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+++ Der SPIEGEL-Bestseller +++
Mit der richtigen Ernährung zu einem gesunden Körper – dieses Ziel teilen viele Menschen. Über kaum ein Thema jedoch streiten sich die Fachleute leidenschaftlicher als darüber, was unserem Körper guttut. Die führenden Ernährungsexperten Dr. med. Petra Bracht und Prof. Dr. Claus Leitzmann bringen ihr Fachwissen aus vielen Jahrzehnten Forschung und Praxis zusammen, um endlich Licht ins Dunkel zu bringen. Welche Lebensmittel sind wirklich gesund? Welche Nährstoffe brauchen wir und in welcher Menge? Welche Diäten und Trends schaden mehr, als dass sie helfen? Sollte man Gluten und Laktose wirklich meiden? Mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer klaren Sprache zeigen die Ernährungsmedizinerin und der Ernährungswissenschaftler fachkundig, wie gute Ernährung gelingt und wie sie zur Förderung der Selbstheilung beiträgt. Die Autoren räumen mit Diäten und Produkttrends auf, die uns täglich als gesund verkauft werden und erklären, wie wir Unverträglichkeiten und Krankheiten wie Allergien, Osteoporose, Krebs, Demenz und vielen anderen vorbeugen können. Das große Wissensbuch zum Thema Essen und ein Plädoyer für pflanzliche und nachhaltige Ernährung.
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Andreas Michalsen und einem Extra-Kapitel zu Ernährung und Infektionskrankheiten (Corona).
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 719
Die renommierte Ernährungsmedizinerin und Bestsellerautorin DR. MED. PETRA BRACHT begründete gemeinsam mit ihrem Mann Roland Liebscher-Bracht die erfolgreiche Schmerztherapie nach »Liebscher & Bracht«, mit einem Netzwerk von über 8.000 Therapeuten im deutschsprachigen Raum. Die von ihr eingesetzte Medizin bedient sich aller Wissensressourcen aus Naturheilkunde, Schulmedizin und den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Sie hat mehrere Gesundheitsbestseller veröffentlicht und engagiert sich für Verbraucherschutz und Umwelt.
PROF. DR. RER. NAT. CLAUS LEITZMANN ist Biochemiker und Ernährungswissenschaft ler. Er wurde 1978 als Professor für Ernährung in Entwicklungsländern an die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen und war mehrere Jahre Direktor des dort ansässigen Instituts für Ernährungswissenschaft. Er ist Leiter des wissenschaftlichen Beirats beim Verband für Unabhängige Gesundheitsberatung und war unter anderem im wissenschaftlichen Beirat mehrerer Fachzeitschrift en und Stiftungen sowie des Bundesministeriums für Ernährung. Im Jahre 2013 wurde er in die Liste der »Living Legends« der International Union of Nutritional Sciences aufgenommen. Er befasst sich seit 50 Jahren mit Fragen der gesunden Ernährung und ist Autor zahlreicher Fach- sowie populärwissenschaftlicher Bücher.
Dr. med. Petra Bracht
Prof. Dr. Claus Leitzmann
Klartext
Ernährung
Die Antworten auf alle wichtigen Fragen
Wie Lebensmittel vorbeugen und heilen
Mit einem Geleitwort
von Prof. Dr. med. Andreas Michalsen
Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von den Autoren und vom Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autoren beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.
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Originalausgabe Mai 2020
Copyright © 2020: Mosaik Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlag: Sabine Kwauka
Umschlagmotiv: shutterstock/Svetlana Drujinina und Dmitri Krasovski
Bildnachweis Abb. 1: Apfeltyp/Birnentyp: Shutterstock/bus 109 (Bildnr: 500708056)
Abb. 2: www.pixabay.com/de
Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering
JE ∙ CB
ISBN 978-3-641-24311-1V004
www.mosaik-verlag.de
Für unsere Kinder,
deren Kinder
und alle Kinder dieser Welt
Inhalt
Ein sehr persönliches Geleitwort
Vorwort der Autoren
Leseanleitung für dieses Buch
BUCH I:
DER WEG ZUR OPTIMALEN ERNÄHRUNG DES MENSCHEN
I. Einleitender Überblick: Von uns bis zu den Blue Zones
1. Warum Ernährung heilt – von Petra Bracht
Zivilisationskrankheiten und was sich hinter diesem Begriff eigentlich verbirgt
Führende Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig
Der Weg zur lebenden Legende
2. Ein Leben für gesunde Ernährung – von Claus Leitzmann
Einmal um die Erde
Ernährungswissenschaftliche Studien in Gießen
Ernährungsökologie – damals neu, heute brandaktuell
3. Wenn alles so einfach wäre – von Petra Bracht und Claus Leitzmann
Jede neue Erkenntnis hat ihren Anfang – raus aus der Unsicherheit
Die Ernährungsstudien können deutliche Hinweise liefern, aber keine endgültigen wissenschaftlichen Beweise
Im Kleinen wie im Großen – den Menschen geht es wie der Umwelt
4. Die Geheimnisse eines langen und gesunden Lebens
Die Blauen Zonen dieser Erde
Lebenserwartung
II. Gesund ist die Ernährung, die genetisch am besten zu uns passt
1. So hat die Ernährung den Menschen in der Evolution geprägt
2. So entwickelten sich die Ernährungsgewohnheiten des Menschen
Natur-Nahrung
Kultur-Nahrung
Industrie-Nahrung
Zivilisations-Nahrung und ihre Folgen
3. Die Lebensmittelqualität – der Mensch ist mehr als eine Verbrennungsmaschine
So wird Lebensmittelqualität heute definiert
III. Wir essen uns krank – den meisten Menschen ist dies nicht bewusst
1. Ihre Ernährung kann Ihre Medizin sein
Sie selbst sind der »Macher« Ihrer Gesundheit
Das Geheimnis der Epigenetik – warum die Gene doch nicht die Hauptrolle spielen
Sirtfood – Essen für ein langes und gesundes Leben
2. So entstehen die Zivilisationskrankheiten
3. So heilen Sie Ihre Entzündungen ursächlich
4. Grundlage für ein gesundes, langes Leben: ein funktionierender Stoffwechsel
5. Die Zivilisationskrankheiten – wie wir sie vermeiden und heilen können
Nicht alles ist Goldstandard, was glänzt
Vorbeugung – viel wichtiger als Früherkennung
Übergewicht entsteht nicht zwischen Weihnachten und Neujahr
Das Metabolische Syndrom – ein tödliches Quartett
Diabetes Typ 2 – diese Krankheit kann jeden treffen
Bluthochdruck – weltweit größter Risikofaktor für einen zu frühen Tod
Krankheiten des Verdauungstraktes – wenn der Darm streikt
Die Leber – eine Hochleistungsentgiftungsanlage
Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Todesursache Nr. 1
Osteoporose – die moderne Ernährungs- und Bewegungsmangel-Krankheit
Krebs – die schwere Krankheit mit vielen Gesichtern
Die Allergien – wenn der Körper um sich schießt
Rheuma – wie Ernährung hilft
Schilddrüsenerkrankungen – stetig steigend
Die Nieren – stumme Leidensgenossen
Immer mehr Schmerzen – eine Epidemie
Ungewollte Kinderlosigkeit – immer häufiger
Sarkopenie – die neue, noch unbekannte Volkskrankheit
Leaky-Gut-Syndrom – Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Co.
Infektionskrankheiten (Corona) – was man tun kann
Alzheimer, Demenzerkrankungen und Multiple Sklerose
IV. Pflanzen oder Tiere – die verschiedenen Ernährungsformen und Diäten
1. Warum Diäten scheitern – wenn Sie abnehmen oder gesund werden möchten
2. Derzeit populär: eiweißreich und kohlenhydratarm
3. Wie unsere Gesundheit unter tierischen Nahrungsmitteln leidet
Die »normale« Ernährung wird zunehmend infrage gestellt
Massentierhaltung – eine der größten Belastungen für die Umwelt
Fleisch – war ein Stück Lebenskraft
Fisch – stinkt vom Kopf her
Milch – macht muntere Männer müde
Eier – viel Cholesterin, viel Leid
Tierische Nahrungsmittel – problematisch für uns, die Tiere und die Erde
4. Alternative Ernährungsformen – ein Überblick
5. Pflanzenbasiert essen – vegan und vegetarisch
6. Fasten – nichts essen, um gesund zu bleiben und zu heilen
Modifiziertes Heilfasten nach Buchinger
Intervallfasten – täglich von den Heilwirkungen des Fastens profitieren
Warum Intervallfasten immer angesagt bleiben wird
Warum es beim Intervallfasten keinen Jo-Jo-Effekt gibt
Was im Körper beim Intervallfasten vor sich geht
Was lange währt, wird endlich gut
7. Die Vor- und Nachteile der Diäten und Ernährungsformen – der Vergleich
Einige der bekannten Diäten
Die alternativen Ernährungsformen
Kriterien zur Beurteilung der Gesundheit von Lebensmittel, Diäten und Ernährungsformen
Fragen Sie Ihren eigenen Körper – Pulstest nach Coca
8. So setzen Sie Ihr neu gewonnenes Wissen um
Mahlzeiten und was es sonst noch zu beachten gibt
Ihre Umstellung auf vollwertige pflanzliche Kost
BUCH II:
WERTVOLLES GRUNDLAGENWISSEN ZUR ERNÄHRUNG DES MENSCHEN
V. Lebensmittel – Mittel zum Leben und Genießen
1. Das Gesundheitspotential pflanzlicher Lebensmittel
Gemüse – Primus unter den Lebensmitteln
Obst – der Gesundmacher
Beeren – die heimischen und tropischen Superfoods
Getreide – Beginn der menschlichen Kultur
Knollengemüse – Kartoffeln, viel besser als ihr Ruf
Hülsenfrüchte – die pflanzlichen Eiweißpakete
Nüsse – ein Glücksfall der Natur
Ölsamen und Ölfrüchte – gute Fette garantiert
Kräuter und Wildkräuter – je mehr, desto besser
Gewürze – erzeugen himmlische Geschmackserlebnisse
2. Problematische Bestandteile unserer Ernährung
Zucker – die süße Verführung
Salz – die unterschätzte Gefahr
Gesättigte Fettsäuren – bitte nicht schönreden
Cholesterin – weiterhin in der Diskussion
Purine – problematisch in tierischen Produkten
Nitrat – vom Saulus zum Paulus?
3. Getränke – flüssige Nahrung
Wasser – Lebensgrundlage Nr. 1
Kaffee – der Deutschen Lieblingsgetränk
Kakao – ein natürlicher Stimmungsaufheller
Tee – anregend, beruhigend, heilend
Säfte, Nektare und Limonaden – mangelhaft bis wertlos
Pflanzenmilch – besser als die tierische Variante
Die legale Droge Alkohol – möglichst wenig oder gar nicht
4. Foods International – die Geschmacks-Globalisierung
Fast Food – fast Essen
Convenience Food (Fertiggerichte) – bequem, aber ungesund
Junk Food – gut für die Tonne
Street Food – das Essen auf der Straße
Slow Food – genussvoll, bewusst, regional
VI. Wissenswertes zur Verwertung der Nahrung in unserem Körper
1. So verdauen wir unser Essen und Trinken
2. Die Regulation von Hunger und Sättigung – hara hachi bu*
3. Das Säure-Basen-Gleichgewicht
4. Das Mikrobiom – die Darm-Zentrale unserer Gesundheit
VII. Die Makro- und die Mikronährstoffe
1. Energieversorgung – die Quelle unserer physiologischen Power
2. Die Makronährstoffe – Baumaterial, Speicher, Energie
Eiweiß – Baumaterial für den Körper
Fette – Energie, Geschmack, Gesundheit & Krankheit
Kohlenhydrate – primäre Energiequelle für den Körper
Ballaststoffe – kein Ballast, sondern höchst wichtig
3. Die Mikronährstoffe – kleinste Teile, große Wirkung
Mineralstoffe – Mengenelemente
Spurenelemente
Vitamine – das Geschenk der Pflanzen
Vitaminoide – wir können sie selbst herstellen
Sekundäre Pflanzenstoffe – mit primären Wirkungen
Nahrungsergänzungsmittel – ein umstrittenes Thema
VIII. Die Ernährungspraxis
1. Essen in den Lebensphasen – Pflanzennahrung ein Leben lang
2. Lebensmittelverarbeitung – es kann nur schlechter werden
3. Konkrete Antworten auf häufig gestellte Fragen
BUCH III:
DIE GEHEIMNISSE DER PFLANZLICHEN LEBENSMITTEL
IX. Die pflanzlichen Lebensmittel im Detail
1. Die wichtigsten Lebensmittelgruppen
2. Die Übersicht pflanzlicher Lebensmittel von A bis Z
X. Die Mikronährstoffe im Detail
1. Die 7 Mengenelemente
2. Die 11 Spurenelemente
3. Die 5 Ultra-Spurenelemente
4. Die 4 toxischen Elemente
5. Die 9 wasserlöslichen Elemente
6. Die 4 fettlöslichen Vitamine
7. Die 7 Vitaminoide
8. Die 11 sekundären Pflanzenstoffe
XI. Nachhaltigkeit – wir haben keinen Planeten B
XII. Fazit und Schlussbemerkungen – artgerecht, zeitgemäß, nachhaltig, ethisch
Anhang
Danksagung
Weitere Angebote zu Ihrer Unterstützung
Weiterführende Bücher
Literaturverzeichnis
Register
Ein sehr persönliches Geleitwort
Endlich ein Buch, in dem »Klartext« gesprochen wird. Diese kompetente Zusammenarbeit der erfahrenen Ernährungsärztin Dr. med. Petra Bracht und Prof. Dr. Claus Leitzmann, dem führenden deutschen Ernährungswissenschaftler zu den Themen Vollwert-Ernährung, Vegetarismus und Ernährungsökologie, lässt keinen Zweifel: Eine vollwertige, pflanzliche Kost ist die beste Ernährungsweise für uns Menschen, davon profitieren alle anderen Lebewesen und unsere einzigartige Erde.
Der persönliche Einblick in das Leben der beiden Autoren macht klar, weshalb sie sich diesem großen und wichtigen Thema verschrieben haben. Es ist die jahrzehntelange Erfahrung der beiden als praktizierende Ärztin und als Wissenschaftler, die dieses Buch so wertvoll macht. Denn beim Lesen werden Ihnen viele Fragen systematisch und klar beantwortet.
Vertrauen ist der Begriff, der mir bei der Lektüre dieses Buches immer wieder in den Sinn gekommen ist. Hier sind zwei Menschen, die ihr Lebenswerk nicht nur uns, sondern auch unseren Nachkommen widmen. Denn ihre Erkenntnisse werden lange ihre Gültigkeit behalten. Das Buch ist mit großer Sorgfalt und Bedacht geschrieben, auf dem Stand der aktuellen Erkenntnisse der Wissenschaft und Erfahrungsmedizin.
Petra Bracht ist mir schon seit vielen Jahren durch ihre mediale Präsenz bekannt. Durch ihr Engagement, ihr umfassendes Wissen zum Thema gesunde Ernährung zu teilen und auf verständliche Weise weiterzugeben. Persönlich sind wir uns erst vor zwei Jahren begegnet. Seitdem tauschen wir uns regelmäßig aus und treten auch als Team zusammen auf, vor allem in den Social Media.
Prof. Dr. Leitzmann ist mir seit meiner Zeit als Assistenzarzt in Bad Elster in den 1990er Jahren bekannt, als dem Thema Vegetarismus von den Medizinern noch mit heftigem Widerstand begegnet wurde und die von ihm ins Leben gerufene Ernährungsökologie ein Fremdwort war. Auf meinem weiteren Werdegang – von der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin in Essen bei Prof. Dr. med. Gustav Dobos bis zur Berliner Charité – sind wir in Verbindung geblieben. Gerne zitiere ich ihn und seine Fachbücher bei meinen Vorträgen und Büchern und schätze dabei seinen besonderen Humor.
Wir drei haben das gleiche Ziel. Wir möchten jeden einzelnen Bürger darüber aufklären, wie er selbst seine Gesundheit erhalten und im Krankheitsfall zurückgewinnen kann. Dies ist möglich durch die natürliche Heilkraft, die einer vollwertigen Pflanzenkost innewohnt. Menschen, die nach diesem Prinzip leben, sind gesünder und zufriedener.
Aber auch die Auswirkungen der Pflanzenkost können das gesamte Leben auf dieser Erde positiv beeinflussen. Die leider immer noch in vielen Teilen der Welt verbreiteten Hungersnöte könnten ein Ende finden, Übergewicht würde nicht mehr die unnötigen leidvollen Zivilisationskrankheiten nach sich ziehen, das unendliche Leid der Tiere wäre zu Ende, und der Klimawandel wäre spürbar weniger bedrohlich. Inzwischen ist es bereits mehr als ein gemeinsamer Traum, denn viele Menschen haben dessen Notwendigkeit erkannt.
Dieses Buch wird dazu beitragen, noch mehr Menschen zu motivieren, eine pflanzlich basierte oder vegane Ernährung als Beitrag für die eigene Gesundheit und die der Erde zu leisten.
Prof. Dr. med. Andreas Michalsen
Vorwort der Autoren
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir freuen uns sehr, dass Sie die Entscheidung getroffen haben, dieses Buch zu lesen. Es wird Ihre Lebensqualität sowie die Entscheidungssicherheit bei der Auswahl Ihrer Lebensmittel deutlich erhöhen, und im besten Falle auch die ihrer Mitmenschen.
Wussten Sie, dass 90 Prozent des Risikos für einen ersten Herzinfarkt auf acht modifizierbare Risikofaktoren zurückgeführt werden können – unabhängig davon, wo wir leben oder wie alt wir sind? Die Risikofaktoren sind Rauchen, zu viel Cholesterin, hoher Blutdruck, Diabetes, Übergewicht, Stress, Mangel an pflanzlichen Lebensmitteln und zu wenig körperliche Bewegung. Neben körperlicher Bewegung, ausreichend Schlaf und einer stabilen Psyche entscheidet also vor allem unsere Ernährung darüber, wie gut, wie gesund und wie lange wir leben.
Doch die Widersprüche der Ernährungsempfehlungen haben im Laufe der Zeit immer weiter zugenommen – trotz intensiver Forschung, die derzeit täglich bis zu 500 neue Veröffentlichungen allein zum Thema Ernährung produziert. Diese Fülle an Informationen kann keiner mehr bewältigen, und wer behauptet, alles zum Thema Ernährung gelesen zu haben, macht sich unglaubwürdig. Selbst die Experten müssen sich spezialisieren und darauf verlassen, dass andere Experten ihre Erkenntnisse zur Verfügung stellen.
Mehr noch als die Experten sind Sie als Verbraucher von der Flut der Informationen verständlicherweise überfordert. Sie haben zwar oft ein gutes Teilwissen über den Zusammenhang von Ernährung und Gesundheit oder Krankheit, aber eine Verunsicherung bleibt. Ist es in diesem Zusammenhang nicht interessant, dass beim Thema gesunde Ernährung für die meisten Menschen klar ist, dass sie mit Pflanzen zusammenhängt?
Viele suchen deshalb Hilfe und Information bei ihren Ärzten oder in den sozialen Medien. Doch die sozialen Medien sind inzwischen derart umfangreich und widersprüchlich, dass diese Verunsicherung durch eine solche Recherche in der Regel eher zunimmt.
Aber auch Ärzte haben in ihrem Studium kein einziges Fach, das sich gezielt und ausführlich mit der Ernährung des Menschen beschäftigt. Das bedeutet, Ärzte wissen nach ihrer Ausbildung über dieses Gebiet erst einmal so gut wie nichts, es sei denn, sie haben sich schon während ihres Studiums oder in Fachkursen in diesem Bereich fortgebildet und entsprechende Erfahrungen gesammelt. Bekanntermaßen gibt es ein eigenständiges Studium für Ernährung, nämlich das der Ernährungswissenschaften bzw. Oecotrophologie. Trotzdem sind Ärzte für die meisten Menschen die erste Anlaufstelle bei Fragen und Problemen rund um das Thema Ernährung. Sie als Patient wissen nicht, dass Ihr Arzt, dem Sie vertrauen, meist nicht dafür ausgebildet wurde.
Und wie reagiert der Arzt auf solche Anliegen? Vielleicht empfiehlt er seinen Patienten, sich Rat bei einem Ernährungswissenschaftler zu holen. Vielleicht schickt er sie auch zu einer Diätberaterin. Oder aber er hat gerade die Auswertung einer Studie gelesen, die möglicherweise Fleisch als gesund erachtet – ungeachtet dessen, wer diese Studie durchgeführt und finanziert hat. Vielleicht ist sein Augenmerk auch an einer Studie hängen geblieben, die vegane Ernährung befürwortet und die Vorteile der Pflanzenernährung bestätigt. Doch eines wird deutlich: Eine klare und verlässliche Linie gibt es hier einfach nicht. Aussagen wie »Alles Quatsch«, »Selbst die Ärzte widersprechen sich ständig« oder »Wem soll man denn noch glauben?!« sind daher nicht verwunderlich. Doch eine solche Frustration darf nicht einfach hingenommen werden. Denn eine gesunde Ernährung – die es tatsächlich gibt, dies sei vorweggenommen – hat eine unglaubliche Kraft und Bedeutung für ein gesundes, langes und erfreuliches Leben.
Deshalb haben wir dieses Buch geschrieben: Wir wollen unsere Kenntnisse und Erfahrungen aus Wissenschaft und praktischer Medizin vereinen und gemeinsam endlich Klarheit schaffen. Ihnen als Leser Sicherheit geben und zeigen, was es wirklich heißt, sich gesund zu ernähren. Damit haben wir nicht zuletzt uns selbst einen Herzenswunsch erfüllt. Denn die Auflösung der Widersprüche und Verunsicherungen verlangen ebenjene Klarstellungen, die Gegenstand dieses Buches sind. Die besonders kontroversen Thesen sind der rote Faden. Die Grundlagen für dieses anspruchsvolle Vorhaben sind die Beachtung der Naturgesetze, zuverlässig bestätigte wissenschaftliche Erkenntnisse und langjährige Erfahrungen. Denn wir haben zum einen die eigene Berufserfahrung als Ärztin und Wissenschaftler, greifen aber auch auf hochkarätiges Forscherwissen zurück, das in Studien von unabhängigen Wissenschaftlern die vielen positiven Ergebnisse und eindrucksvollen Heilungsverläufe bestätigt, die durch die richtige, die optimale Ernährung für alle Menschen erzielt worden sind.
Des Weiteren müssen die globalen Aspekte unserer Ernährung inzwischen immer mehr beachtet werden. Denn eine ganzheitliche Sichtweise umfasst gesundheitliche Aspekte, ökologische Notwendigkeiten, gesellschaftliche Entwicklungen und ethische Anliegen. Und über eine gesunde Lebensweise hinaus sind neben dem Ernährungsverhalten auch die jeweiligen Lebensverhältnisse entscheidend. So kann sich unsere Erde mit immer mehr Menschen, immer weniger Ackerland und einem sich verändernden Klima eine Nahrungsversorgung, die solche Mengen an tierischen Produkten enthält, nicht länger leisten. Die Grenzen der Belastbarkeit sind bereits überschritten, und wir zerstören zunehmend unsere Umwelt, verschlechtern das Klima und hinterlassen für unsere Kinder und Enkel eine ausgebeutete und vergiftete Erde.
Über den Anspruch einer gesunden Ernährung hinaus führen allein schon diese Erkenntnisse zwangsläufig zu einer pflanzlichen Ernährung, um die Zukunftsfähigkeit und das Überleben der Menschheit zu ermöglichen. Deshalb empfehlen wir Ihnen ganz klar eine überwiegend oder ausschließlich pflanzliche Ernährung. Um diese Empfehlung für Sie vollkommen nachvollziehbar zu machen, führen wir altbewährte Erfahrungen mit bestätigten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu einem schlüssigen Konzept zusammen. Wir erklären Ihnen verständlich, wie eine gesunde und vollwertige Ernährung auch ohne Fachwissen oder spezielle Ausbildungen aussehen sollte.
Natürlicher wäre es viel einfacher gewesen, den oft als gesund empfohlenen Fisch regelmäßig zuzulassen, viele von Ihnen hätten uns dann leichter folgen können. Aber wir haben den Titel dieses Buches absichtlich gewählt und fühlen uns ihm verpflichtet: Klartext – das steht drauf, und das bekommen Sie.
Trotzdem sind wir alles andere als dogmatisch. Ausnahmen bestätigen die Regel, sie sind menschlich und gefährden weder Ihre Gesundheit noch unseren Planeten. Sie müssen nur niedrig genug dosiert sein, denn erst die Dosis macht das Gift. In welchen Situationen Sie trotzdem sehr konsequent sein sollten, um das Bestmögliche für Ihre Gesundheit zu tun, sagen wir Ihnen in diesem Buch.
Ist es nicht spannend, dass die Erkenntnisse über die gesündeste Ernährung darin gipfeln, dass die heute verbreitete herkömmliche Ernährung mit zu vielen tierischen Anteilen nicht nur die Gesundheit des Menschen, sondern auch die unserer Umwelt zerstört? Und dass die jetzt immer wichtiger werdende Besinnung auf pflanzenbasierte oder vegane Ernährung die Menschheit und gleichzeitig unsere Umwelt gesunden lassen wird?
Kommen Sie mit uns auf eine Reise durch das Wissen der angewandten Ernährungslehre, bei der Logik, Forschung, ein großer Erfahrungsschatz und die bestätigte Wissenschaft Ihre Reisebegleiter sind. Es ist der beste Weg zu einer optimalen Gesundheit unter den heutigen Lebensbedingungen. So kann mit einer vollwertigen pflanzlichen Ernährung die Erhaltung, die Linderung oder gar die Wiederherstellung der Gesundheit auch auf unserem Planeten gelingen. Wir können Ihnen versprechen, dass dieser Weg zwar nicht immer einfach, aber unglaublich spannend wird. Ihre Belohnung erwartet Sie bereits nach kurzer Zeit. Sie werden spüren, wie sich Gesundheit anfühlt. Indem Sie dieses Buch in Ihren Händen halten, haben Sie bereits den ersten Schritt gemacht – und der ist bekanntlich der wichtigste dafür, dass die Reise beginnt.
Wir freuen uns darauf, Sie dabei begleiten zu dürfen!
Ihre
Petra Bracht und Claus Leitzmann
Leseanleitung für dieses Buch
Das Buch ist so aufgebaut, dass Sie verschiedene Möglichkeiten haben, sich seine Inhalte zu erschließen.
Sie möchten in unser beider Überzeugung zum Thema Ernährung vollständig eintauchen und haben keinen Zeitdruck?
Dann gönnen Sie sich doch einfach das Erlebnis, es von vorne bis hinten, Seite für Seite zu lesen. Da es ein Sachbuch ist und Sie Inhalte, die für Ihr Leben interessant sind, später vielleicht wiederfinden und vertiefen möchten, empfehlen wir Ihnen schon beim ersten Lesen: Markieren Sie solche Stellen mit einem Marker gelb, unterstreichen Sie besonders wichtige Stellen zusätzlich und machen Sie sich am Rand, der extra breit ist, persönliche Anmerkungen. Nachdem Sie einmal durch sind, können Sie immer wieder die Bereiche vertiefen, die Sie besonders wichtig finden und/oder die Sie praktisch umsetzen möchten.
Sie möchten gezielt unsere Meinung zu ganz bestimmten Inhalten oder Zusammenhängen kennenlernen?
Schauen Sie zunächst in Ruhe das Inhaltsverzeichnis durch. Die Aufteilung in drei Bücher, die Kapitelauswahl mit abgeschlossenen Themen und die Überschriften sind so gewählt, dass Sie ziemlich gut einschätzen können, um welche Inhalte es geht.
Für den großen Überblick:
Buch 1 soll Ihnen vermitteln, warum wir uns im Laufe unseres Lebens immer sicherer wurden, dass eine Ernährung, die größtmögliche pflanzliche, also vegane Anteile enthält, die am besten geeignete für uns Menschen ist. Und warum wir tierische Anteile ab und zu und in kleinen Mengen zwar verkraften können, langfristig durch sie aber unsere Gesundheit nachhaltig schädigen – je größer die Anteile, je öfter und je länger im Laufe unseres Lebens, umso mehr.
Buch 2 wird konkreter. Es führt Sie in die Gesundheitsgeheimnisse der Pflanzen ein, behandelt Nahrungsbestandteile, Getränke und Essgewohnheiten, die durch tierische Produkte für Ihre Gesundheit gefährlich werden können, erklärt spannende Prozesse, die bei der Nahrungsverwertung eine entscheidende Rolle für Ihre Gesundheit spielen, und führt Sie in die Welt der Nährstoffe ein.
Buch 3 ist zum Nachschlagen. Es entschlüsselt Ihnen die Gesundheitsgeheimnisse der Pflanzen in einem ausführlichen Lebensmittellexikon und beschreibt alles Wichtige zu den kleinsten Gesundheitsbringern, den Nährstoffen.
BUCH I
DER WEG ZUR OPTIMALEN ERNÄHRUNG DES MENSCHEN
I.
Einleitender Überblick: Von uns bis zu den Blue Zones
Natürlich gibt es bereits viele Bücher zum Thema Ernährung. Jeder Autor hat seine eigene Betrachtungsweise, von der er überzeugt ist und schreibt, meist in einer Sprache, die für den jeweiligen Inhalt nachvollziehbar erscheint. Doch die Unsicherheit unter den Laien – aber glauben Sie uns: auch unter den Experten – ist oft groß. Und wer nun wirklich »Ernährungsexperte« ist oder sich zu einem solchen macht, ist noch mal ein eigenes Thema. Auch uns hat dieses ganze Hin und Her in den vielen Jahren unserer Arbeit mit den Menschen, mit den Patienten und den diversen Forschungsergebnissen keineswegs unberührt gelassen.
Klartext Ernährung ist unser gelebtes, erfahrenes und erforschtes Wissen, mit den Augen, dem Verstand und dem Herzen von zwei Menschen, die dafür leben.
1. Warum Ernährung heilt – von Petra Bracht
Es sind meist die eigenen Geschichten, die uns die Augen öffnen.
So ging es auch mir, nachdem ich nach dem Studium der Medizin auf den kranken Menschen »losgelassen« wurde. Was ich, Petra, wirklich gelernt hatte, war zu diagnostizieren, um dann mit den entsprechenden Medikamenten die Symptome der unterschiedlichsten Krankheitsbilder zu therapieren. Tatsächlich ging es vielen Patienten besser. Doch in mir regte sich immer deutlicher das Gefühl, dass diese Vorgehensweise wenig mit der eigentlichen Aufgabe des Arztseins zu tun hat. Behandelte ich nicht ständig nur die Auswirkungen, also die Symptome von Krankheiten, die natürlich auch eine Ursache haben? Schon früh hallten die Worte von Hippokrates in meinem Kopf wider, dass Krankheiten nicht vom Himmel fallen, sondern uns aufgrund von »vielen kleinen Sünden wider die Natur« nur scheinbar plötzlich befallen. Besonders dann, wenn ich lediglich ein Rezept ausstellte und eine kurze Bemerkung zum aktuellen Lebensstil-Konzept des Patienten loswerden wollte, um wenigstens etwas Sinnvolles zu tun.
Kurz gesagt: Ich war bald, nachdem ich mich in eigener Praxis niedergelassen hatte, völlig unzufrieden mit meinem Beruf als Ärztin. Niemals wollte ich als Verkäuferin der Pharmaindustrie fungieren. Heilen, den Krankheiten auf den Grund gehen, um dann die Lösung zu finden, das war mein Ziel. Nachdem ich mir diese Gedanken erlaubte, also sehr kritisch meine Daseinsberechtigung hinterfragte, habe ich mit der Suche angefangen, wo sich der »Missing Link« befinden könnte.
Es mag befremdlich klingen, aber die Ernährung war damals für mich mehr im Rahmen der Ökologie, also der »Umweltrettung« wichtig, weshalb meine Familie und natürlich auch ich unter den Ersten waren, die sich nur mit »Bionahrung« ernährten. Okay, vielleicht war auch ein kleiner Grund der, dass man sich nicht mit giftigen Stoffen belasten wollte – aber damals, wir waren jung und Krankheiten und Gifte erregten selbst bei mir als junge Ärztin nur Aufmerksamkeit, wenn die Medien darüber berichten.
Aber das sollte sich bald ändern.
Die Entscheidung, Medizin zu studieren, wurde quasi für mich getroffen. Denn meine geliebte Mutter wurde zunehmend kränker, und ich konnte nichts anderes tun, als für sie da zu sein und zuzusehen, wie es ihr zuerst Jahr für Jahr, dann aber Monat für Monat schlechter ging. Ich war mir so sicher, dass dieses Studium mehr als genug Wissen offenbaren würde, dass ich ihr würde helfen können.
Leider kam es anders. Sie starb an ihrem dritten Herzinfarkt, während meines ersten Medizinsemesters. Was ich damals nicht wusste: Mit dem heutigen Wissen über die so mächtige, unglaubliche Heilkraft der Ernährung hätte ich ihr helfen können. Sie hätte nicht so jung sterben müssen. Ihr früher Tod war eines der einschneidendsten Ereignisse meines Lebens und mit Sicherheit der Grund, weshalb ich mich mit dem im Studium erlernten Wissen nicht zufriedengab. Denn Medikamente hatte sie bekommen, und zwar alles, was die damalige Medizin zu bieten hatte. Ich begab mich also auf die Suche.
Gelesen habe ich schon immer gerne und viel. Das Buch, das mein Leben nicht nur als Ärztin verändern sollte, ließ also nicht lange auf sich warten. Fit fürs Leben öffnete mir mehr als nur die Augen. Ich ahnte, dass sich hier ein Wissen verbarg, welches mir meine unzähligen Fragen beantworten konnte. Weshalb ich während meines gesamten Studiums nichts darüber lernte und warum die jungen Ärzte an der Universität bis heute so gut wie nichts davon hören, ist mir persönlich ein Rätsel. Es erklärt sich wohl dadurch, dass die herkömmliche Medizin immer noch an ihren alten Dogmen festhält.
In Fit fürs Leben schien alles zu stehen, wonach ich suchte. Ein Ernährungskonzept, um die Gesundheit zu erhalten und bei bereits vorhandener Erkrankung wiederherzustellen. Ich konnte kaum glauben, was ich dort las. Ernähre dich gesund mit einer vollwertigen pflanzenbasierten Kost, iss nur innerhalb von acht Stunden am Tag, faste 16 Stunden, und die Gesundheit kommt von selbst. Die Erklärungen dazu waren für mich völlig nachvollziehbar. Nur weshalb ich in meinem Studium darüber nichts lernte, verstand ich nicht. Denn wie grandios musste es sein, dieses Wissen bei jedem Menschen anzuwenden – egal ob gesund oder krank – und im Krankheitsfall zusätzlich die Fortschritte der modernen Medizin miteinzubeziehen?
Dieses mir völlig neue Wissen faszinierte mich so sehr, dass ich die Menschen kennenlernen wollte, die damals zum wissenschaftlichen Beirat gehörten. So lernte ich meinen heutigen Freund und Mentor, den Ernährungswissenschaftler Prof. Claus Leitzmann kennen sowie Prof. Michael Lukas Möller, den Direktor des Instituts für Medizinische Psychologie, an dessen Lehrstuhl ich später für zehn Jahre einen Lehrauftrag an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt innehatte. Diese beiden Menschen waren für mich der Rückhalt in den kommenden Jahren. Denn der Gegenwind, der mich aufgrund dieser »neuen Medizin« erwartete, war teilweise ziemlich stark, mit Böen aus Richtungen, mit denen ich nicht gerechnet hatte.
Mir blieb damals nichts anderes übrig, als dieses für mich neue Wissen durch meine Patienten bestätigt zu bekommen. Die Erfolge sprachen für sich und machten mich natürlich auch mit jedem neuen Therapieerfolg sicherer.
Ich kann mich noch ganz genau an einen meiner ersten Patienten erinnern, der wegen einer erfolglosen Behandlung seiner schweren Neurodermitis zu mir kam. Sechs Wochen Krankhausaufenthalt in einer großen Universitätsklinik blieben erfolglos, trotz Einsatz aller herkömmlichen allopathischen Medikamente. Ich werde Sie nicht mit einem langen Spannungsbogen seines Heilungsverlaufs auf die Folter spannen: Dieser junge Mann, der zusätzlich noch an einem schweren allergischen Asthma litt, war nach sechs Wochen völlig symptomfrei. Und das nur, weil er zu Beginn eine zehntägige Heilfastenkur machte und anschließend die Ernährung auf vollwertige, frischkostbetonte Pflanzenkost umstellte, die er nur innerhalb von einer Essensphase von acht Stunden zu sich nahm. Heute würde man ganz einfach sagen: Er ernährte sich vegan und machte Intervallfasten.
Als er zu mir kam, war er verzweifelt, und wie leider so oft, war ich seine letzte Hoffnung. Solche Sätze fallen bedauerlicherweise sehr häufig und machen mir immer das gleiche ungute Gefühl, denn eins weiß ich sicher: Nicht ich kann eine Krankheit heilen, sondern nur der Patient selbst schafft das mithilfe der Heilungskräfte seines Körpers unter meiner Anleitung.
Aber was bedeutet das im Alltag einer Hausärztin, die nicht selten über 100 Patienten pro Tag in ihrer Praxis sieht? Ich wusste, es braucht Zeit, um zumindest die wichtigsten Zusammenhänge von gesunder Ernährung und Heilungsmöglichkeiten zu erklären. Wahrscheinlich war ich eine der Ersten, die damals schon die heutigen »IGEL-Leistungen« (Individuelle Gesundheitsleistungen, die die Krankenkassen nicht übernehmen und von den Patienten selbst bezahlt werden müssen) einführte. Ich bot eine einstündige »Privatsprechstunde« an, um die notwendige Zeit für meine Patienten zu haben. Im normalen Praxisalltag war solch eine zeitintensive Beratung ganz einfach nicht möglich. Vor allem zu einer Zeit, als die Patienten noch davon ausgingen, dass der Arzt mit dem speziell für sie verordneten Rezept und dem darauf stehenden Medikament die Heilung ihrer Krankheit bewirken würde.
Es war keine einfache Zeit damals, denn ich war für die Patienten zudem noch unbequem, indem ich ihnen sagte, dass der Großteil der Verantwortung für die Gesundung in ihren eigenen Händen liegt.
Mit jedem weiteren Patienten wurde ich sicherer. Denn auch wenn diese Erfahrungsreise zu Beginn für mich selbst noch ins Ungewisse ging, erreichten die meisten ihr Ziel. Heute, nach über 30 Jahren Ernährungsmedizin, weiß ich ohne Zweifel, welche gewaltige Kraft die richtige Ernährung für die Gesundung des Menschen hat.
Während dieser langen Jahre habe ich mich oft gefragt, wie es sein kann, dass so unterschiedliche Diäten und Empfehlungen bis hin zu den größten Heilsversprechen zu diesem heillosen Durcheinander in der Ernährungsmedizin führen konnten. Einmal war Low Fat angesagt, ein anderes Mal High Protein, und um die Verwirrung komplett zu machen, breitete sich die Kunde von Low Carb wie ein Lauffeuer aus. Dieser Hype war nicht neu. Unter dem Namen Atkins-Diät, benannt nach dem Erfinder Robert Atkins, war Low Carb in den frühen 1970ern schon einmal der Ernährungstrend. Warum, war mir klar: Die Menschen, die damals schon mit zu vielen Kilos zu kämpfen hatten, verloren diese relativ schnell und konnten sich dabei auch noch die Bäuche vollschlagen. Dass der Preis dafür allerdings sehr hoch sein konnte, zeigte sich leider erst nach einiger Zeit. Denn diese Ernährungsweise erhöht das Risiko, an einem metabolischen Syndrom zu erkranken, nicht wenige starben auch daran.
Für mich war klar: Die Menschen suchten nach einer Ernährung, die schlank und fit machte und ihnen im besten Fall noch Gesundheit und ein langes Leben bescherte. Vielleicht ahnen wir alle intuitiv, dass Ernährung der Schlüssel für eben ein solch langes und gesundes Leben ist, und lassen uns von wundervollen Ankündigungen verführen und auf einen falschen Weg bringen, die oft nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht sind. Immer wieder stehen hinter Ernährungsratschlägen zudem kommerzielle Interessen. Nicht selten werden auch dort Studien zitiert, um fragwürdige Thesen zu belegen. Diese haben aber meist wenig mit der »wahren« Wissenschaftlichkeit zu tun, die es braucht, um Fakten zu schaffen und den suchenden Menschen wirklich Sicherheit zu geben.
Studien aufgrund ihres »Ehrlichkeitsgehaltes« einzuschätzen war nie meine Stärke, aber dafür hatte ich Claus. Er hielt mich auf dem Laufenden und trennte aufgrund seines umfangreichen Wissens in der Ernährungswissenschaft mit großer Souveränität die Spreu vom Weizen.
Ich hingegen ging völlig in der Arbeit mit meinen Patienten auf: Die tägliche Bestätigung, wie stark die Heilkraft einer guten Ernährungsweise die Gesundheit unterstützt und Krankheiten – auch ernste – vertreiben kann. Learning by doing erlebte ich in Reinkultur und frei jedes Risikos von Nebenwirkungen, wie sie im Gegensatz zu gesunder Ernährung so gut wie jedes Medikament mit sich bringt.
Natürlich lebte ich es selbst vor. Wie könnte ich meinen Patienten sonst gegenübertreten? Ich bin davon überzeugt, dass Authentizität ein weiterer Schlüssel für den Erfolg einer Therapie ist. Unsere Kinder wurden in diese Lebensweise hineingeboren, und sie ist bis heute die Normalität für sie.
Und dann gibt es noch die Blauen Zonen (Blue Zones) dieser Erde, in denen die meisten Hundertjährigen leben und die uns seit langen Zeiten vormachen, wie es geht, lange und gesund zu leben.
So basiert dieses Buch auf eben diesen drei Säulen, die allen Stürmen standhalten werden: der fundierten, unabhängigen Wissenschaft, den Erfahrungen einiger mutiger Mediziner sowie meiner eigenen und der gelebten Realität in den Blauen Zonen unseres schönen Planeten.
Zivilisationskrankheiten und was sich hinter diesem Begriff eigentlich verbirgt
Wenn ich an meine Kinder denke, ist mir klar, woran dieses »Gesundheitssystem« krankt. Gesichertes wissenschaftlich fundiertes Ernährungswissen wird weder in den Kindergärten noch in den Schulen gelehrt. Wie auch, wenn nicht einmal der angehende Arzt während seines Studiums etwas darüber lernt.
»Moderne Zivilisationskrankheit« ist ein gängiger Sammelbegriff für Krankheiten geworden, an denen heutzutage die meisten Menschen erkranken und im Zuge dessen auch sterben. Müssten nicht bereits bei diesem Begriff alle Alarmglocken läuten? Wir erkranken und sterben an den Folgen unserer Lebensweise? Na prima, und warum zeigt uns niemand den Weg aus diesem Dilemma? Wäre es nicht die Aufgabe einer unabhängigen Wissenschaft und Politik, hier das Zepter in die Hand zu nehmen? Aufzuklären, Wege aufzuzeigen, Ernährungswissen spielerisch bereits den Kleinsten beizubringen? Doch hier sieht es auch in Zukunft eher düster aus. Eine Grundvoraussetzung wäre es, Klarheit zu schaffen, eine unabhängige Forschung zu unterstützen und die Verwirrung der unterschiedlichen Ernährungsempfehlungen aufzulösen. Aber wo die einen sich streiten, freuen sich die anderen. Und in diesem Fall sind das die Lebensmittel- und natürlich auch die Pharmaindustrie. Diese beiden sind mächtig, nicht nur weil sie undenkbar große Summen an Geldern bewegen, sondern auch, weil sie viele Arbeitsplätze sichern. Die Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen ist für eine Regierung eine der wichtigsten Voraussetzungen, um wiedergewählt zu werden.
Also müssen andere diese Aufgabe übernehmen. Wir müssen Klartext sprechen und neben unseren Erfahrungen die wissenschaftlich bestätigten Fakten auf den Tisch legen, um den großen Zivilisationserkrankungen das Stoppschild vorzuhalten.
Warum Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Todesursache Nummer 1 sind, was Diabetes damit zu tun hat und wie Sie sich davor schützen können – darum geht es in diesem Buch. Aber auch darum, dass Übergewicht nicht nur mit weniger Kalorien und Bewegung besiegt werden kann, dass Demenzkrankheiten nicht schicksalhaft hingenommen werden müssen und dass Krebs in seine Schranken verwiesen werden kann. Und auch um die zunehmenden Angststörungen und Depressionen, Erschöpfungszustände und Burn-outs, die genauso wenig vom Himmel fallen wie Schilddrüsenunterfunktion oder Autoimmunerkrankungen wie Rheuma.
Führende Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig
Darüber sind wir sehr froh. Das erforschte Wissen in der Ernährung ist in den letzten Jahren immens gewachsen. Längst ist die Ernährungsmedizin, wie ich sie seit 30 Jahren in meinem Praxisalltag anwende, von der Wissenschaft bestätigt worden. Die großen Studien zeigen klare, unmissverständliche Gemeinsamkeiten, die wir Ihnen vorstellen werden.
Natürlich hat alles seinen Anfang in der Beobachtung von Erfolgen bei der Behandlung von Krankheiten. Dr. Caldwell Esselstyn zeigte, wie durch eine vollwertige, pflanzenbasierte, fettarme Ernährungsweise Verengungen durch Ablagerungen von Herzkranzgefäßen wieder verschwinden, also völlig abgebaut werden. Dr. Neal Barnard bewies, dass Alterszucker durch eine gesunde vegane Kost mit einem hohen Anteil an vollwertigen Kohlenhydraten heilbar ist. Dr. Dean Ornish war einer der ersten Ärzte, der schwerst herzkranke Patienten wieder zurück in ein gesundes Leben führte: mit einer Veränderung der Lebensführung, in der vegane Kost und bewusstes Stressmanagement eine wesentliche Rolle spielte. Dr. Michael Greger und sein Team widmen ihr Leben der Aufgabe, alle Studien zum Thema Ernährung zu durchforsten und dieses Wissen Tag für Tag in Blogbeiträgen oder Videos allen Menschen zur Verfügung zu stellen. Prof. Andreas Michalsen wendet das geballte und wissenschaftlich fundierte Wissen in der Charité in Berlin mit großem Erfolg an und führt zugleich Studien durch, um mehr Fakten für die begünstigende Wirkung von Pflanzenkost zu erhalten. Auch Prof. Gustav Dobos hat in Essen eine erfolgreiche Klinik aufgebaut, die pflanzliche Kost bei der Krebsbehandlung einsetzt. Prof. Colin Campbell zeigte in seinem Buch China Study den Zusammenhang von Krebs und einer mit Tiereiweiß überfrachteten Ernährung auf. Prof. Valter Longo ist einer der bedeutendsten Forscher der Anti-Aging-Medizin, der eine vegane Ernährung gepaart mit bestimmten Fastenzeiten für ein gesundes und langes Leben zunehmend belegen kann. Eine stets weitsichtige Interpretation der Ergebnisse der Ernährungsforschung gelingt Prof. Walter Willett, der mit seinen großen Studien sehr zum Erkenntnisgewinn beigetragen hat.
Und natürlich war Claus, mein Mentor, der mich seit über 35 Jahren in meiner Arbeit stärkt, einer der Ersten, der sich in Deutschland als Ernährungswissenschaftler mit Nachhaltigkeit, Vegetarismus und Ernährungsökologie befasste. Gemeinsam mit seiner Frau lebt er seit mehr als 40 Jahren undogmatisch vegetarisch/vegan.
Der Weg zur lebenden Legende
Eine lebende Legende. Diese Auszeichnung wurde Claus tatsächlich verliehen. Im Alter von 80 Jahren wurde er von der International Union of Nutritional Sciences in die Liste der lebenden Legenden aufgenommen. Er selbst würde hingegen nie auf die Idee kommen, seine Lebensgeschichte so zu betiteln.
Und genau das ist es, was ihn ausmacht. Er ist für mich und all seine Studierenden immer ein Vorbild gewesen, in seiner bescheidenen, achtsamen, aber klaren Art zu lehren und zu leben, sein Wissen weiterzugeben, die Wahrheit über alle Interessen zu stellen und sich kritisch mit allen Fragestellungen auseinanderzusetzen, auch wenn sie unbequem sind.
Zu Beginn unserer Freundschaft stellte sich für Claus und mich das Thema Tiermilchprodukte noch sehr unterschiedlich dar. Er war von der Vollwert-Ernährung kommend ein Befürworter, ich wusste aufgrund meiner ernährungsmedizinischen Erfahrungen mit meinen Patienten, dass sich hier zwischen uns erst einmal kein gemeinsamer Nenner finden ließ. Er ist als Vollblutwissenschaftler sehr vorsichtig mit neuen Entwicklungen, mit »Hypes«, aber er forscht nach und ist bereit, seine Sichtweise zu ändern, wenn sich andere oder neue Beobachtungen verstärken und schließlich wissenschaftlich bestätigt werden. So wie die zum Thema Tiermilch und den daraus hergestellten Produkten.
Claus Leitzmann hat in seinem Leben sehr vieles richtig gemacht. Vor allem hat er vieles schon gesehen, als einige von uns noch gar nicht auf dieser Welt waren. Er war der Begründer der Ernährungsökologie, nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit Lösungsvorschlägen, denen Sie auch immer wieder in unserem Buch begegnen werden. Und jetzt lassen Sie sich bitte von ihm mitnehmen auf seinen langen und erkenntnisreichen Lebensweg.
2. Ein Leben für gesunde Ernährung – von Claus Leitzmann
Einmal um die Erde
Meine Kindheit vor und während des Zweiten Weltkriegs sowie meine Jugend in der Nachkriegszeit verbrachte ich in Vögelsen, einem Dorf bei Lüneburg mit damals 240 Einwohnern. Unsere Ernährung war sehr einfach, aber fast immer ausreichend. Heute würde man sie als einseitig und knapp bezeichnen, aber sie war überwiegend pflanzlich und wenig verarbeitet. Diese einfache Kost war damals üblich, sodass Übergewicht, Diabetes und eine Reihe anderer Krankheiten praktisch unbekannt waren.
Diese Situation änderte sich mit zunehmendem Wohlstand ab den 1950er Jahren, die zunächst von Übergewicht und danach von vielerlei Krankheiten gekennzeichnet war. Wie sich diese Situation weiter entwickeln würde, erfuhr ich auf dramatische Weise, als ich ab 1957 in den USA studierte. Die US-Amerikaner waren Europa weit voraus mit stark verarbeiteten Lebensmitteln – und dadurch auch mit Problemen wie Übergewicht und den bekannten Folgekrankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Bluthochdruck, Gefäßverschluss usw. Bereits damals war für mich klar zu erkennen, dass die knappe einfache pflanzliche Kost, kombiniert mit körperlicher Bewegung, uns vor Krankheiten bewahren kann.
Als ich ab 1969 in Thailand arbeitete, wurde ich ernährungsmäßig schlagartig in meine Jugend zurückversetzt, denn damals war Thailand ein typisches Entwicklungsland mit einer einfachen und knappen, pflanzlichbetonten Ernährung. Übergewicht und Folgekrankheiten waren hier Ausnahmen. Nach meiner Rückkehr nach Deutschland im Jahr 1974 fand ich mich ernährungsmäßig in den USA der 1950er Jahre wieder. Was sich danach mit der Ernährung bei uns entwickeln würde, war vorhersagbar – und das wollten wir verhindern.
Meine Studierenden und ich erweiterten das von Bircher-Benner, Kollath und Bruker entwickelte Konzept der »Vollwert-Ernährung«, das heute als zeitgemäße, nachhaltige und pflanzenbetonte Kostform bekannt ist.
Der deutliche Zusammenhang mit unserer westlichen Ernährungsform damals und dem Hunger in der Welt, den ich im Rahmen meines Lehrstuhls für »Ernährung in Entwicklungsländern« an der Universität Gießen thematisierte, war unübersehbar.
Damit war mein Interesse am Vegetarismus/Veganismus, der mir bereits in Thailand begegnete, mehr als geweckt. Aber es war unsere jüngste Tochter Heidi, die im Jahre 1977 die vegetarische Ernährung in unsere Familie einführte.
Ernährungswissenschaftliche Studien in Gießen
Die etablierte Ernährungswissenschaft war in den 1970er und 1980er Jahren sehr konservativ. Vegetarismus war damals nicht nur eine Randerscheinung in der Gesellschaft, sondern eher ein Ärgernis. Aus diesem Grund wollte ich Fakten schaffen, um Diskussionen zu diesem Thema eine Basis zu geben. Mithilfe meiner Studierenden habe ich mehrere Studien zur Nährstoffversorgung und zum Gesundheitsstatus von Vegetariern, Veganern und Rohköstlern durchgeführt. Bis dahin gab es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu diesen Gruppen in Deutschland, die meisten Studien kamen aus den USA. Auffallend bei allen Studien zur vegetarischen Ernährung war, dass die Menschen, die vorwiegend vegetarisch lebten, insgesamt deutlich gesünder waren, insbesondere was Erkrankungen betraf, die eindeutig mit unserer Ernährung zusammenhängen: Übergewicht, Diabetes, Gicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Natürlich war klar, dass ich nicht eine gesunde Ernährungsform propagieren konnte, ohne sie selber ausprobiert zu haben oder sie selbst zu leben. Auch aus diesem Grund lebt unsere Familie seit 1977 vegetarisch und immer wieder auch mit veganen Phasen. Da ich mich aber streng an Definitionen halte, zähle ich mich zu den Vegetariern beziehungsweise nach heutigem Sprachgebrauch zu den 95-prozentigen Veganern. Die pflanzliche Küche war damals besonders für meine Frau eine Herausforderung, die uns mit unseren vier jugendlichen Kindern vegetarisch versorgte. Damals gab es wenig passende Kochbücher oder Rezepte, aber ihre Erfahrungen mit Rezepten aus Asien haben sehr geholfen.
»Ernährungsökologie« – damals neu, heute brandaktuell
In den 1980er Jahren haben wir dann das neue Fachgebiet Ernährungsökologie aus der Taufe gehoben, dessen Wichtigkeit erst heute so richtig erkannt wird. Denn damit werden nicht nur die gesundheitlichen, sondern auch die ökologischen, ökonomischen und ethischen Anliegen einbezogen, die mit unserer Ernährung zusammenhängen.
In der herkömmlichen Vollwert-Ernährung gibt es überwiegend pflanzliche Lebensmittel, die so frisch wie möglich sind und so wenig wie möglich verarbeitet werden. Im Mittelpunkt stehen Gemüse und Obst, das etwa zur Hälfte roh gegessen wird. Getreide gibt es immer als Vollkornprodukte, Kartoffeln in der Pelle und dazu reichlich von den immer noch unterschätzten Hülsenfrüchten. Wichtig sind auch die verschiedenen Nüsse, Samen und Kräuter. Die damals als gesund erachteten Milchprodukte sollten möglichst milchsauer vergoren sein. Wenn gewünscht, dürfen auch kleine Mengen von Fleisch, Fisch und Eiern verzehrt werden. Alle Lebensmittel sollten möglichst aus ökologischer Landwirtschaft stammen und, wenn sie aus den sogenannten Entwicklungsländern kommen, fair gehandelt sein.
Aber schon damit war die etablierte Ernährungswissenschaft seinerzeit überfordert. Sie war wie heute recht konservativ und lehnte unser ganzheitliches Konzept und unsere Begründungen dazu durchweg ab. Diese Ablehnung war meist weniger sachlich basiert, sondern bestand aus einer Mischung aus Unkenntnis, Skepsis und Vorurteilen. Wir verunsicherten die Kollegen, aber überzeugten die Verbraucher. Denn es gab kaum sachliche oder gar wissenschaftliche Argumente gegen dieses Konzept, sondern lediglich die bloße Behauptung, dass es nicht wissenschaftlich sei, sondern ideologisch und weltanschaulich begründet sei. Auch aus diesem Grund waren die Untersuchungen an Vegetariern, Veganern und Rohköstlern, die wir in Gießen durchgeführt haben, ein wichtiger Schritt zur Schaffung von objektiven Daten zu diesem Thema. Außerdem gab es vielerlei positive Erfahrungen, die auch für den Laien nachvollziehbar waren.
Neben den positiven Erfahrungen wurden im Laufe der Jahrzehnte immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse erarbeitet, die letztlich so überzeugend waren, dass der Widerstand ab- und das Interesse an pflanzlicher Ernährung immer weiter zunahmen. Die Bedeutung der nur in Pflanzen vorkommenden Ballaststoffe in der Ernährung des Menschen wurde ab den 1970er Jahren sichtbar, obwohl sie in der Tierernährung bereits lange davor erkannt worden war. Und das eindrucksvolle gesundheitliche Potential der sekundären Pflanzenstoffe wurde erst in den 1980er Jahren deutlich, obwohl die Naturheilkunde bereits lange um ihre Wirkungen wusste und Heilpflanzen in der Volksmedizin bereits in der Antike eingesetzt wurden.
All diese Erkenntnisse wurden beim Konzept der Vollwert-Ernährung berücksichtigt und haben dazu beigetragen, dass sie heute allgemein als eine zeitgemäße und nachhaltige Ernährung anerkannt wird.
Inzwischen gibt es vegetarische und vegane Versionen der Vollwert-Ernährung, die neben den immer klarer hervortretenden gesundheitlichen Wirkungen auch die ökologischen Erfordernisse und ethischen Anliegen der Verbraucher berücksichtigen.
3. Wenn alles so einfach wäre – von Petra Bracht und Claus Leitzmann
Jede neue Erkenntnis hat ihren Anfang – raus aus der Unsicherheit
Wir möchten, dass Sie nachvollziehen können, warum augenscheinlich ein ständiger Streit unter den Ernährungsexperten herrscht. Ist Tiermilch jetzt gut oder sogar schädlich und für Krankheiten verantwortlich? Brauchen wir Fleisch, um genügend Eisen zuzuführen, oder ist viel Eisen problematisch? Gibt es tatsächlich »böses Gemüse«, wie uns ein »Ernährungsexperte« weismachen möchte? Sind Eier für Prostatakrebs mitverantwortlich, oder braucht der Mensch die Inhaltsstoffe für einen reibungslosen Stoffwechsel? Was ist mit Soja – gut oder schlecht für die Prävention von Brustkrebs? Kann eine bestimmte Ernährungsweise wirklich Ablagerungen in den Gefäßen rückgängig machen, oder ist das ein Märchen?
Wir werden Ihnen in diesem Buch alle diese Fragen und viele mehr ausführlich beantworten. Sie erfahren einerseits, was für klare Ergebnisse die praktische Umsetzung unserer Ernährungsempfehlungen während einiger Jahrzehnte an unzähligen Patienten ergeben hat. Zusätzlich vermitteln wir Ihnen die zu diesen Empfehlungen gehörenden Resultate der von uns zitierten Studien. Dabei spielt die Qualität der Studien natürlich eine wichtige Rolle. Und sie ist auch eine Erklärung dafür, dass es teilweise Studien gibt, die genau zum gegenteiligen Ergebnis kommen wie andere. Je weniger hochwertig Studien sind, desto eher können sich fehlerhafte Aussagen ergeben – bis hin zu beabsichtigten Fälschungen aus wirtschaftlichen oder anderen Interessensgründen. Aber selbst dazu – also zu gefälschten Studien – gibt es inzwischen Studien, die zeigen, wie häufig es passiert, dass beabsichtigte, aber falsche Ergebnisse veröffentlicht werden.
In diesem Buch finden Sie uraltes naturheilkundliches Wissen, dessen Umsetzung durch Petra in der Arbeit mit ihren Patienten mit den jeweiligen Resultaten für deren Gesundheit, unterstützt durch eine Vielzahl der aussagekräftigsten Studien im Bereich der Ernährungswissenschaft.
Aber wissen Sie, was uns das beste Gefühl dabei gibt, Ihnen die Umsetzung dieser Erfahrungen und wissenschaftlichen Forschungsergebnisse sehr ans Herz zu legen? Dass wir alles, was wir Ihnen aufgrund unserer gemeinsamen Erfahrungen in Medizin und Wissenschaft empfehlen, seit Jahrzehnten aus vollster Überzeugung selbst leben.
Ihnen wird es ebenso ergehen. Sie können noch so viele Bücher lesen, Studienergebnisse vergleichen oder jahrelang kontrovers darüber diskutieren. Letztlich gibt es nur eine Möglichkeit herauszubekommen, welche Ernährung Sie gesund macht: Probieren Sie unsere Empfehlungen aus, fühlen Sie in sich hinein, beobachten Sie Ihren Schlaf, Ihre Leistungsfähigkeit, Ihre psychische Stabilität usw. Und lassen Sie nach einiger Zeit eine ausführliche Blutuntersuchung oder andere Untersuchungen machen, um die Werte zu vergleichen, mit denen Sie vorher nicht zufrieden waren. Nur das wird Sie immer sicherer machen bei der Frage, was die geeignete Ernährung für Sie ist.
Die Ernährungsstudien können deutliche Hinweise liefern, aber keine endgültigen wissenschaftlichen Beweise
Genau das ist das Problem in der gesamten Wissenschaftlichkeit der Ernährungsforschung. Der Mensch lebt weder in einem sterilen Umfeld noch in einem Käfig, noch lassen sich Abläufe im Körper standardisieren. Deshalb sind gerade auf diesem Gebiet Tür und Tor geöffnet, um zu interpretieren, wie man es gerne hätte. Um dieser Gefahr auszuweichen, bedient die Wissenschaft sich großer Metaanalysen, die immer wieder gleiche Beobachtungen bestätigen. Und nicht zu vergessen: Es gibt die Erfahrungen, die Beobachtungen und das gelebte Wissen in den Blue Zones. Nimmt man alle Faktoren zusammen, dann herrscht Klarheit darüber, wie eine gesunde Ernährungsweise beschaffen sein sollte.
Der Goldstandard in wissenschaftlichen Untersuchungen sind randomisierte Studien, sogenannte Blindstudien, bei denen weder die Forscher noch die Probanden wissen, wer die zu untersuchende Substanz bzw. ein Placebo einnimmt. Diese in der Pharmaforschung genutzte Methode kann in der Erforschung von Lebensmitteln kaum angewendet werden.
Die Ernährungswissenschaft führt Korrelationsstudien durch, in denen anhand von Fragebögen und Befragungen Daten erhoben werden. Durch die Komplexität der Lebensmittel und der Veränderung des menschlichen Verhaltens im Zeitverlauf sind Korrelationsstudien aufwendig und ungenau. Studien zur gleichen Fragestellung können zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, denn Lebensmittel bestehen aus hunderten verschiedenen Substanzen. Eine positive gesundheitliche Auswirkung eines Lebensmittels gibt nicht zu erkennen, welche der vielen Inhaltsstoffe genau den erwünschten Effekt hervorrufen. Auch die Menge, das Verhältnis und die Interaktion mit den anderen Stoffen in der Kost spielen eine Rolle. Diese Komplexität erschwert die genauen Schlussfolgerungen, bietet Raum für unterschiedliche und teilweise falsche Interpretationen und kann zu Widersprüchen führen. Da Korrelationsstudien auch von unbekannten oder kaum messbaren Einflüssen abhängig sind, bedeuten beobachtete Zusammenhänge noch nicht, dass die Ursachen erkannt werden.
Streng kontrollierte Blindstudien können sichere Beweise liefern. Mit Lebensmitteln sind Blindstudien nicht möglich, da die Versuchsteilnehmer wissen, ob sie beispielsweise einen Apfel, eine Banane oder keines von beiden verzehrt haben. Korrelationsstudien ermitteln nur Zusammenhänge (Korrelationen), es werden keine Ursachen (Kausalitäten) aufgedeckt, bestenfalls ergeben sich Hinweise. Wenn mehrere oder viele möglichst umfangreiche Studien zu einem bestimmten Thema vorliegen, dann werden die Ergebnisse in Meta-Analysen zusammengefasst. So werden die Hinweise verstärkt, auf deren Grundlage vorbeugende und therapeutische Empfehlungen erstellt werden können. Da Essen und Trinken aber von zahlreichen, ebenfalls nicht immer bekannten und manchmal nur schwer messbaren Faktoren beeinflusst wird, muss jede Interpretation von Korrelationsstudien sehr vorsichtig erfolgen.
Um zu klaren Empfehlungen zu kommen, ist deswegen eine Zusammenführung aus den Gesetzen der Natur, langjährigen persönlichen Erfahrungen und immer wieder bestätigten wissenschaftlichen Ergebnissen erforderlich. Dies haben wir in diesem Buch nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommen.
Trotz dieser schwierigen Sachverhalte rings ums Thema Studien wissen wir zum Thema Ernährung inzwischen vieles ziemlich genau. Es gibt Richtlinien, die für so gut wie alle Menschen gelten. Wir beschreiben das immer mit den Autobahnen und gut ausgebauten Straßen, die für die meisten Fahrer gut funktionieren. Nur für Einzelne, für Ausnahmegruppen, sind spezielle Privatstraßen nötig, um ans Ziel zu kommen. Hier kommen wir zurück zur Aussage von vorhin, dass Sie letztlich selbst durch die Anwendung bei sich herausfinden müssen, was Ihrer Gesundheit am besten tut. Später beschreiben wir Ihnen dazu ein gut selbst anwendbares Verfahren, den sogenannten Pulstest nach Coca. Mit diesem Test können Sie Ihren Körper selbst fragen, wie er am liebsten ernährt werden möchte beziehungsweise was ihm am besten tut.
Im Kleinen wie im Großen – den Menschen geht es wie der Umwelt
Ernährung hat nicht nur mit Gesundheit und Krankheit zu tun. Der Blick über den Tellerrand macht deutlich, dass unser Essverhalten auch ökologische Auswirkungen hat. Ein erheblicher Teil der Umweltprobleme resultiert aus der Art und Weise, wie sich die meisten Menschen heute noch ernähren. Folgen der Eingriffe des Menschen in die Natur entstehen durch Schadstoffbelastungen von Luft, Böden, Wasser und Lebensmitteln. Ein weltweiter Artenschwund bei Pflanzen und Tieren sind die schwerwiegenden Folgen. Das globale Transportwesen und die Massentierhaltung tragen erheblich zum Klimawandel bei. Die Abholzung der Tropenwälder ist unumkehrbar, denn neue können nicht entstehen. Zumindest nicht schnell genug.
Diese Gefährdung der natürlichen Lebensgrundlagen betrifft alle Menschen durch die Verknappung des fruchtbaren Ackerbodens, von Wasser und fossiler Energie sowie durch extreme Wetterveränderung mit Dürren und Überflutungen.
Die erschreckenden Fakten zur Belastung der Umwelt sind überwiegend bekannt. So wird ein Großteil der globalen Treibhausemissionen durch Nutztierhaltung und ihre vielen Vorleistungen erzeugt. Besonders die Ausatmung von Methan durch die weltweit 1,5 Milliarden Rinder ist problematisch, denn Methan ist zwanzigmal so klimaschädlich wie CO2. Die Nutzung einer Fläche zum Anbau von Sojabohnen liefert zehnmal so viel Eiweiß wie die Nutzung der gleichen Fläche zur Nutztierhaltung. Der Wasserverbrauch für die Produktion von Fleisch ist um ein Vielfaches höher als für die Erzeugung des gleichen Nährwertes pflanzlicher Lebensmittel. Der Regenwald wird in atemberaubender Geschwindigkeit abgebrannt und abgeholzt. Für die 7,7 Milliarden Menschen weltweit werden jährlich 74 Milliarden Tiere geschlachtet. Mindestens ein Drittel des weltweit geernteten Getreides wird von Nutztieren verbraucht. Täglich werden über 120 000 männliche Küken geschreddert oder vergast. Jährlich sind das etwa 45 Millionen alleine in Deutschland.
Es sind also nicht nur die gesundheitlichen Auswirkungen unseres Essens, sondern auch die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Aspekte, die wir ebenfalls in diesem Buch miteinbeziehen.
Es gibt ganz viel Wissen zum Thema Ernährung, und das seit Jahrtausenden. Dieses Wissen wurde gelebt, und wir haben uns dementsprechend entwickelt. Wenn wir jetzt die Gemeinsamkeiten in den Ernährungsweisen in den Blauen Zonen bedenken, die Erfahrungsmedizin bei den Behandlungen von Krankheiten aus der Praxis berücksichtigen und die Zusammenhänge der Ernährungsökologie mit einbeziehen, sind wir sicher auf dem richtigen Weg. Das ist das Anliegen mit diesem Buch: eine Zusammenführung der Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis beim täglichen Essen, für unsere Gesundheit, alle Lebewesen und unseren Planeten.
4. Die Geheimnisse eines langen und gesunden Lebens
In diesem Buch schreiben wir nicht nur über neue Ansätze in der Ernährungswissenschaft, sondern auch über altes und gelebtes Wissen sowie über seit langem bekannte Fakten, die zunehmend wissenschaftlich bestätigt werden. Denn das jetzt durch die Forschung mehr und mehr erwiesene Wissen wird seit Jahrhunderten, teilweise sogar seit Jahrtausenden in bestimmten Regionen dieser Erde gelebt. Nicht, weil Forschung die Art der Ernährung vorgab, sondern die Erfahrung, weitergegeben über viele Generationen.
Die Blauen Zonen dieser Erde
Es ist noch nicht lange her, als der Altersforscher Gianni Pes und der Astrophysiker und Demograph Michael Poulain die Auswirkungen von Lebensstilen aus demographischer Sicht untersuchten. Ihre Ausgangsfrage war: In welchen Regionen dieser Erde leben die ältesten Menschen. Sie markierten diese mit einem blauen Stift auf der Landkarte, und so entstand der Begriff »Blue Zones«. Der erste Artikel dazu erschien 2004 im Journal of Experimental Gerontology.
Der Wissenschaftsjournalist Dan Buettner, begeistert von diesen Erhebungen, wollte mehr darüber erfahren. Zusammen mit dem National Institute on Aging, National Institutes of Health in Bethesda, Maryland, und den beiden Wissenschaftlern wollte er die Gründe erforschen. Ein großes Team aus Anthropologen, Ernährungswissenschaftlern, Genetikern und Historikern machte sich gemeinsam an die Arbeit. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden 2005 erstmals in einer Reportage für den National Geographic mit dem Titel »The secrets of a long life« (Die Geheimnisse eines langen Lebens) veröffentlicht.
Natürlich war die Frage spannend, ob es tatsächlich Gemeinsamkeiten dieser Langlebigen geben würde, obwohl sie in völlig unterschiedlichen Regionen dieser Welt leb(t)en.
Und tatsächlich fanden sie die gemeinsamen Lebensstilmerkmale, die zu dieser erstaunlichen Langlebigkeit beitragen. Hinzu kommt, dass die bei uns scheinbar zum Alter »gehörenden« Zivilisationserkrankungen dort deutlich weniger auftreten.
Die erforschten Gebiete sind: Ikaria (Griechenland), Sardinien (Italien), Okinawa (Japan) und die Nicoya-Halbinsel (Costa Rica), später kam die Stadt Loma Linda (Kalifornien) dazu. Es gelang, aus sehr vielen unterschiedlichsten Faktoren die einflussreichsten herauszufiltern.
Überwiegende PflanzenkostRegionaler und saisonaler AnbauHoher Anteil von HülsenfrüchtenViele vollwertige KohlenhydrateÜberwiegend fettarm, außer in den mediterranen Gebieten, hier gibt es vermehrt Nüsse und OlivenölWenig bis gar keine tierischen Lebensmittel (Fleisch, Fisch, Milchprodukte)Kaum ZuckerKeine FertiggerichteInsgesamt mäßige Energiezufuhr, also eher weniger KalorienMäßiger AlkoholkonsumWenig RauchenFamilie steht immer an erster StelleNicht übertriebene, jedoch regelmäßige körperliche AktivitätImmer in sozialem Umfeld eingebundenSpirituell und/oder religiösDie Ergebnisse sind aufschlussreich und bestätigen sehr eindrucksvoll die natürlichen Lebens- und Ernährungsweisen dieser in den Blue Zones lebenden Menschen.
Die Gemeinsamkeiten in der Ernährung dieser Menschen sind spannend. An erster Stelle steht eine nicht übermäßige Nahrungsmenge, bestehend aus 90–95 Prozent Pflanzenkost. Wir sagen dazu 90- beziehungsweise 95-Prozent-Veganer. Softdrinks und andere zuckerhaltige Getränke sind unbekannt. Zucker wird kaum verwendet. Das Essen wird frisch zubereitet, ist saisonal und aus der Region. In Okinawa gibt es mehr Tofu, Algen und Süßkartoffeln, bei den Griechen mediterrane Kost mit Oliven, Gemüse, Bohnen, etwas Käse und Fisch. Hülsenfrüchte werden fast täglich gegessen. Die Hauptmahlzeit gibt es mittags. Morgens und früh abends wird wenig gegessen, und die dadurch entstehenden Fastenzeiten, wie beim »Intervallfasten«, werden täglich und somit ein Leben lang eingehalten.
Außerdem steht eine »natürliche« Bewegung im Vordergrund. Nicht das Trainieren für einen Marathon oder übertriebenes Krafttraining sind damit gemeint, sondern dass viel zu Fuß erledigt wird, der Garten selbst bewirtschaftet wird und Küchenarbeiten wie Teigkneten oder Brotschneiden ganz ohne Maschinen auskommen. Die Menschen sind viel an der frischen Luft und in der Sonne. Stress ist ein Fremdwort, Zeitdruck unbekannt und häufige Ruhephasen normal. Die Bewohner der Blue Zones sind gläubig, ihr Leben hat einen Sinn. Sie leben im Hier und Jetzt und haben bis zum Lebensende eine erfüllende Aufgabe. Den Japanern auf Okinawa ist der Begriff Ruhestand völlig unbekannt. Freundschaften werden ein Leben lang gepflegt, und die familiären und freundschaftlichen Bindungen sind sehr eng. Oft leben Generationen nah beieinander, sehen sich täglich und unterstützen sich. Zeit für die Familie und Freunde ist selbstverständlich. Jeder hat im sozialen Gefüge seine Aufgabe und seinen Wert. Jeder wird gebraucht und dafür geliebt und geschätzt.
So bestätigt die Ernährungsweise der Menschen in den Blue Zones auf schöne Weise das zusätzlich durch Forschung bestätigte Wissen, das wir Ihnen in diesem Buch zur Verfügung stellen.
Wie schön wäre es, wenn wir auch zu solch einem Lebensstil finden könnten. Wie schön wäre auch für uns ein einfaches, entschleunigtes Leben im natürlichen Rhythmus der Natur, eine Ernährung ohne Leid für Mensch und Tier in gegenseitiger Achtung und in Verantwortung gegenüber unserer Erde. Je mehr Sie davon umsetzen können, desto wahrscheinlicher wird ein hohes Alter in wohltuender Gesundheit.
Lebenserwartung
Die Lebenserwartung des Menschen wird durch genetische Veranlagungen sowie durch Lebensführung und die sozioökonomische Situation, vor allem aber durch Ernährung beeinflusst. Trotzdem kann es natürlich keine Gewähr dafür geben, dass durch gesundheitsbewusstes Verhalten ein hohes Alter erreicht wird – die Wahrscheinlichkeit ist allerdings erheblich höher.
Als Folge von Fortschritten in der Medizin und der Hygiene sowie der Sicherstellung einer ausreichenden Ernährung ist die Lebenserwartung seit Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland und vergleichbar entwickelten Ländern kontinuierlich angestiegen. Die Gründe dafür sind die verringerte Säuglings- und Kindersterblichkeit, die Prävention bzw. Behandlungsmöglichkeit von Infektionskrankheiten, eine verbesserte Ernährung, aber auch lebensverlängernde Maßnahmen durch Medikamente, Ersatzorgane und weitere Errungenschaften.
Der Anstieg der Lebenserwartung ab der Geburt sagt nichts darüber aus, ob die längere Lebensdauer mit mehr Lebensjahren in Gesundheit einhergeht oder möglicherweise mit vermehrtem Auftreten von Krankheiten und gesundheitlichen Einschränkungen vor dem Tod.
Zahlreiche chronische Krankheiten wie Übergewicht, Diabetes Typ 2, Hypertonie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Arteriosklerose, Schlaganfälle und Herzinfarkte sowie viele Krebserkrankungen werden wesentlich durch Ernährung und Lebensstil beeinflusst, mindern die Lebensqualität und verkürzen die tatsächliche Lebensdauer. Mit hauptsächlich pflanzlichen Kostformen werden viele der bekannten Risikofaktoren für diese Erkrankungen reduziert oder ganz vermieden. Immer mehr Menschen wenden sich aus gesundheitlichen Gründen einer pflanzlichen Ernährung zu. Der in vielen Bereichen dokumentierte bessere Gesundheitsstatus von Pflanzenessern geht mit einer höheren Lebenserwartung einher, überwiegend in guter Gesundheit. So beträgt die Lebenserwartung von Männern der überwiegend vegetarisch und vegan lebenden Adventisten in Nordamerika fast zehn Jahre mehr als der Durchschnitt der fleischessenden männliche Nicht-Adventisten.136
Veganer und Vegetarier sind meist gesundheitsbewusster, rauchen in der Regel weniger, trinken weniger Alkohol und treiben meist mehr Sport als die Allgemeinbevölkerung. Auch gesundheitsbewusste Nicht-Vegetarier verzehren deutlich weniger Fleisch als die Allgemeinbevölkerung. Beide Gruppen haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sowohl eine verringerte Sterberate als auch langfristig eine bessere Lebensqualität. Entscheidend für die Lebenserwartung ist nicht nur der komplette Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte, sondern auch der vermehrte Verzehr qualitativ hochwertiger pflanzlicher Lebensmittel.
Ernährungsmuster ohne bzw. mit einem niedrigen Fleischverzehr (< einmal pro Woche) und einem hohen Verzehr pflanzlicher Lebensmittel erhöhen die Lebenserwartung, während ein hoher Fleischverzehr die Lebenserwartung senkt.
Die Lebenserwartung nimmt seit einigen Jahrhunderten in vielen Ländern der Welt stetig zu. Es fällt aber auf, dass in einigen Ländern die Lebenserwartung bereits wieder abnimmt. Betroffen sind u.a. Russland (Alkoholkonsum) und USA (Drogen, Selbstmord, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Atemwege und des Gehirns). In den USA sind die Todesfälle durch Krankheiten überwiegend auf die schlechten Ernährungsgewohnheiten zurückzuführen.
Klartext
Die Lebenserwartung wird von der Veranlagung, der Umwelt und dem Lebensstil beeinflusst. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die Gesundheit ist die Ernährung. Unter den gleichen Lebens- und Umweltbedingungen leben Pflanzenesser länger als Fleischesser und haben im Alter eine deutlich längere Zeit mit einer guten Lebensqualität.
II.
Gesund ist die Ernährung, die genetisch am besten zu uns passt
1. So hat die Ernährung den Menschen in der Evolution geprägt
Es ist bekannt, dass der Mensch in der Lage ist, verschiedenste Nahrungsquellen zu nutzen. Damit wird seine Arterhaltung in fast allen Ernährungssituationen der Evolution gesichert. Ein genialer Schachzug der Natur. Auch wenn er aufgrund seines Verdauungstrakts vorwiegend für die Pflanzenkost ausgerüstet ist, so war für die Nahrungsmittelauswahl stets vor allem das lokale Nahrungsangebot bestimmend.
Diesem Angebot haben sich die Vorfahren des Menschen über Jahrmillionen hinweg angepasst. Die Nahrungsmittelauswahl von bis vor kurzem noch lebenden Naturvölkern verschiedener Regionen der Erde belegt das weite Spektrum: So ernährten sich die ursprünglich lebenden Inuits primär von Fischfang und Jagd. Allerdings war ihre Lebenserwartung gering. Die Naturvölker in tropischen Regionen verzehrten überwiegend pflanzliche Nahrung. Ihre Lebenserwartung war deutlich höher als die der Inuits. Hier drängt sich folgender Gedanke auf. Dass wir Omnivoren, also Allesesser, sind, ist zwar korrekt, aber das bedeutet noch lange nicht, dass wir auch tierische Nahrungsmittel brauchen, um zu überleben. Es ist lediglich der Garant des Fortbestands der Gattung Mensch in Zeiten, in denen pflanzliche Nahrung eine Rarität ist. Während der gesamten Entwicklung des Menschen überwog die Pflanzenkost, das spiegelt sich in unserer Anatomie und Physiologie wider.
Vor etwa vier bis fünf Millionen Jahren verließen die ersten Primaten die Bäume, um sich mit aufrechtem Gang die Savanne Afrikas als Lebensraum zu erschließen. Die Nahrung bestand weiterhin aus Früchten und Blättern, dazu Samen und Wurzeln. Es wird vermutet, dass auch Kleinlebewesen und Eier verzehrt wurden, vielleicht auch Fische.
Der erste Vertreter der eigentlichen Gattung Mensch (Homo) trat vor etwa 2,5 Millionen Jahren auf. Diesem Homo rudolfensis