Kitarevolution E-Book

Kathrin Hohmann

• Herausgeber: Verlag Herder
• Kategorie: Bildung
• Sprache: Deutsch
• Veröffentlichungsjahr: 2023

Seitenzahl: 78

Beschreibung

Kitas sind oftmals immer noch nicht der Ort, den wir uns für Kinder wünschen. Es ist Zeit für ein Umdenken in der (Früh-)Pädagogik: für eine Kita(r)evolution. Wie können wir pädagogische Fachkräfte dazu ermutigen, neue Wege einzuschlagen, damit Kinder glücklich und sicher aufwachsen und die Bedingungen in Kitas vorfinden, die ihnen in ihrer Entwicklung guttun? Das Buch hat das Ziel, pädagogische Fachkräfte zu motivieren und ihnen mitzuteilen: Das, was du jeden Tag leistest, ist immens wertvoll. Du bist wertvoll. Es geht darum, sich nicht nur wohl, sondern auch bestärkt zu fühlen, den Sinn und die Freude zu spüren, Veränderungen im Rahmen der eigenen Möglichkeiten zu erwirken, Kinder liebevoll zu begleiten und durch diese vielen kleinen Veränderungen eine neue Ära in der Frühpädagogik einzuläuten. Die Kernfrage des Buches lautet "Wie willst du als Fachkraft sein?".

Leseprobe

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2023

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlagkonzeption und -gestaltung: Gestaltungssaal,

Rohrdorf bei Rosenheim

Satz: Sabine Hanel, Gestaltungssaal

Coverillustrationen: © Jay‘s photo - GettyImages,

Florian Augustin - shutterstock, © Gestaltungssaal

Illustrationen im Innenteil: © Jay‘s photo - GettyImages,

Florian Augustin - shutterstock, © Gestaltungssaal

E-Book Konvertierung: Newgen publishing

ISBN (Print) 978-3-451-39922-0

ISBN EBook (EPUB) 978-3-451-83040-2

ISBN EBook (PDF) 978-3-451-83055-6

Du für uns

Du tröstest, spielst, gibst, sprudelst, malst, pustest, herzt, turnst, liest, bereicherst, trägst, erzählst, hörst zu, inspirierst, beruhigst, lachst und gibst dein Bestes – jeden Tag. Du nimmst die Kinder in Empfang, begleitest sie durch ihre Kita-Zeit und trägst dazu bei, dass sie glücklich aufwachsen.

Dafür setzt du dich einem großen Lärmpegel aus, verzichtest auf Vorbereitungszeit oder Pausen, wenn es von dir gefordert wird, du zeigst eine hohe Leistungs- und Leidensbereitschaft zum Wohle der Kinder, Eltern, Kolleg:innen, der Leitung oder des Trägers. Du stärkst allen den Rücken – und wer stärkt dich?

Ohne dich gäbe es sie gar nicht: die Kita. Das bedeutet aber nicht, dass du noch mehr auf dich laden, noch länger arbeiten oder weitere Einschnitte akzeptieren musst, sondern: Du bist wichtig, und ja, du darfst das zeigen!

Wir für dich

Wie wilstdu alsFachkraftsein?

Inhalt

Zeit für Veränderung

Vorwort

Wie willst du als Fachkraft sein?

Der Einstieg in die Kita(r)evolution

Kathrin Hohmann

Wenn du etwas veränderst, verändert sich alles.

Warum wir den Stein ins Rollen bringen müssen

Anna Noß

Doch, du kannst! Schritte in die Veränderung

Sebastian Lisowski

Vorbild sein. Das eigene Verhalten reflektieren

Lea Wedewardt

Mutig neue Wege gehen. Vom Müssen zum Wollen

Christin Füchtenschneider

Klar sorge ich für mich.

Von Selbstfürsorge und Grenzen setzen

Hergen Sasse

Einen Gang zurückschalten.

Warum Gelassenheit unbedingt in den Kita- Tag gehört

Hannah Vasiliadis

Wenn ich einen Wunsch frei hätte … (oder mehrere).

Kitas als sichere Orte für Kinder

Fea Finger

Plädoyer für eine Kita(r)evolution

Laura Henriette Grimm

10 Botschaften der Kita(r)evolution

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Zeit für Veränderung

Vorwort

Ja, es gibt sie, die Fachkraft, die Kinder mit Lätzchen am Tisch fixiert, damit sie ruhig sitzen bleiben, die Kinder aus dem Morgenkreis ausschließt, weil sie das Datum nicht wissen, oder sie nicht am Ausflug teilnehmen lässt, weil sie auf die vierte Ermahnung nicht gehört haben. Es gibt auch vielerorts das vorherrschende Selbstverständnis, dass jedes Kind in der Krippe schlafen muss, Eingewöhnungen immer zur gleichen Zeit am Vormittag stattfinden und bei Personalmangel konsequent die Vorbereitungszeit gestrichen wird. Dazu haben Einrichtungen viel zu kleine Räume, keine Ausweichmöglichkeit, keinen Rückzugsort, vielleicht nicht mal einen Pausenraum für die Kolleg:innen. Lästereien im Team sind unumgänglich, es herrscht eine große Unzufriedenheit und die Leitung steht dem hilflos gegenüber.

Stopp! Genug gejammert.

Es gibt nämlich auch die Fachkraft, die geduldig mit Luis Schuhe anziehen übt, weil er es unbedingt können will. Die Fachkraft, die Amelie in Ruhe ihren Turm fertig bauen lässt, und beide erst etwas später die Gartenzeit einläuten. Und die Gruppe, die sagt: „Wir schieben die Vorbereitungszeit nicht in unseren Feierabend, dann müssen wir heute mal eine Stunde früher schließen.“ Es gibt die Leitung, die dem Träger sagt: „Nein, wir nehmen nicht 100 Kinder auf, ich habe Personal für 80. Wenn ich mehr Personal habe, öffne ich mehr Gruppen.“ Es gibt die Auszubildende, die sagt: „So möchte ich das nicht machen.“

Sie ist spürbar, die Motivation, etwas zu verändern, und dieses neue Bewusstsein breitet sich gerade an so vielen verschiedenen Orten in ganz Deutschland aus: durch die Fachkräfteverbände, die Initiativen aus Wissenschaft und Praxis und die vielen Bildungvisionär:innen wie in diesem Buch.

Sie ist spürbar, die Motivation, etwas zu verändern, und dieses neue Bewusstsein breitet sich gerade an so vielen verschiedenen Orten in ganz Deutschland aus: durch die Fachkräfteverbände, die Initiativen aus Wissenschaft und Praxis und die vielen Bildungvisionär:innen wie in diesem Buch.

Du bist unfassbar wichtig – das ist die Botschaft unseres Buches. Genau genommen bist du das wichtigste Glied der Kette, das sagt dir nur niemand. Wir schon! Du spielst eine zentrale Rolle im Leben der Kinder, die so viel Zeit bei dir verbringen. Damit prägst du sie auf ganz bedeutsame Weise.

Es läuft nicht alles rund, es gibt immer wieder Momente, die herausfordern, in denen es gar nicht so leicht ist, professionell zu bleiben. Wie Kinder wachsen auch wir als Erwachsene an neuen Situationen und erweitern unser Wissens- und Erfahrungsfeld. Und genau das darf sein: die Möglichkeit, Fehler zu machen, und der Mut, sie zu reflektieren. Du kannst immer wieder innehalten und dich fragen: Behandle ich das Kind gerade so, wie ich gerne als Kind behandelt worden wäre? Bin ich eine Fachkraft, die ich mir als Kind gewünscht hätte?

Kinder werden vor ganz anderen (Lebens-)Aufgaben stehen als wir. Wir können nur raten, was morgen und übermorgen wichtig sein wird oder mit welchen Themen sich die nachfolgenden Generationen auseinandersetzen. Deshalb lohnt es sich, das, was wir weitergeben (möchten), infrage zu stellen. Vielleicht mit dem Ergebnis: ja, es darf so bleiben, oder mit dem Ergebnis: ja, Kinder brauchen etwas anderes von uns, von mir.

Was hilft Kindern in ihren ersten Jahren dabei, die Grundlage zu bilden, damit sie ihre Lebenszeit gut meistern können? Was heißt überhaupt gut? Und für wen? Was werden sie wissen, was wir nicht wissen? Wie sollen ihre Vorbilder sein? Wer oder was wird sie beeindrucken? Worauf können sie vertrauen? Wie können sie sich bereit fühlen für das, was kommt? Für das, worauf wir sie nicht vorbereiten können? Was werden sie verändern?

Was hilft Kindern in ihren ersten Jahren dabei, die Grundlage zu bilden, damit sie ihre Lebenszeit gut meistern können? Was heißt überhaupt „gut“? Und für wen? Was werden sie wissen, was wir nicht wissen? Wie sollen ihre Vorbilder sein? Wer oder was wird sie beeindrucken? Worauf können sie vertrauen? Wie können sie sich bereit fühlen für das, was kommt? Für das, worauf wir sie nicht vorbereiten können? Was werden sie verändern?

Was erscheint dir wichtig für die Zukunft? Und wie sieht der Alltag der Kinder aus, wenn lernen Spaß machen und sinnvoll sein darf?

Die Leitfrage dieses Buches ist:

Wie willst du als Fachkraft sein?

a) Wodurch lässt du dich begeistern und was macht dir mit den Kindern Freude?

b) Was kannst du tun, damit ihr in der Kita eine gute Zeit zusammen habt?

c) Wie willst du Pädagogik leben?

Die Kita(r)evolution passiert bereits seit langer Zeit. An vielen Orten. Im Kleinen. Bei einzelnen Fachkräften, Gruppen oder Kitas. Sie passiert von innen heraus, eher wie eine Evolution, in der sich Schritt für Schritt Veränderungen vollziehen, die sich manifestieren und wieder neue Veränderungen nach sich ziehen können. Wir glauben ganz fest daran, dass sich alles irgendwann zum Guten entwickelt. Aber wann ist der Punkt, an dem diese Kitaevolution laut wird? Braucht es ihn nicht vielleicht doch, den Paukenschlag? Ist es nicht irgendwann genug? Wir finden, es ist an der Zeit, laut zu werden, wachzurütteln und eben doch eine Revolution anzuzetteln – eine friedliche.

Hier findest du Impulse von vielen wundervollen Autor:innen, die die gleiche Vision teilen, die dich darin bestärken, neue Wege zu denken und neue Wege zu gehen. Trau dich, alte Pfade zu verlassen, die du nicht mehr gut findest. Du wirst neue finden.

Gehst du mit?

#kitarevolution

Freiburg, Juni 2023

Wie willst du als Fachkraft sein?

Der Einstieg in die Kita(r)evolution

von Kathrin Hohmann

Kinder kommen zu uns auf die Welt und sind vollkommen. Sie zeigen sich ihrer Umwelt gegenüber zugewandt, neugierig und offen. In ihre Bindungspersonen haben sie ein uneingeschränktes Vertrauen und blicken mit wachen Augen jedem neuen Moment entgegen.

Mit jedem Tag, den Kinder älter werden, werden mehr Ansprüche an ihre Entwicklung gestellt: Plötzlich wird angenommen, dass wir Kinder zu sozialen Wesen erziehen, sie in einen Rahmen pressen müssen. Aber verlieren sie damit nicht ihre Vollkommenheit, Zugewandtheit, Neugier, Offenheit und ihr Vertrauen und damit ihre Kreativität, Individualität, Kompetenz und vor allem ihre Stärke, ihren Selbstwert und den Glauben an sich selbst? Wollen wir das wirklich? Oder vertrauen wir dem sozial und kompetent geborenen Kind, so dass es zu einem Mensch werden kann, der kreativ, eigenverantwortlich und gemeinschaftsfähig ist? Sind es nicht diese Menschen, die wir in der Zukunft brauchen?

Es könnte so einfach sein

Fragen wir Eltern in den Eingangsgesprächen zur Aufnahme in die Kita, was sie sich für ihr Kind wünschen, so antworten diese überwiegend: Die Kinder sollen in der Kita eine gute Zeit haben, soziale Kontakte knüpfen, Freundschaften schließen, reichlich spielen dürfen und sich vor allem wohl und gemocht fühlen – so wie sie sind! Das klingt so einfach. Natürlich sind wir in der Praxis an Vorgaben und Bildungspläne gebunden, die den Alltag nicht ganz so einfach machen. Dennoch haben die Kinder ein Recht auf eine wunderschöne Zeit in einer pädagogischen Einrichtung, in der sie täglich mit offenen Armen an einem geborgenen Ort von einer zugewandten Fachkraft empfangen werden.

Dennoch haben die Kinder ein Recht auf eine wunderschöne Zeit in einer pädagogischen Einrichtung, in der sie täglich mit offenen Armen an einem geborgenen Ort von einer zugewandten Fachkraft empfangen werden.

Blick in die Zukunft