukturen, was auch als erfahrungsabhängige Neuroplastizität bezeichnet wird. Was bedeutet, dass wir mittels unseres Bewusstseins unser Gehirn optimieren können, was wiederum unserer Psyche zugutekommt.

Der beste Weg zu mehr Glück und innerer Stärke ist das bewusste Durchleben positiver Erfahrungen. Auf diese Weise können die angenehmen Befindlichkeiten zu fest verankerten neuronalen Strukturen werden. Genau das meine ich, wenn ich davon spreche, das Gute in sich aufzunehmen: positive Erfahrungen zu aktivieren und diese fest im Gehirn zu verankern.

Kapitel 2

Klett für das Schlechte

Vor über 20 Jahren trug sich in einem neurowissenschaftlichen Seminar Folgendes zu: Der Professor betrat den Raum mit einem großen Gefäß in der Hand, zog ein Paar gelbe Gummihandschuhe an und präsentierte uns mit großer Geste ein präpariertes menschliches Gehirn. Es sah aus wie ein kleiner poröser, gelblicher Blumenkohl. Während der Professor sich über das Gehirn ausließ, wurde ich von einer eigentümlichen Vorstellung erfasst. Dieses Ding, das der Professor »da vorn« in der Hand hielt, befand sich auch »hier« in meinem Kopf und machte sich gerade Gedanken über das Ding in seiner Hand. Mich traf die Erkenntnis, dass dieses wenig beeindruckend aussehende Ding meinen Anblick des Gefäßes bestimmte, mich die Stimme des Professors hören ließ und meine Empfindungen lenkte. Alle angenehmen und unangenehmen Gefühle, die ich empfand, Liebe und Schmerz, waren die Folge irgendeiner Aktivität innerhalb dieses glänzenden Fleischklumpens. Mein Gehirn war sozusagen die letzte Passage aller Regungen, die mich in jedem Moment meines Bewusstseins durchströmten.

Man hat sich lange gefragt, warum wir glücklich oder traurig sind, warum wir einander helfen oder verletzen. Kluge Menschen und Wissenschaftler haben die mentalen Voraussetzungen für Freude und Leid erklärt. Jetzt, zum ersten Mal in der Geschichte, können wir uns selbst fragen: Was sind die neuronalen Gründe für diese Voraussetzungen? Und die Antwort findet sich in den Strukturen und Prozessen, die das menschliche Gehirn im Zuge der Evolution durchlaufen hat.

Das Gehirn erwachte nicht über Nacht zum Leben. Es entwickelte seine Veranlagung und Möglichkeiten über Hunderte Millionen Jahre hinweg, und die Faktoren, die dabei eine Rolle spielten, zeigen sich bei jedem von uns in sehr persönlicher Weise. Angenommen, Sie haben heute 20 Dinge erledigt und dabei einen einzigen Fehler gemacht. Und genau dieser Fehler, mag er an sich auch unbedeutend gewesen sein, geht Ihnen jetzt nicht mehr aus dem Kopf. Warum ist das so? Die Antwort darauf liegt in der Evolution des Gehirns. Wenn wir lernen, wie sich das menschliche Gehirn entwickelt hat, verstehen wir auch uns selbst und andere Menschen besser. Hinzu kommt, dass wir effektiver darin werden, dieses außergewöhnliche blumenkohlartige Gebilde in unserem Kopf zu nutzen und umzuformen.

Die Entwicklung des Gehirns

Wenn wir an die Zeit der ersten Mikroorganismen denken, die vor über 3,5 Milliarden Jahren existierten, dann hat der Mensch gemeinsame Vorfahren mit Fledermäusen, Begonien und Bakterien. Die ersten Vielzeller tauchten in den Meeren der Vorzeit vor 650 Millionen Jahren auf, und 50 Millionen Jahre später waren sie komplex genug, um allmählich ein Nervensystem zu entwickeln. Säugetiere erschienen vor etwa 200 Millionen Jahren, die ersten Primaten vor ungefähr 60 Millionen Jahren. 2,5 Millionen Jahre ist es her, seit unser menschlicher Stammvater, der Homo habilis, intelligent genug war, um Werkzeuge aus Stein herzustellen, und unsere eigene Spezies – der Homo sapiens – erschien vor etwa 200 000 Jahren auf der Bildfläche. Im Laufe der letzten 600 Millionen Jahre mussten verschiedenste Wesen – angefangen bei Quallen und Muscheln bis hin zu Eidechsen, Mäusen, Affen sowie den Vorläufern des heutigen Menschen – Überlebensstrategien entwickeln, die die Entwicklung des Nervensystems maßgeblich beeinflusst haben. Die Größe unseres Gehirns hat sich in den letzten paar Millionen Jahren ungefähr verdreifacht, während es unter dem enormen Druck der natürlichen Selektion stand. Unsere hominiden und menschlichen Vorfahren lebten in kleinen Gruppen von Jägern und Sammlern, ehe sie vor ungefähr 10 000 Jahren begannen, organisierten Ackerbau zu betreiben. Sie lebten in einer wunderschönen unberührten Welt, ihr Leben verlief in gemächlicher Ruhe, wonach sich viele Menschen heute sehnen. Dessen ungeachtet waren die Erfordernisse des Überlebens ganz andere als heute. Man musste jederzeit damit rechnen, von einem Raubtier angegriffen und gefressen zu werden. Das Leben in kleinen Gruppen bedeutete auch, dass man selten jemandem begegnete, den man nicht kannte, und war dies einmal der Fall, konnte auch das Gefahr bedeuten. Obwohl manche Gruppen in friedlicher Koexistenz lebten, kam durchschnittlich jeder achte Mann bei gewalttätigen Konflikten mit Mitgliedern anderer Gruppen ums Leben. Zum Vergleich: Im 20. Jahrhundert ließ durchschnittlich jeder 100. Mann sein Leben im Krieg. Man starb an Hunger und Krankheit, durch Parasiten oder Verletzungen oder bei der Geburt eines Kindes, während es weder schmerzstillende Medikamente noch Polizeiwachen gab. Aus dieser Welt erwuchs das menschliche Gehirn, das sich sorgfältig diesen Bedingungen anpasste. Das Ergebnis lebt fort zwischen unseren Ohren, leitet nach wie vor unser Handeln und verleiht unseren Erfahrungen eine bestimmte Form.

Schlecht ist stärker als gut

Um ihre Gene weiterzugeben, mussten unsere Vorfahren – ob es sich nun um Reptilien, Säugetiere, Primaten, Hominiden oder Menschen handelte – Dinge tun, die das Leben annehmlicher machten: Schutz suchen, essen, Sex haben. Auf der anderen Seite mussten sie sich von schmerzhaften Dingen fernhalten, um nicht dem Angriff eines Raubtiers oder eines Mitglieds einer anderen Gruppe zum Opfer zu fallen oder zu verhungern. Jedoch besteht zwischen diesen beiden Erfordernissen ein großer Unterschied. Wer überleben will, muss sich vor allem vor lauernden Gefahren schützen. Wer heute keine Karotte isst, der bekommt vielleicht morgen eine, doch wer einem Angriff zum Opfer fällt, der wird nie wieder Karotten essen.

Regel Nummer eins in der Wildnis: Lieber selber essen als gegessen werden. Über Hunderte Millionen von Jahren war es eine Frage von Leben und Tod, sich vor plötzlichen Angriffen in Acht zu nehmen, richtig auf sie zu reagieren, sich an sie zu erinnern und auf diese Weise seine Aufmerksamkeit zu schulen. Konsequenterweise hat das Gehirn eine eingebaute negative Verzerrung entwickelt. Diese Verzerrung trat zunächst in existenziellen Situationen auf, die uns heute weitgehend fremd sind. Heute macht sie sich bemerkbar, wenn wir im dichten Verkehr Auto fahren, an einer wichtigen Sitzung teilnehmen, mit unseren Geschwistern streiten, eine Diät machen, die Fernsehnachrichten anschauen, uns mit der Hausarbeit abmühen, Rechnungen bezahlen oder ein Rendezvous haben. Unser Gehirn ist stets bereit, das Negative anzunehmen, um unser Überleben zu sichern.

Auf alles gefasst sein

Zunächst einmal hält das Gehirn ständig Ausschau nach potenziellen Gefahren oder Verlusten. Im Zuge der Evolution hatten die Tiere, die reizbar, nervös und misstrauisch waren, größere Chancen, ihre Gene weiterzugeben, als eher träge Artgenossen, was inzwischen in die feste Struktur unserer DNA eingewoben ist. Selbst wenn wir uns fröhlich und entspannt fühlen, sucht unser Gehirn stets nach möglichen Gefahren, Enttäuschungen und zwischenmenschlichen Problemen. Im Hintergrund unseres Bewusstseins sind wir in der Regel stets für alles Unbehagliche und Störende empfänglich, um diese Wachsamkeit zu motivieren.

Wenn dann tatsächlich etwas schiefläuft oder massiven Anlass zur Sorge gibt, zoomt sich das Gehirn mit einer Art Tunnelblick heran, der alle anderen Eindrücke ausblendet. Wenn Ihnen Ihr Chef ein glänzendes Feedback auf Ihren Vortrag gibt und nur eine Kleinigkeit zu bemängeln hat, dann wird Sie diese Kleinigkeit vermutlich für den Rest des Tages beschäftigen. Negative Signale nehmen wir schneller und leichter wahr als positive. Zornige Gesichter prägen sich uns mehr ein als fröhliche; auf ein grimmiges Gesicht reagiert unser Gehirn sogar, wenn wir es bewusst gar nicht wahrnehmen.

Die Kraft des Schmerzes

Schlechte (schmerzhafte, erschütternde) Erfahrungen stellen gute (angenehme, tröstliche) zumeist in den Schatten. Der Psychologe Daniel Kahneman erhielt einst den »Wirtschafts-Nobelpreis«, weil er zeigen konnte, dass die meisten von uns mehr dafür tun würden, einen Verlust zu vermeiden, als einen äquivalenten Gewinn zu erzielen. In lang anhaltenden engen Beziehungen bedarf es mindestens fünf positiver Interaktionen, um jede negative auszugleichen. Menschen fühlen sich dann wohl, wenn die positiven Momente die negativen mindestens im Verhältnis drei zu eins – möglichst noch höher – überwiegen. Negative Momente entwerten die positiven in stärkerem Maße, als die positiven die negativen veredeln können. Eine Untat beschädigt das Renommee eines Helden stärker, als ein Bösewicht seinen Ruf durch eine gute Tat aufwerten könnte.

Der besondere Einfluss des Schlechten auf unsere Psyche basiert auf der Besonderheit unseres Gehirns, auf unangenehme Dinge stärker zu reagieren als auf angenehme. Inmitten unseres Kopfes gliedert sich der zentrale Schaltkreis für Überreaktionen in drei Bereiche: die Amygdala, den Hypothalamus und den Hippocampus. Die mandelgroße Amygdala reagiert auf positive Ereignisse und Gefühle, bei den meisten Menschen wird sie jedoch vorwiegend bei negativen Erlebnissen aktiviert. Stellen Sie sich vor, jemand – Ihre Eltern, Ihr Partner oder ein Arbeitskollege – ist zornig auf Sie. Das macht Ihnen Angst. Dieser Zorn hat Ihre Amygdala aktiviert, wie dies vor Millionen von Jahren ein angreifender Löwe getan hätte. Um eine Kampf- oder Fluchtreaktion in die Wege zu leiten, sendet Ihre Amygdala Alarmsignale an Ihren Hypothalamus und an die Kontrollstellen Ihres sympathischen Nervensystems, die sich im Hirnstamm befinden. Ihr Hypothalamus fordert Adrenalin, Cortisol, Noradrenalin