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Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Geschichte Europas - Neuzeit, Absolutismus, Industrialisierung, Note: 1,0, Technische Universität Dresden (Institut für Geschichte), Veranstaltung: Verchristlichung und Entchristlichung in der Frühen Neuzeit, Sprache: Deutsch, Abstract: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ antwortete Jesus auf die Frage des Pilatus, ob er der König der Juden sei und deutete damit die Trennung seines Herrschaftsbereiches von dem der weltlichen Herrschaft an. Dem Christentum ist quasi seit seiner Geburtsstunde das Gegensatzpaar weltlich und geistlich eingeschrieben. Martin Luther und vor ihm Aurelius Augustinus haben diese Zwei-Reiche-Lehre theologisch ausgearbeitet und gaben der politischen Macht damit das frame vor, innerhalb dessen diese sich zum autonomen Staat entwickeln konnte. Im Folgenden soll dargelegt werden, welche Rolle die Religion im Prozess der frühneuzeitlichen Staatsbildung in Europa eingenommen hat. Kann hierbei den Paradigmen der Konfessionalisierung und der Säkularisierung die von diesen beanspruchte Erklärungshoheit für die frühneuzeitliche Staatsbildung zugesprochen werden? Was verbirgt sich hinter dem Paradigma der Konfessionalisierung sowie dem Paradigma und dem Begriff der Säkularisierung? Dies sind innerhalb dieser Untersuchung zu klärende Fragen. Dafür notwendig ist eine Annäherung an die problematischen Begriffe von Religion und Säkularisierung, um deren Bedeutungsgehalt für diese Arbeit zu bestimmen. Zugleich werden die Probleme der historischen Forschung mit diesen Begriffen aufgezeigt. Im Anschluss daran sollen die zwei in der historischen Forschung kontrovers debattierten Paradigmen (H. R. Schmidt, Anton Schindling, W. Schulze, Michael Stolleis, L. Schorn-Schütte und Rudolf Schlögl) zur frühneuzeitlichen Staatsbildung, das der Konfessionalisierung und das der Säkularisierung, kurz vorgestellt werden. Anhand der system- und evolutionstheoretischen Überlegungen Niklas Luhmanns zur Religion der Gesellschaft – speziell der funktionalen Auffassung von Religion und Säkularisierung – soll versucht werden, eben diese Bedeutung der Religion für die in der Frühen Neuzeit stattfindenden Prozesse der politischen, sozialen und kulturellen „Modernisierung“ zu verdeutlichen. Dazu wird den theoretischen Abstraktionen Luhmanns zur Religion und Säkularisierung nachgegangen, um diese nachfolgend an einer empirischen Fallstudie, dem „frühneuzeitlichen Gesellschaftssystem“ der habsburgischen Vorlande exemplifizieren zu können. In den Augen des Verfassers bieten die Überlegungen Luhmanns eine ausgesprochen hohe Erklärungskraft nicht nur für die oben angesprochenen Fragestellungen, sondern auch für die Entwicklung der Religion in unserer heutigen Zeit, die unausweichlich gestreift werden muss.
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Technische Universität Dresden, Institut für Geschichte Hauptseminar: Verchristlichung und Entchristlichung in der Frühen Neuzeit
Zur Rolle der Religion im Prozess der frühneuzeitlichen
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„Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“1antwortete Jesus auf die Frage des Pilatus, ob er der König der Juden sei2und deutete damit die Trennung seines Herrschaftsbereiches von dem der weltlichen Herrschaft an. Dem Christentum ist quasi seit seiner Geburtsstunde das Gegensatzpaar weltlich und geistlich eingeschrieben. Martin Luther3und vor ihm Aurelius Augustinus4haben diese Zwei-Reiche-Lehre theologisch ausgearbeitet und gaben der politischen Macht damit dasframevor, innerhalb dessen diese sich zum autonomen Staat entwickeln konnte.5
Im Folgenden soll dargelegt werden, welche Rolle die Religion im Prozess der frühneuzeitlichen Staatsbildung (Vgl. Abb. 1 und 2) in Europa eingenommen hat. Kann hierbei den Paradigmen der Konfessionalisierung und der Säkularisierung die von diesen beanspruchte Erklärungshoheit für die frühneuzeitliche Staatsbildung zugesprochen werden? Was verbirgt sich hinter dem Paradigma der Konfessionalisierung sowie dem Paradigma und dem Begriff der Säkularisierung? Dies sind innerhalb dieser Untersuchung zu klärende Fragen. Dafür notwendig ist eine Annäherung an die problematischen Begriffe von Religion und Säkularisierung, um deren Bedeutungsgehalt für diese Arbeit zu bestimmen. Zugleich werden die Probleme der historischen Forschung mit diesen Begriffen aufgezeigt. Im Anschluss daran sollen die zwei in der historischen Forschung kontrovers debattierten Paradigmen zur frühneuzeitlichen Staatsbildung, das der Konfessionalisierung und das der Säkularisierung, kurz vorgestellt werden. Anhand der system- und evolutionstheoretischen Überlegungen Niklas Luhmanns zur Religion der Gesellschaft6- speziell der funktionalen Auffassung von Religion und Säkularisierung - soll versucht werden, eben diese Bedeutung der Religion für die in der Frühen Neuzeit stattfindenden Prozesse der politischen, sozialen und kulturellen „Modernisierung“ zu verdeutlichen. Dazu wird den theoretischen Abstraktionen Luhmanns zur Religion und Säkularisierung nachgegangen, um diese
1Joh. 18, 36.
2Vgl. Joh. 18, 33.
3Grundlegend in seiner Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei“ (1523) entwickelt, stellt Luther den Gegensatz zwischen den beiden Reichen - dem Reich Gottes zur linken und zur rechten Hand - heraus. Im Reich zur Rechten herrscht Christus durch Wort und Sakrament (Gnadenordnung), im Reich zur Linken herrscht der Kaiser mit dem Schwert (Ordnung der Gerechtigkeit). Vgl. Lau, Franz: Zwei-Reiche-Lehre, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 6, Tübingen31963, S. 1945-1949 [1946f.].
4Die beiden Herrschaftsgebildecivitas Deiundcivitas terrenawerden einander in Augustins Lehre von denduae civitatesgegenüber gestellt. Vgl. ebd., S. 1946.
5Vgl. Blickle, Peter/Schlögl, Rudolf: Die Säkularisation im Prozess der Säkularisierung Europas. Einleitung, in: dies. (Hrsg.): Die Säkularisation im Prozess der Säkularisierung Europas, Epfendorf 2005, S. 11-17 [12].
6Luhmann, Niklas: Die Religion der Gesellschaft, Frankfurt am Main 2000.