(K)eine Retoure für die Liebe - Svea Lundberg - E-Book

(K)eine Retoure für die Liebe E-Book

Svea Lundberg

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Beschreibung

Das neue Jahr hätte so schön beginnen können – oder aber total ernüchternd: abgespeist vom Ex-Freund mit einer Nachricht auf einem Notizblock. Was Damir bleibt, sind das große Haus und sein versnobter Kater, der sich herzlich wenig um sein gebrochenes Herz kümmert. Während Damir mitten in überstürzten Renovierungsarbeiten steckt, tritt durch Zufall ein Mann in sein Leben, der ihm erstmals seit Monaten wieder das Gefühl gibt, wirklich wahrgenommen zu werden. Zwischen verschneiten Spaziergängen am Rheinufer, einer Familienpackung Schokoladeneis und knisternden Momenten vor dem Kamin, kommen Damir und Malte einander langsam näher und stellen dabei fest, dass der jeweils andere genau die Geborgenheit bieten könnte, die sie bislang vermisst haben. Aber was, wenn sie vielleicht beide noch nicht bereit sind, ihre Herzen zu öffnen? Freu dich auf eine gefühlvolle M/M-Romance voll sehnsüchtiger Küsse, zärtlicher Wohlfühlmomente und einer wohl dosierten Prise Gefühlschaos zum Mitfiebern. Obendrauf gibt’s heißes Kribbeln zwischen zwei Männern, die nach und nach erkennen, wie schön es sein kann, wieder zu vertrauen.

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Impressum
Inhalt
Kapitel 1 – Damir
Kapitel 2 – Malte
Kapitel 3 – Damir
Kapitel 4 – Malte
Kapitel 5 – Damir
Kapitel 6 – Malte
Kapitel 7 – Damir
Kapitel 8 – Damir
Kapitel 9 – Malte
Kapitel 10 – Damir
Kapitel 11 – Malte
Kapitel 12 – Damir
Kapitel 13 – Malte
Kapitel 14 – Damir
Kapitel 15 – Malte
Kapitel 16 – Damir
Kapitel 17 – Malte
Kapitel 18 – Damir
Kapitel 19 – Malte
Kapitel 20 – Malte
Kapitel 21 – Damir
Nachwort & Danksagung
Über die Autorin
Weitere Leseempfehlungen

 

 

 

 

 

 

 

 

(K)eine Retoure für die Liebe

 

 

 

eine Gay Romance zum Wohlfühlen

 

von Svea Lundberg

Impressum

Copyright © 2023 Svea Lundberg

 

Julia Fränkle-Cholewa

Zwerchweg 54

75305 Neuenbürg

[email protected]

www.svealundberg.net

 

 

Covergestaltung:

Constanze Kramer – coverboutique.de

 

Bildnachweise:

©Dmitry – stock.adobe.com

©Dzha33 – shutterstock.com

©k_samurkas – shutterstock.com

©Yuliya Yafimik – shutterstock.com

envatoelements.com

 

Buchsatz:

Annette Juretzki – annette-juretzki.de

 

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte sind vorbehalten.

 

Die in diesem Buch geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Der Inhalt des Romans sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Covermodels aus.

Inhalt

Das neue Jahr hätte so schön beginnen können – oder aber total ernüchternd: abgespeist vom Ex-Freund mit einer Nachricht auf einem Notizblock. Was Damir bleibt, sind das große Haus und sein versnobter Kater, der sich herzlich wenig um sein gebrochenes Herz kümmert.

Während Damir mitten in überstürzten Renovierungsarbeiten steckt, tritt durch Zufall ein Mann in sein Leben, der ihm erstmals seit Monaten wieder das Gefühl gibt, wirklich wahrgenommen zu werden. Zwischen verschneiten Spaziergängen am Rheinufer, einer Familienpackung Schokoladeneis und knisternden Momenten vor dem Kamin, kommen Damir und Malte einander langsam näher und stellen dabei fest, dass der jeweils andere genau die Geborgenheit bieten könnte, die sie bislang vermisst haben. Aber was, wenn sie vielleicht beide noch nicht bereit sind, ihre Herzen zu öffnen?Freu dich auf eine gefühlvolle M/M-Romance voll sehnsüchtiger Küsse, zärtlicher Wohlfühlmomente und einer wohl dosierten Prise Gefühlschaos zum Mitfiebern. Obendrauf gibt’s heißes Kribbeln zwischen zwei Männern, die nach und nach erkennen, wie schön es sein kann, wieder zu vertrauen.

 

 

 

 

Kapitel 1 – Damir

Scheiße, ist das kalt!, ist alles, was ich im ersten Moment denken kann, als ich die Beifahrertür aufstoße und daraufhin ein eisiger Luftzug von draußen ins Taxi zieht. Zugegeben, meine Verfrorenheit könnte daher rühren, dass ich die letzten Tage in der Dominikanischen Republik verbracht habe. Beruflich, nicht privat. Der Taxifahrer hat mich vermutlich ohnehin schon für bescheuert erklärt, weil ich ihn gebeten habe, das Taxi so dermaßen aufzuheizen. Jedenfalls bemerke ich aus dem Augenwinkel, dass er die Lüftung demonstrativ niedriger dreht, sobald ich Anstalten mache, auszusteigen.

Ich bilde mir ein, seinen genervten Blick im Nacken spüren zu können, und beeile mich, trotz Kälte, aus dem Taxi zu kommen. Immerhin erwarten mich gleich ein prasselnder Ofen im Wohnzimmer und Achims Umarmung. Auf Letztere hoffe ich besonders – und bin gleichzeitig nicht sicher, ob ich sie bekommen werde. Zumindest nicht so, wie ich sie mir wünsche. Seit Wochen, eigentlich Monaten schon.

Ich kann nur hoffen, dass meine Abwesenheit der letzten Tage und der Umstand, dass Achim Silvester ohne mich gefeiert hat, unserer kriselnden Beziehung den Raum gegeben hat, den Achim nach eigenen Angaben braucht. Das fiese Stimmchen, das mir einzureden versucht, es sei ein schlechtes Omen, dass wir das neue Jahr getrennt voneinander eingeläutet haben, verdränge ich, während ich meinen Koffer aus dem Kofferraum hole. Kaum habe ich die Klappe zugeworfen, gibt der Taxifahrer Gas und lässt mich in einer Wolke aus Auspuffabgasen, aufspritzendem Schneematsch und Kälte zurück.

Fröstelnd stapfte ich die paar Meter über den Bürgersteig, rüber zum Gartentürchen. Die Straßenlaternen brennen noch, die Morgendämmerung ist grau in grau. Obgleich es gegen Mittag sonnig werden soll, ist das hier zumindest temperaturtechnisch ein kleiner Schock. Aber das bin ich durch die zahlreichen Langstreckenflüge gewohnt.

Ein Blick in den von einer Laterne erhellten Vorgarten bezeugt, dass Achim tatsächlich ohne mich gefeiert hat. Eine leere Sektflasche und jede Menge Raketenabfall verunstalten das Weiß des Schnees. Wäre ich gestern zu Hause gewesen, hätte ich den Kram definitiv weggeräumt – unsere Nachbarn haben es am Neujahrstag offensichtlich auch geschafft, ihre Vorgärten wieder auf Vordermann zu bringen. Nur der Schneemann der Familie Hiller hat seine Karottennase verloren.

Ganz automatisch gleitet mein Blick an den Beeten entlang, welche die Vorderseite der Hauswand säumen. Die Weihnachtsdeko, die ich liebevoll und mit aller Sorgfalt darin platziert habe, ist ausgeschaltet. Dementsprechend kärglich sehen die Beete aus. Es sollte mich nicht wundern, dass Achim sich nicht die Mühe gemacht hat, den entsprechenden Lichtschalter zu betätigen. Schon gar nicht früh am Morgen. Und im Grunde ist es auch nicht Verwunderung, die ein feines Stechen in meiner Brust auslöst, sondern Enttäuschung. Ich weiß, dass Achim nicht viel wert auf diesen ganzen Weihnachtskram legt, aber wenigstens zu unserem Wiedersehen hätte er sich die Mühe machen können. Eben weil er weiß, wie viel mir das Fest mit all den dazugehörigen Lichtern, dem Duft nach Punsch und Spekulatius und dem heimeligen Beisammensein bedeutet. Mehr noch, wenn ich über die Feiertage hinweg berufsbedingt durch die ganze Welt fliege. Langstreckenflüge sowohl über Weihnachten wie auch über Silvester – das war so nicht geplant. Aber der aktuelle Personalmangel hat mir keine andere Wahl gelassen. Nun allerdings kann ich mich auf meinen wohlverdienten Urlaub freuen.

Mit einem Ruck wende ich mich wieder der Haustür zu und streckte die Hand nach der Klingel aus. Die Minute außerhalb des Taxis hat bereits ausgereicht, um meine Finger klamm werden zu lassen. Ungeduldig trete ich von einem Fuß auf den anderen, aber drinnen im Haus bleibt es still. Ich habe nicht erwartet, Achim würde mich direkt an der geöffneten Haustür empfangen, auch wenn ich ihm, bevor ich ins Taxi gestiegen bin, geschrieben habe, dass ich in den nächsten dreißig Minuten zu Hause sein werde. Sich beim Aufmachen beeilen, könnte er aber schon. Denn wach ist er um diese Uhrzeit definitiv. In über sechs Jahren Beziehung habe ich es höchstens fünf Mal erlebt, dass er länger als sieben Uhr geschlafen hat – und da war er krank. Normalerweise treibt es ihn zwischen fünf und sechs aus dem Bett. Oder er geht gar nicht erst schlafen, wenn es allzu spät wird.

Ich klingle ein zweites Mal, verschränkte die Finger ineinander und puste warmen Atem dagegen. Doch es bleibt dabei: Niemand öffnet mir.

Nun wirklich genervt stoße ich einen leisen Fluch aus, pfeffere meinen Koffer in den Schnee und stapfe durch eben diesen über den schmalen Kiesweg ums Haus herum. Die zahlreichen Fußspuren deuten darauf hin, dass sich Achim zu Silvester mehr als nur einen oder zwei Kumpels eingeladen hatte. Etwas, das er mir verschwiegen hat. Oder vielmehr: Ich habe gar nicht erst danach gefragt, weil ich dachte, es sei besser, ihm die paar Tage Auszeit zu gönnen. Wie bitter es eigentlich ist, dass ich dachte, meinem Partner wäre es lieber, über Silvester gar nichts von mir zu hören, wird mir erst so richtig klar, als ich um das Hauseck trete und mich auf der ebenfalls noch halbdunklen Terrasse wiederfinde. Die Straßenlaternen schaffen es nicht, bis hierhin durchzudringen, und auch vom Wohnzimmer aus fällt kein Licht nach draußen. Kein heimeliges Kaminfeuer, wird mir mit einem Schlag klar. Kein Achim, der auf mich wartet. Mein Partner ist nicht zu Hause. Nachdem wir Weihnachten und nun auch Silvester getrennt voneinander verbracht und uns tagelang nicht gesehen haben, hält er es offensichtlich nicht einmal für nötig, mich in Empfang zu nehmen. Geschweige denn mir zu sagen, dass er es nicht tun wird.

Wo zum Teufel steckt er? Im Büro ja wohl nicht; er arbeitet neunzig Prozent von zu Hause aus.

Das Smartphone aus meiner Jacke zu ziehen, um nachzuschauen, ob er meine Nachricht gelesen hat, erspare ich mir. Gelesen hin oder her, Achim wusste ganz genau, dass ich heute Früh zurückkommen würde. Dennoch ist er nicht da, und das Schmerzhafteste daran ist, dass es mich nicht mal wirklich schockiert. Es enttäuscht mich. Es tut weh. Aber ich nehme es mit seltsamer Gelassenheit hin. Es ist einfach nur der Beweis dafür, dass sich an der Krise, in der wir uns offensichtlich befinden, nichts geändert hat.

 

Rund zwei Minuten später habe ich mir die Tür zu unserem gemeinsamen Haus dann eben doch selbst aufgeschlossen. Resigniert und mit einem dumpfen Pochen in der Brust zerre ich den Koffer hinter mir über die Türschwelle, lasse ihn mitten im Flur stehen – obwohl oder gerade weil ich weiß, wie sehr Achim Unordnung im Eingangsbereich hasst – und schäle mich erst mal aus meinem Mantel. Während dieser unachtsam auf dem Sideboard neben der Garderobe landet, verpasse ich der Haustür einen Fußtritt, sodass diese lauter als nötig ins Schloss fällt. Ich bücke mich gerade, um die Verschnürung meiner Boots zu lösen, als ein anderes Geräusch meine Aufmerksamkeit fordert. Ein Geräusch, das mir trotz all des Frusts in meinem Inneren sofort ein warmes Kribbeln im Bauch beschert. Und das, obwohl die Laute nach nichts anderem als einem inbrünstigen Vorwurf klingen.

Rasch taste ich nach dem Lichtschalter und kaum sind die Deckenspots entflammt, entdecke ich Sir Edward auch schon. Mit steil hochgerecktem Schwanz, das Mäulchen mit den spitzen Zähnen und der zartrosa Zunge zu einer Tirade tiefster Empörung aufgerissen, trabt der Kater die Treppe aus dem Obergeschoss herunter. Die Schritte seiner Samtpfoten auf den mit Teppich bedeckten Holzdielen lautlos, dafür macht er mir mit seinem Miauen umso lautstarker klar, was er davon hält, dass ich mal wieder tagelang verschwunden war. Ich mache mir keine Illusionen darüber, dass er mich primär als seinen Untertanen vermisst hat, aber das ist okay. Er ist ein Kater. Er ist mein Kater. Meine große Liebe auf vier Samtpfoten. Er darf mich anmeckern, sobald ich zur Haustür hereinkomme. Denn immerhin schenkt er mir im Gegensatz zu Achim überhaupt irgendeine Form der Aufmerksamkeit.

Ich verbiete es mir selbst, direkt wieder in mürrische Gedanken um meinen Partner und unsere kaum noch existierende Liebesbeziehung abzudriften, und knie mich stattdessen, die halbgeöffneten Boots noch an den Füßen, mitten im Flur auf den Boden.

»Na, komm her, du kleine Plüschkugel. Hast du mich vermisst?«

Als Antwort auf meine mehr rhetorische Frage lässt Eddi, wie ich ihn meist nenne, ein weiteres Miauen ertönen, das jedoch nicht mehr ganz so erbost klingt. Keine drei Sekunden später streicht er gurrend um meine Beine und das warme Gefühl in meiner Bauchgegend vertieft sich augenblicklich, als ich endlich wieder meine noch kühlen Finger in seinen samtigen silberweißen Pelz graben kann.

Unter seinem Fell spüre ich das kraftvolle Spiel seiner Muskeln und Sehnen, bei jedem Schritt, den er um mich herum schwänzelt. Seine Hoheit, Sir Edward, ist kein bisschen dick, aber doch ein stattlicher Kater, und auch wenn sein Gemaule anderes vermuten lässt, bin ich mir sicher, dass Achim ihn in den letzten Tagen ausreichend gefüttert hat. Eddi wirkt munter und aufgeweckt und als er findet, dass wir uns ausreichend begrüßt haben, stolziert er quer durch den Flur und rüber ins Wohnzimmer. Ganz sicher wird er es sich dort längst auf seinem Stammplatz auf dem Sofa gemütlich gemacht haben, bis ich zu ihm komme.

Während ich mir die Schuhe vollends von den Füßen trete, schießt mir der Gedanke in den Kopf, dass es vielleicht sinnvoll gewesen wäre, erst mal nachzusehen, ob noch genug Brennholz für den Kamin da ist. Aber notfalls muss ich mir eben noch mal was anziehen, um hinauszugehen. Statt ins Wohnzimmer führt mich mein erster Weg in die Küche. Ich brauche einen Kaffee. Grundsätzlich habe ich in den letzten Jahren als Flugbegleiter gelernt, mit Jetlag und langen sowie unregelmäßigen Arbeitsschichten umzugehen, aber die letzten Wochen haben mich dann doch geschlaucht. Vermutlich nicht nur aus beruflichen Gründen.

Während die Kaffeemaschine mit einem leisen Brummen aufzuheizen beginnt, taste ich über die Taschen meiner Jeans, finde jedoch kein Handy.

»Jacke«, murmele ich mir selbst zu. Mein Gott, ich bin wirklich zerstreut.

Noch ehe ich zurück in den Flur treten kann, fällt mein Blick auf die magnetischen Notizzettel, die nicht wie üblich am Kühlschrank hängen, sondern auf der Arbeitsplatte direkt neben der Kaffeemaschine liegen. Auf dem obersten Blatt eine handgeschriebene Nachricht. Eindeutig Achims Schrift.

 

Hallo Damir! Ich hoffe, du bist gut nach Hause gekommen. Du wirst dich sicher wundern, wo ich stecke. Um es kurz zu machen: Ich bin ausgezogen. Wenn etwas Dringendes sein sollte, erreichst du mich auf meinem Handy. Ich denke aber, wir sind uns einig, dass unsere Beziehung am Ende ist. Ich wünsche dir ein frohes neues Jahr. Achim

P.S. Edward habe ich heute Morgen noch mal gefüttert.

 

Sekundenlang starre ich auf den Zettel. Auf die kurze Nachricht darauf, mit der mein Partner unsere langjährige Beziehung augenscheinlich einfach so für beendet erklärt hat. Er war noch nie ein Mann der vielen Worte, aber das … ist doch ein Witz!

Nahezu panisch krame ich in meinem verwirrten Kopf nach der Info, ob es in irgendeinem Kulturkreis Brauch ist, das neue Jahr mit einem schlechten Scherz einzuläuten. Denn nichts anderes kann es sein.

Das Problem ist nur: Achim ist nicht der Typ für schräge Witze oder gar Pranks. Er sagt oft nicht viel, aber wenn er was sagt, dann meint er das so. Was bedeutet, dass …

Keuchend taumle ich einen halben Schritt zurück. Starre noch immer auf den Zettel. Auf Achims Worte darauf.

Ich begreife es nicht. Will es vielleicht einfach nicht begreifen. Denn das würde bedeuten, mir den Schmerz einzugestehen. Den Schmerz darüber, es im Grunde schon gewusst zu haben.

Unsere Beziehung war bereits seit Monaten im Eimer. Aber dass Achim sie nun einfach so beendet, macht mich im ersten Moment fassungslos.

Ich brauche Sekunden, mehrere flache Atemzüge, um zu realisieren, dass mein Partner – nein, Expartner – mich nach über sechs Jahren Beziehung mit einer beschissenen Zettelnachricht verlassen hat.

Wenn auch verspätet, der Schmerz kommt – und mit ihm die Wut der Hilflosigkeit. Ehe ich darüber nachdenken kann, was ich hier gerade tue, greife ich nach einer der ordentlich neben der Kaffeemaschine aufgereihte Tassen und schleudere sie mit einem heiseren Schrei auf den Lippen zu Boden. Doch ganz entgegen dem Skript eines tragischen Liebesfilms zerspringt sie nicht in tausend Einzelteile. Lediglich eine einzelne Scherbe bricht aus dem dicken Porzellan und bleibt einen Meter von mir entfernt vor meinen Füßen liegen. Es war meine Lieblingstasse, erkenne ich. Die, die Achim mir zu unserem ersten Jahrestag geschenkt hat. Sie ist weiß, mit schwarzen Schäfchen darauf, einem rosa Herz und der Aufschrift: Ohne dich ist alles doof.

Kitschig – und schön. Damals …

Nun liegt die Tasse quasi halb beschädigt vor mir und scheint mich damit zu verhöhnen. Bittere Enttäuschung und eine nagende Wut, von der sich ein kleiner Teil möglicherweise auch gegen mich selbst richtet, drängen meine Kehle nach oben und lassen diese eng werden. Ein weiterer heiserer Laut löst sich aus meinem Mund, den ich auch nicht ersticken kann, indem ich mir eine Faust gegen die Lippen presse. Stattdessen fangen meine Finger zu zittern an. Sie sind noch immer kalt, obwohl ich Eddi vorhin gestreichelt habe. Es ist eine Kälte, die sich von innen durch meinen Körper frisst und gegen die sicherlich auch kein heißer Kaffee helfen wird.

Ruckartig mache ich auf meinen Socken kehrt und fliehe regelrecht aus der Küche, in der immer noch die Kaffeetasse liegt, die nicht halb so zerbrochen ist wie meine beschissene Beziehung.

Ich renne regelrecht die paar Meter durch den Flur und ins Wohnzimmer, doch entgegen meiner Erwartung liegt Eddi nicht auf dem Sofa. Nicht auf seinem Kratzbaum. Nicht auf dem Regal zwischen den Büchern, von denen kaum noch welche da sind, weil die meisten Achim gehört haben – und er sie mitgenommen hat. Mein Blick rast weiter umher und bleibt an dem Einbauschrank an der Wand hinter der Essecke haften. Dieser grottenhässliche Schrank, den ich dort nie haben wollte, weil er nicht zur Inneneinrichtung passt, aber den Achim dennoch vor zwei Jahren eingebaut hat, als ich wieder mal auf einer Dienstreise war.

Tief in meinem eisigkalten Inneren ahne ich, dass meine Gedanken gerade kein bisschen rational sind. Dennoch flutet mich die unumstößliche Gewissheit, dass die Talfahrt unsere Beziehung an genau diesem Wochenende begonnen hat. Dass der Einbauschrank, über den wir uns so uneins waren, das erste winzige Problem war, das wir mit einem anständigen Gespräch vielleicht hätten aus der Welt schaffen können. Doch statt wie vernünftige Erwachsene zu reden, haben wir den Frust hinuntergeschluckt und statt Differenzen auszudiskutieren, dann die ganze Nacht gevögelt. Das Irrwitzige ist nämlich, dass unser Sex stets um Längen besser war als unsere Krisenkommunikation. Selbst in den letzten Monaten noch.

Am nächsten Morgen haben wir kein Wort mehr über den Einbauschrank verloren und auch danach nie wieder.

Ja, verdammt, ich bin mir sicher, dass genau das der Anfang vom Ende war. Es ist so banal und tut genau deshalb so beschissen weh. Der Laut, der zwischen meinen aufeinandergepressten Lippen hindurchdringt, ist dieses Mal eindeutig ein Schluchzen, und die Tränen, die sich gnadenlos ihren feuchten Weg aus meinen Augen bahnen, spülen die zornige Enttäuschung an die Oberfläche.

»Du Arschloch«, krächze ich fast nur flüsternd in die Stille des Wohnzimmers hinein und schlinge die Arme um meinen Oberkörper. Doch die Kälte der Erkenntnis, mit einer verfickten Notizzettelnachricht verlassen worden zu sein, bleibt.

Kapitel 2 – Malte

Furchtbar schief, aber dafür mit Inbrunst pfeife ich den Refrain des Songs, der eben noch im Radio lief, und klettere auf die Ladefläche des Zustellfahrzeugs. Meine musikalische Darbietung fällt eindeutig unter ›nicht schön, aber selten‹, ist mir allerdings vollkommen egal. Ich bin froh, meine ungeplante Schicht nach dieser Lieferung endlich beenden zu können – das ist durchaus ein guter Grund, fröhlich vor mich hin zu pfeifen.

Ich schnappe mir das letzte Paket, das noch auf seine Auslieferung gewartet hat, und bin für einen Moment verwundert, wie schwer es ist. Nicht Rückenschmerzen provozierend schwer, aber es hat eben doch mehr Gewicht, als die längliche und doch vergleichsweise schmale Form vermuten lässt. Was da wohl drin ist? Sofort schleicht sich ein Grinsen auf meine Lippen. Selbstverständlich schaue ich nie in die Pakete, die ich ausliefere, hinein und im Grunde ist es mir auch egal, was die Leute bestellen. Nichtsdestotrotz mache ich mir gern einen Spaß daraus, mir vorzustellen, was in den einzelnen Paketen drin sein könnte. Und ich muss zugeben, dass mein Kopfkino heute besonders auf Hochtouren läuft, denn ich habe außerplanmäßig die Schicht eines Kollegen übernommen, der bis spät abends die Same-day-Bestellungen ausfährt, die vor allem bei einem gewissen Versandweltkonzern getätigt werden. Was auch immer also in diesem Paket drin ist, der Empfänger wollte es wirklich dringend heute noch erhalten – und dafür nicht aus dem Haus gehen.

Mit raschen Schritten durchquere ich den Vorgarten, der eigentlich gepflegt wirkt, in dem jedoch noch die Spuren einer rauschenden Silvesterparty sichtbar sind. Viel prägnanter als diese ist allerdings die weihnachtliche Dekoration in den Beeten an der Hauswand. Zwischen verblühten, schneebedeckten Büschen stehen allerlei Rentiere mit leuchtend roten Lichternasen und kleine glitzernde Wesen, die vermutlich Weihnachtselfen darstellen sollen. Obwohl Heiligabend schon wieder einige Tage her ist, habe ich unweigerlich das Bedürfnis, Last Christmas zu pfeifen. Ich verkneife es mir jedoch gerade noch und drücke stattdessen auf den Klingelknopf.

Angesichts der Wohngegend, die von Einfamilienhäusern geprägt ist, würde ich darauf wetten wollen, vor dem Haus einer stereotypen Happy Family zu stehen. Doch die Aufschrift auf dem Klingelschild – Damir Pavić und Achim Schmidt – lässt anderes vermuten. Entweder eine Männer-Zweck-WG oder aber …

Die Tür wird geöffnet und – heilige Scheiße! Mir gegenüber steht ein Kerl etwa in meinem Alter, Ende zwanzig oder vielleicht auch Anfang der dreißig, mit leicht verwuscheltem braunem Haar, in Rollkragenpullover, aber ohne Hose. Genauer: nur in Unterhose. Schwarze, enganliegende Boxerbriefs, unter denen sich eine eindeutig weiche, aber doch ansehnliche Wölbung … Abrupt zwinge ich meinen Blick höher und in das Gesicht des Kerls. Was jedoch nichts daran ändert, dass ich ihn für einen langen Moment nur weiter anstarren kann. Denn er ist echt attraktiv – und verheult. Gut aussehend mit seinem markanten, aber doch nicht zu kantigen Gesicht und dem gepflegten Fünf-Tage-Bart, der schmale, sinnlich geschwungene Lippen umrahmt. An seiner Attraktivität ändern auch die rot geränderten Augen nichts, in deren Blau eindeutig feuchte Traurigkeit schwimmt.

»Ähm … Hi. Ich hab … ein Paket für dich«, bringe ich das Offensichtliche nur stockend heraus und möchte mich in der nächsten Sekunde dafür ohrfeigen, dass ich ihn einfach so duze.

Offensichtlich hat er aber gerade andere Sorgen, als sich daran zu stören. Er nickt nur, reibt sich einmal mit dem Ärmel seines Wollpullovers über die Augen, was jedoch nur dafür sorgt, dass die noch röter erscheinen, und kommt mir noch einen Schritt entgegen. Nur um mir das Paket abzunehmen, das ist mir schon klar, nichtsdestotrotz muss ich mich einmal kurz räuspern, ehe ich meine Stimme endgültig wiederfinde.

»Wenn du«, nun kann ich auch dabei bleiben, »mir bitte unterzeichnen würdest?« Rasch schiele ich noch einmal auf den Adressaufkleber. »Damir Pavić?« Wie hieß der andere Kerl noch gleich, der hier laut Klingelschild wohnt? Ob die beiden ein Paar sind?

Er nickt jedenfalls auf die Nachfrage bezüglich seines Namens hin, sodass ich eilig auf meinem Buchungsgerät das entsprechende Kästchen ankreuze: Annahme durch adressierten Empfänger.

»Moment …« Es ist nur ein einzelnes Wort, das er zudem leicht krächzend hervorstößt, dennoch komme ich nicht umhin, festzustellen, dass seine Stimme einen angenehmen Klang hat. Sie passt zu seiner Optik, finde ich – auch wenn die Feststellung vollkommener Blödsinn und irgendwie auch ein wenig anmaßend ist. Der Umstand allerdings, dass er sich halb von mir wegdreht, um das Paket im Flur abzustellen, trägt nicht gerade dazu bei, meine wirren Gedanken zu ordnen. Denn als er sich leicht bückt, habe ich beste Aussicht auf seinen Hintern in den enganliegenden Briefs. Knackarsch, kann ich nur denken, rufe mich in der nächsten Sekunde mit einem Räuspern selbst zur Raison.

»Entschuldige«, murmelt Damir und wendet sich mir rasch wieder zu, weil er meinen Laut wohl als Ungeduld missinterpretiert hat.

»Was? Nein, alles gut, kein Stress.« Es ist zwar schon recht spät am Abend, aber gerade habe ich es kein bisschen eilig, Feierabend zu machen. Dennoch strecke ich ihm den magnetischen Stift entgegen – ein reiner Reflex der beruflichen Routine.

Um Damirs Lippen zuckt etwas, das ein Lächeln sein könnte, aber erzwungen wirkt. Ihm geht es eindeutig beschissen und ich würde gerade gern fragen, was los ist und ob ich etwas für ihn tun kann. Beides verkneife ich mir, ebenso wie allzu tief Luft zu holen, als er mir noch ein wenig näher kommt, sich unsere Finger streifen und er sich leicht nach vorne neigt, um auf dem Display zu unterschreiben.

»Danke. Schönen Abend dann.«

Unsere Finger berühren sich erneut, ganz flüchtig nur, als er mir den Stift zurückgibt. Ich überlege gerade noch, was ich entgegnen soll – denn ihm ebenfalls einen schönen Abend zu wünschen, kommt mir angesichts der eindeutigen Tränenspuren in seinem Gesicht mehr als unpassend vor –, da zieht er sich bereits vollends in den Flur zurück und schließt die Tür hinter sich.

Ich bleibe noch einige Sekunden vor der mittlerweile geschlossenen Haustür stehen, lausche auf das Rumoren im Inneren. Bis mir schließlich mit einem Schlag klar wird, was ich da eigentlich tue. Abrupt wende ich mich halb ab und meine Aufmerksamkeit wieder dem Buchungsgerät zu, schließe mit einem Klick die Auslieferungsbestätigung ab. Feierabend! Ich habe Feierabend und keinen Grund, noch weiter hier herumzustehen.

Der von vielen Füßen plattgetretene Schnee knirscht gemeinsam mit dem Kies darunter unter meinen Füßen. Ich habe das offenstehende Gartentürchen noch nicht ganz erreicht, da ertönt ein Krachen hinter mir, gedämpft zwar durch die Wände, aber wenn man direkt neben der Geräuschquelle steht, muss es ohrenbetäubend sein. Erschrocken fahre ich herum. Weitere krachende Laute in einem Rhythmus aggressiver Schläge ertönen und mein Herz tut einen weiteren erschrockenen Hüpfer, als ein weißer Kater mit schwarzem Schwanz einem Pfeil gleich an mir vorbei durch den Schnee saust. Er verschwindet unter einer eingeschneiten Hecke und mein Blick hastet zurück zum Haus. Was zum Teufel ist da drin los?

Ohne großartig darüber nachzudenken, eile ich die wenigen Meter zur Haustür, drücke zum wiederholten Mal an diesem Abend auf den Klingelknopf. Das Schellen geht jedoch in einem weiteren Krachen unter. Ich klingele direkt noch mal. Kurz herrscht Stille. Ich will schon die Hand heben, um gegen die Tür zu hämmern. »Da–« Der Name und jegliche weiteren Laute bleiben an meiner Zunge kleben. Wir kennen uns überhaupt nicht, es geht mich schlicht nichts an, was der Kerl da drinnen veranstaltet. Im Hausinneren bleibt es ruhig, niemand öffnet die Tür. Ich sollte wirklich Feierabend machen!

Doch wieder komme ich nicht weiter als einige stampfende Schritte weit. Das Krachen ertönt erneut, gefühlt noch lauter als zuvor, und verdammt noch mal, ich kann jetzt auch nicht einfach abhauen. Was ist, wenn der Kerl – Damir – da drinnen in Gefahr ist? Unwahrscheinlich, aber möglich. Noch mal zu klingeln, ergibt wohl wenig Sinn, auf gut Glück die Polizei zu rufen, erscheint mir ziemlich überzogen. Sekundenlang stehe ich unschlüssig mitten im Vorgarten, schaue mich suchend um, als könnte mir ein Blick auf die Nachbarhäuser verraten, was ich zu tun habe. Von den Nachbarn scheint niemand etwas mitzubekommen, in mir jedoch hallt das Dröhnen aus dem Hausinneren nach.

Kurzentschlossen gebe ich mir einen Ruck und stapfe quer durch den Vorgarten. Fußspuren nahe der Hauswand lassen erahnen, dass man zumindest halb um das Haus herum gehen kann. Vermutlich liegt blickgeschützt hinter den Hecken eine Terrasse. Oder es gibt wenigstens ein großes Fenster, durch das ich hineinspähen kann.

Ein wenig komme ich mir vor wie ein Einbrecher, der die Gegend auskundschaftet, aber einfach wieder ins Zustellfahrzeug zu steigen, wegzufahren und so zu tun, als habe ich nichts bemerkt, kommt eben auch nicht infrage.

Mit möglichst leisen Schritten – was aufgrund des Lärms aus dem Hausinneren eigentlich total bescheuert ist – pirsche ich mich näher an die Wand heran und linse um die Ecke. Tatsächlich fällt mein Blick auf eine nicht allzu große, aber mit noch mehr weihnachtlicher Dekoration hübsch hergerichtete Terrasse. Zusätzlich scheint Licht durch die bodentiefen Fenster nach draußen. Eigentlich ist es echt verwunderlich, dass man das Leuchten und Funkeln nicht bis vor zur Straße sehen kann.

Vorsichtig wage ich mich ein paar Schritte auf die Terrasse vor, auf welcher der Schnee offenbar längst getaut ist. Je näher ich den bodentiefen Fenstern, von denen sich eines als Glastür nach draußen entpuppt, komme, desto lauter kann ich das Krachen wahrnehmen. Es klingt, als schlüge jemand mit einem Hammer auf massive Holzbretter ein. Noch ein Schritt – und ich kann ihn sehen: Damir, der tatsächlich mit dem Rücken zur Glasfront mit einem beachtlich großen Hammer auf ein schwarz lackiertes Etwas einschlägt, das vermutlich mal ein Einbauschrank gewesen ist. Dabei muss ich ihm nicht ins Gesicht sehen, um zu ahnen, wie viel schmerzerfüllter Zorn gerade in diesem zu lesen steht. Seine verkrampfte Körperhaltung, die Wucht seiner Hammerschläge zeigen es deutlich genug.

Zischend lasse ich meinen Atem, den ich angehalten hatte, durch meinen Mund entweichen. In diesem Moment wirkt die ganze Situation – mich inklusive, der hier in einem fremden Garten steht und durchs Fenster späht – so skurril auf mich, dass ich keine Ahnung habe, was ich tun soll. Mich umdrehen und gehen wäre vermutlich gar keine so schlechte Variante. Immerhin schwebt Damir offensichtlich nicht in Gefahr und es geht mich einen Scheißdreck an, was er in seinem Haus mit seinem Einbauschrank anfängt. In der Theorie ist mir das durchaus klar, dennoch stehe ich auch nach Sekunden immer noch dort, mitten auf der Terrasse, so nahe an der Fensterscheibe, dass ich mich nur ein wenig vorlehnen müsste, um meine Nase dagegen zu drücken, und rühre mich keinen Zentimeter. Oder eher: Meine Füße bewegen sich kein Stück, ich hebe jedoch die Hand und klopfe mit den Fingerknöcheln gegen die Scheibe. Erst zaghaft, aber als Damir nicht reagiert, sondern nur weiter auf die Holzlatten vor sich eindrischt, energischer.

Er hält inne – und ich erneut den Atem an.

Wie in Zeitlupe dreht er sich um, lässt dabei den Hammer sinken und zuckt gleich darauf zusammen, als sein Blick auf mich fällt. Prompt ballt sich der Anflug eines schlechten Gewissens drückend in meinem Magen zusammen. Ich selbst würde vor Schreck wahrscheinlich tausende Tode sterben, wenn spät am Abend plötzlich ein fremder Kerl in meinem Garten stehen und gegen die Scheibe klopfen würde. Mal abgesehen davon, dass meine kleine Wohnung keinen Garten hat.

Im ersten Moment fällt mir nichts Besseres ein, als entschuldigend schief zu grinsen, doch glücklicherweise besinne ich mich rasch und gestikulierend ein: Tut mir leid, ich hab mir nur Sorgen gemacht. Oder zumindest mache ich Handbewegungen, die das mit viel Fantasie bedeuten könnten.

Damirs zutiefst irritierter Gesichtsausdruck lässt vermuten, dass er höchstens einen Bruchteil davon versteht. Den massiven Hammer noch in der Hand, kommt er quer durchs Wohnzimmer auf die Glastür zu. Natürlich noch immer nur in Wollpullover und Unterhose. Dieses Mal jedoch habe ich mich so weit im Griff, dass ich nicht nach unten starre, sondern den Blick auf sein Gesicht gerichtet lasse. Ganz eindeutig, da schimmern neue Tränen auf seinen Wangen. Ich sehe es spätestens, als er die Terrassentür geöffnet hat und wir uns wieder einmal im Türrahmen gegenüberstehen. Dieses Mal macht er sich gar nicht erst die Mühe, die Spuren mit dem Pulloverärmel fortzuwischen.

»Hast du gerade eben geklingelt? Muss ich noch was unterschreiben?«

»Ja. Nein. Ich meine … Sorry. Das ist sicher total creepy für dich, dass ich einfach so in deinem Garten stehe. Ich hab den Lärm gehört und mir Sorgen gemacht. Tut mir leid, war total drüber.«

Für lange Sekunden starrt Damir mich nur an. Wir starren uns gegenseitig an. Gerade als ich dazu ansetzen will, ihm zu versichern, dass ich jetzt gehen und auch nicht noch mal in so einer merkwürdigen Aktion auftauchen werde, schleicht sich wieder der Anflug eines Lächelns auf sein Gesicht. Nicht nennenswert breiter, aber doch ein wenig ehrlicher als vorhin, wie mir scheint.

»Ich finde es eigentlich eher lieb als creepy.«

»Echt?«, entfährt es mir wenig eloquent. Aber für intelligente Redeführung war ich bis dato an diesem Abend ja sowieso kein Vorbild.

»Ja, echt«, bekräftigt Damir und fährt sich nun doch einmal mit dem Pulloverärmel über das Gesicht. Ein Schniefen folgt. »Mir geht’s …« Er bringt es nicht über die Lippen.

»Beschissen?«

Der Laut, der aus seinem Mund dringt, soll wohl ein Lachen sein, hört sich aber viel eher nach einem verkümmerten Schluchzen an. Er nickt, rauft sich mit der freien Hand durch das ohnehin schon verwuschelte Haar, sein verweinter Blick hastet dabei ohne Fixpunkt umher.

»Achim ist ausgezogen«, bringt er gepresst hervor und sieht mich dabei plötzlich mit einem so intensiven Schmerz im Blick an, dass ich wieder für einen Augenblick die Luft anhalte. In meinem Kopf rasen die Gedanken. Achim … Achim … Der zweite Name an der Tür.

»Achim ist dein … Freund?«, hake ich behutsam nach und mache mich innerlich schon mal darauf gefasst, mit der Vermutung total daneben zu liegen. Damir schnaubt lediglich, schnieft erneut. »Ex-Freund ganz offensichtlich. Er hat mir eine verfickte Nachricht auf einem Notizzettel hinterlassen, um mich darüber in Kenntnis zu setzen, dass unsere Beziehung am Ende ist.

---ENDE DER LESEPROBE---