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Examensarbeit aus dem Jahr 2000 im Fachbereich Pädagogik - Sonstiges, Note: 1, Universität Bremen (Fachbereich Medienwissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: Wer heute mit Kindern zu tun hat - sei es beruflich in Kindergarten, Schule, in der Sozialarbeit oder sei es privat als Elternteil - der wird tagtäglich auch mit den Medienerfahrungen der Kinder konfrontiert. Wie oft erlebt man Kinder, die untereinander Ereignisse, Erfahrungen, Erlebnisse aus Fernsehsendungen und Videospielen austauschen oder von Medienfiguren berichten, die vielen Erwachsenen völlig fremd sind bzw. fremd erscheinen. Auch bestimmte Ausdrucksweisen, Handlungsmuster oder Kleidungsvorlieben der Kinder, scheinen für viele Erwachsene merkwürdig, befremdend oder gar absurd zu sein. Sie erscheinen ihnen schlicht unergründbar, weil der entsprechende Medienhintergrund einfach nicht bekannt ist. So berichten Kinder von für sie ganz selbstverständlichen Medienereignissen, die aber schon einem Menschen, dessen Kindheit vielleicht auch erst zwanzig Jahre zurückliegen mag, bereits völlig unverständlich und nicht mehr nachvollziehbar erscheinen. Bedenkt man nun die Tatsache, dass ein Großteil der heutigen Lehrerschaft ihre Kindheit weit früher, beispielsweise in den 50er Jahren verbracht hat, wird es natürlich immer schwieriger für diese Generation, die Medienerfahrungen und Medienvorlieben ihrer jetzigen Schülerinnen und Schüler zu verstehen. [...]
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Kindermedien 2000 - mit der Lizenz zum Erfolg.
Über die aktuelle Situation der Kindermedien und deren Bedeutsamkeit für
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Wer heute mit Kindern zu tun hat - sei es beruflich in Kindergarten, Schule, in der Sozialarbeit oder sei es privat als Elternteil - der wird tagtäglich auch mit den Medienerfahrungen der Kinder konfrontiert.
Wie oft erlebt man Kinder, die untereinander Ereignisse, Erfahrungen, Erlebnisse aus Fernsehsendungen und Videospielen austauschen oder von Medienfiguren berichten, die vielen Erwachsenen völlig fremd sind bzw. fremd erscheinen. Auch bestimmte Ausdrucksweisen, Handlungsmuster oder Kleidungsvorlieben der Kinder, scheinen für viele Erwachsene merkwürdig, befremdend oder gar absurd zu sein. Sie erscheinen ihnen schlicht unergründbar, weil der entsprechende Medienhintergrund einfach nicht bekannt ist.
So berichten Kinder von für sie ganz selbstverständlichen Medienereignissen, die aber schon einem Menschen, dessen Kindheit vielleicht auch erst zwanzig Jahre zurückliegen mag, bereits völlig unverständlich und nicht mehr nachvollziehbar erscheinen.
Bedenkt man nun die Tatsache, dass ein Großteil der heutigen Lehrerschaft ihre Kindheit weit früher, beispielsweise in den 50er Jahren verbracht hat, wird es natürlich immer schwieriger für diese Generation, die Medienerfahrungen und Medienvorlieben ihrer jetzigen Schülerinnen und Schüler zu verstehen.
Die heutigen Kinder sind die Generation, welche nicht nur von Beginn an mit verschiedenen elektronischen Medien groß wird, sondern die Generation, die erstmalig in sogenannten multimedialen Erfahrungswelten aufwächst, in denen der Einfluss der Medien auf das tägliche Leben allgegenwärtig ist. Die Medien, insbesondere die elektronischen Informations-und
Kommunikationsmedien, bestimmen den Alltag der Kinder entscheidend mit, so dass von einer sogenannten „Mediatisierung der Kindheit“ gesprochen wird - ein Begriff, der mit unterschiedlichen Wertungen verbunden ist.
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1. Einleitung 5
Zudem durchdringen und überschneiden sich mediale und nicht-mediale Erfahrungswelten immer stärker gegenseitig, so dass heutige Erziehungs- und Sozialisationsprozesse kaum noch ohne Bezug auf medial vermitteltes Verhalten zu denken sind. Denn wenn man einmal überlegt, wie Menschen in der heutigen Zeit und in einer hochentwickelten Industrienation wie Deutschland aufwachsen, und wie sie dabei lernen, wird man um den Einfluss der Medien nicht herum kommen. Kindheit ist daher (genauso wie Jugend und Erwachsenenalter) als Lebensphase ohne Einbezug der Reflexion auf die Medien kaum noch zu beschreiben. Von daher müssen die von Kindern genutzten und präferierten Medien heute immer mehr auch als ‚Lernmedien’ begriffen werden, mit denen verschiedenste Kompetenzen und Fähigkeiten auch abseits von den formellen Bildungsinstitutionen wie Familie und Schule erworben werden. Die „mediale Sozialisation“ ist eines der Schlagworte innerhalb dieser Entwicklung. (vgl.Moser 1999, S.28)
Dazu kommt, dass heutige Kinder vor allem mit den elektronischen Medien sehr viel selbstverständlicher umgehen, als es viele Erwachsene glauben möchten. Zahlreiche Untersuchungen zum Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen verdeutlichten, dass sich die drei bis siebzehnjährigen zu einer Generation von ‚Medienkids’ entwickelt haben, die medial alles sehen, hören und erleben wollen. (Fehr1997, S.77)
Dadurch, dass die Dominanz der Medien im täglichen Leben durch immer neue Technologieschübe weiter zunimmt, sieht andererseits so manch kritischer Betrachter gerade die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft dem expandierenden Medienbetrieb am hilflosesten ausgeliefert.
So verfügen Kinder angeblich noch über unzureichende Differenzierungs- und Verarbeitungsstrategien und würden von einer wahren „Bilderflut“ überrollt werden. Zudem geraten sie als „ungeschützte Rezipienten“ zunehmend in den Blickpunkt der Medienindustrie und würden e iner völligen „Kommerzialisierung der Kindheit“ ausgesetzt werden, so die häufige Einstellung vieler Medienkritiker. Der Medienkonsum von Kindern wird zudem oftmals als eine Fluchtbewegung interpretiert, die weg von den Problemen des Alltags führe und diese verdränge.
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1. Einleitung 6
Diese häufig zu hörenden Äußerungen verdeutlichen, dass die gängige Diskussion über Medien zumindest bisher, meistens bei den Gefahren und Risiken ansetzte, was auf der anderen Seite jedoch der von Politik und Wirtschaft propagierten Entwicklung hin zu einer „Medien- und Informationsgesellschaft“ entgegensteht. Schließlich hat sich die Medienentwicklung in den letzten zehn Jahren noch stärker beschleunigt als von vielen vorhergesehen. Angebot und technische Veränderung sind noch größer geworden und in allen Bereichen, auch im Bereich der Kindermedien, sind starke Erweiterungen sowie Ausdifferenzierungen im Angebot festzustellen.
Vor allem die derzeitige, allgegenwärtige Diskussion um die neuen bzw. neuesten Entwicklungen rund um das Internet, sind nicht zu ignorieren. Die ständig voranschreitenden Innovationen im Bereich der Mikroelektronik und der elektronischen Datenübermittlung scheinen auf dem Weg zu sein, die gesamte Medienwelt erneut (nach der Erfindung des Fernsehens) zu revolutionieren. Auch die der Kinder.
Die in der Regel vorbehaltlosere Akzeptanz der Kinder neuen Medien gegenüber, macht diese Altersgruppe somit zu einer der vorrangigen Zielgruppen für neue Medientechnologien. (vgl.Heidtmann 1999c, S.1f)
Die Erkenntnis, dass Kindheit heute auch Medienkindheit ist, zieht sich wie ein roter Faden durch die entsprechende Fachliteratur. Sie bezeichnet die Relevanz dieses Themas wie ich finde sehr deutlich. Für die pädagogische Arbeit mit Kindern ist daher eine Auseinandersetzung mit „ ihren“ Medien nicht nur sinnvoll, sondern notwendig, will man Kinder in ihren Handlungs- und Ausdrucksweisen, mit ihren Vorlieben und Wünschen verstehen und ernstnehmen.
Um nicht auf eine weitere Entfremdung pädagogischer Institutionen - vor allem der Schule - von der Lebenswelt der Kinder hinzuarbeiten, muss die Pädagogik bzw. müssen die Pädagoginnen und Pädagogen die Medienwelt der Kinder zunächst akzeptieren, um sich schließlich konstruktiv mit ihr auseinander zu setzen. „Pädagogisches Handeln muss immer auch heißen, sich den Erlebniswelten von Schülerinnen zu öffnen, Neugierde für dortige Entwicklungen zu zeigen, um damit überhaupt in einen sinnvollen Dialog treten zu können.“ (Aufenanger1997, S.310)
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1. Einleitung 7
Die geschilderten Aspekte und Diskussionspunkte habe ich daher unter anderem zum Anlass genommen, in dieser Arbeit den Bereich Kindermedien einmal näher zu beleuchten und mich mit folgender übergeordneter Fragestellung zu befassen: Wie stellt sich die aktuelle Situation der Kindermedien dar? Diese Frage beschäftigt sich mit den derzeit vorhandenen Medienangeboten für Kinder und damit, welche dieser Angebote bzw. Ausprägungen als besonders bedeutsam im Hinblick auf die Kinder, wie auch im Hinblick auf die Medienproduzenten zu sehen sind.
Es sollen derzeitige Trends unter die Lupe genommen werden, um möglicherweise auch eine Richtung erkennen zu können, in die sich der ganze Bereich Kindermedien entwickelt. Auf diese Weise möchte ich einen Überblick über das derzeitige Medienangebot für Kinder erhalten, bzw. entstehen lassen, gerade auch im Hinblick auf die derzeitige Expansion innerhalb bestimmter Segmente, die zum Teil recht unüberschaubar erscheinen.
Der Schwerpunkt dieser Arbeit befasst sich mit einem Aspekt, welcher mittlerweile als ein wesentlicher Faktor von Kindheit und „Kind-Sein“ gilt und die Kindermedien in seiner Gesamtheit umfasst: Dem kommerziellen Medienverbund. Neben der Vorstellung und Erläuterung dieses Begriffs, sollen anhand eines aktuellen Beispiels einmal die möglichen Dimensionen aufgezeigt werden, die ein solches Medienverbundsystem innerhalb der Kindermedien sowie auch innerhalb der gesamten Kinderkultur erlangen kann.
Daran anschließend möchte ich außerdem auf die Situation der Kinder in ihrer multimedialen Umwelt eingehen und einmal die Frage diskutieren, welche Vorteile oder aber auch Probleme sich durch das vielfältige Angebot auf dem Medienmarkt für Kinder ergeben könnten, um schließlich eine eigene medienpädagogische Position entwickeln zu können.
Zum Schluss möchte ich mit einigen Worten auf den gewählten Untertitel dieser Arbeit eingehen und einen Ausblick auf die Zukunft der Kindermedien wagen.
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1. Einleitung 8
„Kinder und Medien“ ist ein Thema, welches über Jahre hinweg nie an Bedeutung verloren hat und wohl auch in Zukunft nichts an Bedeutung einbüßen wird.
Eine Anmerkung in eigener Sache:
Ich mache innerhalb dieser Arbeit häufig Gebrauch von Quellenmaterial, welches nicht in gedruckter Form, sondern nur elektronisch im Internet veröffentlicht wurde. Da es einen allgemein anerkannten Standard für das wissenschaftliche Zitieren von Online-Publikationen bisher nicht gibt, orientiere ich mich im wesentlichen an der vonBleuel(1996) undGraf(2000) vorgeschlagenen Technik. Quellen aus dem World Wide Web (WWW) zitiere ich nach dem folgenden Muster:(Autor): (Titel des Beitrags). (Jahr der Veröffentlichung). Online im Internet: (URL: www.adresse.de) (letztes Abrufdatum)
In diesem Fall können innerhalb der gekürzten Quellenangaben im Text Seitenzahlen nur dann aufgeführt werden, wenn der Beitrag in einem Dateiformat veröffentlicht wurde, welches eine Seitennummerierung zulässt (z.B.PDF).
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Aufgrund medientechnischer und -ökonomischer Entwicklungen ist es auch auf dem Gebiet der Kindermedien zu einer Expansion gekommen, die vor zwanzig Jahren noch nicht absehbar schien. (vgl.Heidtmann 1992, S. VIII)In nur wenigen Jahrzehnten haben sich für Kinder Medienangebote sowie Mediennutzung grundlegend verändern können:
Seit den 80er Jahren, mit der Öffnung des Rundfunkbereichs für private Anbieter und dem damit einhergehenden Mehrangebot an Programmen, sowie durch die Verbreitung von elektronischen Geräten in Folge deren massiver Verbilligung, hat die Nutzung audiovisueller Medienangebote bei Kindern stark zugenommen. (vgl.Moser 1999, S.124f)
Durch diese Entwicklungen ergaben sich große Verschiebungen in den Medienpräferenzen der Kinder, was sich zusätzlich auf einen Ausbau der Stellung des Fernsehens als das Leitmedium auswirkte.
Heute wachsen Kinder in der Bundesrepublik Deutschland in Haushalten mit einem durchweg hohen Medienstandard auf. Einige Zahlen sollen dies verdeutlichen: 100 Prozent aller Haushalte verfügen inzwischen über mindestens ein Radio, 99 Prozent über einen Fernseher, 92 Prozent besitzen einen Videorecorder, 72 Prozent einen CD-Spieler und mittlerweile über 40 Prozent bereits einen PC und/ oder eine Videospielkonsole. (Feierabend/Klingler1999, S.610)
Auch der Eigenbesitz bzw. die Verfügbarkeit von Medien durch Kinder hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Genauer gesagt, der Gerätebesitz unter Kindern und Jugendlichen expandiert.
Besaßen beispielsweise in den 50er Jahren nur sechs Prozent der 15- bis 18jährigen ein eigenes Radio, so nennt heutzutage schon jeder zweite 6jährige ein Radio sein eigen. (Baake,Ferchhoff, Vollbrecht, 1997, S.44f)
Nach Angaben von Müttern verfügen 1999 mehr als die Hälfte aller Kinder über einen eigenenWalk-oderDiscman.Etwa jedem dritten Sechs- bis 13jährigen steht sogar ein eigenes Fernsehgerät zur Verfügung. Ähnlich hoch ist die Ausstattungsrate bei Stereoanlagen und Videospielkonsolen. Lediglich Computer (PCs) und
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2. Veränderungen und Entwicklungen im kindlichen Medienalltag 10
Videorecorder sind in deutschen Kinderzimmern - jedenfalls zurzeit - noch nicht so stark verbreitet: „Erst“ 11 bzw. 10 Prozent aller Kinder besitzen einen eigenen PC bzw. Videorecorder. (Feierabend/Klingler1999, S.611)
Diese Daten verdeutlichen, dass der heutige kindliche Medienalltag n ur noch von der prinzipiellen häuslichen Verfügbarkeit von Fernsehen und Hörfunk her, Ähnlichkeit zu dem von Ende der 70er Jahre aufweist. Differenziert man stärker, zum Beispiel hinsichtlich der Ausstattung und vor allem der Angebotsmenge (z.B. 1979: ca. drei bis vier Fernsehprogramme pro Haushalt, 1999: ca. 30 bis 35), so zeigen sich dagegen extreme Unterschiede. (Feierabend/Klingler1999, S.610f)