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Immer freundlich und geduldig: Auch bei dem anspruchsvollen neuen Gast verliert die hübsche Hotelangestellte Maresa nie die Nerven. Doch dann erfährt sie schockiert, dass es sich um Cameron McNeill handelt - ihren Boss. Und der hat einen skandalösen Wunsch!
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Seitenzahl: 192
IMPRESSUM
Karibische Liebesnächte mit dem Boss erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2017 by Joanne Rock Originaltitel: „His Accidental Heir“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARABand 396 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Brigitte Marliani-Hörnlein
Umschlagsmotive: kiuikson / Shutterstock
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733717513
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Rafe, ich brauche dich heute in der Antillen-Suite.“ Maresa Delphine reichte ihrem jüngeren Bruder einen Zehn-Liter-Behälter mit einem Schaumbad. „Heute kommt ein Gast, der bei seiner Ankunft ein heißes Bad braucht. Aber er kann noch nicht sagen, wann genau er eintreffen wird.“
Ihr einundzwanzigjähriger Bruder – der durch einen Autounfall ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatte – griff jedoch nicht nach dem Behälter. Stattdessen folgte sein Blick den Bewegungen der freundlichen Barfrau, die gerade einem Gast einen Blackbeard’s Revenge Cocktail auf der Terrasse vor der Lobby servierte. Die deckenhohen Fenster im Carib Grand Hotel erlaubten einen Blick auf die Tiki Bar am Barefoot Beach und die glitzernde Karibik dahinter. Im Hotel hatte der nachmittägliche Trubel zugenommen. Maresa war gerade noch wie eine Wahnsinnige zur Drogerie gerast, um Badeprodukte zu kaufen. Alle ihre Bediensteten waren damit beschäftigt gewesen, Wünsche der Gäste zu erfüllen, deshalb war sie selbst gefahren. Sie hatte keine Ahnung, was ihr neuester Mitarbeiter – ihr Bruder – während dieser Zeit gemacht hatte. Seine Gesundheit war noch nicht wieder ganz hergestellt, daher durfte er keinesfalls allein arbeiten. Es musste immer jemand dabei sein.
Er hatte ihren Handyanruf nicht angenommen, obwohl er wusste, dass er sich an die Regeln halten musste, wenn er seinen Job behalten wollte. Ganz zu schweigen davon, dass man Maresa die Schuld an seinen Fehlern geben könnte. Und weil sie ihre Familie finanziell unterstützte, konnte sie es sich nicht erlauben, ihren Job als Concierge in diesem exklusiven Hotel auf einer Privatinsel vor Saint Thomas zu verlieren.
„Rafe.“ Vorsichtig stupste sie ihren Bruder mit dem schweren Behälter an. Sie erinnerte sich an den Rat seines Therapeuten, wie ihm geholfen werden konnte, bei der Sache zu bleiben, wenn er abgelenkt war. „Ich habe vom Bäcker ein paar Croissants mitgebracht, die wir in deiner nächsten Pause essen können. Aber jetzt brauche ich wirklich Hilfe. Kannst du dies bitte in die Antillen-Suite bringen? Ich möchte, dass du heißes Wasser in die Wanne laufen lässt und diesen Badezusatz zufügst, sobald ich dir eine SMS schicke.“
Der anspruchsvolle Gast könnte jeden Moment durch die Tür kommen. Mr. Holmes hatte heute Morgen angerufen. Er hatte zwar nicht angeben können, wann genau er eintreffen würde, hatte aber darauf bestanden, dass dann ein heißes Bad für ihn eingelassen war. Das war nur der erste Posten auf einer langen Liste von Wünschen.
Sie sah auf ihre Uhr, das Abschiedsgeschenk ihres letzten Arbeitgebers. Vor einem Jahr hatte sie ihren Traumjob in einem Pariser Hotel aufgeben müssen – nach dem Autounfall ihrer Mutter, bei dem sich Rafe diese schwere Kopfverletzung zugezogen hatte. Seitdem war ihr Platz hier in Charlotte Amalie, damit sie ihrem Bruder helfen konnte.
„Ich gehe in die Antillen-Suite.“ Rafe klemmte sich das Schaumbad unter einen Arm, während er weiter die Barfrau betrachtete, ein süßes Mädchen namens Nancy, das wirklich nett zu ihm gewesen war, als Maresa sie miteinander bekannt machte. „Du rufst mich an, wenn ich das Wasser aufdrehen soll.“
Maresa berührte Rafes Wange, um seine volle Aufmerksam zu erlangen. Dabei fuhr sie mit den Fingern über die Narbe unter seinem linken Ohr. Ihre an MS erkrankte Mutter hatte hinterm Lenkrad einen Schub erlitten, und der Wagen war gegen einen Telefonmast geknallt. Rafe war durch die Windschutzscheibe geflogen, da er nicht angeschnallt gewesen war. Er hatte im Moment des Unfalls nach seinem Handy geangelt, das auf dem Rücksitz gelegen hatte. Maresa hatte sich später um seine Pflege gekümmert, da ihre Mutter mit den eigenen Gesundheitsproblemen zu kämpfen hatte. Ihr Vater war nie zu etwas zu gebrauchen gewesen, ein erfolgloser amerikanischer Geschäftsmann, der in der Kreuzfahrtbranche tätig war. Bei seinen Besuchen lullte er Maresas Mutter mit dem Versprechen ein, dass er die Familie zu sich nach Wisconsin holen würde, sobald er genug Geld gespart hatte. Das war nie passiert, und er hatte sie im Stich gelassen, als Maresa zehn Jahre alt war. Damals war er wegen seines Jobs nach Europa gegangen.
Maresa machte es nichts aus, ihr Leben für ihren Bruder zu ändern. Sie war glücklich, dass ihr Bruder überlebt hatte, der Unfall hätte auch tödlich ausgehen können. Ja, er würde immer wieder mit Phasen der Verwirrung fertig werden müssen, Gedächtnisverlust und Erregbarkeit samt Lernbehinderungen. Trotz allem, Rafe war … Rafe. Der Bruder, den sie liebte. Er hatte ihr geholfen, als ihr Ex-Verlobter sich vor zwei Jahren von ihr trennte. Eine Woche vor der Hochzeit. Rafe hatte sie ermuntert, nach Paris zu gehen und sein „Superstar“ zu sein.
Er war damals für sie da gewesen. Jetzt würde sie für ihn da sein.
„Rafe? Geh in die Antillen-Suite, und ich schicke dir eine SMS, wenn es so weit ist, das Wasser einlaufen zu lassen.“ Sie wiederholte die Anweisungen. Sie wusste, dass es besser wäre, ihn in das Wartungsteam zu stecken oder zu den Gärtnern, wo er jeden Tag dieselben Aufgaben hätte. Aber wer sollte dann auf ihn aufpassen? „Denk daran, das Schaumbad hinzuzufügen. Okay?“
„Schaumbad.“ Rafe grinste, seine Augen klärten sich. „Mach ich.“ Pfeifend ging er in Richtung Fahrstuhl.
Ihre Erleichterung hielt nur einen Moment an, denn genau in diesem Moment fuhr eine Limousine vor. Der Portier und die Pagen bewegten sich als ein perfekt aufeinander abgestimmtes Team zum Wagen, um den Gast zu begrüßen und sich um das Gepäck zu kümmern.
Sie rückte die Orchidee gerade, die an ihrem hellblauen Leinenblazer steckte. Wenn das Mr. Holmes war, dann musste sie ihn hinhalten, damit Rafe genug Zeit hatte, das Bad einzulassen. Der Gast hatte am Telefon kurz und knapp, fast schon unhöflich, seine abstrusen Wünsche geäußert. In der Suite musste es einen Platz mit Gras geben – Weidelgras – damit sein Malteser sich erleichtern konnte. Der Gast hatte außerdem einen Hundesitter geordert, der drei Jahre Erfahrung und Referenzen vorweisen konnte, einen eigenen Hundefrisör, täglich frischen Flieder im Zimmer und besondere Pasteten, die aus einem Geschäft im Norden von New York jeden Abend als Snack zur Schlafenszeit eingeflogen werden sollten.
Und das war nur der Anfang. Sie war gespannt, was er außerdem für seinen zweiwöchigen Aufenthalt begehrte. Es waren diese Gäste, die über Erfolg oder Misserfolg einer beruflichen Karriere entschieden. Die lautstarken mit ihren unzähligen mehr oder weniger verrückten Wünschen. Die sie alle erfüllen würde. Es gab auf der Insel nur eine begrenzte Anzahl Jobs, in denen sie das verdiente, was sie benötigte, um ihre Mutter und ihren Bruder zu unterstützen, deshalb musste Maresa im Carib Grand erfolgreich sein.
Sie atmete tief durch, rückte das einzige Blatt Papier auf ihrem Tisch gerade und legte einen Stift daneben. Dann öffnete sie auf ihrem Monitor die Liste mit den Telefonnummern der Restaurants, sodass sie im Fall des Falles sofort Reservierungen vornehmen konnte. Diese kleinen routinemäßigen Handgriffe gaben ihr das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Sie würde diesen Job erfolgreich erledigen. Als sie wieder aufblickte …
Wow.
Der Anblick des großen, athletischen Mannes, der aus der Limousine stieg, verschlug ihr den Atem. Seine markanten Gesichtszüge schrien geradezu danach, von einer weiblichen Hand gestreichelt zu werden. Sich mit einem Gast privat einzulassen, war natürlich absolut tabu, und Maresa hatte auch nie den Wunsch verspürt. Doch wenn sie jemals in Versuchung kommen sollte, von dieser Philosophie abzuweichen, dann bei diesem breitschultrigen Mann in einem teuren Designeranzug. Er überragte alle im Eingangsbereich, einschließlich Big Bill, den Chefportier. Dunkle Haare, eisblaue Augen. Bedächtig knöpfte er sein Jackett zu und rückte seine Krawatte zurecht. Dann blickte er durch das Fenster ins Foyer, und sein Blick landete irgendwie auf ihr.
Volltreffer.
Durch die Scheibe hindurch spürte sie einen plötzlichen Bewusstseinswandel. Dieses äußerst aufregende Exemplar von Mann konnte unmöglich Mr. Holmes sein. Ihr Gehirn brachte das Bild eines verteufelt gut aussehenden Kerls nicht mit einem Mann überein, der Flieder für sich bestellte. Täglich.
Maresa atmete tief durch und entspannte sich etwas, als Mr. Holmes sich zum Wagen umdrehte. Bis ein weißer Malteser mit einem hochherrschaftlichen Satz aus der Limousine in seine wartenden Arme hopste.
Eigentlich mochte Cameron McNeill Hunde.
Große sabbernde Tiere, die sich im Freien aufhielten und die bei einem Langstreckenlauf mit ihm mithalten konnten. Dieser langhaarige Malteser auf seinem Arm dagegen war eine preisgekrönte Diva mit viel zu vielen Reiseutensilien. Der winzige Rassehund – er hieß Poppy – gehörte ihm jedoch nicht. Er war eine Leihgabe für seine verdeckte Beurteilung eines kürzlich erworbenen McNeill Resorts, und er brauchte Poppys Kooperation für seinen Auftritt als anspruchsvoller Hotelgast. Wenn er als Besitzer und Vizepräsident von McNeill Resorts dieses finanziell ins Schwimmen geratene Carib Grand Hotel betreten würde, würde er den besten Service erhalten und absolut nichts über die tatsächlichen Probleme des Hotels erfahren. Aber als Mr. Holmes, eine aufgeblasene Nervensäge, würde Cam das Personal auf Trab halten und sehen, wie es reagierte.
Nachdem er die Ergebnisberichte der letzten zwei Monate geprüft hatte, wusste Cameron, dass irgendetwas im alltäglichen Betrieb falsch lief. Und da er persönlich empfohlen hatte, die Immobilie zu kaufen, wollte er nicht auf den überteuerten Bericht einer externen Stelle warten. Nicht, dass McNeill Resorts sich das nicht leisten könnte. Es ärgerte ihn einfach, dass er bei seiner ersten Prüfung etwas übersehen hatte. Außerdem hatte seine Familie soeben von einem bis jetzt verheimlichten Zweig der Familie erfahren, der auf einer Nachbarinsel lebte – die unehelichen Söhne seines Vaters. Cam würde seine Zeit hier nutzen, etwas über die anderen McNeills in Erfahrung zu bringen.
Aber Business first.
„Willkommen im Carib Grand“, begrüßte ihn ein älterer Portier mit einem ehrerbietigen Nicken und einem freundlichen Lächeln.
Cam zwang sich, ein finsteres Gesicht aufzusetzen und nicht zu lächeln. Es würde ihm schwerfallen, diese Woche den kaum zufriedenzustellenden Gast zu spielen. Er war normalerweise ein sehr umgänglicher Mensch, und er achtete die Menschen, die für McNeill Resorts arbeiteten. Aber undercover erfuhr er am schnellsten, was in dem Hotel los war. Auf keinen Fall sollte irgendjemand in der Vorstandsetage seine unternehmerischen Fähigkeiten zu einem Zeitpunkt infrage stellen, in dem sein Großvater seine Erben auf ihre Eignung für seine Nachfolge testete.
Die Lobby des Carib Grand mit den großen Fensterfronten war so einladend, wie er sie von seiner Tour vor sechs Monaten in Erinnerung hatte. Rechts und links vom Rezeptionsbereich lagen die beiden Flügel des Hotels.
Der Duft nach Bougainvillea wehte zu ihm. Poppy hob das Näschen in die Luft und machte es sich auf seinem Unterarm bequem, eine Königin auf ihrem Thron.
Die einzige Rezeptionistin war mit einem anderen Gast beschäftigt. Camerons Page, ein junger Kerl mit langen Dreadlocks, musste im selben Moment wie er bemerkt haben, dass am Empfang niemand war, der sich um sie kümmern konnte, denn er gab der lächelnden, atemberaubend schönen Brünetten an dem hohen Conciergepult ein Zeichen.
„Miss Delphine kümmert sich um Sie, Sir“, informierte ihn der Page, während er das Gepäck auf einen Kofferwagen hievte. „Soll ich den Hund ausführen, während sie einchecken?“
„Der Hund heißt Poppy“, fuhr Cameron den hilfsbreiten Jungen an, unfähig, den Blick von der äußerst attraktiven Concierge zu nehmen, die ihm schon aufgefallen war, als er aus der Limousine stieg. „Ich habe einen Hundesitter mit Referenzen bestellt. Wo ist der?“
Der Page nickte und entfernte sich, ohne Zweifel froh darüber, den mürrischen Gast in die Obhut einer Schönheit zu übergeben, die hinter dem Pult hervorkam, um Cameron zu begrüßen. Sie hatte einen bronzeschimmernden Teint, wie er bei Kreolen üblich war. Ihre goldbraunen Augen strahlten. Das schöne Gesicht war eingerahmt von einer dunkelbraunen Lockenpracht. Perfekte Haltung und ein gut sitzendes Leinenkostüm verliehen ihr einen professionellen Look. Vor allem ihre langen Beine faszinierten ihn, auch wenn ihr Rock fast bis zu den Knien reichte. Und dann verspürte er – das hatte ihm gerade noch gefehlt – eine aufblitzende Anziehungskraft, der er natürlich nicht nachgeben würde. Verdammt schade, dass er sich die nächsten zwei Wochen mit dieser umwerfenden Frau würde streiten müssen. Die Concierge war der Dreh- und Angelpunkt beim Hotelpersonal. Und seine Mission, Unruhe zu stiften und zu nerven, begann bei ihr.
„Willkommen, Mr. Holmes.“ Er war beeindruckt, dass sie ihn namentlich begrüßte. „Ich heiße Maresa. Wir freuen uns, Sie und Poppy hier begrüßen zu dürfen.“
Er hatte mit Maresa Delphine telefoniert und absichtlich kurzfristig eine Reihe von Wünschen geäußert, um zu sehen, wie sie damit umging. Sie wirkte nicht nervös. Noch nicht. Er würde sie herausfordern und auf alle Facetten des Managements und des Personals stoßen müssen, um die Schwachstellen aufzudecken. Noch schrieb das Hotel schwarze Zahlen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis es mit dem Gewinn genauso bergab ging wie mit den Beurteilungen.
„Poppy muss ausgeführt werden.“ Er kam direkt zur Sache und ignorierte das freudige Schwanzwedeln des Hundes, als Maresa bewundernde Worte für den Vierbeiner fand. „Liegen die Referenzen vor?“
„Natürlich.“ Maresa richtete sich mit einem strahlenden Lächeln auf. Sie hatte einen leichten Akzent, den er aber nicht einordnen konnte. „Sie liegen auf meinem Tisch.“
Camerons Blick fiel auf ihre schmalen Hüften, als sie sich umdrehte. Er hatte in den letzten Monaten eine Dating-Pause eingelegt. Angesichts der Ansage seines Großvaters, dass McNeill Resorts nur an die Enkel ging, die in sich gefestigt und verheiratet waren, war die Zeit für unverbindliche Flirts vorbei. Er brauchte eine Ehefrau. Aber auch das hatte er verpfuscht, indem er der erstbesten Frau einen Antrag gemacht hatte, die seine Partnervermittlung vorgeschlagen hatte.
Und jetzt? Offensichtlich hatten sich die Monate ohne Sex gegen ihn verschworen, denn er verspürte eine Begierde, die völlig fehl am Platz war.
„Bitte schön.“ Die Concierge reichte ihm ein Blatt Papier. Der Blick aus ihren honigfarbenen Augen war so intensiv wie eine Liebkosung. „Ich habe mir erlaubt, die Referenzen selbst zu überprüfen, aber ich habe auch die Telefonnummern hinzugefügt, für den Fall, dass Sie mit einem der Bewerber direkt sprechen möchten.“
„Darum habe ich gefragt“, erwiderte er knapp und riss fester als notwendig an dem Papier.
Er könnte schwören, dass Poppy ihm einen schiefen Blick zuwarf. Auf jeden Fall bohrten sich ihre Krallen durch das Jackett in seinen Arm, bevor sie den Blick aus den schwarzen Knopfaugen auf Maresa Delphine richtete.
Er konnte es Poppy nicht verübeln. Er würde auch lieber Maresa anschauen als die Referenzen von Leuten, die Hunde Gassi führten.
Cameron steckte das Blatt in die Tasche. „Ich sehe mir die Referenzen an, nachdem ich mich frisch gemacht habe. Wenn uns jetzt bitte jemand unser Zimmer zeigen würde.“
Er hetzte sie absichtlich, neugierig, ob seine Extrawünsche erfüllt worden waren. Das Bad war kein schwer zu erfüllender Wunsch, aber die Blumen mussten vermutlich eingeflogen werden. Wenn er nicht explizit darauf geachtet hätte, dann wäre ihm ihr kurzes Zögern vermutlich entgangen.
„Sicher.“ Sie nahm ein Tablet von dem Conciergepult. „Wenn Sie bitte hier noch unterschreiben würden. Ich begleite Sie dann.“
Das gehörte nicht zu ihren Aufgaben. Rechnete Miss Delphine mit einem Extratrinkgeld? Cam erinnerte sich, gelesen zu haben, dass die Concierge seit der Wiedereröffnung vor zwei Monaten unter der Leitung von McNeill Resorts hier arbeitete.
Er setzte seinen falschen Namen auf den Monitor und versuchte, Maresa weitere Informationen zu entlocken. „Haben Sie zu wenig Personal?“
Sie ließ zwei Schlüsselkarten durch das Gerät laufen und steckte sie in eine kleine Willkommensmappe.
„Absolut nicht. Rudolfo wird Ihr Gepäck bringen. Ich möchte mich nur persönlich davon überzeugen, dass Ihnen die Suite gefällt.“ Sie reichte ihm das Päckchen mit den Schlüsselkarten, während sie dem Chefportier zunickte. „Darf ich Ihnen für heute Abend einen Tisch reservieren, Mr. Holmes?“
„Ich habe gehört, dass ein Koch aus Paris ein neues Restaurant auf Martinique eröffnet hat.“ Er würde einige Zeit auf der Insel verbringen, auf der seine Halbbrüder lebten. „Ich möchte eine Dauerreservierung für den Rest der Woche.“ Er hatte keine Ahnung, wie er dorthin kommen sollte, aber das war etwas, was eine gute Concierge arrangieren konnte.
„Ich habe gehört, dass das La Belle Palm fantastisch ist.“ Maresa drückte eine Taste im Gästefahrstuhl, während Rudolfo mit dem Gepäck einen anderen Weg nahm. „Ich bin noch nicht dort gewesen, aber ich durfte Pierres Kochkünste im La Luce auf der Rive Gauche genießen.“
Ihre Worte erinnerten ihn an ihren Lebenslauf, den er kurz vor seiner Reise noch einmal gelesen hatte. Bevor sie ihren jetzigen Job antrat, hatte sie in einem Hotel in Paris gearbeitet.
„Sie waren in Paris, Miss Delphine?“ Er setzte Poppy auf den Boden.
„Was für ein süßer Hund.“ Maresa sah den Hund an und nicht ihn. „Und ja, ich habe ein Jahr in Paris gelebt, bevor ich nach Saint Thomas zurückgekehrt bin.“
„Sie stammen von hier?“
„Ich bin in Charlotte Amalie aufgewachsen und habe dort in einem Hotel gearbeitet, bis ich durch ein Austauschprogramm die Chance bekam, in Übersee zu arbeiten.“ Sie blickte zu ihm hoch und erwischte ihn dabei, wie er sie anstarrte.
Ein Knistern lag plötzlich in der Luft. Er sah, dass sie es auch spürte. Ihre Pupillen wurden groß, dunkle Kreise mit goldenem Rand. Sein Herzschlag beschleunigte sich.
Er zwang sich wegzusehen, als der Fahrstuhl mit einem Ping ankündigte, dass sie die gewünschte Etage erreicht hatten. „Nach Ihnen.“
Sie traten hinaus in den Flur und passierten einen uniformierten Angestellten mit einem großen Behälter unterm Arm, ein Paar Ohrhörer in den Ohren. Nach einem schnellen Blick auf Maresa zog der junge Mann die Stöpsel aus den Ohren und verstaute sie in seiner Tasche, dann stieß er eine Tür zum Treppenhaus auf.
„Da wären wir.“ Maresa trat zur Seite, sodass Cam direkt vor dem Eingang zur Antillen-Suite stand.
Cameron öffnete die Tür mit der Schlüsselkarte, nicht sicher, was ihn erwartete. War Maresa Delphine das Gehalt wert, das das Unternehmen ihr zahlte? Oder war sie in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, um Gästen ein Extratrinkgeld abzuluchsen und ihren Arbeitgeber auszunutzen? Doch sie sah nicht aus, als wäre sie auf Geldgeschenke aus, als ihr Blick prüfend durch die Suite wanderte und dann bei ihm landete.
Poppy entdeckte das Gras direkt vor der Badezimmertür. Es befand sich auf einer Palette auf Rädern, der Wagen in Blau- und Goldtönen passte zur Einrichtung des Raums. Mit einem Satz sprang der Hund auf den Wagen.
Neben den Kristallkaraffen auf der Minibar stand frischer Flieder. Durch die offene Badezimmertür konnte Cameron sehen, dass gerade ein heißes Schaumbad einlief.
Bisher erwies sich Maresa als qualifizierte Concierge. Das war gut für das Hotel, aber vielleicht weniger günstig für ihn, denn hohe Maßstäbe würden sie sicherlich davon abhalten, auf das flüchtige erotische Knistern im Fahrstuhl in seinem Sinne zu reagieren.
„Wenn alles zu Ihrer Zufriedenheit ist, Mr. Holmes, dann kümmere ich mich jetzt um Ihre Abendreservierung für die Woche.“ Sie hatte die Tür hinter ihnen nicht geschlossen, ein kluges Vorgehen für eine weibliche Hotelangestellte.
„Danke.“ Cameron drehte ihr den Rücken zu und schaute hinaus auf den Privatstrand des Hotels und die glitzernde türkisblaue Karibik. „Für den Moment bin ich zufrieden.“
Die Suite war schön, natürlich. Miss Delphine hatte den ersten Test bestanden. Aber war er wirklich zufrieden? Nein. Wie konnte er das sein, wenn die aufregendste Frau, die er seit Langem kennengelernt hatte, absolut tabu war.
Es würde schwierig sein, diese Anziehungskraft zu ignorieren, wenn es zwingend erforderlich war, all ihre Geheimnisse zu lüften.
So sehr Maresa ihren Wecker verfluchte, wenn er vor Morgengrauen klingelte, sie bedauerte nie, so früh aufgestanden zu sein, wenn sie erst einmal vor Sonnenaufgang den Privatstrand des Carib Grand erreichte. Das Haus ihrer Mutter befand sich in einer Straße hoch über dem Hafen von Saint Thomas, was bedeutete, dass Maresa jeden Morgen mit dem Rad zur Fähre fuhr, um früh zum Hotel zu kommen, damit sie diese zwei Stunden allein vor Beginn der Arbeit genießen konnte. Ihr Bruder ging später zu Fuß zum Anleger, zusammen mit einem Nachbarn und Kollegen, der ebenfalls jeden Tag die Fähre nahm.
Sie rollte ihre Yogamatte auf dem feuchten Sand aus und nahm die sogenannte Kindspose ein. Diese Haltung und das Rauschen des Meeres halfen, ihre vom Stress angespannten Muskeln zu entkrampfen.
Eins. Zwei. Drei. Atmen.
Sie verweilte in der Stellung, atmete ruhig ein und aus. Dann richtete sie sich langsam auf und strich mit der Hand über ihr bauchfreies pinkfarbenes Trägertop. Sie spürte, wie sich ihr Zwerchfell hob und senkte. Nur selten sah sie um diese Uhrzeit jemanden am Strand. Die wenigen Jogger, die vorbeikamen, waren zu sehr damit beschäftigt, die Ruhe zu genießen, um sie zu beachten.
Sie atmete gleichmäßig weiter, tat alles, damit sie ruhiger wurde. Doch leider erschienen Cameron Holmes eisblaue Augen und seine kantigen Gesichtszüge immer wieder vor ihrem geistigen Auge und damit auch die Erinnerung an das Knistern, das sie verspürt hatte, als sie ihn anblickte.
Es ergibt keinen Sinn, dachte sie und wechselte zum Sonnengruß. Der Gast war herrisch und schon fast unhöflich – etwas, das sie absolut nicht anziehend finden sollte. Sie hasste die Erkenntnis, dass seine Männlichkeit ihr trotz allem unter die Haut ging.
Zumindest hatten sie den ersten Tag seines Aufenthalts ohne Zwischenfall überstanden. Allerdings wollte sie nicht, dass ihr Bruder dem Griesgram noch einmal über den Weg lief. Sie würde alles tun, um Rafe die nächsten zwei Wochen von Mr. Holmes fernzuhalten.
Sie hielt ihr Gesicht in das sanfte Licht des anbrechenden Morgens, streckte die Arme in die Höhe und beugte sich dann vor. Die Herausforderungen des Lebens ausatmend – das Zusammenleben auf engstem Raum mit ihrer Familie, der Kampf mit hiesigen Ämtern, um ihren Bruder in das Förderprogramm zu bekommen, das er für seine Genesung brauchte, ihr Ex-Verlobter, der ihr in den letzten vierundzwanzig Stunden zwei SMS geschickt hatte mit der Bitte, sie zu sehen – fand Maresa jeden Tag Trost in diesem Moment.
Sie machte gerade einen Ausfallschritt nach vorn, als sie einen Hund bellen hörte. In der nächsten Sekunde raste schon ein weißes Fellknäuel an ihr vorbei in Richtung Wasser.
„Poppy.“ Die Stimme eines Mannes wehte von irgendwo in den Wäldern hinterm Strand zu ihr.
Cameron Holmes.
Maresa erkannte die tiefe Baritonstimme nicht so sehr am Klang, sondern daran, wie sie auf sie wirkte. Ein warmes Prickeln lief durch ihren Körper. Was war nur los mit ihr? Sie richtete sich auf und sah, wie das verhätschelte Tierchen ihres – gelinde gesagt – diffizilen Gastes gerade in die Karibik hopste und glücklich einer Küstenseeschwalbe nachjagte.