Kardinaltugenden effektiver Führung - Peter F. Drucker - E-Book

Kardinaltugenden effektiver Führung E-Book

Peter F. Drucker

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Beschreibung

Lernen von dem Besten! Charakter, intellektuelle Integrität, Verantwortung, Pflichtgefühl, Würde, permanente Selbstentwicklung und die Fähigkeit, Wandel gezielt zu forcieren - das Credo von Peter F. Drucker, dem "Vater des Managements". Erfolgreiche Top-Manager wie Hermann Simon, Mathias Döpfner, Bill Emmott und Fredmund Malik berichten von Druckers Einfluss auf ihr persönliches Handeln.

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Peter F. Drucker Peter Pascheck (Hrsg.)

Kardinaltugenden effektiver Führung

Peter F. Drucker Peter Pascheck (Hrsg.)

Kardinaltugenden effektiver Führung

Mit Beiträgen von Fredmund Malik, Hermann Simon, Bill Emmott, Mathias Döpfner und weiteren namhaften Autoren

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86881-396-8 | Print-Ausgabe

ISBN 978-3-86414-037-2 | E-Book-Ausgabe (PDF)

ISBN 978-3-86414-512-4 | E-Book-Ausgabe (EPUB, Mobi)

E-Book-Ausgabe (PDF): © 2009 by Redline Verlag, FinanzBuch Verlag GmbH, München.www.redline-verlag.de

Print-Ausgabe: © 2004 by Redline Wirtschaft, Redline GmbH, Heidelberg. Ein Unternehmen von Süddeutscher Verlag | Mediengruppe.

© dieser Sonderausgabe 2007 by Redline Wirtschaft, Redline GmbH, Heidelberg. Ein Unternehmen von Süddeutscher Verlag | Mediengruppe.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur GmbH, München Satz: M. Zech, Redline GmbH Druck: Himmer, Augsburg Printed in Germany

Inhalt

VorwortPeter F. Drucker Was macht eine effektive Führungskraft aus?Fredmund Malik Konservatismus und effektives Management: Wege aus der OrientierungskriseBill Emmott Der Herausgeber als Manager: mehr als nur ein DirigentYoram (Jerry) Wind Die Balance zwischen Innovation und konservativen Werten: Management als experimenteller ProzessCyril Roger-Lacan Aus einem regionalen Unternehmen wird ein globales: Wie Tradition Innovation fördern kannHermann Simon Führung und GlobalisierungKlaus Woltron Die alten TugendenPeter Paschek Kardinaltugenden effektiver PersonalberatungRoxane B. Spitzer Gegen den Strom schwimmen: Die Herausforderungen des GesundheitswesensMathias Döpfner Die Welt gehört denen, die neu denkenNicolas Zimmer Politische Führung in Zeiten der UnsicherheitGuido Stein Familiäre Werte und effektives ManagementFrances Hesselbein Künftige Herausforderungen für Non-Profit-OrganisationenMichael Kloss „One Firm“ – allein die Werte halten McKinsey zusammenShafiq Naz Was ich von Peter Drucker gelernt habeUrsula Schwarzer Die überforderten ManagerPeter F. Drucker, Peter Paschek Anstelle eines NachwortsDie Herausgeber und AutorenStichwortverzeichnis .

Vorwort

Es sind zwei Leitbilder, die entscheidend das umfassende Werk Peter Druckers bestimmen. Zum einen die rechtzeitige, konsequente Reform als Gestaltungsprinzip gesellschaftlicher Institutionen, zum anderen die Ablehnung des totalen Staates, nicht nur in seiner totalitären Ausprägung, sondern auch jede Form des Überstaates, sei es Mega-Staat, Wohlfahrtsstaat oder die Überverstaatlichung gesellschaftlicher Institutionen.

Druckers geistige Wegbereiter sind Edmund Burke, die Gründungsväter der Vereinigten Staaten und Autoren der Federalists Papers wie James Madison und Alexander Hamilton, Alexis de Tocqueville – und Friedrich Julius Stahl.

Vor mehr als 70 Jahren hat der 24-jährige Peter Drucker in seiner ersten größeren Veröffentlichung Stahls Theorie vom Staat als lebendigen Konservatismus gewürdigt und schon damals das Grundprinzip seines eigenen konservativen Konzepts dargelegt. Pünktlich zur „Machtergreifung“ erschien im Frühjahr 1933 in der renommierten Reihe Recht und Staat des Tübinger Verlages J. C. B. Mohr Friedrich Julius Stahl, Konservative Staatslehre und geschichtliche Entwicklung von Dr. Peter Drucker. Es war Druckers Absicht, die Nationalsozialisten zu provozieren, und dies gelang ihm nachhaltig. Seine Schrift wurde indiziert und dem Scheiterhaufen der Bücherverbrennung übergeben. Ähnlich wie Heinrich Heine ahnte Drucker, dass derjenige, der Bücher verbrennt, eines Tages auch Menschen verbrennen wird und verließ Deutschland umgehend einer großen Karriere entgegen.

Als ich Peter Drucker bat, anlässlich des „70. Geburtstags“ seiner Schrift über Stahl mit mir ein Buch unter dem Arbeitstitel Konservative Werte und effektives Management herauszugeben, stimmte er sofort zu. Dies ist eine sehr große Ehre für mich, und ich bin meinem lieben Freund und Lehrer zutiefst dankbar. Großen Dank auch an unsere Autoren nicht nur für ihre ausgezeichneten Beiträge, sondern auch für ihre Disziplin in der Einhaltung des sehr engen Zeitrahmens.

Übrigens: Peter Druckers Schrift über Stahl ist nie wieder in Deutschland oder in deutscher Sprache veröffentlicht worden. Allein die Herausgeber von Society, dem wichtigsten sozialwissenschaftlichen Periodikum der USA, erkannten die unverminderte Aktualität der Arbeit und veröffentlichten diese in der Juli-Ausgabe des Jahres 2002.

Peter Paschek

Berlin im Mai 2004

P. F. Drucker Was macht eine effektive Führungskraft aus?

Einleitung

Eine ideale Führungskraft muss nicht notwendigerweise eine „Führernatur“ sein. Weder Harry Truman noch Ronald Reagan entsprachen dem, was man sich heute unter einer Führernatur vorstellt. Beiden fehlte es beispielsweise gänzlich an „Charisma“, und dennoch gehörten sie zu den größten Führungskräften der amerikanischen Geschichte. Ebenso entsprachen auch einige der effektivsten Führungskräfte – ob in Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen –, mit denen ich in fünfundsechzig Jahren als Berater arbeitete, ganz und gar nicht dem gängigen Bild. Diese erfolgreichen Führungskräfte waren sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, sie vertraten sehr unterschiedliche Werte und Meinungen und hatten sehr unterschiedliche Stärken und Schwächen. Ich habe das gesamte Spektrum erlebt, vom übersprudelnd Extrovertierten bis hin zum Beinahe-Einsiedler. Was sie alle erfolgreich machte, waren die acht Kardinaltugenden, denen sie treu blieben:

Sie fragten sich: Was ist zu tun?Sie fragten sich: Was ist gut für das Unternehmen?Sie entwickelten einen Aktionsplan.Sie übernahmen Verantwortung und trafen Entscheidungen.Sie sorgten für effektive Kommunikationsstrukturen.Sie konzentrierten sich auf die Chancen.Sie gestalteten ihre Meetings produktiv.Sie dachten und sprachen von einem „Wir“.

Anhand der beiden ersten Tugenden erwerben sie sich das Wissen, das sie brauchen, um effektiv zu sein. Die nächsten vier wandeln dieses Wissen in effektives Handeln. Und die letzten beiden Tugenden stehen für jenes Verhalten, wie es die Effektivität voraussetzt.

I. Wissensbedarf

Eine effektive Führungskraft zeichnet sich dadurch aus, dass sie fragt: „Was ist zu tun?“, und nicht etwa: „Was möchte ich tun?“ Effektivität erreicht man nur, indem man sich fragt, was getan werden muss, und es entsprechend ernst nimmt. Umgekehrt gilt dann auch für Führungskräfte, die diese Frage nicht stellen, dass sie ihr Potenzial verschenken – ganz gleich, wie beachtlich es sein mag.

Als Harry Truman nach dem Tod von Franklin D. Roosevelt 1945 Präsident der Vereinigten Staaten wurde, wusste er genau, was er tun wollte: Er wollte die von Roosevelt begonnenen sozialen und wirtschaftlichen Reformen des „New Deal“ zu Ende führen, die durch den Zweiten Weltkrieg vorübergehend auf Eis gelegt worden waren. Kaum jedoch fragte Truman sich „Was ist zu tun?“, erkannte er, dass die Außenpolitik absolute Priorität haben musste. Sein Arbeitstag begann demzufolge mit täglichen kurzen Beratungen mit dem Außen- sowie dem Verteidigungsminister. So sollte Truman in punkto Außenpolitik zum erfolgreichsten aller amerikanischen Präsidenten werden. Er behielt den europäischen und asiatischen Kommunismus unter Kontrolle und läutete mit dem Marshall-Plan fünfzig Jahre weltweiten Wirtschaftswachstums ein.

Auf die Frage „Was ist zu tun?“ ergeben sich zumeist mehrere dringliche Aufgaben. Effektive Führungskräfte aber verzetteln sich nicht. Sie konzentrieren sich auf eine Aufgabe zur Zeit, sofern es irgend möglich ist. Eine überschaubare Minderheit wählt eventuell zwei Aufgaben gleichzeitig – eine Spezialität von Leuten, die am besten unter Druck arbeiten. Ich habe allerdings noch keine Führungskraft kennengelernt, die mehr als zwei Aufgaben gleichzeitig bewältigen und dabei noch effektiv bleiben konnte. Effektive Führungskräfte setzen also, nachdem sie sich gefragt haben „Was ist zu tun?“ Prioritäten und halten diese ein.

Ungeachtet dessen, wie wichtig oder reizvoll andere Aufgaben sein mögen, sie werden „verschoben“. Ideale Führungskräfte sind sich jedoch sehr wohl dessen bewusst, dass aufgeschoben und aufgehoben de facto dasselbe ist. Deshalb arbeiten sie nicht einfach stur eine Aufgabenliste ab, sondern fragen sich nach jeder abgeschlossenen Arbeit erneut: „Was ist zu tun?“ Und hierauf ergeben sich stets neue Prioritäten.

Jack Welch, zwanzig Jahre als CEO der General Electric Company (GE) die berühmteste Führungskraft Amerikas, fragte sich alle fünf Jahre: „Was ist jetzt zu tun?“

Ehe er nun aber festlegte, wo sein Schwerpunkt für die nächsten fünf Jahre liegen sollte, stellte er sich noch eine weitere Frage, nämlich: „Welche der damit verbundenen Aufgaben passt am besten zu mir?“ Auf diese Aufgabe konzentrierte er sich, während er die anderen entsprechend delegierte. Denn auch das macht eine effektive Führungskraft aus: Sie versucht gar nicht erst, Dinge zu tun, die ihr nicht liegen.

Diese Führungskräfte sind sich ihrer Beispielfunktion für das gesamte Unternehmen sehr wohl bewusst. So habe ich mehr als einmal gehört, wie meine Klienten im Topmanagement einen alten englischen Kinderreim zitierten, der heißt: „Je weiter der Affe nach oben klettert, umso besser sieht man seinen Hintern.“

Effektive Führungskräfte wissen, dass Unternehmen immer so gut funktionieren wie ihr Topmanagement. Gelingt es den Topmanagern nicht, ein Beispiel für Leistung und Standard zu sein, wird das Unternehmen auch keine Leistung bringen. Daher übernehmen effektive Führungskräfte vor allem jene Aufgaben, in denen sie sicher sein können zu brillieren.

Die zweite Tugend – welche nicht minder wichtig ist als die erste – steckt in der Frage: „Was ist das Richtige für das Unternehmen?“ Gefragt wird nicht: „Was ist gut für die Eigentümer?“ oder „Was ist gut für die Mitarbeiter?“, ebenso wenig „Was ist gut für den Aktienkurs?“ oder „Was ist für uns, die Führungskräfte, gut?“ Natürlich wissen gute Führungskräfte, dass Aktionäre, Mitarbeiter und das Management wichtige Größen sind, wenn es darum geht, Entscheidungen mitzutragen oder zumindest zu akzeptieren. Sie wissen weiterhin, dass der Aktienkurs nicht bloß für den Aktionär von Bedeutung ist, sondern gleichermaßen für das Unternehmen, insofern als das Preis-/Gewinn-Verhältnis die Kosten einer von zwei Schlüsselressourcen festlegt, sprich: des Kapitals (die andere sind selbstverständlich die Menschen). Aber sie wissen darüber hinaus, dass eine Entscheidung – wie überhaupt jedwedes Handeln des Unternehmens – richtig für das Unternehmen sein muss. Andernfalls wird sie letztlich auch für alle Stakeholder nicht richtig sein.

Soweit man das von außen beurteilen kann, hätte Enron sehr wohl die Plünderungen seiner Topmanager überleben können. Was das Unternehmen umbrachte war vielmehr, dass sich dort niemand fragte: „Was ist gut für Enron?“, sondern stattdessen nur: „Was ist gut für den Aktienpreis?“

Ganz besonders wichtig ist die Frage nach dem „Was ist gut für das Unternehmen?“ für Firmen, die in Familienbesitz sind oder von Familien geleitet werden. Eine nicht unwesentliche Zahl aller Unternehmen weltweit sind entweder in Familienbesitz oder unter Familienführung. Vor allem unter den großen Konzernen fallen diese Familienunternehmen auf (selbst in Japan). In den USA befanden sich noch in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts drei der größten Unternehmen im Familienbesitz: Du Pont de Nemours, IBM und die Ford Motor Company. Meine Erfahrung hat mich gelehrt, dass nur jene Familienunternehmen gedeihen, die die Betonung auf „Unternehmen“, nicht aber auf „Familie“ legen.

Dies gilt umso mehr, wenn Personalentscheidungen getroffen werden müssen. In einem erfolgreichen Familienunternehmen werden nur solche Familienmitglieder befördert, die eindeutig den Nicht-Familienmitgliedern gleichen Ranges überlegen sind.

So bestand das Topmanagement bei Du Pont etwa bis in die 1990er über 175 Jahre hinweg ausschließlich aus Familienmitgliedern (mit Ausnahme des Controllers und des Syndikus). Sämtliche männlichen Nachkommen des Firmengründers hatten einen Anspruch auf eine Anstellung im Unternehmen, allerdings auf eine in den untersten Rängen der Hierarchie. Wollten sie innerhalb der Firma aufsteigen, musste ein Ausschuss aus Nicht-Familienmitgliedern beschließen, dass der Betreffende anderen ranggleichen Mitarbeitern überlegen war. Nach derselben Regel funktioniert die Personalpolitik bei einem sehr erfolgreichen britischen Familienunternehmen, J. Lyons & Co. (mittlerweile Teil eines führenden Firmenkonglomerats), das lange Zeit eine Spitzenposition in der britischen Gastronomie inne hatte.

Sich zu fragen „Was ist gut für das Unternehmen“, garantiert noch nicht, dass auch die richtigen Dinge getan werden. Selbst die klügste Führungskraft ist ein Mensch und entsprechend anfällig für Fehleinschätzungen und Vorurteile. Die Frage deshalb jedoch gar nicht erst zu stellen, kommt einer Garantie für falsches Handeln gleich.

II. Der Aktionsplan

Führungskräfte sind Macher: Sie setzen Dinge um. Noch so umfassendes Wissen vermag nichts auszurichten, solange Führungskräfte es nicht in Taten umsetzen. Daher brauchen sie einen Aktionsplan, wenn sie effektiv sein wollen. Die Fragen, die sie sich stellen sollten, lauten: „Welche Beiträge, Leistungen und Resultate sollte das Unternehmen innerhalb der nächsten achtzehn Monate bis zwei Jahre von mir erwarten?“, „Für welche Beiträge, Leistungen und Resultate während dieses Zeitraums bin ich verantwortlich?“, „In welchem Zeitraum?“

Nachdem sie sich eingehend mit den Fragen „Was ist zu tun?“, „Was ist gut für das Unternehmen?“ und „Wo liegen meine Prioritäten?“ befasst haben, sollten sie die eventuellen Hemmnisse berücksichtigen, die sich anhand folgender Fragen ermitteln lassen:

Ist unser Vorgehen ethisch einwandfrei?Ist unser Vorgehen unternehmensintern akzeptabel?Ist unser Vorgehen legal?Ist unser Vorgehen mit unseren Ideen, unseren Werten und unserer Unternehmenspolitik kompatibel?

Können all diese Fragen bejaht werden, ergibt sich daraus zwar nicht automatisch effektives Handeln. Vernachlässigt man diese Aspekte allerdings, werden sie jedweden Aktionsplan hemmen und ineffektiv machen.

Ein Aktionsplan ist eine Absichtserklärung, keine Verpflichtung, die man eingeht. Er darf also nicht zur Zwangsjacke werden. Im Gegenteil: Je erfolgreicher ein Aktionsplan ist, umso häufiger wird er geändert. Mit jedem Erfolg nämlich ergeben sich neue und andere Chancen, die nach einer Planänderung verlangen. Dasselbe trifft naturgemäß auch auf jeden Misserfolg zu, ebenso wie auf Veränderungen im Umfeld, im Markt oder personelle Veränderungen innerhalb des Unternehmens: Sie alle verlangen nach einem neuen Überdenken und Überarbeiten des Plans.

Ein Aktionsplan muss klare Vorgaben machen über die Ergebnisse, die von den bestimmten Vorgehensweisen erwartet werden. Und er braucht eingearbeitete Mechanismen, anhand derer ein automatischer, fortlaufender Abgleich der Ergebnisse mit den Erwartungen stattfindet.

Effektive Führungskräfte bauen normalerweise zwei solcher Prüfstellen in die Aktionspläne ein. Die erste Prüfung erfolgt ungefähr nach Ablauf der Hälfte der vorgegebenen Zeit, also nach neun Monaten; die zweite findet am Ende des ersten Aktionsplans und vor Festsetzung des nächsten statt. Nicht zuletzt muss der Aktionsplan die Grundlage des Zeitmanagements bilden.

Meines Wissens war ich der Erste, der über Zeitmanagement als Voraussetzung für effektive Führung schrieb.1 Seither ist Zeitmanagement zu einer veritablen Branche herangewachsen. Tatsächlich gehört Zeit zu den rarsten und teuersten Gütern der Führungskraft. Und alle Organisationen, seien es staatliche Institutionen, Wirtschaftsunternehmen oder Non-Profit-Unternehmen, sind per se Zeitverschwender. Daher muss schon die Einführung eines sinnvollen Zeitmanagements als eigenständiger Aktionsplan betrachtet werden, so wie im umgekehrten Fall kein noch so guter Aktionsplan etwas auszurichten vermag, solange das Zeitmanagement nicht auf ihn abgestimmt ist.

Napoleon sagte einmal, keine erfolgreiche Schlacht wäre jemals ihrem Plan gefolgt. Dennoch plante Napoleon jede einzelne seiner Schlachten minutiös voraus – viel mehr, als es jemals ein anderer General getan hatte. Ohne Aktionspläne werden Führungskräfte zu Gefangenen der Ereignisse. Aber wenn die Aktionspläne nicht immer wieder auf die Ereignisse hin systematisch überprüft und revidiert werden, können Führungskräfte nicht entscheiden, welche Ereignisse wirklich von Belang und welche lediglich viel Lärm um nichts sind; sie verlieren dann die Kontrolle.

III. Vom Plan zum effektiven Handeln

Effektive Führungskräfte übernehmen die Verantwortung für Entscheidungen und Kommunikation. Sie konzentrieren sich auf die Chancen, die sich ihnen bieten, und halten produktive Meetings ab.

Entscheidungsfindung. Effektive Entscheider wissen, dass keine Entscheidung wirklich getroffen wurde, solange sie nicht

den Namen desjenigen enthält, der für die Umsetzung und Fristeinhaltung verantwortlich ist;die Namen derjenigen aufführt, die von ihr betroffen sind und entsprechend informiert sein müssen, sie verstehen und sie gutheißen (bzw. wenigstens akzeptieren) müssen; die Namen der Menschen nennt, die über die Entscheidung unterrichtet werden sollten, auch wenn sie nicht direkt von ihr betroffen sind.

Bevor diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, handelt es sich nicht um Entscheidungen, sondern bestenfalls um gute Absichten.

Effektive Führungskräfte wissen außerdem, dass Entscheidungen eine systematische Überprüfung zu einem vorher festgesetzten Zeitpunkt brauchen – von den Ergebnissen bis hin zu den Annahmen, die der Entscheidung zugrunde lagen. Auf diese Weise lassen sich falsche – und insbesondere inadäquate – Entscheidungen korrigieren, bevor sie wirklichen Schaden anrichten.

Systematisches Feedback wie oben beschrieben ist vor allem im Bereich der schwierigsten Entscheidungen wesentlich: den personellen.

Wirft man einen genaueren Blick auf Personalentscheidungen, so erweist sich nur ein Drittel von ihnen als wirklicher Erfolg, ein anderes als folgenlos – also weder als erfolgreich noch als gescheitert – und das letzte Drittel schließlich machen die fehlgeschlagenen Personalentscheidungen aus. Da gute Führungskräfte um diese Verhältnisse wissen, prüfen sie ihre Personalentscheidungen nach Ablauf von sechs bis neun Monaten. Und sollten dann die gewünschten Ergebnisse ausbleiben, sagen sie nicht etwa: „Diese Person leistet nicht genug“, sondern vielmehr: „Ich habe einen Fehler gemacht.“ In einem Unternehmen mit einem soliden Management ist man sich darüber im Klaren, dass die Schuldigen nicht diejenigen sind, die in einem neuen Job nicht die Erwartungen erfüllen, besonders bei einer Beförderung.

Führungskräfte schulden es ihren Unternehmen und ihren Mitarbeitern, wichtige Posten nicht durch Leute zu blockieren, die ihren Aufgaben dort nicht gewachsen sind. Sie müssen sie austauschen, wobei sie allerdings nicht vergessen dürfen, dass die Fehlbesetzung einzig auf das Konto der Führungskraft geht und nicht auf das des fehlbesetzten Mitarbeiters. Entsprechend bietet man in gut geführten Untenehmen den Betroffenen an, auf ihren vorherigen Posten zu den vorherigen Konditionen zurückzukehren. Sie machen zwar selten von diesem Recht Gebrauch, sondern gehen in den meisten Fällen lieber – zumindest in den USA –, aber trotzdem ist allein die Existenz dieser Option wertvoll. Ganz zu schweigen davon, dass sie Menschen Mut macht, einen sicheren und bequemen Job aufzugeben und sich auf neue Wagnisse einzulassen. Und genau diese Risikofreude ist es, wovon die Leistungen eines Unternehmens in großem Maße abhängen – insbesondere die so überaus wichtige Innovationsleistung.

Die Ergebnisse einer Entscheidung mit den ihr zugrunde liegenden Erwartungen abzugleichen kann auch ein sinnvolles Werkzeug sein, die eigene Entwicklung voranzutreiben. In dieser Prüfung zeigen sich die Stärken der Führungskräfte ebenso wie die Stellen, an denen diese Stärken noch verbessert werden sollten. Anhand der Überprüfung von Ergebnissen mit Ergebniserwartungen können Führungskräfte sehen, welches Wissen und welche Informationen ihnen noch fehlen. Und sie erkennen ihre Schwächen, jene Bereiche, in denen es ihnen an Kompetenz mangelt, wie auch jene, in denen sie irreparable Beschränkungen und Mängel aufweisen – diejenigen, in denen sie, salopp ausgedrückt, blind oder taub sind. Dies sind die Bereiche, in denen die effektive Führungskraft einfach gar nicht erst selbst Entscheidungen trifft oder handelt. Hier delegiert sie, denn jeder hat bestimmte Gebiete, auf denen er nicht sonderlich bewandert ist. So etwas wie ein Universalgenie der Führung gibt es nicht.

In den meisten Diskussionen über Entscheidungsfindungsprozesse gewinnt man den Eindruck, nur Topmanager würden Entscheidungen treffen oder zumindest würden nur ihre Entscheidungen Gewicht haben. Ein klassisches Missverständnis. Entscheidungen werden auf sämtlichen Unternehmensebenen getroffen, angefangen von Einzelnen, die einen professionellen Beitrag leisten, und Abteilungsleitern auf unterster Ebene. Gerade die Entscheidungen aber, die auf dieser vermeintlich untersten Ebene gefällt werden, gewinnen zusehends an Bedeutung in einer Welt, in der Unternehmen zusehends auf Wissen setzen müssen, d. h. das Wissensunternehmen zum dominanten Faktor in der postindustriellen Gesellschaft wird. Demzufolge sollte Entscheidungsfindung auf jeder Unternehmensebene produktiv und professionell angegangen werden. In einem wissensbasierten Unternehmen sollte sie jedem vermittelt werden, angefangen bei den Einstiegsjobs.

Kommunikationsverantwortung. Effektive Führungskräfte übernehmen die Verantwortung für die Kommunikation. Sie sorgen dafür, dass sowohl ihr Aktionsplan als auch ihr Wissensbedarf von allen verstanden werden.

Das heißt allerdings auch, dass effektive Führungskräfte zu jedem gehen, mit dem sie arbeiten – den Abteilungsleitern, den Untergebenen, den Kollegen –, und ihnen ihren Aktionsplan vorstellen sowie um ihre Stellungnahmen bitten. Anschließend fragen sie: „Und wie sieht dein Aktionsplan aus?“ Als Nächstes wenden sie sich an dieselben Leute und bitten um Informationen: „Das sind die Dinge, die ich von dir wissen muss, um meine Arbeit machen zu können.“ Und schließlich fragen sie: „Welche Informationen brauchst du von mir, um deine Arbeit machen zu können?“ Die Menschen übrigens, denen Führungskräfte vor allem Informationen schulden, sind nicht ihre Untergebenen, sondern vielmehr ihre Vorgesetzten und ihre Kollegen.

Dank Chester Barnards 1938 erschienenem Werk Function of the Executive wissen wir heute, dass alle Organisationen, ob Wirtschaftsunternehmen, Non-Profit-Organisationen oder staatliche Institutionen, nicht durch Besitz oder Autorität zusammengehalten werden, sondern durch Informationen. Dennoch sind meiner Erfahrung nach viel zu viele Führungskräfte nach wie vor der Ansicht, Informationsfluss wäre der Job von Spezialisten, d. h. von Buchhaltern. Entsprechend bekommen sie eine enorme Menge an Daten, die sie nicht brauchen und mit denen sie nichts anfangen können, aber wenig Informationen. Sie können also gar nicht wirklich effektiv arbeiten.

IV. Chancen suchen und erkennen

Effektive Führungskräfte konzentrieren sich auf Chancen, nicht auf Schwierigkeiten. Natürlich müssen Probleme angegangen und dürfen nicht unter den Teppich gekehrt werden. Aber effektive Führungskräfte wissen, dass „Problemlösung“, so notwendig sie auch sein mag, keine Resultate zeigt. Sie beugt Schäden vor, mehr nicht. Möglichkeiten auszuschöpfen hingegen produziert sehr wohl Ergebnisse.

Gute Führungskräfte sehen vor allem Veränderungen als Chance und nicht als Bedrohung. Sie sind systematisch auf der Suche nach Veränderungen, sowohl inner- wie auch außerhalb des Unternehmens, und fragen: „Wie können wir diese oder jene Veränderung als Chance für unser Unternehmen nutzen?“

Es gibt sieben Bereiche der Veränderungen, in denen ideale Führungskräfte Chancen erkennen.2 Sie sind:

ein unerwarteter Erfolg oder Misserfolg des eigenen Unternehmens, eines Konkurrenzunternehmens oder der ganzen Branche;ein Bruch zwischen der Realität, wie sie sich darstellt, und der, wie sie “sein sollte“, bezogen auf ein Produkt, eien Dienstleistung oder einen Markt;Neuerungen in Produktionsprozessen, Produkten, Dienstleistungen, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens oder der Branche;Strukturveränderungen innerhalb der Branche oder des Marktes;demografische Faktoren;Veränderungen des Denkens, der Werte, der Wahrnehmung, der Stimmung oder einer Bedeutung; neues Wissen und neue Technologien.

Außerdem sorgen effiziente Führungskräfte dafür, dass die Chancen von den Problemen nicht überschwemmt werden.

In den meisten Unternehmen beginnt der monatliche Managementbericht mit einer Liste von Schlüsselproblemen. Effektive Führungskräfte aber bestehen darauf, als erste Seite eine Liste von Chancen aufzunehmen und die Probleme auf die zweite Seite zu verdrängen. Wenn es keine wirklichen „Katastrophen“ gibt, werden Probleme bei den Managementsitzungen nicht diskutiert, ehe nicht die Chancen analysiert, begriffen und angemessen besprochen wurden.

Ein weiterer und gleichermaßen wichtiger Punkt ist die Personalzuteilung. Effektive Führungskräfte setzen ihre besten und leistungsstärksten Leute auf Chancen an und nicht auf Probleme.

Eine Methode, die Personalplanung möglichst effektiv zu gestalten, ist die, zweimal jährlich alle Mitglieder einer Managementgruppe zu bitten, zwei Listen anzufertigen. Die eine sollte Chancen aufführen, die sich dem Unternehmen als Ganzes bieten, und die andere die leistungsstärksten Personen im Unternehmen aufführen. Diese Listen sollten dann in einer Managementsitzung diskutiert und zu zwei Schlusslisten von Chancen und Personen konsolidiert werden. Als Nächstes werden nun den unterschiedlichen Chancen die bestgeeigneten Leute zugeordnet. (In Japan wird diese Form der Personalplanung übrigens als die Hauptaufgabe einer jeden Personalabteilung in großen Unternehmen wie auch in staatlichen Verwaltungen gesehen – eine der großen Stärken der japanischen Wirtschaft.)

V. Produktive Meetings

Effektive Führungskräfte halten produktive Meetings ab. Die prominenteste, mächtigste und in vieler Augen effektivste Führungskraft im Amerika des Zweiten Weltkriegs und den Jahren danach war nicht etwa ein Geschäftsmann. Es war Francis Kardinal Spellman (1889 bis 1967), das Oberhaupt der katholischen Erzdiözese von New York und Berater diverser amerikanischer Präsidenten. Spellman sagte häufig, während seiner Wachphase wäre er nur zweimal täglich für jeweils fünfundzwanzig Minuten allein, nämlich wenn er morgens in seiner Privatkapelle die Messe las und wenn er abends seine Gebete vor dem Schlafengehen sprach. Ansonsten befand er sich durchgängig in „Sitzungen“ mit anderen, angefangen von einer katholischen Organisation, mit der er sich zum Frühstück traf, bis hin zu einer anderen, mit der er das Abendessen einnahm. Die Topmanager unseres Landes oder die Kabinettsmitglieder der Regierung sind nicht annähernd so von ihren Organisationen beansprucht wie es der Bischof einer großen katholischen Diözese ist. Untersuchungen über den Alltag von jüngeren leitenden Angestellten in der Wirtschaft, in Non-Profit- oder staatlichen Organisationen haben allerdings ergeben, dass sie sich gut die Hälfte ihres Tages in Meetings mit anderen befinden. (Die einzige Ausnahme bilden einige Forscher auf gehobenen Posten.) Und selbst Zeit, die man mit einer anderen Person verbringt, ist immer noch ein „Meeting“ im strengeren Sinne.

Um also effizient zu sein, müssen Führungskräfte dafür sorgen, dass diese Meetings produktiv sind. Sie machen sie zu Arbeitssitzungen und vermeiden, dass darin bloß Unsinn fabriziert wird.

Effektive Führungskräfte wissen, dass es unterschiedliche Formen von Meetings gibt, und sie wissen ebenfalls, was eine jede dieser Formen verlangt:

Es gibt Meetings, bei denen Erklärungen, Ankündigungen oder Pressemitteilungen vorbereitet werden sollen. Um sie zu produktiven Meetings zu machen, muss einer der Teilnehmer vorher einen Entwurf gefertigt haben. Und am Ende des Meetings sollte ein zuvor bestimmter Teilnehmer die Verantwortung dafür übernehmen, dass die besprochene Mitteilung auch an die richtige Adresse gelangt.Es gibt Meetings, in denen man Erklärungen formuliert, die Veränderung innerhalb des Unternehmens betreffen. Damit solch ein Meeting produktiv ist, sollte man es allein auf die Erklärung und deren Diskussion beschränken.Es gibt Berichtsmeetings. Hier wird nichts anderes diskutiert als der vorgetragene Bericht. Etwas anderes ist es, wenn mehrere oder alle Teilnehmer ihre Berichte vortragen, z. B. alle Länderverantwortlichen eines großen, multinationalen Konzerns oder alle Büroleiter eines großen Ministeriums. In diesem Fall kommt entweder überhaupt kein Gespräch zustande oder es werden höchstens einige Fragen zur Klärung gestellt. Möglich wäre allerdings auch eine kurze Diskussion im Anschluss an jeden einzelnen Bericht, sodass die Teilnehmer Fragen stellen können, was jedoch voraussetzt, dass die Berichte allen Teilnehmern bereits vor der Sitzung vorliegen. Diese Form verlangt außerdem nach einem klaren Zeitlimit, z. B. 15 Minuten pro Bericht.Es gibt Meetings, in denen ein Problem, eine Entscheidung oder ein Thema besprochen werden sollen (im Idealfall nur jeweils eines). Hier empfiehlt sich die vorherige Ernennung eines Teilnehmers – und nicht des Vorsitzenden – zum Berichterstatter. Diese Person muss sich in das Problem, die zu fällende Entscheidung oder das Thema einarbeiten, und das hinreichend, um die Sitzung souverän leiten zu können.Es gibt Meetings, die von der Führungskraft zur Informationsgewinnung einberufen werden. Bei dieser Sitzung hört die effektive Führungskraft zu und stellt Fragen, wird aber ansonsten nicht länger sprechen und auch keine Präsentation abhalten.Schließlich gibt es Meetings, deren einzige Funktion darin besteht, dass die Führungskraft sich mal wieder zeigt. Kardinal Spellmans Frühstücks- und Dinnerverabredungen etwa gehörten eindeutig in diese Kategorie. Solche Sitzungen lassen sich schlicht nicht produktiv gestalten, sind aber trotzdem unvermeidlich, hat man erst einmal einen bestimmten Rang erreicht. Topmanager beweisen ihre Effektivität deshalb auch nicht zuletzt dadurch, inwieweit es ihnen gelingt, diese Art Meetings aus ihrem Arbeitsalltag herauszuhalten. Kardinal Spellman beispielsweise schaffte es, indem er sie auf das Frühstück und das Abendessen beschränkte und sich so den Arbeitstag weitestgehend frei hielt.

Damit ein Meeting produktiv wird, braucht es ein hohes Maß an Selbstdisziplin. Die Führungskraft muss sich fragen: „Welche Art Meeting ist die angemessene?“ und dann bei dieser bleiben. Man kann nicht zwei oder drei Sorten Meeting miteinander verquicken.

Die Produktivität eines Meetings hängt darüber hinaus davon ab, wie konsequent das Ende eingeläutet wird, sobald der Ausgangspunkt geklärt und verabschiedet wurde. Effektive Führungskräfte bringen nun nicht ein anderes Thema auf und leiten die nächste Diskussion ein. Sie fassen zusammen und beenden die Sitzung.

Gute Führungskräfte kommen immer wieder auf die Ergebnisse abgehaltener Sitzungen zurück. Ein Großmeister dieser Disziplin war Alfred Sloan, Amerikas bekanntester CEO Mitte des 20. Jahrhunderts, und der effektivste Unternehmensführer, den ich kannte. Sloan leitete von 1920 oder 1921 bis in die Fünfziger hinein General Motors (GM) und baute das Unternehmen während der Depression zum weltweit größten und profitabelsten Automobilhersteller aus. Er verbrachte die meisten seiner sechs Arbeitstage pro Woche in Meetings – drei Tage in formellen Komitee-Meetings mit festgelegten Teilnehmern, und die anderen drei Tage in Ad-hoc-Meetings mit einem GM-Manager oder einer kleinen Gruppe von Managern. Zu Beginn der formellen Meetings pflegte Sloan ein paar Worte zu sagen, um den Zweck der Sitzung zu umreißen. Dann hörte er zu. Er machte sich nie Notizen und sprach auch selten, es sei denn, er hatte eine Frage. Am Ende fasste er das Gesagte zusammen, bedankte sich und ging. Nun aber setzte er sich in seinem Büro hin und schrieb ein kurzes Memo, in welchem er die Diskussion zusammenfasste, die Schlussfolgerungen darstellte und damit endete, die Aufgaben zu beschreiben, die man im Verlauf der Sitzung formuliert hatte (einschließlich der Entscheidung, eine weitere Sitzung zu dem Thema abzuhalten oder eine Untersuchung zu veranlassen). Im Memo wurde auch der Name des Verantwortlichen genannt, die Aufgabe und die Frist, innerhalb derer sie zu bewältigen war. Jeder Teilnehmer erhielt eine Kopie des Schreibens.

Durch diese Memos – von denen jedes ein kleines Meisterwerk für sich war – wurde Sloan zu einem auffallend effektiven Unternehmensführer.3

Und nicht zuletzt sind sich gute Führungskräfte durchaus bewusst, dass es keine „fast richtigen“ Meetings gibt. Sitzungen werden entweder produktiv gestaltet, oder sie sind blanke Zeitverschwendung.

VI. Schlussbemerkung

Es gibt nur zwei Regeln, was das Verhalten der idealen Führungskraft betrifft, die allerdings strengstens befolgt werden sollten. Sie lauten:

Effektive Führungskräfte denken oder sagen nicht „ich“, sondern „wir“,Effektive Führungskräfte sind die Ersten, die zuhören, und die Letzten, die reden.

Um es noch einmal zu betonen: Gute Führungskräfte unterscheiden sich erheblich in ihren Persönlichkeiten, Stärken und Schwächen, Werten und Überzeugungen. Sie haben nichts weiter gemein, als dass sie effektiv arbeiten, eben das Richtige tun. Es mag Führungskräfte geben, die schon als effektive Manager auf die Welt kommen. Doch die Nachfrage ist viel zu groß, als dass sie allein aus dem naturgegebenen Vorrat von „Napoleons“ gedeckt werden könnte. Effektivität ist eine Disziplin, die man lernen muss. Und diese Disziplin ist für jede Führungskraft auf jeder Ebene dieselbe, vom kleinen Abteilungsleiter bis hin zum CEO. Eine Führungskraft zu sein ist kein Privileg, sondern eine Verpflichtung. Und die oberste Verpflichtung dabei ist die zur Effektivität.

In meinem 1966 erschienenen Buch The Effective Executive, Harper/Collins, New York.

Näheres zu diesem Thema steht in meinem 1985 erschienenen Buch Innovation and Entrepreneurship, Harper/Collins, New York.

Eine Auswahl der Memos findet man in Sloans Buch My Years with General Motors, erstmals 1965 publiziert, Neuauflage 1983.

Fredmund Malik Konservatismus und effektives Management: Wege aus der Orientierungskrise

Selten zuvor haben Manager mit größerer Effizienz so viel Falsches gemacht wie seit Anfang der 1990er-Jahre; – gab es zwar so viel Effizienz, aber so wenig Effektivität; – wurden so viele Unternehmen so falsch geführt.

Selten zuvor wurde und wird so viel Falsches für das Nonplusultra modernen Managements und als Ausdruck exzellenter Leadership angesehen, über die Medien verbreitet, durch Consultants empfohlen und durch zahllose MBA-Programme rund um den Globus verbreitet.

Wir haben eine Krise des Managements – eine Orientierungs-, Werte- und Effektivitätskrise. Ihre Lösung liegt im Titel dieses Buches, in der Ausrichtung der Führung in allen gesellschaftlichen Segmenten auf das, was Prof. Peter F. Drucker die funktionierende Gesellschaft nennt und in deren Verwirklichung durch effektives Management.

Beides wurde von ihm als Erstem erkannt und von ihm erstmals konsequent durchdacht und ausgearbeitet. Der Zugang zum Verständnis beider Elemente wird durch ideologische Irrtümer und die nicht abreißenden Modewellen im Management verstellt.

Orientierungsverlust und Missmanagement

Wirtschaft und Management sind seit Beginn der 1990er-Jahre in entscheidenden Dimensionen aus dem Ruder gelaufen – gemessen daran, was wir über eine funktionierende Gesellschaft und über effektives Management tatsächlich wissen, und was Peter F. Drucker seit über einem halben Jahrhundert lehrt.

Der als ultimative Weisheit verbreitete Neoliberalismus und die auf der Shareholder-Doktrin aufbauende Corporate Governance haben in einem Ausmaß versagt, das selbst die entschiedenen Kritiker, zu denen ich seit Beginn dieser Fehlentwicklung gehörte, anfänglich nur erahnen konnten. Beide Irrlehren entpuppten sich als das, was sie von Anfang an waren: fehlender Sachverstand in glamouröser Verpackung.

Sie haben das Gegenteil von dem bewirkt, was ihre Befürworter vollmundig versprochen haben: Nach diesen Gesichtspunkten geführte Unternehmen wurden nicht stark, sondern schwach, und nicht wenige sind verkommen; die Aktionäre wurden nicht reich, sondern arm und haben über ihre Kursverluste hinaus noch jene Schulden, die ihnen geschichtsignorante Bankberater und Vermögensmanager nachgerade aufdrängten; Topmanager, zwar eine Minderheit, aber doch in maßgeblicher Zahl, haben durch ihr sichtbares Versagen als Unternehmensführer und durch die Bereicherungsexzesse bei Mitarbeitern und Bevölkerung die Glaubwürdigkeit der ganzen Wirtschaft verspielt. An die Stelle von Motivation sind Bitterkeit und Zynismus getreten. Statt des versprochenen Reichtums für alle haben wir eine neue soziale Frage.

Es hätte zu Beginn der 1990er-Jahre eine historisch einmalige Chance gegeben, aus den Trümmern des Sowjetkommunismus und dem definitiven, nicht mehr verschleierbaren Kollaps der marxistischen Doktrin eine neue, leistungsfähige Wirtschaftsordnung und gleichzeitig eine Ordnung für eine funktionierende Gesellschaft zu schaffen. Stattdessen wurde von intellektuellen, wirtschaftlichen und politischen Führern unter dem Etikett des Neo-Liberalismus eine neue Heilslehre geschaffen. Unter Missachtung all dessen, was von Peter Drucker zu lernen gewesen wäre, hat das zu einer Denkweise geführt, die wie selten zuvor verengt ist auf das, was man puren Pekuniarismus nennen kann.

In Wahrheit ist diese Doktrin nicht am Wirtschaften interessiert, sondern nur an Finanzen. Der Begriff „Gewinn“ wird zwar ständig verwendet; tatsächlich geht es aber fast ausschließlich um Geld. Es ist eine Denkweise, die Gesellschaft auf Wirtschaft reduziert und diese auf die Kategorie des Geldes. Unternehmensführung wird auf das verkürzt, was in Geldgrößen quantifizierbar ist. Es ist eine Denkweise, die zum Scheitern verurteilt ist, weil sie den Realitäten von Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft nicht gerecht wird; sie hat es nie getan, und schon gar nicht passt sie in die Wirklichkeit einer Wissensgesellschaft. Sie richtet immensen wirtschaftlichen und sozialen Schaden an. Er besteht in der massiven Fehlsteuerung von Ressourcen und in der Vernichtung von Kapital in großem Stil. Darüber hinaus werden tiefe Verachtung und Feindseligkeit der Menschen gegenüber der Wirtschaft und ihren Repräsentanten geschaffen.

Ursprung und Zentrum dieser Art des Wirtschaftens und der Unternehmensführung sind die Vereinigten Staaten. Mit der Erfindung des Shareholder-Values durch Alfred Rappaport 1986 wurde dieser zum alleinigen Führungsprinzip und einzigen Beurteilungskriterium für wirtschaftliches Handeln. Im Verbund mit dem Börsengeschehen, der Wallstreetindustrie, den Medien und der Psychologie des Publikums konnte eine Zeit lang der Eindruck entstehen, hier entstehe tatsächlich eine neue, paradiesische Wirtschaft.

Es entstand der Mythos von der starken US-Wirtschaft und das Märchen, deren Ursache sei das dort praktizierte Management. Das war die Grundlage für die unkritische, teilweise naive Nachahmung amerikanischer Gepflogenheiten in Europa und weltweit, mit Japan am ehesten als Ausnahme. Die USA wurden zum globalen Universalmodell für richtige Unternehmensführung. Wer nicht denselben Kanon sang, wurde von den Medien und Finanzanalysten geächtet.

Man ist zwei Fehlschlüssen zugleich erlegen: Erstens, selbst wenn die US-Wirtschaft stark wäre, so hätte das andere Gründe als das Management der letzten zehn Jahre. Zweitens aber – und wichtiger: die amerikanische Wirtschaft ist nicht stark. Sie ist im Gegenteil – wegen dieses Managements – schwächer als je zuvor, und sie hat ihre globale Konkurrenzfähigkeit weitgehend eingebüßt. Ob und wie schnell sie sie zurückgewinnen wird, ist abzuwarten. Die amerikanischen Wirtschaftszahlen sind aufgrund statistischer Besonderheiten systematisch geschönt. Amerika ist zum Exporteur abstruser Wirtschaftstheorien und Wirtschaftspolitik geworden.

So sicher Peter Drucker mit guten Argumenten 1942 sein konnte, dass nur die Vereinigten Staaten fähig sein würden, aus dem Debakel des Zweiten Weltkrieg heraus eine funktionierende Industriegesellschaft zu schaffen,4 so zweifelhaft ist heute die Führerschaft der USA. Selten zuvor hat die Regierung gerade jenes Landes, in dem die richtigen Grundsätze nicht nur gedacht, sondern erstmals praktisch realisiert wurden, diese so missachtet, wie es die Bush-Administration zu genau jenem Zeitpunkt tut, wo sie am meisten benötigt würden, und die Chancen am größten wären, sie anderenorts zu realisieren, wenn sie denn nur glaubwürdig vorgelebt würden.

Die Folge der unüberlegten Übernahme einer scheinbar unfehlbaren Managementdoktrin ist eine wirtschaftliche Wüstenei in jenen Branchen, die sie besonders eifrig befolgten: der Finanzbereich, die Versicherungswirtschaft, die Telekommunikationsindustrie, ein Teil der Medien- und der Informatikindustrie. Bilanzschönung und Bilanzfälschung, Einkommensexzesse, der Egomanie entspringende Fusionen und Akquisitionen, Verschuldungsexzesse und der Verlust von Vertrauen und Glaubwürdigkeit sind die sichtbaren Ruinen.

Wie erwähnt gibt es Orientierungs-, Rat- und Hilflosigkeit in weiten Teilen des Topmanagements. Man begreift, dass an den scheinbar definitiven Wahrheiten etwas nicht stimmen kann, aber man versteht nicht, was es ist. Noch wichtiger: Man hat keine Alternative. Man spürt, dass etwas falsch ist; aber man weiß noch nicht, was richtig ist.

Diese Fehlentwicklungen sind umso schwerwiegender, als sie leicht vermeidbar gewesen wären. Inmitten der falsch geführten Organisationen, insbesondere den Wirtschaftsunternehmen, gibt es auch zahlreiche richtig und gut geführte Unternehmen, die allerdings nicht im Blickpunkt der Medien stehen. Praktisch alle Unternehmen, die in den letzten rund zehn Jahren in Schwierigkeiten waren oder untergegangen sind, wurden nach dem US-Muster des Shareholder-Values geführt; und alle gesunden Unternehmen wurden nach gegenteiligen Prinzipien geführt, nach Prinzipien effektiven Managements, wie sie von Peter Drucker entwickelt wurden.

Konservatismus, Liberalismus: wahr und falsch

Die richtige Lösung war verfügbar, als 1990 der Kommunismus zusammenbrach. Sie lag in den Schriften Peter Druckers ausgearbeitet vor. Stattdessen kam eine Karikatur von Liberalismus in Mode, die zwar mit intellektueller Arroganz und hegemonischem Sendungsbewusstsein verbreitet wurde, aber nirgends funktioniert hat, weder in Argentinien noch in Russland, auch nicht in den USA, von wo sie stammt. Der Neo-Liberalismus, wie er verstanden und praktiziert wird, hat kaum Gemeinsamkeiten mit den Positionen der bedeutenden liberalen Denker.

Schon gar keine Chance hatten konservative Ordnungsideen. Allein das Wort „Konservatismus“ widersprach dem Zeitgeist von Globalisierung, Deregulierung und allgemeiner New-Economy-Euphorie. Der heute in der Bush-Administration dominierende NeoKonservatismus entwickelte sich eher unbeachtet von der Öffentlichkeit. Drucker grenzt sich 1995 im Vorwort zur Neuauflage seines für das vorliegende Thema wichtigsten Buches scharf von diesem ab: „ ... while ,conservative‘ in a very old sense, this book is not ,neoconservative‘ … What we now call neo-conservative, I called ,mercantilist‘ in this book – and I asserted that it had become outmoded and counterproductive – I’d make the same assertion today. For neoconservatism denies rather than affirms the reality of industrial and postindustrial society. It is, in effect, only another term for nineteenthcentury Manchester Liberalism that preached that economics was everything. And that is incompatible with a true conservative position.“5

Die geeigneten Lösungen wurden übersehen oder ignoriert. Wenn schon Liberalismus, so wäre es der richtige Liberalismus statt dem Neo-Liberalismus gewesen; und – wie zu sehen sein wird – noch besser wäre gewesen, den richtigen Konservatismus als gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Leitschnur zu nehmen. Es ist der Konservatismus Peter F. Druckers, den er in seinem Buch „The Future of Industrial Man“ im Jahre 1942 vorgelegt hat. Es hat den Untertitel „A conservative approach“, der ohne ersichtlichen Grund in der Wiederveröffentlichung 1995 weggelassen wurde.

Es ist besser, zu sagen, dass Peter Drucker in diesem Buch die erste und bisher einzige allgemeine Theorie einer funktionierenden Gesellschaft vorlegt. Diese Formulierung hat die Chance, Interesse zu wecken und nicht im Labyrinth zu verkommen, das sich um die Begriffe Liberalismus und Konservatismus und ihre je zahlreichen, unterschiedlichen und völlig unvereinbaren Bedeutungen entwickelt hat. Es ist unmöglich, diese beiden Begriffe zu verwenden, ohne sofort missverstanden zu werden.