Kommissar Lüppi - Band 2 - Markus Schmitz - E-Book

Kommissar Lüppi - Band 2 E-Book

Markus Schmitz

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2020
Beschreibung

Der Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke, Spitzname Lüppi, und sein Kollege Gerhard Schwarz werden zu einem ermordeten Arzt in einem Hotel gerufen. Bei der ersten Begutachtung stellt sich heraus, der Mediziner war Teilnehmer eines Ärztekongresses, der im Hotel stattfindet. Die beiden Kommissare fangen an sich das Umfeld des Toten anzusehen und ermitteln im Kreis der Kongress-Teilnehmer. Dabei stoßen beiden auf die eine und andere Merkwürdigkeit. Die weiteren Ermittlungen halten für die Kommissare noch einige Überraschungen bereit.

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Seitenzahl: 454

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Kommissar Lüppi - Band 2

Titel Seite123456789101112131415161718

Titel Seite

Kommissar Lüppi

Band 2

Und sie sind alle Schuld

Autor

Markus Schmitz. Ich bin 1964 in Essen geboren und lebe seit einigen Jahren mit meiner Verlobten in Bochum. Von Beruf bin ich Konstrukteur und habe viele Jahre lang Modellbau betrieben. Im Jahr 2016 entschloss ich mich mit dem Modellbau aufzuhören und habe das Schreiben angefangen. Die ersten drei Bücher, die als Schreibversuche angesehen werden müssen, handeln von Motorsport und der organisierten Kriminalität. Kommissar Lüppi ist meine neue Kriminalromanreihe.

Weitere Informationen unter www.MarkusSchmitz.site

Inhaltsangabe

Der Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke, Spitzname Lüppi, und sein Kollege Gerhard Schwarz werden zu einem ermordeten Arzt in einem Hotel gerufen. Bei der ersten Begutachtung stellt sich heraus, der Mediziner war Teilnehmer eines Ärztekongresses, der im Hotel stattfindet. Die beiden Kommissare fangen an sich das Umfeld des Toten anzusehen und ermitteln im Kreis der Kongress-Teilnehmer. Dabei stoßen beiden auf die eine und andere Merkwürdigkeit. Die weiteren Ermittlungen halten für die Kommissare noch einige Überraschungen bereit.

Vorwort

Kommissar Lüppi ermittelt in der Stadt, aus der ich selber stamme, der Stadt Essen im Ruhrgebiet. Die Romanreihe startet im Band 1 am Ostersonntag 1995 und geht ab da weiter. Das noch sehr in den Anfängen befindliche digitale Zeitalter empfand ich als einen Vorteil für die Romane. Das Wort Romanreihe ist dabei wörtlich zu nehmen, da die Bände zeitlich aufeinander folgen. Das heißt, der nächste Band führt die Geschichte da weiter, wo der vorherige aufgehört hat. Der letzte Tag im Band 1 ist der erste Tag im Band 2. Die Bände gehen somit ineinander über.

Um einen leichteren Überblick zu behalten habe ich jeweils Tag, Zeit und Ort bei einem Handlungs- und Ortswechsel eingefügt. Ich habe mir bekannte Orte in dem Roman verwendet. Während des Schreibens bei Band 1 sind mir einige vorkommende Personen so sehr ans Herz gewachsen, dass ich mich gezwungen sah, ihnen die eine und andere Person zur Seite zu stellen.

Diese Geschichte ist reine Fiktion. Die Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Firmen, Hersteller, Orte und Ereignisse entstammen entweder der Fantasie des Autors oder wurden auf fiktionale Weise verwendet. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen, mit Ereignissen und Orte wäre vollkommen zufällig.

Impressum

Texte: ©2020 Copyright by Markus Schmitz

Alle Rechte vorbehalten

Umschlag:©2020 Copyright by Markus Schmitz

Alle Rechte vorbehalten

Verlag:Markus Schmitz

Gertrudenhof 144866 Bochum

www.Schmitz-Sobaszek.de

[email protected]

Druck:epubli - ein Service der neopubli GmbH,

1

5. Juni 1995, Montag, 7.20 UhrEssen Frohnhausen

Lüppi saß mit Marianne am Esstisch und sie tranken zusammen eine erste Tasse Kaffee. Das war in den vergangenen vier Wochen zu einem festen Ritual geworden, was sie unbedingt beibehalten wollten. Sie hatte ihm wieder eine Butterbrotstüte mit Herzchen fertig gemacht, die er mitnahm als beide um zwanzig vor acht aufbrachen. Nach vielen Küssen und Streicheleinheiten trennten sich die beiden nach über vier Wochen das erste Mal wieder, was beiden nicht leichtfiel. Sie sah ihm hinterher als er mit dem Mercedes die Kölner Straße entlangfuhr. Torti machte sich auf den Weg zur Straßenbahnhaltestelle der Linie 109, um zum Büro der Schreinerei zu fahren. Ihr Chef Theo würde bestimmt schon ungeduldig auf sie warten, da waren sich beide sicher gewesen. Lüppi hatte sie gebeten, Theo einen schönen Gruß auszurichten. Sie hatte ihn angesehen und konnte nicht glauben, was sie gehört hatte. So etwas hatte er noch nie zu ihr gesagt. Sie sagte sich auf dem Weg immer wieder den gleichen Satz.

„Einen schönen Gruß ausrichten, ich kann es nicht glauben. So etwas sagt er sonst nie.“

Montag, 8.00 UhrPolizeipräsidium Essen

Auf dem Gang der Kriminalinspektion 1 ging ein Mann, den so noch niemand gesehen hatte. Ihn selbst kannte man dort seit vielen Jahren. Er war ‚bekannt‘ wie man früher sagte. Die blaue Jeans und die braunen Lederschuhe waren nichts Auffälliges. Das blaue Polohemd, was er trug, passte auch. Komisch war allerdings, er trug es über der Hose und nicht drinnen. Das war neu. Er blieb im Türrahmen des gemeinsamen Büros stehen, was er sich mit Gördi teilte. Dieser war bereits da und saß mit einer Tasse Kaffee am Schreibtisch. Das Gördi erst einen Augenblick vorher einen Schluck Kaffee in den Mund genommen hatte war nicht gut, da er Lüppi in einem noch nie dagewesenen ‚Outfit‘ zu sehen bekam. Was dazu führte, dass er den Inhalt aus seinem Mund heraus prustete.

„Guten Morgen, lieber Gördi“, grüßte Lüppi. Den Gruß hätte Gördi gerne erwidert, ging aber nicht in diesem Augenblick. Nachdem er sich den Mund abgeputzt hatte und Lüppi vor ihm am Schreibtisch stand, fragte Gördi: „Wie siehst du denn aus? Was ist denn mit dir passiert?“

„Wieso, was ist denn?“, fragte Lüppi scheinheilig.

„Du hast einen Bart und du trägst eine Baseballkappe?“, fragte Gördi noch immer überrascht.

„Ja, stimmt.“

„Ich dachte, du magst diese amerikanischen Dinge nicht?“

„Marianne hat gemeint, das würde gut aussehen.“

„Marianne? Wieso sagst du jetzt Marianne? Sonst hast du immer Torti, ihren Spitznamen, benutzt?“

„Das ist eine längere Geschichte.“

„Bleibt der Bart und die Baseballkappe jetzt?“, wollte Gördi wissen.

„Ja, schauen wir mal.“ Dann stand Gördi auf und wollte Lüppi die Hand geben, der nahm ihn aber in den Arm. Dieser wusste gar nicht, wie ihm geschah. Das hatte es auch noch nie gegeben, war er sich ziemlich sicher, soweit er sich erinnern konnte.

„Wo ist Peter?“, fragte Lüppi.

„Der hat heute einen Tag Urlaub“, antwortete Gördi. Es vergingen 10 Minuten. Lüppi saß ebenfalls mit einer Tasse Kaffee am Schreibtisch als Kriminalrat Eckerhard Schuster ins Büro kam und wie elektrisiert stehenblieb. Er sah Lüppi an und staunte. Er verließ den Raum wieder und sah vom Gang aus auf das Schild zum Büro. Er las das Namensschild laut vor und kam wieder hinein. Eckerhard ging direkt auf Lüppi zu und blieb am Schreibtisch stehen als dieser aufgestanden war.

„Hallo Lüppi, schön dass du wieder da bist. Ich musste gerade erst einmal nachsehen, ob ich mich im Zimmer vertan habe“, sagte Eckerhard und grinste.

„Hallo Eckerhard, ich freue mich auch euch wiedersehen zu können“, antwortete Lüppi. Eckerhard fasste Lüppi´s Bart an.

„Ja, aber ich weiß noch nicht ob der bleibt. Schauen wir mal“, sagte Lüppi bevor sein Gegenüber etwas sagen konnte.

„Wie kommt es?“, wollte Eckerhard wissen.

„Marianne gefällt es.“

„Und das da?“, fragte Eckerhard und zeigte auf die Baseballkappe.

„Das ist total schick. Das tragen coole Männer heute“, kam als Antwort.

„Wofür stehen die Buchstaben N und Y?“

„Das weiß ich nicht. Das sind einfach zwei Buchstaben“, antwortete Lüppi und wusste es wirklich nicht.

„Das steht für die New York Yankees und bevor ihr zwei jetzt fragt, das ist ein Baseball-Team“, sagte Gördi.

„Das war doch klar, dass es ein Baseball-Team sein muss, ist ja schließlich auch eine Baseballkappe“, erwiderte Eckerhard.

„Genau, denn wäre es ein Formel-Eins-Team würde die Kappe ja auch Formel-Eins-Kappe heißen“, entgegnet Gördi und verdrehte dabei die Augen.

„Gut, dass du wieder da bist. Dann muss ich ab jetzt nicht mehr auf unseren Gerhard aufpassen“, sagte Eckerhard.

„Gerhard? Duzt ihr zwei euch jetzt?“, fragte Lüppi.

„Ja, hat sich nicht vermeiden lassen, wenn man mit ihm zusammen ermittelt“, antwortete Eckerhard.

„Was habt ihr denn ermittelt?“

„Es ging um den Mordversuch an Wilfried Birnbaum, drüben“, antwortete Eckerhard und zeigte mit dem Finger in Richtung Gerichtsgebäude schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite, wobei er das dahinterliegende Gefängnis meinte.

„Ja, und?“

„Es war ein Mann aus Russland. Der lag mit Eberhard Lehmann auf einer Zelle. Der hatte nichts Besseres zu tun, als mit seiner Tat zu prahlen.“

„Und das hat euch Eberhard Lehmann dann erzählt, richtig?“, fragte Lüppi.

„Ja, stimmt.“

„Mann, da habt ihr zwei aber wirklich so richtig toll ermittelt. Klasse!“, sagte Lüppi mit einem ironischen Tonfall.

„Du sei lieber still, ich möchte dich nicht an deinen Fehler erinnern. Was macht eigentlich dein Kopf?“

„Alles gut. Funktioniert noch. Was macht der Fall?“, fragte Lüppi.

„Die Akte liegt vor dir auf dem Tisch. Du musst sie als Leitender Ermittler nur noch unterschreiben.“ Es klopfte am Türrahmen. Staatsanwalt Marcel Pohlmeier stand dort und strahlte.

„Guten Morgen, ich habe dir etwas mitgebracht, mein Lieber. Das ist von uns dreien und Peter Kordes“, sagte Marcel und gab Lüppi ein Messingschild in dreieckiger Form. Lüppi nahm es entgegen und schaute drauf.

Kommissar Maddin Lüppi

Er bedankte sich bei den Dreien dafür und fragte sie, woher sie seinen alten Spitznamen wüssten. Eckerhard erzählte von dem Besuch von Theodor und Marianne am besagten Freitag. Als er fertig war fragte nun auch Marcel.

„Was hat es denn mit deinem neuen ‚Outfit‘ auf sich?“

„Meine Marianne findet den Bart schön und hat mich überredet diese Baseballkappe der New York Yankees zu tragen. Hauptsächlich wegen meiner Kopfwunde, aber ganz ehrlich, ich habe mich inzwischen so daran gewöhnt, dass ich sie vielleicht nicht mehr missen möchte.“

„Wow, du kennst die New York Yankees?“, fragte Marcel. Lüppi antwortete nicht. Dafür lächelte er und fragte nach weiteren Details im vergangenen Fall Erik Metzer. Gördi und Eckerhard beantworteten ihm die letzten offenen Fragen.

„Also! Es ist alles geklärt, die Anklage läuft. Du kannst jetzt deinen berühmten Satz auf die Akte schreiben“, sagte Marcel. Lüppi sah seine drei Kollegen an. Er setzte sich an seinen Schreibtisch, schlug die Akte auf und schaute, ob auch alles darin war. Auch die zwei DIN A2 Blätter waren gefaltet abgeheftet worden. Lüppi schloss die Akte, nahm einen Kugelschreiber und schrieb unten auf den Pappdeckel. Als er fertig war, unterschrieb er noch darunter.

„Was haste denn jetzt geschrieben?“, fragte Marcel neugierig. Lüppi hielt ihm die Akte hin. Alle drei sahen darauf.

(Satz gelöscht, da sonst das Ermittlungsergebnis von Band 1 verraten wird. Autor: M. Schmitz)M. Lüpke

„Schön, dann kann ich das ja gleich den anderen Staatsanwälten erzählen, die fragen nämlich schon, was du dieses Mal als Fazit notiert hast“, sagte Marcel.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst?“, fragte Lüppi.

„Doch natürlich. Der Staatsanwalt Grunert sammelt sogar deine Fazits.“

„Bitte, was?“

„Ja, der lässt sich alle fotografieren und bewahrt diese in einer Kiste in seinem Büro auf.“

„Das ist jetzt nicht wahr? Du verarscht mich doch“, sagte Lüppi.

„Nein, ich verarsche dich nicht. Der hat sogar fünf Fazits als Fotos im Rahmen an seiner Wand hängen. Er sagt immer, das wären deine Besten und ich bin mir sicher, dieser kommt auch an die Wand“, sagte Marcel. Nicht nur Lüppi war von dieser Nachricht überrascht.

„Aber, erzähle doch einmal, wie war euer erster Urlaub?“, fragte Marcel.

„Wir waren am und auf dem Chiemsee und haben das Schloss von König Ludwig gesehen. Waren im ganzen Berchtesgadener Land unterwegs. Zu Fuß und mit dem Auto. In Berchtesgaden, in Bad Reichenhall und in Salzburg. Die Stadt ist übrigens sehr schön. Wir sind auf dem Königssee gefahren und waren abends immer in einem ‚Stüberl‘ zum Abendessen. Es war ein wunderschöner Urlaub“, antwortete Lüppi.

„Das hört sich doch super an“, sagte Gördi.

„Die Einladung zu unserer Hochzeit habt ihr drei bekommen?“, fragte Lüppi.

„Ja, haben wir und wir kommen natürlich auch alle. Wisst ihr denn schon, wohin die Hochzeitsreise gehen soll?“, fragte Eckerhard.

„Hochzeitsreise? Nö, haben wir uns nicht drüber unterhalten. Keine Ahnung“, sagte Lüppi. Das Telefon von Gördi klingelte. Er ging zum Schreibtisch und nahm den Hörer ab.

„Kriminalkommissar Gerhard Schwarz. Guten Morgen.“ Der Anrufer sagte einiges, Gördi nickte, die drei anderen sahen zu ihm.

„Ja, das richte ich Kommissar Lüppi aus. Wir kommen!“, sagte Gördi. Alle sahen ihn fragend an.

„Lüppi, wir haben einen neuen Fall. Ein Toter im Hotel Amadeus.“ Lüppi stand auf und zuckte mit seinem Schultern, als wenn er sagen wollte, er wäre lieber im Büro geblieben.

„Der Streifenkollege hat gesagt, wir sollen uns auf was gefasst machen. So etwas kennt er nur aus dem Fernsehen“, sagte Gördi. Lüppi sah ihn an, danach Eckerhard und Marcel. Er atmete etwas tiefer durch und ging an seinen Schrank. Dort holte er einen neuen karierten Block heraus und steckte ihn ein. Danach verließen beide wortlos das Büro. Eckerhard und Marcel blieben zurück.

Montag, 9.50 UhrEssen, Hotel Amadeus

Der dunkelblaue, dreizehn Jahre alte Mercedes 230E von Lüppi hielt direkt vor dem Hotelportal an. Er sah zwei Streifenwagen, die etwas abseits vom Hoteleingang standen. Ein Hotelangestellter kam heraus und wollte wissen, wer die Herrschaften wären und ob sie Gepäck hätten.

„Guten Morgen. Kriminalpolizei“, sagte Lüppi und ging an dem Mann vorbei. Gördi sah den Angestellten an und folgte seinem Kollegen. Mitten im Foyer stand einer der Streifenpolizisten, die als erstes eingetroffen waren. Er sprach Lüppi an.

„Guten Morgen, Lüppi. Der Tote ist im 3. Stock. Die Kollegen sind oben. Zimmernummer 323“, sagte dieser, dabei zeigte er auf eine der beiden Fahrstühle.

„In Ordnung, danke“, antwortete er und sah sich um, dabei bemerkte er, wie sich die Nachricht von einem Toten bereits verbreitete. Überall wurde leise getuschelt. Er ging zu der Mitte der beiden Aufzüge und drückte auf die entsprechende Taste. Die Etagenanzeige des rechten Aufzugs stand auf der ‚3‘. Er sah zum linken. Dieser war im sechsten Stockwerk, also ganz oben. Es dauerte eine Weile bis der rechte kam. Beide stiegen ein und im dritten Stockwerk wieder aus. Vom Fahrstuhl aus war ein langer Gang zu sehen, der anscheinend bis ans andere Ende des Gebäudes reichte. Richtig sehen konnte er das nicht. Dort schien Tageslicht hereinzufallen. Es standen zu viele Leute im Gang und zwei Kollegen von der Streife hatten genug zu tun die Hotelgäste von einem Blick in das Zimmer abzuhalten. Das Zimmer 323 befand sich in der Mitte des Ganges.

„Darf ich mal bitte, hier ist die Kriminalpolizei. Darf ich mal bitte. Gehen Sie bitte zur Seite. Danke! Kriminalpolizei“, sagte Lüppi mehrfach und schob die Herrschaften bei Seite. Zwei Männer im gleichen Alter wie er selbst diskutierten mit den Streifenkollegen.

„Jetzt lassen Sie uns endlich durch. Wir sind Ärzte und können helfen“, sagte der Linke.

„Nein und da können Sie nicht mehr helfen“, sagte einer der Polizeibeamten.

„Das können Sie doch nicht beurteilen. Also treten Sie endlich zur Seite“, sagte nun der Rechte der beiden Männer.

„Kriminalpolizei! Treten Sie mal lieber zur Seite und hören auf das, was unsere Kollegen Ihnen sagen“, bemerkte Lüppi recht laut. Widererwartend taten die Herren das und ließen auch Gördi durch. Die nächste rechte Zimmertür stand auf. Lüppi blieb davorstehen und sah hinein. Links von der Zimmertür lag eine braune Ledermappe auf dem Boden. Er sah sie kurz und bemerkte, dass er drei Kollegen gesehen hatte, wo war der vierte, fragte er sich.

„Die Rechtsmedizin ist verständigt und wir haben auch um weitere Kollegen gebeten“, sagt einer der Streifenpolizisten und hielt ihm eine weiße Folienrolle entgegen. Lüppi nahm diese und nickte den beiden zu. Er bückte sich und zog die weißen Überschuhe über seine Schuhe. An der Klinke der offenen Zimmertür hing ein Schild mit ‚Bitte nicht stören‘. Sehr langsam betrat er den vorderen Bereich des Zimmers. Es handelte sich dabei um eine Art Diele mit Garderobe und Kofferablage. Rechts war das Fensterlose Badezimmer. Auch diese Tür stand auf und das Licht war eingeschaltet. Links konnte er das Waschbecken sehen. Er bemerkte dort nichts Auffälliges. Vier weitere Schritte konnte Lüppi rechts um die Ecke schauen, auf das dortige Doppelbett. Ein Mann lag auf der rechten Bettseite. Das Oberbett war ein Stück zurückgeschlagen und eine große Menge Blut war darauf, ebenso auf dem Körper des Mannes und dem Bettlaken verteilt. Auch am Bettgestell war das Blut hinunter auf den Boden gelaufen. Das Gesicht des Mannes sah nicht anders aus. Auf dem Kopfende des Bettes, was aus Holz bestand, waren viele Blutspritzer verteilt. Der unbenutzte Teil des Bettes hatte auch etwas abbekommen. Lüppi blieb am Bettende stehen und sah sich den Mann genauer an. Das meiste Blut war aus der aufgeschnittenen linken Halsschlagader gespritzt und gelaufen. Der rechte Arm des Mannes lag auf der linken Bettseite. An ihm konnte Lüppi drei Schnittverletzungen sehen. Die linke Hand lag auf dem Brustkorb und der linke Arm wies viele Abwehrverletzungen auf. Lüppi fing an, diese zu zählen. Bei zwölf hörte er auf.

„Der Streifenkollege, der die Zentrale verständigt hat, hat leider nicht übertrieben“, sagte Lüppi mal wieder laut zu sich selbst. Für Lüppi war es zwar nicht das erste Mal, dass er so etwas zu sehen bekam, aber ‚Gott sei Dank‘ kam das nicht ganz so häufig vor. Wann es das letzte Mal gewesen war schätzte er auf ungefähr neun oder zehn Jahre. Es klopfte an der Tür, Gördi stand dort.

„Und?“, fragte er.

„Bleib da, das ist nichts für dich, mein Lieber“, antwortete Lüppi.

„So schlimm?“

„Jo und noch schlimmer.“

„Wie kommst du dann damit klar?“, fragte Gördi.

„Geht schon. Wenn ich das nicht jeden Tag sehen muss“, antwortete Lüppi und sah zu ihm. Es wurde laut auf dem Gang. Zwei männliche Stimmen waren deutlich zu hören. Lüppi sah ihn fragend an.

„Das sind die Kollegen. Die räumen jetzt die Etage.“, sagte Gördi und ergänzte. „Horst und Moris sind auch dabei.“ Lüppi nickte ihm zu. Er sah links neben dem Bett nach. Auf dem Nachtisch lag eine Visitenkarte von Dr. Bachschneider. Die nahm Lüppi. Dort standen auch schwarze Pumps.

„Eine Frau war hier?“, fragte er sich selbst. „Komisch, das linke Bett ist doch nicht benutzt. Verstehe ich nicht.“

„Was versteht der Lüppi nicht?“, fragte Horst, der gerade an der Zimmertür angekommen war und in das Zimmer sah.

„Hier stehen Pumps und das linke Bett ist nicht benutzt worden“, antwortete Lüppi und sah zu Horst und Moris, die dabei waren sich ihre Schutzkleidung anzuziehen.

„Frau Doktor kommt auch jeden Augenblick. Wir haben sie schon gesehen“, sagte Moris. Es verging eineinhalb Minuten bis Horst in das Zimmer kam, ganz in weißer Schutzbekleidung.

„Na, da hat aber jemand ganze Arbeit geleistet“, sagte Horst und schaute auf das Bett mit dem Toten.

„Gut, dann lass ich euch Zwei mal alleine“, sagte Lüppi und war im Begriff das Zimmer zu verlassen.

„Halt, stehenbleiben. Verlassen Sie bitte das Stockwerk wieder“, sagte Gördi laut in Richtung Aufzug. Lüppi kam aus dem Zimmer und sah wie ein Mann im Anzug schnellen Schrittes auf beide zukam. Er zog sich die weißen Überschuhe wieder aus.

„Ich bin Edward Harrison, der Hoteldirektor. Unser FOM hat mich kontaktiert, dass sich Police im Haus befindet. Was ist hier los und was soll der Auflauf?“

„Guten Morgen, ich bin Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke und der zuständige Kommissar“, sagte Lüppi und hielt den Mann mit der rechten Hand auf.

„Was ist hier los?“, fragte der Hoteldirektor noch einmal.

„Ein Toter im Zimmer 323, aber das wissen Sie bestimmt schon“, antwortete Lüppi.

„Shit und das bei uns.“

„Was ist ein FOM?“, fragte Gördi.

„Guter Mann, das ist doch klar, das ist der Front Office Manager“, antwortete der Hoteldirektor.

„Was soll das denn sein? Können Sie sich auch ganz normal ausdrücken ohne diese englischen Bezeichnungen?“, fragte Lüppi.

„Was sind Sie denn für welche? Zeigen Sie mir erst einmal Ihre Dienstausweise. So wie Sie rumlaufen sind Sie doch garantiert kein Inspector“, sagte der Hoteldirektor und schaute auf seine Kappe. Beide zogen ihre Dienstausweise aus den Hosentaschen und hielten sie ihm hin. Nachdem er sich beide angesehen hatte, schaute er zu Lüppi. Der vierte Streifenpolizist kam den Gang entlang.

„Was soll die Yankee Baseballkappe?“, fragte der Hoteldirektor. Lüppi sah ihn an, reagierte aber nicht. Dafür sprach aber der Streifenpolizist.

„Guten Morgen, Kollegen. Der Tote ist Dr. med. Justus Bachschneider aus Bottrop“, sagte er, sah dabei den Hoteldirektor an und ergänzte noch. „Das Basecap ist cool.“

„Was ist jetzt, bekomme ich eine Antwort?“, fragte der Hoteldirektor noch einmal.

„Wir drei gehen jetzt erst einmal in Ihr Büro“, sagte Lüppi mit einem sehr bestimmenden Tonfall. Der Streifenpolizist lächelte Lüppi an und Herr Harrison war leicht irritiert, wollte gerade etwas sagen als Lüppi fortfuhr.

„Na, los. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, guter Mann.“

„Hallo, was fällt Ihnen denn ein?“, fragte Edward Harrison. Lüppi antwortete ihm nicht, dafür machte er eine Handbewegung in dessen Richtung, die im Allgemeinen als ‚husch, husch‘ bezeichnet wird. Der Hoteldirektor schüttelte seinen Kopf.

„Okay, dann gehen wir jetzt in mein Büro und ich rufe erst einmal Ihren Boss an. So geht das aber nicht“, sagte Edward Harrison und ging vor. Alle drei fuhren mit dem Aufzug ins Erdgeschoss. In dem Büro angekommen, bot er beiden die Stühle vor seinem Schreibtisch an. Als alle drei saßen, wollte er die Rufnummer von Lüppi´s ‚Boss‘, die er ihm gerne gab. Herr Harrison wählte die Nummer, es schellte.

„Polizeipräsidium Essen, Kriminalrat Schuster am Apparat.“

„Hotel Amadeus. Hier spricht der Hoteldirektor Edward Harrison. Guten Morgen, Herr Schuster.“

„Was kann ich für Sie tun?“

„Die Herren Lüpke und Schwarz sitzen mir gegenüber. Ich stelle mal auf laut“, sagte er und drückte auf die entsprechende Taste. Dann fuhr er fort: „Sie müssen die Polizeibeamten zurückrufen. Das ganze Hotel ist voll. Was sollen denn unsere Gäste denken?“

„Haben Sie keine anderen Sorgen?“, fragte Eckerhard Schuster.

„Und können Sie mir bitte einmal verraten, was für zwei Hilfssheriffs Sie zu mir geschickt haben?“

„Haben Sie gerade die beiden Kommissare als Hilfssheriffs bezeichnet?“, fragte Eckerhard nach.

„Ja, so sieht der ältere der beiden zumindest aus. Eine Yankee Baseballkappe? Was ist aus der deutschen Polizei geworden?“ Lüppi musste schmunzeln und Gördi glaubte nicht, was er gerade gehört hatte.

„Als erstes. Wie Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke aussieht und was er auf dem Kopf trägt kann Ihnen scheißegal sein. Zweitens sind das die besten Kommissare von ganz Essen. Drittens können Sie froh sein, dass ich nicht in Ihrer Nähe bin, sonst hätten Sie jetzt wirklich einen Grund sich zu beschweren. So einen unverschämten Anruf habe ich ja noch nie gehabt.“ Dann war nur noch tut, tut, tut zu hören. Eckerhard Schuster hatte einfach eingehängt. Der Hoteldirektor schaute nicht schlecht.

„So, jetzt hatten Sie ja Ihren Spaß und nun sind wir dran“, fing Lüppi an.

„Was haben Sie vorhin an ‚verlassen Sie bitte das Stockwerk wieder‘ nicht verstanden?“ fragte Gördi. Auch jetzt schaute Herr Harrison nur, sagte aber nichts.

„Sie sprechen wohl nicht mehr mit uns?“, fragte Gördi nach.

„In Ordnung, bevor wir jetzt wieder gehen, wir brauchen von Ihnen eine komplette Gästeliste und eine komplette Liste aller Angestellten. Diese sollte darüber Aufschluss geben, wer die letzten vierundzwanzig Stunden hier gearbeitet hat. Danke und etwas zügig, wenn ich bitten darf“, sagte Lüppi.

„Was erlauben Sie sich denn?“, fragte Edward Harrison.

„Das kann ich Ihnen sagen. Sie zeigen mir jetzt erst einmal Ihren Personalausweis, bitte.“

„Was soll das denn?“

„AUSWEIS, aber zügig. Sonst komme ich gleich auf die Idee, dass Sie etwas zu verbergen haben und die Ermittlungen behindern wollen“, sagte Lüppi in einem bösen Ton. Damit hatte der Hoteldirektor nicht gerechtet. Er zog eine Schublade auf und holte den Ausweis heraus. Den warf er auf den Schreibtisch. Lüppi nahm ihn und schaute sich ihn an.

„Sie sind englischer Staatsbürger?“, fragte er rhetorisch.

„Ja, steht doch da, oder?“

„Nicht frech werden. In einer halben Stunde bekommen wir die zwei Listen“, sagte Lüppi und stand auf.

„Ein gut gemeinter Rat von mir. Machen Sie, was er sagt und legen Sie sich nicht mit ihm an“, sagte Gördi und beide verließen das Büro ohne die Tür zu schließen. Im Foyer, bei den Aufzügen, standen inzwischen zwei weitere Polizisten, die dabei waren vier Reporter vor den Aufzügen und dem Treppenhaus aufzuhalten. Lüppi und Gördi warteten auf den nächsten Aufzug.

„Kommissar Lüpke, können Sie uns etwas sagen?“, rief einer der Reporter.

„Ja, kann ich. Wenden Sie sich bitte an die Pressestelle“, antwortete Lüppi. Die Tür von dem linken Fahrstuhl ging auf und beide stiegen ein. In der dritten Etage wieder angekommen sahen sie, wie die drei Kollegen der Streifenpolizei mit einem Reporter und einem Pressefotografen zu tun hatten. Der Fotograf machte Fotos von den drei Kollegen, die sich darüber beschwerten.

„Es gibt in Deutschland Pressefreiheit. Wir machen auch nur unsere Arbeit. Kommt schon, nur ein paar Fotos von dem toten Arzt“, hörten beide den Reporter sagen. Als beide bei den fünf angekommen waren, war der Fotograf im Begriff ein Foto von Lüppi machen zu wollen, wurde aber von dem Reporter abgehalten.

„Nein, kein Foto von Kommissar Lüppi. Der nagelt uns an die Wand und macht uns das Leben dann noch schwerer.“

„Ach, die Boulevardzeitung ‚Der Ruhrpott-Melder‘ ist auch schon wieder da“, sagte Lüppi zu dem Reporter.

„Tja, immer das Gleiche. Wir treffen uns immer an den Tatorten.“

„Sie zwei verlassen jetzt bitte das Stockwerk“, sagte Gördi. Was beide nur sehr ungerne taten. Die Rechtsmedizinerin, Dr. med. Stefanie Schneider, war inzwischen bei Horst und Moris im Zimmer 323 und untersuchte den Toten. Lüppi zog seine weißen Überschuhe wieder an und ging ins Zimmer, während Gördi bei den drei Kollegen davor stehen blieb.

„Hallo, Stefanie“, sagte Lüppi zu der Rechtsmedizinerin.

„Guten Morgen, Lüppi“, kam als Antwort. „Ach übrigens, danke für die Einladung zu eurer Hochzeit. Ich komme natürlich gerne.“

„Das freut mich.“

„Stimmt, da war doch was. Rita und ich kommen natürlich auch“, sagte Horst Vollmer.

„Prima, damit haben wir gerechnet.“ Moris Veigel sah Lüppi zwar an, sagte aber nichts, was damit zu tun hatte, dass er keine bekommen hatte. Lüppi schaute zum Bett. Stefanie hatte das Oberbett auf die linke Seite geschlagen. Als er zu dem toten Arzt schaute, bemerkte er rote Druckstellen an den Beinen. Diese befanden sich unterhalb des Schritts und schienen einmal um jedes Bein herum zu gehen. Sonst sah er nichts Neues, was er nicht schon gesehen hatte.

„Die Schnitte an den Armen sind Abwehrverletzungen?“, fragte Lüppi in Richtung Stefanie.

„Ja, richtig. Der Tod ist vor ungefähr... jetzt haben wir fast elf Uhr... acht bis neun Stunden eingetreten, aber ich schau noch mal“, sagte sie.

„In Ordnung, also so um zwei bis drei Uhr, vorläufig“, sagte Lüppi und sah zu Gördi auf den Gang. „Gördi, wer hat den Toten denn eigentlich gefunden?“

„Ein Dr. Volker Rake aus Wülfrath“, sagte einer der Streifenpolizisten und schaute in das Zimmer hinein.

„Wo ist der jetzt?“

„Auf seinem Zimmer, Nummer 421. Der war total fertig. Ein anderer Arzt ist bei ihm“, antwortete der gleiche Streifenpolizist.

„Habe ich nur so das Gefühl oder sind hier ein bisschen viele Ärzte?“

„Das liegt an dem Ärztekongress hier im Haus“, antwortete der gleiche Streifenpolizist.

„Stefanie, kannst du uns sonst noch etwas sagen?“, fragte Lüppi.

„Nein, vielleicht nach der Obduktion“, antwortete sie.

„In Ordnung, dann gehen wir mal zu dem Dr. Rake hoch“, sagte Lüppi, verließ das Zimmer und zog sich die Überschuhe aus.

Montag, 11.10 UhrEssen, Hotel Amadeus

Wenig später waren beide im 4. Stockwerk. Gördi klopfte an die Zimmertür mit der Nummer 421. Ein Mann, Ende dreißig, öffnete die Tür.

„Ja, bitte?“, fragte er.

„Kriminalpolizei, sind Sie Dr. Volker Rake?“, fragte Gördi.

„Nein, ich bin Dr. Adel, Robert Adel. Dr. Rake liegt auf seinem Bett. Er steht unter Schock.“

„Wir müssten einmal mit ihm sprechen“, sagte Gördi.

„Kommen Sie herein“, rief Dr. Rake von innen aus dem Zimmer. Beide traten ein.

„Guten Morgen. Ich bin Kriminalkommissar Gerhard Schwarz.“

„Und ich bin Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke, der leitende Kommissar“, sagte er und gab Gördi seinen karierten Block mit Bleistift. Der schaute wieder einmal etwas verwundert, obwohl er das eigentlich schon kannte. Das tat er jedes Mal und machte dabei immer einen überraschten Eindruck. Lüppi kannte diese Reaktion seines jüngeren Kollegen und wusste, das würde auch irgendwann einmal aufhören. Er musste nur Geduld aufbringen, aber eigentlich fand er es amüsant. So kam es vor, dass er Gördi den Block nur gab, um mal wieder die bekannte Reaktion hervorzurufen.

„Sie möchten jetzt bestimmt von mir wissen, warum ich den toten Kollegen gefunden habe?“, fragte Dr. Rake.

„Jo, das wäre eine der Fragen“, antwortete Lüppi.

„Justus und ich hatten uns für 8.30 Uhr im Frühstückraum verabredet. Wir wollten seinen Vortrag noch einmal durchgehen. Als er um 9.15 Uhr noch immer nicht da war, habe ich mich entschlossen zu seinem Zimmer zu gehen. Da habe ich ihn dann gefunden“, sagte Dr. Rake und hatte sichtliche Probleme seine Stimme unter Kontrolle zu halten.

„Wie sind Sie hereingekommen?“, fragte Lüppi.

„Die Tür war nicht verriegelt.“

„Heißt das, sie stand auf?“

„Nein, die war schon zu, sie war nur nicht von innen abgeschlossen.“

„Ach so. Sie haben also geklopft, nehme ich mal an?“

„Ja, geklopft, mehrfach. Nach einigen Malen habe ich geschaut, ob die Tür zu ist. Die war aber nicht verschlossen und dann bin ich hinein und habe ihn auf dem Bett liegen sehen. Schrecklich und einfach grauenhaft, ein fürchterlicher Anblick!“

„Sie kannten den Toten schon länger?“

„Ja, wir beide. Wie lange ist das?“, fragte Dr. Rake in Richtung Dr. Adel.

„Na, seit fünf Jahren bestimmt“, antwortete er.

„In Ordnung. Wann sind Sie alle hier angekommen?“, fragte Lüppi.

„Gestern, am Sonntag“, antwortete Dr. Adel.

„Wie lange geht der Kongress und wie lange bleiben Sie?“

„Der Kongress geht die ganze Woche, bis Freitag.“

„Wann reisen Sie wieder ab?“, fragte Lüppi und sah dabei beide an.

„Ich fahre am Samstag wieder“, antworte Dr. Rake.

„Ich auch“, antworte Dr. Adel.

„Geben Sie uns bitte Ihre Namen und Adressen“, sagte Lüppi. Beide Ärzte zogen Visitenkarten hervor und hielten sie ihm hin. Lüppi nahm diese und gab sie ungesehen an Gördi weiter. Der schaute sich beide an, was Lüppi sah.

„Herr Dr. Volker Rake, Sie kommen aus Wülfrath? Das ist ja hier um die Ecke“, fragte Gördi sichtlich überrascht.

„Sie wundern sich jetzt warum ich dann nicht Zuhause schlafe?“, fragte er.

„Ja, genau. Und warum?“

„Weil wir Teilnehmer uns nicht nur während des Kongresses austauschen. Außerdem ist es ja auch einmal schön ein paar Tage nicht neben seiner Frau zu liegen und sich ihr schnarchen anhören zu müssen“, sagte Dr. Rake.

„Dr. Robert Adel, Sie kommen aus Heidelberg?“

„Ja, genau. Aber ich habe keine schnarchende Frau Zuhause.“

„Aha.“

„Ich habe gar keine Frau. Ich sage mal so, warum eine Kuh kaufen, wenn man einmal die Woche Milch trinken möchte“, sagte Dr. Adel.

„Wie sieht das bei dem verstorbenen Dr. Justus Bachschneider aus?“, fragte Gördi.

„Der kommt aus Bottrop und lebt getrennt. Äh... ich meine, lebte getrennt“, antwortete Dr. Rake. Das notierte Gördi in dem karierten Block von Lüppi.

„Können Sie uns sagen was für ein Arzt Dr. Bachschneider war?“, fragte Lüppi.

„Arzt für Orthopädie, Rheumatologie und Spezielle Schmerztherapie. Machte aber hauptsächlich Gutachten“, antwortete Dr. Rake.

„Was heißt denn, machte hauptsächlich Gutachten?“

„Er behandelte fast keine Patienten, sondern begutachtete sie für Versorgungsämter und Gerichte.“

„Oh, so etwas gibt es auch?“, fragte Gördi.

„Das wollte ich auch gerade fragen“, sagte Lüppi.

„Ja, gibt es. Viele von den Kollegen, die an dem Kongress teilnehmen, begutachten mehr oder weniger.“

„Ist das lukrativer als die Patienten zu behandeln?“, fragte Lüppi. Die Frage beantwortete keiner der beiden.

„In Ordnung, ich verstehe. Das ist Antwort genug.“

„Herr Dr. Adel, welche Zimmernummer haben Sie?“, fragte Gördi.

„Zimmer 422, direkt gegenüber.“ Das notierte Gördi auch in dem karierten Block. Wenig später verabschiedeten sich beide, sagten aber es könnte sein, dass sie sie noch ein weiteres Mal sprechen müssten. Beide Kommissare trafen wieder am Zimmer 323 ein. Stefanie, die Rechtsmedizinerin, war gerade fertig mit der oberflächigen Leichenschau und dabei ihre Sachen einzupacken.

„Du bist fertig?“, fragte Lüppi.

„Fürs Erste, ja. Ich fang nach dem Mittag mit der Obduktion beim Dr. Bachschneider an, wenn er dann bei uns in der Rechtsmedizin ist“, sagte sie.

„Weißt du schon genau, wann er ermordet wurde?“

„Zwischen 2 und 3 Uhr in der Nacht, den Rest nach...“, sagte Stefanie.

„dem Obduktionsbericht, in Ordnung“, ergänzte Lüppi den Satz. Stefanie ging und Lüppi rief in das Zimmer zu Horst und Moris.

„Wie weit seid ihr zwei?“

„Fast fertig, Lüppi“, sagte Horst.

„Wir haben Fingerabdrücke und alle weiteren Spuren gesichert. Fotos gemacht und alle Kleidungstücke aufgelistet, auch die Damenkleidung“, gab Moris an.

„Könnt ihr sagen, ob die Zimmertür unverschlossen war oder von innen entriegelt wurde?“, fragte Lüppi.

„Es lässt sich nur feststellen, wer zuletzt den Schlüssel benutzt hat. Die Tür kann auch nur im Schloss gewesen sein, aber unverschlossen“, antwortete Horst.

„Was ist mit der Ledermappe, die hier draußen lag?“, erkundigte sich Lüppi.

„Die haben wir. War aber fast nichts drin.“

„Und was ist das ‚fast nichts‘?“

„Unterlagen auf Italienisch. Genauer gesagt, drei Seiten A4. Ein Päckchen Taschentücher und ein Montblanc Kugelschreiber.“

„Ist das von dem Toten?“

„Möglich, müssen wir in der KTU überprüfen.“

„Klingt gut. In Ordnung, wir sind dann weg“, sagte Lüppi.

„Halt, hiergeblieben“, erwiderte Horst.

„Ja, was haste denn?“

„Kommt mal ins Zimmer, ihr zwei. Wir haben den Boden mit Luminol behandelt.“

„Dann muss ich ja wieder die Überschuhe anziehen.“

„Nein, ihr könnt so reinkommen. Wir haben alle Spuren gesichert“, sagte Horst. Lüppi betrat daraufhin erneut das Zimmer. Gördi machte keine Anstalten auch hineinzugehen, bis Lüppi zu ihm sagte, er solle sich nicht so anstellen wie ein Mädchen. Nur sehr widerwillig kam er nach. Horst hatte die Rollos heruntergelassen und Moris bat Gördi die Tür zu schließen. Als diese zu war und Gördi im Eingang zwischen Diele und Schlafbereich stand, schaltete Moris eine Lampe mit Schwarzlicht ein. Horst betätigte den Lichtschalter und im dunklen Raum war eine blauweiße Lumineszenz zu sehen. Der Boden vor und neben dem Bett leuchtete großflächig.

„Schaut mal hier“, sagte Horst und zeigte mit dem Finger auf einen Teilschuhabdruck. „Das könnte noch interessant werden“, ergänzte er noch.

„Das war ein Herrenschuh, würde ich sagen“, vermutete Lüppi.

„Das sehen wir auch so.“

„Reicht das denn für einen Abgleich?“, fragte Gördi.

„Ich glaube schon“, schätze Horst.

„Wisst ihr, was ich jetzt nicht mehr verstehe? Warum mache ich hier vorne auf dem Boden alles sauber, aber da hinten am Bett nicht?“, fragte Lüppi.

„Wahrscheinlich, weil der Täter gemerkt hat, dass er Abdrücke hinterlassen hat“, antwortete Horst.

„Dann war der aber eine ganze Weile hier im Zimmer“, sagte Lüppi.

„Ja und er hatte es aber trotzdem sehr eilig, denn sonst hätte er bemerkt, dass er uns einen blutigen Teil-Fingerabdruck hinterlassen hat. Der wird aber nicht zum Abgleich reichen“, sagte Horst und schaltete das Licht wieder ein. Gördi sah nun zum ersten Mal auf das Bett, wo der Leichnam von Dr. Justus Bachschneider lag. Stefanie hatte schon mal ein Kärtchen mit dem Namen des Toten am rechten dicken Zeh befestigt.

„War der schon vorher nackt?“ fragte Gördi und sah etwas blass um die Nase aus.

„Ja, er hat sich extra vor der Ermordung für Stefanie ausgezogen, damit sie es einfacher hat mit ihm“, antwortete Lüppi. Es klopfte an der Zimmertür. Lüppi ging hin und öffnete.

„Einen schönen guten Tag. Wir sind vom Bestattungsunternehmen Lechmann, bitte nicht verwechseln mit Leichnam. Hihi. Wir sollen hier jemanden abholen und in die Rechtsmedizin bringen“, sagte einer von zwei dunkel gekleideten Männern.

„Ja, das können Sie tun“, antwortete Lüppi und wendete sich noch einmal zu Horst um. „Ihr versiegelt das Zimmer gleich?“, fragte Lüppi.

„Na, klar doch“, antwortete Horst. Gördi sprang ins Badezimmer, schlug die Tür hinter sich zu und alle hörten, dass er sich übergeben musste. Der Leichnam wurde abtransportiert und Lüppi wartete auf seinen Kollegen. Es dauerte einige Minuten bis er wieder aus dem Badezimmer kam. Lüppi klopfte Gördi auf die Schulter und beide fuhren mit dem Fahrstuhl hinunter ins Foyer. Dort angekommen sahen beide, wie die Kollegen der Streifenpolizei mit vier weiteren Kollegen dabei waren, alle ‚nicht Gäste‘ aus dem Hotel zu schicken. Häufig fielen Worte wie Hausrecht und Ruhestörung. Edward Harrison stand inmitten der Polizeibeamten und half mit. Lüppi und Gördi sahen sich das eine Weile an, bis der letzte Reporter und der letzte Fotograf vor dem Eingang standen. Der Hoteldirektor sah die beiden und ging auf Lüppi und Gördi zu.

„Mann, sind die lästig“, sagte er und ging an ihnen vorbei an die Rezeption. Dort ließ er sich einige DIN-A4-Blätter geben und übergab diese Gördi, der ihm gefolgt war. Der nahm sie und sah sich die Blätter an.

„Sieht gut aus“, sagte Gördi.

„Dann können Sie und Ihre Beamten ja mein Haus verlassen“, sagte Herr Harrison.

„Grundsätzlich ja. Ich weiß aber nicht, ob das so Sinnvoll ist“, antwortete Gördi.

„Ich möchte das aber“, sagte er.

„Wie Sie wollen.“ Draußen vor der Tür wurden die beiden Kommissare von einem Blitzlichtgewitter empfangen. Die üblichen Fragen nach Informationen und Details für die Leser beantwortete Lüppi wie immer nicht. Nachdem sie im Wagen von Lüppi Platz genommen hatten, standen noch drei Fotografen vor dem Mercedes, die erst durch drei Streifenbeamte entfernt werden mussten.

Montag, 12.45 UhrPolizeipräsidium Essen

Beide waren auf dem Gang der Kriminalinspektion 1 und gingen auf der Höhe von dem Büro von Eckerhard, als er nach ihnen rief.

„Ja?“, fragte Lüppi, als beide das Zimmer betraten.

„Setzt euch bitte einmal“, kam die Antwort.

„Ach, du dickes Ei, was kommt denn jetzt?“, fragte Lüppi.

„Ich habe eine schlechte und eine gute Nachricht für euch oder eigentlich für dich“, sagte Eckerhard und sah dabei zu Lüppi.

„Und?“

„Ich fang mit der Schlechten an. Ihr habt einen zusätzlichen Schreibtisch in eurem Büro.“

„Warum und für wen?“

„Das ist jetzt die gute Nachricht. Ihr zwei bekommt Verstärkung“, sagte Eckerhard und wartete auf die Reaktion.

„In Ordnung und wen soll ich jetzt noch zusätzlich betreuen?“, fragte Lüppi im ironischen Ton.

„Danke, Lüppi. Sehr nett von dir“, sagte Gördi und gab ihm einen leichten Schlag gegen dessen Schulter. Lüppi zeigte aber keine Reaktion.

„Was meinst du denn wer es ist?“, fragte Eckerhard.

„Wenn du so fragst, heißt das, ich kenne die Person. Mmh... jetzt sag nicht Tobias Braun von der Kriminalinspektion 2.“

„Nein, das würde ich euch doch nicht antun“, erwiderte Eckerhard.

„Keine Ahnung. Sag es.“

„Es ist eine Kriminalkommissarin, die du gut kennst.“

„Jetzt machst du es aber spannend“, antwortete Lüppi.

„Sie freut sich schon auf die Zusammenarbeit mit dir.“

„Echt? So was gibt es? Da stimmt doch schon was nicht. Da liegt doch ein Irrtum vor?“

„Nein und der Kriminaldirektor hat sich selbst darum gekümmert, dass die nächste Planstelle bei dir bzw. bei euch vorgesehen wird“, sagte Eckerhard.

„Jetzt verarscht du uns.“

„Nein, tue ich nicht.“

„Außerdem, was heißt bei mir? Ich bin doch nicht der ‚Erster Kriminalhauptkommissar‘ der KK11 und somit der Leiter“, sagte Lüppi.

„Nein, bist du nicht, dass ist nach wie vor Paul Quandt. Du bist kommissarischer Stellvertreter. Das ist schon klar. Also, ich sage dir jetzt wer es ist. Heike Buhrmann“, sagte Eckerhard und strahlte dabei. Das tat Lüppi nun plötzlich auch. Gördi sah die beiden Gesichter und fragte: „Wo war die denn bis jetzt?“

„In Frankfurt am Main“, antwortete Eckerhard.

„Wegen ihrer großen Liebe. Bringt sie ihre Liebe mit oder hat sich das erledigt?“, fragte Lüppi.

„Das weiß ich nicht, aber sie ist schon seit letzter Woche hier in Essen und fängt morgen an“, sagte Eckerhard.

„Na, das ich ist ja mal eine Überraschung. Klasse“, antwortete Lüppi. Gördi schaute zwischen den beiden hin und her.

„Wann war die denn hier?“, fragte er kurze Zeit später.

„Wie lange bist du jetzt bei uns?“, stellte Lüppi die Gegenfrage.

„Seit mehr als fünf Jahren.“

„Heike ist nach Frankfurt gegangen und dann waren da noch drei Kollegen nacheinander hier. Mmh... na, sieben Jahre ist das jetzt her“, antwortete Lüppi.

„Ach, das waren die drei Kollegen, die nicht mit dir klargekommen sind“, sagte Eckerhard.

„Das waren aber auch...“, dann unterbrach Lüppi sich selbst. „Na ja, lassen wir das.“

„Was macht der Tote im Hotel Amadeus?“, fragte Eckerhard.

„Ist immer noch tot“, antwortete Lüppi und grinste sich einen.

„Ach, wirklich? Na, das hätte ich ja nicht gedacht“, erwiderte Eckerhard.

„Nicht? Oh, ich höre schon, es ist doch gut, dass du nicht ermittelst.“

„Prima, danke, Lüppi. Und was ist jetzt?“

„Der Tote ist Dr. Justus Bachschneider aus Bottrop, ein Mediziner. Arzt für Orthopädie, Rheumatologie und Spezielle Schmerztherapien. Steht auf seiner Visitenkarte, die wir in seinem Zimmer gefunden haben. Haben auch zwei Kollegen von ihm gesagt. Er hat einige Abwehrverletzungen an den Armen. Ist aber durch einen Schnitt durch die Halsschlagader gestorben. Laut Frau Doktor zwischen 2 und 3 Uhr letzte Nacht. Gefunden hat ihn ein anderer Arzt, Dr. Volker Rake aus Wülfrath. Der Täter oder die Täterin hat versucht Blut vom Boden zu entfernen. Horst hat es aber mit Luminol entdeckt.“

„Ist das Zufall, dass dort ein Arzt den anderen findet?“

„Nein, kein Zufall. Die beiden waren verabredet um den Vortrag von dem Toten noch einmal durchzugehen. In dem Hotel findet ein Ärztekongress statt.“

„Wieso Täterin? Horst hat doch von einem Herrenschuh einen Teilschuhabdruck entdeckt?“, fragte Gördi.

„Deshalb kann es doch eine Frau gewesen sein. Wenn die besonders clever war und sich extra Herrenschuhe angezogen hat“, sagte Lüppi.

„Und warum verwischt sie die dann und übersieht einen zum Teil?“

„Vielleicht schusselig oder Absicht, wer weiß es“, sagte Lüppi.

„Gut, sonst noch etwas?“, fragte Eckerhard.

„Ja, im Zimmer waren ein Paar Pumps und Damenkleidung. Das zweite Bett war aber nicht benutzt.“

„Gut, dann haben wir wieder eine Mordkommission. Das du wie immer die Leitung übernimmst muss ich nicht extra sagen?“, fragte Eckerhard und sah dabei Lüppi an.

„Das ich MK-Leiter bin, habe ich mir irgendwie schon gedacht“, sagte Lüppi und sah dabei zu Eckerhard und nickte ihm zu. Er nickte zurück und beide standen auf und verließen das Büro. Bevor sie in ihr eigenes Büro gingen, schauten beide gegenüber bei ihrem Kollegen, Peter Kordes, herein.

„Kommst du mal bitte mit rüber?“, fragte Gördi. Peter sagte ja und folgte den beiden.

„Der Kriminalrat Schuster hat euch gesagt, wer morgen hierhin zurückkommt?“, fragte Peter und zeigte auf den neuen Schreibtisch, der nun gegenüber von Gördi´s stand.

„Ja, wir waren gerade bei ihm“, antwortete Lüppi.

„Und freust du dich nicht?“, fragte Peter.

„Doch, finde ich super“, antwortete Lüppi.

„Dann können wir unseren Besprechungstisch hier wohl ganz vergessen. Das passt ja jetzt nicht mehr“, sagte Gördi.

„Dafür bekommen wir Heike“, sagte Lüppi.

„Die ist aber kein Tisch.“

„Das hast du gut erkannt, aus dir kann noch einmal ein guter Ermittler werden, mein Lieber“, antwortete Lüppi. Gördi schmollte etwas und Peter wurde über alles informiert, was die beiden inzwischen wussten. Als sie mit dem Bericht zu Ende waren fragte er: „Ich führe wieder die Akten?“

„Aber natürlich. Du bist doch unser Aktenführer, der wichtigste Mann in jeder Mordkommission“, sagte Lüppi.

„Das sagst du jedes Mal“, sagte Peter.

„Du fragst ja auch jedes Mal“, antwortete Lüppi.

„Ich habe da eine Idee. Ihr habt doch gesagt, der Dr. Bachschneider lebte getrennt“, sagte Peter. Lüppi und Gördi nickten.

„Was ist, wenn die Noch-Ehefrau das war?“

„Gut möglich. Kannst du mal nachsehen, wo der Dr. Bachschneider und die Noch-Ehefrau wohnen?“

„Ja, mache ich. Soll ich mal schauen, ob ich sie erreichen kann?“, fragte Peter.

„Aber keine Auskunft, was ihren Mann betrifft“, sagte Gördi. Peter ging in sein Büro zurück. Während Lüppi die Butterbrotstüte von seiner Torti auspackte wollte Gördi Näheres über die neue Kollegin erfahren.

„Wie alt ist diese Heike Buhrmann?“, fragte Gördi.

„Zwei Jahre jünger als du. Also 34“, antwortete Lüppi.

„Wie ist sie so?“, fragte Gördi.

„Direkt, gerade heraus, ab und zu unkonventionell und ganz wichtig, sie hat keine Frauenallüren. Ich finde sie Klasse.“

„Ob das so positiv ist, weiß ich jetzt noch nicht“, sagte Gördi.

„Sie und ich sind sehr gut miteinander klargekommen“, erwiderte Lüppi.

„Also, man kann gut mit ihr zusammenarbeiten?“

„Ich würde sagen, ja.“ Gördi wollte noch weiteres wissen, was Lüppi ihm beantwortete. Nach einer halben Stunde kam Peter ins Büro der beiden Kommissare zurück und sagte, er hätte die getrenntlebende Ehefrau telefonisch erreicht. Sie müsste jetzt aber zur Arbeit. Lüppi fragte, ob er etwas gesagt hätte. Peter verneinte es, aber Frau Bachschneider hätte gefragt, worum es gehen würde. Er habe aber gesagt, die Frage könnte er nicht am Telefon beantworten und seine beiden Kollegen würden morgen Vormittag zu ihr kommen.

„Ich habe auch in der Praxis von dem Herrn Dr. Bachschneider angerufen“, sagte Peter.

„Und?“

„Die beiden Sprechstundenhelferinnen sind da. Ihr könntet hinfahren.“

„Dann sollten wir das tun“, meinte Gördi und Lüppi nickte zustimmend.

Montag, 14.25 UhrBottrop

Lüppi hielt den Wagen am Straßenrand auf der Höhe der Praxis an. Die Adresse schien ein Ärztehaus zu sein. Beide stiegen aus dem Mercedes und überquerten die Straße. Die Haustür ließ sich aufdrücken und beide sahen an Hand der Übersichtstafel, dass sich die Praxis im ersten Stock befand. Nachdem sie die Treppe nach oben genommen hatten, standen sie vor der einzigen Tür auf der Etage. Gördi klopfte an, während er die Türklinke hinabdrückte. Ein Tresen in L-Form befand sich zwei Meter vom Eingang entfernt. Zwei blonde Frauen schauten leicht überrascht hoch. Gördi und Lüppi gingen auf die beiden zu.

„Guten Tag, ich bin Kriminalkommissar Gerhard Schwarz. Mein Kollege ist Kriminalhauptkommissar Martin Lüpke und wir sind von der Essener Kriminalpolizei“, sagte Gördi und beide zogen ihre Dienstausweise aus den Hosentaschen und hielten diese hoch. Diese Information war für die beiden eine Überraschung.

„Unser Kollege, Herr Kordes, hatte vorhin schon angerufen“, sagte Gördi weiter.

„Ja, da hat vor über eine Stunde ein Herr angerufen, der hat aber nur gefragt ob die Praxis aufhat. Ich habe ihm aber gesagt, dass der Herr Doktor diese Woche nicht da sei“, antwortete die kaum ältere der beiden jungen Frauen.

„Das ist schon so in Ordnung. Aber, sagen Sie einmal, warum sind sie dann hier, wenn der Herr Dr. Bachschneider diese Woche nicht da ist?“, fragte Gördi.

„Damit die Praxis besetzt ist.“

„Warum sind Sie denn hier?“, fragte die jüngere der beiden.

„Wir haben eine schlechte Nachricht“, antwortete Gördi.

„Ach, ist was mit der ‚Alten‘ vom Herrn Doktor?“, fragte die Jüngere.

„Nein, es geht nicht um Frau Bachschneider, sondern um Herrn Dr. Bachschneider.“

„Der Herr Dr. Bachschneider ist auf einem Ärztekongress in Essen“, sagte die Ältere.

„Ja, einen Augenblick mal, haben Sie nicht gesagt, Sie sind von der Polizei aus Essen?“, fragte die Jüngere.

„Ihr Chef, der Dr. Bachschneider, ist tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden worden“, sagte Gördi. Beiden Frauen stand der Schock ins Gesicht geschrieben. Eine Minute lang vermochte keine der beiden etwas zu sagen.

„Wir haben da ein paar Fragen an Sie“, sagte Lüppi, der bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nichts gesagt hatte.

„Aber das kann doch nicht sein. Es ging ihm doch wieder gut“, sagte die Ältere und beide konnten ihr ansehen, sie konnte es nicht glauben.

„Was heißt denn wieder gut?“, fragte Gördi.

„Der Herr Doktor hat Probleme mit dem Herzen“, antwortete die Jüngere.

„Nein, es war nicht das Herz.“

„Sondern?“

„Das können wir Ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen.“

„Dann ist er nicht an seinem Herzleiden gestorben?“, fragte die Ältere nach.

„Nein, ist er nicht.“

„Was für Kommissare sind Sie denn?“

„Wir sind von der Mordkommission“, sagte Lüppi.

„Von einer Mordabteilung?“, fragte die Ältere.

„Dann ist der Herr Doktor also ermordet worden?“, fragte die Jüngere.

„Ja.“

„Dann kommt der Doktor nie mehr hier in die Praxis zurück?“, fragte die Ältere sichtlich geschockt. Gördi schüttelte seinen Kopf.

„Was für ein Mensch war der Herr Dr. Bachschneider?“ fragte Lüppi.

„Ein toller Chef. Ein ganz feiner Mann, den hätten wir beide auch genommen“, antwortete die Jüngere.

„Was heißt denn auch genommen?“

„Na, die Frau Bachschneider war einmal eine Kollegin von uns. Sie müssen wissen, die hat sich an den Herrn Doktor heran geschmissen, als der sich von seiner ersten Frau hat scheiden lassen. Richtig peinlich war das schon. Da hatte unser Chef gar keine Chance“, sagte die Jüngere.

„Genau und stellen Sie sich vor, die hat sich extra für ihn die Brüste machen lassen als wir hörten, dass es mit seiner ersten Ehe zu Ende ging“, sagte die Ältere.

„Und jetzt lebten die beiden getrennt?“, fragte Lüppi.

„Ja, seit einem Monat“, antwortete die Jüngere und die Ältere musste schluchzen.

„Wie lange waren die beiden verheiratet?“, fragte Gördi.

„Zwei Jahre hat er es mit ihr ausgehalten. Das müssen seine schlimmsten gewesen sein, zumindest hat er nach den ersten sechs Monaten schon die ersten Äußerungen gemacht.“

„Und die wurden bis vor einem Monat nur noch schlimmer?“, fragte Gördi.

„Genau, er hat zuletzt nur über sie geschimpft. Sie hat nichts bei ihm Zuhause gemacht und war nur in Düsseldorf shoppen.“

„Auch nicht schlecht. Was können Sie uns denn zu einer anderen Frau sagen? Wir haben in seinem Hotelzimmer Damenbekleidung gefunden.“

„Das verwundert mich jetzt aber“, sagte die Ältere und die Jüngere nickte zustimmend.

„Das heißt, Sie trauen ihm eine andere Frau nicht zu?“, fragte Lüppi.

„Da stimmt was nicht. Ich kenne ihn nun schon über zehn Jahre. So schnell lässt er sich mit keiner neuen Frau ein“, antwortete die Ältere.

„In Ordnung“, sagte Lüppi und notierte es sich in seinen karierten Block mit dem Bleistift.

„Wir haben auf der Visitenkarte von Dr. Bachschneider gelesen, dass er Arzt für Orthopädie, Rheumatologie und Spezielle Schmerztherapie war. Wer vertritt ihn denn, wenn er nicht da ist?“, fragte Gördi.

„Niemand.“

„Und was ist mit den Patienten? Die gehen dann zu einem Vertretungsarzt?“, fragte Gördi, obwohl er die Antwort schon wusste.

„Was für Patienten? Wir haben fast keine normalen Patienten.“

„Bitte?“, fragte Gördi überrascht und Lüppi hörte auf zu schreiben.

„Dr. Bachschneider war hauptsächlich als Gutachter für das Versorgungsamt und die Gerichte tätig.“

„Gutachter? Die Praxis ist fast nur für Gutachten da?“

„Ja, genau. Hauptsächlich.“

„Davon kann eine Praxis leben?“

„Ja, kann sie.“

„Gibt es Leute, die Dr. Bachschneider wegen einer seiner Gutachten etwas Böses wollten?“

„Ja, bestimmt, das ist gut möglich. Nicht alle sind der gleichen Meinung wie ein Gutachter. Es kommt vor, dass sich Leute beschwert haben oder ihn bedroht haben.“

„Was hat Dr. Bachschneider dann getan?“, fragte Gördi.

„Nichts. Das hat ihn nicht besonders interessiert. Er sagte immer, die regen sich auch wieder ab.“

„Tja, vielleicht nicht alle.“

„Meinen Sie es war einer der Patienten, die er begutachtet hat?“, fragte die Jüngere.

„Möglich wäre es zumindest“, bestätigte Gördi.

„Gibt es Aufzeigungen oder eine Art Übersicht von den Patienten, die sich hinterher beschwert haben?“, fragte Lüppi.

„Eine Übersicht nicht, aber wir haben natürlich zu jedem Begutachteten eine Akte angelegt. Auf diesen Akten haben wir vermerkt, wer sich hinterher beklagt hat. Wenn wir alle Akten durchgehen, könnten wir eine Übersicht erstellen“, sagte die Ältere noch immer mit Tränen in den Augen.

„Geht aus dem Vermerk auch hervor, ob sich der Patient nur einmal oder mehrfach beklagt hat?“

„Ja, wir haben da eine Strichliste dahinter gemacht, wenn es mehr als einmal war.“

„Wann können wir die Auflistung bekommen?“, fragte Lüppi.

„Mmh... sagen wir Übermorgen?“, fragte die Jüngere und sah dabei ihre Kollegin an. Diese nickte und bestätigte es.

„Wenn Ihnen sonst irgendetwas einfällt, was vielleicht auch gar nicht so interessant ist, dann sagen Sie es uns bitte. Mein Kollege gibt Ihnen die Rufnummer von Herrn Kordes, den Sie tagsüber erreichen können“, sagte Lüppi. Gördi tat was er gesagt hatte und schrieb die Rufnummer auf einen Zettel. Lüppi hätte auch selbst die Rufnummer notieren können, wenn er sie in diesem Augenblick gewusst hätte. Das kam immer wieder vor, dass er sich nicht sicher war oder er sie einfach mal wieder vergessen hatte. Lüppi und Gördi verabschiedeten sich von den beiden Sprechstundengehilfinnen und fuhren wieder.

Montag, 16.05 UhrPolizeipräsidium Essen

Beide trafen wieder in ihrem Büro ein und wurden überrascht. Kriminalrat Eckerhard Schuster und eine blonde Frau, Anfang dreißig, standen im Büro. Beide drehten sich um als Lüppi und Gördi eintraten. Sie hatte lockiges längeres Haar, was etwas zerzaust aussah. Dass dies der Normalzustand bei ihr war wussten Eckerhard und Lüppi aus der Vergangenheit. Lüppi hatte es früher als wilde Mähne bezeichnet.

„Ja, das ist ja eine Überraschung. Was machst du denn schon hier? Ich dachte, du kommst erst morgen.“, fragte Lüppi und sah zu der jungen Frau.

„Ich konnte es nicht abwarten, meinen alten Kollegen wiederzusehen“, antwortete sie.

„Komm, lass dich drücken“, sagte Lüppi und beide nahmen einander in den Arm.

„Schön wieder hier zu sein“, sagte sie.

„Finde ich auch“, sagte Lüppi. Nach dem Drücken sah sie ihn an und zeigte auf seine Yankee-Kappe.

„Was ist denn bei dir passiert?“, fragte sie. Lüppi erzählte ihr, dass er jetzt mit seiner Nachbarin zusammen wäre und sie heiraten würden. Und das seine zukünftige Frau meinte, dass es total schick sei und dass coole Männer so etwas tragen würden. Sie sagte ihm, dass seine zukünftige Frau damit recht hätte, aber sie sich das hätte nicht vorstellen können, dass er eine Baseballkappe tragen würde. Anschließend schaute sie Gördi an und ging auf ihn zu.

„Ich darf mich vorstellen. Ich bin Lüppi´s alte Kollegin, Heike Buhrmann“, sagte sie und hielt Gördi die Hand hin. Er sah sie leicht elektrisiert an und sagte nur: „Hallo.“

„Du bist dann also Gerhard Schwarz?“, fragte sie.

„Äh, ja.“

„Heike, bleibst noch etwas?“, fragte Lüppi.

„Ja, klar doch“, antwortete sie. „Ich habe von Eckerhard schon von dem aktuellen Fall gehört. Ihr wart in der Praxis von dem Ermordeten hat Peter gesagt.“

„Genau und haben uns mit den beiden Sprechstundengehilfinnen unterhalten“, sagte Lüppi. Gördi setzte sich an seinen Schreibtisch, was Lüppi auch tat. Heike sah zu ihrem Schreibtisch und nahm sich ihren Bürostuhl. Eckerhard blieb stehen.

„Erzähl mal, das interessiert mich“, sagte Eckerhard.

„Der Dr. Bachschneider hat fast keine normalen Patienten gehabt, sondern hauptsächlich nur für das Versorgungsamt und den Gerichten Gutachten erstellt. Die beiden Damen machen eine Liste der Patienten, die mit dem Ergebnis der Gutachten nicht einverstanden waren“, sagte Lüppi.

„Die getrenntlebende Ehefrau war mal eine Mitarbeiterin von dem Toten“, ergänzte Gördi und Heike drehte sich zu ihm um.

„Horst ist noch in der KTU?“, fragte Heike in den Raum hinein.

„Ja, er ist aber inzwischen der Leiter“, antwortete Lüppi.

„Was ist mit Stefanie, der Rechtsmedizinerin, ist sie auch noch da?“

„Ja, ist sie. Es hat sich nicht viel verändert“, sagte Eckerhard.

„Ist Paul Quandt noch der ‚Erste Kriminalhauptkommissar‘ und Leiter der KK11?“, fragte Heike.

„Ja, im Prinzip schon. Er ist aber seit einem Jahr schwer krank und wir wissen nicht wann er wiederkommt.“

„Wer ist jetzt der kommissarische Stellvertreter?“

„Das ist Lüppi“, sagte Eckerhard. Peter kam ins Büro und stellte sich dazu.

„Ich störe mal. Vorläufige Nachricht aus der Rechtsmedizin. Dr. Justus Bachschneider ist definitiv am Schnitt durch die Halsschlagader gestorben. Als Tatwerkzeug kommt ein Steakmesser in Frage. Laut KTU ist der Fingerabdruck nicht zu gebrauchen und der Zimmerschlüssel ist zuletzt nur von dem Verstorbenen benutzt worden“, sagte Peter.

„In Ordnung, Peter. Du hast...?“, fragte Lüppi.

„Ich habe die Informationen notiert“, ergänzte Peter den Satz. Danach sprachen alle fünf eine längere Zeit über die Abwesenheit von Heike, bis Lüppi eine Frage hatte.

„Aber jetzt mal was anderes. Was ist mit deiner großen Liebe in Frankfurt?“

„Ist keine große Liebe mehr oder besser gesagt, gar keine Liebe mehr“, antwortete Heike.

„Was ist passiert?“

„Lüppi! Also wirklich, indiskret bist du ja mal wieder gar nicht?“, fragte Eckerhard.

„Heike, bin ich indiskret?“, fragte Lüppi.

„Nein, du doch nicht, auf gar keinen Fall“, sagte sie und grinste dabei. „Du bist einfach nur Lüppi. Wie meistens sprichst du nur das aus, was alle anderen auch wissen wollen.“ Dann schaute sie in die Runde und sah vier neugierige Gesichter.

„Er hat mich vor einem dreiviertel Jahr gefragt, ob ich nicht seine Frau werden wolle. Ich habe ihn um Bedenkzeit gebeten und er ist hingegangen und das ohne mein Wissen und hat bei unseren Vorgesetzten schon mal erzählt, dass ich aufhören würde zu arbeiten, wenn wir verheiratet wären.“

„Wau, Klasse. Das ist ja super. Da haste dich bestimmt gefreut, oder?“, fragte Lüppi mit einem ironischen Ton.

„Ja, hat mich umgehauen, so zu sagen. Als ich ihm zwei Monate später gesagt habe, ich würde ihn heiraten, wurde ich vier Wochen später von meinem Chef angesprochen, ich möge doch bitte meinen Nachfolger einarbeiten. Da bin ich vom besagten Hocker gefallen. Ich habe meinen Fast-Ehemann dann zur Rede gestellt und zu hören bekommen, dass es in seiner Familie nicht üblich wäre, dass eine Frau arbeiten würde, wenn sie Kinder hätte. Ich habe ihm gesagt, dass wir uns gar nicht darüber unterhalten hätten und ich keine Kinder haben wolle, zumindest jetzt nicht. Da sagt dieses Arschloch doch tatsächlich zu mir, dann wäre ich nicht die richtige Frau für ihn und er müsse sich dann nach einer gebärwilligen Frau umsehen. Ich würde wohl einsehen, dass er das so nicht akzeptieren könne“, sagte Heike.

„Und haste ihm eine gescheuert?“, fragte Lüppi.

„Ja, unter anderem, leider.“

„Warum leider und was ist unter anderem?“

„Ich habe ihn noch in seine Familienplanung...“, sagte Heike und verstummte. Eckerhard schaute etwas erschrocken

„Hoppla, das hat Ärger gegeben“, sagte Lüppi.

„Ja, ziemlich.“

„Ist das der Grund für dein wiederkommen?“, wollte Eckerhard wissen.

„Nein, sondern die drei Monate Spießrutenlaufen im Kommissariat. Dann Versetzung in zwei andere Abteilungen, bis mich der Kriminaloberrat gefragt hat, ob ich denn nicht lieber wieder im Ruhrgebiet arbeiten wolle und da bin ich wieder.“

„Die wussten dich nicht zu schätzen“, sagte Lüppi kurz.

„Das scheint mir auch so“, bestätigte Eckerhard. Während Lüppi, Eckerhard und Peter über die vergangene Zeit von Heike vor ihrem Weggehen sprachen, sagte Gördi nichts.

Montag, 17.30 UhrEssen Frohnhausen

Lüppi schloss die Wohnungstür auf und Marianne kam ihm entgegen. Beide sahen einander an, küssten und drückten sich. Der erste Arbeitstag nach vier Wochen gemeinsamer Zeit war vorbei. Sie fragte ihn, wie der erste Tag gewesen sei. Er erzählte ihr von dem neuen Fall und was er von den beiden Sprechstundengehilfinnen gehört hatte, dabei tranken sie wie gewohnt eine Tasse Kaffee und aßen ein paar Plätzchen.

„Ach und noch was. Heike, die Kollegin, die nach Frankfurt gegangen war, ist wieder zurück“, erzählte Lüppi.

„Ist das nicht die junge Frau mit den zotteligen Haaren? Sie ist doch blond, richtig?“, fragte Torti nach.

„Genau.“

„Sie ist doch wegen eines Mannes nach Frankfurt gegangen, oder?“

„Ja, stimmt, hat sich aber erledigt.“

„Und, freust du dich, dass sie wieder da ist?“

„Ja, sehr sogar“, sagte Lüppi und dachte sich nichts dabei.

„Sehr sogar? Mmh... das war doch die Kollegin, die drei oder viermal bei dir übernachtet hat, oder?“

„Ja, das ist Heike.“

„Aber du möchtest mich noch heiraten?“

„Aber natürlich, warum fragst du so etwas?“, stellte er die Gegenfrage und wusste nur zu genau, worauf die Frage abzielte.

„Du hast mir aber versprochen, dass du mit keiner anderen Frau mehr ins Bett gehst“, sagte Torti nun mit einem recht bestimmenden Ton.

„Das weiß ich. Ich liebe dich und es wird keine Andere für mich geben.“

„Und warum freust du dich dann so auf sie?“

„Weil sie so ist wie ich. Weil ich mich 100-prozentig auf sie verlassen kann, wie bei niemanden anderen im Präsidium. Sie ist eine sehr gute Ermittlerin und sie denkt mit, man muss ihr nicht alles sagen.“

„Du freust dich also nur aus beruflichen Gründen auf sie?“

„Aber natürlich, mein Schatz. Ich liebe dich und keine andere.“

„Dann will ich dir das mal glauben, mein Liebling“, sagte Torti.