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Kindertypen in der Homöopathie Jus gibt 3 Kindertypen an: 1. Die hyperaktiven Kinder (Sulfur, Phosphor, Tuberculinum), schüchterne Kinder (Barium carbonicum, Calcium carbonicum, Silicea) und hysterische Kinder (Natrium muriaticum, Sepia, Pulsatilla). Fotos und Kinderzeichnungen veranschaulichen die Mittelbilder. Zwischen den Zeilen kommt immer wieder die große Erfahrung des Autors hervor, das Buch ist lebendig und spannend zu lesen. Mit Photos und kleinen Kinderzeichnungen wurde das Wahrgenommene bildlich unterstrichen. Dem Autor war es wichtig, deutlich zu zeigen, welches die psychologischen Voraussetzungen sind, die auf die Persönlichkeit des Kindes einwirken, wie der Einfluß der Eltern und der gesellschaftlichen Umgebung sich auswirken. Er versucht, die Situation und Umgebung zum Zeitpunkt der Empfängnis, den Zustand während der Schwangerschaft und das Neugeborene zu beschreiben, sowie die Entwicklung des Kindes bis zur Pubertät. Mit diesen Beschreibungen möchte er die Sicht und das Wahrnehmungsvermögen des Lesers erweitern, und den Eltern, die dieses Buch lesen, zu einem neuen und tieferen Verständnis ihrer Kinder verhelfen. Es macht Spaß, in dem Buch zu schmökern und dadurch auch immer wieder neue homöopathische Ideen und Erlebensweisen in das eigene Wissen zu integrieren.
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Seitenzahl: 383
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© 1995 Homöosana, SHI Homöopathie AG, Zug
Alle Rechte vorbehalten
5. Auflage 2006
Homöosana SHI Homöopathie AG
Steinhauserstrasse 51
CH - 6300 Zug
+41 (0)41 748 21 80 Tel.
+41 (0)41 748 21 88 Fax
www.homoeosana.ch
www.shi.ch
Gestaltung: Homöosana Verlag, Peter Oswald
E-Book: Schwabe AG, www.schwabe.ch
ISBN-13: 978-3-906407-01-2
ISBN-10: 3-906407-01-2
eISBN (ePUB) 978-3-906407-15-9
eISBN (mobi) 978-3-906407-16-6
Vorwort
Einführung
Hyperaktive Kinder:
Das Sulfur-Kind
Das Phosphor-Kind
Das Tuberculinum-Kind
Schüchterne Kinder:
Das Barium carbonicum-Kind
Das Calcium carbonicum-Kind
Das Silicea-Kind
Hysterische Kinder:
Das Natrium muriaticum-Kind
Das Sepia-Kind
Das Pulsatilla-Kind
Verzeichnis der homöopathischen Arzneimittel
Stichwortverzeichnis
Diese Vorlesungen wurden 1992 in München gehalten und dann von meinen verdienstvollen Studenten aufgezeichnet, zusammengestellt und geordnet. Mein herzlichster Dank geht an Urs Maurer, Kathrin Büchi und Martine Cachin für ihre harte Arbeit, diese Vorlesungen in ein Buch zu verwandeln. Dieses Buch ist nicht als therapeutische Hilfe gedacht, sondern soll vielmehr dem besseren Verständnis der verschiedenen Kindertypen dienen. Bei jedem Typ habe ich versucht, die Situation und Umgebung zum Zeitpunkt der Empfängnis, den Zustand während der Schwangerschaft und das Neugeborene zu beschreiben und habe alles bis zur Pubertät verfolgt. Die psychologischen Faktoren, verantwortlich für verschiedene Verformungen in der Persönlichkeit des Kindes, sind ausführlich besprochen. Ausserdem wird der Einfluss der Eltern und der Gesellschaft im allgemeinen erwähnt. Natürlich kommen auch unterschiedliche Gesundheitsprobleme jedes einzelnen Typs, seine eigene Anfälligkeit und vererbte Krankheiten zur Sprache. Homöopathie ist eine Kunst, und das macht sie so faszinierend, jedoch auch um so mühsamer in ihrer Anwendung bei Kindern. Es werden Anstrengungen unternommen, bestimmte Richtlinien festzulegen, die dem Homöopathen helfen sollen, sich mit jedem individuellen Typ vertraut zu machen.
Die Natur erschuf jedes Kind unterschiedlich. Trotzdem ist nicht jedes Kind, das zur Behandlung kommt, ein einzigartiger Typ. Wo notwendig, wurden Vergleiche angestellt, um die Typen in ihrem Erscheinungsbild, Charakter und ihren Symptomen voneinander zu unterscheiden.
Das Unternehmen der Individualisierung ist ein gewagtes Unternehmen und verlangt von einem friedlichen und ausgeglichenen Geist Jahre voll unerbittlicher Arbeit, um die einzigartigen Unterschiede zwischen den verschiedenen Kindertypen zu identifizieren.
Dieses Buch zielt nicht darauf ab zu begrenzen, sondern darauf, Ihre Sicht und Ihr Wahrnehmungsvermögen zu erweitern.
Es handelt sich hierbei um einige meiner eigenen Beobachtungen und Erfahrungen bei der Arbeit mit Kindern seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten. Wissen hat keine Grenzen, und ein einzelner kann nicht alles lernen. Es gibt niemanden, der alles weiss.
Dieses Buch ist meinem geachteten Lehrer Dr. B. K. Bose gewidmet und all meinen lieben Studenten, die seinem Weg folgen.
Steinhausen, April 1995
Mohinder Singh Jus
Es war stets mein lang gehegter Traum und Wunsch, etwas über Kinder zu sagen. Wie wir alle wissen, ist das Studium und die Behandlung von Kindern eines der faszinierendsten, aber auch schwierigsten Unternehmen. Beim Studium von Säuglingen muss auch die mentale, physische und soziale Situation der Eltern eingehend untersucht werden. Da es nicht möglich ist, mit den Kleinen persönlich zu sprechen, ist scharfe Beobachtung und extremes Feingefühl erforderlich, um die Aussagen der Eltern zu analysieren und zu verstehen. Letzten Endes geben die Erzählungen ihre persönliche Sichtweite und eigene Einschätzung der Sache wieder. Erst ab einem bestimmten Alter können wir verbal mit einem Kind kommunizieren.
Ein Kind ist der Wunsch der Natur, dass die Welt weiterbestehen soll. Damit spielen die weltlichen Eltern eine lebenswichtige Rolle bei der Geburt, in der Erziehung, Ausbildung, usw. Unerfahrene Eltern mit nur einem Kind tendieren oft zu Überreaktionen und liefern nicht selten eine verzerrte oder sogar übertriebene Version.
Die gesamte medizinische Welt ist damit beschäftigt, verschiedene Krankheiten zu identifizieren und zu isolieren. Es ist gelungen, auf Chromosomen und Genen basierende Krankheiten ausfindig zu machen. Aber es gibt auf der ganzen Welt noch immer eine unzählbare Anzahl von Kindern, bei denen es den Laboren nicht gelungen ist, irgend etwas Pathologisches zu finden, und doch sind sie krank. Nervöse und hyperaktive Kinder können durch Eltern mit einem nervösen Charakter entstehen. Dieser innere Juckreiz kann sich durch Furcht, Ängste und Stress äussern. Dazu gehören auch Depressionen, Schlaflosigkeit und Konzentrationsstörungen. Solch ein innerer Geisteszustand und Charakter könnte Neurodermitis, ein Ekzem, Allergien, Diarrhoe, Erkältungen usw. produzieren. Wenn diese äusseren Manifestationen ahnungslos oder ignoranterweise unterdrückt werden, wird das dynamische Selbst dieses Menschen noch mehr erschüttert. Die Ängste nehmen zu und damit auch die Ruhelosigkeit. Dieses arme Wesen, dessen Lebenskraft ihn auf eine innere Schwäche hinweisen wollte, kann nun in einer bestimmten Stellung nicht mehr richtig sitzen oder stehen und wird wegen allem aufgeregt und angespannt. Das Denkzentrum, in dem sich die Gedanken entwickeln, ist gestört. Jeder Gedanke und jede Entscheidung im Leben ist von Furcht und Besorgnis begleitet. Wenn eine Frau unter solchen Umständen empfängt, wirkt sich ihr Geisteszustand auf das Baby aus. In einem solchen Fall ist die Schwangerschaft geprägt von Infektionen und anderen Komplikationen. Die Geburt ist sowohl für die Mutter, als auch für den Neuankömmling traumatisch. Eine mögliche Verlustangst verstärkt die Problematik.
Der aufgeregte Geisteszustand der Mutter, ihre tiefliegende Angst, das Kind zu verlieren, liefert dieses knospenähnliche Wesen oft strenger medizinischer Behandlung aus. In kürzester Zeit werden alle Arten von präventiven, antibakteriellen und antiallergischen Therapien empfohlen. Oft endet es damit, dass der falsche Patient behandelt wird. Diese wiederholten und oft unnötigen Therapien führen zu ernsthaften konstitutionellen Schäden. Nicht jede Art von Erkältung, Ausschlag, Fieber, Diarrhoe verlangt nach sofortiger medizinischer Behandlung, denn sehr oft sind dies die Reinigungsprozesse der Natur. Geben Sie erst dem Immunsystem des Kindes selbst eine Chance, wenn es dann noch nötig ist, sollte ärztlicher Rat eingeholt werden.
Aber dies ist nicht der einzige Grund für sogenannte nervöse oder hyperaktive Kinder. Sehr häufig liegt das Problem bei der Person, die das Kind als «hyperaktiv» oder «unmöglich» bezeichnet. Vielleicht ist das Kind viel früher als geplant auf die Welt gekommen. Eine zweite Möglichkeit könnte sein, dass es sich lediglich um einen Gegensatz zwischen der Persönlichkeit der Eltern und der des Kindes handelt.
Das Kind ist abhängig von den Eltern, von anderen Geschwistern und später von den Lehrern in der Schule. Wir Menschen unterliegen der Gewohnheit, Vergleiche untereinander anzustellen. Aus diesem Grund haben wir Formeln wie «normale Kinder» geschaffen; Kinder, die dem nicht entsprechen, werden abnormal genannt. Ausgehend von diesem streng prüfenden Blick unserer Gesellschaft, wird es oft schwierig, uns ein eigenes Urteil zu bilden. Diese sogenannten hyperaktiven Kinder, die in Mathematik, Geschichte und Sprachen nicht gut sind, zeigen sich in anderen Bereichen oft kreativer als üblich. Diese individuelle Kreativität und Wahrnehmung bildet das Rückgrat der individuellen Persönlichkeit und deren Unterdrückung führt zu ernsthaften mentalen und physischen Verformungen.
Disziplin ist für jede Form des Lebens notwendig. Aber wenn Disziplin auf engstirnigen Ansichten und mangelnder Freiheit zur Selbstentwicklung von innen heraus beruht, dann sind die Folgen verheerend. Es ist dem Kind nicht erlaubt zu schreien, da sich der Nachbar gestört fühlt, es kann nicht mit den Händen essen, da sich das nicht schickt; dieser vermeidbare soziale Druck und diese Störung durch Stress begleiten kleine Kinder oft bis ins hohe Alter und zeigen sich in Form von vielfältigen schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen. Kinder haben ihre eigene Weise sich auszudrücken. Wenn die Situation zuhause zwischen den Eltern nicht harmonisch ist, manifestiert das Kind die Störung durch mentale oder physische Symptome. In diesem Fall wäre die Krankheit eine Reaktion, um mehr Aufmerksamkeit zu erreichen. Wenn Kinder nicht genug Liebe bekommen oder das Gefühl haben, sie bekommen nicht genug Liebe, können sie auch mit ernsthaften unheilbaren Krankheiten wie Leukämie reagieren. So wie Shakespeare sagt: «Das Kind ist der Vater des Menschen» («Child is the father of man»), so spielen Kinder oft die Rolle des Lehrers für ihre Eltern.
Bei der Suche nach dem Typ eines Kindes, das eine konstitutionelle Behandlung braucht, sollte die erste Frage sein: «War die Schwangerschaft erwünscht und geplant?» Dies trägt viel zur Bestimmung der Situation bei. Wie war die Schwangerschaft? Der mentale Zustand der Mutter, das Verständnis zwischen Mann und Frau, jede Krankheit und Behandlung während der Schwangerschaft, all dies sollte gewissenhaft festgehalten werden.
Jede Art von Schock während der Schwangerschaft, Tod eines geliebten Menschen, Stress des Ehemannes, finanzielle Belastung, ein Umzug, alle diese Faktoren haben einen starken Einfluss auf das sich entwickelnde Baby. Gemäss meinen Erfahrungen ist die Qualität der Geburt und des Wochenbetts stark mit dem inneren Willen und Wunsch der Eltern, das Kind zu haben, verbunden. In Fällen, in denen es unter unglücklichen Umständen, wie Bruch der Ehe, Tod eines nahen Verwandten, zur Zeugung kommt, ist oft der gesamte Prozess der Schwangerschaft und der Niederkunft ein traumatisches Erlebnis. Sehr junge Eltern, die häufig mit dem Problem der Anerkennung durch die Gesellschaft konfrontiert sind, sehen sich ähnlich schmerzvollen Zeiten gegenüber. Kurz gesagt sind die mentalen und physischen Störungen eines Kindes das Ergebnis von Zeit, Familie und sozialer Stellung der Eltern.
Gesundheit ist ein Ausdruck harmonischen Fliessens der Lebensenergie. Es ist die Manifestation eines Zustandes von optimaler Koordination zwischen Geist und Körper und verschiedenen Organen. So lange dieser Fluss ununterbrochen und rhythmisch ist, solange besteht für einen Eindringling von aussen keine Möglichkeit, unseren Körper anzugreifen. Dieses Schutzschild des Widerstandes ist dynamisch, unsichtbar, und dennoch mächtig und kraftvoll. Nun stellt sich uns aber die Frage: «Warum und wie werden wir krank?» Da wir über Kinder sprechen, wollen wir uns auf diesen Bereich beschränken. Ein Säugling, der von Mutter und Vater und der Situation zuhause vollkommen abhängig ist, reagiert durch akute Symptome wie Diarrhoe, Husten und Erkältung, Augenentzündung, Schlaflosigkeit usw. Die gleiche Muttermilch, die das Kind einmal ernährt, wird ein anderes Mal zum Feind. Vielleicht leidet das Kind unter Bauchkoliken und Diarrhoe, weil sich der Geisteszustand der Mutter zum Zeitpunkt des Stillens nicht in Harmonie befand. Sie war gestresst, verärgert oder beleidigt. Diese akute Explosion rührt von einer Durchlöcherung des Schutzschildes her. Die Lebenskraft des Kindes befand sich in einem geschwächten Zustand und hat daher die Reaktion im Verdauungstrakt zugelassen.
Ein anderes Mal hat die Mutter fett gebratenes Essen zu sich genommen, viele Süssigkeiten und Schokolade gegessen und viel Kaffee getrunken. Dies stört unter Umständen zeitweise den harmonischen Fluss der Lebenskraft beim Kind, und es entwickelt daraufhin Schlaflosigkeit oder Schreianfälle. Der Grund, warum das Kind durch dieses Auf und Ab der Mutter krank wird, liegt nicht einzig bei der Mutter. Es hat sich gezeigt, dass nicht jedes Kind, das ähnlichen Umständen ausgesetzt ist, darauf reagiert oder auf die gleiche Art und Weise reagiert.
Dies deutet darauf hin, dass es eine persönliche Affinität zur Anfälligkeit auf Krankheiten gibt. Alle menschlichen Wesen haben diese provozierbare Empfindlichkeit. Dies verläuft nicht nach Regeln oder Gesetzen. Zu verschiedenen Zeiten reagieren wir unterschiedlich auf ähnliche Situationen. Prüfungsangst ruft einmal Diarrhoe, zu einem anderen Zeitpunkt Asthma und wieder ein anderes Mal hohes Fieber und einen rauhen Hals hervor. So liegt die miasmatische (dynamische) Schwäche krank zu werden tief im Inneren von jedem Kind. In der Homöopathie sagt man, dass akute Psora für alle akuten Krankheiten verantwortlich sei.
Wenn ein Kind aber ständig von der gleichen Krankheit befallen wird, muss man wissen, warum dem so ist. Ist es vererbt? Hat es etwas mit einer Krankheit zu tun, die Eltern und andere Blutsverwandte haben? Ja, dies ist der interessanteste Teil bei der homöopathischen Behandlung. Krankheiten wie Asthma, Neurodermitis, Mittelohrentzündung, Ohrenfluss, Nebenhöhlenentzündung, Bronchitis oder Heuschnupfen tendieren oft zu Rückfällen. Bei der Behandlung von solch chronischen Krankheiten muss der familiäre Hintergrund gründlich studiert werden.
Asthma bei einem Neugeborenen könnte mit einer Stirnhöhlenentzündung der Mutter während der Schwangerschaft zusammenhängen. Die gelblich grünen Ausscheidungen aus der Nase waren sehr viel ernsthafter als ursprünglich angenommen. Die Anwendung von starken Antibiotika gegen die lokale Infektion verhalf ihr nur dazu, tiefer, bis in die Lunge vorzudringen – und diesmal in die des Fötus. Der Gebrauch von Beruhigungsmitteln, um die Mutter ruhig zu halten, kann zu schlimmer Verstopfung, Schlaflosigkeit oder Hautproblemen beim Neugeborenen führen. Jede Unterdrückung bei der Mutter oder beim Vater manifestiert sich mit Sicherheit beim Kind. Diese tiefe miasmatische Verbindung, die sich von Generation zu Generation fortsetzt, macht die Dinge noch komplizierter. Durch jede Unterdrückung (lokale oder äusserliche Beseitigung von Symptomen, ohne deren Bedeutung zu verstehen), wird die Behandlung länger und schwieriger.
Nehmen wir zum Beispiel ein Neugeborenes, das unter einer Tränengangfistel leidet, einen Leistenbruch hat und eine kleine Zyste am Rücken. Er kann im entsprechenden Alter nicht sitzen, stehen oder laufen. auch das Zahnen ist verspätet. Es gibt ein Problem im normalen Erreichen der Meilensteine im Leben. Zuerst müssen wir diesen Fall verstehen. Es handelt sich hierbei um ein Kind, dessen Vater im Alter von zwanzig Jahren Gonorrhoe hatte. Natürlich wurde er behandlet und für «GEHEILT» erklärt... Nicht nur das, es wurden ihm sogar normale sexuelle Aktivitäten erlaubt. Kurz nach seiner Heirat steckte er seine ahnungslose Ehefrau damit an. Es zeigten sich bei ihr zwar keine akuten Symptome der Gonorrhoe, doch sie entwickelte Störungen, die damit in Verbindung gebracht werden (sykotisches Miasma). Sie hatte Eileiterentzündung und Blinddarmentzündung und entwickelte mannigfach Warzen an den Genitalien. Seit ihrer Heirat war sie zunehmend depressiv, hatte oft Blasenentzündung und zweimal eine Nierenbeckenentzündung. Natürlich wurde sie innerhalb von vier Jahren dreimal schwanger, hatte jedoch jedesmal eine Fehlgeburt. Letztendlich konnte sie doch empfangen und die Schwangerschaft aufrecht erhalten; das Ergebnis davon ist, wie bereits beschrieben, ein KRANKES KIND. Auf der einen Seite haben wir ein Kind, das unter vielen Behinderungen leidet, auf der anderen Seite eine Mutter, die wegen Depressionen behandelt wird und auch noch Polyarthritis bekommen hat. Das Kind mental und physisch zurückgeblieben, die Mutter leidend und vorzeitig gealtert – dies ist das Ergebnis einer tiefen miasmatischen Störung, bei der Homöopathie viel zu bieten hat.
Nehmen wir ein weiteres Beispiel eines Kindes, das sehr klein geboren wurde, dünn, aber sehr lang. Das Kind weint die ganze Zeit. Die Stimme ist von Anfang an heiser. Das Kind ist immer unglücklich und unzufrieden. Es mag nicht lange an einem Ort sein. Es möchte nach draussen und bald darauf hat es davon genug. Es weint ständig, man weiss nicht warum. Es schwitzt im Schlaf am Kopf. Nachts wacht es verängstigt und hungrig auf und weint. Es trinkt immer, nimmt aber nicht zu. Sein Hals ist schwach, und es kann seinen Kopf nicht halten. Es hat nachts oft Nasenbluten. Das Kind reagiert empfindlich auf Wetterwechsel und erkältet sich leicht. Jede Erkältung schlägt auf die Bronchien oder die Ohren. Durch wiederholte Erkältungen entwickelt es eine Verstopfung der Nase und Tubenkatarrh. Es bekommt oft Lungenentzündungen. Es beginnt früh zu krabbeln und sich zu regen. Es ist verärgert, destruktiv und eifersüchtig. Es spielt gefährliche Spiele, klettert auf hohe Tische und Stühle und springt herunter. Das Kind kennt keine Gefahr. Wenn jemand versucht, es aufzuhalten oder ihm gut zuzureden, hört es nicht oder reagiert sehr unzivilisiert. Es ist sehr eigensinnig und willensstark, tut nur, was ihm gefällt. So macht es in der Schule nur das, was es will, und gibt sich nicht mit Dingen ab, die ihn nicht interessieren. Es wächst und wächst in die Höhe. Es hat keine Muskeln und läuft mit hängenden Schultern umher. Es ist immer in Bewegung, immer auf dem Sprung, in Eile. Diese Typen sind krank vor innerer Ruhelosigkeit und Ichsucht. Sie nehmen sich Freunde, wann sie wollen, benützen sie und werfen sie fort, herzlos und ohne Gnade. Solche Kinder haben Probleme mit der Nahrungsaufnahme und Absorption.
Wenn wir so ein Kind sehen, finden wir in der Familie oft Tuberkulose, Diabetes, Osteoporose, Syphilis, Alkoholismus, Schizophrenie oder Schilddrüsenüberfunktion usw. Solche Fälle ändern sich oft, und die weitere Degeneration ihrer Existenz kann in Schach gehalten werden, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen konstitutionellen Mittel behandelt werden.
Im Interesse des Lesers und zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Typen habe ich drei verschiedene Gruppen gebildet:
Sulfur
Phosphor
Tuberculinum
Barium carbonicum
Calcium carbonicum
Silicea
Natrium muriaticum
Sepia
Pulsatilla
Wo notwendig, wurden die verschiedenen Typen, unabhängig davon, zu welcher Gruppe sie gehören, miteinander und mit anderen Arzneimitteln verglichen. Sie werden zum Beispiel Barium carbonicum mit Natrium muriaticum verglichen finden, oder Sepia mit Tuberculinum usw.
Homöopathie und die Welt der Kinder sind beide gleichermassen umfangreich und schwierig zu beherrschen. Ich habe mein Bestes versucht, die Charakteristika der verschiedenen Typen, basierend auf meinen persönlichen klinischen Erfahrungen, hervorzuheben.
Sulfur
Phosphor
Tuberculinum
Sicher haben Sie viel von Sulfur und Sulfur-Typen gelesen, doch heute spreche ich über das Sulfur Kind. In Indien arbeitete ich in homöopathischen Spitälern. Dort gaben wir allen Neugeborenen ein Globuli Sulfur C 30 zur Begrüssung im Sinne von «welcome on this planet with the antipsoric». Teilweise verabreichten wir die Mittel bereits während der Geburt. An unseren Spitälern hatten wir mit dieser Methode sehr gute Erfolge, Erkrankungen bei Neugeborenen wie Gelbsucht trat fast nicht mehr ein.
Indien ist nicht Europa. Deshalb möchte ich Ihnen einen Fall aus Zürich vorstellen. Ein befreundeter Arzt rief mich an, eine Bekannte habe einen Sohn geboren, der an Gelbsucht erkrankt sei. Die Krankheit sei derart fortgeschritten, dass man bereits eine Bluttransfusion vornehmen wolle. Ich gab ihm den Rat, dem Baby eine Gabe Sulfur C 200 zu geben. Nach der Mittelgabe trat innert Stunden eine Reaktion ein, nach 48 Stunden waren die Blut- und Leberwerte normal, das Kind war geheilt. Sie sehen, wie schnell die Homöopathie wirken kann. Entscheiden Sie sich für Sulfur bei einem Ikterus neonatorum (Gelbsucht bei Neugeborenen), wenn keine klaren Symptome zu erkennen sind, oder bei der Mittelwahl eine Unsicherheit besteht. Aber geben Sie keine C 10 000; eine Gabe C 30 oder C 200 genügt.
Die Eltern eines Sulfur-Kindes sind oft introvertiert oder schwach, die Mutter ist z.B. Natrium muriaticum oder Calcium carbonicum, der Vater z.B. Lycopodium. Das Kind kommt dann als Balance in diese Familie, nicht ein Barium carbonicum- oder Calcium carbonicum-, nein, ein bewegliches, lebhaftes Kind. Sulfur ist der «shining star». Er ist kräftig, hat eine gute Ausstrahlung, ist präsent, beweglich, voll mit Energie. Er erscheint wie Licht in der Dunkelheit. Beachten Sie seine Augen. Bereits mit 2 Wochen blickt er umher. Er ist wach und aktiv. Er versucht, die Umgebung wahrzunehmen und muss wissen, was da läuft. Nicht wie sonst Kinder in diesem Alter.
Von Geburt an hat der Sulfur-Säugling viel Hunger. Bereits in den ersten Tagen ist die Ungeduld ausgeprägt, wenn er nicht sofort die Brust bekommt, beginnt er zu schreien. Er will jetzt die Brust haben und nicht erst Minuten später. Auch Lycopodium ist ungeduldig und schreit, wenn er Hunger hat. Mein Gott, durch sein Gebrüll vibriert das ganze Haus. Er trinkt 2-3 Schlücke, dann schläft er wieder ein. Sulfur hingegen hängt an der Brust und saugt und saugt. Er ist nie satt. Das Calcium carbonicum-Kind trinkt auch den ganzen Tag; bereits bei Geburt wiegt es über 4kg, ist gross und dick, sieht wie ein Kürbis aus. Kaum ist die Milch im Mund, lässt der Calcium carbonicum-Säugling sie wieder heraus. Das Kind, wie auch die Brust und Schulter der Mutter, sind immer nass und alles riecht säuerlich. Der Geruch ist in der ganzen Wohnung wahrnehmbar. Das Calcium carbonicum-Kind leidet bereits ab Geburt an Übersäuerung und Assimilationsstörungen. Oft litt die Mutter selbst während der Schwangerschaft an Übersäuerung und Sodbrennen. Psorinum hat den gleichen Hunger wie Sulfur. Magnesium carbonicum ist auch immer hungrig. Es trinkt und hat anschliessend einen geräuschvollen, grünlich, schaumigen Durchfall.
Sulfur wie auch Phosphor sind allgemein zu früh wach im Leben. Sie reagieren sehr schnell auf äussere Einflüsse: bereits mit 2 Wochen auf Vater, Mutter und Geschwister. Im Bett dreht sich Sulfur zu früh. Meistens liegt er auf dem Rücken. Calcium carbonicum und Psorinum liegen ebenfalls auf dem Rücken, Phosphor hingegen meistens auf der rechten Seite. Bereits nach einigen Wochen versucht Sulfur sich aufzurichten. Die Entwicklung geht einfach zu schnell. Das Bedürfnis die Welt zu sehen, zu erfahren, was rundum läuft, ist sehr gross. Man sieht in diesem Kind die Energie. Umgekehrt ist es bei Natrium muriaticum, das Wachstum ist langsam, er ist dünn, meist in einem schlechten Ernährungszustand mit Untergewicht, die Haut ist faltig, und bereits als Säugling hat er ein alt aussehendes Gesicht. Er versucht den Kopf aufzurichten, doch die Nackenmuskulatur ist noch ungenügend ausgebildet und er kann den Kopf nicht halten. Abrotanum hat ebenfalls Nackenschwäche, einen grossen schweren Kopf, den er nicht aufrecht halten kann, blaue Ringe um stumpf blickende Augen, ein faltig, blasses und alt aussehendes Gesicht. Das Charakteristische bei ihm ist jedoch die Abmagerung der unteren Extremitäten. Auch Calcium phosphoricum leidet unter Nackenschwäche, im Gegensatz zu Natrium muriaticum, bei dem der Kopf seitlich fällt, kann Calcium phosphoricum den Kopf nicht vom Kissen heben.
Unser Sulfur-Kind ist jetzt zwei oder drei Monate alt. Ein Spielzeug fällt ihm aus dem Kinderwagen oder Bettchen, er weint sofort und wenn die Mutter nicht umgehend bei ihm ist, geht das Geschrei los. Er beruhigt sich nicht einmal, wenn er in den Arm genommen wird. Die Mutter hat zu spät reagiert, sie war nicht da, als er sie gebraucht hätte. Er ist der Chef, alles muss nach seinem Willen geschehen. Sein hoch psorisches Verhalten zeigt sich bereits in diesem Alter. Er ist ein sehr schwieriges Kind. Ein Zincum metallicum-Kind ist ebenfalls ungeduldig. Cina ist noch ungeduldiger, böser, aufgeregter als Sulfur. Wenn Cina das Spielzeug wieder hat, schlägt er es der Mutter ins Gesicht oder wirft es erneut zu Boden. Jetzt will er es nicht mehr haben.
Oft leiden Kinder an Morgendurchfall. Dies deutet meistens auf eine tiefe konstitutionelle Störung hin. Nach Hahnemann ist dieser Zustand eine psorische Manifestation. Wird der Durchfall durch chemische oder andere unterdrückende Mittel behandelt, so ist immerhin der Stuhlgang wieder in Ordnung, aber tiefere Störungen können sich entwickeln wie z.B. Nervosität, Unsicherheit, Angst und Depression. Sulfur erwacht früh morgens durch Stuhldrang und beginnt zu schreien. Kann er schon laufen, wird er durch den Druck aus dem Bett getrieben und er rennt auf die Toilette. Der Durchfall ist schmerzlos. Podophyllum hat nach dem Aufstehen bis zum Mittag mehrere schmerzlose, stark stinkende, geräuschvolle, gelbgrüne, wässrige, spritzende Durchfälle, sogenannte Hydrantenstühle. Man weiss nicht, ob es Stuhl oder Urin ist. Podophyllum liegt auf dem Bauch. Eine Besserung tritt auch ein, wenn die Mutter ihm den Bauch massiert. Sulfur hingegen hat eine Abneigung auf dem Bauch zu liegen. Er liegt auf dem Rücken, der Bauch darf nicht berührt werden. Bei Natrium sulfuricum ist der Durchfall meist schlimmer frühmorgens, zusammen auftretend mit starken Blähungen, oder der Stuhl geht unwillkürlich nach Blähungen ab. Die Fäkalienmasse ist von erheblichem Umfang mit viel unverdauten Nahrungsbestandteilen.
Sulfur hat auch Verstopfung. Aus diesem Grund ist der After gerötet, juckt, brennt, hat Risse, Fissuren oder Ekzeme, und der Stuhlgang ist sehr schmerzhaft. Das Kind bekommt Angst vor dem Stuhlen, es verkrampft sich, beginnt zu weinen, es kann nicht mehr. Hinzu kommen noch seine fixen Ideen. Ein älteres Kind sagt: «Ich will nicht auf’s Klo», dann will es eben nicht. Sulfur fühlt sich immer besser, wenn er tagsüber zwei bis dreimal Stuhlgang oder sonst einen Ausfluss hat. Kann er nicht stuhlen, steigt die Nervosität und es mehren sich die Koliken. Beinahe alle psorischen Symptome bessern, wenn der Patient vermehrt Ausfluss bzw. Ausscheidungen hat. Eine Mutter erzählt in der Praxis: «Mein Kind ist stark erkältet, hustet seit Tagen und kann nicht mehr schlafen», dann fragen Sie nach dem Stuhlgang. «Seit einigen Tagen ist es verstopft.» Mit dem Stuhlgang bessert auch das Allgemeinbefinden. Therapieren Sie keine Verstopfung, sondern den Menschen in seiner Gesamtheit. Magnesium muriaticum ist bei Verstopfung sehr unruhig, er geht manchmal den ganzen Tag im Zimmer hin und her, seine Gedanken sind beim After. Er hat Druck und Krämpfe, aber es kommt nichts. Erst gegen Abend kann er dann stuhlen. Der Kot ist gross und hart, manchmal auch klein und kann mit Schleim überzogen sein. Magnesium muriaticum kann bei Erwachsenen angewendet werden, die unter einer Amöbencolitis, Lebererkrankungen oder psychischen Störungen leiden. Die Krankheit ist immer von der oben beschriebenen Verstopfungsart begleitet. Alumina drückt und presst, es kommt nichts. Der Stuhl ist manchmal sehr hart und trocken, doch meistens ist er weich, von pastöser Form. Aber trotzdem braucht es viel Kraft, bis der Stuhl kommt, das Kind wird davon müde. Bei Silicea ist es ähnlich. Der Stuhl tritt unter grosser Anstrengung teilweise heraus und gleitet dann wieder zurück. Antimonium crudum hat wie Sulfur Angst vor Stuhlgang, da dieser mit Schmerzen verbunden ist. Er hat einen stark geblähten Bauch, eine dick belegte, weisse Zunge, einen schlechten Mundgeruch, ist gereizt und ärgerlich, ähnlich wie Chamomilla, das aber getragen werden möchte, schreit und hat Wutausbrüche und will wie Silicea und Barium carbonicum nicht berührt oder angesehen werden. Wird Silicea angeschaut, beginnt es rasch zu weinen und kann aggressiv reagieren. Barium carbonicum weint hingegen nicht, er sucht eine Stelle, wo er sich verstecken kann, oder er hält die Hände vor das Gesicht.
Sulfur hat speziell an den Körperöffnungen, wie Lippen, Nase, Augen, After, Scheide, Penis, Harnröhre eine gerötete Haut, Ausschläge und Ekzeme. Der Ausfluss ist scharf und irritierend. Das Kind ist besonders nachts sehr unruhig und weint. Psorinum ist in der Nacht auch sehr unruhig und weint. Bei Hauterkrankungen ist die Haut heiss und brennt. Psorinum wird ruhiger, wenn er etwas zu essen oder zu trinken bekommt und entweder abgedeckt ist oder die Bettdecke angehoben wird, damit kühlere frische Luft einströmen kann. Psorinum ist sonst äusserst kälteempfindlich und will, ausser bei Hauterkrankungen, immer zugedeckt sein. Für ein Sulfur-Kind mit Ekzemen ist der Kleiderkontakt unangenehm und schmerzhaft. Die Windeln, wie auch die Unterwäsche sind normalerweise zu eng, sie geben zu warm. Ziehen sie deshalb das Kind aus. Sulfur liebt es, nackt zu sein.
Sulfur ist immer schmutzig. Man fragt sich, wann er das letzte Mal gewaschen wurde, es macht den Eindruck, als ob die Mutter zu faul dazu wäre. Hahnemann schreibt bei Sulfur: «Schmutzig und ungesund aussehende Haut.» Sulfur hat eine starke Abneigung gegen das Duschen, gegen Reinigung allgemein. Hier zeigt sich deutlich wieder die Psora. Der Schmutz gehört zu ihm, obwohl er stinkt, will er sich nicht waschen lassen. Wird Sulfur gegen seinen Willen gebadet, kann er so laut schreien, dass das ganze Haus zusammenläuft und man meint, das Kind werde umgebracht. Die Nachbarn fragen dann am nächsten Tag, was geschehen sei. «Ach nichts, der Junge wurde nur wieder einmal geduscht...» Sitzt er dann endlich in der Wanne, findet er Spass daran und plantscht rum, spielt mit dem Wasser, das ganze Badezimmer wird nass. Nur mit Gewalt hat man ihn in die Wanne gebracht, nun will er nicht mehr rausgehen.
Frage Kursteilnehmer (K.T.): «Wenn sehr viele Symptome stimmen, aber Baden bessert, kann man dann immer noch auf Sulfur schliessen? Ist das Symptom, Abneigung gegen Wasser, sehr hoch?»
Antwort Mohinder Jus (M.J.): «Nein, in diesem Fall kann man nicht mehr auf Sulfur schliessen. Bei Sulfur werden die Hautsymptome bei Wasserkontakt immer schlechter. Liebt er jedoch das Baden und ist sonst seine Lebensart chaotisch, dann können Sie gleichfalls auf Sulfur schliessen. Ich muss hinzufiigen, Sulfur badet manchmal gerne, wenn er dabei spielen kann. Hingegen hat er eine starke Abneigung gegen Duschen.»
Bei Sulfur zeigt sich die Unsauberkeit nicht nur an seiner äusserlichen Erscheinung, den schmutzig und übel riechenden Kleidern – am liebsten trägt er immer die gleichen Sachen und tagelang die stinkenden Socken – und den ungewaschenen Händen und Füssen, sondern auch an seinem inneren Verhalten.
Die Unruhe zeigt sich bei Sulfur auch durch seine Finger. Diese sind immer in Bewegung. In allen Körperöffnungen findet man sie. Ob in Nase, Mund, Ohren, After. Der gleiche Finger geht in die Nase, dann kratzt er am After und anschliessend kaut er wieder an den Fingern. Es besteht eine grosse Unruhe, Nervosität, Aktivität. Zwischen Mund, Nase und After kennt er keinen Unterschied. Mit den ungewaschenen Händen isst er anschliessend. Es ist bei Sulfur eine psorische Manifestation. Natrium muriaticum nimmt die Finger in den Mund und kaut an den Nägeln, weil sie sehr nachtragend ist und sich immer mit der Vergangenheit beschäftigt.
Sulfur hat eine starke Allergietendenz. Er kann auf Salben, Kosmetikartikel, synthetische Sachen, Windeln, kleinste Verletzungen, Insektenstiche, Sonne u.a. mit einem Hautausschlag reagieren. Wird z.B. ein Insektenstich mit Apis erfolgreich behandelt, sollte man anschliessend Sulfur als Komplement verwenden. Ein weiteres Ergänzungsmittel zu Apis ist Natrium muriaticum, das «chronische» Apis.
Sulfur reagiert stark auf Sonnenbestrahlung. Die Mutter ist z.B. Calcium carbonicum oder Silicea, sie friert leicht und geht mit dem Kind an die Sonne. Innert Kürze ist das Kind tomatenrot. Zuviel Sonne kann bei ihm eine Dermatitis auslösen. Weiter reagiert Sulfur stark auf Zucker. Einerseits liebt Sulfur den Zucker sehr, es besteht ein gesteigertes Verlangen danach, andrerseits wird er nicht vertragen. Oft habe ich bei Müttern gesehen, die Süssigkeiten während der Zeit essen, in der sie stillen, dass das Kind darauf stark mit Durchfall, Ekzemen oder bei bereits bestehenden Ekzemen, mit einer Verschlimmerung reagieren. Argentum nitricum reagiert auch stark auf Zucker. Die Mutter isst etwas Süsses und das Kind leidet nach dem Stillen unter Blähungen oder starkem Durchfall. Bei einer konstitutionellen Behandlung mit Sulfur sollte der Genuss von Zucker stark eingeschränkt, besser noch vermieden werden, denn dieser hat eine behindernde Wirkung auf das Mittel.
Im allgemeinen werden die Kleinkinder viel zu früh aus dem Elternschlafzimmer verbannt. Der natürliche Kontakt zwischen Kind und Eltern geht verloren, das Kind liegt jetzt alleine in seinem Zimmer. Sulfur kann nicht alleine schlafen. Er erträgt die Isolation nicht. Er muss die Mutter spüren, Körperkontakt haben und ihren Geruch wahrnehmen. Auch ein 6 Jahre altes Sulfur-Kind wird immer noch ins Schlafzimmer der Eltern kommen. Es legt sich zwischen die Eltern. Es will Mittelpunkt sein. «Hier bin ich und hier bleibe ich». Die Mutter Sepia oder der Vater Lycopodium wollen alleine sein und verlieren die Geduld. Streit entsteht. Er muss ins eigene Zimmer, aber will nicht. «Wo ist meine Mutter?» «Mein» ist das Problem bei Sulfur. «Wenn meine Mutter nicht bei mir ist, dann gehe ich eben zu ihr.» Sulfur hat nicht gelernt zu verlieren und ist ein schlechter Verlierer. Je mehr die Mutter das Kind abweist, desto mehr handelt Sulfur auf seine Art, er geht wieder ins Schlafzimmer und legt sich zwischen die Eltern. Meistens wird eine solche Mutter depressiv. Nicht infolge Schlaflosigkeit, obwohl sie schlecht schläft, nein, es wird ihr bewusst, dass sie langsam den Machtkampf verliert und ihr Kind mit Freude darauf reagiert. Sulfur hat einen Katzenschlaf. Meistens schläft er auf dem Rücken und schnarcht. Kaum geht die Mutter weg, erwacht das Kind und beginnt zu weinen. Im Schlaf kann Sulfur auch lachen. Silicea spricht und weint in der Nacht. Sulfur ist stark lärm- und geruchsempfindlich, hat viele Ideen und Erinnerungen vom Tag her, die in der Nacht verarbeitet werden. Er schwitzt in der Nacht sehr stark, der Schweiss ist warm, bei Calcium carbonicum kalt und bei Psorinum stinkt er stark. Das Kind braucht wie Pulsatilla und Lachesis frische Luft und kann nur bei offenem Fenster schlafen. Zudecken ist kein Thema für Sulfur. Er muss sich die ganze Nacht drehen können. Ein einteiliges Pyjama oder ein «Schlafsack» ist Horror für ihn. Die Füsse müssen frei sein, sie brauchen Luft. Er sucht im Bett eine kalte Stelle oder streckt die Füsse unter der Decke hervor. Dies ist der Grund, weshalb er sich dauernd im Bett dreht, er hat zu heiss.Wenn eine Stelle nach einiger Zeit zu warm wird, ist es für ihn unerträglich und er sucht sich eine neue kalte Stelle wie Pulsatilla, Phosphor, Natrium muriaticum, Medorrhinum u.a. Für die Mutter ist es bequem, das Kind in einen «Schlafsack» zu stecken, sie muss in der Nacht nicht mehr aufstehen und ihr Kind zudecken. Oder doch? Stellen Sie sich ein Sulfur-Kind in einem «Schlafsack» vor! Das Gebrüll des Sulfur-Kindes ist unerträglich. Die Eltern stehen dennoch auf.
Verschiedenste Schlafstörungen werden oft bei Kindern beobachtet. Zähneknirschen wird u.a. bei Sulfur, Zincum, Cina, Stramonium und Tuberculinum gefunden. Sulfur schläft unruhig, wacht alle 2-3 Stunden auf, sein Unterbewusstsein ist aktiv, es kann nicht abschalten. Es hat viele Ideen und beschäftigt sich mit dem nächsten Tag. Bei Cina liegt der Grund bei Magen- und Darmentzündungen und Würmern. Bei Zincum metallicum sind es mehr die Folgen einer Hirnhautentzündung. Es ist sehr nervös, gestresst, überlastet, und hat in jungen Jahren bereits eine dicke Brille, Konzentrationsschwierigkeiten und Ängste, speziell vor der Polizei. Stramonium kann nicht alleine schlafen, es hat Angst vor der Dunkelheit, träumt von Horror, Tieren, Geistern, knirscht mit den Zähnen und schreckt mitten in der Nacht weinend auf. Stramonium schläft ruhiger, wenn im Zimmer ein kleines Licht angezündet bleibt. Dadurch ist die Wirkung des Mittels auch besser. Natrium muriaticum schläft auch ruhelos, hat viele Alpträume, schreckt plötzlich auf. Es hat Schwierigkeiten mit dem Einschlafen, da es sich mit der Vergangenheit beschäftigt und über alles Negative nachdenkt. Es wurde z.B. gestern gescholten, liegt jetzt im Bett und kaut an den Nägeln. Oder es ist beleidigt, da es nicht zu einer Kinderparty eingeladen wurde, oder eine Schulnote etwas schlecht ausgefallen ist. Natrium muriaticum sieht ein zur Hälfte mit Wasser gefülltes Glas nie halbvoll, sondern immer halbleer. Aber Sulfur beschäftigt sich wie Phosphor mehr mit der Zukunft. Morgen beginnen die Ferien und man fährt mit dem Auto weg. Bereits 2 Nächte vorher können Sulfur, Phosphor, wie auch Tuberculinum nicht mehr schlafen. Sulfur legt sich dann zu den Eltern ins Bett. Cina schläft wie Medorrhinum und Podophyllum auf dem Bauch, oder bei der Mutter auf deren Bauch. Cina, wie auch Chamomilla wird im Arm der Mutter ruhiger und schläft ein. Das besondere bei Cina ist, wenn es auf das Gesäss geschlagen wird, beruhigt es sich. Calcium carbonicum schläft gut, wenn es im Arm der Mutter liegt und diese tanzt. Natürlich schläft es bei einer Sepia Mutter, die bekanntlich das Tanzen sehr liebt, am schnellsten ein! Beide schlafen nachher ruhig.
Bei Krankheiten ist zur Differenzierung der homöopathischen Mittel das Aussehen der Zunge ein gutes Hilfsmittel. Die nachfolgenden Mittel führe ich nur stichwortartig auf. Zunge weiss belegt, rote Ränder, übler Mundgeruch: Sulfur. Gleiches Aussehen, bei Thyphus, Fieber, Soor, ev. blutige Zunge, schlechter Mundgeruch: Baptisia. Hinteres Drittel weiss belegt: Kalium bichromicum, Nux vomica. Gefühllos, geschwollen, hinteres Drittel weiss belegt: Calcium phosphoricum. Dick weiss belegt und schmerzhaft: Antimonium crudum, Borax. Weiss belegt und trocken wie Kalk: Arsen. Hinten gelb belegt, vorne sauber, trockener Mund: Pulsatilla. Belegt mit rotem Streifen in der Mitte: Causticum und Veratrum viride. Belegt mit roter dreieckiger Spitze: Rhus toxicodendron. Grün oder grün-grau: Natrium sulfuricum. Dick gelb belegt, roter Rand, Zahnabdrücke: Chelidonium. Geschwollen, dick gelb belegt oder nur vorne gelb belegt, hinten milchig, Zahnabdrücke, Gefühl Haar auf der Zunge: Kalium bichromicum. Dieses Gefühl hat auch noch Natrium muriaticum und Silicea. Schmutzig belegt, roter Rand, Zahnabdrücke, metallischer Geschmack, viel Speichel: Mercurius. Landkartenzunge: Natrium muriaticum. Tiefe schmerzlose Risse (syphilitisch): Acidum nitricum. Zittern beim Hinausstrecken: Gelsemium, Lachesis und Mercurius. Zunge klebt, trockener Mund, viel Durst, schläft ständig ein: Nux moschata. Der Mund bei Borax ist heiss, die Gaumenhaut runzlig, der Säugling hat Schmerzen beim Saugen und Lutschen, teilweise bluten die Zunge und Schleimhaut wie bei Soor, er erbricht viel.
Das Sulfur-Kind hat lichtempfindliche, oft tränende Augen. Seit Geburt können diese Probleme auftreten, z.B. bei Tränenkanalentzündung oder -fisteln. Dazu besteht eine starke Erkältungsneigung. Das Sulfur-Kind ist oft verschnupft und hustet. Die Nasenlöcher sind gerötet und verkrustet, die Absonderung scharf. Den ganzen Tag fliesst die Nase, entweder schnieft es die Absonderung hoch, wischt sie mit dem Ärmel ab oder leckt den Ausfluss mit der Zunge. Es schmeckt und die Nase darf nicht gereinigt werden, sonst wird die ganze Freude genommen! Obwohl die Nase zu ist, besteht wie bei Nux vomica, Kalium bichromicum und Lycopodium eine starke Niestendenz. Lycopodium leidet seit Geburt unter Schnupfen, die Nasenatmung ist erschwert. Typische Lycopodium sprechen oft etwas nasal. Darauf angesprochen antworten sie: «Seit ich mich erinnern kann, leide ich an einer verstopften Nase.» Die Erkältung bei Sulfur entwickelt sich Richtung Ohr. Das Kind klagt plötzlich wie bei Apis über brennende und stechende Ohrschmerzen. Wirkt Apis nur ungenügend, kann Sulfur als Komplement angewendet werden. Bei der Mittelohrentzündung schlagen Sulfur, Belladonna und Tuberculinum mit dem Kopf gegen die Wand. Das Sulfur-Kind ist stark lärmempfindlich, es braucht Ruhe. Der Mund ist offen, die Lippen sind geschwollen wie bei Barium carbonicum. Alles ist verschleimt, es hört schlechter.
Husten bei Sulfur kann auch als Folge von Impfungen entstehen. Nicht nur Thuja, auch Sulfur ist ein gutes Antidot, wenn nach Impfungen körperliche oder psychische Schwierigkeiten wie Charakterstörungen, Ruhelosigkeit, Schlafstörungen etc. auftreten.
Sulfur neigt zu Lungenerkrankung. Calcium carbonicum hat eher eine Tendenz zu Bronchitis und Mittelohrentzündung. Wenn ein Kind zu Ihnen kommt, das unter dauerndem Husten oder einer Bronchitis seit einer unterdrückenden Ekzembehandlung mit Cortison leidet, dann beginnen Sie bitte mit einer Gabe Sulfur C 200, aber nicht unbedingt mit einer C 10 000, denn es könnte eine Explosion, eine unerträgliche Verschlimmerung geben. Nicht nur Sulfur, sondern auch Calcium carbonicum kann zum Antidotieren von Behandlungen mit Cortison oder anderen ekzemunterdrückenden Therapien und deren Folgen wie Bronchitis, Heuschnupfen, Allergien etc. verwendet werden. Psorinum ist angezeigt bei Ekzemen, die durch teerhaltige Salben und Shampoos unterdrückt wurden. Bei Hauterkrankungen sollten allgemein äussere Anwendungen vermieden werden, da sie zu Symptomunterdrückungen führen. Nicht nur chemische, sondern auch pflanzliche und homöopathische Mittel können unterdrücken. Leidet das Kind unter sehr starkem Juckreiz, können die betroffenen Stellen nur mit Mandel-, Oliven- oder Kokosnussöl betupft werden.
Die körperliche Entwicklung geht schnell, die Beweglichkeit hat zugenommen, und kaum kriechen gelernt, versucht nun das Sulfur-Kind zu gehen. Es zieht sich an Möbeln hoch, hält sich fest, fällt hin und reisst alles zu Boden. Was erreicht werden kann, wird durcheinandergebracht. Sitzen bleiben ist kein Thema! Die ganze Energie, die Pseudohitze bringt es durcheinander. Wenn es ruhig sein sollte, wo kann es dann mit der überschüssigen Energie hingehen? Das Kind ist immer in Bewegung. Es muss die Welt erblicken. Die Unruhe und der Bewegungstrieb sieht man deutlich anhand eines Testes. Das Kind soll mit geschlossenen Augen still stehen. Nach kurzer Zeit bewegt sich der Oberkörper. Es kann das Gleichgewicht nicht mehr halten. Sulfur versucht die unmöglichsten Dinge, er will wissen, wie weit er gehen kann. Worte der Eltern werden nicht beachtet. Er will selbst entscheiden und lehnt jede Hilfe ab. Er will seine Grenzen kennenlernen. Er will alles alleine machen. Die Flasche will er selber halten, einfach nur untätig sitzen und sich füttern lassen, gibt es nicht bei ihm. Er will, wie die Erwachsenen oder die älteren Geschwister auch am Tisch essen. Die Hände sind im Essen, in seinem Gesicht und an den Kleidern. Seine ältere Schwester kann bereits mit Messer und Gabel essen. Also versucht er mit einem Löffel der beinahe grösser als sein Gesicht ist, das Müesli reinzuschieben. Mit einem kleinen Löffel würde er ev. den Mund finden, aber mit einem grossen kann er mehr auf einmal erfassen. Welch ein Chaos. Eine Riesenschweinerei am Tisch! Es ist ein Spiel für ihn. Kaum beginnt er zu essen, schon ist er überall schmutzig und ein Teil der Mahlzeit liegt auf dem Teppich. Versucht man ihm das Essen zu geben, wird er wütend und wirft mit der Nahrung um sich. Mutter und Kind gehen jetzt baden. In dieser Hinsicht hat man es mit einem Calcium carbonicum-Kind einfacher. Es verlangt Hilfe, es versucht, etwas alleine zu machen, kann es aber noch nicht. Das Schreien bei Sulfur ist ein Werkzeug. Er weiss genau, wenn etwas nicht nach seinem Willen geht und er schreit, bekommt das ganze Haus Angst. Deshalb brüllt er so laut und die anderen rennen, denn sie wollen seine Musik nicht mehr länger hören.
Will die Mutter das Sulfur-Kind abstillen, beginnen die Schwierigkeiten. Die Brust gehört zu ihm und die darf man ihm nicht wegnehmen. Ein grosses Theater beginnt. Man kennt ja seine kräftige Stimme und sein Gebrüll. «Du willst mich nicht stillen, dann lasse ich dich nicht schlafen.» Ein Kampf zwischen Mutter und Kind beginnt. Meistens gewinnt Sulfur.
K.T.: «Setzt man ein Trauma, wenn man jetzt das Kind schreien lassen würde?»
M.J.: «Das Kind muss diplomatisch behandelt werden, es einfach weinen zu lassen, wäre unmenschlich. Viele Ärzte raten den Müttern, das Kind weinen zu lassen, bis es von selbst aufhört. Ja, es hört auf, wenn es keinen Speichel mehr hat! Bei einem Sulfur-Kind können Sie das vergessen, es ist unmöglich, sich das Gebrüll über längere Zeit anzuhören. Man muss das Kind langsam abstillen. Staphysagria hat auch Probleme beim Abstillen. Es kann nicht mehr schlafen, weint in der Nacht. Es lässt jedoch die Eltern schlafen und beginnt im Bett zu spielen.»
Ein zahnendesSulfur-Kind leidet in dieser Zeit vermehrt an Durchfall, Erkältung, Ausschlägen und Ekzemen. Bereits bestehende Hautleiden verschlimmern. Die Haut rötet, wird rauh und rissig. Die Nervosität nimmt zu, es ist noch gereizter und kann nicht mehr schlafen. Es kratzt sich dauernd. Treten diese Verschlimmerung beim Kind während einer konstitutionellen Behandlung auf, sollte man kein Mittel verordnen, da es sich nur um einen Schub im Zusammenhang mit dem Zahnen handelt. In akuten Phasen kann eine natürliche Verschlimmerung von innen heraus auftreten. Möglicherweise ist es der letzte Schub. Also der grössten Heilerin, Mutter Natur, Zeit zur Heilung geben. Ist das Kind unhaltbar, geben Sie eine tiefe Gabe, Sulfur C 6, C 30, oder LM, aber keine Hochpotenzen. Beim Zahnen hat Chamomilla einen wässrigen, grünlich gehackten, nach faulen Eiern riechenden Durchfall, Schüttelkrämpfe und zuckende Glieder. Das Kind krümmt sich zusammen, zieht die Beine an den Bauch, schreit laut, ist starkt aufgeregt und beruhigt sich erst, wenn es getragen wird. Zeigt die Mittelgabe bei Chamomilla nicht die gewünschte Wirkung, so hilft eine Gabe Sulfur, das ein Komplement zu Chamomilla ist, umgehend.
Der Sulfur-Bub beschäftigt die Mutter noch mit einem anderen Thema. Er spielt mit dem Penis (psorisches Verhalten), teilweise auch in Absicht, seine Mutter so zu provozieren. Sie befasst sich mit ihm, das Interesse ist auf ihn gerichtet, er ist wieder Mittelpunkt. Andere zu beschäftigen, ist eine grosse Befriedigung für Sulfur. Durch das häufige Spielen kann die Harnröhre leicht verletzt und entzündet werden. Hyoscyamus hat auch oft eine Hand am Penis, bei pupertierenden Jugendlichen und Erwachsenen besteht ein erhöhter Geschlechtstrieb und ein Drang zu Exhibitionismus. Bei Lycopodium ist es ein nervöser Tick. Er macht es auf seine diplomatische Art, niemals von aussen, seine Hand geht in die Hosentasche. Unser Englischlehrer in der Schule war ein typischer Lycopodium. Wenn seine Hände in den Hosentaschen waren sagten wir, nun spielt er wieder «pocketbillard». Sulfur kennt kein Schamgefühl. Er kratzt, ob er mit jemandem spricht oder nicht, es ist ihm gleich, er kratzt äusserlich ohne Scham, er ist sich seiner Handlungsweise nicht bewusst. Dr. Allen beschreibt in seinen Werken, «es handelt sich um ein wollüstiges Kratzen, eine Art innerer Orgasmus». Mein Lehrer, B.K. Bose führte einmal während einer Vorlesung Sulfur so echt vor, dass sich bei ihm sein Dhoti (indische Kleidung) löste und er nackt vor uns stand. Ohne verlegen zu werden meinte er: «Das ist jetzt aber sehr realistisch geworden!» Auch die Antwort war typisch Sulfur.
Im Umgang mit den Geschwistern oder anderen Kindern verhält sich Sulfur sehr dominant. Er will immer der Chef sein, es muss nach seinem Willen geschehen. Er nimmt den anderen die Spielsachen weg, alles gehört ja ihm. Beginnt daraus ein Streit, kann er so heftig reagieren und schreien, dass die Erwachsenen sofort die älteren Kindern rügen und zurechtweisen. Er hat nun sein Spiel gewonnen, einmal mehr ist er Sieger geblieben. Seine ältere Natrium muriaticum Schwester verschliesst sich noch mehr, zieht sich zurück, isoliert sich und denkt über die Ungerechtigkeiten nach. Zu Calcium carbonicum hingegen ist Sulfur mit seiner Aktivität eine gute Ergänzung. Tuberculinum ist ähnlich wie Sulfur. Speziell ist seine Raffiniertheit. Er provoziert andere Kinder, hetzt sie auf, bleibt dabei ruhig sitzen und sieht gelassen zu, wie diese durch ihn in Schwierigkeiten kommen. Ein gutes Opfer für ihn ist natürlich Sulfur. Dieser ist schnell von einer Idee begeistert, lässt sich hinreissen, versteht dabei nicht, dass er dazu provoziert wurde. Sulfur liebt neue Spielsachen. Das Interesse und seine handwerkliche Begabung liegen darin, dass er innert Kürze alles demontiert. Ist das zerlegte Spielzeug unbrauchbar und hat er das Innenleben studiert, verliert er das Interesse an den Bestandteilen und legt alles auf die Seite. Wegwerfen kommt für ihn nicht in Frage. Alte Sachen weggeben kann er nicht. Er sammelt alles, auch wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Schnell verliert er das Interesse an neuen Dingen, Langweile kommt auf, etwas Neues muss her. Tarantula muss auch immer neue Sachen haben. Dieser kleine Teufel ist sehr giftig, er kann grundlos oder über Kleinigkeiten wütend werden, nimmt dann ein Spielzeug und zerstört es. Er brüllt: «Ich will ein gelbes und kein grünes haben», spuckt, beisst, flucht, stampft, wirft Gegenstände um sich und führt einen «Dracula Tanz» auf. Er will jemanden beissen, umbringen, die rhythmischen Bewegungen und das Stampfen sind aus Ärger und nicht aus Freude. Der Tarantula-Tanz bedeutet, dass die Spinne jetzt tanzt und zu beissen beginnt. Sulfur kann nicht teilen, er will nichts weggeben. Alles gehört ihm. Sein Freund besitzt etwas, das ihm gefällt. Jetzt beginnen die Probleme, wie soll er tauschen, ohne etwas weggeben zu müssen. Konnte er sich zu einem Tausch durchringen, versucht er nun mit allen Tricks, wieder an seine Sachen zu kommen. Das Neue will er nicht mehr weggeben, aber seine alten Sachen möchte er wieder zurückhaben. Das ist die possessive, psorische Seite an ihm. Nehmen ist einfacher als geben.
Sulfur ist voll mit Narben. Nicht überraschend bei seinem Tatendrang. Angst kennt er nicht. Er rauft mit älteren Kindern, er kommt blutend mit zerrissenen Kleidern nach Hause. Eine Wunde kann nie richtig ausheilen. Kaum hat sich eine Kruste gebildet, kratzt er diese auf und die Wunde blutet erneut.
Kleider interessieren ihn nicht, er zieht an, was ihm hingelegt wird. Am liebsten trägt er immer die alten schmutzigen Sachen und keine neuen und frisch gewaschenen Kleider. Ein weiteres Thema von Sulfur sind seine Socken. Die Mutter legt ihm täglich neue hin, er sucht sich aber die schmutzigen, stinkenden aus dem Wäschekorb. Zieht er die Schuhe aus, gibt es kein Parfum, das den Fussschweiss neutralisieren könnte. Sulfurschweiss ist intensiver als das stärkste Parfum.
Ein Homöopath, der seine Patienten persönlich aus dem Wartezimmer holt, erkennt sofort die Mutter mit ihrem Sulfur-Kind. Das Wartezimmer sieht wie nach einer Explosion aus. Die Pflanzen wurden misshandelt, Malstifte, zerrissene Seiten aus Journalen und Hydrokulturkugeln liegen zerstreut auf dem Boden. Wenn Sie Glück haben, ist nichts kaputt gegangen. Ein Natrium muriaticum-Kind beschäftigt sich auch mit Magazinen, es schaut die Bilder an, liest etwas darin und legt es dann wieder ordentlich zurück.
Das Sulfur-Kind ist einfach nicht zu bändigen. Wird es zurechtgewiesen, streckt es die Zunge raus, schreit, kratzt, schlägt um sich.