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Dieser Band enthält folgende Krimis von Pete Hackett: Trevellian und der Handlanger des Todes Trevellian und die Blutspur in den Raubtierkäfig Verschwundene Kinder in verschiedenen Städten der USA rufen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker auf den Plan. Die Spur führt zu einem Zirkus. Als sich ein Mitarbeiter verdächtig macht, wollen die G-men ihn festnehmen. Aber dem Verdächtigen gelingt die Flucht. Gleichzeitig bekommen es die Agenten mit einer Schutzgeld-Erpresserbande zu tun.
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Seitenzahl: 241
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Krimi Doppelband 157 - Zwei spannende Thriller in einem Band
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Trevellian und der Handlanger des Teufels: Action Krimi
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Trevellian und die Blutspur in den Raubtierkäfig
Dieser Band enthält folgende Krimis
von Pete Hackett:
Trevellian und der Handlanger des Todes
Trevellian und die Blutspur in den Raubtierkäfig
Verschwundene Kinder in verschiedenen Städten der USA rufen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker auf den Plan. Die Spur führt zu einem Zirkus. Als sich ein Mitarbeiter verdächtig macht, wollen die G-men ihn festnehmen. Aber dem Verdächtigen gelingt die Flucht. Gleichzeitig bekommen es die Agenten mit einer Schutzgeld-Erpresserbande zu tun.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author /COVER TONY MASERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 116 Taschenbuchseiten.
Das FBI verfolgt weiterhin den Gangster Fitzgerald, der zunächst spurlos verschwunden war. Doch er meldet sich mit einem Paukenschlag zurück, und die Agenten müssen feststellen, dass er sich mit Terroristen zusammengetan hat, die vor nichts zurückschrecken. Boden-Luft-Raketen sollen bei der Erreichung ihrer Ziele helfen.
Der Mann hatte sich auf das rechte Knie niedergelassen. Auf seiner Schulter lag eine SA-18/Igla 2. Vom Gesicht des Mannes waren nur Mund und Kinn zu sehen. Augen und Nase waren hinter dem getönten Visier eines schwarzen Helms verborgen.
Das Passagierflugzeug war gestartet und schob sich – fast schwerfällig anmutend – in schräger Bahn zum Himmel empor. An Bord befanden sich über 160 Menschen. Männer, Frauen und Kinder.
Der Raketenschütze hatte sich auf der Ladefläche eines Lastwagens verschanzt. Die Plane war am Heck zurückgeschlagen. Durch die Öffnung zielte er. Die Entfernung zum J. F. K.-International Airport betrug etwa zwei Meilen. Der Mann zielte sorgfältig.
Das Leben von 160 Menschen war in diesen Minuten keinen rostigen Cent wert. Es hing an einem seidenen Faden!
Der Mann drückte ab. Es war wie bei einem Schuss mit einer Panzerfaust. Die Treibladung detonierte. Aber die Rakete versagte. Das Geschoss verließ die Waffe nicht. Aus welchen Gründen auch immer. Sekundenlang verharrte der Mann mit der Rakete bewegungslos. Er schien irritiert. Dann atmete er aus und sagte in das Bügelmikrofon, das mit einer Lautsprecheranlage in seinem Helm verbunden war:
„Zu Hölle damit! Ein Rohrkrepierer. Man sollte den Kerl, der uns diese Dinger verkauft hat, im Hudson versenken.“
„Was ist los, verdammt?“, kam es aus dem im Helm integrierten Lautsprecher. „Das Flugzeug fliegt davon. Warum feuerst du nicht, Abdul?“
„Weil das Scheißding, das uns dieser Hundesohn als ganz besonders effektive Waffe angedreht hat, nicht funktioniert. Weiß der Teufel, warum sie nicht losgegangen ist. Sie hat schon einmal versagt …“
Er hob die schwere Waffe von der Schulter und legte sie in eine Kiste, nahm den Helm ab, legte ihn dazu und warf den Deckel der Kiste zu. Dann sprang er von der Ladefläche, verschnürte die Plane und stieg auf der Beifahrerseite ins Führerhaus. Der Motor sprang an, der Laster begann zu rollen. Der Fahrer lenkte ihn von dem Feldweg, auf dem er gestanden hatte, und wandte sich auf dem Nassau Expressway nach Westen.
Der Kleinlaster kam gerade 300 Meter weit, dann erfolgte eine dumpfe Explosion. Die Plane wurde regelrecht weggeblasen. Bordwände wirbelten durch die Luft, Scheiben barsten. Das Fahrzeug kam von der Straße ab und kippte um. Flammen schlugen hoch, Rauch wölkte dicht. Die Explosion hatte den Tank zerrissen. Das Benzin hatte Feuer gefangen. Im Nu hüllte den Laster eine Wand aus Feuer ein.
Autos hielten an, Männer mit Handfeuerlöschern näherten sich dem Brandherd. Aber die Hitzeentwicklung war zu stark. Sehr schnell wurde jedem auf dem Expressway klar, dass es hier nichts mehr zu retten gab.
Die Passagiermaschine verschwand am Himmel hinter den Wolken, die an diesem Tag drohend über New York hingen. Die Passagiere ahnten nichts von ihrem sagenhaften Glück …
Als Feuerwehr und Polizei kamen, war der Lastwagen ausgebrannt. Die beiden Männer im Führerhaus waren tot.
Sarah und ich hatten einen Autoschieberring zerschlagen. Leider hatten wir nur die kleinen Fische und Statisten erwischt. Der Hai war uns durchs Netz gegangen. Sein Name war Dave Fitzgerald.
Bei uns, beim FBI also, überschlugen sich im Moment wieder einmal die Ereignisse. Terroristen hatten versucht, auf dem La Guardia Flughafen ein israelisches Flugzeug abzuschießen. Gott sei dank war die Rakete explodiert, ehe sie ihr Ziel erreichte. Krisensitzung beim Chef, bei Mr. Jonathan D. McKee also, dem Special Agent in Charge des FBI New York.
Während wir beim SAC waren, kam Steeles Anruf. Der verschwundene Kopf der Autoschiebermafia, Dave Fitzgerald, hatte sich bei ihm gemeldet.
Du hast mich nicht fertig gemacht, Steele. Ich habe neue Freunde gefunden. Ich mache dich fertig. Ganz langsam. Mit deinem hübschen Töchterchen fange ich an, dann hole ich mir deine Frau, und am Ende bist du dran. Und ich erweise damit nicht nur mir einen Dienst, sondern der menschlichen Gesellschaft.
Das waren die Worte des Gangsters.
Nun hatte Steele Angst.
Wir mussten ihm Schutz gewähren. Und da wir den Fall bearbeitet hatten, wählte der Chef Sarah und mich aus, zu Steele zu fahren und ihn zu beschützen.
Wir waren natürlich nicht begeistert von der Aussicht, im Haus des Mafiabosses herumzuhocken, dessen Schandtaten wir kannten, die wir ihm aber nicht beweisen konnten. Offensichtlicher konnte Steele uns gar nicht verhöhnen. Beim Gedanken daran wurde bei mir eine Menge Adrenalin freigesetzt. Ich konnte mich aber auch nicht dagegen wehren. Ich war Gefangener meiner Unzufriedenheit und einer tiefschürfenden Frustration.
Das war die eine Seite. Andererseits durfte die Drohung Fitzgeralds, dem in New York sozusagen die Basis entzogen worden war, nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dass er nicht unterschätzt werden durfte, hatte er bewiesen. Was das Geschäft mit den gestohlenen Nobelkarossen anbetraf, hatte er eine besonders kriminelle Energie an den Tag gelegt. Auf sein Konto gingen aber auch einige Morde!
*
Es war finster. Der Himmel über New York war eine helle Kuppel, die der Widerschein der Lichter des Big Apple produzierte. New York ist die Stadt, die sich nie zur Ruhe begibt, sagt man. Man sagt es nicht ohne Grund. New York schläft nie!
Steele wohnte in der Nähe des Prospect Parks in Brooklyn. Sein Haus war eine Luxusherberge. Alleine das schmiedeeiserne Gartentor musste ein Vermögen gekostet haben. Die asphaltierte Zufahrt zum Haus, die bei einem Rondell mit Springbrunnen endete, war videoüberwacht. Möglicherweise waren auch in dem parkähnlichen Garten Videokameras installiert.
Ich stand mit der Nase des Dienstbuicks, den wir genommen hatten, fast am Tor. Mein Sportwagen befand sich in der Werkstatt, nachdem ein paar bezahlte Schläger ihr Mütchen an ihm gekühlt hatten. Sarah, meine Teampartnerin, die mir nach Milos Ausscheiden aus dem FBI zugeteilt worden war, stieg aus und läutete. Ich sah sie etwas in die Gegensprechanlage sagen, dann schwang das Tor, wie von Geisterhand bewegt, auf.
Sarah setzte sich wieder auf den Beifahrersitz. Ich fuhr an. Zwischen Bäumen und Hecken rollten wir der Villa entgegen. Vor dem Haus stand ein schwerer Bentley. Ich stellte den Buick dahinter ab, wir stiegen aus. Eine halbrunde, breite Treppe mit vier Stufen führte hinauf zur Haustür. Diese schwang jetzt auf. Ein Mann in Jeans, einem grünen Hemd und einer weinroten Jacke zeigte sich im Türrahmen.
Es war einer von Steeles Leibwächtern.
Beim Henker!, durchfuhr es mich, frustriert bis in die Knochen. Wo leben wir denn? Steele kontrolliert den Drogenhandel, die illegale Prostitution und die Schutzgelderpressung in Südmanhattan. Er beschäftigt eine Hand voll Kerle zu seinem persönlichen Schutz und – für besondere Aufgaben. Männer fürs Grobe, Kerle, die mit der Waffe schnell zur Hand sind. Zur Hölle mit ihm. Dass wir hier sind, um ihn zu beschützen, ist lächerlich. Er hat uns angefordert, um sich über uns lustig zu machen. Nein, er will über uns triumphieren. Er will uns uns seine Überlegenheit beweisen!
Und wir waren dagegen machtlos. Sein Recht als Staatsbürger konnten wir ihm nicht verwehren. Und das nutzte er eiskalt aus. Das stand plötzlich zu meiner Überzeugung fest, und ich hasste Steele dafür. Denn wir hatten ihn verhaftet, der Haftrichter ließ ihn jedoch 12 Stunden später schon wieder laufen?
Der Mister in der Tür forderte uns auf, einzutreten. Steele kam uns entgegen. Von Mrs. Steele oder Loretta, der hübschen 17-jährigen, war nichts zu sehen.
„Fitzgerald machte noch eine Andeutung“, empfing uns der Herr des Hauses, „die ich vergaß Mr. McKee mitzuteilen. Er meinte, er werde zuletzt mich samt meinem Haus in die Hölle blasen. Können Sie sich vorstellen, was er meinte?“
Ich dachte an den missglückten Raketenanschlag auf dem La Guardia Flughafen, verdrängte den Gedanken daran aber sofort wieder, weil mir ein Zusammenhang doch recht weit hergeholt schien. Dennoch konnte ich mich nicht von dem Gedanken lösen, dass er seine Worte nicht von ungefähr derart gewählt hatte, als er von wegblasen sprach.
„Es wäre vielleicht ganz gut“, sagte ich deshalb, „wenn Sie und Ihre Familie für ein paar Tage in ein Hotel ziehen würden. Was halten Sie davon, Steele?“
„Ich habe vor, Frau und Tochter für einige Wochen nach Europa zu schicken, Trevellian“, versetzte der Mafioso, der ziemlich mitgenommen und überhaupt nicht überheblich wirkte. Unter seinen Augen lagen dunkle Ringe. Unrast beherrschte jeden Zug seines Gesichts. Hatte er wirklich Angst vor Fitzgerald, und war es ihm damit, dass wir ihn und seine Familie beschützen sollten, ernst?
Er wies einladend mit der Rechten auf einige Sessel. Sarah und ich ließen uns nieder. Steele setzte sich auf die Couch. Er nickte. „Ja, in die Schweiz. Etwas Erholung wird vor allem Loretta gut tun nach allem, was sie durchgemacht hat. Ich habe schon buchen lassen. Die Maschine fliegt morgen Vormittag ab. Ich dachte mir, Trevellian, dass unter anderem Sie und Ihre Teamgefährtin meine Frau zum J.F.K.-Airport begleiten und sicher ins Flugzeug verfrachten.
„Was heißt unter anderem?“
„Einige meiner Männer werden dabei sein.“
„Kein Problem, Steele“, sagte Sarah, und etwas schnippisch fügte sie hinzu: „Wer beschützt aber Sie in der Zeit, während wir unterwegs sind?“
„Ich komme ebenfalls mit“, erwiderte Steele kühl.
Mein Telefon dudelte. Ich nahm es vom Tisch und hielt es mir ans Ohr. „Trevellian, Special Agent, FBI New York.“
Es war Mr. McKee. „Bei Ihnen und im Hause Steele alles klar, Jesse?“, fragte er.
Ich saß mit Sarah in einem kleinen Kaminzimmer. Ein Fernsehapparat lief. Die Familie Steele befand sich im Livingroom. Wo sich Steeles Leibwächter verkrochen hatten, wussten wir nicht und interessierte uns auch nicht.
Sarah machte per Fernbedienung den Fernseher leise.
„Alles klar, Sir“, bestätigte ich. „Steele will morgen Frau und Tochter in ein Flugzeug setzen und in die Schweiz schicken. Sarah und ich werden sie zum Flughafen begleiten. Steele will mitkommen. Nun, wir haben nichts dagegen einzuwenden.“
„Schlechte Nachricht, Jesse“, sagte der Chef, als ich geendet hatte. „Heute am Abend ist etwas über zwei Meilen vom Kennedy Airport entfernt ein Lastwagen explodiert und ausgebrannt. Fahrer und Beifahrer konnten nur noch tot geborgen werden. Die Kollegen vom NYPD fanden auf der Ladefläche des Wagens eine Boden-Luft-Rakete, wahrscheinlich vom Typ SA-18. Soeben wurde ich informiert. Die Ursache der Explosion ist allerdings noch ausgesprochen unklar.“
„Großer Gott, Sir“, entfuhr es mir. „Der Anschlag auf die israelische Maschine wurde mit einer Boden-Luft-Rakete durchgeführt. Nun taucht ein weiteres Exemplar auf, und zwar ganz in der Nähe des J.F.K.-Flughafens. Woher kommen diese Waffen? Wie gelangten sie in die USA?“
„Die Frage ist, wie viele von den Raketen sich noch in terroristischer Hand befinden, Jesse“, kam es von Mr. McKee. „Mögen zwei Attentate, aus welchen Gründen auch immer, fehlgeschlagen sein. Das dritte, vierte oder fünfte wird ganz sicher nicht mehr fehlschlagen. Himmel, Jesse, wir ahnen, dass es weitere Boden-Luft-Raketen in terroristischer Hand gibt – doch wir können nichts tun, als die Flughäfen besser zu bewachen und die Sicherheitsvorkehrungen zu intensivieren. Ansonsten sind wir machtlos.“
„Wer ermittelt in der Sache mit der israelischen Maschine?“, fragte ich.
„Clive Caravaggio und ein Stab von sechs G-men. Es gibt einige Adressen, von denen man weiß, dass es sich um Al-Quaida Sympathisanten oder Anhänger von Ansar el Islam handelt. Dort wollen Clive und seine Leute den Hebel ansetzen.“
Ich dachte an Farad Darya, den Terroristen, dessen Bande wir vor einigen Monaten zerschlagen und dem wir zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verholfen hatten. Der Gangster saß auf Rikers Island ein, und ich fragte mich, ob er wohl aufs Neue von seiner Zelle aus den Terror in New York steuerte.
Ich verlieh meinen Gedanken Ausdruck: „Sollte etwa wieder Farad Darya die Finger im Spiel haben, Sir? Und während Clive und die Kollegen irgendwelchen imaginären Leuten hinterher hecheln, putzen seine Handlanger mit einer SA-18 irgendwo ein Flugzeug aus der Luft oder einen Zug von den Schienen.“
„Malen Sie den Teufel nicht an die Wand, Jesse. Es sieht jedenfalls im Moment so aus, als hätte man unsere Stadt wieder mal zum Ziel terroristischer Anschläge gemacht. Wir müssen jedenfalls alles daran setzen, um zu verhindern, dass sich die Ereignisse des elften September zweitausend-eins wiederholen, und sei es auch nur im verkleinerten Maßstab. Die Bevölkerung verlässt sich auf uns, sie vertraut uns, und wir wollen und dürfen dieses Vertrauen nicht enttäuschen.“
„Wir wären unser Geld nicht wert“, knurrte ich.
„Okay, Jesse“, sagte Mr. McKee, „Ich wollte Sie nur informiert haben. Wir halten uns gegenseitig auf dem Laufenden.“
„Klar, Sir. Vielen Dank für den Anruf.“
Dann war die Leitung tot.
Ich erklärte Sarah, was Sache war, und ich verschwieg ihr auch nicht, was es mit Farad Darya auf sich hatte. Er hatte vom Gefängnis aus die Entführung Joanna Miles, der Tochter des Stadtverordneten Gilbert Miles, organisiert, um seine Freilassung zu erpressen. Dieser Mann war in seinem islamischen Fanatismus extrem gefährlich und auf keinen Fall zu unterschätzen.
„Vielleicht sollten wir uns mal mit ihm unterhalten“, meinte Sarah. „Eventuell können wir ihn aus der Reserve locken …“
Ich lachte fast belustigt auf. „Das ist ein Profi, Kollegin“, gab ich zu verstehen. „Eiskalt, abgebrüht, mit allen schmutzigen Wassern gewaschen, und das Schlimmste, er ist hochintelligent. Den locken wir nicht aus der Reserve. Der macht sich höchstens über uns lustig.“
Als ich das sagte, hatte ich noch keine Ahnung, wie sehr vor allem Sarah Anderson in das engmaschige Netz aus Hass, Fanatismus und Besessenheit verstrickt werden sollte, dass sie in den kommenden Tagen dem Tod in seiner ganzen Unersättlichkeit und Brutalität hautnah gegenüberstehen würde.
Drei Bodyguards und ich sicherten in die Runde, als Mrs. Steele und die 17-jährige Loretta das schlossähnliche Haus verließen und zum Bentley schritten, dessen Türen offen standen. Zwei Bedienstete schleppten Koffer und Reisetaschen, die in den Kofferraum des Wagens verladen wurden. Mrs. Steele und Loretta nahmen im Fond des Wagens Platz. James Steele setzte sich auf den Beifahrersitz, einer der Leibwächter schwang sich hinter das Lenkrad.
Sarah und ich gingen zu unserem Dienstbuick. Wir wollten dem Bentley folgen. Voraus fuhren zwei weitere Bodyguards des Mafioso in einem Ford.
Der Ford rollte an. Der Bentley folgte, dann gab ich etwas Gas. Wir fuhren langsam die Ausfahrt hinunter, passierten das Tor und wandten uns nach Osten, um um J.F.K.-Airport zu gelangen. Wir benutzten den Eastern Parkway.
Die New York Avenue kreuzte. Die Ampel stand auf rot. Wir hielten hintereinander an. Der Ford war das vierte Fahrzeug in der wartenden Kolonne. In der New York Avenue rollte der Verkehr vorüber. Nach Süden und nach Norden. Die Zeit der morgendlichen Rushhour war längst vorbei, und so hielt sich das Verkehrsaufkommen in Grenzen.
Ich schaute in den Rückspiegel. Hinter mir hielt ein Toyota, bei dem Fahrzeug dahinter handelte es sich, soweit ich es im Seitenspiegel erkennen konnte, um einen Chevy. Der Fahrer telefonierte mit seinem Handy. Ich dachte mir nichts dabei und schaute wieder nach vorne.
Die Ampel schaltete auf gelb, dann auf grün. Die Autos vor uns rollten an. Der Ford mit den beiden Bodyguards des Mafiabosses, den und dessen Familie wir zu beschützen hatten, fuhr auf die Kreuzung. Plötzlich fegte von rechts ein 5er BMW heran. Der Fahrer musste bei Rot über die Ampel auf der New York Avenue gerast sein. Der BMW schob sich zwischen den Ford und den Bentley und wurde hart abgebremst.
Die Bremslichter des Bentley glühten auf.
Zwei Kerle sprangen aus dem BMW. Sie hielten Pistolen in den Fäusten!
Alles in mir schaltete auf Alarm. Unwillkürlich warf ich einen Blick in den Außenspiegel. Aus dem Chevy, dessen Fahrer eben noch telefoniert hatte, sprangen ebenfalls zwei Kerle.
Erkennen und Reagieren waren bei mir eine Sache des Augenblicks. Sie hatten uns in die Zange genommen, und ich zischte: „Achtung, Sarah, eine Falle!“ Dann riss ich meine Tür schon auf und sprang ins Freie. Die SIG Sauer P226 sprang wie durch Zauberei in meine Hand.
Vorne krachten einige Schüsse. In den sich vermischenden Knall hinein schlug eine Autotür. Ich richtete die SIG auf den Kerl, der auf der Fahrerseite aus dem Chevy gesprungen war. Da sah ich es bei ihm schon aufglühen. Ich warf mich zur Seite. Eine peitschende Detonation wurde über mich hinweggeschleudert, ich spürte den Luftzug der Kugel an meiner Schläfe und feuerte.
Der Bursche bei dem Chevy zuckte zusammen.
Der Mann im Toyota zwischen unserem Dienstbuick und dem Chevy gab Gas. Er gehörte also auch dazu. Er scherte aus der Fahrspur aus und ich hatte den Eindruck, als machte der Wagen einen Satz auf mich zu.
Auf der anderen Seite des Buick hörte ich das Bellen von Sarahs P228. Das Motorengeräusch des Toyota erschien mir plötzlich überlaut, wie das Aufbrüllen eines Ungeheuers, das mich im nächsten Moment verschlingen oder in Grund und Boden stampfen würde. Der Lärm um mich herum mutete an wie ein höllischer Choral.
Ich rollte herum, zweimal, dreimal, etwas streifte mich und raste an mir vorbei, ich wälzte mich weiter und sah, dass es die Räder des Toyota gewesen waren, die mich gestreift hatten. Aber ich spürte keinen Schmerz. Ich sah bei dem Chevy einen der Kerle knien. Er hatte die Pistole verloren und verkrampfte beide Hände vor dem Leib.
Hinter dem Steuerrad des Chevy aber saß einer. Wahrscheinlich jener Bursche, der zunächst als Beifahrer fungierte. Der Toyota verschwand mit kreischenden Rädern in der New York Avenue. Bremsen quietschten. Es krachte dumpf, weil ein Wagenlenker eine Vollbremsung hinlegen musste und das nachfolgende Fahrzeug auffuhr. Glas klirrte. Wasserdampf von einem geplatzten Kühler hüllte die Szene ein.
Ich riss den Kopf zu dem 5er BMW herum, der den Bentley mit Steele und seiner Familie von dem Ford mit den Bodyguards abgeschnitten hatte. Zwei Kerle waren bei dem Fahrzeug und versuchten, Mrs. Steele und Loretta aus dem Fond des Wagens zu zerren. Von James Steele sah ich nichts, ebenso wenig trat der Fahrer des Bentley in Erscheinung.
Der Chevy fuhr an. Die Räder drehten durch, das Fahrzeug bäumte sich geradezu auf. Ich feuerte. Auch Sarahs Waffe auf der anderen Seite des Buicks dröhnte. Die Windschutzscheibe des Chevy splitterte, der Wagen brach nach links aus und jagte schräg über die Straße, krachte auf der anderen Straßenseite gegen eine Peitschenmast und stellte sich schräg. Der Glaszylinder der Lampe fiel in die Tiefe und zerschellte auf dem Asphalt. Der Fahrer des Chevy sprang aus dem Fahrzeug, feuerte zweimal in unsere Richtung und flüchtete zu Fuß.
Ich kam hoch und rannte zu dem Bentley hin. Die beiden Frauen schrien und kreischten. Die Fahrertür stand offen. Einer der Kerle sah mich kommen und wandte sich mir zu. Der andere zerrte Mrs. Steele aus dem Fahrzeug.
Um den 5er BMW kamen die beiden Bodyguards herum, die im Ford vorausgefahren waren. Warum sie jetzt erst in Aktion traten, war mir ein Rätsel, jedoch beschäftigte mich diese Frage auch nicht länger. Ich schnellte auf den Burschen zu, der sich mir in den Weg stellen wollte. Da er beide Hände benötigt hatte, um Loretta aus dem Wagen zu ziehen, hatte er die Pistole geholstert. Ich ließ ihm nicht die Zeit, sie zu ziehen. Seine Rechte fuhr zwar unter die Jacke, aber da war ich schon über ihm.
Ich prallte gegen ihn. Er flog gegen den Bentley. Meine Linke kam blitzartig aus der Hüfte und bohrte sich ihm in den Leib. Er quittierte den Schlag mit einem verlöschenden Aufschrei und verdrehte die Augen. Mein nächster Schwinger explodierte an seinem Kinn. Sein Kopf flog in den Nacken …
Plötzlich waren die beiden Bodyguards James Steeles da. Sie warfen sich auf den Burschen und rissen ihn zu Boden. Auf der anderen Seite des Bentley sah ich Sarah mit dem anderen Gangster kämpfen. Ja, kämpfen! Im wahrsten Sinne des Wortes. Auch er hatte die Waffe geholstert und jetzt, da er keine Chance mehr sah, Mrs. Steele aus dem Wagen zu zerren, attackierte er meine Kollegin mit beiden Fäusten. Er trieb sie regelrecht vor sich her. Sarah hatte zwar die Pistole in der Faust, aber entsprechend der Verhältnismäßigkeit der Mittel setzte sie die Waffe gegen die Fäuste ihres Gegners nicht ein.
Geschickt wich Sarah Anderson den Schwingern des Gangsters aus. Er schlug von der Seite nach ihrem Kopf. Behände tauchte Sarah ab. Der Schlag wischte über sie hinweg, sie kam hoch und schlug mit der Pistole zu. Der Kopf des Gangsters wurde auf die linke Schulter gedrückt. Sarah rammte ihm die Waffe in den Leib, der Kerl machte eine unfreiwillige Verbeugung, und dann bekam er Sarahs Faust mit der SIG auf den Hinterkopf. Er stürzte wie ein gefällter Baum auf das Gesicht.
Der Kampf war vorbei. Der Bursche, dem ich ein Stück Blei verpasst hatte, lag jetzt auf dem Gesicht. Sein Kumpan, der sich an seiner Stelle ans Steuer des Chevy gesetzt und die Flucht ergriffen hatte, hatte ihn eiskalt über den Haufen gefahren.
Der Toyota war verschwunden, ebenso der Bursche, der zuletzt am Steuer des Chevy gesessen hatte. Die beiden Kerle aus dem BMW waren überwältigt. Auf dem Eastern Parkway und der New York Avenue staute sich der Verkehr. Es ging nichts mehr vorwärts.
Ich lief um den Bentley herum. Mein Blick begegnete dem Sarahs.
„Alles in Ordnung?“, rief ich ihr zu.
Sie zeigte mir den erhobenen Daumen. Ich war beeindruckt. Irgendwie hatte sie den Kerl ziemlich locker fertig gemacht. Ja, sie hatte es drauf.
Sarah wandte sich der Beifahrertür zu und öffnete sie. James Steele presste die rechte Hand gegen seine linke Schulter. Blut quoll zwischen seinen Fingern hindurch. Er war bleich, seine Augen flackerten, seine Lippen formten tonlose Worte.
Loretta saß weinend auf dem Rücksitz. Mrs. Steele schien einen Schock erlitten zu haben. Sie zitterte an Leib und Seele, wimmerte und heulte und war nicht ansprechbar.
Der Fahrer des Bentley rührte sich nicht. Er saß zusammengesunken über dem Lenkrad. Blut sickerte aus einer Wunde an seinem Hinterkopf und färbte seinen Hemdkragen rot.
Ich angelte mein Handy aus der Jackentasche und stellte eine Verbindung zu Mr. McKee her. „Sir“, sagte ich nach einem kurzen Gruß, „wir sind auf dem Weg zum Flugplatz überfallen worden …“ Ich schilderte dem Chef den Ablauf des Überfalls.
In der Nähe war Sirenengeheul zu vernehmen. Sicher hatte jemand das nächste Revier verständigt, und von dort aus waren die Patrolcars in der Umgebung informiert worden, dass auf der Kreuzung Eastern Parkway/New York Avenue der Teufel los war.
Mr. McKee zeigte Erleichterung, weil weder Sarah noch mir noch den beiden Frauen ein größeres Leid zugestoßen war, schränkte aber ein, indem er sagte: „Für Loretta muss es ganz besonders schlimm sein. Sie befand sich erst in Entführerhand und erlebte den Irrsinn brutaler Gewalt, als die Leute ihres Vaters sie mit Waffengewalt befreiten. Und jetzt das!“
„Ja“, versetzte ich, „das Mädchen kann einem Leid tun. – Hinter dem Überfall steckt meiner Meinung nach Fitzgerald. Er hat gedroht, sich an Steele zu rächen.“
„Sie haben ja zwei der Kerle auf Nummer Sicher, Jesse“, meinte Mr. McKee. „Vielleicht sind die beiden bereit, zu reden. Sie können uns sicher verraten, wo sich Fitzgerald verkrochen hat. Lassen Sie die Burschen ins Field Office schaffen. Und dann nehmen Sie und Sarah die beiden in die Mangel.“
„Sarah hat sich übrigens prächtig geschlagen, Sir“, sagte ich. „Sie hat einen der Kerle ausgeknockt, dass ich nur so gestaunt habe. Die Handschrift der jungen Lady ist nicht zu verachten.“
„Nun“, meinte der Chef, „sie ist FBI-Agentin und hat dasselbe Ausbildungsprogramm durchlaufen wie Sie, ich und jeder andere G-man.“
Ich dachte an einen Satz, den mir Sarah einmal sagte. Ich bin Special Agent, losgelöst von geschlechtlichen Attributen, waren ihre Worte gewesen. Dabei war es unmöglich, sich ihrer fraulichen Faszination zu entziehen. Sie hatte alles, was ein Mann von einer Frau erwartet. Schönheit, Intelligenz, Charakter …
Ich lächelte unwillkürlich. „Natürlich, Sir. Ich ließ mich wahrscheinlich von dem Gedanken leiten, dass sie zum sogenannten schwachen Geschlecht gehört. Mein Fehler.“
Der SAC lachte. Dann beendeten wir das Gespräch.
Ein Streifenwagen raste heran. Der Lichtbalken auf dem Autodach schleuderte rote und blaue Reflexe in die Umgebung. Mit quietschenden Bremsen verhielt der Buick am Straßenrand. Zwei Cops sprangen heraus. Weitere Patrolcars kündigten sich mit heulenden Sirenen an.
Sarah kümmerte sich um den Fahrer des Bentley. Ihn hatte eine Kugel am Hinterkopf gestreift, und sie schien die Wirkung eines Keulenhiebes gehabt zu haben. Die beiden Kerle, die überwältigt worden waren, hockten am Boden. Die Bodyguards Steeles bedrohten sie. Der BMW stand nach wie vor quer vor dem Bentley.
Ich ging zu den beiden Cops hin und wies mich aus. Dann klärte ich sie auf. Indessen kamen zwei weitere Streifenwagen an. Zwei Officer gingen daran, den Verkehr zu regeln. Eine Ambulanz wurde angefordert. Außerdem wurde das Police Department verständigt.
Ich holte Handschellen aus dem Dienstbuick und fesselte die beiden Gefangenen. Sie sprachen kein Wort. Mir war längst klar geworden, dass uns die Besatzungen des Toyota und des Chevy beobachtet hatten, und zwar von dem Augenblick an, als wir das Grundstück Steeles verlassen hatten. Sie waren uns gefolgt, und der Chevyfahrer hatte mit den Kerlen im BMW telefonisch in Verbindung gestanden, damit das Timing funktionierte.
Die Kollegen vom Department kamen nach etwa einer dreiviertel Stunde und übernahmen. Der Mann, den ich niedergeschossen und den sein Komplize mit dem Chevy überfahren hatte, war tot. Der Coroner wurde angefordert, ein Vertreter der Staatsanwaltschaft erschien. Zwei Ambulanzen kamen und kümmerten sich um Steele und den verwundeten Bodyguard. Sie wurden abtransportiert.
Daran, dass Mrs. Steele und Loretta in die Schweiz düsten, war natürlich nicht mehr zu denken. Mrs. Steele war noch immer nicht ansprechbar und musste ebenfalls stationär untergebracht werden. Um Loretta würde sich ein Polizeipsychologe kümmern müssen, wahrscheinlich musste aber auch sie sich in stationäre Behandlung begeben.
Der BMW wurde beschlagnahmt. Schließlich war die Kreuzung geräumt, und der Verkehr konnte wieder fließen.
Sarah und ich fuhren nach Manhattan und begaben uns ins Field Office. Die beiden Kerle, die wir verhaftet hatten, waren von den uniformierten Kollegen zur Federal Plaza transportiert und hier in Gewahrsam genommen worden.
Sarah und ich wollten sie erst etwas schmoren lassen, ehe wir sie einvernahmen. Himmel, dass der Autoschieber-Fall solche Ausmaße annehmen würde, hätte ich mir niemals träumen lassen. Aber dass Dave Fitzgerald ein kaltschnäuziger, skrupelloser Verbrecher war, hatte er bewiesen, als er Edric Brown, Allan Webb und Abe Bogard von seinem Killer ermorden ließ. Brown hatte einen Fehler begangen, Webb und Bogard wollten in eigener Regie Geschäfte machen, als sie Loretta Steele entführten. Alle drei bezahlten mit dem Leben.
Fitzgerald hatte neue Verbündete gefunden. Und er hatte nicht lange auf sich warten lassen, nachdem er Steele ziemlich massiv gedroht hatte.
Sarah und ich begaben uns zunächst mal zu Mr. McKee, um ihm ausführlich Bericht zu erstatten – und in der Hoffnung, eine Tasse von Mandys hervorragendem Kaffee angeboten zu bekommen.
Der Frachter machte an den Greenpoint Piers fest. Eine Gangway wurde ans Festland geschwenkt. Aus einem Laster, der bei den Piers gewartet hatte, stiegen zwei Männer. Sie waren dunkelhäutig und hatten schwarze Haare. Der eine von ihnen war nicht älter als 30 Jahre, der andere mochte Mitte 40 sein.
Über die Gangway schritt ein mittelgroßer, untersetzter Mann an Land. Unter seiner Mütze schauten graue Haare hervor. Tiefe Linien und Falten zerfurchten sein Gesicht. Die drei trafen am Rand des Piers aufeinander und begrüßten sich, indem sie sich umarmten. Der Mann vom Schiff sagte: „Allah sei mit euch.“
Auf dem Frachter wurde die Ladeluke geöffnet. Der Haken eines Krans verschwand im Leib des Schiffes. Wenig später wurde eine Kiste von etwa zwei Metern Länge ins Freie gehievt. Zwei weitere Kisten folgten. Einige Matrosen trugen die Kisten von Bord und verluden sie auf dem Kleinlaster. Die Plane wurde geschlossen und verschnürt.
Der mittelgroße Mann verabschiedete sich von den beiden Kerlen, die mit dem Lastwagen gekommen waren, und kehrte auf den Frachter zurück. Die Gangway wurde wieder eingeholt.
Der Lastwagen rollte in Richtung Norden davon. Der Beifahrer nahm sein Handy zur Hand.
„Daud“, kam es durch den Äther.
„Hallo, Aman“, sagte der Mann im Laster. „Wir haben die Ware übernommen und sind jetzt auf dem Weg zum Queens Midtown Tunnel. In einer Stunde etwa sind wir im Versteck.“
„In Ordnung, ich werde kommen. Sag Rahman Bescheid. Ich will ihn sprechen.“
„Verstanden.“
Damit war das Gespräch beendet.
Rashid rief Ullah Rahman an. Der Waffenhändler sagte sein Erscheinen zu und fragte mit dem nächsten Atemzug, ob Interesse an C-4-Plastiksprengstoff bestünde.
„Wie viel könntest du uns liefern“, wollte Rashid wissen.
„Eine halbe Tonne, eine Tonne …“ Ohne die Stimme zu senken brach Rahman ab.
„Ich weiß nicht“, sagte Rashid. „Am besten sprichst du mit Aman Daud drüber. Er wird auch da sein, wenn du kommst.“
Die beiden Männer durchfuhren etwas später die Röhre des Queens Midtown Tunnel und waren in Manhattan. Auf der Second Avenue wandten sie sich nach Süden, bogen 20 Minuten später in die East Houston Street ein und erreichten schließlich SoHo.
Dieses SoHo hat nichts mit dem berühmten Stadtteil in London zu tun. Der Name erklärt sich durch die Lage und steht für South of Houston Street. Es handelt sich um ein Stadtviertel zwischen Broadway und Avenue of the Americas. In dem Viertel wurden im Laufe der Zeit leerstehende Fabrikhallen in Wohnungen, Geschäfte und Ateliers verwandelt. Cast-Iron Buildings bestechen durch Fassaden aus kunstvoll gegossenen Metallteilen. SoHo war sich in den vergangenen 25 Jahren zu einem der bevorzugten Einkaufsviertel New Yorks avanciert.
Aber es gab auch noch leerstehende Gebäude, und in den Hof eines dieser Bauwerke chauffierte Mohammed Elamin den Kleinlaster. Ein großes Grundstück umgab es. Es handelte sich um eine alte Fabrikhalle mit einem angebauten Bürogebäude. Zwischen den Betonplatten im Hof wuchs das Unkraut hüfthoch. Von den Gebäuden fiel der Putz großflächig ab. Die Mauer, die das Areal eingrenzte, war aus blanken Backsteinen errichtet, zwischen denen sich der Kalkmörtel im Laufe der Jahre zu Sand und Staub zersetzt hatte. Graffiti-Künstler hatten sich hier überall ausgetobt.
Achmed Rashid und Mohammed Elamin steigen aus dem Führerhaus.
Die Hintertür des ehemaligen Bürogebäudes wurde aufgezogen, ein Mann schob seinen Kopf ins Freie. „Habt ihr die Ware?“
„Sicher“, antwortete Achmed Rashid. „Drei Kisten, getarnt als medizinisches Material.“
Der Mann in der Tür rief etwas über die Schulter, dann kam er ins Freie. Er war blond und Amerikaner. Sein Name war Wilson Dexter. Im Gefängnis hatte er sich mit einem Mann angefreundet, der der Al-Quaida-Zelle New York angehört hatte. Nach seiner Freilassung wandte er sich an Aman Daud, den Führer der Untergrundorganisation Ansar el Islam in New York, die eng mit der Al-Quaida zusammenarbeitete und deren Interessen dieselben waren.
Zwei weitere Männer folgten Wilson Dexter. Die drei Kisten wurden abgeladen und ins Haus getragen. Im Keller wurden sie abgestellt. Achmed Rashid öffnete eine der Kisten. Sie beinhaltete zehn SA-18 Raketen.
Die SA-18 ähnelt den russischen Sam-7 und den amerikanischen Stinger-Raketen, die während des Afghanistankrieges in den 80er Jahren von den Mudschaheddin gegen die sowjetischen Besatzer eingesetzt wurden.
„Neue Raketen“, gab Rashid zu verstehen und nahm eine der Waffen aus der Kiste, wog sie in beiden Händen und grinste. „Frei Haus aus St. Petersburg. Keine alten Lagerbestände, wie mir Ullah Rahman versichert hat. Damit können wir jedes landende oder startende Flugzeug im Umkreis von fast drei Meilen abschießen. Die Tschetschenen haben es vorgeführt.“ Rashid lachte auf. „Sie heizen den Russen mit diesen Dingern ganz schön ein.“
„Wir sollten Aman Daud Bescheid sagen“, regte Wilson Dexter an. „Er wollte informiert werden, sobald die Ware eingetroffen ist.“