Kommissar Stein und der brennende Leuchter - Peter-Wolfgang Klose - E-Book

Kommissar Stein und der brennende Leuchter E-Book

Peter-Wolfgang Klose

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Beschreibung

„Was Commissario Brunetti in Venedig, Ispectora Delecado in Barcelona oder Inspector Ramos in Lissabon leisten, versucht Kriminalkommissar Stein in Köln.“ – Kölnische Rundschau Was ist nur bei der IHK zu Köln los? Immer wieder brennen Autos auf dem Parkplatz im TechnologiePark in de Eupener Straße. Christine Hendriks, Leiterin der Weiterbildungsabteilung der IHK, macht sich Sorgen. Wieso sind es immer nur die Wagen der Mitarbeiter der IHK? Als dann noch der Kollege Fackelmann verschwunden ist, sind ihre Ängste noch größer, denn im letzten Brandwagen liegt eine männliche Leiche. Verbrannt und nicht zu erkennen. Kommissar Stein, sein Team und der spanische EU-Austauschpoliist Alvonso Estéves stehen vor einer Herausforderung. Die Art und Weise, wie die Fahrzeuge in Brand gesteckt wurden, deutet auf einen Koch hin. Rächt sich hier jemand, weil er die Prüfung zum Küchenmeister nicht bestanden hat? Spannung pur – ein typischer Kommissar Stein; voller Humor und Raffinesse. Ein Krimi mit Happy End, denn am Ende heiratet Armin Stein endlich seine Verlobte Grace Keller. Feiern Sie mit, nachdem auch Sie den Fall gelöst haben.

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Seitenzahl: 307

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KOMMISSAR STEIN UND DERBRENNENDE LEUCHTER

 

Von Peter Wolfgang KloseEin Krimi aus der Region Köln

Copyright © 2011 by Peter-Wolfgang Klose, Köln

 

Fotomaterial Umschlagmotiv: Dreadlock, Alx, Giorgio Clementi @ fotolia.com

 

 

Herstellung: PublikationsService® – Produktion & Verlag Armin Zupan, München www.publikationsservice.de

 

Dieses Buch wurde auf chlor- und säurefreiem

Papier gedruckt

Printed in Germany

 

 

ISBN: 978-3-936904-61-1

ISBN eBook: 978-3-336904-78-9

 

 

 

Alle Personen und Geschehnisse dieses Romans sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und tatsächlichen Geschehnissen wären rein zufällig.

Die Unternehmen, Namen und Daten in den hierin befindlichen Beispielen sind frei erfunden, soweit dies nicht anders angegeben ist oder der besseren Orientierung gilt.

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

 

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

 

Henriette N. und Bernd L. gewidmet

 

Personenverzeichnis

Soko Stein:

Armin Stein: Lt. Kriminalhauptkommissar

Roman, Forisch: Kriminaloberkommissar

Alfonso Estevés: EU-Geförderter Assistent

Josef Hartkopf: Staatsanwalt

 

Dr. Elisabeth Kirchner: Rechtsmedizinerin

 

Grace Keller: Armins Verlobte/Ehefrau

 

R. Meusel von Meuselwitz: Rechtsanwalt

 

IHK:

Christine Hendriks: Abteilungsleiterin IHK

Carmen Rubens: Sachbearbeiterin

Bernhard Fackelmann: Sachbearbeiter

Thorsten Hübsch: Sachbearbeiter

Yvonne Kerner: Sekretärin

Mandy Jungnickel: Praktikantin

Wilfried Ewaldsson: Dozent soziale Kompetenz

Hans Weiß: Dozent Fachkunde Küche

Herbert Hartmann: Dozent Buchhaltung

 

Lehrgangsteilnehmer Kurs Küchenmeister: (Nur ein Auszug)

Antonio Cento: Koch

Erwin Deiter: Koch

Brigitte Esser: Köchin

Franko Tauber: Koch

Sofia Riptupin: Köchin

Gerd Meyer-Trankmann: Koch

Hajo Perlmann: Koch

Urs Schneider: Koch

 

Außerdem:

Erwin Zimmermann: ein Zeuge

Jeanpierre Kollmer: ein Mann

Frau Wehrmann: an der Rezeption Mattes Strawiski: Chef von Clean for You Josef Kleingans: ein weiterer Zeuge

Herr Brecher: Taxibesitzer in Scheibenberg/Erzgebirge

Eine Schwester

Prüfungsangst

 

Die Flammen schlugen enorm hoch. Es lag sicher daran, dass dieses Parkhaus eigentlich mehr ein aufgestockter Parkplatz war. Stahlträger stabilisierten das zweite Parkdeck und stetiger Wind hielt die Parkflächen sauber. Aber er fachte auch die Flammen weiter an. Wie losgelassene, wild am Himmel reitende Walküren von Richard Wagner sahen die zuckenden Schatten und Lichter auf den Hauswänden und in den Fensterscheiben aus. Ein flammendes Inferno der kölschen Art. Eben nicht ein ganz richtiges Inferno, aber später in den Erzählungen sicher größer als ein echter Ort der Verdammnis. Es fehlte eigentlich nur Richard Wagners Musik dazu. Stattdessen hörte man in der Ferne schon die Quinte des Tatütata der Feuerwehr.

 

Das Parkhaus lag zwischen drei Verwaltungsgebäuden und einem Wohnhaus. Es nahm fast den gesamten Innenbereich ein. Ein Anwohner in dem Wohnhaus an der Schmalseite des Innenhofes war durch den Flammenschein aufmerksam geworden, als er in der Nacht schlaftrunken zur Toilette ging.

 

Sofort hatte er die Feuerwehr angerufen. Es war nicht das erste Mal, dass es in diesem Parkhaus brannte. Schon drei Mal hatte es innerhalb der letzten drei Monate gebrannt.

 

Eben dieses Tatütata der Feuerwehr weckte auch die übrigen Bewohner auf. In den Verwaltungsgebäuden blieben die Fenster dunkel. Es war 21.24 Uhr, als der Alarm eingegangen war.

 

Mit mehreren Löschzügen war die Kölner Feuerwehr angerückt. In den angrenzenden Gebäuden waren Teile der IHK zu Köln, eine große Versicherung und ein Pharmakonzern untergebracht. Brennmaterial gab es hier in diesen Büros genug.

 

Es war das erste Mal seit vier Jahren, dass Armin Stein, Leiter der ‚Soko Stadtgrenze’, für kreisübergreifende Fälle, nicht von seinem Vorgesetzten im Polizeipräsidium aus dem Urlaub zurückgerufen wurde. Er hatte tatsächlich richtig Ferien machen können.

 

Wie gut hatten ihm die Tage in Scheibenberg getan. Diesen Flecken im Erzgebirge hatte ihm ein Freund empfohlen. Eingebettet in die Höhen der schneesichersten Region in Deutschland lag diese kleine Stadt, mit der alten Kirche, in die sich immer ein Blick lohnte. Er genoss die gute Gastronomie im Ort und auf dem Scheibenberg. Mit dem Motorrad erkundete er die Region. Sogar eine Fahr nach Karlsbad in Tschechien hatte er gemacht.

 

Hier konnte man sich wirklich erholen. Er hatte ein Privatquartier gefunden und wurde dabei herzlich von der Wirtin mit selbst gemachter Marmelade versorgt. Er bekam jeden Morgen frische Brötchen mitgebracht und wurde sogar zwei Mal zum Essen mit der Familie eingeladen.

 

Der Wirt fuhr das einzige Taxi im Ort und konnte ihm viele Tipps geben, wo er mit seinem Motorrad einmal hinfahren sollte. Herr Brecher, so hieß der Wirt, freute sich über Armin, denn er bastelte selbst an einem alten Motorrad herum, welches noch aus der Zeit um 1930 stammte. Gemeinsam mit Armin drehte er eine Runde um den Berg. Armin auf seiner Harley und der Wirt auf seinem historischen Stück.

 

Doch alle guten Tage haben auch mal ein Ende. Die Fahrt nach Köln war anstrengend, denn die Autobahn war voll. LKWs blockierten zeitweise die Fahrbahn.

 

Armin machte immer wieder Pausen, um sich zu erholen und so kam er erst spät am Abend in Pulheim an. Dort erwartete ihn Grace, seine Verlobte, die, wegen eines Planungsfehlers im Amt, keinen Urlaub mit Armin zusammen hatte machen können.

 

Sie hatten zwar jeden Tag zwei- bis dreimal miteinander telefoniert, doch das war nichts gegen das Wiedersehen.

 

Die letzten 100 km hatte Armin immer wieder das Bedürfnis, schneller zu fahren als erlaubt war, doch er hielt sich strikt an die Verkehrsregeln. Als Polizeibeamter konnte er sich ein Protokoll nicht leisten.

 

Grace Keller erwartete ihn mit einem wunderschönen Essen und einem guten alten Rotwein. Nachdem sie gemütlich gegessen hatten, gingen sie gemeinsam schlafen.

 

Armin war zwar müde, aber es wurde trotzdem zu einer der schönsten Nächte der letzten Monate. Armin war eben erholt und hatte Bedürfnis nach der Liebe seines Lebens.

 

„Morgen geht der alte Trott wieder los. Aber weißt Du was? Wenn Du doch endlich Urlaub bekommst, dann heiraten wir in der Zeit. Ich habe ja auch noch ein paar Tage und mein Chef ist da beweglicher als Deiner. Was hältst Du davon?“, fragte Armin die Frau, die in seinen Armen neben ihm lag.

 

„So lange soll ich noch warten? Das kann ja noch gut zwei

Monate dauern. Und ob Du mich alte Frau dann noch willst?“, scherzte sie und kuschelte sich noch näher an ihren Armin heran.

 

Am nächsten Morgen fuhr Armin ins Präsidium. Obgleich heute Montag war, fuhr dieses Mal kein Müllwagen vor ihm durch die engen Straßen. Unbewusst hielt er nach einem Ausschau. Hatte die Müllabfuhr ihre Termine geändert?

 

Sein reservierter Parkplatz war auch frei. Es geschehen doch noch Wunder über Wunder, dachte sich Armin.

 

Als Armin die Tür zu seinem Büro öffnete, roch er gleich den guten Kaffee, den Roman Forisch, sein Assistent immer perfekt kochte. Sie wechselten sich damit ab, wenn es um den Einkauf von Kaffee, Sahne und Eis ging. Zubereiten ließ Armin aber lieber seinen Kollegen Roman den Kaffee. Der konnte das einfach besser.

 

„Hallo, Chef, schön Dich wieder zu sehen. Du siehst richtig gut erholt aus. Haben wir vielleicht etwas zugenommen?“, scherzte er. Das ‚wir’ benutzte er, um Armin nicht gleicht zu verärgern.

 

„Du vielleicht, aber ich nicht“, bekam er von Armin leicht bissig zurück. Armin wusste, dass Roman sehr auf Figur und Aussehen achtete. Darin war er nicht anders als die meisten derer, die mit anderen Männern eine Partnerschaft bildeten.

 

„Kein Gramm Chef. Ich bin auf Diät. Axel meint auch es dürfe nicht mehr werden und in diese Muckibuden gehe ich nun mal nicht gerne. Wir haben uns jetzt ein Trimmrad gekauft und fahren jeden Tag 20 Kilometer damit. Jeder! Das ist so ein Gerät mit Monitor und Filmen. Wie in Mutter Natur.“

 

Roman stellte seinem Chef eine Tasse des guten Kaffees hin, wie Römisch Drei, Armins zweiter EU-Assistent aus Österreich ihn immer gemacht hatte. „Wir kriegen gleich auch Besuch vom Chef. Der bringt auch den neuen EU-Geförderten mit, einen Spanier. Olé. Ich habe leider noch keine Akte von ihm. Ansonsten sind da noch ein paar Postkarten. Eine von Dir. Danke dafür, eine von Urszula aus Danzig und eine von Wienus aus den Niederlanden. Wir hatten ja schon eine Reihe von EU- Geförderten. Nicht schlecht. Wir sollten uns hier eine Art Ahnen- oder Bildergalerie anlegen.“

 

„Höre ich da ein wenig Eifersucht heraus?“, fragte Armin seinen

Assistenten.

 

„Nein, ich bin ja fest bei Dir und die anderen sind ja auch eine Bereicherung für meine Arbeit. Ich wollte mit Axel mal nach Budapest. Vielleicht kann uns da Ilona helfen, ein günstiges, aber gutes Hotel zu finden.“

 

Während sie sich unterhielten, tranken sie ihren Kaffee.

 

Es klopfte vier Mal und der Polizeipräsident kam mit einem Mann herein, dessen Alter man schwer einschätzen konnte. Irgendwo zwischen Ende zwanzig und Mitte dreißig.

 

„Guten Morgen meine Herren. Na das duftet ja wieder wohltuend nach Ihrem legendären Kaffee. Ich hoffe, Sie haben sich bestens erholt Herr Stein. Herr Forisch hat die Stellung ja gut gehalten. Ich bringe Ihnen heute Ihren neuen, wie Sie so schön sagen, EU-Geförderten Kollegen mit. Es ist Herr Adolfo, oh Entschuldigung: Alfonso Estevéz aus Madrid. Er arbeitet dort in einer Sonderabteilung für Kreditkartenbetrug. Damit

 

haben wir hier ja glücklicherweise nicht so viel zu tun. Er hatte sich für den Austausch beworben, weil er, als Kind in Quadrath- Ichendorf im Rhein-Erftkreis aufgewachsen ist. Daher kann er auch so gut Deutsch. Seine Familie ist dann aber wieder nach Madrid zurückgegangen. Ich habe Ihnen hier seinen Bewerbungsbogen ausgedruckt.

 

Hier, Herr Estévez, haben Sie auch Ihren deutschen Polizeiausweis, der für die Zeit gültig ist, in der Sie hier im Team sind. Mit dem leitenden Kriminalhauptkommissar Stein haben Sie einen erfahrenen Beamten als Chef. Er hat schon ein paar Kollegen aus dem Ausland hier begleitet. Herr Forisch ist Kriminaloberkommissar und Stellvertreter von Herr Stein. Er kennt Köln wie seine Westentasche.“ Dabei zwinkerte er Roman mit einem Auge zu.

 

„Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und gute Erfahrungen hier in

Köln.

 

Ach ja, hier habe ich einen neuen Fall für Sie, Herr Stein. Eigentlich nur eine Bagatelle, aber wir haben im Augenblick niemanden frei, der sich damit beschäftigen kann. Brandstiftung. Lesen Sie es sich mal durch. Ist vielleicht für den Einstieg von Herrn Estevéz genau das Richtige. Na dann, viel Erfolg und geben Sie mir Bescheid, was aus dem Fall geworden ist.“

 

Mit diesen Worten und einem dreifachen Händeschütteln verließ der Polizeipräsident Armins Büro.

 

„Na dann, erst einmal auch herzlich willkommen bei uns.“ Armin reichte dem neuen Kollegen die Hand. „Wir duzen uns hier im Team, ich hoffe Sie haben nichts dagegen?“

 

„Ich bin der Alfonso.“ Der rheinische Klang und die „ch-“ „sch-“ Schwäche war nicht zu überhören.

 

„Ich mache Dir auch erst einmal einen Kaffee. Das Rezept für unsere Art Kaffee zu machen, liegt hier unter der Platte auf der die Kaffeemaschine steht, falls Du mal nicht wissen solltest, wie das geht. Ich bin der Roman und freue mich, dass Du bei uns bist. Erzähl’ doch mal was über Dich.“

 

Armin war froh, dass Roman diesen Satz gesagt hatte. Bei ihm selbst klang das immer zu sehr nach Bewerbungsgespräch.

 

„Also, ich bin der Alfonso Estevéz, 31 Jahre alt, verheiratet, 2

Kinder. Einen Sohn Juan Carlos, wie unser König und eine

Tochter Carmen, wie die Oper.“ Armin musste grinsen.

 

„Ich bin dort comisario de investigación, also das, was man hier Kriminalkommissar nennt. Wie der Herr Präsident schon sagte, bin ich in der Abteilung für Kreditkartenbetrug. Davon haben wir leider in Spanien eine Menge. Aber wenn ich von hier wieder nach Hause komme, werde ich in die Abteilung für ungeklärte Todesfälle versetzt. Das ist weitaus spannender. Meine Frau ist auch bei der Polizei, allerdings jetzt im Mutterschutz, denn Carmen, unsere Prinzessin, ist erst ein halbes Jahr alt. Wollt Ihr mal Bilder sehen?“ Er zog eine Brieftasche heraus und zeigte stolz drei Bilder von seiner Frau und den zwei Kindern.

 

„Ich backe sehr gerne Kuchen, deshalb muss ich auch viel laufen, damit die Kalorien wieder abtrainiert werden. Ansonsten spreche ich neben Englisch und Französisch auch Kölsch. Das trinke ich aber auch gerne mal.“

 

„Na, dann Willkommen in unserem Team!“ Armin freute sich einen aufgeschlossenen, jungen Kollegen bekommen zu haben.

 

Roman reichte ihm den Kaffee und setzte sich dann an den Tisch. „Mal sehen, was der Herr Präsident uns da gebracht hat. Wenn es heißt, niemand sei dafür frei, weiß niemand etwas mit dem Fall anzufangen, oder aber es will niemand etwas damit zu tun haben. Ich mache erst mal Kopien für jeden von uns. Wenn der Kaffee noch zu heiß ist, könnt Ihr ja auf mich warten. Dauert nicht lange“, meine Roman freundlich lachend. „Unser Kopierer ist ja neu, da geht es schnell.“

Tatsachen

 

Sie saßen gemeinsam um den großen Tisch und schauten sich an was bis jetzt in der Akte vorhanden war. Und das war nicht allzu viel. Drei Autobrände, alle im gleichen Parkhaus. Zufall oder nicht? Immer um die gleiche Zeit. Auch wieder Zufälligkeit oder nicht? Nach den Unterlagen der Feuerwehr und des Brandsachverständigen war jedes Mal unter den Wagen ein Leuchter aufgestellt worden, in dem eine Kerze in Brennpaste steckte. Diese wurde warm, verbreitete sich dann über den Boden und entzündete das jeweilige Auto. Außerdem hatte man jedes Mal an den Reifen und dem Metall Überreste von Brandbeschleunigern feststellen können. Das konnte wirklich kein Zufall mehr sein.

 

Glücklicherweise war es bis jetzt noch nicht zu einem Personenschaden gekommen. Armin fühlte sich nicht wohl bei diesem Fall, denn diese Sachen waren nichts für ihn. Er brauchte handfeste Morde und Verdächtige. Und für Brandstiftung hatte er überhaupt kein Verständnis. Zerstörung ohne Grund. Das war nicht seine Sache.

 

Armin schaute seinen Assistenten an. „Da gibt es doch sicher mehr als nur einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Fällen. Darauf ließ die Art der Brandstiftung schließen. Wir sollten uns das alles einmal anschauen. Warum die Kollegen das noch nicht geprüft haben? Wer hat denn den Fall überhaupt bearbeitet?“

 

„Der Theissen!“, meinte Roman und stöhnte. Alfonso schaute in die Runde.

 

Armin drehte sich zu Alfonso. „Ach, Du musst wissen, der Theissen geht bald in Pension. Er hat schon seit zwei, drei Jahren keine rechte Lust mehr. Deshalb bekommt der immer nur noch Bagatellfälle. Jetzt ist er wieder einmal krankgeschrieben. Er hat es angeblich im Rücken. Deshalb hat der Chef uns diesen Fall übertragen. Na gut, dann wollen wir mal sehen, was wir herausfinden können. Roman zeige dem Alfonso erst einmal das Präsidium und am Nachmittag fahren wir dann und schauen uns die Tatorte erst einmal an. Vielleicht können wir noch ein paar Befragungen durchführen. Gibt es denn eine Zeugenliste?“ Armin blätterte die Unterlagen suchend durch.

 

„Nein, noch nicht. Die müssen wir uns aus den Protokollen heraussuchen.“ Roman verdrehte die Augen.

 

„Das kann ich doch machen, dann lese ich mich auch gleich in deutschen Protokolle ein.“ Alfonso nahm sich einen der Blöcke, die Roman auf den Tisch gelegt hatte.

 

„Du brauchst keinen Block. Wir haben hier immer unser Flipchart. Das ist Armins Lieblingsobjekt. Die Blätter können wir dann hier an der Wand befestigen. Schreibe die Zeugen, oder alle die eine Aussage gemacht haben, am Besten auf das Flipchart.“ Roman zeigte mit dem Kopf in die Ecke des Raumes.

 

Dort stand ein Flipchart mit dem Spruch: „Herzlich

Willkommen in unserem Team.“

 

Alfonso musste lächeln.

 

Armin zog sich in sein Büro zurück. Er nahm seine Unterlagen mit und schloss die Tür.

 

„Du Alfonso, wenn der Armin die Türe zumacht, dann darf er nicht gestört werden, dann denkt er nach. Meist hört er dann die Jupitersinfonie von Mozart und wer ihn dabei stört, der hat keine guten Karten mehr bei ihm. Ansonsten hat er nämlich immer die Tür offen stehen. Komm, wir machen erst einmal den Rundgang durch das Haus. Du musst doch wissen, wo die Toiletten und die Kantine sind. Das sind schon fast die wichtigsten Orte hier.“

 

Sie gingen durch das Präsidium und Roman zeigte seinem neuen Kollegen unter anderem auch das Parkhaus in dem Armins Dienstwagen stand.

 

In der Kantine holten sie sich jeder einen Schokoriegel. Als sie bezahlen wollten, lachte Alfonso laut auf.

 

„Das gibt es doch gar nicht. Da hinten, der mit dem blauen Pullover, das ist ein ehemaliger Klassenkamerad von mir vom Gutenberg-Gymnasium Bergheim. Dem muss ich mal schnell

‚Guten Tag’ sagen.“ Roman schaute in die Richtung, in die

Alfonso gedeutet hatte.

 

„Meinst Du etwa den Sittentoni?“, fragte er erstaunt.

 

„Ja, den Anton Schulte-Backes. So hieß er jedenfalls damals. Die Sylvia Backes, die er geheiratet hatte, hat ihn ziemlich saniert. Bauernland wird Bauland, wenn Du verstehst, was ich meine.“ Alfonso musste wieder volltönend lachen.

 

Sie gingen zusammen zu den drei Kollegen, die an einem Tisch saßen und Kaffee tranken.

 

„Na, die Soko Stein wieder unterwegs mit ’nem neuen Kollegen?“, fragte Sittentoni, wie Roman ihn vorher bezeichnet hatte.

 

„Sag mal, erkennst Du mich nicht mehr? Ich bin’s der Alfonso

Estevéz. Wir waren doch zusammen in einer Klasse.“

 

„Ich dachte Du bist mit Deiner Familie wieder in Spanien? Was machst Du denn hier? Zu Besuch?“ Sittentoni, er war bei der Sittenpolizei, blieb am Tisch sitzen.

 

„Ich bin jetzt für sechs Monate hier. EU-Austausch. Bei

Kommissar Stein und dem Roman hier.“

 

„Na, dann viel Vergnügen und stelle Dich immer mit dem

Rücken zur Wand.“ Sittentoni grinste frech.

 

„Er spricht darauf an, dass ich schwul bin. Aber ich bin verpartnert mit Axel. Da brauch’ ich nicht fremdzugehen.“ Roman blieb gelassen. „Stimmt es eigentlich, dass Ihr von der Sitte im Pascha-Club Sonderpreise habt oder auf lau bumsen könnt. Oder ist das nur ein Gerücht?“ Roman sah so unschuldig in die Runde, dass ihm niemand böse sein konnte.

 

„Lau, Frau Forisch.“ Sittentoni konnte seine Spitzen nicht lassen.

 

„Du bist immer noch der gleiche Arsch wie in der Schule. Schade Dich getroffen zu haben.“ Alfonso drehte sich um und nahm Roman am Arm. „Ich wusste doch, dass es in jedem Präsidium einen besonderen Idioten gibt. Aber muss ich den gleich am ersten Tag treffen?“ Er hatte so laut gesprochen, dass Sittentoni und die anderen Kollegen es hören mussten. Dann gingen sie ins Büro zurück.

 

„Mach’ Dir nichts draus, der Toni ist eben ein dummer Mensch. Wie der die Kommissarprüfung geschafft hat, frage ich mich immer wieder.“ Roman versuchte Alfonso zu beruhigen.

 

„Ich mach’ mir auch nichts daraus, der war schon in der Schule so. Ich kenne den schon als Zehnjährigen. Wenn ich wollte, könnte ich Dinge erzählen, die ihm sicher nicht so lieb wären, wenn das Präsidium sie erfährt. Aber auf das Niveau will ich mich nicht herab bewegen. Was machen wir jetzt weiter?“ Für Alfonso war da Kapitel Sittentoni abgeschlossen.

 

„Wir werden jetzt mal die Fakten ordnen. Du suchst die Zeugenliste zusammen und ich versuche alle Gemeinsamkeiten herauszufiltern. Wozu gibt es so schöne Tabellen, die dann für einen alles vergleichen? Danach machen wir erst einmal Mittag und fahren schließlich mit Armin zum Tatort. Ist ja nicht weit. Warum zündet wohl einer immer wieder Autos an? So wie der das angestellt hat, muss er doch davon ausgehen, dass er dabei beobachtet wird.“ Roman schüttelte nachdenklich den Kopf.

 

„Es sei denn, der Tatort ist nicht gut einsehbar oder er ist sich verdammt sicher, dass ihn niemand sieht.“

 

„Stimmt. Mal sehen, ob Armin wieder ansprechbar ist. Der ist ja gerade erst aus dem Urlaub gekommen und dann solch ein langweiliger Fall. Armin mag Fälle, die griffig sind, wie er immer sagt.“ Roman musste grinsen, als er seinen Chef so beschrieb.

 

Armin hatte Mozart mit Hilfe der Jupitersinfonie um Rat gefragt. Deshalb ging er mit klarem Kopf an die Arbeit.

 

„So, dann wollen wir uns mal den Tatort genau ansehen. Vielleicht sagt er uns ja was.“

 

„Armin, meinst Du nicht, wir sollten erst einmal zusammen essen gehen? Wenn wir danach zum Tatort fahren, kommen wir auch immer noch rechtzeitig hin. Der läuft uns schon nicht weg.“ Roman sah seinen Chef an.

 

„Du hast recht. Gehen wir erst einmal alles durch, was Ihr zusammengetragen habt und danach essen. Der Tatort läuft uns tatsächlich nicht weg.“

 

Roman räusperte sich verlegen „Chef, wir wollten gerade erst anfangen Alles zusammenzutragen. Ich habe doch Alfonso das Präsidium gezeigt. Sollen wir dann nicht alle zusammen die Fakten herausschreiben? Das geht doch schneller.“

 

„OK, dann lass’ uns mal loslegen.“

 

Sie nahmen sich noch einmal die Unterlagen vor.

 

Innerhalb der letzten zwei Monate hatte es drei Anschläge gegeben. Die Daten lagen beim ersten Mal nur zwei und dann fünf Wochen auseinander. Die Tatzeit schien immer die gleiche zu sein.

 

„Was sagt uns das?“, fragte Armin in die Runde.

 

Roman kaute an seinem Kugelschreiber. „Das kann bedeuteten, dass der Brandstifter im Schichtdienst arbeitet und immer um diese Zeit Feierabend hat. Es kann aber auch sein, dass er mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, die dann ankommen.“

 

Alfonso schaute Armin an „Es kann aber auch sein, dass er einen Hund hat.“

 

„Einen Hund?“ kam es von Armin und Roman gleichzeitig.

 

„Richtig, einen Hund, mit dem er immer um die gleiche Zeit seine Runde dreht.“

 

„Verrückte Idee, aber nicht schlecht. Daruf wäre ich nie gekommen, aber wir sollten das nicht aus den Augen verlieren. Das bringt mich auch auf eine Idee. Vielleicht hat ein Spaziergänger Beobachtungen gemacht, die er bis jetzt für belanglos hielt. Wenn wir etwas an die Presse geben, dann machen wir auch darauf aufmerksam. Manchmal hat man ja Glück damit.“ Armin machte sich seine Notizen. „Aber wir sollten diese Idee vielleicht doch nicht für die Presse freigeben, möglicherweise ist es besser. wenn der Täter nicht weiß, dass wir auch in diese Richtung ermitteln.“

 

Die Zeugenliste war relativ kurz. Einmal war es ein Passant, der auf dem Weg zu einem Taxistand war, als er das Feuer durch Zufall entdeckt hatte. Beim zweiten Feuer war es ein Anwohner und beim dritten Mal ein Mann vom Wachdienst, der in einem der Gebäude seine Runde drehte.

 

„Du, die Taxifahrer könnten vielleicht etwas beobachtet haben. Wir sollten die auch befragen.“ Roman schrieb Alles auf das Flipchart.

 

„Wem gehörten die Autos die da gebrannt haben?“, fragte

Armin, der immer noch in den Unterlagen blätterte.

 

„Der erste Wagen gehörte einer Carmen Rubens, der Zweite einem Thorsten Hübsch. Die Adressen haben wir hier. Von dem Dritten konnte der Besitzer bis jetzt noch nicht gefunden werden. Der Wagen stand abgemeldet im Parkhaus wie die Ermittlungen bis jetzt ergeben haben. Was aber merkwürdig ist, ist die Tatsache, wie die Wagen angezündet wurden. Da muss doch einer diese Brandbeschleuniger mitgebracht haben. Und wie ist der in das Parkhaus gekommen, ist das denn nicht abgeschlossen?“ Armin schüttelte bei seiner eigenen Frage den Kopf.

 

Roman schrieb sich etwas in seine Kladde und meinte: „Ab

23.00Uhr ist das Parkhaus abgeschlossen. Wie?, weiß ich allerdings auch nicht. Wir sollten das genau ermitteln. Hier steht nichts von Türen oder Rollgittern. Vielleicht kommt man auf einem anderen Weg in das Parkhaus hinein?“

 

Es war schon nach 13.00 Uhr, als sie endlich in die Kantine kamen. Wie so oft gab es Schniposa – Schnitzel, Pommes und Salat, Spaghetti mit Sauce Bolognese oder großer Salatteller mit oder ohne Spiegelei beziehungsweise hart gekochtem Ei. In einer Kühltheke neben der Kasse standen kleine Salate und auf silbernen Platten lagen belegte Brote, aus denen Salatblätter, Käse oder Schinken heraushingen. In Folie verpackte Würstchen ergänzten das wenig einladende Bild.

 

Die Kassiererin grüßte Armin freundlich. „Na Herr Stein, wieder aus dem Urlaub zurück, wann wird denn geheiratet, wieder einen neuen Assistenten, zahlen Sie zusammen oder jeder einzeln, noch was zu trinken?“ Ihre Stimme klang so schmierig, wie der Butterklecks auf ihrem ansonsten weißen Kittel.

 

Armin liebte diese Sätze. Er antwortete deshalb so, wie es viele Kölner machten. „Jo, et jeht esu. Ävver et is noch immer jot jejange. Und selber?“

 

„Dreifünfzig macht es dann.“ Armin zahlte mit einem Fünfeuroschein. Damit waren auch alle anderen Fragen beantwortet.

 

Sie hatten sich alle für Schniposa entschieden. Da konnte der

Koch nicht viel falsch machen.

 

„Haben Sie denn schon gehört, dass unsere Kantine neu verpachtet werden soll?“, fragte die Kassiererin Armin.

 

„Nein. Ab wann soll das denn sein?“

 

„Der Chef hat gesagt, das muss ausgeschrieben werden. Dann muss der Betriebsrat mitentscheiden. Aber es kann ja nur besser werden. Sagen Sie aber nicht dem Chef, dass ich Ihnen etwas gesagt habe.“

 

Armin musste lächeln. „Ich kann schweigen.“ Ihm war klar, dass die Kassiererin es sicher jedem ihrer Gäste erzählte und jeden um Diskretion bat.

 

Sie setzten sich an einen der freien Tische, von dem eine fleißige junge Türkin gerade mit einem Lappen die letzten Reste der Vorgänger abwischte. Sie rückte auch noch die Blümchen und die Menage mit Pfeffer und Salz gerade und ging mit einem trocknen Tuch über die Pfeffer- und Salzstreuer.

 

Alfonso schaute sich um. Als er glaubte, nicht beobachtet zu werden, faltete er die Hände und sprach ein kurzes Tischgebet.

 

„Mahlzeit!“, kam es von der Seite und Staatsanwalt Josef Hartkopf schob sein Tablett mit Spaghetti Bolognese mit auf den Tisch.

 

„Das macht sich ja gut“, sagte Armin. „Da kann ich Ihnen ja gleich unseren neuen EU-Geförderten Kollegen vorstellen. Das ist Herr Estevéz aus Madrid. Alfonso, das ist Staatsanwalt Josef Hartkopf. Mit dem haben wir schon so manchen Fall geklärt. Er ist praktisch ein Freund unserer Soko.“ Armin trat Roman leicht unter dem Tisch vor das Schienbein, damit er nicht laut losprustete.

 

Das Essen ging mit kleinen Plaudereien über die Bühne. Der Staatsanwalt interessierte sich für Alfonsos Lebenslauf und so erfuhren die beiden Kollegen auch, dass er ebenso wie Alfonso in Quadrath-Ichendorf aufgewachsen war. Trotzdem kannten sie sich nicht, denn der eine wohnte an dem einen, der andere an dem anderen Ende der Gemeinde.

 

Nach dem Essen fuhren sie gemeinsam zur IHK. Doch die Adresse war eine andere als die der Hauptstelle der IHK, direkt in der Nähe des Doms. Also fuhren sie die ‚Hypothekenallee’, wie Armin die Straße ‚Unter Sachsenhausen’ nannte, weiter. Dorrt stand eine Bank neben der anderen und sie führte in Richtung der romanischen Großkirche St. Gereon.

 

Von der Straße aus war nicht zu erkennen, dass hier ein Teil der IHK untergebracht war. Man musste schon genau hinsehen. Viel mehr war die Werbung einer großen Versicherung zu erkennen. In diesem Teil der Straße waren es nicht Banken, sondern Bausparkassen und Versicherungen, die das Straßenbild prägten. Eine breite Toreinfahrt führte zu der Adresse, die Armin und sein Team suchte.

 

Es war wieder einmal typisch für Köln. Nirgendwo war ein

Parkplatz zu finden. Um diese Zeit war wie immer alles belegt.

 

„Sollten wir nicht in das Parkhaus fahren?“, fragte Roman seinen Chef.

 

„Siehst Du die Schranke dort, da kommen wir nicht durch. Ich habe aber hier eine Telefonnummer. Eine gewisse Christine Hendriks. Sie ist anscheinend die Abteilungsleiterin in der Weiterbildungsabteilung oder so. Ich rufe mal an, vielleicht kann die uns hereinlassen.

 

Es dauerte eine Weile bis jemand an das Telefon ging.

 

„Fackelmann, Apparat von Frau Hendriks, wie kann ich Ihnen helfen?“, sagte eine männliche Stimme.

 

Armin zögert kurz, denn er hatte ja eine Frauenstimme erwartet. Doch der Mann klang freundlich. Sofort machte er sich ein Bild von der Person. Die wenigen Worte genügten. Armin stellte ihn sich Ende dreißig, füllig, aber nicht dick und mit dunklen Haaren vor.

 

„Stein, Armin Stein, von der Kripo Köln. Wir untersuchen die Brandanschläge hier im Parkhaus. Können Sie uns vielleicht auf das Parkdeck lassen? Wir stehen mit dem Auto in der Einfahrt.“

Die Stimme antwortete ihm fragend „Wo sind Sie denn jetzt?“ Armin schaute zu Roman hinüber. „Wir stehen in der Einfahrt

vor dem Bildungszentrum hier, gegenüber der Kirche.“

 

„Oh, da sind Sie falsch. Das heißt, Sie sind schon richtig, aber wir sind letzte Woche umgezogen. Wir sind jetzt in der Eupener Straße. Ich rufe aber in der Zentrale an, die schicken jemanden, der Ihnen die Schranke öffnen kann. Der soll Ihnen auch gleich unsere neue Adresse mitbringen. Es kann aber ein paar Minuten dauern bis jemand da ist.“

 

„Gut, dann warten wir hier eben. Vielen Dank, Herr

Fackelmann.“

 

Armin legte auf und sprach Roman an. „Sag’ mal, warum steht von dem Umzug nichts in den Akten? Ich dachte die sind auf dem neuesten Stand.“

 

Roman war gekränkt, das sah man ihm an. „Was raunst Du mich an? Ich kann nichts dafür. Also lass’ uns warten und dann müssen wir eben in die Eupener Straße fahren.“

 

Bei Armin klingelte das Handy. „Neumeier hier, ich bin der Hausmeister der IHK. Wir räumen hier gerade auf. Einen Augenblick, ich schicke jemanden mit einer Codekarte herunter. Der muss sie reinlassen. Wenn Sie wieder wegfahren, muss jemand mitkommen und sie mit der Karte wieder herauslassen. Es dauert ein paar Minuten. Bitte haben Sie Geduld.“

 

Geduld war ein gutes Wort, denn Armin stand quer über dem Bürgersteig in der Einfahrt. Wenn jetzt jemand kam, konnte er nicht hineinfahren. Zurücksetzen war auch schwierig, denn der Verkehr rollte stetig über die breite Straße. Es dauerte wirklich eine Weile bis Armin eine junge Frau gelangweilt über das Parkdeck kommen sah. Also sie bemerkte, wie Armin in der Einfahrt stand, begann sie allmählich schneller zu laufen, so als wolle sie von der vergangenen Zeit wieder etwas wettmachen.

 

Sie winkte Armin bis zur Schranke vor. Als er ganz nah herangefahren war, hielt sie ihre Codekarte gegen den Scanner und die Schranke ging ruckartig hoch.

 

Armin fuhr durch und parkte direkt auf dem ersten freien Platz.

 

„Wenn Sie bitte dort hinten parken würden, das hier sind nicht unsere Parkplätze. Die anderen machen uns sonst wieder Ärger. Wäre wirklich sehr nett von Ihnen.“ Ihre Stimme klang ziemlich hoch und piepsig.

 

„Ich parke hier und lege meinen Polizeiparkausweis hinter die Windschutzscheibe. Wir wollen uns die Stellen ansehen, an der die Autos gebrannt haben. Können Sie uns das zeigen.“ Roman war ausgestiegen und hatte sich neben die junge Frau gestellt.

 

„Ich bin nur Aushilfe hier und helfe bei der Reinigung der Räume. Herr Neumeier hat mich gebeten Sie zu ihm zu bringen.“

 

Gemeinsam folgten Armin, Roman und Alfonso im Gänsemarsch der jungen Frau. Alfonso hielt den Kopf leicht schief und sah sich die langen Beine der Aushilfe genau an. Die tat so, als sei sie sich ihrer Wirkung auf Männer nicht bewusst und schwenkte die Hüften gekonnt bei jedem Schritt hin und her.

 

Es ging quer durch das Parkhaus über einen eingezeichneten Zebrastreifen zu einer schmalen Eingangstür, die man auf den ersten Blick nicht gefunden hätte. Mit einer Zahlenkombination öffnete die Praktikantin die Tür. Roman hatte sich die Zahlen gemerkt. 13579, wie langweilig.

 

Über das Treppenhaus gingen sie in die erste Etage. Hier war die Tür offen, ein Keil lag im Rahmen, sodass die Tür nicht zuschlagen konnte.

 

„Wir müssen hier darauf achten, dass nicht jeder einfach so hereinkommen kann. Uns werden immer wieder Computer und Bildschirme gestohlen. Herr Neumeier wartet da hinten auf Sie. Gehen Sie hier den Gang lang und dann hinten ganz durch. Er ist in dem Büro die letzte Türe links.“

 

Armin bemerkte den schwarzen Linoleumboden auf dem man jeden Streifen sah. Welcher Innenarchitekt das wohl verbrochen hatte? Sicher hat der noch nie solche Böden in öffentlichen Gebäuden putzen müssen.

 

Die Tür zu einem Büro stand offen, trotzdem klopfte Armin kurz an den Rahmen, bevor er den Raum betrat. „Sie sind Herr Neumeier?“, fragte er den Mann hinter dem leeren Schreibtisch.

„Können Sie uns zeigen, wo die Wagen gestanden haben, die vor Kurzem hier gebrannt haben?“

 

„Klar kann ich das. Wozu bin ich denn Hausmeister hier?“

 

Er kam auf Armin zu und ging wortlos an ihm, Roman und

Alfonso vorbei.

 

„Kommen Sie mit. Ich gehe vor.“ Mehr sagte er nicht. Er schien ziemlich wortkarg zu sein.

 

Auf dem Parkdeck war nicht viel zu sehen. Ein paar schwarze Flecken, die man versucht hatte, mit einem Hochdruckreiniger zu beseitigen. Die Stellen waren über das Parkdeck verteilt.

 

Armin stellte sich auf die jeweiligen Stellen, dann sah er sich um. Er fand keinerlei Hinweise.

 

„Gut, dann fahren wir jetzt besser in die Eupener Straße und sprechen mit Herrn Fackelmann. Haben Sie die genaue Adresse?“

 

„Klar, hier, ich hab sie Ihnen aufgeschrieben.“ Damit reichte der Hausmeister Armin einen Zettel. „Ich mache Ihnen die Schranke wieder hoch.

 

Die drei Kriminalbeamten verabschiedeten sich und gingen zurück zum Auto. Herr Neumeier stand an der Schranke und hielt eine Codekarte vor einen Sensor. Die Schranke ging hoch.

 

Mit einem Finger an der Baseballmütze grüßte er die Beamten und drehte sich wieder um.

 

Alfonso räusperte sich. „Mein Gott, war der gesprächig.“

 

Es war nicht allzu weit bis zur Eupener Straße. Armin hatte

Herrn Fackelmann angerufen, der ihnen den Weg zum Parkhaus beschrieb. Sie fanden einen Platz auf der für die IHK

reservierten Fläche.

 

Das Gebäude, in dem die IHK ein Bildungszentrum unterhielt, war renoviert worden und roch nach frischer Farbe. Eine Praktikantin am Empfang informierte Herrn Fackelmann telfonsich und meldete die Besucher an.

 

„Stein, Kripo Köln, meine Mitarbeiter Forisch und Estévez. Wir kommen wegen der Brandstiftungen“, sagte Armin, während er Herrn Fackelmann die Hand schüttelte.

 

„Richtig und Sie sind Kommissar Stein und sein Team. Willkommen bei der IHK. Frau Hendriks ist leider immer noch in einer Besprechung. Aber wenn ich kann, helfe auch ich Ihnen gerne. Kommen Sie doch rein und setzen Sie sich.“

 

Es gab keinen eigentlichen Tisch in diesem Büro. Auf einem kleinen Beistelltisch standen eine Kaffeemaschine und Tassen. Ansonsten konnte man nur an den drei Schreibtischen Platz nehmen.

 

„Wir können uns aber auch in einen der Klassenräume setzen, wenn es länger dauern sollte. Ich muss dann nur das Telefon auf eine Kollegin umstellen. Wie lange wird denn das Gespräch dauern?“ Er sah erst Armin an, dann blieb sein Blick auf Alfonso haften. Roman streifte er nur kurz abschätzend mit einem Blick.

 

„Das kann ich nicht sagen. Sie haben doch von den Bränden gehört.“ Armin sah sich den Mann genau an. Sein Bild, welches er sich am Telefon schon gemacht hatte, stimmte. Nur das Haar hatte er sich voller vorgestellt.

 

„Und ob ich davon gehört habe. Hören Sie mal, schließlich waren es immer Autos von einem unserer Kollegen. Einige parken hier schon gar nicht mehr. Aber lassen Sie uns besser in einen der Klassenräume gehen. Da können wir ungestört sprechen. Darf ich Kaffee machen lassen oder trinken Sie lieber was Kaltes?“

 

„Kaltes bitte“, sagte Roman, ohne Armins Reaktion abzuwarten. Herr Fackelmann griff zum Telefon und rief die Praktikantin an.

„Liebelein, sei doch bitte so gut und bringe uns eine Box mit

Kaltgetränken und Gläser in den Raum 1.03. Danke.“ Er legte wieder auf.

 

Armin war der leichte Singsang, den Rheinländer oft in der Stimme haben, gleich aufgefallen. Mit leicht federndem Gang ging Bernhard Fackelmann vor durch den Flur mit dem, hier nicht schwarzen, Linoleum zurück. In diesem Neubau hatte der Innenarchitekt wohl aus seinen Fehlern gelernt. Schön bedeutet eben nicht immer auch pflegeleicht.

 

Armin mochte Klassenzimmer genauso wenig wie Krankenhäuser. An beides hatte er schlechte Erinnerungen. Er hatte sich in der Schule immer gequält, nur ein gutes Abitur zu machen und bei der Polizei anfangen zu können. Die Ausbildung zum Kommissar war ihm leichter gefallen. Trotzdem mochte er diese Räume nicht, in denen die Tische entweder in Reihen oder in U-Form standen. Und Krankenhäuser verband er immer wieder mit dem Tod seiner ersten Frau. Sie war jung gewesen und mit dem Sohn bei einem Unfall gestorben. Seit dieser Zeit mochte er keine Krankenhäuser mehr. Gut dass Grace, seine Verlobte, nicht in einem Krankenhaus arbeitete, sondern als Psychiaterin beim Gesundheitsamt.

 

Sie hatten sich gerade hingesetzt, als die Praktikantin mit einem Kühlelement, wie man es von Konferenzen her kennt und einem Tablett voll Gläsern den Raum betrat. Lustlos stellte sie alles auf einen Tisch und drehte sich mit einem gedachten „Pf, nehmt Euch doch selbst alles“ um.

 

Bernhard Fackelmann nahm sich eine Flasche Orangensaft, schüttelte sie kurz, schlug mit der flachen Hand gegen den Flaschenboden, öffnete die Flasche mit einem Plopp und goss sich den Inhalt in eines der Gläser. „Bitte schön! So und wie kann ich Ihnen helfen?“

 

„Wir wissen nur die Fakten aus den Akten. Da stehen die Namen drin. Aber eigentlich nur zwei Namen, der Halter des dritten Wagens konnte noch nicht ermittelt werden. Was wissen Sie denn von dem Fall? Es klang eben so, als ob Sie mehr wüssten.“ Armin sah Bernhard Fackelmann fest in die Augen.

 

„Na klar, weiß ich was! Der dritte Wagen gehört auch jemandem von uns. Der war nur abgemeldet.“ Bernhard Fackelmann schaute verblüfft in die Runde, so als könne er kaum glauben, dass die Polizei den Halter noch nicht ermittelt hatte.

 

„Was bedeutet ‚von uns’?“, fasste Roman sofort nach.