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Du, der du diese Zeilen liest, was würdest du tun, wenn es in deiner Hand läge, das Übel der Welt zu beseitigen? Diese Frage stellen sich die immer neu erwählten Hüter und Jäger der Macht. Ein Kampf entfacht alle hundert Jahre neu zwischen den Chahd'Rian - die die Welt durch Verstand und Geduld zum Guten bringen sollen - und den Chahd'Gair - die gnadenlos das Übel der Welt vernichten sollen. Die Mächte der Götter sollen ihnen dabei helfen. Doch nicht jeder, der die Macht erhält, will kämpfen oder kann hinter der Moral stehen, die ihm von den Göttern in die Wiege gelegt wurde. Die fünfjährige Aleshanee hat bei einem Angriff bis auf ihren Vater alles verloren. In dessen alter Heimat wird sie mit Kräften konfrontiert, die ihnen von den Göttern gegeben wurden, um einen uralten Kampf weiter zu führen. Nun muss sie heranwachsen, neue Freundschaften knüpfen und den Mut finden, sich dem Leben zu stellen. Keine einfache Aufgabe für ein Kind.
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Staffel 1 – Schrift 1 – Teil 2
Roman
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de/ abrufbar.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte sind dem Autor vorbehalten, einschließlich der Vervielfältigung, Übersetzung, Mikrovorführung, Verfilmung, sowie Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme.
Alle Charaktere und Handlungen sind frei erfunden.
Impressum
Juwelenwald, Schrift 1, Teil 2
2. Auflage
Copyright © deutsche Originalausgabe 2023 by Verena Binder
Johann-Sebastian-Bach-Straße 10, 82538 Geretsried
Umschlaggestaltung: BinDer Buchsatz
Unmschlagillustration: Verena Binder
Charakterillustrationen: Renée Geburzky ( Ray__nee)
Lektorat: Phantastismus
Korrektorat: Phantastismus
Buchsatz: BinDer Buchsatz
veröffentlicht über tolino media
www.tolinomedia.de
Du, der du durch fremde Welten reist, sie betrachtest und mit deinem Herzen antwortest; Für dich sei diese Schrift.
Inhaltswarnung
Diese Geschichte enthält Gewaltbeschreibungen und behandelt emotionale Themen. Wenn du sensibel auf unterschiedliche Themen reagieren könntest, findest du eine nähere Ausführung in der „Inhaltswarnung“ auf Seite 91.
Was bisher geschah
Tesjan trifft auf einen Chahghee, um die Strafe für einen Mord zu erfahren. Doch die Chahghee warnen davor, einen erwachten Chahd‘Rian zu töten, ohne klare Antworten zu geben.
Im Juwelenwald von Shang Iyuha trifft Helaku auf Kahzuna, eine alte Bekannte. Er berichtet ihr von der Attacke des Chahd‘Gairs Yazhi auf sein Rudel, bei der fast alle ums Leben gekommen sind. Seine Töchter Aleshanee und Huyana sind Chahd‘Rian, was Kahzuna verärgert. Ein hitziger Streit entbrennt zwischen den beiden, und es kommt zu einem kurzen Kampf.
Helaku erzählt seiner Tochter von den Kräften der Chahd‘Rian, seiner eigenen Mentorin Kajika und seinen alten Feinden. Aleshanee lernt Vaughan kennen - einen kleinen Luchsjarg, der ein Freund von Helaku ist. Als Kahzuna auftaucht, provoziert diese Aleshanee aufgrund ihrer gemischten Abstammung und enthüllt, was sie ist. Aleshanee weigert sich, zu kämpfen, und zeigt ihre Unsicherheit angesichts der neuen Situation.
Charaktere
Aleshanee
Jarg Faol Kipa / Mealleth
Ä785chd, Himmelsauge An20
Tochter von Helaku
Atohi
Jarg Faol Sinak
Ä628chd, Sonnenwelt An43
- - -
Helaku
Jarg Faol Kipa
Ä624chd, Farbähre An41
Vater von Aleshanee und Huyana
Kaeto
Jarg Faol Sinak
Ä781chd, Sonnenwelt An27
- - -
Kahzuna
Jarg Awi
Ä618chd, Himmelsauge An13
Kampfgefährtin von Helaku und Atohi
Kosejin
Jarg Awi
Ä771chd, Farbähre An25
- - -
Tesjan
Jarg Amrog
Ä486chd, Sternentanz An12
Alter Feind von Helaku und Atohi
Vaughan
Jarg Scolin
Ä681chd, Blumenfeuer An7
Alter Freund von Helaku
Yahzi
Jarg Moar Atharra
Ä488chd, Blumenfeuer An45
Jarg Awi
Humanoide, sehr hellhäutige Wesen mit spitzen, etwas längeren Ohren, die wie Hals und Torso mit einer dunkelgrauen, stabilen Hautschicht überzogen sind. Füße und Hände sind kräftig, mit spitzen Klauen versehen und mit kleinen Rabenfedern überzogen. Awi gehören zu den aggressivsten und kampfeslustigsten Rassen, die Iyuha zu bieten hat.
Kapitel 4
Komm, ich zeige dir die Ingyang
Ä790chd, Wellenlicht An43
“Du gehst zu weit, Kahzuna-”, knurrte Helaku, als Kahzuna ihm grob verbal hineingrätschte: “Schnauze. Sie soll kämpfen. Aber ja, wenn du sie schonst, wird sie natürlich kein schwacher, beschränkter Mealleth werden; kein halber, schwacher Mensch, der vor lauter Angst keinen Finger rühren kann, wenn ich sie nur angucke!” Die Awi streckte ihre gefiederte Hand nach Aleshanee aus, die erneut zusammenzuckte und mit den Tränen kämpfte. “Siehst du?! Sowas würde in meinem Clan keinen Tag überleben.” Verächtlich schnaubte Kahzuna und scharrte mit ihrer Fußklaue über den Waldboden.
“Das hier ist nicht dein Clan, Kahzuna. San ist keine Kämpfe gewöhnt und-”
”Fehler!” Die Awi packte Helaku grob an seinem Oberteil, zog den deutlich größeren Jarg auf Augenhöhe zu sich herab und stierte ihn an. “Wie soll sie in diesem miserablen Zustand überhaupt was schaffen? Sie kann ja nicht mal gerade gehen. Aber was soll ich von einem Mealleth auch erwarten? Chahd‘Rian der nächsten Generation?” Sie sprang rasch zurück, als sich rasant einige Blitze um den Körper des Faol sammelten und unter einem bedrohlichen Zischen auf Kahzuna zuzuckten. “Lächerlich.”
Ihr Blick war so verachtend und kalt, wie das kleine Faol-Mädchen verängstigt und verletzt war.
“H-Hört auf zu streiten”, wimmerte es, doch Kahzuna hielt ihr nur das spitze, lange, schwarze Ohr hin und raunte ein langgezogenes: “Hä?”
“I-Ihr sollt nicht streiten!” Sie kniff die Augen zusammen und spannte ihren Körper an.
“Weißt du, du kleine Missgeburt-”, die nächsten Worte sprach Kahzuna in einem rauen Lachen, als sie einem Fußtritt Helakus auswich und sich zurückdrängen ließ, “werd stärker, sonst töte ich dich, Chahd‘Rian hin oder her!” Nur, um nun Helaku einen wuchtigen Faustschlag in den Magen zu verpassen, nachdem er sich unter einem Kick weggeduckt hatte. Der Faol japste, schien für einen winzigen Moment zu verharren, den Kahzuna nutzte, um mit einem lockeren Sprung die 22 Ake-Yn1 Körpergröße zu überwinden und ihrem früheren Gefährten den Ellenbogen in die Schulter zu jagen. Helaku knickte ein, sank auf die Knie. Leichtfüßig kam Kahzuna auf ihren gefiederten Klauen zum Stehen und stützte sich mit ihrem Ellenbogen auf dem Kopf des Faol ab.
1 Dezimeter
“Hast nachgelassen, mein Guter.”
“Verschwinde”, keuchte dieser und stierte trotzig und wütend aus dem Augenwinkel zu der Awi auf, die ihn weiterhin frech und angriffslustig angrinste.
Aleshanee ihrerseits hatte, erstarrt und unfähig sich zu bewegen, den rasanten Schlagabtausch beobachtet, oder es versucht, denn ihre ungeübten Augen konnten die schnellen Bewegungen nicht erfassen. Ihr Atem ging schwer und schnell, als sie sah, wie ihr Vater, den sie für unbezwingbar gehalten hatte, auf die Knie gezwungen wurde.
Die beleidigenden und verletzenden Worte der Awi, die diese an sie gerichtet hatte, echoten in ihrem Kopf. Sie wollte etwas tun, schreien, rufen, aufstehen, doch ihr Körper war wie gelähmt. Sie hatte Jagden mit angesehen, hatte selbst gegen die Fledermäuse und deren übermenschlichen Verwandte Jarg Laskial in irgendeiner Weise gekämpft, und beobachtet, wie die großen Faol ihres Rudels gegen die Krustenechsen ihrer Heimat, die geflügelten Jarg Atogal, oder die riesigen Mammutvipern gekämpft hatten. Doch all diese erschienen ihr wie winzige Raufereien, wenn sie sah, wie schnell ihr Vater und Kahzuna sich bewegten und wie heftig deren Angriffe waren.
Sie ließ den Tränen ihrer Angst freien Lauf, als die Awi sich mit einem Lachen und einem sarkastischen “Nicht sterben, Mealleth!” verabschiedete und in den Wald aufmachte.
Wieder war es an Helaku, seine Tochter zu beruhigen.
“Kahzuna ist sehr grob und kalt”, gestand er sich und ihr ein. “Sie hat kein großes Herz … sie wird dich aber nicht töten. Sie ist ungeduldig und grob … aber sie kann dir sicher auch viel beibringen.”
Eigentlich wollte Aleshanee das gar nicht hören. Und dennoch beruhigte es sie, je mehr ihr Vater von seiner alten Gefährtin erzählte. Auch wenn es keine tugendsamen Dinge waren, sondern brutale Fakten; er gab ihr damit die Sicherheit, dass die Awi sie nicht töten würde.
Und Helaku seinerseits wusste, dass seine Tochter ihn nie so aggressiv und kampfbereit erlebt hatte. Er hatte immer versucht, Konflikte mit Worten zu lösen. Doch er kannte Kahzuna. Er wusste nur zu gut, dass sie dafür lediglich ein herzhaftes Lachen über hatte; wusste nur zu gut, dass Gewalt die einzige Sprache war, die die Awi verstanden. Auch das hatte er San gesagt, und dass sie stark werden würde.
“G-Gibt es noch mehr Chahd‘Rian?”, flüsterte sie schließlich.
“Insgesamt Sechzehn. Aber ich kenne nicht alle. Lass mich dir etwas zeigen, Aleshanee.”
Sie blickte fragend auf.
“Komm mit.”
◊◊◊
Helaku führte seine Tochter tiefer in das Herz der Welt, tiefer in den Wald Illiasta Iyuha, dem innersten Bereich des Kontinents Shang Iyuha. Das Gebüsch wurde immer dichter, je näher sie dem Mittelpunkt der Welt kamen. Von dem nordwestlichen, mittleren Teil Illiastars aus, wo sich Helaku mit Aleshanee niedergelassen hatte, war es ein halber Tagesmarsch bis zu dem Ort, den er seiner Tochter zeigen wollte.
“Weißt du, wo wir hier sind?”, fragte er sie während einer Rast ihrer Reise. Sie saßen auf einem umgestürzten, von Moos und Pilzen überwucherten Baumstamm und aßen einige süße Dunkelbeeren.
“Im … Wald?”, riet Aleshanee leise.
“Wir befinden uns im innersten Ring Shang Iyuhas: Illiasta Iyuha, die Iris der Welt.”
Stumm nickte San. Wo sie vor einigen Tagen noch neugierig nach Details gefragt hätte, blieb hier nur das Loch ihres Herzens, das die Leere in ihren Körper drängte.
“Weißt du, wie unsere Welt aussieht?”
Helaku sah zu seiner Tochter, die den Kopf schüttelte, während sie sich ein paar weitere Beeren in den Mund steckte. Wenigstens aß sie. Dann hielt sie inne und zuckte mit den Schultern.
“Zu Hause war es nicht so kalt”, murmelte Aleshanee schließlich. “Und es gab viel weniger Bäume.”
Leise seufzend stimmte Helaku ihr zu, dann aß er mit einem Happen das Häufchen Beeren aus seiner Hand und sprang vom Baumstamm auf den Waldboden, wo er mit seinem Fuß einige Äste und Steine zur Seite schob, um eine ebene Erdfläche zu erhalten. Mit einem Stock malte er die Form eines Herzens in den Boden.
“Weißt du, warum man diese Form Herz nennt?”
Kurz legte Aleshanee auf diese Frage ihres Vaters den Kopf schief, ehe sie stumm verneinte.
“Shang Iyuha sieht so aus, wenn man von weit oben auf es herab guckt, und weil Shang Iyuha wie das Herz eines jeden Lebewesens das Zentrum des Lebenskraft ist, nennt man diese Form so”, erklärte er und zeichnete einige Wellen ein, die vom Rand des Herzens in das Innere führten. “Shang Iyuha ist in drei Bereiche unterteilt. Diese Linien sind die Himmels- und Erdadern. Das sind hohe Schluchten und flache Fjorde.”
Die unzähligen Landzungen ragten so tief in das Meer, dass die Flüsse und Brandungen, die so entstanden waren, wie Adern aussahen, die der Mitte der Welt das Leben gaben. So hatten es geflügelte Jargarten erzählt.
“Dieser äußere Bereich wird Khang Iyuha genannt.” Mit einem Oval im Herzen grenzte Helaku den Bereich der Himmels- und Erdadern ab. “Hier beginnt das zweite Gebiet, Ishta Iyuha. Es ist das Auge der Welt.”
Kurz sah er zu Aleshanee auf, die mit trübem Blick, aber nicht abwesend auf die grobe Zeichnung im Boden sah. Ihre zur Seite geneigten Ohren zuckten leicht, als sie wahrnahm, dass sich im Gestrüpp neugierige Jarg bewegten, welche die Faol beobachteten.
Helaku beschloss, die kleinen Wesen zu ignorieren. Ein paar von ihnen waren ihnen schon eine Weile gefolgt. Der Faol betrachtete seine Skizze. An der eben gezeichneten Grenze gab es immer wieder menschliche Siedlungen, denen von aggressiven Jarg, wie Kahzuna eine war, das Leben unnötig schwer gemacht wurden. Das auszusprechen wagte Helaku jedoch nicht. Zu sehr befürchtete er, die Erinnerungen an Aleshanees menschliche Mutter und mit ihrem Tod verbundene Trauer wieder stärker hervorzurufen.
“Es sieht ja auch aus wie ein Auge”, murmelte San, ehe sie sich ihre vom Saft der süßen Beeren klebrigen Hände an der Hose abwischte. Sie war an einigen Stellen zerrissen. Darum musste sich Helaku auch zeitnah kümmern.
Er lachte leise. “Stimmt. Wie ein großes, grünes Auge.”
Die leicht hügelige Landschaft bot unzähligen Tier- und Jargarten eine Heimat. Hier war bereits eine gewisse Ruhe in der Atmosphäre des dichten Waldes spürbar, die einigen Jarg Unbehagen bereitete und anderen sehr gelegen kam. Besonders kleine, eher unscheinbare Jarg, die auf den anderen Landmassen zu viele Fressfeinde hatten, zogen sich in dieses Landesinnere zurück. Bei dem Gedanken daran linste Helaku zu einem Gebüsch, wo sich ein wieselähnliches Gesicht rasch zurückzog.
“Jedenfalls”, wandte er sich wieder seiner dürftigen Zeichnung zu, “befinden wir uns hier. In Illiasta Iyuha, der Iris der Welt.” Helaku zeichnete in die Mitte der ovalen Form einen kleinen, runden Fleck, ehe er die Spitze des Stocks an den rechten Rand auflegte und sie in die Mitte des Kreises führte. “Und da wollen wir hin. Das sind etwa sechs Ow-Cha2.”
2 10 Kilometer
Aleshanee schnaufte durch, als sie die Entfernung hörte. Hier in dem flachen Wald kamen sie schneller voran als in den felsigen Klippen des Sandcanyons. Als Faol waren es schon die jungen gewohnt, größere Entfernungen in ihrem Trab zurückzulegen. Helaku war sich sicher, auch Kahzuna streifte an manchen Tagen einige Ow-Cha durch die Wälder.
“Was ist da?”, hinterfragte Aleshanee murmelnd.
“Die Ingyang. Sie sind ein wichtiger Mittelpunkt für unsere Energie. Das zeige ich dir, wenn wir da sind. Komm, wir gehen weiter.” Helaku erhob sich und streckte seine Hand nach Aleshanee aus, die sie stumm ergriff und vom Baumstamm herabsprang.
Sie merkte, wie sich die Atmosphäre weiter veränderte, je tiefer sie in das Innere des Waldes liefen. Auch die Farbe der Bäume hob sich durch eine leicht dunklere Nuance ein wenig von dem Wald Ishta Iyuhas ab.