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In diesem exklusiven E-Book erzählt Christine Cazon die Vorgeschichte ihrer beliebten Léon Duval-Krimis. Die meisten Freunde von Léon Duval wissen, dass der Commissaire aus Paris nach Cannes gezogen ist. Aber warum eigentlich? Was hat ihn dazu veranlasst, seinen Posten in der Hauptstadt aufzugeben und an die Côte d'Azur zu ziehen? Die, die neue Fans der Reihe werden wollen, können auch gleich in seinen ersten Fall »Mörderische Côte d'Azur« reinlesen. Bisher sind in der Reihe 9 Bände erschienen: - Mörderische Côte d'Azur - Intrigen an der Côte d'Azur - Stürmische Côte d'Azur - Endstation Côte d'Azur - Wölfe an der Côte d'Azur - Das tiefe blaue Meer der Côte d'Azur - Vollmond über der Côte d'Azur - Lange Schatten über der Côte d'Azur - Verhängnisvolle Lügen an der Côte d'Azur
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Seitenzahl: 81
Christine Cazon
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Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Über Christine Cazon
Über dieses Buch
Impressum
Hinweise zur Darstellung dieses E-Books
Widmung
Kommissar Duval – Abschied von Paris
Leseprobe zu Christine Cazon - Mörderische Côte d’Azur
Inhaltsverzeichnis
Für Vici und Julien
Inhaltsverzeichnis
»Es tut sich was!« Der Kollege sprach leise in das Funkgerät. »Da kommt eine Frau mit einem Hund. Ich weiß nicht, ob sie es ist … doch, sie ist es.« Seine Stimme war heiser. »Sie hat eine blonde Perücke auf. Sie schaut in den Briefkasten. Jetzt kommt sie raus.« Er flüsterte nur noch. »Sie schaut nach rechts und nach links. Sie geht nach links, nicht Richtung Metro. Sie führt den Hund aus. Jetzt sehe ich sie nicht mehr.«
»Ok. Bleib da, ganz ruhig. Sie sondiert die Lage. Sie wird sicher gleich zurückkommen.«
»Hier Charly Zwo«, meldete sich der Kollege, der an der Straßenecke in einem Peugeot 308 saß: »Hab sie im Visier. Sie nimmt die Rue de L’Église. Vermutlich will sie mit dem Hund eine Runde im Park drehen. Soll ich ihr folgen?«
»Nein, bleib, wo du bist. Das ist vielleicht ein Ablenkungsmanöver. Bleibt alle wachsam, vor allem du, Jojo.«
»Sicher.«
Eine Weile blieb alles ruhig. Alle warteten angespannt. Dann kratzte es leicht im Funkgerät: »Hier Charly Zwo, sie ist auf dem Rückweg. Müsste gleich bei dir auftauchen, Jojo.«
»Ja, hab sie.« Jojo sprach leise. »Sie kommt näher. Jetzt bleibt sie stehen, der Hund schnüffelt, und sie schaut die Straße hoch und runter.«
»Jojo?«, fragte Duval. »Jojo, hörst du mich?« Aber für einen Moment war die Verbindung unterbrochen. Jojo hatte das Funkgerät ausgeschaltet.
»Jojo?«, fragte Duval trotzdem wie gewohnt. »Jojo, wir hören dich nicht.« Das Funkgerät kratzte leise. Jojo war wieder da. Er seufzte tief auf: »Oh Mann, sie stand mit ihrem Köter direkt vor dem Lieferwagen, der Köter hat an den Reifen gepisst. Jetzt ist sie reingegangen.«
»Bleib wachsam Jojo, ich spür’s, es wird losgehen. Sie hat die Lage gecheckt und wenn sie dich nicht entdeckt hat, dann kommt er jetzt raus, oder alle beide. Sobald er seine Nasenspitze sehen lässt, geht es los, ist das klar?«
Aber Louis Julien, wegen seiner roten Haare auch ›Loulou der Fuchs‹ genannt, ließ auf sich warten. Warten. Immer nur warten. Achtzehn Monate dauerte es jetzt schon. Seit achtzehn Monaten waren sie hinter ihm her. Folgten ihm von Versteck zu Versteck. Zweimal hatten sie bisher zugeschlagen. Aber immer kamen sie gerade zu spät. Einmal war der Kaffee in der Kaffeemaschine noch warm. Und er war ihnen dennoch entwischt. Er hieß nicht umsonst der Fuchs. Seine Taktik bestand darin, sofort bei Ankunft in einem neuen Unterschlupf die Concierge großzügig zu schmieren. Er erzählte ihr eine abenteuerliche Geschichte, er sei Geschäftsmann und die Steuerfahndung sei hinter ihm her, da er dem Finanzamt einen Batzen Geld schulde. Wie zum Beweis drückte er ihr ein dickes Bündel Geldscheine in die Hand und schärfte ihr ein, dass sie ihn unter keinen Umständen je gesehen hätte, ganz egal, was man ihr über ihn erzählte. »Die sind schlau, wissen Sie, die erzählen Ihnen Schauermärchen, um Sie einzuschüchtern, und machen vermutlich mächtig Druck, aber Sie lassen sich nicht davon beeindrucken, nicht wahr? Sie haben mich nie gesehen!«
»Nein«, die Concierge schüttelte folgsam den Kopf.
»Auch wenn ein angeblich guter Freund mir etwas Dringendes zu sagen hat, oder der Postbote ein wichtiges Einschreiben hat oder was auch immer: Sie kennen mich nicht. Sie haben mich nicht gesehen«, wiederholte er, »aber Sie informieren mich umgehend, in Ordnung?«
»In Ordnung«, sagte da noch jede Concierge, geschmeichelt, dass man ihr eine so wichtige Mission anvertraute, und sie steckte das Bündel Geldscheine in ihre Schürzentasche.
So hatte Loulou der Fuchs bislang immer entwischen können. Dass sie diesmal sofort wussten, wo er sich aufhielt und ihn beobachten konnten, verdankten sie dem Umstand, dass die Concierge des sechsstöckigen Wohnhauses aus den Achtzigerjahren mit einem Ordnungshüter liiert war, dem sie sich anvertraute. Allerdings nicht ohne zuvor das angebotene Geld in ihrer Schürzentasche verschwinden zu lassen. Sie beschrieb ihm den großen Mann mit der Sonnenbrille. Sein Kinnbart und die dunklen Haare waren gefärbt, da war sie sicher. Als Frau, die sich selbst seit Jahren die Haare tönte, sah sie so etwas sofort. Der Ordnungshüter hatte genug Fahndungsfotos von Loulou dem Fuchs gesehen, um sofort Verdacht zu schöpfen. Zitternd vor Diensteifer und Aufregung informierte er seinen Vorgesetzten und, wie durch ein Wunder, verlor dieser sich nicht im Dickicht der Zuständigkeiten oder in persönlichem Karrierestreben und wandte sich ausnahmsweise direkt an die Sondereinheit Duvals, und er verschwieg dabei auch nicht den Namen des braven Ordnungshüters Gérard Bonnet, genannt Gégé, von dem er den Hinweis erhalten hatte. Manchmal lief eben alles glatt. Duval verbot Gégé Bonnet, sich in nächster Zeit bei seiner Freundin blicken zu lassen, vor allem in Uniform, außerdem untersagte er bis auf Weiteres alle Polizeistreifen in der Straße. Loulou der Fuchs sollte sich sicher fühlen und nichts, aber auch gar nichts sollte ihn dieses Mal beunruhigen und zu einem vorzeitigen Aufgeben seines Verstecks veranlassen. Duval hoffte inständig, dass die Concierge nicht nervös wurde oder sich anderweitig verdächtig machte, aber bislang hatte sie ihre Doppelrolle gut gespielt.
Dieses Mal hatten sie eine andere Taktik gewählt. Sie wollten ihn schnappen, wenn er das Haus verließe. Denn er würde rauskommen. Es war nur eine Frage der Zeit. Da war sich Duval sicher.
Doch zunächst ließ Loulou der Fuchs noch auf sich warten. Auch seine Freundin, Sylvie Ferrand, eine ehemalige Animierdame, die sein abenteuerliches Leben seit einigen Monaten teilte, tauchte nicht mehr auf. Wie Louis Julien es schaffte, sich auf seiner permanenten Flucht auch noch eine Frau anzulachen, die seine Abenteuer bereitwillig teilte, sogar für ihn ihr Leben riskierte, war Duval ein Rätsel. Aber niemand ließ sich blicken. Duval beschlich ein leiser Zweifel. Hatten sie einen Fehler gemacht? Waren sie unaufmerksam gewesen? War er ihnen etwa entwischt, als sie alle auf seine Freundin gestarrt hatten?
»Jojo hier. Da oben geht jetzt das Licht an.«
Duval atmete auf. Immerhin war er noch da. Die Wohnung, die sie beobachteten, lag im ersten Stock des Appartmenthauses und hatte zwei Fenster zur Straße. Loulou der Fuchs wählte immer nur Wohnungen im ersten Stock, weil er so zur Not noch aus dem Fester springen konnte. Aber fürs Erste saß er da oben. Wenn er es denn war und nicht nur seine Freundin.
»Sie haben die Flimmerkiste eingeschaltet«, ließ sich Jojo wieder hören, »wenn ich das bläuliche Licht richtig deute. Die sitzen da oben schön im Warmen und lassen es sich gut gehen.«
Duval kommentierte es nicht. In den Autos, in denen sich die Polizisten verbargen, war es alles andere als gemütlich, und es war kalt. Noch wollte er die Taktik nicht ändern. Gegen Mitternacht aber beschloss er, die Aktion für dieses Mal abzublasen. »Schluss für heute. Wir ziehen uns zurück. Treffpunkt in zehn Minuten im Bistro an der Metro Felix Faure.«
Ein Kollege nach dem anderen gab sein Versteck auf, und sie trafen sich im Bistro, das, passend zum 15. Arrondissement, nur »Le 15ième« hieß. Alle waren müde und durchgefroren. Der eine oder andere kippte schnell einen Cognac, um sich aufzuwärmen, und Duval fasste sich kurz. »Wir sehen uns wieder hier, morgen früh sechs Uhr, jeder an seinem Platz, wie gewohnt. Legt euch ein paar Stunden aufs Ohr, die Nacht wird kurz, aber wir haben keine andere Wahl. Wir machen vorerst so weiter.«
Pünktlich um sechs Uhr morgens waren wieder alle in ihren Autoverstecken bereit. Der Morgen ähnelte stark dem vom Vortag, außer, dass es etwas weniger kalt war und die Sonne sich hin und wieder blass am Himmel sehen ließ. Sie kannten sich nun aus. Und erwarteten ungeduldig, dass etwas passierte. Das Stadtviertel rund um die Metrostation Felix Faure war dazu diskret abgeriegelt worden. Duval hatte sein Hauptquartier wie schon die letzten Tage in einem weißen Renault Kastenwagen. Neben ihm saß Jean-Luc Bidali, ebenfalls Commissaire, und sein bester Freund.
Zwei weitere bemannte Autos standen in unmittelbarer Nähe des Gebäudes, in dem Loulou Julien sich seit Kurzem aufhielt: Jojo versteckte sich im hinteren Teil eines kleinen Lieferwagens gegenüber dem Eingang, und Charles Bélier, genannt Charly Zwo, in einem Peugeot 308 mit getönten Scheiben befand sich an der Straßenkreuzung der Rue de Javel – Rue Lourmel. Charles Ginesy, genannt Charly Eins und Thomas Delaup, die ihren Platz im »15ième« hatten, standen noch rauchend an der Straßenecke, bis der Wirt des Bistros gegen sieben Uhr ratternd den Eisenvorhang nach oben zog. Hier saßen sie auf Posten im Straßencafé an der Place Pernet, zwischen Metrostation und Taxistand, denn sie vermuteten, wenn Loulou der Fuchs auftauchte, würde er entweder die Metro nehmen oder ein Taxi. Sie würden ihn in die Zange nehmen und er käme nicht mehr davon. Diesmal würden sie ihn erwischen. Das war zumindest der Plan. Ob es sich in der Realität genauso abspielen würde, war ungewiss, aber sie waren alle geschult genug, um jederzeit umdisponieren zu können. Alle Varianten hatten sie durchgespielt. Wieder und wieder, und auch heute war noch genug Zeit, die unterschiedlichen Szenarien zu überdenken, denn sie warteten erneut vergeblich. Loulou der Fuchs erschien nicht. Himmelherrgott, schon zwei Tage, dass er da oben saß und sich nicht rührte. Pizzabringdienste wechselten sich ab. Der Kerl musste doch mal Lust haben, etwas anderes zu essen als Pizza.
»Warum denken Sie an eine Trennung, Hélène?« Die Stimme der Psychotherapeutin war sanft.
»Weil er mir nicht mehr zuhört!« Hélènes Antwort kam ohne Zögern. »Léon lebt ein eigenes Leben, abgespalten von uns. Ich erreiche ihn nicht mehr. Er lebt für seine Arbeit und wir sind nur noch Beiwerk. Manchmal, wenn Léon nach Hause kommt, habe ich den Eindruck, er ist überrascht, dass wir da sind.« Sie sagte es mit einem bitteren Ton und schickte ihm einen aggressiven Blick.