Kämpfen im Geiste Buddhas - Jeff Eisenberg - E-Book

Kämpfen im Geiste Buddhas E-Book

Jeff Eisenberg

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Beschreibung

EIN UNERBITTLICHER, RESPEKTLOSER, ERHELLENDER BLICK IN DIE WELTEN VON BUDDHISMUS UND KAMPFKUNST. Wie bringen wir buddhistische Konzepte wie Gewaltlosigkeit mit einer Kampfpraxis wie Judo, Karate oder Jiu Jitsu in Einklang? Können wir überhaupt gleichzeitig Kampfkunst ausüben und Buddhisten sein? Können sich diese Praktiken in Achtsamkeit ergänzen? KÄMPFEN IM GEISTE BUDDHAS zeigt den Unterschied zwischen Gewalt und Gewaltanwendung in Bezug auf die Lehre des Buddha, "keinen Schaden anzurichten". Es stellt den Glauben in Frage, dass Kampfkunststile einer meditativen Praxis nicht förderlich sind, und legt offen, dass die wahre Prüfung seiner Fähigkeiten für den Kampfkünstler und Buddhisten in einer Situation erfolgt, für die er nicht ausgebildet ist. Es geht um die Festlegung von Zielen und die richtige Auswahl des Lehrers und darum, dass Erleuchtung und der Schwarze Gürtel, die einen am Ende erwarten, nur der Anfang sind. JEFF EISENBERG ist Martial-Arts-Experte und Meditationslehrer auf Großmeisterniveau mit über 40 Jahren Ausbildung und 25 Jahren Lehrerfahrung. Er betrieb lange ein eigenes Dojo, in dem er Tausende von Kindern und Erwachsenen in den Kampfkünsten unterrichtete, und arbeitete als Leibwächter, Ermittler und Leiter der Krisenreaktion in der psychiatrischen Abteilung eines großen Krankenhauses. Mit seiner Frau und mehreren Katzen lebt er in Long Branch, New Jersey.

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JEFF EISENBERG

KÄMPFENIM GEISTEBUDDHAS

Wie man anderen (nicht) in den Hintern trittund durch Kampfkunst die Welt rettet

Aus dem Amerikanischenvon Miriam Mabée

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Ihre 80-Minuten-Gratis-CD erwartet Sie.Unser Geschenk an Sie … einfach anfordern!

Amerikanische Originalausgabe:Fighting Buddha. Martial Arts, Buddhism,Kicking Ass and Saving It

Deutscher Erstdruck im AMRA Verlag

Auf der Reitbahn 8, D-63452 HanauHotline: + 49 (0) 61 81 – 18 93 92

Service: [email protected]

Herausgeber & Lektor

Michael Nagula

Einbandgestaltung

Guter Punkt

Layout & Satz

Birgit Letsch

Autorenfoto

Alix Petricek

Druck

CPI books GmbH

ISBN Printausgabe 978-3-95447-345-8

ISBN eBook 978-3-95447-346-5

Copyright © 2017/2020 by Jeff Eisenberg

Originally published by Findhorn Press, ScotlandCopyright der deutschen Lizenz © 2020 by AMRA VerlagBildnachweis Getty Images © all_is_magic & Taisiia Iaremchuk

Alle hier vorgestellten Informationen, Ratschläge und Übungen sind natürlich subjektiv. Sie wurden zwar nach bestem Wissen und Gewissen geprüft, dennoch übernehmen Verfasser und Verlag keinerlei Haftung für Schäden gleich welcher Art, die sich direkt oder indirekt aus dem Gebrauch der Informationen, Ratschläge oder Übungen ergeben.

Alle Rechte der Verbreitung vorbehalten, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische, digitale oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks.Im Text enthaltene externe Links konnten vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden.Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss.

Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Inhalt

Vorwort

Vorbemerkung

Einführung

1Der komisch wirkende Dicke

2Füge niemandem Schaden zu – Gewaltlosigkeit und Gewalt

3Bist du körperlich fit genug, ein Buddha zu sein?

4Begib dich einfach gleich auf die Matte!

5Wie ich meinen Stil durch verschiedene Kampftechniken erweitert habe

6Das Gute an schlechter Ausbildung: Wie man den geeigneten Lehrer findet

7Wie aus guten Lehrern schlechte werden

8Wie und wann man aussteigen sollte

9Hör endlich auf, dem Lehrer die Verantwortung aufzuhalsen

10Die Haltung eines Kriegers – die höchste Disziplin

11Rituale sind niemals Routine

12Der Mittlere Weg ist nicht golden, aber in jedem Fall besser als die Extreme

13Der Schwarze Gürtel und die Erleuchtung

Nachwort

Anmerkungen

Literaturempfehlungen

Danksagung

Über den Autor

Stimmen zum Buch

Vorwort

Wie beim Verfasser dieses Buches zählt auch zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen das sonntägliche Ritual, zusammen mit meinem Vater Kung-Fu-Filme anzuschauen. Dabei sah ich nicht nur aufmerksam zu, sondern sprang immer wieder auf, um im Wohnzimmer die Bewegungen der Schauspieler auf dem Bildschirm nachzuahmen. Der Anblick der mythischen Superhelden und die Laute, die sie bei der Ausübung ihrer Kampfkunst von sich gaben, faszinierten mich und sprachen zugleich meine Freude am Fantastischen an.

Da mein Vater mich in Selbstverteidigung unterrichtete, wusste ich, dass es in einem Dojo ganz anders zuging. Die Filme waren bestenfalls Vortäuschungen und schlimmstenfalls völlig verzerrende Darstellungen, wie mein Vater mir stets eindringlich klarmachte. Oft machte er sich beiläufig über die Effekthascherei, die raffinierten Körperbewegungen und superhohen Tritte lustig und sagte: »Shawn, ich muss gar nicht fähig sein, dich oberhalb deines Knies zu treten, um dich völlig bewegungsunfähig zu machen. Ich kann dein Knie einfach brechen.« Seine Herangehensweise bestand darin, die einfachsten Lösungen zu suchen, und er kombinierte sie mit Denkmustern aus der östlichen Philosophie.

Er lehrte mich, dass die Kampfkunst eine lebenslange Reise auf dem Weg sei, sich selbst und die Welt ringsum besser zu verstehen. In Verbindung mit dieser Philosophie lernte ich auch, wie man sich selbst am besten verteidigt. Während meiner Kindheit verbrachte ich sehr viel Zeit mit dem Training im Dojo, der Übungshalle. Es machte mir zwar Spaß, doch manchmal empfand ich den schonungslosen Sparringskampf auch als brutal. Ich hatte es noch nicht gelernt, Schmerzen zu ertragen, und das löste bei mir Ängste aus und den Wunsch, das Dojo möglichst zu meiden.

Etwa zur selben Zeit entdeckte ich das Skateboard, was noch dazu beitrug, dass ich das Interesse an der Kampfkunst immer mehr verlor. Ein Weilchen später zeigte mir mein älterer Cousin ein nicht mehr benutztes leeres Schwimmbecken, wo wir uns im Skateboardfahren üben konnten. Und ich platzte meinem Vater gegenüber damit heraus, dass ich nicht mehr im Dojo trainieren wollte. Mein Vater war sehr traurig darüber. Mittlerweile bin ich selbst Vater und kann seinen Kummer verstehen. Aber es war für mich an der Zeit, aus seinem Schatten herauszutreten und meinen eigenen Weg zu gehen.

Bald nachdem ich mich vollständig dem Skateboard gewidmet hatte, begann ich auch zu surfen. Beides gefiel mir sehr, da diese Sportarten meine volle Aufmerksamkeit verlangten und mir dabei halfen, meine zunehmend turbulente Gedankenwelt in den Griff zu bekommen. Das Surfen berührte jedoch Tieferes in meinem Inneren, denn es schuf in mir eine enge Verbindung mit dem Meer und der Natur.

Zu jener Zeit begriff ich nicht, dass die Freude, die mir diese scheinbar nicht ernst zu nehmenden Sportarten machten, daher kam, dass ich in diesen Momenten ganz in diesem Sport aufging, völlig geistesgegenwärtig war. Dieselbe Geistesgegenwart, die der Sparringskampf im Dojo von mir verlangt hatte (vor dem ich seinerzeit geflüchtet war), erlebte ich jetzt zu meiner Verblüffung in kritischen Augenblicken bei einer Wende mit dem Skateboard an den Mauern des leeren Schwimmbeckens oder angesichts einer herannahenden Welle beim Surfen. Genau in diesen entscheidenden Momenten empfand ich inneren Frieden und Freude.

»Präsenz«, »Aufgehen im gegenwärtigen Moment« und »Achtsamkeit« sind Begriffe, auf die wir derzeit oft im kulturellen Sprachschatz der westlichen Welt stoßen. Aber wir können diesen Zustand auf unterschiedliche Weise erleben. Der Kampfkunst-Sportler findet ihn vielleicht in der Hitze eines Augenblicks während der Auseinandersetzung mit dem Gegner, der Surfer vielleicht dann, wenn er in eine große Welle eintaucht, die sich zügig und nahezu senkrecht über der flachen Sandbank unter der Wasseroberfläche auftürmt. In beiden Fällen erfordert die Situation klaren Verstand und äußerste Konzentration.

Meine Freundschaft mit Jeff Eisenberg begann, als wir bei frisch gepressten Bio-Säften über die Geistesgegenwart in äußerst folgenreichen Situationen diskutierten. Ich betrieb damals in der Innenstadt von Asbury Park (New Jersey) ein kleines veganes Café mit einer Saft-Bar und Jeff und seine Frau zählten zu meinen Stammkunden. Das Café war mit einem Yoga-Studio verbunden und ich unterrichtete alle Yogis der Stadt gruppenweise in der Kunst des Surfens.

An einem Sommermorgen nahm ich Jeff und seine Frau zum Surfen mit. Wir fuhren in die Umgebung eines der zahlreichen Piers, die von der Küste aus ins Meer ragen. Manchmal – es hängt vom jeweiligen Schüler ab – entwickeln sich Surfstunden so, dass man dabei über Philosophie diskutiert und zugleich die Nähe der Natur genießt. Die erste Hälfte des Unterrichts verlief genau so, bis das Hochwasser so weit abebbte, dass sich die Wellen in sicherer Entfernung von der Küste brachen. Nach ein paar Versuchen, eine Welle richtig zu erwischen, stellte sich Jeff sofort aufrecht auf das Surfbrett und spürte dabei unwillkürlich die gleiche Geistesgegenwart und Achtsamkeit, die er auch bei Übungen im Kampfsport empfand.

Danach sprachen wir darüber, dass es in solchen himmlischen, herausfordernden Momenten um nichts anderes geht, als einen ungestörten, gelassenen Geisteszustand zu erreichen – die Voraussetzung für jeden Erfolg. Mir gefiel dieses Gespräch, da ich mich selbst gern als Schüler der Kampfsport-Philosophie betrachtete und sie jetzt zur eigenen Verblüffung auch auf das Surfen anwenden konnte.

Im Verlauf unserer Diskussion vertrat Jeff die Ansicht, dass Philosophie und Praxis kaum etwas nützen, wenn man sie niemals in einer Situation des realen Lebens anwendet. Für mich kann das heißen, es mit einer schrecklich hohen Welle aufzunehmen, in Jeffs Fall, sich einem Gegner auf der Matte oder auch auf der Straße zu stellen. In beiden Situationen sind nicht so sehr Routine und handwerkliche Fähigkeiten gefordert, sondern Spontaneität und der intuitive Flow. Das Wissen kann nur durch Anwendung zur Weisheit werden, Und das gilt sowohl auf der Matte als auch auf der Straße – in unseren Kämpfen und inmitten von Wellen.

Jeff Eisenberg hat sich jahrzehntelang den Kampfkünsten und buddhistischen Übungen gewidmet und sich durch seine Erfahrungen auf beiden Gebieten großes Wissen über deren Erfolgsmöglichkeiten und Fallstricke angeeignet. Wie er in diesem Buch erklärt, bedeutet der Kampf im Geiste Buddhas Folgendes: sich geistesgegenwärtig im Hier und Jetzt zu bewegen und sich auf dem gewählten Pfad dem Augenblick der Ewigkeit zu öffnen, selbst wenn man sich chaotischen Situationen stellen muss. Lesen Sie weiter und nutzen Sie dieses in aller Bescheidenheit verfasste Angebot geistiger Erleuchtung.

Mit Friedens- und Segenswünschen!

Shawn Zappo

Meditationslehrer, Surflehrer, Vater und Schriftsteller www.surfandabide.com

Vorbemerkung

Kämpfen im Geiste Buddhas ist ein autobiografischer Bericht, in dem ich ausführlich von meiner mehr als vierzig Jahre währenden Reise durch die Kampfkünste und Meditationsübungen sowie von den fünfundzwanzig Jahren als praktizierender Buddhist erzähle. Ich verwende dabei persönliche Anekdoten, erläutere Strategien der Selbstverteidigung, gehe auf buddhistische Legenden und Lehren des Koan und Sutra ein, untersuche Vorzüge wie Nachteile aller Übungen und auch, wie Übungen einander in der Praxis hervorragend ergänzen können.

Mein Buch zielt darauf ab, Menschen, die den Buddhismus praktizieren, Kampfkunst-Strategien vorzustellen, die eine realistische Anwendung der Lehren Buddhas unterstützen. Darüber hinaus möchte ich Kampfsportlern zeigen, wie sie buddhistische Konzepte für die Entwicklung der geistigen Disziplin nutzen können, die man für die technische Anwendung der Selbstverteidigung braucht, und den Praktikern beider Disziplinen – der Kampfkunst und des Buddhismus – mitteilen, auf was sie jeweils achten und was sie vermeiden sollten. Dabei nutze ich Beispiele aus meiner persönlichen Erfahrung.

Damit will ich nicht behaupten, mein Weg sei der einzig richtige oder beste. Ich habe auch keineswegs vor, irgendeine der buddhistischen Übungen oder Übungen in der Kampfkunst in ein schlechtes Licht zu rücken. Im Gegenteil möchte ich einen ehrlichen, wenn auch hin und wieder kritischen Blick auf den Buddhismus und die Kampfkunst werfen, soweit es die Entwicklung meiner eigenen Ausbildung in beiden Disziplinen betrifft. Ich hoffe, dass ich dadurch anderen Praktizierenden dabei helfen kann, die Fehler, die ich gemacht habe, zu vermeiden und die Zeit, die ich teilweise verschwendet habe, einzusparen.

In diesem Buch gehe ich von folgender Grundannahme aus: Wenn man Techniken der Kampfkunst nur in der kontrollierten Umgebung eines Dojos einübt und Meditationen nur in der Umgebung eines Zendos richtig klappen, wird man beides nie angemessen einsetzen können. Man muss diese Techniken auch unter realen Lebensumständen trainieren, praktizieren und ausprobieren.

Für den Kampfsportler stellt sich somit die Frage, ob das herkömmliche Training im Dojo in einer kritischen Situation tatsächlich nützt, und für den Anhänger des Buddhismus, ob sich die Rituale, das Studium der buddhistischen Lehren und die meditativen Erfahrungen im Zendo in der Außenwelt in gekonntes Handeln umsetzen lassen.

Diese Fragen sind weder Wortgeklingel noch aus der Luft gegriffen. Sie sind Ergebnis meiner eigenen Erfahrungen als Leibwächter sowie als Leiter der Notaufnahme in der psychiatrischen Abteilung einer großen Klinik. In beiden Fällen wurde mir leider schnell klar, dass das meiste, das ich während der vielen Jahre meiner Ausbildung in Kampfkunst gelernt hatte und glaubte, nun anwenden zu können, nicht klappte. Eine ähnliche Erfahrung machte ich, als ich feststellen musste, dass vieles von dem, auf das ich mich bei meinem Studium des Buddhismus konzentriert hatte, wenig Bedeutung für mein alltägliches Leben hatte. Das lag jeweils nicht an allzu geringen Bemühungen, sondern daran, dass ein ungeeigneter Lehrstoff diese Bemühungen scheitern ließ.

Die beiden oben erwähnten Fragen ziehen sich wie rote Fäden durch dieses Buch. Ich gehe darin auf die anfänglichen inneren Kämpfe ein, mit dem Kampfkunst-Training und den buddhistischen Übungen überhaupt anzufangen, und auf die Notwendigkeit, klare Ziele festzulegen und einen Lehrer auszuwählen, der diese Ziele fördert. Das Wichtigste ist jedoch herauszufinden, wie man die jeweiligen Ausbildungen in das tägliche Leben integrieren und darin anwenden kann.

Schon früher gab es Abhandlungen über Kampfkunst und spirituelle Praxis. Doch im Unterschied zum hier vorliegenden Buch konzentrieren sie sich auf den »Kunst«-Aspekt (oder praktisch-methodischen Aspekt) des Kampfsports, ohne sich näher mit dem Aspekt des tatsächlichen »Kampfes«, das heißt der realistischen Anwendung der Kampfkunst zu befassen.

Eine weit verbreitete Ansicht über Kampfkunst, die diese mit spiritueller Praxis gleichsetzt, besagt, dass man die sogenannten weichen Stile (die nach und nach mit der Vorgabe eingeübt werden, dass man sie niemals tatsächlich anwenden soll) als meditative Übungen betrachten kann. Demnach schließen die sogenannten harten Stile, die das Kämpfen betonen, nicht nur die Ausbildung in Meditation aus, sondern gelten als nichts anderes denn als Anwendung sinnloser Gewalt.

Ich setze mich mit diesen Annahmen wie folgt auseinander: Erstens erörtere ich den Unterschied zwischen Anwendung von Gewalt und dem Einsatz von Kampfkunst und beziehe mich dabei auf den buddhistischen Lehrsatz: »Füge niemandem Schaden zu!«

Zweitens untersuche ich die verbreitete – falsche – Auffassung, dass man nur unter spezifischen Bedingungen meditative Momente erleben kann.

Drittens erläutere ich, warum bei einem Kampfsportler der wahre Härtetest der Geschicklichkeit und bei einem Buddhisten der wahre Härtetest der Achtsamkeit stets in Situationen erfolgen, die beidem am wenigsten zuträglich sind.

Nach diesen Erörterungen beschreibe ich, wie ich selbst die buddhistischen Lehren in meinem täglichen Leben anwende. Abschließend biete ich meinen Lesern Bedeutungsbestimmungen der Erleuchtung und des Schwarzen Gürtels an und stelle gängige Missverständnisse richtig. Beides ist nämlich nicht das Endergebnis von Übungen, ganz im Gegenteil: Damit fängt die eigentliche Praxis erst richtig an.

In diesem Buch berichte ich von meiner eigenen – modernen – Herangehensweise an die praktische Anwendung uralter Lehren. Mir ist bewusst, dass mein Schreibstil und der Ton zuweilen nicht der allgemeinen Vorstellung davon entsprechen, wie ein »Buddhist« oder »Meister der Kampfkünste« zu klingen hat. Doch würde ich mir beim Schreiben nicht selbst treu bleiben, wäre das ein Widerspruch zur wichtigsten Aussage dieses Buches. Manchmal ist Pietätlosigkeit und Rebellion nötig, um das Schwert zu schärfen und Illusionen zu zerschlagen. Ich hoffe, dass mein Humor und meine Selbstironie die Klinge so weit entschärfen, dass eines deutlich wird: Ich ziehe sie nur aus Anteilnahme und mit dem Ziel »alles, was lebt, zu beschützen«.

Zum Schluss dieser Vorbemerkung möchte ich den Leserinnen und Lesern ins Gedächtnis rufen, dass Buddha seinerzeit der radikalste und fortschrittlichste Nonkonformist gewesen ist, den die Welt je gesehen hatte. Beim Verfassen dieses Buches lag meine Absicht darin, in dem mir möglichen bescheidenen Maße dazu beizutragen, seinen Geist am Leben zu erhalten!

Jeff Eisenberg

Jersey Shore, New Jersey

Einführung

Die Welt ist nun mal nicht vollkommen,doch sie ist auch nicht unvollkommen.

Als ich irgendwann eine Klasse von Zehnjährigen unterrichtete, wies ich darauf hin, dass man beim Lernen der Kampfkunst eines unbedingt begreifen muss: Die Ausbildung ist lediglich eine Vorbereitung auf die Wirklichkeit, nicht die Wirklichkeit selbst. Ich wollte den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass die Szenarien bei den Übungen im Dojo niemals den Szenarien auf der Straße entsprechen. Danach führte ich eine Kampftechnik vor und sagte: »Denkt daran, dass es in einer vollkommenen Welt genau so funktionieren würde. Doch realistischerweise müssen wir darauf vorbereitet sein, diese Technik häufig auf ganz andere Weise anzuwenden, denn wir leben in keiner vollkommenen Welt.«

Während ich die alternative Anwendung dieser Technik zeigte, streckte mein junger Schüler Henry die Hand hoch. »Sir«, sagte er mit der für ihn typischen Ernsthaftigkeit und Unbeirrbarkeit, »realistischerweise hätten wir es in einer vollkommenen Welt ja auch gar nicht nötig, uns selbst zu schützen.«

Er hatte recht. In einer vollkommenen Welt wäre es nicht nötig zu trainieren, nicht nötig, uns selbst zu schützen, nicht nötig, Dharma zu praktizieren, nicht nötig, uns selbst zu befreien. Doch die Welt ist nicht vollkommen, und darin liegt die Wurzel unseres Leids. Unser Problem besteht darin, dass es uns zur Ausbildung in den Kampfkünsten und zur buddhistischen Praxis zieht, weil wir glauben, dadurch unsere eigene vollkommene Welt schaffen zu können. Fälschlicherweise meinen wir, dass unsere Anstrengungen dazu führen werden, Erlebnisse zu verhindern, die uns Kummer und Schmerzen bereiten. Wir müssen jedoch begreifen, dass Training und Praxis uns lehren, neue Fähigkeiten und Strategien gerade für den Fall zu entwickeln, dass wir tatsächlich schmerzhafte Erfahrungen machen.

Schüler der Kampfkünste nehmen an, dass sie irgendwann im Laufe ihrer Ausbildung eine besondere, hohe Stufe erreichen werden, die sie zu unbesiegbaren Kampfmaschinen macht, so dass sie niemals in Gefahr geraten. Neulinge, die den Buddhismus praktizieren möchten, glauben, dass sie irgendwann im Laufe ihrer Ausbildung eine besondere, hohe Stufe erreichen werden, die sie in einen fortwährenden Zustand der Glückseligkeit versetzt.

In Wahrheit kann ein Kampfsportler im besten Fall darauf hoffen, eine bedrohliche Situation richtig einschätzen und sich daraus zurückziehen zu können, und im schlimmsten Fall, eine solche Situation mit möglichst geringfügigen Verletzungen zu überleben. Und derjenige, der Dharma praktiziert, kann im besten Fall darauf hoffen, dass er auf schmerzhafte Erfahrungen mit neuem, nützlichem Verhalten reagiert, ohne sich von solchen Erlebnissen vereinnahmen zu lassen. Und im schlimmsten Fall muss er sich von diesen Erlebnissen völlig lösen, damit sich der Schmerz nicht in Leiden verwandelt.

Ausbildung und Praxis sollten uns das ins Bewusstsein rufen, damit wir uns solchen Erlebnissen stellen und sie akzeptieren können. Wenn Ausbildung und Praxis uns von diesen Erkenntnissen wegführen, verschwenden wir unsere Zeit mit schädlichen Selbsttäuschungen. Ich möchte ja nicht wie ein verrückter Zen-Meister klingen, aber die Welt ist nun mal nicht vollkommen, doch sie ist auch nicht … unvollkommen.

Wir müssen die Dinge einfach so akzeptieren, wie sie sind, und uns mit ihnen auseinandersetzen! Stets wird im Schatten irgendein beängstigender Kerl lauern, der nur darauf wartet, uns in den Hintern zu treten. Und das Leben wird wirklich niemals genauso verlaufen, wie wir es eigentlich für wünschenswert halten! Also müssen wir die Kampfkunst so trainieren, als wäre jeder Tag tatsächlich derjenige, an dem wir uns dem beängstigenden Kerl im Schatten stellen müssen, und uns Tag für Tag so im Dharma üben, als würde wirklich alles schiefgehen, was überhaupt schiefgehen kann!

Der komisch wirkende Dicke

Ich bin kein Gott. Ich bin nur ein Erwachter.

Meinen ersten Kontakt mit Buddha hatte ich als Kind. Er war überall. Es gab Buddha-Statuen im Haus, draußen im Garten, und meine Mutter schien ihn ständig in ihren Gemälden zu verewigen, die in allen Zimmern hingen. Sogar viele Möbel wirkten fernöstlich.

Ehe ihr anfangt, euch das Bild eines kleinen Blumenkindes auszumalen, das in einem buddhistischen Haushalt einer Hippie-Künstlerin nahe bei Woodstock in den wunderschönen Catskill Mountains aufwuchs oder in irgendeiner Kommune im nördlichen Kalifornien, muss ich euch verraten, dass die Wahrheit noch wesentlich verrückter ist. In Wahrheit wuchs ich in Jersey, unmittelbar außerhalb von New York City, auf und, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, wir waren nicht einmal Buddhisten!

Trotz aller Darstellungen von Buddha ringsum erinnere ich mich nicht daran, dort auch nur ein einziges Mal etwas über ihn gehört zu haben, und über keine der Darstellungen wurde jemals gesprochen. Mir ist klar, dass ihr jetzt vielleicht sagt: »Also gut, sie waren keine Buddhisten, aber wahrscheinlich haben sie sich einfach mit Meditation befasst.« Falsch! Mit Medikation, ja, aber nicht mit Meditation!

Also kam ich zu dem Schluss, dass alle diese Skulpturen und Bilder von dem komisch wirkenden Dicken nur seltsame Dekorationen waren, und beließ es dabei. Als ich älter wurde, merkte ich, dass dieser komisch wirkende Dicke vielen Leuten ziemlich wichtig war. Ich war mir nicht sicher, ob er ihr Gott war oder nicht. Ich spürte zwar eine sonderbare Verbindung mit ihm, hatte aber das Gefühl, dass er nicht mein Gott war. Was mich wiederum zu der Frage bracht, wer eigentlich mein Gott war. Ich kam zu dem Schluss, es müsse der andere Dicke sein, derjenige, der einen roten Anzug trug und uns jedes Jahr die ganzen Geschenke brachte. So musste es wohl sein! Doch trotz dieser Überzeugung gefiel mir der halbnackte, dicke, chinesische Kerl immer noch besser … Ich wusste nur nicht, warum.

Etwa zu dieser Zeit entdeckte ich die Fernsehsendung Kung Fu. Von dem Moment an, als ich sie zum ersten Mal sah, war ich wie hypnotisiert – völlig gebannt davon. All diese Handlungen, in denen es um Kampfkunst ging, die anschaulichen Bilder des exotischen klösterlichen Schauplatzes mit seinen schönen Tempeln und Gärten, Kerzen und Räucherstäbchen. Die tiefe Stille und Beschaulichkeit, die dort dargestellt wurde! Nie zuvor in meinem Leben hatte ich mich so stark mit irgendetwas identifiziert. Obwohl ich damals nichts über östliche Religionen, östliche Kulturen und klösterliches Leben wusste, fand dies alles tief in meinem Inneren Resonanz, denn es hatte etwas an sich, das ich intuitiv als wohltuend empfand. Viele Menschen berichten, dass sie bei ihrem ersten Aufenthalt in einem Zendo oder Dojo das überwältigende Gefühl einer »Heimkehr« haben. Und genau das empfand ich stets, wenn ich eine Darstellung von Buddha sah, und besonders, als das alles in den Kung-Fu-Filmen zum Leben erwachte.

Zwar liebte ich die Kampfhandlungen der Filme, aber mich berührten auch die Rückblenden sehr, in denen der verwirrte junge Schüler Caine Rat beim großen Meister Po sucht. Caine sitzt dann meistens vor dem Meister und sucht nach Antworten auf seine tiefen philosophischen Fragen. Meister Po reagiert darauf stets mit einem Rätsel des Koan, das den jungen Caine erst recht verwirrt. Immer endet das Gespräch damit, dass Meister Po laut lacht und der Grashüpfer (Meister Pos Spitzname für den jungen Caine) begreift, dass die Antwort auf seine Frage darin besteht, dass er die falsche Frage gestellt hat. Egal, was passierte: Für Caine schien es schon tröstlich zu sein, wenn er sich einfach bei Master Po aufhalten durfte. Und das löste bei mir den Wunsch nach einem Ort aus, wo ich genauso hingehen konnte wie Caine zu Po. Ich wollte meinen eigenen Meister Po! Vielleicht hatte ich mich ja geirrt. Vielleicht war der komisch wirkende Dicke tatsächlich mein Gott oder hätte es zumindest sein sollen! Wie auch immer: Ich würde meinen Meister Po finden!

Ich weiß nicht, ob ich meine Eltern um Erlaubnis bat oder sie einfach mein Interesse an den Kung-Fu-Filmen bemerkten und es deshalb übernahmen, mich zu einer Kampfkunstschule zu bringen, jedenfalls ging ich eines Tages zur eigenen Verblüffung dorthin. Das war schon eine große Sache, denn in den späten 1960er Jahren gab es, anders als heute, eine solche Schule nicht gerade an jeder Straßenecke. Während meine Freunde alle in irgendeiner unteren Liga Baseball spielten, karrte meine Mutter mich durch mehrere Ortschaften zu einem winzigen Dojo. Der Leiter war ein japanischer Judomeister, der kaum Englisch sprach.

Als ich dieses Dojo zum ersten Mal betrat, war das wirklich ein Erlebnis! Die Dekorationen erinnerten mich an Caines Kloster, ich durfte genau wie Caine einen coolen Kampfanzug tragen, und natürlich gab es auch hier einen hauseigenen Meister Po! Alles war genau so, wie ich es mir gewünscht hatte – das heißt, es war so, bis der Meister damit anfing, uns lauter anzubrüllen, als ich jemals einen Menschen hatte brüllen hören. Und was noch schlimmer war: Ich konnte nicht verstehen, was er brüllte! Nachdem ich während einer höchst anstrengenden Trainingsstunde immer wieder auf die Matte geschleudert worden war, wurde mir klar, dass dieser Meister mir die Antworten auf meine Fragen, falls er überhaupt welche hatte, geradezu einhämmern würde.