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Kommissar X Trio Band 3 - Drei Romane von Alfred Bekker Über diesen Band: Dieser Band enthält folgende Krimis von Alfred Bekker (Neal Chadwick): In der Hölle von Belfast Duell am East River Der Tod des Predigers Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf. -------- Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
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Kommissar X Trio Band 3 - Drei Romane
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2021.
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Kommissar X Trio Band 3 - Drei Romane
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Alfred Bekker Kommissar X #7: In der Hölle von Belfast
Alfred Bekker Kommisar X #7: In der Hölle von Belfast | Kriminalroman | Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick | Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.
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Kommissar X - In der Hölle von Belfast | Neal Chadwick
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Alfred Bekker Kommissar X #8: Duell am East River
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Alfred Bekker Kommissar X #9: Der Tod des Predigers
Alfred Bekker Kommisar X #9: Der Tod des Predigers | Kriminalroman | Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick | Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.
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Kommissar X - Der Tod des Predigers | Neal Chadwick
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Kommissar X Trio Band 3 - Drei Romane
von Alfred Bekker
Über diesen Band:
––––––––
Dieser Band enthält folgende Krimis von Alfred Bekker (Neal Chadwick):
In der Hölle von Belfast
Duell am East River
Der Tod des Predigers
––––––––
Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick
Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.
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Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)
© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alfred Bekker Kommissar X #7: In der Hölle von Belfast
Alfred Bekker
Published by Alfred Bekker, 2019.
Table of Contents
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Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
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© by Author, Titelbild Firuz Askin
Die Benutzung des Seriennamens „Kommissar X“ erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Verlagsunion Pabel-Moewig.
Der Roman erschien erstmalig zu Beginn der 1990er Jahre und spiegelt die damaligen Zeitverhältnisse wider. Der Text wurde in alter Rechtschreibung belassen.
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.
Alle Rechte vorbehalten.
www.AlfredBekker.de
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"Dieser Mann muß sterben!"
Das Schwarzweiß-Photo lag auf dem rustikalen Holztisch und für ein paar Sekunden sagte keiner der Anwesenden ein Wort. Fünf Männer standen um den Tisch herum. Jener, der zuletzt gesprochen hatte, war ein großer, hagerer Mann, dessen Haare wahrscheinlich irgendwann einmal flammend rot gewesen waren.
Jetzt waren sie bis auf ein paar Strähnen völlig ergraut.
Seine intelligenten Augen blitzten, als er einen nach dem anderen musterte. Nicht die geringste Einzelheit schien ihm dabei entgehen zu können.
"Ich habe den Mann schon einmal gesehen", brach einer der Männer das Schweigen. "In der Zeitung..."
Der Grauhaarige nickte.
"Das kann gut sein. Er ist Richter. Sein Name ist William Doherty."
"Den Namen habe ich schon gehört. Soll ein harter Hund sein."
"Auch harte Hunde werden begraben!"
"Hast du schon einen Plan, Seamus?"
Der Grauhaarige nickte. "Ihr könnt mit den Vorbereitungen beginnen." Die Ahnung eines Lächelns flog über sein Gesicht. "Ihr wißt, wie groß die Ohren sind, die die andere Seite hat! Also paßt auf. Bevor es richtig losgeht, müssen wir noch auf Anweisungen von oben warten..."
Nach einer kurzen Pause fragte jemand: "Was ist mit dem Neuen?"
Seamus zog die Augenbrauen in die Höhe.
"Dieser McDowell?"
"Ja. Ich habe es so arrangiert, daß er heute nicht dabei ist. Genau wie du gesagt hast."
"Was soll mit ihm sein, Patrick?"
"Wird er an der Operation teilnehmen?"
Seamus verengte die Augen ein wenig und rieb sich dann die hervorspringende Nase. Er schien nachzudenken und sich nicht ganz sicher zu sein, was das Richtige war.
Dann blickte er auf und erklärte: "Hör zu, Patrick! Du kannst McDowell sagen, daß eine Operation bevorsteht und daß er - vielleicht! dabei mitmachen darf. Aber nicht mehr!"
Patrick nickte.
"Okay... Aber ich sage dir, der Kerl ist in Ordnung. Noch ein bißchen grün hinter den Ohren und mit einer Menge Flausen im Kopf, aber ansonsten in Ordnung! Und dumm ist er auch nicht."
Seamus zuckte mit den Schultern.
"Mag sein, daß du recht hast. Trotzdem! - Ich möchte nicht irgendein unnötiges Risiko eingehen! Also tu, was ich sage."
"In Ordnung."
"Er soll auf keinen Fall Einzelheiten wissen. Weder um wen es geht, noch sonst irgendetwas." Seamus wandte sich von Patrick ab und blickte von einem der Männer zum anderen, gerade so, als versuchte er ihnen durch die Gesichter hindurch ins Gehirn zu blicken.
Keiner von ihnen hätte es je gewagt, die Autorität von Seamus anzuzweifeln. Sie wußten, daß sein Wort zählte. "In einer Woche bin ich wieder hier", erklärte er dann. "Und dann werdet ihr Genaueres erfahren."
Damit war das Treffen zu Ende.
Patrick nahm das Schwarzweiß-Photo vom Tisch und sah es sich noch einmal an, bevor er es an Seamus zurückgab.
"Der Hund hat eine Kugel in den Kopf wirklich verdient, nicht wahr?"
Um Seamus' Mundwinkel war jetzt ein harter Zug. Ein Gesichtsmuskel zuckte leicht.
"Er hat mehr als das verdient, Patrick!" gab der Grauhaarige hart zurück. "Glaub mir!"
Patrick hatte noch nie an irgendetwas gezweifelt, das aus Seamus' Mund gekommen war. Nie. All die Jahre nicht.
*
Jo Walker, der bekannte, von vielen respektvoll Kommissar X genannte New Yorker Privatdetektiv, stand am Fenster und blickte hinaus in den strahlend blauen Himmel über dem Central Park. Seine Hände steckten in den Hosentaschen. Er hob die breiten, muskulösen Schultern und atmete tief durch, bevor er sich dann wieder zu dem Mann herumdrehte, der in seinem Büro platzgenommen hatte.
Der Mann hatte deutliches Übergewicht und sein dreiteiliger Anzug war sicher eine teure Sonderanfertigung.
Sein Haar war blond, hatte aber einen kräftigen Rotstich. Und wenn man sich dazu seinen Namen ansah, dann war klar, daß er irische Vorfahren haben mußte.
Er hieß Rory Keogh und hatte in der Immobilienbranche mehr Geld gemacht, als er je in seinem Leben noch würde ausgeben können. Viele Probleme ließen sich mit Geld glatt bügeln, aber die Sache, die Rory Keogh im Augenblick auf der Seele lag, gehörte nicht dazu. Geld allein würde da nichts bewegen.
"Es wäre gut, wenn Sie mir langsam klipp und klar sagen würden, was ich für Sie tun soll, Mister Keogh!" meinte Jo Walker, während er sich eine Zigarette nahm und in den Mund streckte. Er bot Keogh auch einer an, aber der wollte nicht. Jo nahm den ersten Zug, blies den Rauch aus und setzte dann hinzu: "Sie stellen mir eine Frage nach der anderen, aber mit Ihrer Sache kommen Sie nicht heraus! Ich frage mich, was das soll!"
Keogh machte eine hilflos wirkende Geste. Ein verkrampftes Lächeln ging über sein aufgeschwemmtes Gesicht.
"Entschuldigen Sie, Mister Walker. Es war keineswegs meine Absicht, Ihre Zeit zu verschwenden. Aber lassen Sie es sich ein Trost sein: Zeit ist für uns beide Geld, aber meine Zeit ist mindestens doppelt so teuer wie Ihre! Selbst, wenn Ihre Agentur so gut läuft, wie man hört!"
Jo grinste.
"Man hört richtig. Trotzdem! Am besten, Sie sagen mir einfach, was Ihr Anliegen ist, und ich sage Ihnen dann, ob ich etwas für Sie tun kann!"
Er zuckte mit den Schultern. "Na gut", murmelte er. "Warum eigentlich nicht? Vielleicht können Sie das Schlimmste verhindern!" Er blickte Jo offen an. "Ich bin der Sohn eines armen, irischen Einwanderers, Mister Walker."
"Ihr Name läßt etwas in der Art vermuten."
"Als mein Vater hier kam, war er arm wie eine Kirchenmaus. Zwei Jahre später war er tot. Er arbeitete auf dem Bau. Ein Stahlträger hat ihn erschlagen. Ich war damals 15. Es war eine harte Zeit für meine Mutter, die jüngeren Geschwister - und für mich. Ich möchte, daß Sie das wissen, um besser verstehen zu können was geschehen ist. Ich sehe aus wie ein Amerikaner und so steht es auch in meinem Paß. Ich habe nicht einmal mehr einen Akzent, der mich verraten könnte - höchstens noch mein Name. Aber im Herzen bin ich immer Ire geblieben. Die Verbindungen sind nie abgebrochen."
Jo runzelte die Stirn.
"Ich verstehe", murmelte er, aber in Wahrheit begriff er noch immer nicht, worauf Keogh hinaus wollte.
"Wissen Sie, was die IRA ist?" fragte er.
"Die 'Irisch-republikanische Armee'? Eine Untergrundorganisation, die mit ihren Terroranschlagen zu erreichen versucht, daß die Briten sich aus Nordirland zurückziehen und die sechs Grafschaften an die Republik Irland im Süden angeschlossen werden."
"Sie drücken das sehr unfreundlich aus, Mister Walker. Aber egal! Es geht um meinen Sohn Jack. Er ist untergetaucht und ich habe den Verdacht, daß er nach Ulster gegangen ist, um sich dort der IRA anzuschließen." Rory Keogh schluckte und eine leichte Röte überzog jetzt sein Gesicht. "Sie können sich ja denken, was das bedeuten kann."
Jo hob die Augenbrauen.
"Was befürchten Sie denn?"
"Er könnte für lange Jahre hinter Gitter kommen. Er könnte womöglich sogar zum Mörder werden und sein Leben ruinieren! Außerdem ist er noch völlig grün hinter den Ohren."
"Wie alt ist er?"
"19. Er hat das College geschmissen." Er atmete gut hörbar aus. "Er hat eigentlich alles geschmissen. Ein richtiger Versager, obwohl ihm alles vorgekaut wurde. Er ist nicht so aufgewachsen wie ich! Ihm hat es an nichts gefehlt! Nur das Beste war mir gut genug für ihn, er hätte nur zugreifen müssen. Ich möchte, daß er einmal übernimmt, was ich aufgebaut habe, aber wenn ich daran denke, was geschieht, wenn ich eines Tages die Augen schließe, dann sehe ich schwarz."
"Und wie kommen Sie darauf, daß er nach Nordirland gegangen sein könnte?"
Keogh fixierte Jo mit seinem Blick, so als wollte er einen Moment lang abwägen, ob er es dem Privatdetektiv sagen sollte oder nicht.
"Wir haben uns darüber unterhalten", sagte er dann ziemlich kleinlaut. "Wir haben uns oft über das unterhalten, was heute in Belfast oder Derry geschieht. Über die Ungerechtigkeit, über den Bürgerkrieg. Und jetzt..."
Er sprach nicht weiter und so vollendete Jo für ihn.
"Jetzt ist der Junge nach Belfast geflogen, um zu beweisen, daß er auch ein ganzer Kerl ist!"
Keogh nickte.
"Ja, so ähnlich. Jedenfalls nehme ich das an."
"Ich hege keine großen Sympathien für die IRA!" erklärte Jo Walker offen. "Unschuldige mit Autobomben in der Luft zu zerfetzen, das ist in meinen Augen alles andere als eine Heldentat!"
"Es geht um die Freiheit von den Briten!"
"Mir ist es gleichgültig, worum es dabei geht, Mister Keogh. Es bleibt in jedem Fall abscheulich."
"Jetzt geht es mir nur um Jack! Um sein Leben, Mister Walker! Um das Leben meines Sohnes!"
Jo nickte und kam etwas näher an Keogh heran. Der Privatdetektiv setzte sich halb auf den Schreibtisch.
"Es ist bekannt, daß die IRA einen beträchtlichen Teil ihres Kapitals von US-Bürgern irischer Abstammung bekommt. Aus gewissen romantischen Gefühlen heraus, die Sie mir auch zu teilen scheinen!"
"Ich werde dazu nichts sagen, Mister Walker."
"Könnte es sein, daß die eine oder andere Bombe, die drüben auf der anderen Seite des großen Teichs hochgeht, vielleicht von Ihrem Geld bezahlt wurde?" Jo erwartete von seinem Gegenübers gar nicht, daß er darauf antwortete, sondern fuhr stattdessen fort: "Aber jetzt, wo es um ihren eigenen Sohn geht, da bekommen Sie auf einmal kalte Füße!"
"Wenn Sie in meiner Lage wären, würde es Ihnen nicht anders ergehen!"
"Schon möglich."
"Walker, Sie sind meine letzte Hoffnung! Holen Sie Jack zurück! Ich gebe Ihnen einen Blankoscheck, wenn Sie das für mich tun!"
"Und wenn er gar nicht zurück will? Was soll ich tun? Ihn entführen?"
Keogh zuckte mit den Schultern. "Tun Sie, was in Ihrer Macht steht, Walker. Und wenn er trotzdem nicht von seinen Ideen abzubringen ist, dann habe ich wenigstens alles versucht. Sie könnten damit Jacks Leben retten!"
Ja, dachte Jo. Und vielleicht nicht nur das Leben dieses verwöhnten, von einem Minderwertigkeitskomplex getriebenen Millionärssprößling!
"Und wenn er gar nicht nach Belfast geflogen ist?" fragte Jo.
"Warum sollte er sonst untertauchen? Nein, ich glaube, daß er in Belfast ist oder versucht, dorthin zu kommen. Er hat Geld von dem Konto abgehoben, daß ich ihm eingerichtet habe. Und einmal hat er auch ganz konkret davon gesprochen, daß man etwas tun müßte. Verstehen Sie, Walker?"
"Ich weiß nicht..."
"Mit der Waffe in der Hand kämpfen, um Ulster zu befreien!"
"Ich hoffe, daß Sie sich irren, und wir ihn hier irgendwo aufgabeln."
"Das hoffe ich auch." Er atmete tief durch. Dann meinte er: "Ach, ja, da ist noch etwas, Mister Walker. Ich habe es unter seinen Sachen gefunden." Er griff in die Innentasche seiner Anzugjacke und legte eine dicke, ziemlich ramponierte Broschüre auf den Tisch. "Das ist ein Verzeichnis aller Privatpensionen in Nordirland."
Jo nahm das Heft an sich und blätterte darin herum. Es war noch kein Beweis dafür, daß sich Jack wirklich auf die Reise über den großen Teich gemacht hatte. Eigentlich sprach es sogar eher dagegen, denn warum sollte er dieses Heft in dem Fall zurücklassen?
Dann stutzte Jo.
"Einige Seiten sind herausgerissen", stellte er fest.
"Vielleicht waren dort die Adressen drauf, die er ansteuern wollte!" meinte Keogh und Jo nickte.
"Ja, das könnte sein..." Er würde sich im nächsten Reisebüro ein vollständiges Original besorgen. Vielleicht war es ja eine Spur.
Jo bedachte Keogh mit einem ernsten Blick und fragte dann nach kurzem Zögern: "Jack hat keine Nachricht hinterlassen?"
"Nein."
"Vielleicht Ihnen nicht, Mister Keogh. Das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Sohn war ja auch nicht das beste, wie Sie mir berichtet haben."
"Wem sonst?"
"Hat er keine Bekannten? Freunde? Ein Mädchen vielleicht? Hat Ihr Sohn eine Freundin?"
Keogh machte ein nachdenkliches Gesicht und nickte schließlich. "Jack hatte nie viele Freunde. Aber da war ein Mädchen. Ich habe sie ein paar Mal gesehen. Ich glaube, ihr Name war Suzanne. Er hat sogar eine Weile bei ihr gelebt."
"Hat? Wann war die Sache zu Ende?"
"Vor zwei Monaten ist er wieder bei mir eingezogen." Keogh zuckte die Achseln. "Er war sehr verschlossen. Wir haben nicht weiter über die Sache gesprochen. Vielleicht hat er den Verstand verloren, weil diese Suzanne mit ihm Schluß gemacht hat."
"Seit wann ist er verschwunden?"
"Seit vier, fünf Wochen."
Jo runzelte die Stirn. "Warum wenden Sie sich erst jetzt an mich?"
"Ich hatte angenommen, er hätte sich mit Suzanne ausgesöhnt und wäre wieder zu ihr gezogen. Vorgestern habe ich dann erfahren, daß sie ihn nicht mehr gesehen hat, seit es bei ihnen gekracht hat."
"Haben Sie eine Vermißtenanzeige aufgegeben?"
"Natürlich, aber Sie wissen doch selbst, was so etwas bringt!"
"Wo finde ich diese Suzanne?"
Rory Keogh griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein Adressen- und Telefonregister sowie ein Farbfoto seines Sohnes hervor. "Sie müßte in Jacks Adreßbuch stehen", meinte er. "Das Foto ist zwar nicht mehr das neuste, aber Sie werden ihn damit ohne Schwierigkeiten identifizieren. Benötigen Sie sonst noch etwas?"
"Ja, ich möchte mir sein Zimmer ansehen. Seine persönlichen Sachen, Sie verstehen?"
"Wenn Sie sich davon etwas versprechen, Mister Walker. Wenn Sie mich fragen, dann können Sie gleich ein Ticket nach Belfast buchen!"
Jo nickte.
"Das kommt vielleicht noch. Aber vorher will ich mich erst einmal nach Spuren umsehen. Bevor ich in einem so explosiven Wespennest wie Belfast herumstochere, will ich schon etwas mehr wissen. Dafür müssen Sie schon Verständnis haben."
Jo sah es Keogh an, daß er das für reine Zeitverschwendung hielt. Aber Kommissar X würde sich nicht davon abbringen lassen, die Angelegenheit auf seine Weise anzugehen.
*
"Ich gehe natürlich davon aus, daß du diesen Auftrag abgelehnt hast, Jo!" hörte der Privatdetektiv wenig später die Stimme seiner Assistentin April Bondy sagen. Sie war eine wohlgeformte Blondine mit strahlend blauen Augen, die sorgsam darauf bedacht zu sein schien, daß ihre Kleidung die schwindelerregenden Formen auch in angemessener Weise hervorhob, anstatt sie zu verstecken.
"Ich habe den Auftrag angenommen", sagte Jo trocken.
April, die ansonsten insgeheim für ihren Chef schwärmte, sah ihn jetzt an, als ob er den Verstand verloren hätte.
"Habe ich das richtig verstanden?"
"Du hast."
"Weißt du überhaupt, worauf du dich da einläßt!"
"April! Ich lese auch Zeitung!"
"Warum nur Jo! Kein Blankoscheck ist es wert, geteert und gefedert zu werden, Jo!"
Jo hatte davon gehört, daß IRA-Terroristen so etwas mit Leuten machten, die sie für Verräter und Spione hielten. Kommissar X setzte ein optimistisches Lächeln auf.
"Ich werde schon auf mich aufpassen!"
"Das will ich hoffen."
"Ich habe eine schöne Aufgabe für dich, April!"
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. "Und welche?"
"Ich muß wissen, ob Jack Keogh wirklich nach Belfast unterwegs ist. Du mußt in die Computer der hiesigen Airports hinein und alle Flüge unter die Lupe nehmen, die in Frage kommen."
April atmete heftig und gut hörbar aus. "Du stellst dir das wohl ziemlich einfach vor, was?"
Jo grinste.
"Wenn die Spitzenkönner unter den Hackern bis in die Computer von NASA und Pentagon hineinkommen, dann wirst du ja wohl den J.F.Kennedy-Airport knacken können!"
April warf ihre üppige, blonde Mähne herum. "Nichts leichter als das, Jo!" meinte sie spitz, obwohl sie beide wußten, daß es so einfach nun auch wieder nicht war.
*
Suzanne Cortez war schwarzhaarig und bildhübsch.
Ihre Adresse hatte Jo tatsächlich in Jack Keoghs Telefonregister gefunden. Aber sie war keineswegs ein College-Girl, so wie er ursprünglich vermutet hatte.
Sie wohnte in einem heruntergekommenen Wohnblock zur Untermiete und verdiente sich ihr Geld als Serviererin in einem Schnellimbiß.
Wahrscheinlich wußte der alte Keogh das nicht.
Und wenn doch, so konnte das für ihn nur ein Grund gewesen sein, diese Verbindung abzulehnen.
Suzanne musterte Jo von oben bis unten.
"Na, Prüfung bestanden?" meinte Jo scherzhaft. Aber sie erwiderte sein Lächeln nicht, sondern blieb betont kühl.
"Ich weiß nicht. Wer sind Sie?"
"Ich heiße Walker, Privatdetektiv."
"Und was wollen Sie von mir? Ich habe niemanden bestohlen, niemanden umgebracht und noch nicht mal bei meinem Arbeitgeber in die Registrierkasse gegriffen!"
"Das glaube ich Ihnen gerne. Ich suche Jack Keogh!"
Etwas veränderte sich in ihrem Gesicht.
"Kommen Sie herein", sagte sie. "Da können wir uns besser unterhalten."
"Das finde ich auch."
Ihre Wohnung bestand aus einem einzigen Zimmer und in dem war es ziemlich eng. Sie räumte einen Sessel frei und bot ihn Jo zum Sitzen an.
"So, Jack suchen Sie also. Sein Vater schickt Sie, nicht wahr?"
"Schon möglich."
"Was hat er denn wieder angestellt?"
"Er ist verschwunden."
Suzanne Cortez lachte schallend und zeigte dabei ihre makellos weißen Zähne. Dann schüttelte sie den Kopf.
"Was ist so lustig daran?" erkundigte sich Jo.
Sie warf ihm einern nachsichtigen Blick zu. "Was wissen Sie schon über Jack? Wahrscheinlich nichts. Sein Dad hat Ihnen vermutlich ein Foto unter die Nase gehalten und jetzt sollen Sie ihn wieder einfangen."
"Im Augenblick möchte ich nur wissen, wo er ist oder was er vorhat!"
"Dazu kann ich leider nichts sagen, Mister Walker."
"Schade. Ich dachte, Sie wollten Jack vielleicht helfen!"
Sie sah ihn prüfend an. Jo wußte, daß sie neugierig war und wissen wollte, was sich abspielte. Er hatte es gleich an der Tür schon geahnt. Und vermutlich hatte Suzanne den Privatdetektiv auch nur aus diesem Grund in die Wohnung gelassen.
"Sie wollen mich ködern!" stellte sie sachlich fest.
"Ihr Freund steckt vielleicht in großen Schwierigkeiten!"
"Und Sie sollen ihn raushauen!"
"Wenn er mich läßt, vielleicht."
"Und worum geht es dabei?"
"Sein Vater denkt, daß Jack nach Belfast unterwegs ist, um sich der IRA anzuschließen. Wissen Sie etwas davon?"
"Er hat so etwas in der Art mal erwähnt." Sie zuckte mit den Achseln. "Er hatte immer schon irgendwelche verrückten Ideen. Das war nur eine von vielen. Allerdings eine, mit der er sich in letzter Zeit intensiv beschäftigt hat. Er hat sich einen Stadtplan von Belfast gekauft und sich nach Flugverbindungen erkundigt."
"Das wissen Sie genau!"
"Er hat von hier aus telefoniert und wie Sie sehen ist diese Wohnung nicht gerade ein Palast, in dem man sich zurückziehen könnte!" Sie schluckte. Auf einmal war ihr Gesicht sehr ernst geworden. Sie schien langsam zu begreifen, daß es hier womöglich nicht nur um irgendeine Kleinigkeit ging.
"Wann haben Sie Jack zum letzten Mal gesehen?"
"Seit er hier vor zwei Monaten ausgezogen ist, hatte ich keinen Kontakt mehr mit ihm. Das habe ich dem alten Keogh übrigens auch schon gesagt! Wir haben uns getrennt und damit fertig!"
"Wie kam es dazu?"
"Ich habe ihn hinausgeworfen. Sehen Sie, das wäre nie und nimmer gutgegangen mit uns beiden. Ich brauche einen Kerl, der wirklich die Hosen anhat."
"Und Jack?"
"Der hat nur so getan, als ob! Dieses Gerede davon, daß er nach Nordirland gehen will, um für Freiheit Ulsters zu kämpfen, das gehört auch in diese Schublade. Sein Dad ist das Problem, Mister Walker. Dauernd glaubte Jack, ihm etwas beweisen zu müssen! Das ist mehr ein Fall für den Psychotherapeuten als für jemanden wie Sie!"
Jo erhob sich von dem Sessel und blickte ihr geradewegs in die dunklen Augen.
"Das kommt ganz darauf an", murmelte er.
"Wissen Sie, was ich glaube, Mister Walker? Ich denke, daß es diesmal genau so ist, wie sonst auch."
"Und wie war es sonst?"
"Jack hat alles mögliche erzählt, aber nie etwas realisiert. Er ist ein Maulheld, verstehen Sie, was ich meine? Und ich glaube deshalb auch nicht, daß er wirklich nach Belfast geflogen ist. Und wenn, dann vielleicht als Tourist. Geld genug dazu hat der Kerl ja!"
"Ich hoffe, Sie haben recht."
"Bestimmt!"
Jo wollte sich schon zum Gehen umwenden, da sah er an einem Kleiderhaken eine Lederjacke hängen. Für die zierliche Suzanne schien sie mindestens drei Nummern zu groß zu sein und zwar nicht nur von der Konfektionsgröße, sondern auch von Preisklasse her.
Deshalb erkundigte sich Jo: "Ist das Ihre Jacke?"
Sie warf einen Blick dorthin und schüttelte den Kopf.
"Nein. Jack hat sie hier vergessen. Er ist ziemlich überstürzt abgezogen. Wir hatten auch einen ziemlichen Streit."
Jo machte ein paar schnelle Schritte, nahm die Jacke vom Haken und durchsuchte die Taschen. Ein Kugelschreiber, ein Notizblock und ein paar Kaufhausquittungen kamen zum Vorschein. Und dann war da noch ein kleiner Zettel, auf dem eine Nummer stand.
Den nahm Jo an sich.
*
Als Jo wenig später in seinem champagnerfarbenen Mercedes 500 SL saß, griff er zum Funktelefon und wählte die Nummer, die Jack Keogh sich auf dem Zettel notiert hatte.
Vielleicht kam nichts dabei heraus und es war nur die Nummer von irgendeinem College-Bekannten.
Aber das war es nicht.
Auf der anderen Seite meldete sich ein gewisser Wainright, der Inhaber eines Second-Hand-Ladens.
"Wo ist Ihr Geschäft?" fragte Jo.
"44.Straße. Wir haben ein paar interessante Angebote."
Jo kam eine Idee.
"Heißen Sie mit Vornamen zufällig Cyrus?" fragte er.
Auf der anderen Seite wurde es still in der Leitung. Kein Mucks mehr. Und dann knackte es. Die Verbindung war unterbrochen. Jo lächelte zufrieden.
Cyrus Wainright - der Name kam nicht allzu häufig vor, deshalb war ein Irrtum wenig wahrscheinlich. Vor ein paar Jahren war es Jo in Zusammenarbeit mit der New Yorker Polizei gelungen, einen Hehlerring auffliegen zu lassen. Und einer derjenigen, die dann schließlich vor dem Richter landeten, trug den Namen Cyrus Wainright. Eher durch Zufall war man dann auf Wainrights 'Nebenerwerb' aufmerksam geworden: das Fälschen von Dokumenten aller Art. Vorzugsweise natürlich Pässe.
Wainrights Strafe war längst abgesessen oder zur Bewährung ausgesetzt. Warum sollte er also nicht wieder im Geschäft sein?
Daß Jack Keogh Wainrights Nummer in der Jackentasche hatte, konnte eigentlich nur bedeuten, daß er einen falschen Paß benötigte. Wenn er sich wirklich der IRA anschließen wollte, war das auch naheliegend.
Suzanne Cortez hielt Jack für einen Maulhelden und wahrscheinlich war er das auch. Aber möglicherweise hatte sie sich in diesem Fall geirrt.
Jo lenkte den 500 SL in Richtung der 44.Straße.
Wenn Jack einen falschen Paß benutzte, dann war auf jeden Fall von Vorteil zu wissen, unter welchem Namen er jetzt auftrat.
Zwischendurch rief er April in der Agentur an.
"Schon etwas herausgefunden?"
"Wunder vollbringe ich doch jeden Tag zweimal, Jo, das weißt du doch! Aber dies hier dauert noch ein bißchen. Bis jetzt hatte ich noch keinen Jack Keogh auf dem Schirm!"
"Könnte sein, daß du bald nach einem anderen Namen suchen mußt!"
"Was soll das heißen!"
Jo erklärte es ihr.
"Ich rufe dich wieder an." Dann legte er auf.
*
Wainrights Second-Hand-Laden befand sich im Sous-Terrain eines Wohnblocks. Vom Judo-Anzug über das 20-bändige Lexikon in Goldleinen bis zum CD-Player gab es hier alles.
Cyrus Wainright war ein runder, sehr hellhäutiger Mann mit lockigen Haaren. Er hatte sich nicht im Geringsten verändert, seit Jo ihn zum letzten Mal gesehen hatte.
Wainright erkannte den Privatdetektiv sofort, als dieser die Ladentür passierte. Er stand hinter seinem Tresen und erstarrte für den Bruchteil einer Sekunde zur Salzsäule.
Jo ließ ein mattes Lächeln über sein Gesicht fliegen und meinte: "Schön, daß wir uns mal wiedersehen, Wainright!"
Wainright selbst schien überhaupt nicht begeistert davon zu sein. Er knurrte etwas Unverständliches vor sich hin und machte einen Schritt zur Seite. Im Augenblick war kein Kunde im Geschäft und das war auch besser so.
"Noch immer im Geschäft, Wainright?"
"Was wollen Sie, Walker? Ich habe ein elektrisches Heizgerät im Angebot. Wie wär's damit?"
"Kein Interesse."
Jo legte das Foto von Jack Keogh auf den Tresen.
"Was soll das, Walker!"
"Dieser Mann hat mit Ihnen Kontakt aufgenommen. Wahrscheinlich wollte er einen falschen Paß. Sie haben wohl noch immer einen guten Namen, was solche Sachen betrifft!"
Wainright warf nur einen ganz kurzen Blick auf das Foto. Er sah überhaupt nicht richtig hin, sondern schüttelte dann sehr energisch den Kopf.
"Ich habe den Mann nie gesehen", murmelte er.
"Dann hat er Ihre Telefonnummer wohl nur einfach so in der Tasche gehabt!"
Wainrights Augen wurden zu engen Schlitzen. "Er wußte eben, wo man gut einkaufen kann!" zischte er. Dann lachte er rauh. "Sie waren das vorhin am Telefon, nicht war, Walker?"
"Schon möglich."
"Glauben Sie, ich bin so dumm, und setze mich nach der Sache von damals noch einmal in die Nesseln? Ich weiß doch, daß man jetzt immer zuerst zu mir kommt, wenn irgendwo ein falscher Paß auftaucht. Merken Sie sich das, Walker: Ich bin aus dem Geschäft!"
"Klingt mir alles zu schön um wahr zu sein, Wainright!"
"Es ist aber so. Und Sie können meinetwegen glauben, was Sie wollen!"
Jo bemerkte die Bewegung zu spät, die Wainright mit der Linken ausführte. Er griff an eine bestimmte Stelle hinter dem Tresen und Jo langte hinüber und riß ihn am Oberarm halb herüber.
Aber das nützte nichts mehr.
Wainright hatte den kleinen Knopf schon gedrückt und es dauerte nur einen Augenblick, da ging eine Tür auf, die vermutlich in hintere Lagerräume führte. Jo sah zwei paar blitzende Augen. Die beiden muskulösen Kerle, die da in den Raum geplatzt waren, wirkten ziemlich angriffslustig.
Sie verteilten sich. Der eine ging ein paar Schritte nach rechts, der andere nach links. Unter den Sachen, die Wainright im Angebot hatte, war auch ein Baseballschläger und den nahm sich einer von ihnen. Sein Gesicht verzog sich dabei zu einer Grimasse. Jo sah, daß ihm vorne ein Zahn fehlte.
"Ich sehe, du hast Schwierigkeiten, Cy!"
Die beiden kamen von zwei Seiten auf Jo zu und so ließ dieser Cyrus Wainright erst einmal auf die Füße fallen.
Der Kerl mit der Zahnlücke war schnell herangekommen und ehe Jo sich versah, wirbelte auch schon der Baseballschläger nieder. Es war ein Schlag, der einen Schädel leicht zertrümmern konnte.
Jo spürte noch den Luftzug, als er in letzter Sekunde zur Seite tauchte, während das Holz sehr hart auf den Tresen krachte. Er reagierte blitzschnell und ließ die Faust nach oben gehen. Jo erwischte ihn mitten im Gesicht. Das Blut schoß ihm aus der Nase und er taumelte nach hinten und riß im Fallen ein Regal mit Porzellan mit sich.
Indessen war der Zweite auch schon heran. Jo sah die Faust zu spät. Er wich noch aus, aber sie erwischte ihn trotzdem hart genug, um ihn der Länge nach hinzustrecken.
Jo knallte auf den Boden und sah, wie sein Gegner nach dem Baseballschläger griff, den sein Partner losgelassen hatte und der jetzt auf dem Tresen lag.
Der Mann grinste zynisch und trat einen Schritt näher. Er blickte von oben auf Jo herab und schwang den Baseballschläger hin und her.
"Na, hast du genug?"
Jo ahnte, daß sein Gegenüber irgendeine Gemeinheit vorhatte. Und er behielt recht.
Wie aus heiterem Himmel ließ er den Schläger nach unten sausen. "Das ist für meinen Freund da vorne!" zischte er dabei.
Jo rollte sich herum, während der Holzschläger dicht neben ihm niederging. Gleichzeitig ließ er den Fuß vorschnellen und hakte ihn in die Kniekehle des anderen. Der Kerl verlor das Gleichgewicht, während Jo zwei Sekunden später sich bereits wieder hochgerappelt hatte.
Auch der andere kam schnell wieder auf die Beine, nachdem er panikartig ein paar Meter davon gerobbt war - wohl in der Erwartung, daß Jo nun seinerseits nach dem Baseballschläger greifen würde, um ihm das Rückgrat zu zertrümmern.
Aber daran dachte Jo nicht eine Sekunde.
Der Kerl sah zu, daß er aus dem Laden kam und stolperte hinaus auf die Straße.
"Der wird sich hier fürs erste nicht mehr blicken lassen!" meinte Jo und wandte sich zu Cyrus Wainright herum, der wie angewurzelt hinter dem Tresen stand. Er zitterte, während Jo sich das Jackett glatt strich.
Der Kerl mit der Zahnlücke lag noch im Scherbenhaufen aus Porzellan und rührte sich nicht. Er würde noch ein bißchen brauchen, bis er wieder zu sich kam.
"Was wollen Sie noch, Walker? Mir vielleicht noch den ganzen Laden zertrümmern? Dann werde ich zur Abwechslung vielleicht mal die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen und Sie landen dann dort, wo Sie mich hingebracht haben."
Walker lächelte dünn.
"Das können Sie gerne versuchen, Wainright." Am anderen Ende des Tresens stand ein Telefon. Jo Walker nahm es und stellte es Wainright direkt vor die Nase. "Hier! Rufen Sie ruhig an. Dann kann die Polizei auch gleich mal überprüfen, was von diesen Sachen hier Hehlerware ist."
"Wie kann ich wissen, woher die Sachen kommen, die man mir anbietet?"
"Und dort drüben, im Nebenraum? Die beiden Gorillas haben doch sicher beim Packen geholfen. Ich kenne Sie doch, Wainright. Was ist es diesmal? Eine Ladung Videorecorder vielleicht? Ich sollte mir das mal ansehen."
Wainrights Gesicht war wie versteinert.
"Was wollen Sie?"
"Keogh, der Mann auf dem Foto, war hier, nicht wahr?"
"Und wenn?"
"Ich will nur wissen, welcher Name jetzt auf seinem Paß steht. Mehr nicht. Dann bist du mich los!"
"Es ist wie ich gesagt habe, Walker. Mit Pässen, da läuft eigentlich bei mir nichts mehr. Aber dieser Junge ließ einfach nicht locker. Irgendein Idiot muß ihm meinen Namen gesagt haben. Er wollte einen Paß des Vereinigten Königreichs für Jack McDowell. Natürlich sollte es sehr schnell gehen. Zu schnell. Er hatte da keine realistischen Vorstellungen."
"Und? Hat er bekommen, was er wollte?"
"Das weiß ich nicht. Ich habe ihn zu jemand anderem geschickt. Er bot ziemlich viel Geld, aber ich konnte der Versuchung wiederstehen."
Jo hob die Augenbrauen und klopfte ihm auf die Schulter. "Na also, warum nicht gleich so?"
Als Jo Walker den Laden wieder verließ und ins Freie trat, sah er den davongelaufenen Gorilla an der nächsten Ecke stehen und die Lage sondieren. Jo warf ihm nur einen kurzen Blick zu und stieg dann in seinen 500 SL.
Bevor er losfuhr verständigte er April, um ihr zu sagen, daß Jack Keogh sich wahrscheinlich als Jack McDowell eingecheckt hatte. Er ahnte bereits, daß sich die Reise nach Belfast nicht würde vermeiden lassen.
Eine knappe Stunde später wußte er es genauer.
Ein Mann namens Jack McDowell hatte vor fünf Wochen den Flug zur grünen Insel gemacht...
*
Die Stimmung in dem verräucherten Pub an der Falls Road in Belfast war mehr als ausgelassen. Die Männer saßen bierselig an der Theke und erfüllten den Raum mit lautem Stimmengewirr.
Aber da war ein hochgewachsener Mann, noch keine dreißig, der die Fröhlichkeit der anderen ganz und gar nicht zu teilen schien. Er blickte immer wieder auf die Uhr an seinem Handgelenk, so als wartete er auf jemanden.
Auf der rechten Wange hatte er eine Narbe, die von dem dünnen, rostbraunen Bart nur unzureichend bedeckt wurde. Dort kratzte er sich nervös. Dann ging plötzlich ein Ruck durch seinen Körper. Ein junger Mann hatte den Pub betreten und ließ die Augen suchend kreisen.
Der Mann mit der Narbe winkte und als der andere dann herankam, schimpfte er.
"Jack, verdammt, wo bleibst du denn!"
"Tut mir Leid, Patrick!"
"Was soll das heißen? 'Tut mir Leid!' Glaubst, ich habe ewig Zeit?"
"Ich bin aufgehalten worden."
"Was du nicht sagst! Ich dachte, du brennst drauf, endlich eine Waffe in die Hand zu bekommen und damit herumballern zu dürfen, Kleiner!" Patrick zupfte sich an seinen Barthaaren herum, während Jack ihn etwas verständnislos ansah.
Jack hob die Augenbrauen und fragte dann nach einer Weile: "Du nimmst mich nicht für voll, was?"
Patrick zuckte die Achseln. Dann klopfte er Jack auf die Schulter.
"Doch, ich nehme dich für voll. Und ich traue dir auch. Du scheinst das nicht richtig zu begreifen, aber das ist für jemanden in meiner Lage die höchste Auszeichnung, die er zu vergeben hat, Jack!" Er bewegte den Kopf ruckartig zur Seite. "Komm, gehen wir an die frische Luft, Kleiner!"
Sie gingen zusammen hinaus auf die Falls Road. Es gab durchaus touristische Schmuckstücke in Belfast. Aber die Falls Road und die umliegenden Bezirke gehörten sicher nicht dazu.
"Was liegt an?" fragte Jack. "Etwas großes?"
"Eine Hinrichtung. Es wird die erste große Sache sein, bei der du mitmachst!"
"Ich freue mich, daß ich endlich etwas tun kann! Ich sitze schon viel zu lange hier herum und drehe Däumchen!"
"Du bist zu ungeduldig, Jack! Das ist immer ein Fehler!"
"So bin ich nun mal!"
"Du mußt uns verstehen, Jack. Glaub mir, ich weiß deinen Idealismus zu schätzen. Aber die Zeiten sind hart. Die Briten versuchen ihre Leute bei uns einzuschleusen. Da muß man vorsichtig sein!"
"Verstehe..."
Jack gefiel nicht, daß Patrick ihn immer ein bißchen wie einen grünen Jungen behandelte, obwohl noch nicht einmal zehn Jahre zwischen ihnen beiden lagen.
Aber er mußte es wohl oder übel akzeptieren. Patrick war sein Verbindungsmann. Und er war froh, daß diese Verbindung überhaupt zu Stande gekommen war! Es war gar nicht so einfach gewesen, hineinzukommen...
"Wer ist es, der hingerichtet wird?" fragte Jack.
"Jemand von der anderen Seite. Jemand, der es verdient hat. Jemand, der sich als scharfer Hund gebärdet, wenn es um unsere Jungs geht, aber wenn ein Protestant auf einem Begräbnis Amok gelaufen ist, sich plötzlich in ein zahmes Lamm verwandelt!" Patricks Züge waren grimmig geworden. Seine Hände hatten sich unwillkürlich zu Fäusten geballt.
"Ein Staatsanwalt? Oder ein Richter?" versuchte Jack zu raten.
"Ein Richter."
"Wie heißt er?"
"Ich habe dir schon mehr gesagt, als ich eigentlich durfte. Du erfährst es früh genug."
"Du weißt, daß ich alles tun würde, Patrick!"
"Kannst du mit einer Waffe umgehen?"
"Zu Hause hatten wir immer Waffen. Mit der Magnum kenne ich mich ganz gut aus."
"Eine Magnum haben wir hier nicht. Bei Gelegenheit fahren wir mal ein bißchen ins Grüne, um mit der Walter PPK ein bißchen zu üben."
"Keine schlechte Idee."
Plötzlich stoppte Patrick. Er packte Jack bei den Schultern und sah ihm direkt in die Augen.
"Kannst du einen Menschen töten?"
Jack runzelte die Stirn. Was sollte die Frage? Patricks Blick schien ihn förmlich zu durchbohren. "Warum willst du das wissen?" fragte Jack, um Zeit zu gewinnen.
"Weil du dir das vorher überlegen sollst! Bevor es ernst wird. Nicht jeder ist dafür geboren. Wenn das bei dir der Fall ist, dann sag es lieber gleich. Damit nützt du der Bewegung mehr, als wenn du den Helden zu spielen versuchst und dann nicht abdrückst!"
Jack zuckte mit den Achseln.
"Es ist ja für eine gerechte Sache!" meinte er. Und Patrick nickte.
"Das stimmt."
"Dann kann ich es auch!"
Sie bogen in eine Nebenstraße ein. Patrick merkte es etwas früher und packte Jack am Arm. Aber auch da war es schon zu spät. Überall standen uniformierte Bewaffnete mit kugelsicheren Westen.
"Was hat das zu bedeuten?" raunte Jack.
"Razzia!" murmelte Patrick kaum hörbar. "Irgendwo in der Nähe muß was vorgefallen sein und jetzt suchen sie..."
Jack schluckte. Ein Anflug von Panik stieg in ihm hoch.
"Warum gehen wir nicht zurück?"
"Weil es dazu zu spät ist. Sie haben uns schon gesehen. Wir würden nur unnötig auf uns aufmerksam machen!"
"Verdammt! Und was nun?"
"Augen zu und durch!"
Sie gingen also weiter. Jack musterte die Uniformierten, die wußten, daß sie hier in Feindesland waren. Hinter jedem Fenster, hinter jeder Ecke konnte ein Heckenschütze lauern. Man sah ihren Gesichtern an, daß sie sich hier nicht wohl fühlten.
"Hey, ihr da!" rief einer der Beamten.
Sie kamen zu mehreren heran. Jack blickte zu Patrick um abzuwarten, was dieser tat.
"Mit dem Rücken zur Wand, Beine auseinander!"
Sie gehorchten und wurden nach Waffen abgetastet. Sie hatten aber keine dabei. Dann wurden die Ausweise kontrolliert. Patrick bekam den seinen umgehend zurück.
Jacks Paß wurde einer längeren Begutachtung unterzogen.
"Jack McDowell, das sind Sie, ja?"
"Ja."
Jack hörte seine Stimme selbst kaum. Der Uniformierte blickte ihn prüfend an. Dann wandte er sich an Patrick. "Sie können gehen!"
Patrick warf Jack einen kurzen Blick zu, der soviel hieß wie 'Wir sehen uns später!' und lief dann die Straße entlang, ohne sich noch einmal umzudrehen.
"Warum werde ich festgehalten?" rief Jack.
Die Uniformierten tauschten einen Blick.
"Er könnte es sein, oder?"
Der andere schüttelte energisch den Kopf, nachdem er Jack noch einmal eingehend gemustert hatte.
"Das ist nicht unser Mann!"
"Laufen lassen?"
"Ja."
*
Das Wasser des Belfast Lough klatschte unaufhörlich gegen die Außenhaut der Fähre, die sich nun etwas gedreht hatte und die Wellen von der Seite bekam. Die Gischt spritzte hoch auf und Jo Walker fühlte den unwillkürlichen Impuls, sich festzuhalten.
Er saß vor einer leeren Tasse Kaffee und blickte durch die dicken Doppelglasscheiben hinaus auf die stürmische See.
In dem Aufenthaltsraum war es still geworden. Die Fähre nahm nun schon den dritten Anlauf, um den Hafen von Belfast zu erreichen, aber das Wetter meinte es nicht gut mit ihr.
Im hinteren Teil des Raums saßen ein paar Rugby-Fans aus England, die ein passendes Lied auf den Lippen hatten: "We are sinking!" grölten sie und erinnerten jeden der Anwesenden daran, daß es bis zum festen Land noch ein bißchen zu weit war, um notfalls hinüberschwimmen zu können.
Jo hatte einen Flug von New York nach London Heathrow genommen. Dann war er in den Zug nach Liverpool gestiegen, um schließlich von dort aus die Fähre nach Belfast zu nehmen.
Seine Reisetasche stand auf dem Platz neben ihm. Das einzige, was ihm fehlte, war seine Automatic, aber die auf eine solche Reise mitzunehmen, war unmöglich. Die Airlines hatten etwas dagegen und beim Zoll würde es auch Probleme geben.
Und vielleicht war es gar nicht so schlecht, ohne Waffe in Belfast herumzulaufen, denn wenn man ihn irgendwo aufgriff - und wenn es nur bei einer Routinekontrolle war - dann warf man ihn gleich in eine völlig falsche Schublade. Entweder in die mit der Aufschrift IRA oder in jene, in die der protestantische Gegenterror gehörte. Denn auch auf der Seite gab es zu allem Entschlossene, denen es gefiel, selbst Richter und Henker zu spielen. Gewalt und Gegengewalt und daneben Sicherheitsorgane, die weder das eine noch das andere wirksam verhindern konnten.
"Ist es nicht ein schönes Land!" meinte der rothaarige Handelsvertreter, der Jo gegenübersaß, als die sanften Hügel aus dem Dunst heraus auftauchten, in deren Mitte Belfast lag. Der Rothaarige hatte schon während der gesamten Überfahrt Anläufe unternommen, um mit Jo ins Gespräch zu kommen.
Jo hatte auch gar nichts dagegen, aber anstatt von sich zu erzählen, wollte der Handelsvertreter es lieber umgekehrt und versuchte, Jo auszufragen. Er war ziemlich neugierig.
Bis jetzt hatte er allerdings kaum mehr herausgefunden, als daß Jo Amerikaner war - was am Akzent unschwer zu erkennen war. Jo war hart geblieben und so erzählte der Rothaarige schließlich doch von sich. Das war besser, als gar keine Unterhaltung.
"Es ist ein schönes Land", meinte Jo. "Aber mit vielen Problemen."
"Sie sagen es!" Er zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich liegt es daran, daß mehr Iren im Ausland leben, als auf der Insel selbst - Norden und Süden zusammengerechnet!"
"Sie sind auch Ire?"
"Ja. Aber ich lebe in London und den Akzent habe ich mir durch hartes Training abgewöhnt. Ab und zu fahre ich 'rüber, um Verwandte zu treffen." Er machte eine wegwerfende Bewegung. "Wenn man Ire ist - und katholisch, was für mich zusammengehört - dann muß man auswandern. Zurück kommen nur ein paar alte Männer."
Und ab und zu auch ein paar Junge! setzte Jo in Gedanken hinzu.
Dann kam die Fähre endlich doch noch in den Hafen und legte an.
Jo erhob sich und nahm seine Sachen.
Das Wetter war furchtbar. Es goß in Strömen und daher knöpfte er den Mantel zu und schlug den Kragen hoch.
"Wohin wollen Sie in Belfast? Vielleicht kann ich Ihnen helfen. Ich kenne die Stadt wie meine Westentasche!"
*
Jo hatte sich in einem Hotel in der Nähe des Bahnhofs einquartiert, nachdem es ihm gelungen war, den Handelsvertreter irgendwann abzuhängen. Dieses Hotel hatte den großen Vorteil, daß es ziemlich anonym war und einem niemand Fragen stellte. An der Rezeption saß ein Pakistani, der jeden Geldschein, den er erhielt, erst einmal vor ein Sichtgerät hielt, um die Echtheit zu überprüfen.
Ansonsten konnte Jo sich nicht beklagen. Der Service war okay.
Am nächsten Tag begann er dann damit, das Photo von Jack Keogh alias Jack McDowell herumzuzeigen. Jo hatte natürlich keime Ahnung, wo Jack untergekrochen war.
Wahrscheinlich war er nach Belfast gekommen, ohne hier jemanden zu kennen. Und selbst, wenn er irgendeine Anlaufstelle in der Stadt hatte, war er vielleicht in irgendeinem Hotel, einer Privatpension, oder einem Pub aufgetaucht.
Jo wußte, daß das Ganze der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen ähnelte, aber vielleicht kam ja etwas dabei heraus.
Und Jo Walker war ja auch alles andere als ein Anfänger.
Er ging systematisch vor. Wenn Jack nur einen Funken Verstand hatte, dann würde er dafür sorgen, so wenig wie möglich aufzufallen. Schließlich wollte er ja Kontakt mit gesuchten Terroristen aufnehmen. Und wo war das am besten möglich? In den katholischen Vierteln - dort, wo die IRA ihren Nachwuchs rekrutierte. Um die Falls Road herum zum Beispiel, oder in Ballymurphy.
Und dann hatte Jo ja auch noch die Broschüre mit den Privatpensionen. Die Adressen waren alphabetisch geordnet. Jo ging die von Jack herausgerissenen Seiten durch, um dort nach Adressen zu suchen, die in Frage kamen. Das reduzierte das Ganze schon einmal sehr erheblich.
Jo trug Jeans und Blouson. Er wollte möglichst wenig auffallen. Es war ein scheußlicher Tag. Nebel waren vom Belfast Lough emporgestiegen und hatten die Stadt in eine Art Waschküche verwandelt.
Eine Pension nach der anderen klapperte Jo ab. Aber ohne Erfolg.
Bei einer alten, redseligen Frau, die ganz allein mit ihrer Katze ein Häuschen in der Falls Road bewohnte, hatte Jo dann erstmals Glück. Jo erzählte ihr, er wäre Jacks Bruder und sein Vater würde sich Sorgen um den Jungen machen. Sie glaubte ihm die Story.
"Er kam mir gleich so seltsam vor", meinte sie.
"Inwiefern?"
"Wie einer, der davonläuft. Ich habe versucht, ihn ein bißchen auszufragen, aber ohne viel Erfolg." Sie lächelte.
"Wohnt er noch hier?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Nein. Tut mir leid, aber da kommen Sie zu spät. Er ist vor ein paar Tagen ausgezogen."
"Haben Sie eine Ahnung, wohin?"
"Er war sehr schweigsam."
"Verstehe... Vielleicht hatte er irgendwelche Kontakte hier. Bekannte, die ihn möglicherweise aufgenommen haben könnten!"
"Nein. Er hat nie jemanden mit auf Zimmer gebracht. Ein, zwei Mal hat er von meinem Apparat aus telefoniert."
"Haben Sie irgendetwas mitbekommen. Vielleicht einen Namen?"
Die reizende alte Dame hob ihre schnurrende Katze vom Boden auf und lächelte Jo freundlich an.
"Denken Sie vielleicht, daß ich eine Lauscherin bin?"
Jo erwiderte das Lächeln. "Das würde mir nie einfallen!"
"Es tut mir leid, Sir!"
Jo fluchte innerlich. Aber immerhin wußte er nun, daß Jack hier gewesen war, hier in Belfast. Und das noch vor wenigen Tagen. Ob das etwas wert war, würde sich später zeigen. Die alte Dame bot Jo vergeblich einen Tee an. Als sie den Privatdetektiv zur Tür begleitete, sagte sie dann plötzlich: "Da fällt mir noch etwas ein..."
Jo hob die Augenbrauen. "Schießen Sie los."
"Vielleicht war es gar nicht so wichtig."
"Alles kann wichtig sein. Jede Kleinigkeit."
Sie strich ihrer Katze über den Kopf und wirkte nachdenklich. "Einmal, da kam ein Anruf für Ihren Bruder. Er war nicht da und so sollte ich ihm etwas ausrichten."
"Und was war das?"
"Ein gewisser Patrick wollte ihn im Falls Road Inn treffen."
"Patrick? Wie weiter?"
"Das war alles."
"Na das ist ja immerhin etwas. Ich danke Ihnen sehr."
"Nichts zu danken. Und wenn Sie mal ein Zimmer brauchen. Ich freue mich immer über nette Gäste."
*
Als Jo im Falls Road Inn auftauchte, war dort noch nicht allzuviel los. Ein paar vereinzelte Zecher saßen im Schankraum. Hinter dem Tresen stand ein etwas dicklicher, gemütlich wirkender Wirt, in dessen Mund eine dicke Zigarre steckte.
Jo ging direkt auf den Wirt zu. Er bestellte sich ein Bier und fragte dann, als wäre es eine Selbstverständlichkeit: "Kommt Patrick heute?"
Der Wirt stockte. Um ein Haar wäre ihm der Inhalt eines ganzen Bierglases über die Hose gegangen.
"Welcher Patrick? Das ist ein ziemlich häufiger Name hier."
Jo wagte einen Schuß aus der Hüfte.
"Sie wissen schon, welcher Patrick. Ich muß ihn dringend sprechen.
Der Wirt musterte Jo prüfend. Einer der Gäste, bei dem es gerade noch fast so ausgesehen hatte, als wäre er vor seinem Glas halb eingeschlafen, sah auf, stierte Jo ungläubig an und wechselte dann einen Blick mit dem Wirt.
"Wer sind Sie?" fragte der Wirt.
Jo lächelte dünn.
"Kann Ihnen das nicht gleichgültig sein? Sie sollen Patrick nur ausrichten, daß ich ihn sprechen will. Könnte ja sein, daß er noch einmal her kommt."
Als Jo das Bierglas geleert hatte, biß der Wirt an.
"Wo kann er Sie denn erreichen? Vorausgesetzt, dieser Patrick legt überhaupt Wert auf eine Unterhaltung mit Ihnen!"
Jo nahm sich einen Bierdeckel, holte einen Kugelschreiber aus der Innentasche seines Blousons und notierte die Adresse des Hotels, in dem er untergekommen war.
"Hier", sagte er und schob dem Wirt den Bierdeckel hin. "Geben Sie ihm das!"
*
Es war schon dunkel, als Jo in sein Hotel zurückkehrte. Er hatte in der Stadt etwas gegessen und fragte sich, ob dieser mysteriöse Patrick wohl anbeißen würde.
Als er an der Rezeption nach seinem Schlüssel verlangte, hatte wieder der Pakistani dort Dienst. Irgendetwas an ihm schien sich verändert zu haben. In seinen dunklen Augen flackerte es seltsam. Da war etwas, das Jo gestern nicht an ihm bemerkt hatte. Und auf einmal wußte Jo auch, was es war. Angst.
Als der Pakistani ihm die für den Bruchteil eines Augenblick die andere Seite zuwandte, sah Jo die frische Schramme.
"Alles in Ordnung?" erkundigte sich der Privatdetektiv.
"Ja, alles in Ordnung!" kam es zurück - allerdings auf eine Weise, die Jo sagte, daß überhaupt nichts in Ordnung war.
"Hatten Sie unfreundliche Gäste?" fragte Jo und spielte damit auf die Schramme an.
"Warum fragen Sie das?"
"Waren es einer oder mehrere, die Sie verprügelt haben?"
"Gehen Sie ruhig hinauf in Ihr Zimmer, Sir!" flüsterte er und vermied es dabei sichtlich, Jo anzusehen.
"Wartet er dort oben auf mich?"
Der Pakistani blickte auf, sagte aber kein Wort. Aber Jo verstand auch so. Keine Antwort war in diesem Fall auch eine Antwort.
Jo nickte nachdenklich und nahm den Schlüssel an sich.
Er war mehr als gewarnt.
Als er vor der Zimmertür stand, lauschte er kurz. Für einen kurzen Moment glaubte er, ein Geräusch zu hören. Er vermißte jetzt schmerzlich seine Automatic, aber da er sie ja nicht herbeizaubern konnte, mußte es ohne sie gehen.
Jo öffnete die Tür. Sie war nicht abgeschlossen und da wußte er endgültig, wohin hier der Hase lief.
Der Kerl lauerte hinter der Tür. Aber als Jo den Pistolenlauf hart in seinem Rücken spürte, war das für ihn keine allzu große Überraschung mehr. Er war vorbereitet, wirbelte blitzschnell herum und riß den Arm mit der Waffe nach oben.
Dann ließ er seine Faust nach vorne schnellen. Es war dunkel. Jo sah kaum mehr, als einen Schatten. Aber irgendwie traf er sein schemenhaftes Gegenüber doch ziemlich wirkungsvoll.
Während der Kerl nach hinten taumelte, ging Jos schneller Griff zum Lichtschalter. Einen Sekundenbruchteil später blickte er in zwei blitzende Augen, die zu einem Gesicht gehörten, dessen hervorstechende Merkmale ein dünner, rostroter Bart und eine Narbe auf der linken Wange waren.
Der Kerl hatte den Fall abgefangen, sich auf dem Boden herumgerollt und wollte seine Waffe hochreißen. Aber da war Jo längst bei ihm. Ein gezielter Fußtritt kickte ihm die Pistole aus der Hand und ließ sie über das Bett auf die anderer Seite des Zimmers fliegen. Sie kam hart gegen die Wand und fiel von dort mit einem klackernden Geräusch zu Boden.
Der Rotbart hatte sich indessen hochgerappelt und Jo war wieder einen Schritt zurückgewichen, um den mit ziemlicher Sicherheit bevorstehenden Angriff seines Gegners besser parieren zu können.
Der Mann keuchte und warf einen kurzen Blick in Richtung der Pistole. Er schien zu erwägen, mit einem Hechtsprung über das Bett nach der Waffe zu langen.
Jo schüttelte den Kopf.
"Vergiß es!" zischte er.
Einen Moment lang hing alles in der Schwebe, aber dann versuchte der Kerl es doch. Jo bemerkte, wie sich bei seinem Gegenüber die Muskeln spannten und ahnte den Sprung daher einen Augenaufschlag im Voraus. Er stürzte sich auf den Rotbart, der seinen langen Arm bereits nach der Pistole ausgestreckt hatte. Der Rotbart riß die Waffe hoch und wollte sie Jo in den Leib drücken, um dann abdrücken zu können. Aber dieser hatte ihn bereits am Arm gepackt. Sie wälzten sich auf dem nicht gerade besonders stabilen Holzbett hin und her, wobei sie beide von Glück sagen konnten, daß sich kein Schuß löste.
Das Bett war für diese Belastung nicht gemacht und brach in sich zusammen. Für den Bruchteil einer Sekunde ließ die Aufmerksamkeit des Rotbarts nach und das nutzte Jo eiskalt aus. Er verpaßte seinem Gegner den entscheidenden Fausthieb mitten ins Gesicht. Für den Rotbart war dies der Knock-out. Die Spannung löste sich aus seinen Muskeln, Jo konnte ihm die Waffe abnehmen.
*
Der Rotbart machte einen alles andere als begeisterten Eindruck, als er aufwachte und in die Mündung seiner eigenen Waffe blickte.
Er saß auf dem Boden und Jo sah das wilde Flackern in den Augen seines Gegenübers.
"Schön ruhig bleiben!" warnte der Privatdetektiv und bewegte dabei die Waffe. "Du bist Patrick, nicht wahr?"
Der Rotbart verzog das Gesicht.
"Warum fragst du, wenn du es doch offenbar schon weißt!" Er spuckte und legte in diese Geste die abgrundtiefe Verachtung, die er empfand.
Jo warf dem Rotbart seinen Paß hin und dieser fing ihn auf.
"Patrick Gallagher... Vorausgesetzt dieser Paß hier ist auch wirklich echt."
"Was willst du von mir?"
Jo grinste.
"Ich dachte eigentlich, daß ich dieses Hotelzimmer gemietet hatte. Ich frage mich, was dich so aufgescheucht hat?" Jo zuckte mit den Schultern. "Ich schreibe einem Wirt die Adresse auf, unter der ich zu erreichen bin und schon taucht jemand bei mir auf, der mich mit einer Pistole ins jenseits blasen will!"
Jo hob die Waffe in die Höhe. Es war eine Walter PPK.
"Ich wollte dich nicht umbringen!" schnaubte Patrick Gallagher.
"Ach nein? Was macht man den üblicherweise mit so einem Ding hier? Du hast hier auf mich gewartet."
"Weil ich wissen wollte, was du von mir willst! Du wirst dich ja nicht ohne Grund nach mir erkundigt haben."
Jo nickte. "Das ist allerdings richtig."
"Darf ich aufstehen?"
"Du bleibst, wo du bist!"
"Bin ich verhaftet? Ich werde nichts sagen, weder hier noch auf dem Revier."
"Du bist nicht verhaftet und ich bin kein Polizist!"
Patrick zuckte mit den Achseln und machte eine wegwerfende Bewegung mit der Hand. "Polizei, Armee, Geheimdienst - ist doch alles dasselbe. Für mich gibt es da keinen Unterschied! Oder bist du einer von diesen verrücktgewordenen Protestanten, denen es Freude macht, auf Leute wie mich Jagd zu machen."
"Die Fragen stelle ich", erklärte Jo. "Ich suche einen Mann! Du interessierst mich nur, weil du ihn wahrscheinlich kennst!"
Patrick lachte heiser.
"Was du nicht sagst! Hätte ich mir ja fast denken können. Irgendwen sucht ihr doch immer."
Jo trat an Patrick heran und hielt ihm das Foto von Jack unter die Nase. Der Blick, den der Rotbart auf das Bild warf, war kaum länger als einen Sekundenbruchteil lang - und doch lang genug.
"Du kennst ihn, nicht wahr?"
Er sagte nichts, sondern blickte zur Seite. Aber er hatte ihn wiedererkannt, das hatte sein Gesicht verraten.
"Wer soll das sein?" fragte er trotzdem überflüssigerweise.
"Jack McDowell. Du brauchst mir nichts vorzumachen. Ich weiß, daß du ihn kennst!"
Patrick Gallagher blickte auf.
"Und wenn? Was willst du von ihm?"
"Mit ihm reden!"
Er lachte. "Du lügst. Du willst ihn abknallen!"
Jo überlegte. Es hatte wahrscheinlich gar keinen Sinn, ihm reinen Wein einzuschenken. Die Wahrheit mußte in Patricks Ohren unwahrscheinlicher, als jedes Märchen klingen. Katholiken gegen Protestanten, Briten gegen Iren, das war seine Welt, in der er sich zurechtfand und in der er zu denken gewohnt war.
"Wo ist Jack jetzt?" fragte Jo.
Patrick kniff demonstrativ die Lippen aufeinander. Er würde nichts sagen, aber Jo war auf seine Hilfe auch nicht unbedingt angewiesen. Er konnte auch selbst zwei und zwei zusammenzählen. "Er ist bei dir untergekrochen, nicht wahr?"
"Red' keinen Unfug!"
"Zieh deinen Hosengürtel aus den Schlaufen!"
Er schaute Jo völlig entgeistert an. "Was?"
"Du hast schon richtig verstanden. Nun mach schon!"
*
Eine feine Gegend war es nicht, durch die Jo zu dieser späten Stunde ging. Es war dunkel. Zu beiden Straßenseiten befanden die Schemen halbverfallener Hausfassaden, an denen schon seit Jahren nichts mehr getan worden war.
Ab und zu kam er an Pubs vorbei, in denen auch jetzt noch Leben war.
Angetrunkene torkelten durch die Nacht. Jo wich ihnen so gut es ging aus. Die Straßen, in die er kam, wurden immer enger. Manche waren mit Kopfsteinpflaster belegt. An den parkenden Autos war auffällig, daß manche von ihnen ihr Lenkrad mit dicken Metallketten gesichert hatten. Die Besitzer wußten sicher am besten weshalb.