Kant und der sechste Winter - Marcel Häußler - E-Book
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Kant und der sechste Winter E-Book

Marcel Häußler

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Beschreibung

Nominiert für den Glauser-Preis 2022

Ausgerechnet am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertags wird Hauptkommissar Kant zu einem Tatort im Münchner Ortsteil Obermenzing gerufen. Ein Mann liegt tot im Schnee. Alles würde auf einen Unfall auf vereister Fahrbahn hindeuten – wäre da nicht die seltsame Zeugenaussage einer Anwohnerin: Sie will gesehen haben, wie der Fahrer des Unfallwagens ausstieg und den bereits am Boden liegenden Mann erwürgte. Erst danach ergriff er die Flucht. Kant und das Team der Münchner Mordkommission nehmen die Ermittlungen auf. Die Spuren führen sie immer wieder in ein kleines Dorf am nahe gelegenen Ammersee. Offenbar hüten die Einwohner von Schelfing mehr als nur ein dunkles Geheimnis …

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Seitenzahl: 362

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Das Buch

Ausgerechnet am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertags wird Hauptkommissar Kant zu einem Tatort im beschaulichen Münchner Stadtteil Obermenzing gerufen. Eigentlich wollte er mit seiner Tochter Frida, die seit Kurzem bei ihm wohnt, ein halbherzig zubereitetes Festtagshähnchen genießen, doch nun muss er Zeugen befragen und Spuren sichern. Der Tote, der achtundzwanzigjährige Benedikt Spicher, wird auf der Straße direkt vor seinem Anwesen aufgefunden. Er wurde überfahren, als er gerade das Garagentor öffnen wollte. Die Befragung einer Rentnerin, die auf der verlassenen verschneiten Straße noch einen kurzen Spaziergang machte, ergibt, dass sich nach dem Unfall der Fahrer des Wagens über Spicher beugte und ihn erwürgte. Kant und sein Team nehmen die Ermittlungen auf. Und kommen einem dunklen Geheimnis auf die Spur …

Der Autor

Marcel Häußler wurde 1970 in Essen geboren. Um die Jahrtausendwende arbeitete er in Köln als Kameraassistent und Cutter, als ihn die Liebe aus der Großstadt in ein bayerisches Dorf verschlug. Zwei Jahre später zog es ihn aus der Provinz nach München, wo er bis heute wohnt. Er veröffentlichte mehrere Kurzgeschichten, schrieb an Drehbüchern mit und übersetzte über dreißig Romane aus dem Englischen.

Marcel Häußler

KANT

und der sechste Winter

Kriminalroman

WILHELM HEYNE VERLAGMÜNCHEN

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Originalausgabe 11/2021

Copyright © 2021 by Marcel Häußler

Copyright © 2021 dieser Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Lars Zwickies

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung von Motiven von © Shutterstock.com(Attidude, Valerii Elakhov, rangizz, BergelmLicht, Malivan_Iuliia)

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-641-27193-0V001

www.heyne.de

1

Der Ostwind rüttelte an den Rollläden.

Er träumte, dass er durch die Wüste robbte. Sand kroch ihm in Augen, Ohren und Mund. Der Sturm schwoll zu einem Brausen an, das alle anderen Geräusche verschluckte. Er hatte die Orientierung verloren und war allein unter dem braunen Himmel. Seine Beine versanken im weichen Boden. Er ruderte mit den Armen, aber die Wüste zog ihn unaufhaltsam in die Tiefe. Als der Sand ihm den Brustkorb zusammendrückte und den Atem nahm, versuchte er zu schreien.

Er erwachte von seinem eigenen Keuchen. Wie jede Nacht hatte er die Bettdecke zu einem dünnen Strang gedreht und weggeschoben, trotz der Kälte im Zimmer. Er konnte nur bei offenem Fenster schlafen, sonst hatte er das Gefühl zu ersticken. Hustend setzte er sich auf. Der Luftzug hatte seinen Schweiß getrocknet. Er zitterte.

In der Dunkelheit tastete er auf dem Nachttisch nach seinem Handy. Das Display zeigte fünf nach sechs. Die Temperaturanzeige aktualisierte sich und sprang auf vier Grad unter null. Viel zu kalt für Mitte November. Damit hatte er nicht rechnen können. Er starrte noch eine Minute an die Decke, bevor er sich zu einem Entschluss durchrang.

Leise stand er auf und zog sich an. Thermounterwäsche, Fleece, Goretex-Jacke, Trekkingschuhe. Outdoorkleidung hatte er schon immer gemocht; sie gab ihm das Gefühl von Unabhängigkeit. Sämtliche Klamotten, die er besaß, passten in eine Reisetasche, und falls er hier ausziehen sollte, müsste er nicht mehr als drei Kartons packen. Dinge bedeuteten ihm nichts mehr.

Fünf Minuten später saß er im Auto. Er fuhr zu dem Parkplatz, auf dem am Wochenende die Ausflügler aus der Stadt ihre SUVs abstellten, um mit ihren Kindern und Hunden und E-Bikes und Wanderstöcken in den Wald einzufallen. Ein einziges Krakeelen, Kläffen und Klappern, das ihn fast in den Wahnsinn trieb. Respektlos.

Er selbst bewegte sich ohne einen Laut zwischen den Bäumen. Nur der gefrorene Boden knirschte unter seinen Sohlen, als er im Licht der Taschenlampe dem Weg folgte. An der Abzweigung, von der aus ein schmalerer Pfad durch das Unterholz führte, hatte er einen Bindfaden gespannt. Niemand war dort seit gestern Nachmittag entlanggegangen.

Während er über den gewundenen Pfad zur Hügelkuppe aufstieg, kehrte langsam das Licht in die Welt zurück. Er blieb stehen und knipste die Lampe aus. Unten auf der Wiese zeichnete sich der Heuschober vor den Bäumen ab. Er konnte sich nicht erinnern, dass in dem Schuppen jemals Heu gelagert worden wäre. Als Kind hatte er sich manchmal dorthin zurückgezogen, wenn er aus dem Haus gelaufen war, weil seine Eltern sich stritten. Bei trockenem Wetter hatte er auf der Lichtung gelegen und versucht, in den Wolken Gesichter zu erkennen, bei Regen hatte er im Inneren an der Wand gelehnt und Comics gelesen. Aber niemals hätte er sich in der Dunkelheit hergewagt.

Damals trafen sich die Jugendlichen dort, um Feuer zu machen und Bier zu trinken und Musik zu hören. Im Heuschober hatte er manchmal schmutzige Kleider, leere Flaschen und Decken gefunden, die Obdachlose hinterlassen hatten. Pornohefte. Kondome. Einmal sogar eine gebrauchte Spritze. Es war ein verbotener Ort gewesen. Niemand hatte gewusst, dass er sich dort herumtrieb.

Jetzt hatte er keine Angst mehr. Er war derjenige, vor dem man Angst hatte.

Er stieg hinab zu dem Stacheldrahtzaun, der das Grundstück vom Wald trennte, schob das Holztor auf und ging durch das kniehohe Gras auf den Schuppen zu. Durch die mit Brettern vernagelten Fenster konnte man nicht erkennen, was im Inneren vor sich ging. Moos bedeckte die Holzwände wie ein Pelz und dämpfte etwaige Geräusche. Ein Stück Teerpappe, das sich vom Dach gelöst hatte, flatterte im Wind.

Er legte das Ohr an die Tür und lauschte. Zuerst hörte er nur seinen eigenen Herzschlag, dann ein leises Rascheln.

Na also, dachte er, so schnell stirbt man nicht.

Mit steifen Fingern fischte er den Schlüssel aus der Hosentasche und öffnete das Vorhängeschloss. Er schaltete die Lampe wieder an. Langsam schob er die Tür auf. Trotz der Kälte roch es modrig. Eine Ratte erstarrte im Lichtkegel, bevor sie in einem Loch zwischen den Bodendielen verschwand.

Auf der Matratze hinten in der Ecke lag, zusammengerollt unter einer Wolldecke, ein dünner Mann. Wirres, fettiges Haar hing ihm ins Gesicht. Er ging näher heran und hielt ihm die Lampe direkt vor die Nase. Die Augen waren geschlossen. Der Mann rührte sich nicht.

»Hey«, sagte er laut.

Der Mann reagierte nicht.

Er rammte ihm durch die Decke die Schuhspitze in die Rippen. Es fühlte sich an, als träte er gegen einen morschen Baumstamm. Plötzlich wurde er wütend. Es war einer dieser Anfälle, die er nicht kontrollieren konnte. Mit aller Kraft trat er gegen den leblosen Körper. Immer wieder.

Seine Wut verpuffte genauso schnell, wie sie gekommen war. Er lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, ließ sich langsam zu Boden sinken und legte die Stirn auf die Knie. Sein Gefangener war tot.

Es war nicht seine Schuld. Was konnte er dafür, dass der Mann so eine schwächliche Konstitution hatte und dass das Wetter plötzlich umschlug?

Trotzdem würde man ihm Vorwürfe machen. So war es schon immer gewesen. Zu Hause, in der Schule, beim Militär, egal ob ein Zierteller zerbrach, eine Katze jaulte oder ein Gefangener starb. Es war immer seine Schuld. Er konnte ihre Stimmen schon hören.

»Das ist kein Kriegsgefangener«, sagte er zu den Holzdielen. »Das ist ein Krimineller.«

Oder galt für die jetzt auch schon die Genfer Konvention?

Er lachte leise. Dieses Mal war niemand da, der ihm Vorwürfe machen könnte. Das eigentliche Problem bestand darin, dass er nicht alle nötigen Informationen bekommen hatte. So schwach und erbärmlich sein Gefangener auch gewesen war, der Mann hatte es geschafft, jemanden zu schützen. Normalerweise hätte ihm das Respekt abgenötigt.

Nicht in diesem Fall. Nicht bei dem Mann, der aus einer Laune heraus sein Leben zerstört hatte.

Als er zurückgekommen war und erfahren hatte, dass das Schwein frei rumlief, atmete, lachte, die Vögel singen hörte, da hatte er gewusst, was zu tun war. Es war leicht, ihn in die Falle zu locken. Man sollte sich eben nicht von jedem Fremden zum Bier einladen lassen. So waren sie, die Einsamen und Ausgestoßenen, sie klammerten sich an jedes bisschen Zuneigung. Ein kurzes Gespräch auf einer Parkbank, zwei Dosen Bier, ein paar Tropfen GBL, und schon hatte er ihn bei sich im Kofferraum liegen. Das Schwierigste war, den Bewusstlosen durch den Wald zu schleppen. Zum Glück wog der Mann höchstens fünfzig Kilo, und er war es gewohnt, mit schwerem Gepäck zu marschieren.

Er war sich nicht mal sicher, ob sein Gefangener wusste, worum es überhaupt ging. Für ihn schien das Ganze eine Art Spiel zu sein. Trotz der Fesseln war er anscheinend froh, dass sich überhaupt jemand für ihn interessierte. Der Mann redete eine Menge, verriet aber wenig. Irgendwann hätte er natürlich alles aus ihm herausgekriegt. Er hatte den Druck langsam erhöhen wollen, nur war es dazu nicht gekommen. Sein Gefangener war gestorben, bevor er seine gerechte Strafe hatte erhalten können.

Zwischen den Brettern drangen helle Streifen Licht in den Raum, als er schließlich den Kopf hob. Er wusste nicht, ob eine Minute oder eine Stunde vergangen war. Es wurde Zeit zu verschwinden, bevor noch irgendein Spaziergänger oder Jäger auftauchte.

Er stand auf, zog sein Messer aus der Jacke und ließ es aufschnappen. Nachdem er den steifen Körper aus der Decke gewickelt hatte, zerschnitt er die Fesseln an Handgelenken und Beinen. Die Stricke knüllte er zusammen und steckte sie ein. Dann deckte er den Toten wieder zu.

Von der Tür aus ließ er den Blick durch den Heuschober schweifen. Leere Weinflaschen, Zigarettenkippen, Plastiktüten mit zerlumpten Kleidern, eine verdreckte Matratze und ein unterernährter Mann unter einer zu dünnen Decke. Jeder würde sofort an einen erfrorenen Obdachlosen denken. Er wusste natürlich, dass das einer genaueren Untersuchung nicht standhielt, aber alles, was er brauchte, war ein wenig Zeit.

Durch den Türspalt beobachtete er eine Weile die Lichtung, bevor er ins Freie trat. Die ersten Sonnenstrahlen brachen sich in den Eiskristallen an den Grashalmen. Irgendwo schrie eine Krähe. Er hakte das Vorhängeschloss aus, steckte es ein und machte sich auf den Rückweg zum Parkplatz. Niemand begegnete ihm.

Wenigstens habe ich einen Namen, dachte er, als er ins Auto stieg. Wenigstens einen. Alles andere wird sich dann ergeben. Dieser Gedanke gab ihm Kraft und wärmte ihn, bis er wieder zu Hause war.

2

Weihnachten ist auch nicht mehr das, was es mal war, dachte Kant. Er erinnerte sich, wie er als Kind mit seiner Mutter den Baum geschmückt hatte, an die Eisblumen am Fenster, an das Lächeln seines Vaters, wenn er vor Aufregung nicht mehr still sitzen konnte, während sie auf die Bescherung warteten. Und er erinnerte sich an die Zeit, als er selbst seiner Tochter zuliebe das ganze Spiel mitgespielt hatte. Auch wenn Frida noch zu klein gewesen war, um es mitzubekommen. Kurz vor ihrem vierten Geburtstag hatten Konstanze und er sich getrennt.

Das war jetzt zwölf Jahre her. Seitdem verbrachte er die stille Zeit allein. Gewöhnlich machte er einen langen Spaziergang, legte sich in die Badewanne, bis die Haut schrumpelig wurde, und vertrieb sich die Zeit, in dem er in alten Büchern blätterte, nur um festzustellen, dass er keine Lust zum Lesen hatte. Abends trank er ein paar Gläser Wein und redete sich ein, er wäre froh, mit dem ganzen Irrsinn nichts mehr zu tun zu haben. Meistens gelang ihm das ganz gut.

Er hatte sich daran gewöhnt, und jetzt, da auch diese Phase ihr zumindest vorläufiges Ende nahm, sehnte er sich schon fast danach zurück. Seltsam, wie das menschliche Gehirn funktionierte. Konnte es sich nicht einfach mal mit der Gegenwart zufriedengeben, ohne ständig Vergleiche mit der Vergangenheit anzustellen?

Vor einem Monat war Frida bei ihm eingezogen, und Ruhe und Besinnlichkeit hatten ein abruptes Ende gefunden.

Um seiner Tochter ein wenig weihnachtliche Atmosphäre zu bieten, hatte er sogar einen Baum gekauft, eine ziemlich krumme Fichte, die jetzt ungeschmückt zwischen zwei Bücherregalen an der Wand lehnte. Ein Kind braucht einen Baum, hatte er gedacht, aber Frida war fünfzehn und interessierte sich nicht im Geringsten für Weihnachten. Nachdem er die Fichte in den dritten Stock des Altbaus geschleppt und eine Spur von Nadeln im Treppenhaus und der halben Wohnung hinterlassen hatte, gab sie nur das Schnauben von sich, mit dem sie ihre Verachtung für alles Uncoole, Langweilige und Gestrige ausdrückte, und verzog sich in ihr Zimmer. Er hatte kein Drama daraus gemacht. Man musste sich eben erst aneinander gewöhnen.

Geschenke wurden allerdings akzeptiert. Kant war zwar nicht der Meinung, dass eine Jugendliche ein Telefon für sechshundert Euro brauchte, aber erstens handelte es sich um eine Ausnahmesituation, und zweitens musste er zugeben, dass er nicht beurteilen konnte, was Frida brauchte oder nicht brauchte. Dafür reichten ein paar Wochenenden im Jahr einfach nicht aus. Jedenfalls saß sie jetzt auf dem Sofa, sah ihm beim Kochen zu und versuchte aus Höflichkeit, die Finger von dem Gerät zu lassen, das vor ihr auf dem Tisch lag und hin und wieder leise vibrierte.

Das letzte Jahr war eine Katastrophe gewesen. Ständig hatte Konstanze ihn angerufen, um ihm zu erzählen, was Frida wieder angestellt hatte. Ladendiebstahl. Schule schwänzen. Ein Tütchen Gras in der Schmutzwäsche. Konstanze schaffte es immer, es so darzustellen, als wäre das alles seine Schuld. Weil er sie damals verlassen hatte. Weil er sich nicht genug um Frida kümmerte. Weil er ihr zu viel durchgehen ließ. Was sollte er denn machen, sie verhaften? Er war bei der Mordkommission, nicht bei der Pubertätsbekämpfung.

Er machte sich nur Vorwürfe, dass er ihr nicht früher angeboten hatte, bei ihm zu wohnen. Konstanze litt schon seit Jahren unter depressiven Schüben, die er zugegebenermaßen nicht ernst genug genommen hatte. Er hatte gedacht, die ständigen Streitereien zwischen Mutter und Tochter wären eine Art natürlicher Ablösungsprozess, wie er in vielen Familien vorkam. In Wirklichkeit aber war Konstanze einfach nicht in der Lage, Frida emotionale Stabilität zu bieten. Das hatte zumindest der Jugendpsychologe gesagt.

Kant schob das Hähnchen mit den Kartoffeln und Möhren in den Ofen. Er hatte noch nie verstanden, warum sich so viele Männer mittleren Alters zu Feinschmeckern entwickelten, und aß immer noch überwiegend in Imbissen und billigen Restaurants, aber normale Familien scharten sich an den Feiertagen eben um den Herd, und er hatte sich vorgenommen, Frida möglichst viel Normalität zu bieten.

»Wie lange noch?«, fragte Frida.

Kant sah ins Kochbuch. »Ein bis eineinhalb Stunden. Wieso, hast du noch was vor?«

»Die anderen treffen sich nachher alle bei Nico.«

Er wusste nicht, wer die anderen oder Nico waren, und er würde auch nicht danach fragen. »Heute ist Weihnachten, da wird zu Hause geblieben.«

Sie hörte auf, an ihrem Nasenring herumzufummeln, und riss die Augen so weit auf, dass sie aussah wie eine Manga-Figur. Es war schön, ausnahmsweise ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu haben.

Kant warf den Topflappen quer durch die offene Küche und verfehlte Frida nur knapp. Sie lachte, wie sie als kleines Mädchen gelacht hatte, wenn er sie gekitzelt oder kopfüber in den Papierkorb gesteckt hatte. Anscheinend hatte sie kurz vergessen, dass sie sich eigentlich als Erwachsene betrachtete. In solchen Momenten konnte er sich kaum vorstellen, wie sie mit irgendeinem Arschloch auf dem Klo einer Disco, in die sie sich mit dem Ausweis einer Freundin geschlichen hatte, Speed zog. Und sich dabei auch noch vom Türsteher erwischen ließ.

»Nur weil du selber keine Freunde hast«, sagte sie mit einem kurzen Seitenblick auf ihr Handy. Sie warf den Topflappen zurück, aber er trudelte einen halben Meter vor ihr zu Boden.

»Jetzt mal im Ernst.« Kant setzte sich neben sie aufs Sofa. »Wir essen zusammen, dann kannst du gehen. Aber ich will, dass du um elf zu Hause bist. Ich geb dir Geld für ein Taxi.«

Frida rieb den Kopf an seiner Schulter wie ein vernachlässigtes Kätzchen. »Zwölf«, sagte sie. »Ich bin fast sechzehn.«

In diesem Moment klingelte Kants Handy. Nach all den Jahren hasste er das Geräusch noch immer. Er musste sich überwinden, um sich von seiner Tochter zu lösen und zum Küchentisch zu gehen.

Frida grinste. »Du hast ja doch Freunde.«

Kant sah aufs Display. Es war die Mordbereitschaft.

Das Gespräch dauerte nicht lang. Als er aufgelegt hatte, schaltete er den Herd aus. »Tut mir leid.« Er zog dreißig Euro aus dem Portemonnaie und gab sie Frida. »Kauf dir was zu essen.«

Im Schlafzimmer zog er die Jeans und den schlabbrigen Pullover aus und warf die Sachen auf den Stuhl in der Ecke. So viel Zeit musste sein. Er hatte sechs Anzüge, die er je nach Stimmung bei der Arbeit trug, zwei blaue, zwei braune und zwei graue. Und natürlich einen schwarzen für Beerdigungen. Heute war ein grauer an der Reihe. Er sah in den Spiegel. Ein bisschen weit an den Schultern. Er konnte essen, so viel er wollte, hängen blieb nur etwas, wenn er auch trainierte. Aber er hasste Fitnessstudios, und mit dem Karatetraining hatte er aufgehört, seit bei jedem Kick über Hüfthöhe seine Gelenke knackten.

Er ging in die Diele und nahm seinen knielangen Wollmantel vom Garderobenhaken. Es war das Einzige, was er aus dem Erbe seines Vaters angenommen hatte, nachdem dieser vor drei Jahren vereinsamt im Altenheim gestorben war. Zuerst hatte er sich unwohl darin gefühlt, aber bald war der Rasierwassergeruch verflogen, und er hatte sich an das Fischgrätmuster gewöhnt. Jetzt konnte er sich nicht mehr von dem Mantel trennen, auch wenn er an den Ellbogen schon fast durchgescheuert war. Außerdem waren die Sechzigerjahre wieder in Mode, wenn er nicht den Überblick verloren hatte.

Er hörte, wie Frida den Fernseher einschaltete. Als er ins Wohnzimmer sah, hockte sie auf dem Sofa und zappte durch die Programme. Mit diesem abwesenden Gesichtsausdruck, den sie von ihrer Mutter hatte. Ein stabiles Umfeld hatte der Psychologe empfohlen. Da war sie ja bei ihm genau richtig. Er klopfte an den Türrahmen.

»Hey.«

Sie sah sich zu ihm um, als hätte sie schon vergessen, dass er noch da war.

»Das holen wir nach.«

»Soll das eine Drohung sein?«, fragte Frida.

»Um halb zwölf bist du wieder da, spätestens, okay?«

»Danke, Papa.«

»Tut mir echt leid mit dem Essen.«

»Macht nichts«, sagte sie, »ich bin sowieso Vegetarierin.«

Kant brauchte von seiner Wohnung in Schwabing achtzehn Minuten bis zum Fundort der Leiche in Obermenzing. Er parkte hundert Meter vor der Absperrung neben dem schmiedeeisernen Tor einer Gründerzeitvilla. Die vier Streifenwagen, die kreuz und quer auf der Straße standen, und der Rettungswagen auf dem Bürgersteig hatten schon genug Spuren zerstört, da musste er nicht auch noch mitten ins Geschehen fahren.

Dichte Hecken schirmten die Häuser zu beiden Seiten von der Straße ab. Die Gärten dahinter waren so groß wie der sogenannte Park gegenüber seiner Wohnung. Obwohl er sich schon vor sechzehn Jahren, als Konstanze schwanger geworden war, nach München hatte versetzen lassen, fühlte er sich in diesen Stadtteilen noch immer fremd. Er fragte sich, ob das soziale oder geografische Ursachen hatte. Vielleicht sollte er mal mit Weber darüber reden, der war schließlich im Glasscherbenviertel aufgewachsen, wie er immer wieder betonte.

Es versetzte ihm einen kleinen Stich, als er hinter einem mit Lichterketten verzierten Sprossenfenster eine Familie beim Weihnachtsessen sitzen sah. Die Kinder beobachteten fasziniert, wie der Vater mit einem schwertartigen Messer die Gans zerhackte. Es wirkte wie eine Szene aus einer anderen Zeit, und Kant musste an das nackte weiße Hähnchen denken, das in seinem Backofen langsam kalt wurde. Wie hatte er nur vergessen können, dass Frida Vegetarierin war?

Ein paar Jugendliche hatten sich an der Absperrung versammelt und warteten gelangweilt darauf, dass irgendetwas passierte. Sie folgten Kant mit ihren Blicken, als er dem Uniformierten seinen Ausweis zeigte. Er drehte sich zu ihnen um. »Ihr könnt nach Hause gehen. Das Beste habt ihr schon verpasst.«

Natürlich rührten sie sich nicht von der Stelle. Er konnte es ihnen nicht verdenken. Endlich passierte mal was im echten Leben.

Kant entdeckte Polizeiobermeister Mühlbauer, der an einem Streifenwagen lehnte und sich aus einer Thermoskanne Kaffee eingoss. Als Kant zu ihm ging, stellte er den Becher aufs Autodach und reichte ihm seine fleischige Hand.

»Ah, Sie hat’s also erwischt«, sagte Mühlbauer. »Eine Scheißkälte heute.« Zur Verdeutlichung stampfte er mit den Stiefeln in den Schnee.

»Mhm«, sagte Kant. »Was ist denn passiert?«

»Normalerweise hätten wir Sie deswegen an Weihnachten nicht rausgerufen.« Er machte eine vage Geste zu dem Notarztwagen vor dem Haus. »Verkehrsunfall. Fahrerflucht.«

»Aber?«

»Wir haben eine Zeugin, die behauptet, der Mann hätte noch gelebt, also nachdem er überfahren wurde, meine ich.«

Kant wartete, dass Mühlbauer weiterredete.

»Die Zeugin ist eine alte Frau. Irene Seifert. Halb blind. Den Unfall selbst hat sie nicht gesehen. Als sie mit ihrem Gehwägelchen um die Ecke kam, lag das Opfer schon auf der Straße. Vor der Stoßstange eines Pkw. Der Fahrer war ausgestiegen und hat sich über den Mann gebeugt. Um ihm zu helfen, dachte die alte Dame. Wäre ja auch normal.«

»Ich habe ein Hühnchen im Ofen. Das wird langsam kalt«, sagte Kant.

»Was?«

»Könnten Sie mal zur Sache kommen?«

»Ach so, ja. Wie gesagt, Frau Seifert ist schon ziemlich alt. Muss man das also mit Vorsicht genießen, ihre Aussage. Angeblich hat der Fahrer dem Mann die Kehle zugedrückt. Er hat noch geröchelt. Sagt die Zeugin. Dann ist der Unfallverursacher ins Auto gestiegen und weggefahren. Und der Mann war tot.«

»Läuft die Fahndung nach dem Fahrzeug?«

Mühlbauer zuckte mit den Schultern. »Wir wissen praktisch nichts. Die Zeugin konnte das Nummernschild nicht erkennen, dazu war sie noch zu weit weg. Beschreiben konnte sie den Wagen auch nicht.«

»Wo ist Frau Seifert jetzt?«

»Wir haben ihre Personalien aufgenommen und sie nach Hause gebracht. Sie wohnt gleich um die Ecke.« Mühlbauer nahm seine Tasse vom Autodach und wollte einen Schluck trinken, überlegte es sich aber im letzten Moment anders. »Wahrscheinlich hat sie sich geirrt. Ziemlich abstruse Geschichte. Aber Sie kennen ja die Vorschriften. Weihnachten hin oder her.«

»Ich rede nachher mit ihr«, sagte Kant. »Sehen wir uns mal das Opfer an.«

Mühlbauer führte ihn fünfzig Meter weiter, wo seine Kollegen auf der Straße vor dem geschlossenen Tor einer Einfahrt gerade ein schwarzes Sichtschutzzelt aufbauten. Er zog die Plane zur Seite, mit der der Tote provisorisch abgedeckt worden war. Der Mann war noch keine dreißig und trug einen dunklen Anzug. Um seinen Kopf hatte sich das Blut kreisförmig ausgebreitet. Eine Aktentasche lag daneben im Schnee.

»Sein Name ist Benedikt Spicher. Er wohnt hier, in dem Haus. Seine Frau kam gerade die Straße lang, als wir abgesperrt haben. Ich habe die Kollegin Berger gebeten, mit ihr reinzugehen.«

Kant atmete ein paarmal die kalte Luft ein. Schweigend betrachtete er die Leiche. Spicher lag auf dem Rücken. Der Winkel, in dem der rechte Unterarm vom Ellenbogengelenk abstand, ließ auf einen Bruch schließen. Sein halblanges Haar hing ihm ins Gesicht. Er war gut aussehend, mit gleichmäßigen Gesichtszügen. Der Mund stand leicht offen, als hätte er noch etwas sagen wollen, und die dunklen Augen fixierten einen Punkt in der Ferne.

»Wer war als Erster am Tatort?«, fragte Kant. Mühlbauer zeigte auf einen jungen Notarzt, der sich daraufhin aus dem Schatten des Rettungswagens löste und zu ihnen trat. »Die Zeugin hat bei den Nachbarn geklingelt, weil sie kein Handy hat. Die haben den Notruf gewählt. Um 19:36 Uhr.«

»Zwölf Minuten später waren wir hier«, sagte der Notarzt. »Keine Atmung, kein Puls. Wir haben noch versucht, ihn wiederzubeleben.«

Der Arzt kniff seine dünnen Lippen zusammen. Er hatte nichts Weiteres zu berichten, und Kant schickte ihn nach Hause, als er Grumann mit Daunenjacke und tief ins Gesicht gezogener Wollmütze ankommen sah.

»Frohe Weihnachten«, sagte der Gerichtsmediziner. »Die Kinder haben sich richtig gefreut, als ihr angerufen habt, und meine Frau erst mal.«

»Ich habe ihn nicht umgebracht«, entgegnete Kant.

»Das sagen sie alle.«

Grumann legte seine Schutzkleidung an und beugte sich über den Toten. Kant wandte sich an einen schnauzbärtigen Mann mit weißem Overall, der gerade eine Reifenspur mit einer Nummer versah und fotografierte.

»Wer leitet heute die Spurensicherung?«

»Klaus Weber«, sagte der Mann, ohne aufzusehen.

»Und wo ist er?«

»Wir konnten ihn nicht erreichen. Vielleicht hat er keinen Handy-Empfang.«

»Ja, vermutlich«, sagte Kant. Es war nicht das erste Mal, dass Weber in der Versenkung verschwand. Allmählich fing er an, sich Sorgen um ihn zu machen.

Hier gab es im Moment nicht viel für Kant zu tun. Er beschloss, die Spezialisten ihre Arbeit machen zu lassen und sich erst einmal um die Zeugin zu kümmern.

Langsam ging er unter den Kastanien entlang, deren schneebedeckte Äste tief herabhingen, und sah sich um. Hinter dem Haus der Spichers lagen zwei größere Anwesen, dann folgte ein kleines Waldstück. Niemand begegnete ihm, kein Auto fuhr vorbei. Er hörte noch die Stimmen der Spurensicherer, dann wurde es ruhig, nur ein Hund bellte in der Ferne.

Es war eine Straße, in der es keinen Durchgangsverkehr gab. Wer hier herfuhr, wohnte entweder in der Gegend oder wollte jemanden besuchen. Oder hatte sich verfahren. Kant konnte sich auch nicht vorstellen, dass hier normalerweise viele Fußgänger unterwegs waren.

Das Haus, in dem Irene Seifert wohnte, stand eingezwängt zwischen einem modernen Pavillon und einer von Ranken überwucherten Villa. Nur ein winziger Vorgarten trennte es von der Straße, keine Mauer mit eingegipsten Glasscherben, kein Tor, keine Doppelgarage. Es war ein einfaches, kleines Haus aus Backsteinen und mit Spitzengardinen vor den schmalen Fenstern. Vielleicht hatten hier einmal Bedienstete gewohnt, und man hatte vergessen, es abzureißen.

Im Erdgeschoss brannte Licht, und Kant konnte in der Küche eine alte Frau erkennen. Sie saß in einem geblümten Kittel sehr gerade auf einem Stuhl, hatte die Arme auf den Tisch gelegt und machte gar nichts.

Die Klingel war zu laut und zu schrill. Kant sah, wie die Frau erschrak, als hätte sie das Geräusch schon lange nicht mehr gehört. Sie verschwand in der Diele und tauchte wenig später an der Tür auf. Er zeigte ihr seinen Ausweis, und sie bat ihn herein.

Die trockene, rauchige Wärme eines Holzofens empfing ihn in der Küche. Das erinnerte ihn an seine Kindheit. Nur dass man in Duisburg mit Kohle geheizt hatte.

»Tut mir leid, dass ich so spät noch stören muss«, sagte er.

Frau Seifert zeigte auf einen der beiden Holzstühle, die an dem Tisch standen. »Ich bin sowieso meistens die halbe Nacht wach.« Sie setzte sich und trank einen Schluck aus einem fleckigen Wasserglas. Kant sah, dass ihre Hände zitterten.

»Wohnen Sie allein hier?«, fragte er.

»Mein Mann ist vor acht Jahren gestorben. Lungenkrebs. Meine Töchter sind beide aufs Land gezogen, sobald sie Kinder gekriegt haben. Das hätten wir auch machen sollen. Damals.«

»Ich möchte, dass Sie mir erzählen, was Sie beobachtet haben.« Kant zog seinen Block aus der Manteltasche und legte ihn vor sich auf den Tisch.

»Das habe ich doch alles schon dem jungen Mann mit der Uniform gesagt.«

»Ja«, sagte Kant, »aber der Herr Mühlbauer ist manchmal ein bisschen vergesslich. Wenn es Ihnen also nichts ausmachen würde …«

Frau Seifert rückte die einzige Kerze auf dem Adventkranz gerade. »Ich mache abends immer noch einen Spaziergang. Nach der heute-Sendung. Man muss ja mal an die frische Luft. Nur bis zum Ende der Straße und zurück. Bei dem Schnee ist das anstrengend mit dem Rollator. Auf dem Rückweg habe ich ihn da liegen sehen. Auf der Straße vor dem Tor. Der wohnt ja da. Ich glaube, das ist ein Anwalt oder so. Ein netter junger Mann. Der hat mir schon ein paarmal mit der Einkaufstasche geholfen. Ich habe sofort gedacht, dass er einen Unfall hatte. Da stand ja auch das Auto, halb auf dem Bürgersteig.«

Sie sah in die Kerzenflamme und schwieg, während sie die Ereignisse noch einmal durchlebte. Ihr faltiges Gesicht war unbewegt, aber die Augen wirkten wach.

»Der Fahrer hat sich über ihn gebeugt. Erst habe ich gedacht, er wollte dem armen Mann helfen. Aber dann hat er seinen Hals gepackt und zugedrückt.«

»Können Sie den Täter beschreiben?«

»Meine Augen sind nicht mehr so gut. Und ich war noch ziemlich weit weg.«

»Wie weit?«

»Hundert Meter? Als ich näher kam, ist er aufgesprungen und zu seinem Auto gelaufen und sofort weggefahren.«

»Aber Sie sind sicher, dass er den Mann gewürgt hat?«

»Ich habe Grauen Star, aber ich bin nicht schwachsinnig. Auch wenn meine Töchter mich am liebsten ins Heim schicken würden.«

»Schon gut«, sagte Kant. »Ich wollte Sie nicht beleidigen. War der Täter groß oder klein?«

Sie rieb über ihre adrigen Hände. »Mittel, glaub ich.«

»Blond oder dunkelhaarig?«

»Weiß ich nicht. Er hatte eine Mütze auf. So eine, bei der man nur die Augen sieht.«

Eine Sturmhaube, dachte Kant. Um dem Unfallopfer zu helfen, hätte er sich wohl kaum maskiert. Außerdem, wer hatte schon eine Sturmhaube im Auto liegen? Vielleicht war das Ganze sogar geplant gewesen.

»Wie war der Täter sonst gekleidet?«

»Er hatte eine Hose an. Und eine Jacke. Gedeckte Farben, glaube ich.«

»Ist Ihnen sonst noch was an ihm aufgefallen? Hat er vielleicht etwas gesagt?«

Frau Seifert beobachtete eine Weile, wie die Bläschen in ihrem Glas aufstiegen und zerplatzten, dann schüttelte sie den Kopf. »Wenn Sie das Gesicht nicht gesehen haben, woher wissen Sie dann, dass es ein Mann war?«

»Och«, sagte Frau Seifert. »Ich weiß auch nicht. Irgendwie hatte ich so das Gefühl. Aber jetzt, wo Sie es sagen, wer weiß? Heutzutage kann man sich ja nie sicher sein.«

»Mh«, sagte Kant. »Und was ist dann passiert? Nachdem der Täter oder die Täterin weggefahren ist.«

»Ich bin so schnell wie möglich zu dem Anwalt gelaufen, aber der hat sich gar nicht mehr bewegt. Da hab ich bei den Nachbarn geläutet.«

»Warum haben Sie denn nicht an seinem Haus geklingelt?«, fragte Kant. »Das wäre doch näher gewesen, oder?«

»Ich weiß nicht, da war alles dunkel. Ich glaub, es war niemand zu Hause.«

»Wissen Sie noch, in welche Richtung das Auto gefahren ist?«

»Es kam mir entgegen, also zur Kreuzung hin.«

»Versuchen Sie bitte, das Auto zu beschreiben.«

»Auf das Auto hab ich gar nicht geachtet. Ich wollte doch dem Mann helfen.«

»Konnten Sie die Farbe erkennen?«

»Es war dunkel. Blau oder schwarz oder dunkelgrün oder grau.«

»Hatte es zwei oder vier Türen?«

»Das weiß ich wirklich nicht.«

Sie dachte eine Weile nach, und Kant störte sie nicht dabei.

»Es war irgendwie eckig, mehr so, wie die Autos früher aussahen.«

»Gut«, sagte Kant. »Es könnte sein, dass ich einen Kollegen vorbeischicke, der Ihnen ein paar Fotos von Autos zeigt. Vielleicht hilft Ihnen das, sich zu erinnern.«

Frau Seifert nickte.

»Soll ich jemanden anrufen, der sich um Sie kümmert? Wir haben …«

»Nein, nein. Ich hab keine Angst. Wer soll mir schon was tun?«

»Niemand«, sagte Kant. »Niemand wird Ihnen was tun.«

Als Kant zum Tatort zurückkehrte, war Weber endlich aufgetaucht. Seine grauen Haarstoppel leuchteten unter den Scheinwerfern, die die Spurensicherer aufgestellt hatten. Er wich Kants Blick aus, stellte seine Tasche in den Schnee und begann, darin herumzuwühlen. Kant fiel auf, wie dünn seine Beine geworden waren. Von Tag zu Tag war weniger von ihm übrig.

Er fragte ihn nicht, wo er gewesen war und warum er während seiner Bereitschaft nicht ans Handy ging. Er konnte es sich schon denken.

»Habt ihr schon was?«

Weber zog eine Stablampe aus der Tasche und richtete sich auf. »Keine Bremsspuren vor dem Aufprall.« Er ließ den Lichtkegel über den Schnee wandern. »Allerdings haben die Kollegen von der Schupo hier schon ganze Arbeit geleistet. Warum rücken die nicht gleich mit einer Pistenwalze an?«

Kant roch den Alkohol in seinem Atem. Er reichte ihm wortlos seine Packung Fisherman’s Friend. Weber winkte ab.

»Hab schon zwei in den Backen. So wie es aussieht, hat der Fahrer erst nach dem Aufprall gebremst.«

»Willst du damit sagen, es war Absicht?«, fragte Kant.

Weber zeigte auf einen dunklen BMW, der auf der anderen Straßenseite stand. »Das ist der Wagen von Spicher. Als unsere Jungs hier ankamen, lief der Motor im Leerlauf. Vermutlich hat er da angehalten und ist über die Straße gegangen, um das Tor zur Einfahrt aufzumachen. Als er die Straße überquert hat, wurde er von der Seite erwischt. Wäre natürlich möglich, dass ihm jemand aufgelauert hat. Dazu kann ich jetzt noch nicht viel sagen.«

Kant sah zu Spichers Haus. Hinter den vergitterten Fenstern im Erdgeschoss brannte Licht.

»Lässt sich das Tor denn nicht per Fernbedienung öffnen?«

»An seinem Schlüsselbund hängt sogar eine dran«, sagte Weber. »Funktioniert aber nicht. Vielleicht ist die Batterie leer. Haben wir noch nicht überprüft.« Kant bedankte sich bei Weber und ordnete den Abtransport des Toten ins rechtsmedizinische Institut an. Dann rief er den zuständigen Staatsanwalt an, um dessen Einwilligung zur Leichenschau einzuholen. Oldenburg hatte keine Einwände. Die schriftliche Anzeige würde er morgen nachreichen können.

Er ging zu Mühlbauer und erkundigte sich, was die Befragung der Anwohner ergeben hatte.

»Wir haben die ganze Straße abgegrast und alle rausgeklingelt«, sagte Mühlbauer. »Aber keiner hat was gesehen oder gehört.«

Kein Wunder, dachte Kant. Die Häuser standen alle von der Straße zurückgesetzt und waren von dichten Hecken umgeben. Es war eine Gegend, in der man seine Ruhe haben wollte und sich vor neugierigen Blicken schützte. Man fuhr das Auto in die Doppelgarage und ließ die automatischen Rollläden herunter. Niemand ging zu Fuß, weil es nichts gab, wohin man hätte gehen können. Die alte Frau war vermutlich die Einzige, die hier noch ihre einsamen Runden drehte.

3

»Ich gehe jetzt.« Melanie hatte Kopfschmerzen. Sie fragte sich, ob das an der trockenen Luft lag. Die Fußbodenheizung unter den grauen Fliesen und die Lüftung führten ein Eigenleben. Und jedes Mal, wenn sie ein Fenster aufmachen wollte, beschwerte sich Paul, weil dann angeblich der ganze Regelkreis durcheinandergeriet.

Paul löste den Blick von dem 75-Zoll-Fernseher, auf dem ein Musikvideo ohne Ton lief. »Du bist doch gerade erst gekommen.« Er stopfte sich ein Kissen hinter den Rücken und richtete sich auf dem Doppelbett auf, um einen Schluck Wodka- Redbull zu trinken. Melanies Glas stand unberührt auf dem Beistelltisch.

Sie stützte sich auf seiner rasierten Brust ab, während sie über ihn hinwegkletterte. Ihre Kleider lagen überall im Zimmer verstreut. Paul schaltete auf Netflix um und sah nach, ob es neue Serien gab, die ihn interessierten. Also irgendetwas mit Drogenhändlern, die sich gegenseitig abschlachteten. »Wo willst du denn überhaupt hin?« Er strich sich über den dünnen Schnurrbart, als wollte er Nachdenklichkeit demonstrieren.

»Ich weiß nicht. Einfach raus hier.« Sie spürte, dass er sie beim Anziehen beobachtete. Obwohl sie gerade noch miteinander geschlafen hatten, konnte sie seine Blicke kaum ertragen.

»Ich dachte, wir machen uns einen gemütlichen Abend«, sagte Paul. »Ich kann uns eine Pizza bestellen.«

Es tat ihr weh, seinen flehenden Tonfall zu hören. Paul konnte nichts dafür. Er war ein netter Typ, zumindest netter als die meisten anderen, die sie in den letzten Jahren kennengelernt hatte, aber im Moment konnte sie seine Gegenwart kaum aushalten.

Sie ging zum Fenster. Draußen auf der Straße war kein Mensch zu sehen. Der frische Schnee schimmerte bläulich im Laternenlicht. Am liebsten wäre sie einfach gegangen, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, aber stattdessen setzte sie sich auf den Stuhl und zog eine Schachtel Zigaretten aus der Handtasche.

»Wir können auch noch ausgehen«, sagte Paul. »Ein Bekannter von Ingo gibt heute eine kleine Party. Oder wir gehen einfach irgendwo was trinken.«

»Ich hab keinen Bock auf Party.« Sie kramte in der Tasche nach dem silbernen Feuerzeug. »Und Ingo ist ein Langweiler.«

Paul schnaubte. »Was ist eigentlich los mit dir?«

Sie klopfte ihre Hosentaschen ab, aber das Ding war nirgends zu finden. »Nichts. Scheiße.«

»Suchst du das hier?« Er hielt das Feuerzeug hoch.

»Hast du in meiner Handtasche rumgeschnüffelt?«

»Blödsinn. Das kommt davon, wenn man im Bett raucht.«

»Gib her«, sagte sie.

»Woher hast du das? Von einem Kunden?«

»Gib einfach her.«

»Hol es dir doch.« Grinsend drehte er das Feuerzeug in der Hand. »Schick. Mit Gravur. Von M & B. Für dich. Mercedes-Benz?«

»Sehr witzig. Wenn du nicht sofort …«

Er warf ihr das Feuerzeug zu. Ihre Hände zitterten, als sie die Zigarette anzündete.

»Komm doch zurück ins Bett«, sagte Paul.

Sie schüttelte den Kopf.

»Was ist los mit dir? Seit du heute Abend diesen Typen getroffen hast, kann man nichts mehr mit dir anfangen.«

Paul hatte recht. Was sie in dem Hotelzimmer erfahren hatte, machte ihr Angst. Und sie ekelte sich vor sich selbst. Warum hatte sie sich nur darauf eingelassen?

»Komm her«, sagte Paul.

Einen Moment lang war sie unschlüssig. Sie könnte zurück zu ihm ins Bett kriechen. Auf seine beschissene Party gehen. Cocktails trinken, Koks ziehen, sich ficken lassen, ohne etwas dabei zu empfinden. Alles vergessen. So wie sie es das letzte halbe Jahr gemacht hatte, seit sie mit ihm zusammen war.

Sie betrachtete das Feuerzeug, das sie sechs Jahre lang nicht gesehen hatte. Sechs Jahre, in denen so gut wie alles schiefgegangen war. Sie hatte ihre Schauspielausbildung abgebrochen, sie tingelte von einem Mann zum nächsten, sie tanzte in miesen Stripclubs, sie betäubte sich mit Drogen und Alkohol. Eine Zeit lang hatte sie sich eingeredet, ihr Leben wäre eine einzige große Party, aber in Wirklichkeit war sie bloß der letzte Gast, der noch nicht gemerkt hatte, dass es draußen hell geworden und alle anderen längst zur Arbeit gegangen waren.

»Ich glaub, es ist besser, wenn wir uns eine Weile nicht sehen«, sagte sie.

Pauls jungenhaftes Gesicht wirkte plötzlich ernst. Wenn er sie so ansah, konnte sie sich vorstellen, wie er als alter Mann aussehen würde. »Hab ich dich irgendwie eingeschränkt? Du kannst doch machen, was du willst.«

»Darum geht es nicht. Ich brauch einfach ein bisschen Zeit für mich selbst.«

»Und das war das Letzte, was er von ihr hörte.« Er lachte bitter.

Sie drückte die Zigarette im Topf des behaarten Kaktus auf der Fensterbank aus und packte ihren Kram in die Handtasche.

»Mach es nicht schwerer als nötig«, sagte sie.

»Hast du einen anderen?«

Sie wusste, dass er andere gehabt hatte, und das war okay, sie waren schließlich nicht verheiratet. Aber sie hatte nicht das Bedürfnis, mit anderen zu schlafen. In ihrem Leben gab es nicht zu wenige Männer, sondern zu viele.

»Ich ruf dich an.« Sie stand auf und überlegte, ob sie ihm einen Abschiedskuss geben sollte oder ob sie damit alles nur verschlimmern würde.

Paul sprang auf, als hätte ihn etwas in den Rücken gestochen. Er postierte sich im Türrahmen, verschränkte die Arme vor der Brust und zog einen Schmollmund.

»Sag mir wenigstens, was mit dir los ist.«

»Lass mich vorbei.«

»Wir können über alles reden.«

Langsam wurde sie wütend. »Mit dir kann man über gar nichts reden.«

Sie legte ihm eine Hand auf die Brust und wollte ihn sanft zur Seite schieben, aber er bewegte sich nicht.

»Sag’s doch einfach, wenn du mich verlassen willst. Oder bist du zu feige dazu?«

Sie stand ganz dicht vor ihm, sodass sie seinen Geruch wahrnahm. Ein feiner, süßlicher Geruch, den sie sehr gemocht hatte. Jetzt ekelte sie sich davor.

»Mach nicht alles kaputt«, sagte sie.

»Fange ich an, dich zu langweilen?«

»Nein. Lass mich vorbei.«

»Ich liebe dich.«

Du fickst mich, dachte sie, aber für dich ist das wahrscheinlich dasselbe.

Sie versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen. Er stemmte die Hände zu beiden Seiten gegen den Türrahmen. Sie hatte keine Chance gegen ihn.

»Das ist kein Spaß«, sagte sie. Plötzlich hatte sie das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen.

»Sag mir wenigstens, wo du hinwillst.«

»Mir ist schlecht.«

»Dann setz dich wieder hin. Ich koch dir einen Kamillentee.«

Er legte ihr die Hand in den Nacken und massierte sie sanft. Das hatte ihr immer gefallen, aber jetzt fühlte es sich demütigend an. Sie lehnte sich an ihn. Als sie spürte, wie er sich entspannte, rammte sie ihm mit aller Kraft das Knie zwischen die Beine. Er schrie auf und sank im Türrahmen zu Boden.

Sie rannte durch den Korridor zur Tür. Im Hausflur blieb sie kurz stehen und horchte. Sie hörte ein leises Wimmern.

»Wichser!« Sie knallte die Tür zu. Die paar Sachen, die sie im Laufe der Zeit in seiner Wohnung deponiert hatte, konnte er behalten.

Die kalte Luft brannte in ihrer Lunge, als sie zu ihrem Wagen lief. Eine dünne Schneedecke bedeckte den alten Fiesta, und darunter waren die Fenster vereist. Während sie mit einer CD-Hülle die Windschutzscheibe freikratzte, hielt ein Auto mit laufendem Motor am Straßenrand. Der Beifahrer ließ das Fenster herunter und sah ihr zu. Sein Kumpel hinter dem Steuer drehte die Anlage lauter, damit sie hören konnte, was für coole Musik sie am Start hatten.

»Können wir dir irgendwie helfen?«, fragte der Beifahrer.

»Ja, verpisst euch.«

Der Mann lachte, und die Reifen drehten durch, als das Auto davonschoss. Melanie kratzte weiter, bis die CD-Hülle brach. Ein Plastiksplitter bohrte sich zwischen den Fingern in ihre Haut. Blut tropfte in den Schnee. Sie setzte sich hinter das Lenkrad und schlug mit der Faust auf das Armaturenbrett. In dem kalten, engen Auto wartete sie darauf, dass die Tränen kamen, aber ihre Augen blieben trocken.

Als sie sich beruhigt hatte, ließ sie den Motor an. Sie fuhr durch die leeren Straßen, ohne zu wissen wohin. Hauptsache, weg, dachte sie. Immer in Bewegung bleiben, nicht zurückblicken.

Trotzdem brauchte sie einen Schlafplatz für heute Nacht. So tief war sie noch nicht gesunken, dass sie bei der Kälte im Auto übernachten würde.

Bei Klaus könnte sie jederzeit unterschlüpfen, er würde sie auch mitten in der Nacht hereinlassen, aber sie wollte nicht, dass er wieder anfing, sich Hoffnungen zu machen. Verena, die auch manchmal im Cleopatra tanzte, hatte jetzt ein kleines Kind. Vielleicht könnte sie trotzdem ein paar Tage bei ihr bleiben. Nein, verdammt, es war Weihnachten. Verena hatte ihr erzählt, dass sie an Weihnachten immer zu ihren Eltern fuhr.

Vielleicht sollte sie auch zu ihren Eltern fahren. Raus aus der Stadt. Nur für eine Nacht. Das letzte Mal war sie beim Geburtstag ihres Vaters dort gewesen, im Sommer. Seitdem hatte sie nicht mehr mit ihren Eltern gesprochen. Aber sie hatte noch einen Schlüssel. Sie müsste sie nicht mal aufwecken, sondern könnte sich einfach in ihr altes Zimmer schleichen, das unverändert war, seit sie mit neunzehn ausgezogen war. Dort hätte sie wenigstens ihre Ruhe. Das war ein Ort, wo sich garantiert niemand um sie kümmern würde.

4

Nachdem er den Tatort freigegeben hatte, blieb Kant allein zurück. Es war fast halb eins, und der leichte Schneefall, der vor einer halben Stunde eingesetzt hatte, verwischte die letzten Spuren des Verbrechens. Kant schlug seinen Wollmantel zu, lehnte sich trotz der Kälte an das Rolltor und rauchte eine Zigarette. Er wollte den Tatort noch ein paar Minuten auf sich wirken lassen. Oder vielleicht wollte er nur nicht die Decke über seinem Bett anstarren, denn auch nach all den Jahren kehrte in seinem Kopf lange keine Ruhe ein, nachdem er zu einem Mordopfer gerufen worden war. Es erinnerte ihn an seine eigene Sterblichkeit.

In dem Haus hinter ihm brannte noch Licht. Frau Spicher hatte den Beamten weggeschickt, psychologische Betreuung abgelehnt und versprochen, morgen zur Vernehmung aufs Revier zu kommen. Kant hätte gern sofort mit ihr gesprochen, denn die ersten Stunden waren oft entscheidend. Mit jedem Tag wurden Spuren unwiederbringlich ausgelöscht, Erinnerungen von Zeugen verblassten, belastendes Material wurde vernichtet. Die Zeit war immer auf der Seite des Mörders.

Er schnippte seine Kippe in den Schnee und wollte gerade zum Auto gehen, als er hinter sich ein Geräusch hörte. Die Haustür stand jetzt offen. Sobald sich die Außenbeleuchtung einschaltete, sah er, dass Frau Spicher über den Weg aus quadratischen Steinplatten auf ihn zukam. Sie trug ein hochgeschlossenes Kleid aus braunem Stoff, das ihre schlanke Figur betonte.

»Was machen Sie da?«, rief sie und blieb in sicherer Entfernung neben einem Rosenbeet stehen.

Kant trat aus dem Schatten der Hecke und streckte seinen Ausweis über das Tor. »Hauptkommissar Kant.«

»Ich habe vom Fenster aus gesehen, wie sich jemand eine Zigarette ansteckt.«

»Entschuldigung. Ich wollte Sie nicht erschrecken.«