Kommunizieren und Führen in der Pflege - gewusst wie - Dr. Ursula Kriesten - E-Book

Kommunizieren und Führen in der Pflege - gewusst wie E-Book

Dr. Ursula Kriesten

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Beschreibung

Wer führt, muss kommunizieren – und sieht sich dabei vielen Situationen und höchst unterschiedlichen Gesprächspartnern gegenüber. Da entwirft die „Drama-Queen“ ein Schreckensszenario, der „Feldherr“ droht und der „Miesmacher“ murrt. Dieses Buch hilft weiter: Wer Gespräche flexibel angeht, also die konkrete Situation berücksichtigt und den „Charakterkopf“ richtig erkennt, kommt zügig weiter. Er kann Kritik treffender formulieren, Retourkutschen ausbremsen und Widerstände entschärfen.

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Dr. Ursula Kriesten, MBA, ist Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin und verfügt seit mehr als 40 Jahren über Berufs- und Führungserfahrung im Bildungsbereich für Pflege- und Gesundheitsberufe. Sie ist Krankenschwester, Lehrerin für Gesundheits- und Pflegeberufe, Master of Business Administration und promovierte in Gesundheits- und Pflegewissenschaften. Über 25 Jahre entwickelte und leitete sie die Akademie Gesundheitswirtschaft und Senioren des Oberbergischen Kreises. Sie lehrt an Hochschulen und arbeitet als Gutachterin, Fachbuchautorin und Beraterin.

Michael Becker fand nach einer Ausbildung und Tätigkeit in der Finanzverwaltung aus Interesse an der Psychologie den Weg in die Sozialpädagogik, die Geragogik und in die Mitarbeit und Verantwortung, sowie Weiterentwicklung sozialer Dienste im Bereich der Altenhilfe. Seit 2012 ist er freiberuflicher Dozent an Akademien für Gesundheitsberufe im Rheinland mit den Schwerpunkten Umgangsformen bei Menschen mit Demenz, Kommunikation und Konfliktbewältigung in sozialen Berufen. 2020 veröffentlichte er ein kleines Lehr- und Bilderbuch über das Thema Demenz.

Irmgard Muhr ist Grafikdesignerin, Illustratorin und Malerin. Sie lebt in Köln (www.atelier-muhr.de).

Drei Leitgedanken:

»Wer kommuniziert, ist sich seiner Wirkungen häufig nicht bewusst, bewirkt allerdings Vielfältiges. Kommunikation ist machtvoll, darf aber nicht zur Machtausübung führen.«

»Du kannst Dein Selbstkonzept mit Killerphrasen in die Katastrophe treiben oder mit Entwicklungssätzen zur starken Kommunikation wachsen lassen.«

»Oberflächliche Kommunikation begegnet uns jeden Tag. Das Nachdenken über Gesagtes, Gelesenes und das, was Du sagen möchtest, hat für die Arbeit mit Menschen höchste Bedeutung.«

pflegebrief

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8426-0874-0 (Print)ISBN 978-3-8426-9135-3 (PDF)ISBN 978-3-8426-9136-0 (EPUB)

Originalausgabe

© 2022 Schlütersche Fachmedien GmbH, Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover www.schluetersche.de

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch häufiger die männliche Form gewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Autor*innen und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autor*innen noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Studien, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.

Etwaige geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass es sich um freie Warennamen handelt.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden.

Lektorat: Claudia Flöer, Text & Konzept Flöer

Covermotiv: 3dillustrations – stock.adobe.com

Illustrationen im Buch: Irmgard Muhr

Covergestaltung und Reihenlayout: Lichten, Hamburg

Inhalt

Geleitwort

Vorwort

1Ziel des Buches – Deine Vorabinformationen

1.1Entdecke Dein Kommunikationstalent

1.2Kommunikation – typisch, typisch

2Pflege ist Kommunikation – Deine Herausforderungen und Ressourcen

2.1Du stehst im Zentrum der Kommunikation

2.2Auf Deine Kompetenz kommt es an

2.3Pflege ist Beziehungsarbeit

3Reden, Hören, Verstehen und Fühlen – Was Deine Kommunikation beeinflusst

3.1Deine Strukturgeber: Ziel und Zweck von Kommunikation

3.2Wahrnehmen, Interpretieren und Fühlen – Erkenne, was Dich beeinflusst

4Selbstkonzept, Selbstbild – Deine Reflexionsressourcen

4.1Vom starren zum fluiden Selbstkonzept

4.2Selbsttest: Selbstkonzept und Selbstbild

5Gefahren und Risiken – Ursachen für potenzielle Kommunikationsstörungen

5.1Hören auf dem Beziehungsohr – Dein Fallstrick

5.2Konstruktive Kritik statt Ebenen-Wirrwarr

5.2.1Kritik an der der Sandwichmethode

5.2.2Feedback ist immer Dialog

5.3Psychospiele – Manipulierer und Machtfallen

5.4Das Dramadreieck

5.5Horizontale Feindseligkeiten

5.6Strukturelle Gewalt in Organisationen

5.7Kommunikation unter Zeitdruck

5.8Es war doch nur gut gemeint…

5.9Selbsttest: Kommunikationsbeeinflussende Gefahren wahrnehmen

6Kommunikationstypen – Was Dir Personen signalisieren

6.1Kommunikationstypen, die Dir im Team begegnen

6.1.1Die Drama-Queen

6.1.2Die Plapperschlange

6.1.3Der Mundwinkeladvokat

6.1.4Der Feldherr

6.1.5Der Besserwisser

6.1.6Der Kleinmacher und Lästerer

6.1.7Der Utopist

6.1.8Die Power-Lady

6.1.9Der Miesmacher

6.1.10Der Schützling

6.2Selbsttest: Welcher Typ bist Du?

6.3Kommunikationstypen aus der Führungsperspektive

6.3.1Der Quartalskritiker

6.3.2Der Montags-Muffel

6.3.3Die Eigentliche

6.3.4Der Gönner

6.3.5Der Pharisäer

6.3.6Die Loyale

6.3.7Die Besänftigerin

6.3.8Der Schmarotzer

6.3.9Der Einzelgänger

6.3.10Die Emsige

6.3.11Der Will-alleine-machen-Typ

6.4Selbsttest: Umgang mit Kommunikationstypen aus der Führungs- oder Verantwortungsperspektive

7Mit Kommunikation führen – Deine Optionen

7.1Kommunikationszweck bei Führungsaufgaben

7.2Führung oder Leitung – Management oder Leadership?

7.3Das reich gedeckte Buffet als Führungsprinzip in der Kommunikation

7.4Roter Teppich zum Buffet – Was Du als Führungsperson einsetzen kannst

7.5»Man muss sie ein wenig lieben können« – Deine Prinzipien in der Führung

8Mit Verantwortung richtig führen

8.1Die Hühnerleiter der Hierarchie

8.2Monkey-Business

8.2.1Mitarbeiter-Monkey-Business

8.2.2Chaos Monkey-Business

9Das Drei-E-Kommunikationsmodell der Balance

9.1Emotion, Empathie und Ergebnisorientierung

9.1.1Emotion

9.1.2Empathie

9.1.3Ergebnisorientierung

10Starke Kommunikation – Deine Regeln und Entwicklungssätze

10.1Sage rechtzeitig »Stopp«

10.2Toleranz, Akzeptanz und Respekt nutzen

10.3Polarisierung einkalkulieren

10.4Resonanzen berücksichtigen

10.5Aktives Zuhören praktizieren

10.6Selbsttest: Aktives Zuhören

10.7Basis-Entwicklungssätze – Deine Kompetenzanbahner

10.8Killerphrasen – Deine Vernichter

10.9Führungs-Entwicklungssätze – Deine Garanten

10.10Killerphrasen – der destruktive Pflege-Jargon

10.11Entwicklungssätze im Pflegeberuf – Deine Professionalisierungsperformer

10.12Selbsttest: Kommunikation mit Angehörigen

11Coole Sprache, Trends, Tricks & No-Go’s

11.1Wörter und Wirkungen – Wie Du Sprache einsetzt

11.2Jugendsprache – (k)eine fremde Welt?

11.3Memes – kreative Kommunikationsvernetzer

11.4Fuck umnutzen

11.5No go: Ehrenpflegas

12Covid-19-Pandemie – Treiber für Wortneuschöpfungen und Interaktionskatastrophen

12.1COVID-19 – Ein Virus verändert die Sprache

12.2COVID-19 – Ein Virus verändert die Pflege-Kommunikation und Interaktion

13Wir rekapitulieren – Deine Zusammenfassung

Literatur

Register

Geleitwort

»Wie geht es uns denn heute?« oder »Heute ist eigentlich nicht mein Tag.« Kranke Menschen zeigen häufig ein sehr wechselhaftes Verhalten. Sie sind in Krankheit, Sorgen, Unbestimmtheit und Unzufriedenheit gefangen und bedürftig. Pflegende bekommen in ihrem Beruf Verhaltensweisen frei Haus geliefert, die oft unangenehm sind: hilflos, zynisch, arrogant, übergriffig, lügnerisch, weinerlich, wimmernd, bettelnd, neidisch, ungeduldig, eifersüchtig, quengelnd, kämpferisch oder konkurrierend. Das ist eine große Herausforderung für das pflegende Personal.

Die Art und Weise, wie wir kommunizieren und was wir zwischen den gesprochenen Worten »verstecken«, kennzeichnet die Hierarchie in der Pflegebeziehung und das Verhältnis der im Gesundheitssystem arbeitenden Menschen zueinander. Doch diese Hierarchie wird gern verschleiert: Im Team »sitzen wir alle in einem Boot« und im Umgang mit den Patient*innen achten wir darauf, dass »wir jetzt aber alles aufessen«.

Wir reden ständig, hören aber nicht immer, was wir sagen. Wir differenzieren wenig in der Kommunikation und lieben Floskeln wie »Der ist schwierig«. Wie häufig glauben wir zu verstehen, was der andere meint, wissen es aber nicht und fragen auch nicht nach – wir erwarten einfach, dass unsere Vorerwartung erfüllt wird. Wir wissen, wie etwas sein sollte und wie wir es gerne hätten, aber es bleibt dem Zufall überlassen, was wie kommuniziert wird.

Eine offene, patientenorientierte Kommunikation und Information ermöglicht es, Wünsche und Erwartungen der Patient*innen besser kennenzulernen. Sie baut Vertrauen auf, dient zur Einholung von Informationen über Erkrankung und Lebenssituation der Betroffenen. Sie ist Grundlage für die Pflegeplanung und Pflegedokumentation und dient zur Sicherung der Pflegequalität und der Sicherheit des Patienten und der Patient*innen.

Was aber brauchen Führungskräfte, wenn es um kommunikative Kompetenzen geht? Wertschätzende Führungskräfte mit gesunder Führung sorgen für ein gutes Betriebsklima. Sie erkundigen sich regelmäßig bei ihren Mitarbeiter*innen und tauschen sich in persönlichen Gesprächen über Neuigkeiten in ihrem Arbeitsbereich aus. Dabei werden auch neue Informationen über Patient*innen, Konkurrent*innen oder Kooperationspartner*innen weitergegeben oder erfolgreiche Problemlösungen gefunden. Teams, die von ihren Führungskräften über Entscheidungen oder geplante Veränderungen unverzüglich informiert werden, arbeiten vertrauensvoller zusammen. Eine vertrauensvolle Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*innen bildet die Basis für eine lernende Organisation, die sich ständig verbessern will und aus Fehlern lernt.

Dieses Buch legt den Fokus auf die Beziehungsebene, das Selbstkonzept und den Kommunikationsstil derjenigen Menschen, die in der Pflege, Behandlung und Führung von Menschen arbeiten, denn Professionalität beginnt erst dann, wenn man mit Menschen, die sich schlecht benehmen, gut kommunizieren kann!

Prof. Dr. Birgitt Killersreiter

Fachhochschule für Ökonomie und Management, Köln

Vorwort

Dieses Buch entstand aus der Idee aufzuschreiben, was wir während 30 Jahren intensiver Kommunikation mit Auszubildenden, Mitarbeitenden, Lehr- und Führungspersonen und Vorgesetzten erlebt haben.

Unser erster Arbeitstitel »Vom starren Selbstkonzept zur starken Kommunikation« resultierte aus den Erfahrungen mit einer Vielzahl von Menschen, die wir situativ wie gefangen in ihren »Ich-Zuständen« und kommunikativen Entgleisungen erlebt haben. Die Entwicklung eines starren Selbstkonzepts (Kap. 4) verhindert flüssige, spielerisch positive, aber auch eindeutige und verständliche Kommunikation. Ein starres Selbstkonzept bewirkt, dass Menschen ihre Kommunikation nicht situativ anpassen können, sondern wie in Beton gegossen nahezu sprachlos werden oder in stereotype Verhaltensweisen verfallen. Du gehst mit guten Absichten in eine Kommunikation und dennoch gelingt sie nicht, manchmal endet sie im Desaster und niemand weiß, warum.

Kommunikationsprozesse auf ihre Entstehung und Wirkung hin zu analysieren, kann bereichernd und wertschöpfend sein. Das gilt im Beruf der Pflegenden als notwendiges und unverzichtbares Muss:

• zu analysieren und zu erkennen, warum Psychospiele durch Ich-Zustände entstehen, oder in Ich-Zuständen enden, kann klärend wirken,

• zu begreifen, dass Strukturen und Rahmenbedingungen Kommunikationsdesaster bewirken und nicht nur das individuelle Verhalten des Kommunikationspartners Grund für das Übel ist, kann entlastend und verzeihend wirken,

• zu verstehen, dass nicht oder schlecht reflektierte Kommunikation zu Entgleisungen und Selbstzerstörung führen kann, hat präventive Wirkung.

Wir laden Dich ein: Lerne Kritik zu formulieren, Rhetoriksätze auseinanderzunehmen und Gründe für Widerstände bei Kollegen*innen zu verstehen. Werde sensibel für Deine eigene Kommunikations-Angst und die Angst Deiner Kommunikationspartner*innen vor Kommunikationsentgleisungen.

Warum entgleist ein Zug? Weichen sind falsch gestellt, die Geschwindigkeit ist zu hoch, menschliches Versagen, das Ziel war nicht klar oder es erfolgte ein abrupter Kurswechsel in die andere Richtung. Ähnlich verhält es sich bei der Kommunikation.

Wir laden Dich ein: Stärke Deine Intuition und Dein Talent zu performen. Optimiere Deine Intuition und Deine emotionale unbewusste Sozialkompetenz zur reflektierten und kommunikativen Kompetenz.

Das Ziel ist, anders und effektiv kommunizieren zu können – Vom Kennen zum Können. Übe die Reflexion – das »darüber nachdenken« und die Kunst, auf sich selbst schauen zu können. Seine Kommunikationskompetenz einschätzen und hinterfragen zu wollen, schafft lebens- und liebenswerte Momente.

Der nicht wissenschaftliche, aber Wissen schaffende Ansatz, dass Kommunikation durch eigenes verbales und nonverbales Handeln gelingen, aber auch misslingen kann, ist wesentlich. Dabei solltest Du wissen: Kommunikation muss nicht perfekt, aber wertvoll und wertschätzend sein. Habe Spaß bei der Entwicklung Deiner kommunikativen Selbstkompetenz – entwickle Dich weiter vom Kennen zum Können – egal, ob in Ausbildung, in Arbeit, privat oder in der Führungsarbeit.

Es mag Dich überraschen, dass wir Dich mit »Du« ansprechen. Wir sprechen Sie/Dich in diesem Buch mit dem »Du« an, um einfacher und verständlicher, ja, sozusagen gewaltfrei mit Dir kommunizieren und um Dich niederschwellig und direkt erreichen zu können. Das »Du« ist in der Pflegeausbildung und in Pflegeteams üblich. Wir möchten mit dem »Du« die Realität Deiner Umgebung nachahmen. Wir hoffen, dies findet Dein Verständnis.

Über Rückmeldungen und eine intensive Kommunikation freuen sich, verbunden mit herzlichen Grüßen

Wiehl und Kürten, im Januar 2022

Ursula Kriesten und Michael Becker

1 Ziel des Buches – Deine Vorabinformationen

Fragst Du Dich manchmal, warum Deine Kommunikation nicht gelingen will? Warum Gespräche anders verlaufen, als Du sie geplant hattest? Warum Du Interaktionsstress hast, obwohl Du diesen nicht bewusst provoziert hast? Du arbeitest in der Gesundheitsversorgung, pflegst Menschen oder engagierst Dich sozial, Du bist in Ausbildung, im Studium, Du bist Mitarbeitender oder Führungskraft? Dann ist es Dein übergeordnetes Ziel, Gesundheit und Teilhabe zu fördern, Lebensqualität zu erhalten und Leid zu verhindern. Um diese Ziele erreichen zu können, bedarf es einer hohen Fachlichkeit und einer ausgefeilten Kommunikationskompetenz.

Pflegende kommunizieren ständig, mit ihren Mitarbeitenden, den Angehörigen, in komplexen Familiensystemen, in Teams und interdisziplinären Berufsgruppen. Sie kommunizieren mit Patient*innen/Klient*innen/Bewohner*innen zu geplanten Pflegeinterventionen, zu Lebensentwürfen und zu Themen wie Geburt oder zum bevorstehenden Tod. Sie reagieren auf Gefühle wie Freude, Angst oder Trauer. Sie spenden Trost und Mitgefühl. Sie informieren, beraten, klären auf und vermitteln.

Unglücklicherweise laufen viele Kommunikationen nach Schema F ab: Der eine ordnet an, der andere führt aus (oder auch nicht). Der eine kritisiert, der andere keilt zurück (oder macht gar nichts). Zu pflegende Personen fühlen sich missverstanden, überrumpelt oder nicht beachtet. Sie sind erschrocken über die Art und Weise, wie mit ihnen gesprochen wird. Herkömmliche Kommunikationsratgeber helfen da nur bedingt weiter.

In diesem Buch geht es um Kommunikationskompetenzen, die sich auf Dich als Pflegeperson beziehen, im Zusammenwirken mit dem zu pflegenden Menschen, ihren Angehörigen und allen Mitwirkenden am Pflegeprozess. Pflegerische Kommunikationskompetenz ist immer gerahmt von pflegerischem Handeln, Interventionen, die geplant und umgesetzt werden und von institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Pflegerische Kommunikation ist hoch komplex, herausfordernd und anspruchsvoll. Dieses Buch möchte einen Beitrag leisten, um diesen Ansprüchen gerecht werden zu können.

Info

Wir gehen nicht auf die Grundlagen der Kommunikation ein, wie das »4-Ohren-Modell«, das »Sender-Empfänger- Modell«, die »5 Axiome von Paul Watzlawick« oder die »Transaktionsanalyse« usw. (Dazu gibt es ausreichend Literatur). Diese Grundlagen solltest Du zuvor oder parallel zu diesem Buch kennenlernen und vertiefend bearbeiten.

Dieses Buch ist anders, leichter und ausschnittweise lesbar, strikt praxisnah, kompakt, mit Checklisten und Selbsttests, die Dir sofort weiterhelfen, wenn es in der Kommunikation mal hakt.

Kurzum:

• Unsere Sprache ist leicht, humorvoll und intergenerationell.

• Unsere Gliederung ist praxisnah, mit vielen Beispielen und Checklisten aus der Welt der Pflege.

• Dein Gewinn: Du entdeckst Dein individuelles Talent zur Kommunikation, lernst Stolperfallen kennen, reflektierst Dein Selbstkonzept, kommunizierst mit dem Drei-E-Kommunikationsmodell der Balance und wirst so sicherer in der Kommunikation und der Führung. Insbesondere ist das Drei-E-Modell von hoher Bedeutung bei der Kommunikation mit Klient*innen, Kund*innen und Angehörigen.

1.1Entdecke Dein Kommunikationstalent

Du benötigst eine störungsfreie und ungehinderte Kommunikation, um Personen erreichen, begleiten, beraten und führen zu können. Kommunikation ist im Modell von Sender und Empfänger leicht zu verstehen, aber zwischenmenschlich schwer kompetent umzusetzen. Oft hindert Dich ein starres Selbstkonzept (Kap. 4), bedingt durch die erlernten Verhaltensmuster Deiner Erziehung und Sozialisation. Das führt dazu, dass Dein Talent zur Kommunikation ungenutzt in Dir schlummert, versteckt unter einem möglicherweise (zu) schwachen Selbstwertgefühl. Dieses Talent, Dein Talent, wollen wir durch dieses Buch wecken. Wir laden Dich ein: Entwickle Deine Kommunikationskompetenz.

1.2Kommunikation – typisch, typisch

Du findest in diesem Buch eine Reihe von Karikaturen, die von der Künstlerin und Grafikerin Irmgard Muhr erstellt wurden1. Die Karikaturen sollen zeigen und verdeutlichen, in welchen erlernten Verstrickungen Du selbst und Deine Kommunikationspartner*innen verhaftet sind.

Bist Du eher Utopist oder Miesmacher, eine Drama-Queen oder eine Power-Lady? Hast Du dazu bereits einen Selbsttest gemacht? (Kap. 6.2) Wenn Du z. B. eine Drama-Queen bist, dann mache Dir das bewusst und steuere dagegen. Bei der Vorstellung der einzelnen Kommunikationstypen im Team geben wir Dir einige Hinweise, wie Du Kommunikationstypen erkennst und gezielt ansprichst (Kap. 6.3).

Wenn Du in der Führung tätig bist: Hast Du auch Montags-Muffel, Quartalskritiker, Pharisäer, Schmarotzer und Besänftiger um Dich herum? (Kap. 6.3) Fragst Du Dich manchmal, wie Du mit all den unterschiedlichen Charakteren und Kommunikationsextremen umgehen sollst? Um Dich herum wimmelt es von Persönlichkeiten, die Dich herausfordern. Und in diesem Getümmel sollst Du eine Beziehung zu Deinen zu pflegenden Menschen aufbauen und professionell kommunizieren. Das ist herausfordernd und bedarf der Reflexion und Übung.

Die Karikaturen sollen nicht stigmatisierend wirken, sondern überzeichnet veranschaulichen, wie prägend Selbstkonzepte von Kommunikationspartner*innen sein können und wie unterschiedlich die Wirkungen der Kommunikationstypen sind. Sie sollen zudem verdeutlichen, wie Kommunikation funktioniert, auf welche Muster Menschen reagieren und warum wir oft so kompliziert und unreflektiert kommunizieren. Schubladendenken soll überwunden werden, indem stereotypes Kommunikationsverhalten reflektiert wird.

Die Kommunikationstypen sind hier als Stereotype dargestellt, die Dir in dieser »Reinform« eher selten begegnen werden. Du befindest Dich häufig in einer bunten Mischung der Expert*innen, Unterstützer*innen, aber auch Zerstörer*innen und Verhinderern guter Kommunikation. Ziel ist es, aus den Darstellungen zu lernen und Dein Selbst zu einer guten Identität zu formen – mit dem Talent, das Ganze gut zu performen.

Wir laden Dich ein: Lerne interessante Charaktere kennen, lasse Witz und Humor zu, analysiere Prozesse und komme im Selbst nach vorne.

Im Buch begleiten Dich zwei »Kolleg*innen aus der Praxis: Yoko, eine 22-jährige Auszubildende, die ihre Ausbildung nach dem Pflegeberufegesetz begonnen und nun das erste Jahr absolviert hat. Yoko berichtet aus ihren vielfältigen Kommunikationserfahrungen mit zu pflegenden Menschen, mit Auszubildenden, Mitarbeitenden und mit Leitungs- und Führungspersonen. Sie berichtet von ihren Erfahrungen, von ihren Entwicklungen, aber auch von ihren Rückschlägen bei der Optimierung ihrer Kommunikationskompetenz.

Außerdem begleitet Dich die 52-jährige Astrid, die als Pflegedienstleiterin in einer stationären Pflegeeinrichtung arbeitet. Sie hat 30 Jahre Pflege- und Führungserfahrung. Aber auch sie ist nicht davor gefeit, immer wieder in Kommunikationsfallen zu tappen.

__________________________

1 Irmgard Muhr ist Grafikdesignerin, Illustratorin und Malerin. Sie lebt in Köln. www.atelier-muhr.de

2 Pflege ist Kommunikation – Deine Herausforderungen und Ressourcen

In diesem Kapitel erfährst Du, welchen Herausforderungen Du als Pflegende*r gegenüberstehst und welche Bedeutung Kommunikation und Beziehung im zwischenmenschlichen Miteinander und speziell im Pflegeberuf hat.

2.1Du stehst im Zentrum der Kommunikation

Als Pflegende*r kommunizierst Du in Deinem Alltag ständig mit zu pflegenden Menschen in den unterschiedlichsten Settings: im Krankenhaus, zu Hause, im Wohnheim, im Hospiz, in der Rehaklinik oder in der Wohngemeinschaft. Du kommunizierst mit Patient*innen, Bewohner*innen, mit Kindern, Jugendlichen, Eltern, Angehörigen, Betreuer*innen oder innerhalb des Teams und interdisziplinären Partner*innen. Du kommunizierst mit chronisch Kranken oder akut Gefährdeten, mit verwirrten Menschen und stark belasteten Angehörigen, mit Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft und religiöser Zugehörigkeit. Du kommunizierst im Team mit Menschen in unterschiedlichen Hierarchiestufen und differenzierten Bildungs- und Sozialisationsschichten (Abb. 1).

Im Zentrum der Kommunikation und Interaktion stehst Du und alle erwarten von Dir eine hohe Kommunikationskompetenz. Kommunikationskompetenz wird sozusagen vorausgesetzt, wenn Du als professionell Pflegende*r tätig bist, aber Du musst sie fachlich erlernen und erwerben.

Abb. 1: Deine Kommunikationspartner*innen in der Pflege.

Von Pflegenden werden nicht erst seit dem Pflegeberufegesetz Kompetenzen in der Kommunikation und Beratung, bei der Entwicklung der Qualität der Pflege in unterschiedlichen Versorgungsbereichen und unterschiedliche Formen der interund intraprofessionellen Zusammenarbeit sowie vernetztes Denken und Denken über Systemgrenzen erwartet. Zudem sollen pflegewissenschaftliche Kompetenz und Transferkompetenz in Ausbildung und Studium erworben werden.2

Im Kompetenzbereich KB II3 sind während der theoretischen Pflegeausbildung nach dem Pflegeberufegesetz 280 Unterrichtsstunden vorgesehen, bei denen es darum geht, die »Kommunikation und Beratung personen- und situationsbezogen [zu] gestalten«. Dies ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Dieser Ausbildungsinhalt umfasst nur die minimalen Grundlagen für die vielfältigen Kommunikationsherausforderungen, die an Pflegende in den vielfältigen Pflegesituationen gestellt werden.

Auch die hochschulische Pflegeausbildung sieht eine hohe Kommunikationskompetenz vor. So heißt es in den gesetzlichen Vorgaben: Die »Personen- und situationsorientierte Kommunikation und Beratung von zu pflegenden Menschen aller Altersstufen und ihren Bezugspersonen« sieht wie folgt vor:

»Die Absolventinnen und Absolventen

1.nutzen ein vertieftes und kritisches pflege- und bezugswissenschaftliches Wissen in hochkomplexen Kommunikations-, Interaktions- und Beratungssituationen,

2.analysieren, reflektieren und evaluieren kritisch Kommunikations-, Interaktions- und Beratungsprozesse in der Pflegepraxis auf der Grundlage pflege- und bezugswissenschaftlicher Methoden sowie unter ethischen Gesichtspunkten,

3.konzipieren, gestalten und evaluieren Beratungs- und Schulungskonzepte auf der Basis gesicherter Forschungsergebnisse,

4.treffen in moralischen Konflikt- und Dilemmasituationen begründete ethische Entscheidungen unter Berücksichtigung von Menschenrechten sowie pflegeethischer Ansätze und fördern berufsethisches Handeln in der Pflegepraxis.«4