Kommissar X Trio Band 4 - Drei Romane - Alfred Bekker - E-Book

Kommissar X Trio Band 4 - Drei Romane E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Kommissar X Trio Band 4 - Drei Romane von Alfred Bekker Über diesen Band: Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick für die Serie Kommissar X. Dieser Band enthält folgende Romane von Alfred Bekker: Die namenlose Tote Der Todeskandidat Doppeltes Spiel Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf. -------- Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Kommissar X Trio Band 4 - Drei Romane

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2021.

Inhaltsverzeichnis

Title Page

Kommissar X Trio Band 4 - Drei Romane

Copyright

Alfred Bekker Kommissar X #10: Die namenlose Tote

Alfred Bekker Kommisar X #10: Die Namenlose Tote | Kriminalroman | Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick | Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.

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Kommissar X - Die namenlose Tote | Neal Chadwick

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Alfred Bekker Kommissar X #11: Der Todeskandidat

Alfred Bekker Kommisar X #11: Der Todeskandidat | Kriminalroman | Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick | Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.

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Kommissar X - Der Todeskandidat | Neal Chadwick

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Alfred Bekker Kommissar X #12: Doppeltes Spiel

Alfred Bekker Kommisar X #12: Doppeltes Spiel | Kriminalroman | Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick | Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.

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Kommissar X – Doppeltes Spiel | Neal Chadwick

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Kommissar X Trio Band 4 - Drei Romane

von Alfred Bekker

Über diesen Band:

Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick für die Serie Kommissar X.

Dieser Band enthält folgende Romane von Alfred Bekker:

Die namenlose Tote

Der Todeskandidat

Doppeltes Spiel

––––––––

Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.

––––––––

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alfred Bekker Kommissar X #10: Die namenlose Tote

Alfred Bekker Kommissar X #10: Die namenlose Tote

Alfred Bekker

Published by Alfred Bekker, 2019.

Table of Contents

UPDATE ME

Alfred Bekker Kommisar X #10: Die Namenlose Tote

Kriminalroman

Alfred Bekker schrieb als Neal Chadwick

Jo Walker alias Kommissar X ist der beste Privatdetektiv von New York. Er knackt die härtesten Fälle und stellt sich dem Verbrechen. Da, wo die Polizei längst aufgegeben hat, nimmt Walker die Ermittlungen auf.

––––––––

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

––––––––

© by Author, Titelbild Firuz Askin

Die Benutzung des Seriennamens „Kommissar X“ erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Verlagsunion Pabel-Moewig.

Der Roman erschien erstmalig zu Beginn der 1990er Jahre und spiegelt die damaligen Zeitverhältnisse wider. Der Text wurde in alter Rechtschreibung belassen.

© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

[email protected]

Kommissar X - Die namenlose Tote

Neal Chadwick

––––––––

Ein heller Schrei durchschnitt die Stille.

Jo Walker sog die kalte Morgenluft in gleichmäßigen Zügen in sich hinein, während er in gemäßigtem Tempo seine morgendliche Jogging-Tour durch den New Yorker Central Park machte. Zur Rechten hatte er den sogenannten Pond, einen Teich, an dessen Ufern sich ein Vogelreservat befand. Das Gezwitscher bildete einen angenehmen Kontrast zu den Geräuschen, die den Moloch New York sonst beherrschten.

Eine friedliche, stille Oase in der pulsierenden Stadt - aber nicht an diesem Morgen...

Aus einiger Entfernung sah Walker drei Menschen auf sich zu laufen, zwei Männer und eine Frau. Aber das waren keineswegs Jogger, die zum Vergnügen oder wegen der Gesundheit liefen.

Die drei kamen sehr schnell näher. Die Frau schien auf der Flucht vor den beiden Männern zu sein, die ihr im Abstand weniger Meter auf den Fersen waren. Aber dieser Abstand wurde immer kleiner.

"Nein!"

Die Frau keuchte und sah sich verzweifelt um. Sie trug sportliche Kleidung. Ihr langes, schwarzes Haar flog wirr durch das feingeschnittene, bräunliche Gesicht, während ihre Verfolger sie fast erreicht hatten.

Dann stolperte sie, strauchelte und ging zu Boden. Die beiden Kerle beugten sich über sie und packten sie roh. Sie schnappte nach Luft und hatte nicht einmal mehr genug davon, um zu schreien. Die junge Frau war völlig ausgepowert. Ihre Versuche, sich doch noch loszureißen, wirkten kraftlos.

Dem eisernen Griff ihrer beiden Kontrahenten hätte sie wohl ohnehin auch nicht allzu viel entgegenzusetzen vermocht.

Indessen hatte Jo mit einen kleinen Spurt den Ort des Geschehens erreicht. Er wollte wissen, was hier gespielt wurde.

"Was machen Sie da?" fragte Jo an die beiden Männer gerichtet, die ihr Opfer inzwischen an den Armen empor gerissen und auf die Füße gestellt hatten. Sie zitterte und in ihren Augen stand nackte Angst. Als sie Jo sah, schien so etwas wie ein Hoffnungsfunke in ihnen aufzuglimmen.

Die beiden Männer trugen elegante Kleidung und machten einen gut trainierten Eindruck. Der eine hatte dunkle Haare und einen Oberlippenbart. Der andere war blond und blauäugig. Sein Gesicht wirkte grobschlächtig und brutal.

"Joggen Sie einfach weiter!" zischte der Dunkelhaarige. "Na los, verschwinden Sie schon."

"Nein!" rief die Frau, aber der Blonde verschloß ihr mit seiner großen Pranke den Mund.

"Dies ist eine Polizeiaktion und kein Schauspiel, Mister!" behauptete der Dunkelhaarige frech. Aber das erschien Jo nicht besonders glaubwürdig.

"Das sieht eher nach etwas anderem aus!" erwiderte er kühl.

"Glauben Sie, was Sie wollen!"

"Sie werden doch sicher Dienstausweise haben!"

Jo trat nahe an das Trio heran. Die beiden wechselten einen kurzen Blick miteinander. Es schien ihnen nicht zu gefallen, mit Jo an jemanden geraten zu sein, der sich nicht so leicht abwimmeln ließ.

Der Dunkelhaarige entblößte seine Zähne und knurrte: "Klar, haben wir Ausweise!" Er griff in die Innentasche und hatte in der nächsten Sekunde eine 8-Millimeter-Pistole in der Hand.

Jo hatte etwas in der Art erwartet. Sein Handkantenschlag kam daher blitzschnell und schleuderte dem Kerl die Waffe aus der Hand. Die nachfolgende Linke traf ihn mitten im ungedeckten Gesicht, ließ ihn rückwärts taumeln und zu Boden gehen. Er schien etwas benommen zu sein.

Die junge Frau nutzte ihre Chance und riß sich los. Sie hatte kaum noch Kraft, aber sie versuchte dennoch davonzulaufen. Sie strauchelte und fiel beinahe vor Schwäche hin. Wer mochte wissen, wie lange sie schon auf der Flucht war...

Ihre Bewegungen wirkten kraftlos und erschöpft, aber Ihr Widerstandswille war ungebrochen. Sie war fest entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen.

Der Blonde legte Jo indessen mit einem gekonnten Judogriff auf die Matte und griff dann zum Schulterholster. Es verging nur der Bruchteil eines Augenblicks und Kommissar X blickte in eine Pistolen-Mündung, die grell aufblitzte. Jo hatte sich jedoch bereits herumgerollt, als der Schuß in den Boden krachte. Ehe der Kerl zum zweiten Mal feuern konnte, schnellte Jo mit dem Fuß vor und fuhr seinem Gegner in die Kniekehle. Der Blonde verlor augenblicklich das Gleichgewicht. Sein Schuß ging in die Wolken. Ehe er sich versah, war Jo dann über ihm, bog ihm den Waffenarm herum und entwand ihm die Pistole. Der Kerl atmete tief durch und erstarrte dann. Er war alles andere als begeistert davon, daß er nun in die Mündung seiner eigenen Waffe blicken mußte.

"Mistkerl!" knurrte der Blonde, während Jo sich erhob.

Der Dunkelhaarige hatte sich nicht weiter um seinen Komplizen gekümmert, sondern seine Waffe aufgehoben und unverdrossen die Verfolgung der jungen Frau wieder aufgenommen.

Jo sah, daß er sie bald einholen würde.

Er wandte sich an den am Boden liegenden Blonden, der eine höllische Angst zu haben schien.

Jo machte mit dem Pistolenlauf eine eindeutige Bewegung.

"Verschwinde!" zischte er, während der Kerl ihn ungläubig anstierte. "Na los, hörst du schwer?"

Jo wich einen Schritt zurück, während der Blonde wieder auf die Beine kam. Er schien Jo nicht zu trauen, vielleicht rechnete er damit, eine Kugel in den Rücken zu bekommen. Jo brannte ihm stattdessen eins vor die Füße. Jetzt spurtete der Blonde los, wobei er sich immer wieder umdrehte.

Doch Jo hielt sich nicht länger mit ihm auf, sondern setzte dem Dunkelhaarigen nach.

Jo war gut in Form und holte schnell auf. Der Dunkelhaarige hielt seine Waffe in der Hand und hatte die Frau fast erreicht. Ihr Vorsprung schmolz von Sekunde zu Sekunde. Sie schluchzte und stolperte nur noch mehr oder weniger vorwärts.

Als etwas Jo näher heran war, stoppte er und brachte die Pistole in Anschlag. "Waffe fallen lassen!" rief er.

Der Dunkelhaarige antwortete auf seine Weise.

Er drehte sich blitzartig um und feuerte sofort. Aber der Schuß war schlecht gezielt und ging einen halben Meter über Jo hinweg. Kommissar X hatte eine solche Reaktion insgeheim einkalkuliert und so krachte sein Schuß nur einen Sekundenbruchteil später.

Die Kugel fuhr dem Dunkelhaarigen in den Arm. Er fluchte lauthals, versuchte, noch eimal die Waffe hochzureißen, aber der Arm gehorchte ihm nicht so richtig. Die Waffe fiel zu Boden, während Blut durch seinen edlen Zwirn sickerte.

Mit verkniffenem Gesicht sah er sich kurz nach der jungen Frau um, die in einiger Entfernung einer Parkbank haltgemacht hatte und nach Luft schnappte. Als Jo näher kam, ergriff der Verletzte die heillose Flucht.

"Stehen bleiben!" rief Jo und ballerte einmal über den Kopf des Flüchtenden hinweg. Aber der Kerl blieb nicht stehen. Er lief einfach weiter und Jo dachte sich, daß es jetzt vielleicht Wichtigeres gab, als eine wilde Verfolgungsjagd.

Er wandte sich der Frau zu, die auf der Bank niedergesunken war. Als er sich ihr näherte, blickte sie auf.

Ihre Augen waren dunkel und voller Furcht.

Sie schien etwas sagen zu wollen, aber es kam kein Ton über ihre Lippen. Mit der Hand strich sie sich die Haare aus dem Gesicht.

"Haben Sie keine Angst", sagte Jo ruhig. "Es ist vorbei."

Sie seufzte, versuchte so etwas wie die Ahnung eines Lächelns und nickte. Sie hatte Ringe unter den Augen, wie jemand, der tagelang nicht geschlafen hat. Sie mußte Teil irgendeines Dramas sein, von dessen Hintergründen Jo nicht den Hauch einer Ahnung hatte.

"Ich danke Ihnen", sagte sie. Ihr Englisch hatte einen minimalen Akzent. Südamerika oder Südeuropa, schätzte Jo. "Wer weiß, was die Kerle mit mir angestellt hätten, wenn Sie nicht gewesen wären!"

Jo nickte.

"Ja, das war knapp."

"Ich dachte immer, der südliche Central Park wäre relativ sicher, zumindest für New Yorker Verhältnisse."

"Ist er auch."

Sie zuckte mit den Achseln. "Na ja, wie es scheint gibt es auch hier Gesindel..."

Jo wog die Pistole in seiner Hand, die er dem Blonden abgenommen hatte. Es war eine Baretta. "Es wäre vernünftig, zur Polizei zu gehen", meinte er.

Aber sie schüttelte entschieden den Kopf. Dann versuchte sie zu lächeln, diesmal schon etwas erfolgreicher.

"Das bringt doch nichts", meinte sie mit einer wegwerfenden Geste.

Jo zog die Augenbrauen hoch.

"Warum denn nicht?"

"Das kennt man doch! So etwas verläuft im Sand!"

"Aber Sie haben das, was die meisten nicht haben, Miss..." Jo erwartete, daß die dunkeläugige Schönheit ihm vielleicht jetzt ihren Namen sagte, aber das tat sie nicht.

"Trotzdem", sagte sie "Es ist ja nichts passiert."

"Was wollten die Kerle eigentlich von Ihnen?"

Sie zögerte eine Sekunde, ehe sie die Antwort parat hatte. "Ich nehme an, mein Geld! Was denn auch sonst?"

Jo hatte den Eindruck, daß sie selbst nicht so recht von dieser Version überzeugt war. "Das sah mir nicht so aus!" stellte der Privatdetektiv daher im Brustton der Überzeugung fest.

Die junge Frau zuckte mit den Achseln.

"Was weiß ich, wie es aussah oder was sie wollten!" Sie wirkte ein wenig genervt, stand auf und musterte Jo. "Warum fragen Sie mich eigentlich so aus?"

"Sorry, ist wohl eine Berufskrankheit. Ich bin Privatdetektiv. Mein Office ist übrigens ganz in der Nähe. Sie sehen aus, als könnten Sie eine Tasse Kaffe und ein Frühstück gut vertragen..."

Sie schien ein wenig irritiert. Ihre dunklen Augen sahen Jo an, als versuchte sie, dessen Gedanken zu lesen. "Warum machen Sie das?" fragte sie schließlich. "Schließlich war das ja alles andere als ungefährlich. Sie haben Ihr Leben riskiert."

"Ich hatte den Eindruck habe, daß Sie Hilfe brauchen. Und an diesem Eindruck hat sich auch nichts dadurch geändert, daß die beiden Kerle sich davongemacht haben!"

"Der Eindruck täuscht."

"Tut mir Leid, es war nur ein Angebot."

"Es war nicht so gemeint, Mister..."

"Walker. Jo Walker." Jo sah sie offen an. "Ich hoffe nur, daß Sie wissen, mit wem Sie sich da eingelassen haben..." Die beiden Angreifer waren sicher keine Straßendiebe. Das waren Fische, die ein paar Nummern größer waren."

Sie wandte ein wenig den Kopf und blickte an Jo vorbei. Kommissar X folgte ihrem Blick, um zu sehen, was die Aufmerksamkeit der jungen Frau erregt hatte.

In einiger Entfernung stand da ein untersetzter, aber sehr kräftig wirkender Mann mit gelocktem Haar. Als Walker zu ihm hinblickte, drehte der Lockenkopf sich zur Seite und ging mit immer schnelleren Schritten davon.

"Kannten Sie den Mann?"'

"Nein. Wie kommen Sie darauf?"

"Es sah so aus."

Sie versuchte zu lächeln. "Sehen Sie, das ist nicht der erste Mann, der mir hintersieht. Finden Sie das wirklich so ungewöhnlich?" Sie machte eine Pause und schien einen Moment lang nachzudenken. Dann sagte sie plötzlich: "Vielleicht nehme ich das Frühstück doch."

Jo lächelte. "Zu gütig, Lady! Was hat den Stimmungsumschwung bewirkt?"

"Ich glaube, daß man Ihnen trauen kann!"

"Oder glauben Sie, daß die Kerle an der Straßenecke wieder auf Sie warten, um Sie in Empfang zu nehmen?"

"Glauben Sie, was Sie wollen! Gilt Ihr Angebot nun noch oder nicht?"

"Gehen wir!"

*

Wenig später befanden sie sich in Jos Residenz, die gleichzeitig als Wohnung und Office fungierte und sich in einer Traumetage am nördlichen Ende der 7th Avenue befand.

"Nanu", wurde der von vielen auch respektvoll als Kommissar X bezeichnete Privatdetektiv von seiner attraktiven Assistentin April Bondy begrüßt. "Bringst du deine Klienten jetzt schon vom Joggen mit?"

Jo grinste der blonden April schelmisch ins Gesicht.

"Was glaubst du, wen ich morgens alles im Central Park treffe! Wenn ich Kaufmann wäre, würde ich dort meine Kontakte pflegen! Da hat man das ganze Business auf einem Haufen!"

April lachte.

"Und alle im Jogging-Anzug..."

"...und ohne Vorzimmerdrachen, die einen mit Terminen nach der Jahrtausendwende vertrösten!"

Sie wandten sich zu der jungen Frau um, die den Raum eingehend musterte. "Könnte ich mich erst ein bißchen bei Ihnen frischmachen?"

Jo nickte.

"Natürlich." Er wies ihr den Weg zum Bad und als er zurückkam, fragte April: "Wer ist die Kleine?"

"Sie hat es mir noch nicht gesagt."

"Ihre Frisur hat ja wirklich etwas gelitten. Was ist passiert?"

"Ein paar Kerle waren hinter ihr her und ich bin dazwischen gegangen!" Er legte die Baretta auf den Tisch.

"Die scheinen ja gut ausgerüstet gewesen zu sein", meinte April beim Anblick der Waffe und Jo nickte.

"Kann man wohl sagen! Mit wem auch immer sich diese junge Frau angelegt hat - einfache Straßenräuber waren das nicht!"

"Steht sie unter Schock?"

"Glaube ich nicht. Sie wirkt auf mich außerordentlich cool, wenn man bedenkt, in welcher Lage sie gerade noch gewesen ist."

Als die Fremde wenig später aus dem Bad kam, saßen Jo und April schon beim Frühstück. Sie setzte sich dazu. Im Gesicht hatte sie eine kleine Schramme und ihre Kleider wiesen ein paar Flecken auf. Aber sonst schien alles in Ordnung mit ihr zu sein.

"Wollen Sie uns nicht Ihren Namen sagen?" hakte April nach, die vor Neugier platzte. Die junge Frau hob den Kopf, als müsse sie überlegen und sagte dann: "Es ist besser für Sie und besser für mich, wenn Sie ihn nicht wissen."

April runzelte verwundert die Stirn. Sie schien mit dieser Antwort kaum etwas anfangen zu können. Indessen wandte sich die junge Frau an Walker und versuchte so schnell wie möglich das Gespräch auf irgendein unverfängliches Terrain zu lenken. Sie mußte große Angst haben und dazu ein schier grenzenloses Mißtrauen.

"Sie sind also Privatdetektiv", murmelte sie gedehnt und schien dabei über irgendetwas nachzudenken.

"Ja", nickte Jo.

"Ihr Geschäft scheint ja nicht schlecht zu gehen! Wenn ich mir Ihre Residenz hier so ansehe..."

"Ich kann nicht klagen."

"Was sind das so für Leute, die Sie hier aufsuchen?"

"Leute wie Sie."

"Nehmen Sie mich nicht auf den Arm!"

"Es ist so, wie ich sage. Es sind Leute mit Problemen, Leute, die kein Vertrauen zur Polizei haben und solche, denen die Polizei nicht helfen kann..."

"Einer wie Sie arbeitet doch sicher nur für Millionäre und große Versicherungskonzerne!"

"Ich habe nichts gegen Geld", erwiderte Jo. "Aber ich habe auch schon für kleine Leute gearbeitet. Ich bin in der glücklichen Lage, mir meine Aufträge aussuchen zu können."

Sie aß das Frühstück mit großem Appetit. Vor allem vom Kaffee konnte sie kaum genug bekommen. Sie war übernächtigt, schien sich aber unbedingt wach halten zu wollen.

"Ich fahre gleich zu Captain Rowland von der City Police", meinte der Privatdetektiv wie beiläufig. "Rowland ist mein Freund. Ich könnte Sie mitnehmen. Das wäre kein Problem..."

"Was soll ich dort?"

"Sie schauen sich paar Fotos an. Vielleicht sind die Kerle ja schon einmal aufgefallen. Dann könnten Sie sie identifizieren... Das kostet Sie nicht mehr als ein bißchen Zeit, Miss."

"Ich sagte schon einmal nein, Mister Walker."

"Nennen Sie mich Jo."

"Jo."

Sie wollte keine Polizei und ihr 'Nein' klang ziemlich endgültig. Wahrscheinlich hatte sie ihre Gründe dafür.

"Haben Sie Angst, daß sich jemand an Ihnen rächen könnte, wenn Sie die zwei in die Pfanne hauen?"

Sie seufzte und strich sich dabei das blauschwarze Haar zurück. Eine schöne Frau, dachte Jo. Eine sehr schöne Frau sogar. Und dann ertappte er sich dabei, daß sein Blick wie magnetisch von ihr angezogen wurde.

"Ich habe es Ihnen doch schon einmal klarzumachen versucht, Jo..." sagte sie jetzt in einem etwas milderen Tonfall.

"Versuchen Sie es ruhig noch einmal!" lächelte Jo.

Sie hob beschwörend die Arme. "Ich bin Ihnen sehr dankbar für das, was Sie für mich getan haben, aber der Rest ist meine Sache. Ganz allein meine Sache, verstehen Sie?"

"Um ehrlich zu sein: nein. Denn mir scheint, daß Ihnen da etwas über den Kopf gewachsen ist. Die Kerle, die ihnen aufgelauert haben, sind sicher keine Idioten. Die werden Sie überall wieder auftreiben. Glauben Sie mir!"

Jo merkte, daß er gegen eine Wand rannte. Je mehr er in sie zu dringen versuchte, desto mehr verschloß sie sich - aus welchem Grund auch immer.

Plötzlich sagte sie: "Ich glaube, ich muß jetzt los. Vielen Dank für alles. Ich werde es irgendwann wieder gutmachen, wenn ich kann."

"Warum ein so plötzlicher Aufbruch?" fragte April.

Die junge Frau versuchte ein Lächeln. "Es ist nicht plötzlich", erklärte sie wenig überzeugend. "Ich muß jetzt einfach los, das ist alles." Sie erhob sich und Jo folgte ihrem Beispiel.

"Soll ich Sie nach Hause bringen?" fragte der Privatdetektiv.

"Nein, danke."

"Wie gesagt, ich bin gleich sowieso unterwegs!"

"Dann nehmen Sie mich ein Stückchen mit!"

"Okay", nickte Jo. Sein Blick versank in ihren dunklen Augen und er dachte: Was mag in diesem hübschen Kopf wohl vor sich gehen? Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte: Er wurde aus dieser Frau einfach nicht schlau. Sie machte es einem aber auch nicht gerade leicht!

*

"Sie müssen mir schon sagen, wo es hingehen soll!" meinte Jo, als er zehn Minuten am Steuer seines champagnerfarbenen Mercedes 500 SL saß.

Die dunkeläugige Schönheit saß auf dem Beifahrersitz und meinte knapp: "Fahren Sie nur. Ich werde Ihnen schon sagen, wann ich aussteigen möchte."

"Wie gesagt, am besten Sie steigen überhaupt nicht aus, sondern kommen mit mir zu Polizei."

"Lassen wir das."

"Manchen ist nicht zu helfen."

"Schon möglich..." Sie seufzte. "Und was machen Sie jetzt bei der Polizei?"

"Ach, es geht um eine Gegenüberstellung. Ich möchte gerne dabei sein. Mein Freund Rowland und ich sind an einen Drogenring herangekommen. Jetzt kommt die Kleinarbeit. Aber die muß auch gemacht werden. Am Ende kann davon nämlich abhängen, ob es auch zu Verurteilungen kommt."

"Was haben Sie mit Drogen zu tun, Jo? Sind Leute Ihrer Sorte nicht eher für den raffinierten Mord oder den spektakulären Diamantenraub zuständig?"

Jo blickte kurz zu ihr hin.

"Sie irren sich", erklärte er. "Obwohl... Es war eigentlich auch eine Art Mord."

"Das müssen Sie mir erklären."

"Ein ziemlich verzweifelter Mann kam zu mir. Sein siebzehnjähriger Sohn hatte sich den goldenen Schuß gesetzt. Das war der Auslöser des Ganzen, deshalb bin ich in der Sache drin."

"Aber das ist doch kein Mord", meinte sie. "Der Junge wußte doch wohl, was er tat. Er wollte es so."

"Glauben Sie das wirklich?"

"Ja, so sehe ich das!"

"In diesem Fall war es mit Sicherheit anders. Der Junge war von seinem Dealer plötzlich mit Stoff einer Qualitätsstufe beliefert worden, die er nicht gewohnt gewesen war. Er hatte nicht mehr als seine normale Ration genommen und war nun tot. Und das war ganz eindeutig Mord, auch in juristischem Sinn." Aber Jo hatte keine Lust, weiter darüber zu diskutieren. "Das Thema scheint Sie zu interessieren!" stellte er fest.

"Mich interessiert vieles."

Jo Walker gab dem Gespräch einen abrupten Schwenk. "Seit wann sind Sie auf der Flucht?"

Sie lächelte. "Sie können es nicht lassen, was?"

"Wie gesagt: Berufskrankheit."

"Ich habe die Kerle heute zum ersten Mal getroffen."

"Mich brauchen Sie nicht anzulügen."

"Sie wissen alles am besten, was?"

"Ich gebe mir Mühe", lächelte Jo. "Wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, daß sie schon tagelang vor ihnen davonlaufen."

Sie versuchte sich in aufgesetzter, künstlich wirkender Heiterkeit. "Haben Sie Beweise?"

"Bin ich der Staatsanwalt?"

Sie deutete plötzlich mit ihrem schlanken Arm nach rechts und fragte: "Sehen Sie die Ecke dort hinten?"

"Ja."

"Lassen Sie mich dort aussteigen."

"Und dann? Wo wollen Sie hin?"

"Eine Straße weiter ist die U-Bahn."

Jo fuhr an den Straßenrand. Die junge Frau wollte schon aussteigen, aber Jo hielt sie noch zurück.

"Was ist noch?"

"Nehmen Sie das hier." Sie nahm es und schaute stirnrunzelnd darauf. Es war eine von Walkers Visitenkarten. "Vielleicht überlegen Sie es sich ja noch einmal, ob Sie sich helfen lassen wollen..."

Sie steckte die Karte ein.

"Leben Sie wohl, Jo."

Und dann war sie auch schon weg. Jo sah sie zwischen den Passanten verschwinden. Sie blickte sich ständig um, so als fühlte sie sich beobachtet. Man konnte nur hoffen, daß sie nicht eines Tages als Wasserleiche aus dem East River gefischt wurde...

*

Captain Tom Rowland vom Morddezernat Manhattan C/II war ein massiger Koloß, der von seiner Figur her hervorragend dazu geeignet gewesen wäre, als Double von Bud Spencer zu fungieren.

"Du bist ein bißchen zu früh, Jo! Wir müssen noch auf ein paar Leute warten! Aber ich kann dir einen frischgebrühten Kaffee anbieten!"

"Danke, aber ich habe gerade gefrühstückt."

"Wenn die Sache heute glatt geht, dann sind wir schon ein ganzes Stück weiter", meinte Rowland. "Ich bin ganz zuversichtlich..."

Jo nahm die Baretta hervor, die er einem der beiden Kerle im Park abgenommen hatte. Er hatte die Waffe in eine Plastik-Tüte getan, obwohl es dazu wohl längst zu spät gewesen war. Jo hatte die Pistole schließlich in die Hand genommen und benutzt - und damit vermutlich fast alles an Spuren vernichtet, was irgendetwas aussagen konnte.

"Was ist das?" fragte Rowland.

"Heute morgen hatte ich beim Joggen Gelegenheit, mein Nahkampftraining etwas aufzufrischen", meinte Jo sarkastisch und erzählte Rowland in knappen Sätzen, was geschehen war.

"Und wo ist die Frau jetzt?" erkundigte sich der dicke Captain.

"Auf und davon." Jo zuckte mit den Schultern. "Was sollte ich machen, sie zwangsweise zur Polizei schleppen?"

"Sich überfallen zu lassen ist ja nicht strafbar!"

"Du sagst es!"

"Und was soll ich jetzt mit der Baretta?"

"Einfach mal ins Labor geben. Vielleicht kommt ja etwas dabei heraus!"

Tom Rowland holte tief Luft und blies sich dabei auf wie ein Walroß. "Glaubst du eigentlich, das Labor hat nicht genügend zu tun, Jo? Mit dieser Waffe ist niemand umgebracht worden und wenn sie aus dem Verkehr gezogen wird, wird das auch niemals geschehen." Er hob die Baretta hoch und sah sie sich von allen Seien an. "Die Nummer ist abgefeilt...", murmelte er.

"Eine Hand wäscht die andere, Tom. Also, was ist mit dem Labor? Wenn ich die Waffe dir überlasse, sind meine Chancen größer, sie untersucht zu bekommen, als wenn ich es allein versuche."

Rowland seufzte und fixierte Jo mit seinem Blick.

"Okay, Jo."

"Danke."

"Dann beantworte mir aber bitte eine Frage: Warum hängst du dich in diese Sache hinein?"

"Reine Neugier!" grinste Jo.

Ein Lieutenant kam herein und wandte sich an Rowland. "Es sind alle versammelt, Captain!"

Rowland schlug sich klatschend auf die Schenkel und stand auf. "Dann kann es ja losgehen!"

Jo steckte sich eine Zigarette in den Mund und zündete sie an.

"Drücken wir uns selbst die Daumen dafür, daß Jim Lacroix heute ins Loch geschickt wird!"

Sie gingen gemeinsam in einen schmucklos eingerichteten Raum, von dem aus man durch eine Scheibe in ein Nebenzimmer sehen konnte.

Rowland begrüßte eine vierzig- bis fünfzigjährige Schwarze von untersetzter Statur, die einen ziemlich verschüchterten Eindruck machte.

"Sie brauchen keine Angst zu haben, Mrs. Grogan", behauptete Rowland. Die Schwarze nickte, schien dem Police-Captain allerdings nicht so recht zu glauben. "Das sagen Sie so einfach, Captain!"

"Man kann Sie durch diese Scheibe nicht sehen", ergänzte Walker.

Sie nickte und wandte den Blick zur Seite.

Martha Grogan war die Vermieterin von Ron Bogdanovich gewesen - jenem Jungen, dem jemand beim goldenen Schuß etwas nachgeholfen hatte, indem er ihn mit reinem, statt wie sonst üblich, mit großzügig verlängertem Heroin belieferte.

Indessen hatte sich auf der anderen Seite der Glasscheibe eine Riege hochgewachsener, aschblonder Männer aufgebaut. Einer von ihnen war Jim Lacroix, Bogdanovichs Dealer. Martha Grogan hatte bei ihrer ersten Vernehmung am Tatort ausgesagt, daß ein Mann Bogdanovich regelmäßig besucht hätte und auch kurz vor dessen Tod noch dort gewesen sei. Ihre Beschreibung paßte auf Lacroix wie die Faust aufs Auge, aber jetzt mußte sie ihn noch identifizieren, ihn als den Mann bezeichnen, der kurz vor Bogdanovichs Tod noch bei ihm gewesen war und ihn vermutlich beliefert hatte.

Diesmal eine tödliche Lieferung.

"Was ist?" fragte Rowland vielleicht eine Spur zu ungeduldig. "Ist der Mann dabei?"

Martha Grogan schluckte.

"Ich bin mir nicht sicher!"

"Aber das gibt es doch nicht! Sie konnten Ihn doch ganz genau beschreiben!" schimpfte Rowland.

Sie hatte Angst, das lag deutlich auf der Hand. Wovor auch immer.

Vielleicht hatte Lacroix jemanden bei ihr vorgeschickt, der ihr unmißverständlich klargemacht hatte, wie sie sich verhalten mußte, wenn sie bei guter Gesundheit bleiben wollte. Vielleicht war sie auch einfach gekauft worden.

"Ich bin mir nicht sicher, ob er dabei ist", sagte sie wenig überzeugend. "Vielleicht der dort ganz rechts. Oder doch der in der Mitte? Sie sehen sich alle so ähnlich!"

"Hören Sie!" wurde sie dann von Rowland beschworen. "Sie brauchen wirklich keine Angst zu haben! Wenn Sie nur einen Ton sagen, dann können wir diesen Kerl ins Loch stecken!"

"Für wie lange?"

"Für sehr lange, denn dann geht es um Mord!"

"Können Sie mir das garantieren? Oder läuft am Ende nicht so, daß ein geschickter Anwalt ihn doch rauspaukt?"

"Ich bin weder Richter noch Geschworener, aber wenn Sie ihn wiedererkennen, dann hätten wir eine Chance!"

"Und wenn ich ihn nicht identifizieren kann?"

Rowland schwieg und atmete tief durch. Er ging zwei, drei Schritte hin und her und murmelte dann: "Ich fürchte, daß er uns dann durch die Lappen geht!"

Sie schien noch einmal zu überlegen. Man konnte ihrem Gesicht förmlich ansehen, wie der Kampf in ihr tobte. Dann war er entschieden - und zwar endgültig, wenn man nach dem Klang ihrer Stimme ging.

"Tut mir Leid, von diesen Männern hier war es keiner!" sagte sie sehr bestimmt. Sie kniff ihre Lippen zusammen. Ihr Gesicht war eine Maske geworden.

Rowland machte einen letzten Versuch. "Einer dieser Männer ist ein Mörder und Sie wissen, welcher. Ron Bogdanovich hätte vom Alter her Ihr Sohn sein können. Denken Sie an Rons Eltern, was es für sie bedeutet, wenn sein Mörder davonkommt!"

Sie wandte den Blick an Rowland und seufzte. "Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen, Captain. Aber ich kann doch nur sagen, was der Wahrheit entspricht, oder?"

Der dicke Captain sah ein, daß die Sache verloren war.

"Natürlich", sagte er.

"Kann ich jetzt gehen?"

Rowland nickte. "Gehen Sie nur!" Als sie weg war, schlug er wütend mit der flachen Hand gegen die Wand.

"Der Tag fängt wirklich schlecht an, was?" meinte Jo.

*

Es war zwei Tage später, als Jo Walker die dunkeläugige Schöne zum zweiten Mal sah - diesmal allerdings nur als Schwarz-weiß-Foto in der Zeitung. April hatte ihn darauf aufmerksam gemacht und ihm die entsprechende Seite unter die Nase gehalten.

WER KENNT DIESE FRAU? stand dort in großen Lettern.

Das Foto war nicht besonders gut, ein Zeitungsfoto eben, aber Jo hatte so etwas schon oft genug vor Augen gehabt, um auf den ersten Blick zu sehen, daß es sich um das Bild einer Toten handelte.

"Ich habe es geahnt", murmelte Jo tonlos, als er den dazugehörigen Text las. In Yonkers war eine junge Frau umgebracht worden. Man hatte sie mit einer Kugel in der Herzgegend in einer Seitenstraße aufgefunden. Der Toten fehlte leider alles, was sie hätte identifizieren können. Sie hatte keinen Paß, keine Etiketten in der Kleidung, keine Brieftasche, keine Kreditkarte.

"Scheint, als hätten die beiden Kerle sie doch noch erwischt", meinte April. "In der Zeitung steht, daß sie vorgestern ermordet wurde..."

"Nichts Näheres?"

"Nein."

"Ich habe sie in der Nähe einer Subway-Station abgesetzt", sagte Jo. "Sie muß sich auf ziemlich direktem Weg nach Yonkers aufgemacht haben." Er zuckte mit den Schultern. "Sie hätte auf mich hören sollen..."

"Das hätte sie." April machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: "Ich weiß, daß dir das näher geht, als du zugeben willst. Ich habe gesehen, wie du sie angesehen hast..."

Jo stand auf und ging zum Fenster und blickte hinaus. Es war ein trüber Tag. New York war heute eine Waschküche. Der letzte Schauer war gerade zwei Minuten vorbei, aber der nächste kam bereits über den Central Park.

"Die Polizei in Yonkers sucht Zeugen, die die Tote kennen", murmelte Jo. "Ich werde mal auf einen Sprung vorbeifahren." Er machte eine unbestimmte Geste und ließ seine Hände dann in den Hosentaschen verschwinden. "Mehr kann ich wohl nicht mehr für sie tun..."

*

Der Mann, dem Jo Walker in dem miefigen, engen Büro gegenübersaß hieß Clarke und er war Lieutenant der Mordkommission von Yonkers. Clarke war klein und drahtig und in seinen tiefen Augenhöhlen lauerten zwei giftige Augen. Ein kleiner Terrier, so wirkte er auf Jo. Einer, der zubiß und dann nie wieder losließ.

Naja, dachte Jo. Jeder hat eben seinen Weg.

"Ihr Name ist also Walker", raunte der Giftzwerg mit einem Unterton, der nichts Gutes ahnen ließ. "Kann es sein, daß ich diesen Namen schon mal gehört habe?"

"Durchaus."

"Man nennt Sie auch Kommissar X, nicht wahr?"

"Ich kann es nicht abstreiten."

Clarke schlug urplötzlich mit der flachen Hand auf den Tisch und schnellte mit dem Kopf wütend nach vorne. Seine Augen waren aus ihren Höhlen hervorgetreten und funkelten angriffslustig.

"Ich will Ihnen gleich zu Anfang etwas klarmachen, Mister Walker! Ganz gleich, ob Sie Ihr Büro in einer Nobel-Etage oder in einem Hinterzimmer haben, ob Sie ein Star ihrer Branche oder nur so ein Schmalspur-Schnüffler sind: Ich mag keine Privatdetektive."

Jo zuckte die Achseln.

"Das tut mir Leid!"

"Und ich mag es auch nicht, wenn Ihr Schnüffler uns Profis ins Handwerk pfuscht!"

Jo atmete tief durch. "Erstens sind wir Privaten genau so Profis in diesem Geschäft wie Ihresgleichen und zweitens habe ich nicht die Absicht, Ihnen dazwischen zu funken, Clarke. Ich ermittle in diesem Fall gar nicht, sondern bin als Zeuge hier!"

"Okay", sagte Clark und grinste sarkastisch. "Ich will Ihnen das mal für eine Minute glauben. Erzählen Sie, was Sie zu der Sache beizusteuern haben! Sagen Sie bloß, Sie kennen die Tote!"

"Ich habe sie am Montagmorgen im Central Park gesehen, als ich meine tägliche Jogging-Runde machte. Zwei Kerle waren ihr auf den Fersen und ich bin dazwischen gegangen."

"Wie nobel, Mister Walker. Findet man heute selten so etwas. Die meisten schauen einfach weg. Wer ist die Lady?"

"Sie hat mir ihren Namen nicht gesagt."

"Zu schade! Wann war das genau am Montagmorgen?"

"So gegen sieben. Einem der Kerle konnte ich die Baretta abnehmen. Sie befindet sich noch im Labor. Erkundigen Sie sich bei Captain Rowland, wenn Sie an dem Befund interessiert sind."

"Bin ich nicht."

Jo runzelte die Stirn. Fast glaubte er, sich verhört zu haben.

"Habe ich das richtig verstanden?"

"Ja, das haben Sie", nickte Clarke. "Sehen Sie, die Sache ist ganz einfach: Zu dem Zeitpunkt, an dem Sie die namenlose Lady im Central Park von New York City gesehen haben wollen, war sie schon mindestens eine halbe Stunde tot."

Für Jo war das wie ein Schlag vor den Kopf. "Ich bin mir aber völlig sicher..."

"Tut mir Leid, Mister Walker, aber wie es scheint, haben Sie den Weg hierher nach Yonkers umsonst gemacht." Es stand Clarke im Gesicht geschrieben, daß es ihm nicht ein bißchen Leid tat. Aber das war Jo ohnehin ziemlich gleichgültig. Seine Gedanken waren bei der namenlosen Toten, deren Bild er in der Zeitung gesehen hatte. "Sie war es", sagte er. "Ich bin mir da hundertprozentig sicher. So ein Gesicht vergißt man nicht."

"Sie muß sehr hübsch gewesen sein, bevor man aus ihr eine Leiche gemacht hat!" Clarke zuckte mit den Schultern. "Wahrscheinlich haben Sie eine andere Frau gesehen, Walker. Vielleicht eine, die der Toten sehr ähnlich sah und die Sie dann auf dem Foto wiederzuerkennen glaubten!"

Aber Jo schüttelte entschieden mit dem Kopf.

"Das glaube ich nicht."

"Dann gehen Sie ins Leichenschauhaus und sehen Sie sie sich im Original an! Vielleicht geht es dann in Ihren Schädel!"

Kommissar X ließ nicht locker. Er hatte ein Paar gut funktionierender Augen im Kopf und es gab keinen Grund, ihnen nicht zu trauen. Also bohrte er weiter.

"Es gibt Mittel und Wege, Todeszeiten zu manipulieren. Ist eine Obduktion durchgeführt worden?"

"Die Todesursache liegt auf der Hand. Sie starb durch eine Kugel aus einer 8-mm-Pistole. Ein Schuß aus nächster Nähe. Und da hat sich niemand die Mühe gemacht, irgendetwas zu manipulieren. Es war ein ganz simpler, brutaler Mord. Fast wie eine Hinrichtung."

"Wer hat sie gefunden?"

"Wissen Sie was, Walker: Es ist genau so, wie ich befürchtet habe! Sie versuchen mir Fragen zu stellen anstatt umgekehrt. Und genau das kann ich nicht leiden. Sie sagten, daß Sie in dieser Sache nicht ermitteln, also sehe ich auch nicht ein, weshalb ich Ihnen irgendetwas sagen soll."

Jo verzog das Gesicht.

"Und wenn ich nun doch an der Sache arbeiten würde?"

"Dann würde ich Ihnen vielleicht erst recht nichts sagen, damit Sie mir nicht dauernd in die Quere kommen!"

"Na, dann ich ja froh sein, daß ich mein Büro in Manhattan und nicht in Yonkers habe!"

"Allerdings. Bei mir hätten Sie nicht viel zu lachen! Und ich gebe Ihnen auch jetzt den Rat, sich den Kopf über Ihre eigenen Sachen zu zerbrechen."

Kommissar X wandte sich zum Gehen. Aus diesem Terrier würde er kaum mehr herausbekommen. Und er fragte sich, ob er das überhaupt versuchen sollte. Schließlich war es Clarkes Aufgabe, den Mörder der jungen Frau zu finden, nicht Walkers. Es hatte ihn niemand beauftragt.

Bevor Walker sich auf den Rückweg nach Manhattan machte, wollte er sich die Tote aber doch noch einmal ansehen. Er wollte sichergehen, sich nicht geirrt zu haben.

Der Arzt, der Jo durch die Katakomben des Leichenschauhauses führte, war fast so bleich wie die Körper, die er zerschnitt. Kein Wunder, dachte Jo. Schließlich kam der Kerl wohl ziemlich selten mal ans Tageslicht.

"Kannten Sie die Tote?" fragte der Arzt und Jo nickte zögernd.

"Könnte man so sagen."

"Sie sind der erste, der sie zu kennen glaubt", meinte der Arzt. "Und dabei steht es doch jetzt sogar in der Zeitung!"

"Vielleicht kam sie nicht von hier."

"Alles möglich, Mister."

Dann wurde eine Leiche aus dem Kühlfach gezogen. Der Arzt deckte das Gesicht ab und gähnte dabei ungeniert. Ihr Gesicht hatte fast jegliche Farbe verloren. Jemand war so pietätvoll gewesen, ihr die Augen zu schließen.

Aber sie war es.

Für Jo gab es keinen Zweifel mehr.

"Todeszeit?" fragte Jo.

Der Arzt schaute in seine Unterlagen. "Montagmorgen, cirka halb sieben. Wahrscheinlich früher."

"Und wann wurde sie gefunden?"

"Steht auch hier: Kurz nach halb acht."

"Kein Irrtum möglich?"

"Wovon sprechen Sie?"

"Von der Todeszeit."

Der bleiche Arzt runzelte die Stirn. "Was wollen Sie eigentlich? Glauben Sie, wir machen hier Pfusch?"

"Nein, es ist nur so, daß ich die Tote noch quicklebendig gesehen habe, als sie nach Ihren Angaben schon auf dem Weg hierher war. Deshalb frage ich, ob es da nicht sein könnte, daß Sie sich bei der Todeszeit geirrt haben."

Er blickte auf seinen Boden. "Mein Kollege Snyder war um halb acht am Tatort und hat den Tod festgestellt", murmelte er. "Und wann bitte wollen Sie sie noch gesehen haben?"

"Schon gut", meinte Jo. "Vergessen Sie's!" Um halb acht hatte die Tote in Walkers Residenz noch an ihrem Kaffee geschlürft.

Irgendetwas stimmte hier nicht.

*

Als Jo Walker zurück in die 7th Avenue kam, war es Nachmittag und es regnete wieder. Diesmal war es kein Schauer, sondern eher eine Art Dauerregen, die Jo den ganzen Weg von Yonkers bis hierher begleitet hatte. Ein scheußlicher Tag - und das in mehrfacher Hinsicht.

Aber die Unannehmlichkeiten hatten sich mit der Feuchtigkeit, die da unablässig von dem grauen Himmel herabrieselte, noch lange nicht erschöpft. Das merkte Jo ziemlich bald, nachdem er sich wieder in seiner Residenz befand.

Er ließ die Türen auseinander fliegen und warf den nassen Mantel in eine Ecke.

"Was neues, April?" fragte er seine Assistentin.

"Im Büro sitzen zwei Klienten."

Jo pfiff durch die Zähne.

"Gleich zwei? Haben sie gesagt, was sie wollen?"

"Nein", schüttelte April den Kopf und warf dabei ihre blonde Mähne in den Nacken. "Sie wollen nur mit dir persönlich sprechen. Von mir wollten Sie nicht einmal eine Tasse Kaffee!"

Das Erste, was Jo mißfiel, als er sein Büro betrat war, daß jemand hinter seinem Schreibtisch saß und die Füße hochgelegt hatte. Der zweite Besucher lehnte am Fenster und hatte die Hände in den Hosentaschen.

Jo erstarrte.

Das waren die beiden Gorillas, vor denen die junge Frau davongelaufen war, deren Foto jetzt in den Zeitungen bewundert werden konnte. Der Dunkelhaarige hatte seinen rechten Arm bandagiert und trug ihn in einer Schlinge.

Wenigstens fiel er dadurch als Schütze erst einmal aus. Anders der Blonde, dessen Hand in der Manteltasche ruhte und wahrscheinlich einen Pistolengriff umfaßte.

Das Gesicht des Dunkelhaarigen blieb sehr ernst und war fast eine Leichenbittermiene. Der Blonde hingegen grinste frech und kaute dabei auf irgendetwas herum.

"So sieht man sich wieder", murmelte Jo.

"Schließen Sie die Tür!" befahl der Dunkelhaarige und ließ seine Worte durch seinen Komplizen dadurch unterstreichen, daß dieser jetzt seine Waffe aus der Manteltasche hervorholte und sie auf Jo richtete. "Ich hoffe, Sie machen keine Dummheiten, Mister Walker!"

"Das hoffe ich umgekehrt auch!" erwiderte Jo, nachdem er die Tür geschlossen hatte. "Was wollen Sie von mir?"

Auf dem Schreibtisch lag noch die Zeitung, die Jo am Morgen gelesen hatte. Der Dunkelhaarige schlug die Seite auf, auf der das Bild der namenlosen Toten war. "Sie haben das hier sicher gelesen, nicht wahr?"

"Ja." Walker trat näher an den Schreibtisch heran. Bevor er sich in den davor stehenden Sessel fallen ließ, deutete er auf das Foto. "Das ist eure Arbeit, nicht wahr?"

"Sie werden nicht im Ernst erwarten, daß wir dazu etwas sagen, Mister Walker."

"Nein, allerdings nicht."

"Ich werde unter anderem dafür bezahlt, daß ich zwei und zwei zusammenrechne und meine Schlüsse ziehe." Jo zeigte auf die Waffe des Blonden. "Acht Millimeter?"

"Die Fragen stellen wir hier, auch wenn Ihnen das nicht paßt!"

"Bitte! Sie sind wahrscheinlich nicht hier, um mir einen Auftrag zu geben!"

"Nein, das sicherlich nicht. Es geht um etwas anderes."

"Da bin ich aber gespannt!"

"Sie erinnern sich an die junge Frau, Montagmorgen im Central Park... Sie haben uns leider dazwischen gefunkt!" Er hob ein wenig den bandagierten Arm an. "Diese Frau hatte etwas in ihren Besitz gebracht, das ihr nicht gehörte. Wir hatten die Aufgabe, es ihr wieder abzunehmen..."

"Und wie kann ich Ihnen da helfen?"

"Indem Sie es uns jetzt aushändigen."

"Warum nehmen Sie an, daß ich es habe?"

"Weil sie es bei Ihnen deponiert haben wird, wenn sie einen Funken Verstand gehabt hat. Es kann auch sein, daß Sie es ihr abgenommen haben. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt."

"Das wird ja immer interessanter!" meinte Jo sarkastisch.

"Jedenfalls glaube ich nicht, daß diese Begegnung im Park reiner Zufall war."

Jo zuckte die Achseln.

"Bedaure, ich weiß noch nicht einmal, worum es geht."

Das Gesicht des Dunkelhaarigen blieb regungslos. Mit der Linken machte er eine unbestimmte Geste. Unterdessen bewegte sich der Blonde seitwärts. Er öffnete einen der Büroschränke und begann damit, den Inhalt auf den Boden zu streuen.

"Scheint, als würde Ihre Antwort meinen Freund hier nicht sehr überzeugen, Mister Walker."

Der Blonde grinste unverschämt. Es machte ihm Spaß, was er tat - besonders als seine Hand dann über ein Regal strich und ein paar recht wertvolle Vasen auf dem Boden zerscheppern ließ.

Jetzt wurde es Jo zu bunt.

Er gab dem Schreibtisch einen kräftigen Tritt, so daß er dem Dunkelhaarigen entgegenkam und dieser mitsamt Sessel nach hinten kippte. Er fluchte unterdrückt, während der Blonde die Waffe hob.

Jo warf sich zu Boden, bevor der Kerl schoß.

Genau diesem Augenblick flog die Tür auf und April kam herein. Der Krach hatte sie angelockt. Auf jeden Fall tauchte sie genau im richtigen Moment auf, denn der Blonde wirbelte mit der Waffe in der Hand herum in ihre Richtung.

Jo rollte sich am Boden herum und riß die Automatic heraus. Blitzschnell ging das. Der Blonde zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde, und doch war es jetzt bereits zu spät für ihn. Er blickte direkt in den Lauf von Walkers Automatic und konnte sich seine Chancen an zwei Fingern ausrechnen, schneller zu schießen als der Privatdetektiv.

"Der Gedanke taugt nichts, der Ihnen da im Kopf herumspukt", zischte Jo. "Werfen Sie Ihr Schießeisen lieber weg, wenn Sie kein Loch in den Kopf wollen!"

Der Blonde zögerte noch einen Moment und atmete dann tief durch. Er sah ein, daß er auch diese Runde verloren hatte, so sehr er sich darüber auch ärgern mochte. Er warf seine Pistole zu Boden. Sein dunkelhaariger Komplize arbeitete sich indessen unter Schreibtisch und Sessel hervor. Er schien Schmerzen zu haben, wenn man nach dem verzerrten Gesicht ging. Vielleicht hatte es seinen verletzten Arm erneut erwischt. Jos Mitleid hielt sich allerdings in Grenzen.

"Jetzt drehen wir den Spieß mal um!" meinte Jo. "Wer schickt Sie?"

Der Blonde schielte zu seinem Komplizen hinüber und schien abzuwarten, wie dieser reagieren würde. Der Dunkelhaarige schien bei den beiden für das Denken zuständig zu sein.

"Sie können mich mal, Walker!" zischte dieser.

Jo wandte sich an April. "Du kannst schon mal die Polizei rufen!"

Der Blonde wurde unruhig. Ihm schien die harte Linie des Dunkelhaarigen nicht zu gefallen, er sagte aber nichts.

April hob indessen die Waffe des Blonden vom Boden auf und ging ins Vorzimmer. Jo befahl inzwischen dem Dunkelhaarigen, sich zu seinem Komplizen an die Wand zu stellen.

"Sie bluffen, Walker!"

"Glauben Sie?"

Inzwischen hörte man April aus dem Nebenzimmer die Polizei anrufen. Der Blonde bekam einen panischen Zug im Gesicht. "Der Kerl ist verrückt!" knurrte er. "Der bringt es fertig und liefert sich selbst mit ans Messer!"

"Halt's Maul!" zischte der Dunkelhaarige.

"Vielleicht können wir uns so mit ihm einigen!"

"Ich sagte: Halt's Maul!"

Jetzt mischte sich Jo ein: "Das mit der Frau in Yonkers - wart ihr das?"

"Kein Kommentar", zischte der Dunkelhaarige.

"Wir haben damit nichts zu tun", schnatterte der Blonde, der es langsam mit der Angst zu tun bekam.

Jo hielt sich daher an ihn. "Die Frau wurde mit einer 8-mm-Pistole erschossen. Wenn ich mich nicht irre, dann ist Ihre Waffe von demselben Kaliber."

"Es gibt viele 8-mm-Pistolen."

"Im Labor wird sich herausstellen, ob es diese hier war."

"Willst du mir was anhängen?"

"Warum nicht? Meine Beziehungen zur Polizei sind hervorragend!"

"Ich sage dir, der Kerl blufft!" knurrte der Dunkelhaarige dazwischen. Jo hielt sich länger mit dem Katz und Maus-Spiel auf. Bis die Polizei kam, hatte er noch ein bißchen Zeit und die nutzte er, indem er die Taschen der beiden Kerle durchsuchte. Er fand ihre Brieftaschen.

Der Blonde hieß Glenn Peters, der Dunkelhaarige Miles McCarthy - jedenfalls wenn man nach dem ging, was in den Führerscheinen stand. Aber die beiden waren natürlich nur Handlanger. Jo hoffte, durch sie vielleicht eine Etage höher zu gelangen. Er wollte wissen, wer dahinter steckte - und das jetzt nicht mehr nur deshalb, weil er diesen Hintermännern den Mord in Yonkers nicht verzeihen konnte, sondern weil er jetzt selbst in der Sache mit drinsteckte. Ob es ihm paßte oder nicht.

In der Brieftasche des dunkelhaarigen McCarthy steckte ein kleiner Zettel, auf dem eine Adresse stand. Jo hob die Augenbrauen. Es stand kein Name dabei, aber das machte nichts.

Es war eine Adresse, die er kannte.

Jim Lacroix. Wenn das keine Überraschung war!

*

Zwei Detectives kamen wenig später vorbei und nahmen Peters und McCarthy mit. Vielleicht ergab die Untersuchung der 8-mm-Waffe ja etwas.

Jo machte sich indessen an die Verfolgung einer anderen Spur. Wer immer letztlich diese beiden Gorillas in sein Büro gehetzt hatte - er würde kaum lockerlassen. Und wenn Jim Lacroix in der Sache mit drinsteckte, dann war es auch nicht allzu schwer, sich auszumalen, worum es hier eigentlich ging: Entweder Drogen oder Schwarzgeld. Oder beides.

Jim Lacroix bewohnte ein elegantes Penthouse, aber dort suchte Jo ihn gar nicht erst, weil er aus Erfahrung wußte, daß man ihn dort nur in Ausnahmefällen um diese Zeit antreffen konnte. Lacroix war ständig unterwegs. Ein umtriebiger Mann, der die Unterwelt-Hierarchie schon ein paar Stufen nach oben gefallen war.

Er dealte. Kokain und Heroin, vielleicht auch noch andere Sachen.

Vor einiger Zeit hatte er versucht, auch in der Prostitution Fuß zu fassen, hatte sich da aber ganz gehörig die Finger verbrannt. Seitdem hatte er eine Narbe am Hals, trug daher meistens Rollkragen- Pullover und kümmerte sich nur noch um Geschäfte, von denen er etwas verstand.

Walker klapperte einige Lokale an der Bowery ab, von denen er wußte, daß Lacroix sich dort bevorzugt aufhielt. Schließlich ermittelte er ja schon eine ganze Weile in Lacroix' Dunstkreis und kannte die Gewohnheiten des Dealers ganz gut.

Jo traf ihn schließlich in einer Bar vor einem Martini sitzend. Sein Outfit war vom Feinsten. Allein das Sakko kostete sicher mehr, als der Barmixer im ganzen Monat verdiente. Maßgeschneidert.

Ein breites Grinsen ging über Lacroix' Gesicht, wobei er ein paar Jacket-Kronen entblößte.

"So sieht man sich wieder, Walker!" gurgelte er vergnügt. "War wohl ein Schlag ins Wasser, die Show von heute morgen!"

Jo setzte sich zu ihm.

"Irgendwann erwischt dich jemand, verlaß dich drauf. Wenn ich es nicht bin, dann vielleicht mein Freund Rowland. Oder einer deiner sauberen Freunde." Jo zuckte mit den Schultern.

Lacroix ließ das kalt.

"Ich wußte gar nicht, daß du ein so schlechter Verlierer bist, Schnüffler!"

Jo zuckte die Achseln. "Bin ich eigentlich gar nicht. Vielleicht liegt es daran, daß ich Leute wie dich nicht leiden kann!"

Lacroix lachte heiser und verzog das Gesicht. "Das Kompliment kann ich ohne Umschweife zurückgeben!"

"Irgend etwas hast du mit der Frau angestellt, um sie umzudrehen", stellte Jo fest. "Vielleicht eine Art Pension, um ihr den Mund zu stopfen - oder eine handfeste Drohung. Ich schätze, es war eine Kombination aus beidem. Zuckerbrot und Peitsche, so sagt man doch dazu, oder?"

Lacroix hob die Augenbrauen hoch. Bis jetzt hatte ihm Walkers Auftreten offenbar noch nicht die Laune verdorben, was nur heißen konnte, daß er sich sehr sicher fühlte.

"Was willst du jetzt unternehmen, Walker?"

"Mal sehen."

"Mich die ganze Zeit über beschatten, bis du glaubst, daß die Gelegenheit da ist, um zuzuschlagen?" Er lachte trocken. "Da kannst du lange warten."

"Wart's ab, Lacroix. Vielleicht kommt das früher, als du es für möglich hältst!"

"Wie wär's, wenn du und dein Freund Rowland mal einsehen würdet, daß ihr euch schlicht und ergreifend geirrt habt! Ich bin kein Mörder. Und ich habe auch nichts mit dem puren Heroin zu tun, das dem Jungen über den Jordan geholfen hat." Er zuckte mit den Schultern. Um seinen Mund spielte ein zynischer Zug. "Allerdings...", murmelte er gedehnt, "ich muß schon sagen: Wer das Zeug nimmt, sollte es auch dosieren können! Oder die Finger davon lassen!"

"Wenn ich dich reden höre, wird mir schlecht", gestand Jo.

"Es zwingt dich ja niemand."

"Leider doch. Ich bin nicht wegen dem Jungen hier."

Lacroix runzelte die Stirn. "Weswegen dann? Willst du mir irgendeine andere Sauerei anhängen? Dir traue ich alles zu, Walker!"

Jo hatte sich die Zeitungsseite mit der Toten aus Yonkers herausgerissen und hielt sie Jim Lacroix jetzt unter die Nase. Dieser warf nur einen beifälligen Blick auf das Bild und die Überschrift und meinte dann: "WER KENNT DIESE FRAU? - Ich kenne Sie jedenfalls nicht!"

"Merkwürdig", meinte Jo. "Da wird jemand umgebracht und die Spur führt geradewegs zu dir! Erklär mir das, wenn du es kannst!"

"Ich weiß von nichts!

"Und was mit Glenn Peters und Miles McCarthy? Sagen die dir etwas?"

"Jetzt begreife ich gar nichts! Was haben die mit der Frau in Yonkers zu tun?"

"Sie waren hinter ihr her. Und jetzt ist sie tot. Zufällig hatte einer der beiden deine Adresse dabei. Hast du die Nobel-Gorillas angeheuert?"

"Nein."

"Ich hoffe, die Polizei glaubt dir das auch."

"Warum sollten sie nicht?"

"Peters hatte eine 8-mm-Pistole bei sich. Und mit genau so einer Waffe ist die junge Frau in Yonkers erschossen worden... Aber es weiß doch jeder, daß die beiden kaum aus eigenem Antrieb gehandelt haben! Das sind doch Lakaien. Man wird also nach einem Auftraggeber Ausschau halten..."

"...und auf mich kommen. Willst du mir das sagen?"

Jo nickte. "Du hast es erfaßt."

"Warum sollte ich die Frau umbringen wollen?"

"Was weiß ich? Bei dem Jungen hattest du ja auch einen Grund." Jo rollte die Zeitung wieder zusammen und steckte sie in die Manteltasche, während das Gesicht von Jim Lacroix zu einer eisigen Maske geworden war.

"Du willst mir Ärger machen, nicht wahr, Walker?"

"Ja, und du kannst dich darauf verlassen, daß ich es auch schaffen werde!"

Lacroix tickte nervös mit den Fingern auf dem Tisch herum. "Also gut, ich kenne Peters und McCarthy."

"Sie stehen auf deiner Gehaltsliste, stimmt's?"

"Nein. Sie haben mal für mich gearbeitet, als es darum ging, ein paar säumige Schuldner daran zu erinnern, daß man Jim Lacroix nicht so einfach vergißt."

Jo konnte sich lebhaft vorstellen, wie dieser 'Erinnerung' in der Praxis aussah. Zu den Schulden kam in solchen Fällen noch eine saftige Krankenhausrechnung...

"Für wen arbeiten die beiden jetzt?"

"Keine Ahnung!"

Jo erhob sich, packte Jim Lacroix am Revers seines edlen Jacketts und zog ihn zu sich heran. "Du willst mich für dumm verkaufen, Lacroix. Aber dazu mußte du schon entschieden früher aufstehen!"

Der Dealer ruderte mit den Armen.

"Ich weiß es wirklich nicht, Walker! Aber du kannst ja mal bei Tony Willis nachfragen."

Jo ließ Lacroix los, während der Barmann fragte: "Probleme, Jimmy?"

"Nein!" knurrte dieser und zog sich sein Jackett wieder glatt.

"Tony Willis? Der Geschäftsführer vom Round Midnight?" erkundigte sich Jo.

"Genau der. Ich habe Peters und McCarthy als Rausschmeißer dort empfohlen. Kann sein, daß sie bei Willis gelandet sind."

"Ich hoffe für dich, daß das stimmt!"

"Und ich hoffe, daß ich dich nun fürs Erste los bin, Walker!"

Jo zuckte mit den Schultern und wandte sich zum Gehen. Lacroix hatte etwas von einem schleimigen Aal. Immer wenn man schon glaubte, ihn gepackt zu haben, glitt er einem durch die Finger.

*

Als Jo wieder in seinem champagnerfarbenen 500 SL saß, erreichte ihn ein Telefonanruf von April.

"Was gibt es?"

"Jo, hier hat sich gerade jemand am Telefon gemeldet, der seinen Namen nicht nennen wollte. Aber er kannte offenbar die Frau, der du im Central Park geholfen hast."

"Hat er sonst noch was gesagt? Den Namen der Lady vielleicht?"

"Nein, er sprach nur von 'der Kleinen' aus dem Central Park. Es ging ziemlich schnell, Jo. Er wollte dich persönlich sprechen, aber damit konnte ich leider nicht dienen."

"Will er sich wieder melden?"

"Hat er nicht gesagt."

"Hat er wenigstens gesagt, was er von mir will und warum er sich nicht bei diesem Polizei-Terrier in Yonkers meldet? Die ist doch ganz wild auf jemanden, der die Frau identifizieren kann!"

"Keine Ahnung, Jo. Ich habe das Gespräch aufgenommen - wenn man es denn überhaupt so nennen will. Wenn du nachher zurückkommst, kannst du dir die Stimme ja mal anhören. Vielleicht ist es ein alter Bekannter... Was ist übrigens mit der Lacroix-Spur? Ist sie heiß?"

"Eher lauwarm."

Jo wollte schon auflegen, aber da hörte er April sagen: "Ehe ich es vergessen, Jo! Unser Freund Tom Rowland hat sich übrigens ebenfalls gemeldet."

"Wegen den beiden Kerlen, die mir einen unfreundlichen Besuch abstatten wollten?"

"Nein, Jo. wegen der Baretta."

"Und?"

"Vor drei Jahren wurde ein Mann aus dem East River gefischt, der mit dieser Waffe erschossen wurde."

Jo pfiff durch die Zähne.

"Weißt du noch mehr darüber?"

"Rowland geht der Sache nach!"

"Okay. Wer weiß? Vielleicht ist das ja ein Punkt, an dem man ansetzen kann, um das Knäuel zu entwirren."

Ein paar Minuten später hatte Jo Walker das Round Midnight erreicht.

Es war schon mehr als ein Jahr, seit er hier zum letzten Mal ermittelt hatte, aber in der Zwischenzeit hatte sich der Laden in erstaunlicher Weise verändert. Aus einem billigen Strip-Lokal war so etwas wie eine Nobel-Disco mit Laser-Show und allen nur denkbaren Schikanen geworden.

Jo staunte.

Um diese Zeit war natürlich an einem Ort wie diesem noch nichts los und so ging er schnurstracks dorthin, wo er Tony Willis' Büro vermutete. Es war immer noch am selben Platz und war eines der wenigen Dinge hier, die sich kaum verändert hatten.

Ja, dachte Jo, von ihrem Outfit her hätten Peters und McCarthy in einen Laden wie diesen hineingepaßt.

Tony Willis war alles andere als erfreut, als er Jo hereinplatzen sah. Er erhob sich hinter seinem Schreibtisch. Der Mann, der sich in einen der protzigen Ledersessel geflezt hatte, war wie ein Kleiderschrank gebaut und war vermutlich nicht für die Buchführung angeheuert worden.

Als er Jo eintreten sah, bildeten sich auf seinem konturlosen Gesicht tiefe Furchen, die Schlimmes ahnen ließen. Aber Jo wußte, daß dieser Wachhund nur beißen würde, wenn sein Herr es ihm befahl.

"Was willst du?" fragte Tony Willis. "An deinen letzten Besuch habe keine guten Erinnerungen. Im Endeffekt läuft es doch immer darauf hinaus, daß du mir meine Gäste verscheuchst!"

Jo grinste. "Das könnte auch an den Gästen liegen", meinte er. "Aber wie auch immer . Im Moment ist dein Laden ja leer."

"So etwas spricht sich leider herum."

"Dann machen wir es kurz. Ich will mich mit dir unter vier Augen unterhalten."

Tony Willis atmete tief durch und nutzte diesen Augenblick zum Nachdenken. Dann wandte er sich an den Gorilla. "Geh ein bißchen frische Luft schnappen", wies er diesen an.

Der Gorilla baute sich zu voller Größe auf, unterzog Jo einer kritischen Musterung und gehorchte dann - mit sichtlichem Widerwillen.

"Scheint sich viel verändert zu haben, was das Round Midnight betrifft."

"Ja. Es ist ganz anderer Laden geworden mit völlig verändertem Publikum!"

"Publikum mit mehr Geld, wie ich annehme."

"Da nimmst du richtig an."

"Ich frage mich, woher das Geld für solche Investitionen kommt..."