Kissing the Bodyguard - Julia Hausburg - E-Book

Kissing the Bodyguard E-Book

Julia Hausburg

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Beschreibung

Wenn der Bodyguard, der dich beschützen soll, zum Herzensbrecher wird Auf einer Party trifft Rachel den attraktiven Matt. Der ist nicht nur sexy, sondern auch fürsorglich und intelligent: Die beiden verbringen eine unvergessliche Nacht miteinander. Doch als Matt herausfindet, dass Rachel ihn angelogen hat, schmeißt er sie aus der Wohnung.  Rachel versucht alles, um Matt zu vergessen. Sie konzentriert sich auf ihr Jurastudium und ihren Job als Sängerin in einer kleinen Bar. Eines Nachts wird sie auf dem Weg dorthin überfallen. Kurzerhand heuert ihr Vater einen Securitymann für sie an. Rachel ist genervt, doch als der Bodyguard seinen ersten Einsatz antritt, fällt sie aus allen Wolken: Es ist Matt, ihr heißer One-Night-Stand, den sie aus ihrem Herzen verbannt hatte ...  

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Kissing the Bodyguard

Die Autorin

Julia Hausburg, Jahrgang 1998, arbeitete als freie Mitarbeiterin für eine Regionalzeitung, bevor sie 2019 ein Studium in Bildungswissenschaften abschloss. Sie ist als freischaffende Autorin tätig, verheiratet und lebt mit ihrem Mann in Geretsried bei München. Mit ihrer Young Adult Reihe Hesitant Heart und dem New Adult Roman Hunting Hopes sowie zahlreichen Buchempfehlungen hat sie sich auf Instagram eine täglich wachsende Community von über 4.600 Abonnenten aufgebaut.

Das Buch

Wenn der Bodyguard, der dich beschützen soll, zum Herzensbrecher wird

Auf einer Party trifft Rachel den attraktiven Matt. Der ist nicht nur sexy, sondern auch fürsorglich und intelligent: Die beiden verbringen eine unvergessliche Nacht miteinander. Doch als Matt herausfindet, dass Rachel ihn angelogen hat, schmeißt er sie aus der Wohnung. Rachel versucht alles, um Matt zu vergessen. Sie konzentriert sich auf ihr Jurastudium und ihren Job als Sängerin in einer kleinen Bar. Eines Nachts wird sie auf dem Weg dorthin überfallen. Kurzerhand heuert ihr Vater einen Securitymann für sie an. Rachel ist genervt, doch als der Bodyguard seinen ersten Einsatz antritt, fällt sie aus allen Wolken: Es ist Matt, ihr heißer One-Night-Stand, den sie aus ihrem Herzen verbannt hatte ...  

Julia Hausburg

Kissing the Bodyguard

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei Forever Forever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Januar 2023 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2023Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic® Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrusISBN 978-3-95818-720-7

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Epilog

Leseprobe: Catch the Boss - Verlieben verboten

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

»Jetzt trau dich endlich. Was ist schon dabei?«

Ich lehne mich gegen den Bartresen und schaue meine Mitbewohnerin und Freundin Anny über den Rand meines Martiniglases an. Es ist schon wieder leer. Zum wievielten Mal, weiß ich nicht, nach dem dritten Glas habe ich aufgehört zu zählen. »Was schon dabei ist? Das lässt sich leicht sagen, wenn man mit einem berühmten DJ zusammen ist!«

»Wir reden hier nicht davon, dass du einen Superstar ansprechen sollst, Rachel. Sondern den Securitymann, der am Einlass die Taschen kontrolliert.«

Damit ich sie verstehe, muss sie gegen die wummernden Bässe anschreien, die durch den angesagtesten Club Manhattans dröhnen.

»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Er arbeitet gerade. Vielleicht sollte ich lieber …«

»Abwarten?«, unterbricht sie mich. »So wie beim letzten Mal, als wir hier waren? Du hast dich den halben Abend lang heimlich am Eingang herumgedrückt, um am Ende dann doch zu kneifen.«

Ich stelle mein leeres Glas auf dem Tresen ab. Soll ich es wagen? Soll ich mich durch die Tanzenden in Richtung Eingang schieben und auf den Mann zugehen, der neben der Tür postiert ist? Wenn ich die Augen schließe, kann ich sein Gesicht vor mir sehen, als hätte es sich auf meiner Netzhaut eingebrannt. Blonde Haare, ein trainierter Körper und volle Lippen. Vor allem diese Lippen gehen mir nicht mehr aus dem Kopf!

Anny bewegt die Hüften zum Takt der Musik. »Also, was ist jetzt?«

Unschlüssig starre ich auf die überfüllte Tanzfläche, die ich überwinden müsste, um zum Eingang zu gelangen. Blaue Stroboskoplichter laufen flackernd über die Feiernden hinweg.

»Ich weiß es nicht.«

»Du hast jetzt zwei Möglichkeiten. Die erste ist, dass du deinen Mut zusammennimmst und den heißen Türsteher ansprichst. Oder du lässt es bleiben, und wir tanzen. Ich liebe diesen Song!«

Der Barkeeper stellt mir ein neues Glas hin. Nachdem ich es in einem Zug geleert habe, kann ich nicht einmal mehr sagen, warum ich es für eine schlechte Idee gehalten habe, den Securitymann anzusprechen. Was soll schon passieren?

»Na gut, ich mach’s.«

Anny quietscht und schmeißt triumphierend die Arme in die Luft. Dabei schlägt sie dem Kerl hinter sich beinahe die Bierflasche aus der Hand. »Falls du mich suchst, ich bin auf der Tanzfläche. Bis später und viel Erfolg!«

Und schon ist sie weg, um sich unter die Feierenden zu mischen. Aus den Lautsprechern dröhnt der aktuelle Song von DJ Maze, Annys Freund. Die Gäste grölen mir den Text in die Ohren, als ich mich an ihnen vorbeischiebe, und am liebsten würde ich mit einsteigen. Still zu stehen, ist bei den Songs von Maze, dessen echter Name eigentlich Mason lautet, fast unmöglich. Doch gerade bin ich viel zu nervös zum Tanzen.

Als ich das Gedränge überwunden habe, beschließe ich, doch noch einen Blick in den Spiegel zu werfen. Ich betrete einen spärlich beleuchteten Flur, der zu den Toiletten führt. Am Waschbecken angelangt, zupfe ich mein Etuikleid zurecht und prüfe meine blonden Haare im Spiegel.

Zufrieden steuere ich auf den Eingang zu, und dann sehe ich ihn. Den Securitymann. Er dreht sich zu mir um, und meine Handflächen werden schweißnass. Sein muskulöser Körper steckt in einem dunklen Anzug, und die breiten Schultern lassen vermuten, dass er viel Zeit in einem Fitnessstudio verbringt.

»Gehen Sie schon, Miss?«, erkundigt er sich höflich. Der tiefe Klang seiner Stimme lässt mich erschaudern.

»Nicht direkt«, nuschele ich. Auf einmal fällt es mir schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich habe meinen Plan, ihn einfach anzusprechen, nicht zu Ende gedacht.

Unschlüssig, ob ich mir nicht doch lieber eine lahme Ausrede ausdenken, mich umdrehen und zu Anny zurückkehren soll, stehe ich vor ihm und schweige. Normalerweise habe ich immer etwas zu erzählen, doch so, wie er mich ansieht, fühlt sich meine Kehle staubtrocken an.

Die Sekunden dehnen sich, während meine Gedanken von einer Frage beherrscht werden. Was soll ich sagen?

Gerade als ich beschließe, dass das hier eine Schnapsidee war und ich lieber die Flucht ergreifen sollte, hebt der Securitymann eine Braue.

»Nun … Gibt es ein Problem, bei dem ich Ihnen helfen kann?«

Ich könnte mir etwas ausdenken. Mir von ihm helfen zu lassen, klingt gar nicht mal so übel. Vielleicht bei der Suche nach einer verlorenen Tasche? Oder ich gebe vor, mich auf dem Weg zum Außenbereich verlaufen zu haben? Andererseits erscheinen mir beide Ausreden zu lahm, und auch wenn meine Aktion unüberlegt war, bin ich doch nicht ohne Grund hergekommen. Sondern weil mir der Securitymann schon bei meinem letzten Clubbesuch aufgefallen ist. Mit seinen markanten Gesichtszügen und der geheimnisvollen Ausstrahlung trifft er genau meinen Geschmack Mann.

Daher beschließe ich, in die Offensive zu gehen.

»Es gibt kein Problem. Ich war nur auf der Suche nach guter Gesellschaft.«

»Ich fürchte, dass Sie sich wohl verirrt haben. Das hier ist der Ausgang, die Party findet hinter Ihnen statt.«

»Oh nein«, antworte ich und lächele kokett. »Ich habe mich nicht verirrt. Ich bin genau da, wo ich hinwollte.«

Sein Gesichtsausdruck ist unergründlich, als würde er entweder nichts fühlen oder seine Regungen perfekt unter Kontrolle haben. Bin ich zu weit gegangen?

»Einen Moment, bitte«, sagt er und hebt die Hand an sein Ohr, wo ein schwarzer Knopf sitzt. Leise murmelt er ein paar Worte hinein, die ich nicht verstehen kann. Dann lauscht er der Stimme am anderen Ende und nickt schließlich.

Mit wem hat er gesprochen? Ich will ihn gerade fragen, da geht er an mir vorbei und verschwindet durch die Tür hinter dem Tresen, an dem vor ein paar Stunden die Eintrittsgelder kassiert wurden. Die Kasse ist längst weg, wir haben fast zwei Uhr nachts. Trotzdem bin ich irritiert, dass er seinen Posten verlässt. Wo ist er hin? Hält er mich womöglich für verrückt und holt jetzt Verstärkung, um mich aus dem Club zu schmeißen?

Oh Gott. Vielleicht sollte ich wegrennen?

Der Lärm der Party ist hier vorne kaum zu hören. Ich bin allein. Entweder jetzt oder nie. In wenigen Schritten wäre ich an der Mitarbeitertür vorbei und könnte hinter der Ecke verschwinden. Nachher könnte ich mit Anny einen Hinterausgang benutzen. Bestimmt gibt es hier einen. Dann müsste ich den Securitymann nie wieder sehen und könnte die ganze Aktion einfach vergessen.

Aber etwas an dem Gedanken stört mich und hält mich zurück. Ich kann nicht einmal sagen, was es ist, denn mein Kopf fühlt sich an wie durch die Waschmaschine geschleudert. Hinter mir erklingen Schritte, und die Chance ist verstrichen.

Der Securitymann hält ein Glas mit einer klaren Flüssigkeit in der Hand, das er mir entgegenstreckt. »Hier, trinken Sie das bitte.«

»Was ist das?«, frage ich. In dem Glas könnte schließlich alles sein.

»Wasser. Was denn sonst?«

»Vielleicht Wodka?«

»Wodka, natürlich.« Er schüttelt den Kopf, und ich komme mir blöd vor.

»Sie denken, dass ich betrunken bin.«

»Sie sagen das, als würde Sie das wundern.«

Auffordernd schwenkt er das Glas, sodass ich es ihm schließlich abnehme.

»Ich bin nicht betrunken«, stelle ich klar, lalle dabei aber so stark, dass ich mir plötzlich nicht mehr sicher bin.

Mist. Vielleicht bin ich doch betrunken.

Ich nehme einen Schluck von dem eiskalten Wasser. Es tut so gut, dass ich das Glas halb leer trinke, bevor ich es auf dem Tresen abstelle.

Ich schulde dem Securitymann wohl eine Erklärung. »Sie sind mir schon vorhin aufgefallen, als ich zusammen mit einer Freundin hier angekommen bin.«

»Ach ja?«, fragt er zögerlich. Ob ihn die Situation überfordert?

Dann sind wir schon zu zweit. Denn ich habe keine Ahnung, was ich mir dabei gedacht habe. Nicht viel, außer … »Die Party hat mich gelangweilt, und ich dachte, ich könnte die Gelegenheit nutzen und Sie ansprechen.« Für das letzte Wort benötige ich zwei Versuche, und meine Wangen röten sich.

Er deutet auf seine Uniform. »Ich arbeite gerade.«

»Ich weiß, womöglich war es eine blöde Idee.«

»Vielleicht auch nicht, denn Sie haben Glück. Ich habe gerade mit meinem Kollegen gesprochen, um fünf Minuten Pause zu machen und eine rauchen zu gehen. Und da Sie definitiv frische Luft vertragen könnten, schlage ich vor, dass Sie mich begleiten. Was meinen Sie?«

»Sehr gerne.«

Er streckt mir eine Hand entgegen. »Ich bin übrigens Matt. Ist es in Ordnung, wenn wir uns duzen?«

Ich ergreife seine Finger, die sich warm und kräftig um meine schließen. »Ja, natürlich. Ich heiße Rachel.«

Die Mitarbeitertür wird aufgerissen, und ein Mann tritt heraus. Er wirft mir einen skeptischen Blick zu, bevor er sich neben dem Tresen postiert. Offenbar ist das der Kollege.

»Bis gleich«, sagt Matt zu ihm und erntet dafür nur ein stummes Nicken.

Gemeinsam treten wir in die kühle Nacht hinaus. Sofort umgibt uns die typische Stadtkulisse. Auf Touristen wirkt sie oft erschlagend, aber mir ist sie vertraut, weil ich in New York geboren wurde und aufgewachsen bin. Motorengeräusche, die sich mit Gesprächsfetzen und Baustellenlärm mischen. Der Geruch nach Abgasen und fettigem Essen. Immerhin ist es hier draußen nicht so stickig wie im Club. Ich atme tief ein und spüre, wie die frische Luft meine Gedanken klärt. Ich hätte nicht so viel trinken sollen. Zwei Martini weniger hätten mir sicher nicht geschadet.

Matt zieht ein Päckchen Zigaretten aus seiner Hosentasche und nimmt sich eine heraus, bevor er es mir entgegenhält. Ich rauche nicht regelmäßig, mache aber manchmal auf Partys eine Ausnahme. So auch jetzt, da ich hoffe, dass eine Zigarette meine Nerven beruhigen wird.

Wir tauschen Päckchen gegen Feuerzeug, ich zünde die Zigarette an und nehme einen tiefen Zug.

»Arbeitest du für den Club?«, frage ich Matt.

»Ich helfe am Wochenende manchmal aus, wenn ich Zeit habe. Hauptsächlich bin ich als Bodyguard für einen Musiker tätig.« Matt atmet grauen Rauch aus. »Was ist mit dir? Was machst du beruflich?«

Etwas hält mich davon ab, ihm zu verraten, dass ich noch studiere. Vielleicht, weil mir das im Vergleich zu seinem Beruf nicht wirklich spannend vorkommt. Oder womöglich wegen der Tatsache, dass ich nicht genau einschätzen kann, wie alt er ist. Er könnte Mitte zwanzig, aber auch schon Anfang dreißig sein, und wenn dem so sein sollte, möchte ich nicht, dass er aufgrund meines Alters von 21 Jahren vorschnelle Rückschlüsse auf meine Persönlichkeit zieht.

»Ich arbeite im Modelbusiness. Kennt man den Musiker, für den du arbeitest?«, wechsele ich schnell das Thema.

»Jackson McTyre.«

Anerkennend pfeife ich durch die Zähne. Seine Songs sind ein fester Bestandteil der Charts und laufen im Radio rauf und runter.

»Manchmal kann ich es selbst kaum fassen. Bevor ich sein Bodyguard geworden bin, musste ich mich mit drei verschiedenen Jobs über Wasser halten. New York ist echt nicht günstig.«

»Das kannst du laut sagen.« Auch wenn Geld für mich nie ein Thema war, da ich aus einem vermögenden Elternhaus stamme, ist mir dennoch bewusst, wie teuer das Leben in New York ist.

»Dann bist du bestimmt viel unterwegs, oder?«, frage ich ihn.

»Ja, vor allem im Sommer zur Festivalzeit und wenn Jackson auf Tour ist. Aber ich mag das. Dadurch bietet sich mir die Möglichkeit, herumzukommen und viele tolle Städte zu sehen.«

»Welche haben dir bisher am besten gefallen?«

Er denkt kurz nach. »Kopenhagen. Und Oslo. Generell haben es mir die skandinavischen Länder auf Jacksons letzter Europatour total angetan.«

»Kopenhagen würde ich auch gerne mal sehen.« Bisher war ich nur wenige Male in Europa, weil mein Vater lieber auf Hawaii oder den Bahamas Urlaub macht.

»Es lohnt sich sehr. Und ich bin ein großer Fan von dem Klima dort.«

»Fühlst du dich bei kalten Temperaturen wohler?«

»Ich bin durch und durch ein Wintermensch.«

»Dann freust du dich sicher, dass es jetzt mit jedem Tag kühler wird.«

»Ich kann es kaum erwarten, dass der erste Schnee fällt.« Er blickt gen Himmel, als könnte er dort ablesen, wann es endlich so weit ist. Lange kann es nicht mehr dauern, schließlich haben wir schon November.

»Was ist mit dir?«, fragt Matt. »Magst du den Sommer oder den Winter lieber?«

»Weder noch. Ich bin eher ein Herbstfan.«

»Oh Gott. Sag bitte nicht, dass Pumpkin Spice Latte dein Laster ist.«

Ich kann nicht anders, als zu lachen. »Nicht ganz. Es ist Vanilla Latte. Dem kann ich nie widerstehen.«

»Puh«, macht er und wischt sich imaginären Schweiß von der Stirn. »Pumpkin Spice ist echtes Teufelszeug.«

»Lass mich raten. Du trinkst deinen Kaffee schwarz?«

»Offenbar bin ich viel zu leicht zu durchschauen.«

»Und das trotz deines beachtlichen Pokerface«, ziehe ich ihn auf.

Er schmunzelt. »Du bist frech. Das mag ich.«

Und obwohl es kühl ist und ich zu frösteln beginne, wird mir bei diesen Worten warm.

»Vielleicht sollten wir mal zusammen einen Kaffee trinken gehen«, schlage ich vor.

»Wenn du versuchen möchtest, mich von deinem Vanilla-Zeug zu überzeugen, hast du keine Chance.«

»Also ist das ein Ja?«

Er zögert kurz, aber schließlich nickt er. »Vielleicht kann ich dich ja auch zu schwarzem Kaffee überreden?«

»Nie im Leben!«

Ich wende mich kurz von ihm ab, um meine Zigarette auszudrücken. Als ich mich wieder umdrehe, hat Matt einen Finger gehoben und lauscht in den schwarzen Knopf in seinem Ohr hinein.

»Verstanden«, sagt er. Dann sieht er mich bedauernd an. »Ich muss zurück an die Arbeit. Mein Kollege wird im Außenbereich gebraucht.«

»Oh, na klar.«

Ich folge Matt wieder nach drinnen. Er wechselt einige Worte mit seinem Kollegen am Tresen, bevor er sich mir zuwendet. »Dann haben wir also eine Verabredung zum Kaffeetrinken?«

»Ja, gerne. Gibst du mir deine Nummer? Dann melde ich mich bei dir, damit wir noch Tag und Zeit ausmachen können.«

Ich ziehe mein Handy aus der Handtasche, öffne einen neuen Kontakt und reiche es ihm. Er tippt die Zahlen ein.

»Ich freue mich schon darauf.«

»Ich mich auch.«

Den restlichen Abend lang kann ich nicht mehr aufhören zu lächeln.

Kapitel 2

Am nächsten Morgen schweben meine Finger über dem neuen Kontakt. Ich kann es kaum erwarten, mich mit Matt zu treffen. Ist es zu früh, ihm eine Nachricht zu schreiben?

Unschlüssig drehe ich das Handy in meiner Hand. Bereits auf den ersten Blick hat mir Matt gefallen, und das hat sich während unseres kurzen Gesprächs nur noch verstärkt. Ich möchte wissen, wie es sich anfühlt, wenn sich seine starken Arme um meine Taille schlingen. Und ob ich eine Gänsehaut bekomme, wenn seine Finger über meine nackte Haut wandern. Beschleunigt sich mein Herzschlag, wenn sich seine Lippen auf meine legen?

Bei der Vorstellung zieht sich mein Unterleib schmerzhaft zusammen. Alles in mir drängt darauf, es herauszufinden.

Daher gebe ich mir einen Ruck und entsperre das Display. Was hat es für einen Sinn, zu warten? Nein, ich werde ihm sofort schreiben.

Ich: Hi, Matt. Hier ist Rachel. Ich hoffe, du hattest gestern noch eine entspannte restliche Arbeitszeit?

Er antwortet sofort, was mich überrascht, weil es für ihn letzte Nacht sicher noch später als bei Anny und mir geworden ist.

Matt: Bis auf eine Rangelei im Außenbereich ist alles ruhig geblieben.

Ich: Das freut mich.

Matt: Wolltest du mir nicht erst schreiben, um ein Treffen auszumachen?

Ich: Vielleicht melde ich mich ja aus genau diesem Grund bei dir?

Matt: Dann bist du wohl ein ungeduldiger Mensch?

Ich: Normalerweise nicht.

Ich: Scheint so, als würdest du diese Seite in mir hervorrufen.

Matt: Ich weiß nicht, ob das jetzt gut oder schlecht ist.

Ich: Haha. Ich aber auch nicht.

Matt: Also, wann treffen wir uns nun?

Ich: Oh! Anscheinend bist du auch ein ungeduldiger Mensch!

Matt: Ich glaube, wir haben keinen guten Einfluss aufeinander.

Ich: Oder den besten.

Wir schreiben noch eine Weile hin und her, bis wir uns auf einen Termin in einer Woche einigen. Einen Donnerstag, an dem Matt frei hat und meine Vorlesungen schon am frühen Nachmittag enden.

Eine Woche.

Das kommt mir lange vor, obwohl es stimmt, was ich geschrieben habe, und ich normalerweise nicht ungeduldig bin. Aber der Gedanke, ihn wieder zu treffen, macht mich gleichermaßen nervös wie euphorisch. So währt die Vorfreude länger, versuche ich mich aufzumuntern.

Mein Blick wandert durch das Zimmer mit dem schmalen Fenster, dem Linoleumboden und den gespiegelten Wandseiten. Im Raum befinden sich außerdem zwei Kommoden und zwei Schreibtische, über denen schiefe Regalbretter hängen – auf Annys stapeln sich Bücher, auf meinem stehen Nagellackfläschchen und eine vertrocknete Korbmarante. Ich liege auf einem der beiden schmalen Einzelbetten, das zweite ist leer. Da Mason in der Nähe des Clubs wohnt, hat Anny bei ihm übernachtet. Vermutlich kann ich vor dem Nachmittag nicht mit ihr rechnen.

Da ich keine Lust habe, die Zeit allein zu verbringen, verabrede ich mich mit meiner Freundin Penelope im High Line Park. Die stillgelegte Güterzugtrasse führt mehrere Meilen zwischen Hochhäusern hindurch. Sie ist wunderschön bepflanzt und bietet viele Sitzmöglichkeiten, die dazu einladen, im Park zu verweilen.

Ich treffe mich mit Pen am Eingang. Dort hat vor ein paar Tagen ein Smoothie-Laden neu eröffnet. Ich entdecke meine Freundin schon von Weitem und winke ihr zu, als ich die Straßenseite überquere. Ihr rotes Haar ist zu einem kurzen Bob geschnitten, der sie frech wirken lässt. Eine Sonnenbrille steckt darin und hält ihr widerspenstige Strähnen aus dem Gesicht. Mit dem anthrazitfarbenen Jumpsuit sieht sie aus wie die Powerfrau, die sie ist.

Punkt 91 auf meiner Bucketlist, der erst kürzlich hinzugekommen ist: Den neuen Smoothie-Laden am High Line Park ausprobieren und den ausgefallensten Smoothie auf der Karte bestellen.

Seit ich vierzehn bin, führe ich diese Liste. Am Anfang bestand sie aus einem Zettel, auf den ich einige wenige Ziele hingekritzelt habe. Ziele, die teilweise unerreichbar waren. So wie Punkt eins: Von Edward Cullen geküsst werden. Daran ist wohl meine Twilight-Phase schuld. Ich hatte Filmposter an den Wänden hängen, einen lebensgroßen Edward-Papp-Aufsteller neben dem Schreibtisch stehen und die passende Bettwäsche dazu. Irgendwann bin ich der Phase entwachsen, aber der Jugendtraum blieb. Zumindest auf der Liste.

Mit den Jahren haben sich so viele Punkte angesammelt, dass ich längst auf ein Notizbuch umgestiegen bin. Den beiliegenden goldenen Stift nutze ich exklusiv, um die Ziele, die ich erfülle, auszustreichen.

Penelope und ich betreten das Geschäft, nachdem wir uns begrüßt und umarmt haben. Der Innenbereich ist in bunten Farben gestrichen, von irgendwo plärrt Popmusik aus versteckten Lautsprechern. Ich studiere das Angebot und entscheide mich schließlich für die Sorte Honigmelone-Salatgurke.

Mit den Trinkbechern in der Hand betreten wir die Parkanlage. Überraschenderweise schmeckt meine Wahl gar nicht so übel, wie sie klingt. Pen ist jedoch anderer Meinung, als sie probiert, und verzieht abschätzig das Gesicht.

»Gott, du hast einen schlechten Geschmack.«

»Und du bist langweilig«, gebe ich zurück und deute auf ihren roten Beeren-Smoothie.

Sie lacht, bevor sie schlagartig ernst wird. »Ich werde dich schrecklich vermissen, weißt du das?«

Pen fliegt nächste Woche nach Australien, um in Sydney ein Jahr lang als Au-pair zu arbeiten. Davon spricht sie schon, seit ich sie in der Highschool kennengelernt habe, und die Familie, bei der sie unterkommt, scheint wirklich nett zu sein, so oft, wie Pen von ihnen schwärmt. Dennoch wünschte ich, sie würde bleiben. New York fühlt sich jetzt schon einsam an ohne sie. Mein einziger Trost ist, dass ich seit diesem Sommer Anny in meinem Leben habe. Und natürlich, dass Pen endlich ihre Träume verwirklichen kann.

»Ich dich auch. Versprich, dass wir ganz oft telefonieren werden.«

»Natürlich! Und videochatten.«

»Du musst unbedingt Fotos von Sydney für mich machen«, sage ich.

»Wahrscheinlich werde ich dir im nächsten Jahr so viele Bilder schicken, dass dir die Stadt zum Hals heraushängt.«

Ich schmunzele. »Das glaube ich nicht. Aber du kannst es ja versuchen.«

Penelope schlürft geräuschvoll an ihrem Smoothie. Ich weiß, dass er lecker sein muss, weil sie mir nicht angeboten hat, davon zu probieren. Sie deutet nach vorne, wo neben einem Springbrunnen eine Bank steht. »Wollen wir uns dort hinsetzen? Dann kann ich auch ein paar Fotos von dir für deinen Instagram-Account schießen.«

»Tolle Idee. Ich habe schon lange nichts mehr gepostet.«

»Das ist mir aufgefallen. Gibt es dafür einen bestimmten Grund?«

Ich zucke mit den Schultern, weil ich die Stimmung nicht mit meinen Sorgen kaputt machen möchte. Stattdessen drücke ich ihr meinen Becher in die Hand, laufe zur Bank und setze mich. Ich drehe mich seitlich, überschlage ein Bein und stütze meinen Ellbogen ab. Dann lächele ich in Penelopes Handykamera.

Wir probieren verschiedene Winkel und Posen, bevor ich zufrieden bin. Einigermaßen zumindest, denn der Gedanke, heute Abend eins von diesen Bildern auf meinem Account zu posten, kommt mir irgendwie falsch vor.

»Was ist los?«, fragt Pen und setzt sich neben mich. »Du magst das Modeln doch. Aber gerade eben hast du ausgesehen, als wäre es eine lästige Pflicht, in die Kamera zu lächeln.«

Ich seufze. Natürlich ist es meiner Freundin nicht entgangen. Dafür kennt sie mich schon zu lange.

»Ich weiß auch nicht. In letzter Zeit kommt mir das Modeln nicht mehr richtig vor. Die Jobs sind nicht nur anstrengend, sondern kaum mit der Universität zu vereinbaren. Wenn ich im Modebusiness etwas erreichen will, muss ich mich ganz darauf konzentrieren. Ich frage mich, ob es das wert ist. Ich habe Stress mit Dad, versaue mein Studium und verliere den Spaß daran, für eine Kamera zu posieren. Wozu das alles?«

Seit letztem Sommer studiere ich Jura an der Columbia University. Von Anfang an war klar, dass ich mich im Studium durchbeißen muss. Die trockenen Fachtexte und der viele Unterrichtsstoff, den ich auswendig lernen soll, bringen mich an meine Grenzen. Doch dann habe ich das Modeln für mich entdeckt und dachte, es wäre total mein Ding. »Auf Dauer muss ich mich für die Uni oder das Modeln entscheiden.« Dad würde mich allein dafür einen Kopf kürzer machen, die Möglichkeit, das Studium abzubrechen oder nur zu pausieren, überhaupt in Betracht zu ziehen. Für ihn steht fest, dass ich einmal seine Anwaltskanzlei übernehmen werde.

»Das Modeln, das für mich immer ein schönes Hobby war, ist mittlerweile zu einer lästigen Pflicht geworden. Ich glaube, das will ich nicht mehr.«

»Du musst nichts überstürzen.«

»Ja, ich weiß. Aber das würde ich nicht, ich grübele schon seit einer ganzen Weile darüber nach. Und weißt du, was mich nicht mehr loslässt? Bei meinem letzten Job habe ich in einem Werbespot mitgespielt, bei dem ich singen musste.«

»Ehrlich? Das hast du mir gar nicht erzählt.«

»Es war nur ein kleiner Job, kaum der Rede wert. Aber es hat mir Spaß gemacht.«

»Die Dreharbeiten?«

»Nein, das Singen! Dabei ist mir wieder eingefallen, wie wir früher in der Schule mal ein Musical einstudiert haben. Erinnerst du dich?«

Sie lacht. »Wie könnte ich das vergessen? Du hast uns alle in den Schatten gestellt mit deiner Engelsstimme!«

Ich schmunzele.

»Du könntest wieder damit anfangen«, schlägt Pen vor. »Es gibt viele Musikschulen, die Gesangsunterricht anbieten.«

»Hm«, mache ich. Die Idee ist mir selbst schon durch den Kopf gegeistert. »Wenn ich das Modeln aufgebe, habe ich genug Zeit, um zu singen. Keinen Ausgleich neben der Uni zu haben, kann ich mir nicht vorstellen.«

»Du kannst es dir ja in Ruhe überlegen. Es muss nicht morgen sein. Vielleicht kommt der richtige Moment noch. Und wenn dir das Modeln keinen Spaß mehr macht, dann lass es bleiben. Niemand zwingt dich. Das Leben ist zu kurz, um sich durch eine Tätigkeit zu quälen, die einem keine Freude bereitet.«

Ich trinke den letzten Rest von meinem Smoothie. »Wie soll ich nur die nächsten Monate ohne dich überstehen?«

»Ich werde mich doch nicht in Luft auflösen. Wenn du einen Rat brauchst, rufst du mich an.«

»Das sagst du so leicht. Allein die Zeitverschiebung wird es schwierig machen, in Kontakt zu bleiben.«

Pen legt eine Hand auf meinen Unterarm. »Wir bekommen das hin, Rachel.«

»Tut mir leid. Ich benehme mich wie die schlechteste Freundin der Welt. Statt dir die Ohren voll zu heulen, sollte ich dich lieber anfeuern.«

»Ach, Quatsch.« Sie winkt ab und fegt dabei beinahe mit dem Ellbogen unsere Becher von der Bank. »Ich würde mir eher Gedanken machen, wenn du mich so schnell wie möglich loswerden wollen würdest.«

Spontan umarme ich sie und halte sie ganz fest.

»Ich bin nicht aus der Welt«, sagt Penelope. »Aber bitte, versprich mir eins, Rachel.«

»Alles.«

»Versuch in deinem Leben Chaos zu vermeiden, während ich weg bin, ja?«

Empört löse ich mich von ihr. »Ich und Chaos?«

Wir sehen einander an und fangen beide an zu lachen. Mein Leben besteht praktisch aus Chaos, und meine dramatische Ader setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

Anschließend entsorgen wir unsere leeren Becher im Müll und spazieren noch ein bisschen im Park herum. Auf dem Rückweg nach Upper Manhattan teilen wir uns ein Taxi. Ich würde gerne noch etwas essen gehen, aber Pen hat keine Zeit mehr, weil sie für ihr Abenteuer packen muss.

Der Gedanke, meine Freundin zu verabschieden, fällt mir sehr schwer. Aber Pen hat recht, sie ist nicht aus der Welt. Wir können jederzeit Kontakt über unsere Handys halten.

Und wenn sie nächsten Dezember wiederkommt, habe ich meine Sinnkrise hoffentlich in den Griff bekommen.

Kapitel 3

»Kommst du noch mit in die Bibliothek?«, fragt Anny am Mittwoch nach der letzten Vorlesung.

Ich konnte mich den ganzen Tag lang kaum konzentrieren. Morgen ist mein Date mit Matt, und ich bin nervös. Es gibt keinen Grund dafür, das ist schließlich nicht mein erstes Date. Dennoch gelingt es mir nicht, das Gefühl abzuschütteln. Es haftet an mir, als wäre es festgeklebt.

»Nein«, antworte ich. »Ich denke, ich gehe noch ein bisschen spazieren.«

»Soll ich dich begleiten?«

Ich spüre, dass ich gerade lieber mit meinen Gedanken allein sein würde. »Nicht nötig. Wir sehen uns dann später im Wohnheim.«

»Alles klar. Bis dann.«

Sie winkt mir zum Abschied zu, bevor wir uns in entgegengesetzte Richtungen aufmachen.

Eine Weile laufe ich durch die Straßen, am Central Park vorbei, bis ich die Upper West Side erreiche. Ich passiere eine Boutique, in der ein Cocktailkleid im Schaufenster meinen Blick wie magisch anzieht. Shoppen wird mich sicher ablenken.

Nach einer Stunde trete ich mit einer prall gefüllten Einkaufstasche zurück auf die Straße. Die innere Anspannung ist immer noch da, deswegen kehre ich noch nicht ins Wohnheim zurück. Stattdessen laufe ich weiter, bis meine Füße schmerzen. Mittlerweile liegt Midtown Manhattan hinter mir.

Vor einer Bar mit dem Namen Eastlight bleibe ich schließlich stehen und recke auf der Suche nach der nächsten U-Bahn-Station den Hals. Plötzlich bleibe ich an einem Plakat hängen, das an der Tür klebt. Darauf steht in großen Lettern: Sängerin gesucht.

Ich trete näher heran und lese mir das Kleingedruckte durch. Es handelt sich um Auftritte an Freitagen und Samstagen, was perfekt für mich passen würde.

Seit dem Gespräch mit Pen hat sich die Gewissheit, dass das Modeln nicht mehr das ist, was ich möchte, immer mehr gefestigt. Mein letzter Job – der Videodreh – ist mittlerweile über zwei Monate her, und danach habe ich mich nicht um einen neuen bemüht. Der letzte Schritt, der noch gefehlt hat, um das Kapitel endgültig abzuschließen, war, mich Pen anzuvertrauen und von ihr bestärkt zu werden.

Nachdenklich betrachte ich das Plakat. Ein neues Hobby, das mich nur an zwei Abenden die Woche einspannt, wäre perfekt.

Ich ziehe mein Handy aus der Tasche, um ein Foto von dem Plakat zu machen. Ganz unten ist eine Telefonnummer abgedruckt.

Zufrieden nehme ich mir vor, den Anruf nach dem Date mit Matt zu tätigen.

Zurück im Wohnheim, finde ich Anny an ihrem Schreibtisch vor. Als ich hereinkomme, dreht sie sich zu mir um und zieht ihre Kopfhörer aus den Ohren.

»Du warst shoppen?«, fragt sie mich und beäugt neugierig meine Einkaufstaschen.

»Stressshoppen, wegen des Dates morgen.«

»Ach was, das wird bestimmt toll. Wann seid ihr verabredet?«

»Das haben wir noch nicht besprochen. Am besten schreibe ich ihm direkt mal und frage nach.«

Seit dem Partyabend haben Matt und ich mehrmals am Tag gechattet, sodass ich das Gefühl hatte, ihn schon ein bisschen näher kennenzulernen.

Ich: Ich hoffe, du hattest einen entspannten Arbeitstag und Jackson hält dich nicht allzu sehr auf Trab?

Matt: Deine Nachricht kam genau im richtigen Moment, ich habe gerade Feierabend. Entspannt war der Tag leider nicht, aber dafür habe ich ja morgen frei.

Ich: Apropos, wann und wo wollen wir uns morgen treffen?

Matt: Wir könnten etwas essen gehen und danach zu mir, einen Film schauen?

Ich: Klingt gut! Passt dir gegen sechs?

Matt: Perfekt. Dann suche ich mal nach einem Restaurant und schicke dir später den Link. Irgendwelche Wünsche?

Ich: Keine, ich lasse mich gerne überraschen.

Matt: Überraschungen können nach hinten losgehen.

Ich: Ich bin optimistisch, dass du einen netten Laden aussuchen wirst.

Matt: Ich gebe mir Mühe!

Eine halbe Stunde später schickt Matt mir den Link eines japanischen Restaurants in der Nähe des Time Square.

Matt: Das Lokal wurde mir von einem Freund empfohlen. Ist das okay für dich?

Ich: Die Bilder auf der Website sehen vielversprechend aus. Ich freue mich schon auf morgen!

Matt: Ich mich auch.

An diesem Abend fällt es mir schwer, einzuschlafen. Einerseits, weil Anny sich in ihrem Bett hin und her wälzt, und andererseits, weil meine Gedanken um Matt, das Abendessen und alles, was danach folgen könnte, kreisen. Ich weiß, dass eine Einladung zu einem Filmabend bedeutet, dass wir uns schnell näherkommen könnten. Noch nie hat mich die Aussicht auf eine heiße Nacht so nervös gemacht wie jetzt. Es ist eine gute Art der Nervosität, eine, bei der sich mein ganzer Körper anfühlt wie mit Brausepulver gefüllt. Die Aufregung sorgt dafür, dass es schon weit nach Mitternacht ist, als ich endlich einschlafe.

Kapitel 4

Mit klopfendem Herzen bleibe ich vor dem Restaurant stehen. Um herzukommen, musste ich beim Times Square in eine Seitengasse abbiegen. Auf dem bekannten Platz herrscht um diese Uhrzeit eine Menge Trubel, aber hier sind die Gehwege unbelebter.

Ich spähe durch das Ladenfenster, um herauszufinden, ob Matt vielleicht schon drinnen sitzt. Doch ich kann ihn nicht entdecken und bin ohnehin viel zu früh dran. Dass ich pünktlich bin, ist nichts Außergewöhnliches, aber heute hatte ich es besonders eilig. Nach einer Woche des Wartens kann ich es kaum erwarten, ihn wiederzusehen.

Ich schicke ihm eine kurze Nachricht, dass ich schon da bin und vor der Tür auf ihn warte. Es ist zwar kalt, doch ich trage meinen dicken Wintermantel, und die frische Luft tut gut, nachdem ich den ganzen Tag in stickigen Hörsälen verbracht habe.

»Hi«, reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken.

Es ist Matt, und er sieht so unwiderstehlich aus in den dunklen Jeans und dem grauen Mantel, dass mir trotz der Kälte warm wird.

»Hallo«, entgegne ich und ziehe ihn in eine kurze Umarmung, bei der mir der herbe Duft seines Parfums in die Nase steigt. »Schön, dich zu sehen.«

»Das kann ich nur zurückgeben. Gehen wir rein?«

Ich nicke und lasse mir von ihm die Tür aufhalten. Das Restaurant empfängt uns mit den leisen Klängen eines instrumentalen Musikstücks. Im Raum verteilt stehen eingedeckte Tische, von der Decke hängen traditionelle rote Laternen, und die Wände sind mit Bildern behangen, die verschiedenste Orte zur Kirschblütenzeit zeigen. Die Atmosphäre ist romantisch, und obwohl die meisten Tische besetzt sind, ist die Lautstärke angenehm.

Eine Dame mit dunklem Haar und blauem Kimono kommt grüßend auf uns zu. Sie führt uns zu einem Ecktisch, der mit einem Ikebana dekoriert ist. Wir schlüpfen aus unseren Mänteln und setzen uns gegenüber. Matt trägt ein beigefarbenes Hemd, das perfekt zu den dunklen Jeans passt und sich eng an seinen trainierten Oberkörper schmiegt. Unwillkürlich frage ich mich, wie er wohl darunter aussehen mag, und verberge meine geröteten Wangen schnell hinter der Karte.

Ich brauche nicht lange, um mich für ein Gericht zu entscheiden, wohingegen Matt das Menü aufmerksam studiert. Dadurch bietet sich mir die Gelegenheit, ihn verstohlen zu mustern. Mir fällt auf, dass er sich einen Dreitagebart hat wachsen lassen.

»Ich spüre, dass du mich beobachtest«, sagt Matt plötzlich, und mein Blick wandert von seinen Lippen zu seinen Augen. In der spärlichen Beleuchtung des Restaurants gleicht ihre blaue Farbe einem dunklen Grau.

»Der Bart ist neu.«

»Ausgezeichnet beobachtet. Aber ich weiß noch nicht, ob er bleibt.«

»Gefällt er dir nicht?«

»Er ist ein bisschen ungewohnt.«

Die dunklen Stoppeln verleihen seiner ohnehin schon imposanten Ausstrahlung den letzten Schliff, aber sie führen auch dazu, dass ich ihn nun auf Ende zwanzig oder Anfang dreißig schätze.

»Ich mag ihn«, sage ich. »Ich finde, er steht dir.«

»Dann ist es ja gut, dass ich mich vorhin dazu entschlossen habe, mich nicht zu rasieren.«

Matt klappt die Karte zu, legt aber vorher seinen Zeigefinger zwischen die Seiten.

»Hast du eine Wahl getroffen?«, frage ich.

»Ja. Du auch? Oder warst du so abgelenkt von meinem Bart?«, zieht er mich auf.

»Nein, ich konnte mich nur schneller entscheiden als du«, kontere ich, und Matt grinst.

Als die Kellnerin zurück an unseren Tisch kommt, bestellt Matt Garnelen mit Reis und Erdnusssoße und ich eine Bowl mit verschiedenem Gemüse. Sie möchte beide Karten abräumen, aber Matt bittet sie, eine am Tisch zu lassen.

»Für den Nachtisch«, erklärt er mir.

»Ich hätte gedacht, du kannst sie mittlerweile auswendig.«

»Wirst du mich jetzt ewig damit aufziehen?«

Ich lege einen Finger an die Lippen und tue so, als müsste ich über seine Frage nachdenken. »Mal sehen. Kommt darauf an, ob du weiterhin Witze darüber machst, wie ich dich angeguckt habe.«

»In dem Fall ist es wohl das Beste, wenn wir einen Deal schließen.«

Ich lehne mich vor und stütze mein Kinn auf die Hand. »Ich bin ganz Ohr.«

»Du vergisst mein Faible für Speisekarten, und ich vergesse deinen lüsternen Blick.«

Ich lache auf. »Meinen was?«

»Hätten deine Augen die Fähigkeit, jemanden auszuziehen, wäre ich jetzt nackt.«

»Träum weiter.«

Matt lässt sich nicht beirren. »Dann haben wir einen Deal?«

Der raue Unterton in seiner Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. Ich wünschte, ich hätte tatsächlich die von Matt beschriebene Superkraft, denn dann würde ich sie sofort nutzen. Auch wenn sie in dem vollen Laden alles andere als angebracht wäre. Der Gedanke, heute Abend noch zu erfahren, was sich unter diesem Hemd verbirgt, bringt mich ganz durcheinander.

»Wir haben einen Deal«, antworte ich.

Während des Essens unterhalten wir uns darüber, wie Matt seinen freien Tag genutzt hat. Als er erzählt, dass er extra für meinen Besuch seine Wohnung aufgeräumt hat, grinst er mich so vielsagend an, dass ein Schwall Hitze in meinen Bauch strömt. Die Vorstellung, dass es heute Abend nicht nur beim Filmschauen bleiben könnte, sorgt dafür, dass ich meine Bowl gar nicht schnell genug essen kann.

Ich erfahre, dass Matt in der Nähe von Tucson aufgewachsen ist, bevor er sich bei einem Kurzurlaub in eine Frau aus New York verliebt hat, für sie hergezogen und nach der Trennung hiergeblieben ist. Seine Eltern und seine Schwester wohnen aber noch immer in der Heimat, und wegen seiner Arbeit sieht er sie nicht oft.

Nach dem Essen zahlt Matt und winkt ab, als ich ihm anbiete, die Hälfte der Rechnung zu übernehmen. Er hilft mir, in meinen Mantel zu schlüpfen, und kommt mir dabei so nah, dass ich seinen warmen Atem an meinem Hals spüre. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus.

»Wie weit ist es von hier bis zu deiner Wohnung?«

»Nicht weit. Ein paar Minuten mit der U-Bahn, dann sind wir da.«

Wir verlassen das Restaurant und treten in den kühlen Abend hinaus. Am Ende der Gasse kann ich die Lichter des Times Square blinken sehen, die Reklamen bewerben verschiedenste Produkte oder Shows am Broadway. Wie immer am Abend ist der bekannte Platz überfüllt, sodass Matt nach meiner Hand greift, damit wir uns in dem Gedränge nicht verlieren. Seine Finger sind warm und verhaken sich so selbstverständlich mit meinen, als gehörten sie zusammen.

Während wir auf die U-Bahn warten, fragt Matt: »Warst du heute in der Arbeit?«

Die Frage trifft mich unvorbereitet, und mir fällt auf, dass er noch immer nicht weiß, dass ich noch studiere. »Nein, ich war in der Universität.«

»Du studierst?«, fragt er überrascht.

»Ja, Jura.«

Und dann kommt sie, die Frage, vor der ich mich ein wenig gefürchtet habe. »Wie alt bist du denn?« Er stellt sie mit einem scharfen Unterton, der mich an den Abend der Party erinnert. Genauso hat er mit seinem Kollegen gesprochen, sodass es scheint, als hätte er in seinen souveränen Arbeitsmodus geschalten.

Das bringt mich derart aus dem Konzept, dass ich, ohne nachzudenken, sage: »Siebenundzwanzig.«

Bereits in derselben Sekunde würde ich die Zahl am liebsten zurücknehmen. Was fällt mir ein, ihn anzulügen?

Ich öffne schon die Lippen, um mich zu entschuldigen, da huscht ein erleichterter Ausdruck über sein Gesicht. »Oh gut, ich hatte kurz Sorge, du wärst jünger.«

»Warum?«

»Ich weiß, Alter sagt nichts aus, aber ich hätte kein ruhiges Gewissen dabei, jemanden mit nach Hause zu nehmen, der jünger ist als fünfundzwanzig.«

Ich versuche, cool zu bleiben und mir nicht anmerken zu lassen, wie schnell mein Herz gerade rast. »Wie alt bist du denn?«

»Zweiunddreißig.«

Elf Jahre Unterschied. Ich beiße mir auf die Innenseite meiner Wange. Einerseits wünschte ich mir, ihn nicht angelogen zu haben, und bin gleichzeitig froh, dass ich es getan habe. Mir ist klar, dass Matt sich sofort von mir verabschiedet hätte, wenn er wüsste, dass ich erst einundzwanzig bin. Und dann wäre ich niemals in das Vergnügen gekommen, in das ich hoffentlich heute Abend kommen werde. Dennoch fühle ich mich die gesamte Fahrt über schrecklich, und die Lüge nagt an meinem Gewissen.

»Alles okay?«, fragt er. »Du bist so still.«

Seine Finger streichen sanft über meine Knöchel, und allein diese Berührung löst einen Schauer aus. Wie muss es sich erst anfühlen, wenn er mir über den Rücken, den Bauch, die Brüste streichelt?

Ich beschließe, dass sich ein schlechtes Gewissen hierfür lohnt. »Ja, alles in Ordnung.«

Kapitel 5

»Hereinspaziert!« Matt öffnet mir die Tür und lässt seinen klimpernden Schlüsselbund in seine Manteltasche gleiten.

Neugierig sehe ich mich in dem schmalen Flur um. Er ist gerade einmal groß genug, damit eine Garderobe und ein Schuhregal hineinpassen. Für New Yorker Apartments ist das jedoch nicht untypisch. Jeder Platz wird ausgenutzt, so gut es geht, und eine so große Wohnung wie die, in der ich aufgewachsen bin, ist selten und teuer.

Wir legen unsere Mäntel ab, bevor Matt mich herumführt. Es gibt nur drei Zimmer. Flur, Bad und eine offene Wohnküche, in der auch Matts Bett steht. Ein Regal, das mit Schallplatten vollgestopft ist, fungiert als Raumtrenner.

»Es ist gemütlich hier«, stelle ich ehrlich fest.

»Danke. Ich weiß, dass die Wohnung nicht groß ist, aber ich habe mir Mühe gegeben, das Beste daraus zu machen.«

Ich blättere vorsichtig durch die Schallplatten, die alphabetisch geordnet sind. Fleedwood Mac. Pink Floyd. The Rolling Stones.

»Das ist dir gelungen.«

Ich spüre, wie Matt hinter mich tritt. »Wir können eine auflegen, wenn du möchtest.«

Als ich mich zu ihm drehe, ist er mir unerwartet nah. Seine Brust befindet sich nur wenige Zentimeter hinter mir, und ich muss den Kopf in den Nacken legen, um ihn ansehen zu können.

»Welche ist deine liebste Platte?«

Er streckt die Hand aus, und seine Finger streifen meine Schulter. Auf einmal bin ich froh, dass ich mich für das Kleid mit den dünnen Spaghettiträgern entschieden habe. Matts Berührung hinterlässt kleine Schauer auf meiner nackten Haut.

Gerade als ich damit rechne, dass er seine Finger tiefer wandern lässt, greift er an mir vorbei in das Regal. Er zieht eine Platte von Status Quo heraus, auf der eine glühende Heizspirale abgebildet ist.

»Die hier mag ich am liebsten.«

»Dann lass uns die auflegen.«

Matt führt mich zu dem schmalen Sofa, das gegenüber der Küchenzeile steht. Er legt die Platte auf den Spieler, und rockige Klänge erfüllen den Raum.

Anschließend kommt er zu mir und setzt sich dicht neben mich. Er streckt einen Arm aus und legt ihn hinter mir auf der Sofalehne ab.

Ich lausche aufmerksam, aber der Song kommt mir nicht bekannt vor. Ich blicke ihn an. »Warum ist das deine liebste Platte?«

Er lächelt. »Es sind einige schöne Erinnerungen damit verbunden.«

Dabei sieht er mir so tief in die Augen, dass mein Herz einen Satz macht.

»Wer weiß, vielleicht fügen wir heute Abend noch welche hinzu?«