Kleines Buch der Symbole - Anselm Grün - E-Book

Kleines Buch der Symbole E-Book

Anselm Grün

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Beschreibung

Die Farbe Rot oder die Zahl sieben, Baum oder Feuer, Taube oder Fisch, Auge oder Sonne:  Lebenswissen – auch Glauben – ist mit Bildern, Zeichen und Symbolen verbunden. Anselm Grün hilft verständlich alte Bild-Botschaften zu entschlüsseln. Er erschließt so einen neuen oder vertieften Zugang zur Tradition – und zum eigenen Leben. Menschliche Erfahrung und eine ganze Welt hinter den Dingen wird wieder sichtbar. Es ist faszinierend, wie er diese alten Bilder mit existentieller Bedeutung verknüpft und ihre spirituelle Relevanz für unser Leben heute aufzeigt.  Altes Wissen neu entdeckt. Kenntnisreich, informativ, anschaulich.

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Seitenzahl: 193

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© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2024

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Gesamtgestaltung und Satz: Sabine Hanel, Gestaltungssaal, Rohrdorf

Umschlagmotive: © Daria Zagrebova/GettyImages; © Dicky Arnanda/shutterstock Vignetten Innenteil: © Aleksei Gur/GettyImages; © alexkava/GettyImages; © Anna Pylypets/GettyImages; © arcady_31/GettyImages; © Chorna Olena/GettyImages; © chrupka/GettyImage; © Daria Zagrebova/GettyImages; © Dicky Arnanda/shutterstock; © Foxys-Graphic/GettyImages; © Gyzele/GettyImages; © Hein Nouwens/ GettyImages; © Ida Setyorini/GettyImages; © IkonStudio/Getty-Images; © LadadikArt/GettyImages; © Maksym Rudoi/GettyImages; © Sabine Hanel/Gestaltungssaal; © Serhii Brovko/GettyImages; © slalomp/GettyImages; © Springsky/GettyImages; © S-S-S/GettyImages

Konvertierung: Newgen Publishing Europe

ISBN Print 978-3-451-39796-7

ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-83442-4

Inhalt

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Alpha und Omega

Altar

Anker

Auge

Baum

Berg und Tal

Blumen

Boot und Schiff

Brot

Buch

Drei und Vier

Eins und Zwei

Elf und Zwölf

Essen

Fackel

Farben

Feuer

Fisch

Fünf und Sechs

Glocke

Gold

Hand

Haus

Herz

Himmel

Kelch

Kerze

Kind

Kirchenraum

Knien

Kranz

Kreuz

Lamm

Leuchter

Mond und Sterne

Netz

Neun und Zehn

Pflanzen, Heilpflanzen

Regenbogen

Ring

Rose

Schlüssel

Sieben und Acht

Sonne

Tag und Nacht

Taube

Taufbecken

Tisch

Türe

Turm

Wasser

Weihrauch

Wein

Über die Autoren

Über das Buch

Symbole verstehenVorwort

Symbole spielen vor allem auch in der Religion eine wichtige Rolle, bis heute. Sie öffnen unser heute so oft im Oberflächlichen verhaftetes Bewusstsein nicht nur für das Unbewusste, sondern auch für das Nicht-Fassbare, für das Geheimnis, für Gott. Sie können unser zersplittertes und zerrissenes Dasein zur Ganzheit führen. Für Jung haben die Symbole – ähnlich wie der erwähnte Brauch bei den Griechen – immer eine einigende Funktion. Sie verbinden das Bewusstsein mit dem Unbewussten, das Irdische mit dem Göttlichen, das Menschliche mit dem Transzendenten. Für ihn ist das Symbol zugleich ein Umformer: Es überführt die Libido aus einer niederen in eine höhere Form. Die „Libido“ wird von Jung nicht nur im sexuellen Sinne verstanden, sondern meint die gesamte vitale und instinktive Energie. Die Lebenskraft der Leidenschaften wird also durch das Symbol in eine spirituelle Energie umgeformt.

Symbole kommen nicht nur in den Mythen und Märchen vor. Für uns Christen ist auch das wichtigste Buch, die Bibel, voller Symbole. Wir verstehen die Bibel schließlich nur, wenn wir sie nicht nur rein historisch lesen, sondern auch symbolisch verstehen. Das, wovon die Bibel erzählt, ist geschehen. Aber das Faktische bekommt nur dann eine Bedeutung für uns, wenn es auch gedeutet wird. Das symbolische Verständnis findet im Historischen Bilder für unsere Seele. Auch die Liturgie, die Feste des Kirchenjahres und das religiöse Brauchtum sind voller solcher Symbole. Die sprechen nicht nur den Verstand und das Herz an, sondern sie wirken bis in das Unbewusste hinein, sodass der Glaube den ganzen Menschen durchdringt. Wieder mit C. G. Jung gesprochen: Die Symbole bringen uns in Berührung mit der Weisheit unserer Seele.

Wir sind heute in Gefahr, durch die wachsende Bilderflut den Sinn für die Symbole zu verlieren. Sie werden eingeebnet unter die vielen Zeichen und Bilder, die ohne tiefere Bedeutung sind. Alles ist Information. Aber unsere Sprache verarmt, wenn sie zur bloß auf Objektives und Sachliches ausgerichteten Informationsvermittlung wird. Die permanente Informationsflut über alles Mögliche macht uns zudem orientierungslos. Eine Sprache, die uns wirklich in der Tiefe berührt, arbeitet immer mit Bildern. Die Herkunft dieser Bilder kann ganz vielfältig sein und alles beinhalten, was wir als „bedeutsam“ einstufen und verstehen: das können geschöpfliche Wirklichkeiten sein wie Tiere oder Pflanzen, aber auch menschliche Handlungen oder Haltungen ebenso wie Orte, Kleider, Töne, Zahlen, Farben, Gerüche oder Abstrakta wie Zahlen. Bilder „bilden“ sich „ein“ in unser Inneres und bringen uns in Berührung mit den inneren Bildern unserer Seele. Nach Platon besteht Bildung ja nicht darin, vieles zu wissen, sondern sich gute Bilder einzubilden. Erst sie decken das einmalige Bild in uns auf, das Gott sich von jedem gemacht hat. Oder in der Sprache Platons: Sie lassen die Ideen Gottes in uns aufleuchten.

Die Gefahr besteht nicht nur darin, dass uns durch das Unverständnis für die Symbole kulturelles Wissen verloren geht. Eine rein rationale Sprache bleibt im Kopf, aber sie dringt nicht in unsere Seele ein. Das gilt natürlich auch für die religiöse oder die theologische Sprache. Die griechischen Kirchenväter haben immer eine bildhafte Sprache gesprochen. Sie berührt uns noch heute. Eine Sprache, die sich nur auf ein rationales Argumentieren verlässt, bewirkt nichts in uns. Für C. G. Jung ist klar: Es geht darum, dass die bildhafte und symbolische Sprache uns in Berührung bringen will mit der Weisheit unserer Seele. Und wer gegen die Weisheit der Seele verstößt – und sei es mit noch so vielen rationalen Argumenten –, der ist in Gefahr, ruhelos, rastlos und neurotisch zu werden. So die Erfahrung und die Einsicht der Tiefenpsychologie.

Die Symbole öffnen unseren Blick für eine andere Sicht auf die Welt. Die Welt wird, wenn wir uns auf sie einlassen, auf einmal durchsichtig auf das Geistige, auf das Göttliche hin. Auf einmal bekommt alles eine tiefere Bedeutung. Das gilt nicht nur für Gegenstände, sondern auch für die elementaren Vorgänge unseres Lebens, wie Essen und Trinken, Geburt und Tod oder das Leben mit der Natur. Alles bekommt eine andere Dimension. Die Symbole zentrieren unseren Blick auf das Wesentliche, auf das, worauf es wirklich ankommt in unserem Leben. Und sie erinnern uns, wenn wir sie mit den Augen des Glaubens sehen, daran, dass wir immer und überall unter dem Segen Gottes stehen, dass er uns in allen und durch alle Dinge etwas sagen möchte. So ist auch der Ring, den Eheleute tragen, nicht nur das Symbol für die Liebe zwischen ihnen, sondern erinnert beide auch daran, dass ihre endliche und begrenzte Liebe teilhat an der unendlichen Liebe Gottes. Und das Kreuz, das wir als Anhänger an einer Kette tragen, ist nicht nur ein Zeichen, dass wir Christen sind. Es erinnert uns auch daran, dass wir umarmt sind von der Liebe Jesu, die am Kreuz zur Vollendung kommt, und dass wir nie allein sind, dass Christus immer mit uns ist. Gerade in unserer Welt, in der wir uns oft alleingelassen fühlen, können uns die Symbole also helfen, die liebende und heilende Gegenwart Gottes in allen alltäglichen Situationen zu spüren.

In diesem Buch versuche ich, die Symbole in ihrer Vielfalt erst einmal zu beschreiben. Ich frage, welche Bedeutung sie auch in anderen Kulturen und Religionen haben, dann aber auch, welche Bedeutung ihnen das Christentum gegeben hat. Denn die Symbole bringen uns in Berührung mit den archetypischen Bildern in unserer Seele, die, gerade weil sie uns zentrieren, eine heilsame Wirkung auf uns ausüben. Immer wieder beziehe ich mich auch auf die Bedeutung der Symbole in der Bibel. Denn die Bibel ist voll von Symbolen. Und wenn wir biblische Texte symbolisch deuten, dann verstehen wir viele von ihnen auf einmal tiefer und besser. Und wie das deutsche Wort „verstehen“ andeutet: Dann können wir besser auch zu uns stehen, dann finden wir einen besseren Stand in unserem Leben.

Ich beschreibe auch Erfahrungen, die wir mit den Symbolen machen. Das ist natürlich ein subjektiver Zugang. Jeder erlebt die Symbole anders, und für die Einzelnen sind vermutlich je verschiedene Symbole bedeutsam. Von der eigenen Lebensgeschichte her sind vielleicht manche Symbole auch mit negativen Botschaften verknüpft. Da ist es für mich wichtig, die befreiende und heilende Botschaft von Symbolen zu beschreiben. Persönlich spüre ich immer wieder, wie mich Symbole ansprechen, wie sie etwas in meiner Seele berühren, wie sie mir mehr Hoffnung und Zuversicht schenken.

Auch die hier vorgestellte Auswahl der Symbole ist natürlich subjektiv. Es gäbe sicher noch viele andere Symbole. Ich habe die Symbole ausgesucht, die mir spontan eingefallen sind, weil sie mir besonders wichtig geworden sind. Und ich hoffe, dass Sie, liebe Leserin, lieber Leser, mit diesen ganz unterschiedlichen Symbolen etwas anfangen können, dass die Deutung auch Ihr Herz berührt und Ihnen eine neue Sicht auf das Leben ermöglicht, eine Sicht voller Hoffnung und Zuversicht – und die Gewissheit, dass Gottes heilende Liebe Sie immer und überall umfängt und begleitet.

· Alpha und Omega ·

Wenn wir heute umgangssprachlich und bildhaft vom „A und O“ sprechen, meinen wir in der Regel „den Kern“ von etwas oder die Quintessenz einer Sache, etwas, was Anfang und Ende umfasst und symbolisch jedenfalls etwas Umfassendes bedeutet. Die Rede vom „A und O“ hat aber auch eine besondere religiös-symbolische Bedeutung und eine theologische Geschichte. Denn das Christusmonogramm, das aus einem I (für Jesus) und einem Ch (für Christus) besteht, wird oft auch in Verbindung mit den beiden Buchstaben Alpha und Omega aus dem griechischen Alphabet dargestellt. Dieses Monogramm findet sich schon früh in urchristlichen Darstellungen. Es wurde im 4. Jahrhundert sogar auf Münzen eingeprägt. Und noch heute finden wir es in der christlichen Kunst.

Symbol für das Allumfassende

Als der Anfangs- und der Endbuchstabe des klassischen griechischen Alphabets wurden Alpha und Omega zum Symbol für das den Anfang und das Ende Umschließende und damit für Gott selbst, aber auch für die umfassende Wahrheit: also für alles, was es zu sagen gibt.

Im zweiten Teil des Buches Jesaja kommt die Kennzeichnung „Erster und Letzter“ als Gottesattribut vor (Jes 44,6). Die Offenbarung des Johannes nimmt diese Bezeichnung auf und bezieht sie auf Jesus. Dort sagt Jesus selbst von sich: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“ (Offb 22,13). Wenn in der christlichen Kunst Christus mit den beiden Buchstaben Alpha und Omega dargestellt wird, geht das auf diese Selbstbeschreibung Jesu zurück. Dargestellt ist jedoch nicht seine Person. Das Christusmonogramm steht als Symbol für Schöpfung und Vollendung in der Person Jesu.

Schöpfung und Vollendung

Für Christen bedeuten diese beiden Buchstaben: Jesus ist der Anfang. Im Anfang hat Gott die Welt durch sein Wort geschaffen, das in Jesus Fleisch angenommen hat. So steht Jesus also auch am Anfang der Schöpfung. Aber in diesem symbolischen Verständnis steht er auch am Anfang jedes menschlichen Lebens. Von der Geburt an begleitet uns Jesus. Und er ist die Verheißung, dass er in uns immer wieder einen neuen Anfang setzt. Doch Jesus ist auch das Omega, die Vollendung. Er kommt nicht nur am Ende der Welt, um alles Disparate und Getrennte zusammenzuführen. Er bringt uns auch in unserer Brüchigkeit immer wieder zur Vollendung. Er fasst die vielen Buchstaben unseres Lebens, aus denen unsere Lebensgeschichte besteht, zu einem Sinnzusammenhang zusammen. So bekommt das Fragmentarische in unserem Leben wieder etwas Ganzes. Es wird in dieser symbolischen Vorstellung zusammengefügt durch Jesus.

Weg der Ganzwerdung

Und noch eine symbolische Botschaft steckt in diesen beiden Buchstaben: Jesus ist bei uns am Anfang und am Ende, aber auch auf unserem gesamten Lebensweg zwischen Anfang und Ende. Es gibt keinen Augenblick in unserem Leben, der nicht von ihm und seiner befreienden Botschaft begleitet wird. Er ist immer bei uns, vom Anfang bis zum Ende. Das nimmt uns allen Schrecken vor dem Ende. Unser Ende wird durch Jesus zur Vollendung, zur Ganzwerdung.

· Altar ·

In allen Religionen gibt es den Altar als Ort des Heiligen. Im Christentum versammelte sich die Gemeinde in Erinnerung an die Abendmahlfeier Jesu um den „Tisch des Herrn“. Erst als man Kirchen als dauerhafte öffentliche Gebäude errichten konnte, trat an die Stelle eines tragbaren Tisches aus Holz ab dem 4. Jahrhundert mehr und mehr ein mit dem Boden fest verbundener Altar mit einer steinernen Tischplatte.

Spirituelles Zentrum

Der Abendmahlstisch

Im Christentum wurde der Altar in der Liturgie durch den Abendmahlstisch ersetzt. Jesus hielt sein letztes Mahl ja an einem Tisch. Der Tisch ist nicht nur Symbol für die gemeinsame Mahlzeit, manchmal ist er auch Symbol einer auserwählten Gemeinschaft. So kennt die Sage die Tafelrunde des Königs Artus. Im Christentum wurde dieses Bild des Tisches verwendet, um das Geheimnis der Eucharistie, des eucharistischen Mahles zu bezeichnen. Gemeint ist damit: Wir sind von Christus an seinen Tisch geladen. Christus selbst will sich uns zur Speise und zum Trank geben in den Gestalten von Brot und Wein. Er will mit uns noch tiefer verbunden sein, als es etwa bei der Tafelrunde des Königs Artus der Fall war, die durch ein geheimes Wissen miteinander verbunden war. Wir werden am Tisch des Herrn eins mit Christus und in Christus auch miteinander.

Altartisch und Tischaltar

Im Laufe der christlichen Geschichte wurden Altar und Tisch oft zusammen gesehen. Man spricht daher auch vom Altartisch. In der Romanik schufen die Künstler den Tischaltar, der auf fünf Säulen ruhte. Die Theologie hat Altar und Tisch dadurch verbunden, dass sie vom eucharistischen Opfer sprach. Christen bringen aber keine Opfer dar wie die jüdischen Priester. Sie feiern vielmehr die Hingabe Jesu am Kreuz als den Grund, aus dem wir leben können. Jesus versteht seine Hingabe als Freundschaftsdienst: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn jemand sein Leben hingibt für seine Freunde“ (Joh 15,13). Weil Jesus sein Leben für uns hingegeben hat, können wir uns als seine Freunde fühlen. Und wir spüren, dass wir wertvoll sind, so wertvoll, dass einer für uns sein Leben aufs Spiel setzt. Aber wir feiern die Hingabe Jesu auch als Urbild für unser Leben. Auch unser Leben wird nur gelingen, wenn wir uns mit Jesus hingeben: an Gott, an die Menschen, an unsere Aufgaben, die wir zu erfüllen haben.

Ein heiliger Ort

Die Christen haben die Vorstellungen, die sie in anderen Religionen vorfanden, christlich umgedeutet. Wir müssen auf dem Altar keine Opfer darbringen. Der Altar ist vielmehr ein heiliger Ort für uns. Er erinnert uns an die Hingabe Jesu am Kreuz. Als heiliger Ort ist der Altar der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, an dem sich für uns der Himmel öffnet. Die Christen haben die Liebe zum Altar von den Psalmen Israels übernommen. Da singt etwa im Psalm 43,4 der Beter: „So will ich zum Altar Gottes treten, zum Gott meiner Freude.“ Der Altar ist ein Ort der Heimat bei Gott. So heißt es im Psalm 84: „Mein Herz und mein Fleisch, sie jauchzen hin zu Gott, dem Lebendigen. Auch der Sperling findet ein Haus, ein Nest die Schwalbe, um ihre Jungen zu hegen bei deinen Altären“ (Ps 84,3f). Mit der Etablierung der Steinaltäre wurde auch die Rede von Christus als Leben spendender Fels (1 Kor 10,4) oder Eckstein (1 Petr 2,7f) symbolisch auf den Altar bezogen.

Bild der Gemeinschaft

Der Altar als Tisch des Herrn, der daran erinnert, dass Jesus am Abend vor seinem Tod mit den Jüngern ein Mahl hielt, ist ein Bild der Gemeinschaft – auch mit Christus. Wenn der Priester die heilige Messe anfängt, küsst er zuerst den Altar. Der Altar ist für ihn ein Bild für Christus selbst. Damit ist ausgedrückt: Er küsst seine Liebe, die im Altar für ihn sichtbar geworden ist – einmal in der Hingabe, die wir in der Eucharistie feiern, zum anderen im gemeinsamen Mahl, das uns mit ihm verbindet. Was wir auf dem Altar der Kirche feiern, das soll weitergehen am Tisch der Familie. Auch da sollen wir die innere Verbundenheit in der Liebe spüren, in einer Liebe, die größer ist als unsere Gefühle. Wenn der Tisch generell Symbol menschlicher Verbundenheit ist, so drückt die am Altar gefeierte Liturgie die universale Verbundenheit aus.

(Vgl. auch: Tisch)

· Anker ·

Sicherung in festem Grund

Ein Anker macht das Schiff auf dem Grund fest und sichert es so auch in tiefem Gewässer oder in gefährlicher Strömung. Bei starkem Wind oder Sturm bedeutet der Anker den einzigen Halt für das Schiff. Übertragen spricht man auch davon, dass jemand eine feste Beziehung zu einem anderen Menschen eingeht – dass er oder sie im sicheren „Hafen der Ehe“ vor Anker geht. (Daher findet man das Bild des Ankers bisweilen auch als Liebessymbol.) Das nautische Instrument des Ankers wurde in der christlichen Tradition aber auch zu einem Symbol der Hoffnung und Zuversicht. Auf Grabdenkmälern findet man den Anker oft dargestellt als Bild für die Hoffnung, dass der Verstorbene nach der Fahrt auf dem Meer des Lebens mit all seinen Unwägbarkeiten sicher am Ziel seines Daseins ankommt. Es ist also ein Bild, das die Zuversicht für den Verstorbenen und die Hoffnung auf Auferstehung ausdrückt. Es besagt: Auch wenn wir sterben, bleiben wir in Gottes Liebe verankert, sind wir von seiner Treue fest gehalten.

Daseinsangst und Hoffnung

Der Hebräerbrief gebraucht das Bild vom sicheren Anker, den Gott in unsere Seele gesenkt hat und der uns immer wieder daran erinnert, dass wir eine innere Verbindung haben mit dem himmlischen Heiligtum, in das Jesus durch seinen Tod und seine Auferstehung eingetreten ist: „In ihr (der Hoffnung) haben wir einen sicheren und festen Anker der Seele, der hineinreicht in das Innere hinter dem Vorhang. Dorthin ist Jesus für uns als unser Vorläufer hineingegangen“ (Hebr 6,19f). Der Anker der Hoffnung verbindet das innere Heiligtum auf dem Grund unserer Seele mit dem himmlischen Heiligtum, in dem Christus wohnt. Der Anker ist das Symbol der Sicherheit, der das Lebensschifflein in allen Stürmen vor dem Stranden bewahrt. Hinter diesem Bild, das der Hebräerbrief hier benutzt, steht die Daseinsangst der von der mittelmeerischen Wirklichkeit geprägten antiken Welt, wo man den Anker (neben dem Dreizack) auch dem Meeresgott Neptun als Attribut beigegeben findet. Was der Anker für das vom Sturm bedrohte Schiff ist, das ist für Christen die durch Jesus verbürgte Hoffnung auf eine durch Gott gewährleitete Sicherheit für die angefochtene Existenz des Menschen.

Ein Bild für unser Leben

Der Anker reicht tief in den See hinab, bis er Grund findet. Das ist ein schönes Bild für unser Leben. Wenn wir in uns hineinschauen, bis in die Tiefen des Unbewussten, dann brauchen wir keine Angst zu haben. Der Anker reicht bis in den Grund unserer Seele. Und dort sind wir in Gott verankert. Diese Verankerung gibt uns Halt und macht unsere tiefste Identität aus: Ein Mensch, der in Gott verankert, mit ihm tief verbunden ist, ist sicher und strahlt auch selbst Sicherheit, Beständigkeit und Treue aus. Er gibt auch anderen Menschen Halt. Die frühen Christen haben das Bild des Ankers daher oft auch mit dem Kreuzsymbol verbunden, indem sie noch eine Querstange eingefügt haben. So wurde das Ankerkreuz in der christlichen Tradition zum Symbol dafür, dass das Kreuz Jesu Christi uns Halt und Standhaftigkeit schenkt: Es lässt uns, so das symbolische Verständnis, auch in den Stürmen unseres Lebens nicht untergehen.

· Auge ·

Vielfältige Vorstellungen

Das Auge ist für viele Kulturen und Religionen ein zentrales Symbol, das mit dem Licht der Sonne verbunden wird. Die Griechen etwa hatten die Vorstellung, dass das Auge Sonnenstrahlen aussendet. Das Auge ist für viele, vor allem auch archaische Kulturen zudem mit der Macht des Blicks verbunden und mit einer quasi magischen Qualität ausgestattet. Die Angst vor dem „bösen Blick“, der Schaden stiftet, findet sich wahrscheinlich schon in prähistorischer Zeit. In vielen Religionen ist das Auge aber auch ein Symbol für die geistige Schau. Verbundene Augen können ein Symbol für fehlende Erkenntnis sein und Blindheit gegenüber der Wahrheit ausdrücken. Sie können aber auch die Gerechtigkeit „ohne Ansehen der Person“ symbolisieren. Das Auge wird zudem oft auch als und Spiegel der Seele verstanden.

Das einfache Auge

Jesus sagt: „Dein Auge gibt dem Körper Licht“ (Lk 11,34). Er greift die alte symbolische Vorstellung vom Auge als Spiegel der Seele auf: „Wenn dein Auge einfach (haplous) ist, dann wird auch dein ganzer Körper hell sein. Wenn es aber böse ist, dann wird dein Körper finster sein“ (Lk 11,34). Wir kennen den Unterschied vielleicht aus eigener Erfahrung: Es gibt Menschen, die scheinen einen mit ihrem Blick zu durchbohren. Andere haben einen begehrlichen Blick, wieder andere einen aggressiven oder feindlichen: Sie wollen einen gleichsam mit ihrem Blick töten. Das Auge soll jedoch – so sagt dagegen Jesus – einfach sein. Es soll seinem Wesen entsprechen und die Welt und die Menschen so anschauen, wie sie sind, ohne Nebenabsichten, ohne in den anderen eindringen oder ihn analysieren zu wollen. Das einfache Auge lässt die Menschen und Dinge, wie sie sind. Es ist ein Auge, das alles mit Liebe anschaut und so die Schönheit der Dinge und der Menschen erkennt. Ein böses Auge verurteilt andere, möchte sie für sich besitzen, benutzen, in sie eindringen. Das böse Auge führt zu einer negativen Ausstrahlung des Menschen: Mit so einem Menschen möchte man nichts zu tun haben. Wenn jemand aber mit einem einfachen und liebenden Auge schaut, dann hat er auch für andere eine wohltuende Ausstrahlung.

Jesus spricht in der Bergpredigt auch vom rechten Auge, das einem zum Bösen verführt (Mt 5,29). Das rechte Auge möchte alles haben, alles besitzen. Jesus fordert uns auf, es auszureißen. Das dürfen wir nicht wörtlich verstehen. Wir müssen das rechte Auge zurückdrängen, damit das linke Auge zum Zuge kommt. Das linke Auge lässt die Dinge so, wie sie sind, es empfängt, es staunt, es schaut voller Liebe auf die Menschen. Das linke Auge wird oft mit dem Mond in Verbindung gebracht. Es ist das weibliche Auge, das empfängt, das mütterlich wohlwollend auf die Menschen schaut.

Der liebende Blick - Schauen als Behüten