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Dieser Band enthält folgende Krimis von Pete Hackett: Trevellian und die Blutspur in den Raubtierkäfig Trevellian und der Clan der Mörder Was geschah vor 25 Jahren? Anwalt Webster hat mit seinen College-Freunden offenbar eine Bombe gezündet und will nun sein Gewissen erleichtern. Aber diese ehemaligen Freunde wollen sich der Verantwortung nicht stellen. Schon bald häufen sich die Todesfälle in diesem Umkreis. Aber wo und wann wurde eine Bombe gezündet? Das FBI hat keine Anhaltspunkte, nur tote Zeugen.
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Seitenzahl: 244
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Krimi Doppelband 162 - Zwei spannende Thriller in einem Band
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Trevellian und die Blutspur in den Raubtierkäfig: Action Krimi
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Trevellian und der Clan der Mörder
Dieser Band enthält folgende Krimis
von Pete Hackett:
Trevellian und die Blutspur in den Raubtierkäfig
Trevellian und der Clan der Mörder
Was geschah vor 25 Jahren? Anwalt Webster hat mit seinen College-Freunden offenbar eine Bombe gezündet und will nun sein Gewissen erleichtern. Aber diese ehemaligen Freunde wollen sich der Verantwortung nicht stellen. Schon bald häufen sich die Todesfälle in diesem Umkreis. Aber wo und wann wurde eine Bombe gezündet? Das FBI hat keine Anhaltspunkte, nur tote Zeugen.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER TONY MASERO
© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.
Verschwundene Kinder in verschiedenen Städten der USA rufen die Ermittler Trevellian und Tucker auf den Plan. Die Spur führt zu einem Zirkus. Als sich ein Mitarbeiter verdächtig macht, wollen die Ermittler ihn festnehmen. Aber dem Verdächtigen gelingt die Flucht. Gleichzeitig bekommen es die Agenten mit einer Schutzgeld-Erpresserbande zu tun.
Milo und ich lauerten in dem Laden in der Bleecker Street. Es war ein Computergeschäft. Es ernährte gerade seinen Inhaber und dessen Familie so recht und schlecht. Jetzt aber wollten einige unliebsame Zeitgenossen mitkassieren. Zehn Prozent der Einnahmen, oder sie würden den Laden kurz und klein schlagen. Das war die Forderung.
Da dahinter die Mafia vermutet wurde, hatte das FBI den Fall übernommen. Mr. McKee, Special Agent in Charge und Chef des FBI New York, hatte Milo und mir die Sache übertragen.
Es war nach 19 Uhr. In die Hochhäuserschluchten Südmanhattans senkte sich die Abenddämmerung. Die Ladentür ging auf. Die Glocke bimmelte. Zwei Burschen, um die zwanzig, in Lederjacken mit Ohrringen und verschiedenen Gesichtspiercings, betraten den Verkaufsraum. Die Glocke bimmelte. Sie läutete das Unheil ein …
Das Unheil für die beiden Knaben, die nicht säen, die nur ernten wollten.
Von der Straße erklangen Motorengeräusch, Gehupe und Geschrei. Autoreifen quietschten, weil eine Ampel auf grün schaltete und der eine oder andere Möchtegern-Schumacher einen Kavaliersstart hinlegte.
Die Geräusche versanken zu einem verworrenen Lärm, als die Tür wieder zufiel.
Ich konnte Mr. Joseph Plummer gut beobachten. Der 63-jährige Ladeninhaber zog den Kopf zwischen die Schultern. Unruhe flackerte in seinen Augen. Nervös begann er seine Hände zu kneten.
Die beiden schlenderten zur Ladentheke. Sie grinsten. Einer sagte: „Na, Opa, wie sieht es aus? Hast du dir unser Angebot überlegt? Du gibst uns zehn Prozent von dem, was du heute eingenommen hast, und dafür beschützen wir deinen Laden. Das ist doch fair. Findest du nicht?“
„Ja – ja“, kam es von Plummer. Seine Stimme klang zerrinnend. Seine Lippen zitterten. „Aber Sie wissen doch selbst, Gentlemen, dass kleine Läden wie meiner …“
Der Sprecher von eben winkte ab. „Ja oder nein, Opa. Zehn Prozent, oder wir machen hier Kleinholz. Du hast noch eine Minute Zeit, es dir zu überlegen. Sobald sie abgelaufen ist, hast du ein gewaltiges Problem am Hals, wenn du nicht deine Kasse öffnest.“
Milo kam hinter einem großen Aufsteller für CDs zum Vorschein. Seine Stimme erklang: „Aber nicht doch, Jungs. Weshalb so garstig zu Mr. Plummer? Ihr müsst doch einsehen, dass der Ertrag aus dem Laden gerade für ihn und seine Familie reicht.“
Die beiden waren herumgezuckt. Sie nahmen Front zu Milo ein. Ihre Gestalten hatten sich leicht nach vorne gekrümmt. Sie schüttelten ihre Überraschung ab. Einer, seine Haare waren kurz geschoren und weißblond gefärbt, zischte aggressiv: „Was bist du denn für einer?“
„Ich bin Opas guter Geist“, versetzte Milo gelassen. „Ich will euch ins Gewissen reden, Jungs. Habt ein Einsehen, lasst Opa in Ruhe und seid friedlich.“
Der Blondgefärbte stieß hervor: „Dir brennt wohl das Hemd, Mister. Entweder bist du so blöd, oder du bist vermessen. Willst du dich …“
Ich trat am Ende der Verkaufstheke hinter einem Regal mit Handbüchern für PC-Anwender hervor und rief: „Er ist so vermessen, Leute. Aber er kann eben nicht aus seiner Haut. Manchmal ist es echt schlimm mit diesem Bruder Leichtfuß.“
Jetzt wirbelten sie zu mir herum. Entgeistert starrten sie mich an. Und diesmal war es nicht der Blondgefärbte, der Laut gab, es war sein Gefährte, dessen Haare schwarz waren und der sie mit Hilfe von viel Gel glatt nach hinten geklatscht hatte. Er schnappte sinniger Weise: „Noch einer! Verdammt, Toby, der Alte hat die Polizei eingeschaltet. Heh, ihr seid doch Bullen?“
Herausfordernd schaute er mich an.
Ich erwiderte: „Mein Freund sagte es doch schon, Junge. Er ist Opas guter Geist, und ich bin der Schutzengel Opas.“ Dann wurde ich schlagartig ernst. „Schutzgelderpressung, Freunde. Ihr wisst, dass das ein Verbrechen ist?“
Wie auf ein geheimes Kommando griffen sie unter ihre Lederjacken. Als ihre Hände wieder zum Vorschein kamen, hielten sie die Röhrengriffe von Schlagfedern umklammert. Gekonnt ließen sie die ineinander geschobenen Stahlfedern aus der Metallhülle schnellen. Kurze Zeit hing das metallische Schaben in der Luft.
„Das solltet ihr euch zweimal überlegen“, hörte ich Milo rufen. „Es könnte sich strafmaßerhöhend auswirken. Wir sind vom FBI, Jungs. Ja, Opa hat uns eingeschaltet. Und das ist gut so. Also lasst die Totschläger fallen und stimmt uns gnädig.“
„Einen Dreck werden wir!“, fauchte der Blondgefärbte. Er stieß sich ab und griff Milo an.
Sein Kumpan wandte sich mir zu. Mit zum Schlag erhobener Feder kam er. Ich wartete ihn ab. Dass ich ruhig stehen blieb, schien ihn doch ziemlich zu irritieren. Er stockte im Schritt, sein Mund hatte sich böse verkniffen, unsere Blicke kreuzten sich, dann aber schlug er zu.
Nun, ich will es kurz machen. Solche Angriffe abzuwehren hatten wir viele hundert Mal in Quantico geübt. Er war nicht schnell genug, und ich konnte seinen Schlag berechnen. Ich wich behände aus, erwischte sein Handgelenk und drehte ihm blitzschnell den Arm auf den Rücken. Er stand auf den Zehenspitzen, machte das Kreuz hohl, um dem Schmerz in seinem Schultergelenk entgegenzuwirken und brüllte auf. Seine Hand öffnete sich, die Schlagfeder schepperte auf den Boden.
Ich schaute über die Schulter des Knaben und wurde Zeuge, wie Milo seinen Gegner mit einem gekonnten Hüftwurf auf die Bretter legte. Ich sah nur durch die Luft wirbelnde Beine, dann folgte der trockene Aufschlag. Blondy krachte ungebremst auf den verlängerten Rücken, ächzte, und lag schließlich flach. Der Aufprall hatte ihm die Luft aus den Lungen gepresst. Er schnappte nach Luft wie ich nach einem 10 000-Meter-Lauf. Nein! Er japste wie ein Erstickender. Seine Augen quollen aus den Höhlen, unartikulierte Laut drangen aus seiner Kehle.
Milo entwand ihm den Totschläger, dann packte er ihn an der Hemdbrust, zog seinen Oberkörper in die Höhe und versetzte ihm mit der flachen Hand einen kräftigen Schlag auf den Rücken.
Rasselnd atmete der Bursche durch. Dann kam der Hustenanfall, weil sich seine Lungen schlagartig mit Sauerstoff füllten und überfordert wurden. Der Anfall schüttelte ihn und trieb ihm die Tränen in die Augen.
Ich griff mit der Linken unter meine Jacke und nahm ein Paar Handschellen von meinem Gürtel. Zwei Lidschläge später schlossen sie sich um die Handgelenke des Burschen, den ich überwältigt hatte. Ich versetzte ihm einen Stoß in den Rücken, der ihn zwei Schritte vorwärts taumeln ließ, und sagte: „Du bist verhaftet. Wie ist dein Name? Für wen arbeitest du?“
„Du kannst mich mal, Bulle!“, kreischte er und wirbelte geduckt herum. Sein Bein schnellte hoch. Er schien die Augen vor den Tatsachen zu verschließen. Oder gehörte er zur Spezies der ganz besonders Jähzornigen und Unbelehrbaren? Jedenfalls wollte er seinen Tritt bei mir an einer ganz besonders empfindlichen Stelle platzieren.
Und wieder hatte er Pech.
Ich fing sein Bein mit beiden Händen ab, drehte es ein wenig herum und stieß es zurück. Der Bursche schien einen Sekundenbruchteil schräg in der Luft zu hängen, dann krachte er mit sattem Schlag auf den Rücken. Dabei fiel er auf seine gefesselten Hände und quetschte sie, denn er brüllte wie am Spieß und strampelte mit den Beinen.
Milo hatte Blondy ebenfalls Handschellen angelegt und zerrte ihn nun auf die Beine. „Manche müssen eben erst mit dem Kopf gegen die Wand rennen, um zu begreifen“, knurrte Milo, und es klang absolut humorlos. „Ich muss wohl nicht besonders betonen, dass du verhaftet bist, Dumpfbacke.“
Der Blondgefärbte knirschte mit den Zähnen.
Ich half meinem Gegner auf die Beine. Sein Widerstandsgeist schien nur noch auf Sparflamme zu brennen. Mit gesenktem Kopf stand er da und stierte mich gehässig an. Aber das beeindruckte mich wenig.
„Haben Sie ein Telefon?“, fragte ich Joseph Plummer, der noch völlig im Banne des Geschehens stand. Er stand da wie zur Salzsäule erstarrt. Ich wiederholte meine Frage. Und nun kam auch wieder Leben in seine Gestalt. Er griff unter den Tresen und stellte den Apparat auf das Pult. „Bitte …“
Ich wählte die Nummer des Field Office. Gleich darauf hatte ich Jay Kronburg an der Strippe. Ich klärte ihn mit knappen Worten auf, dann bat ich ihn, zwei Kollegen vorbeizuschicken, damit sie unsere beiden Schutzgelderpresser abholten.
Von der Federal Plaza bis zur Bleecker Street war es nur ein Katzensprung. Jay versprach mir, dass die beiden Kollegen innerhalb der nächsten Viertelstunde antanzen würden.
Ich legte auf.
Mr. Plummer hatte seine Sprache wieder gefunden. „Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, G-men. Ich habe keinen Schlaf mehr gefunden, seit diese Kerle zum ersten Mal bei mir aufgetaucht sind. Meine Frau ist fast gestorben vor Angst. Ich – ich …“
Er brach ab, griff erneut unter die Theke und hielt mir zwei rechteckige Papierstücke hin, die aussahen wie Eintrittskarten. „Das sind Freikarten für den Zirkus, der ab Montag in New York gastiert. Bitte, G-men, nehmen Sie sie. Es ist nur eine kleine Aufmerksamkeit. Bitte …“
„Freu dich nur nicht zu früh, Opa!“, knirschte Dumpfbacke Blondy, der nach Milos Bodycheck am Boden fast erstickt wäre. „Du kriegst dein Fett schon noch.“
„Darüber unterhalten wir uns im Field Office“, versprach Milo. „Dein Hinweis sagt mir nämlich, dass ihr nicht in eigener Regie arbeitet.“
Der Knabe biss sich auf die Unterlippe.
„Nehmen Sie die Karten und besuchen Sie zusammen mit Ihrem Partner den Zirkus, G-men“, drängte Plummer. „Es ist ein persönliches Geschenk und hat nichts mit Ihrem Job zu tun.“
Warum sollten wir uns nicht mal Manegenluft um die Nase wehen lassen? Als ich das letzte Mal einen Zirkus besuchte, war ich zehn. Das war also schon einige Jährchen her. Also nahm ich die Karten. In den Ruf der Vorteilsannahme im Amt oder der Bestechlichkeit würde uns das sicher nicht bringen.
Ich bedankte mich.
Wir hatten uns mit den beiden Festgenommenen in das kleine Büro zurückgezogen, in dem Joseph Plummer seine Bücher führte. Die beiden Schutzgelderpresser hockten auf gepolsterten Stühlen und schwiegen verbissen.
Milo lehnte an der Wand und hatte die Arme vor der Brust überkreuzt. Ich hockte auf der Kante des Schreibtisches und stützte meinen Oberkörper mit den Armen nach hinten ab. Mr. Plummer hatte sich hinter seinen Schreibtisch gesetzt. Fahrig strich er sich immer wieder über das Gesicht. Er hatte Angst. Die Drohung des Blondgefärbten, der uns ebenso wenig wie sein Gefährte seinen Namen nicht verraten wollte, war nicht ohne Wirkung auf den Computerhändler geblieben.
„Wenn euch unsere Verhörspezialisten in die Mangel nehmen, wird es weniger gemütlich für euch“, sagte ich und schaute die Burschen abwechselnd an. „Die kriegen aus euch …“
Ich brach ab, als die Ladenglocke bimmelte.
Plummer war zusammengezuckt und wollte sich unwillkürlich erheben.
„Ich sehe nach“, erklärte ich, glitt vom Schreibtisch und ging zur Tür.
Kaum, dass ich sie geöffnet hatte und meine Gestalt das Türrechteck ausfüllte, vernahm ich im Laden eine laute Verwünschung, und dann bimmelte die Glocke wieder.
„Da war noch einer!“, schrie ich. „Er ist wie der Blitz zur Tür hinaus!“
Ich spurtete schon los. Sogleich schlug wieder die Türglocke an. Aber diesmal erreichte das nervtötende Gebimmel nur den Rand meines Bewusstsein.
Hinter mir wurde die Ladentür vom Schließmechanismus langsam zugezogen. Ich schaute nach links, dann nach rechts, und ich sah den Burschen den Gehsteig entlangflitzen. Plötzlich sprang er zwischen zwei parkende Autos, fegte über die Straße und gestikulierte wild mit den Armen.
Ein Motor wurde gestartet und heulte auf. Die Scheinwerfer gingen an und wurden aufgeblendet.
Ich rannte schräg über die Straße im spitzen Winkel auf den Fliehenden und einen Ford zu, der sein Ziel zu sein schien. Meine Absätze klapperten rhythmisch auf dem Asphalt. Der Boy in der Lederjacke sprintete um den Ford herum und riss die Tür auf. Er warf sich auf den Beifahrersitz. Sein Kumpan gab Gas und ließ die Kupplung sausen. Der Ford schoss mit durchdrehenden Rädern aus der Parklücke und direkt auf mich zu. Die Tür auf der Beifahrerseite flog krachend zu.
Ich hielt an, als wäre ich gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Die Scheinwerfer blendeten mich. Meine Rechte zuckte zum Holster, in dem die SIG Sauer steckte. Aber den Gedanken an die Pistole ließ ich augenblicklich sausen. Der Wagen war nur noch wenige Yards von mir entfernt, und ich wäre samt der SIG unter die Räder gekommen, hätte ich jetzt nicht gehandelt.
Ich schnellte zur Seite, kam mit beiden Beinen gleichzeitig auf, federte in den Knien und vollführte sogleich den zweiten Sprung, der mich gegen einen geparkten Simca trieb.
Gäbe es die olympische Disziplin des Zweisprungs, hätte ich mit meiner Leistung Gold für Amerika geholt.
Dort, wo ich eben noch gestanden hatte, jagte der Ford dahin, und ich würde mich wohl jetzt noch in der Luft befinden, hätte er mich erwischt.
Das Fahrzeug befand sich fast auf der linken Fahrspur. Ein Auto kam jetzt entgegen. Ich hatte die SIG in der Faust und zielte auf das rechte Hinterrad. Zum Schuss kam ich nicht, denn der Fahrer riss den Ford nach rechts. Er übersteuerte wohl, denn der Wagen kam ins Schleudern. Die Pneus kreischten gottserbärmlich. Und dann gab es einen fürchterlichen Schlag, als er eines der am Straßenrand abgestellten Fahrzeuge rammte. Es klirrte, ein Stück Metall rutschte scheppernd auf der Straße dahin, dann stieg eine Dampfwolke hoch und hüllte den Ford ein. Der Kühler war geplatzt!
Die Türen des Wagen flogen auf. Die beiden Kerle sprangen heraus. In der Hand des einen sah ich eine Pistole. Der Wagen, der dem Ford entgegengekommen war, wurde abrupt abgebremst. Der Fahrer wollte aussteigen. „Drin bleiben!“, brüllte ich. „Gehen Sie in …“
… Deckung!, wollte ich schreien, aber da krachte schon die Pistole. Ich hatte mich kurz vorher abgedrückt und stand nun am Heck des Simca. Die Scheibe der Fahrertür wies ein kleines Loch auf, von dem aus die Sprünge nach allen Seiten verliefen.
„Waffe runter! FBI!“ Meine Stimme überschlug sich fast.
Aber die beiden Gangster ergriffen schon auf Schusters Rappen die Flucht. Sie rannten in Richtung Bowery.
Es war wohl überflüssig, ihnen hinterherzubrüllen, dass sie stehenbleiben sollten. Ringsum flogen die Fenster der Häuser auf. Der Bums, als der Ford gegen den geparkten Wagen prallte, brachte die Neugierigen auf den Plan. Den Schuss hatte wohl niemand als solchen identifiziert. Schaulustige kamen auch aus den Läden und Wohnhäusern. Autos, die sich aus beiden Richtungen näherten, mussten anhalten, weil zum einen der Ford die eine Fahrspur blockierte und auf der Gegenfahrbahn der Wagen stand, dessen Fahrer ich aufgefordert hatte, sitzen zu bleiben. Ein wütendes Hupkonzert füllte die abendliche Straße.
Ich sprintete hinter den beiden Gangstern her. Als sie in die Bowery einbogen, wusste ich, dass ich verloren hatte. Dennoch rannte ich weiter. Atemlos kam ich an der Ecke Bleecker Street/Bowery an. Fahrzeugkolonnen wälzten sich nach Norden und Süden.
Die beiden Flüchtlinge waren verschwunden, als hätte sie die Erde verschluckt. Ich schaute mir die Augen nach ihnen aus, aber ich konnte sie nirgends entdecken. Wahrscheinlich waren sie in eines der Häuser gelaufen und hatten es durch den Hinterausgang wieder verlassen.
Sei‘s drum!, durchzuckte es mich. Die beiden Knaben, die wir in Plummers Laden überwältigten, waren uns sicher. Und sie würden uns Namen nennen, wenn wir sie tüchtig in die Mangel nahmen. Wenn ich sage „in die Mangel nehmen“, dann meine ich natürlich das Kreuzverhör und nicht irgendeine mittelalterliche Tortur. Nur die ausgekochtesten und hartgesottensten Gesetzesbrecher hielten unseren Spezialisten stand. Die beiden Lederjacken-Boys jedoch hielt ich für blutige Anfänger.
Ich holsterte die SIG und machte mich auf den Rückweg.
Sirenengeheul trieb mir entgegen. Ein Patrolcar kam mit viel Getöse die Straße herauf. Die Lichter auf dem Dach schleuderten rote und blaue Reflexe in die sich verdichtende Dämmerung.
Als ich den Laden Plummers erreichte, kam auch das Polizeifahrzeug zum Stehen. Zwei Cops sprangen heraus …
Ich ging in das Geschäft.
„Es waren zwei, die in einem Ford warteten“, klärte ich Milo auf, der die beiden Gangster bewacht hatte. „Sie haben auf der Straße für Kleinholz gesorgt und sind mir auf der Bowery entkommen.“
„Ich habe einen Schuss gehört“, kam es von Milo.
„Nun, die Kugel galt mir, aber der Knabe schoss eine Fahrkarte. – Ich gehe hinaus, um die Cops aufzuklären und mir die Zulassungsnummer des Ford aufzuschreiben. Gib du auf die beiden Acht, Milo. Die sind im Stande, und rennen uns samt den Handschellen fort.“
Ich ging wieder hinaus!
„Weshalb habt ihr die beiden nicht selbst zur Federal Plaza gebracht?“, fragte mich einer der beiden Kollegen, die Jay Kronburg in Trab gesetzt hatte, damit sie die beiden jungen Gangster abholten.
Milo antwortete an meiner Stelle: „Du wirst es nicht glauben, Kollege, aber wir sind den Katzensprung vom Federal Building bis in die Bleecker Street gelaufen. Und wie sähe es aus, wenn wir die beiden wie zwei Schafhammel durch die Straßen treiben würden?“
Der Agent grinste. Dann übernahmen er und sein Partner die beiden Sünder und bugsierten sie hinaus. Gleich darauf waren Dumpfbacke Blondy und der Schwarzhaarige in einem Dienstbuick verstaut. Der Wagen fuhr an. Giftige Blicke der beiden Strolche trafen Milo und mich wie Pfeilspitzen. Wir standen auf dem Gehsteig und beobachteten den Abtransport.
„Wenn Blicke töten könnten …“, rezitierte Milo. Er grinste mich an. „Der Zirkus wird uns entschädigen, Partner. Manegenzauber, Akrobatinnen, Magic-Assistentinnen. Hoh, das Agenten-Auge wird erfreut sein.“
„Und die schmutzigen Gedanken werden schweifen“, schmunzelte ich. „Sie werden zu ergründen versuchen, wie es wohl unter den wippenden Röckchen und engen Hemdchen aussehen mag und …“
„… Agent Trevellian wird der Mund wässrig werden wie einem hungrigen Straßenköter, dem jemand ein Steak hinhält.“
„Ha, ha“, machte ich. „Seit wann heißt du denn Trevellian?“
Unser flapsiger Dialog wurde unterbrochen, als Joseph Plummer an uns herantrat und anhob: „Ich werde wohl keine Ruhe vor den Schuften haben, G-men. Der Blonde hat es ziemlich deutlich zum Ausdruck gebracht. Die beiden, die fliehen konnten, werden sich rächen. Gütiger Gott, es war ein Fehler, dass ich mich an die Polizei gewandt habe.“
Er stöhnte die letzten Worte geradezu.
„Sie bekommen Polizeischutz“, versprach ich.
Plummer schaute skeptisch. „Ewig kann mich die Polizei auch nicht beschützen“, knurrte er.
„Wir haben der Bande heute einen ziemlichen Dämpfer versetzt“, gab Milo zu verstehen. „Das wird sie in dieser Straße zurückhaltend werden lassen. Vielleicht verziehen sich die Halunken sogar aus New York, um irgendwo unterzutauchen, weil sie befürchten müssen, dass ihre Kumpel singen.“
Die Cops hatten einen Abschleppwagen in die Bleecker Street zitiert. Bis er kam, regelten sie den Verkehr. Ich hatte mir die Zulassungsnummer des Ford notiert.
Milo und ich machten uns auf den Weg zur Federal Plaza. Wir benötigten etwa 20 Minuten. Mit dem Auto hätten wir sicherlich mindestens ebenso lange gebraucht. Denn um diese Zeit glich New York, was den Verkehr anbetraf, einem Tollhaus.
Wir überlegten, ob wir die beiden Schutzgelderpresser noch an diesem Abend ins Gebet nehmen oder ob wir sie ein wenig schmoren lassen sollten. Wir kamen zu keinem Ergebnis und beschlossen, zunächst einmal Mister McKee Bericht zu erstatten.
Die Enttäuschung war groß, als wir feststellten, dass Mandy schon Feierabend gemacht hatte. Das bedeutete, dass der Kaffeehahn für uns zugedreht war.
Der Chef war noch da.
Er war überhaupt fast immer da. Manchmal fragte ich mich, ob er sich vielleicht ein Klappbett ins Building geschmuggelt hatte, das er aufschlug, wenn seine Agenten nach Hause gingen, um die Beine unter den Tisch zu strecken und den Herrgott einen guten Mann sein zu lassen.
Mit dem für Mr. McKee typischem feinen Lächeln forderte er uns auf, an seinem Konferenztisch Platz zu nehmen, dann beglückwünschte er uns zu unserem Erfolg.
„Es war nur ein halber, Sir“, schränkte Milo ein. „Zwei der Kerle sind uns vor der Nase davongelaufen.“
„Mir“, gestand ich und tippte mit dem Daumen gegen meine Brust, „sind sie vor der Nase davongelaufen. Aber wir kriegen sie. Dessen bin ich mir sicher.“
„Denken Sie, dass die Burschen aus eigenem Antrieb tätig waren?“, fragte Mr. McKee. „Normalerweise geht Schutzgelderpressung im größeren Stil vonstatten, und es steckt in der Regel eine Mafia dahinter.“
„Das ist natürlich nicht auszuschließen“, räumte ich ein. „Nun, Sir, wir haben zwei der Kerle. Und wir haben die Zulassungsnummer des Ford.“ Ich schaute Milo an. „Ich denke, wir sollten die beiden doch noch ein wenig ausquetschen, Partner. Was meinst du?“
Der Chef winkte ab. „Das hat Zeit, G-men.“ Er griff nach der Zeitung, die seitlich auf seinem Schreibtisch lag. Es war die Abendpost. Die Seite, die er uns zeigen wollte, hatte er schon aufgeblättert. Er hielt sie so, dass uns die Schlagzeile in die Augen sprang.
14-jährige spurlos verschwunden!, konnte ich lesen. Das mysteriöse Verschwinden Jugendlicher setzt sich in New York fort. Ist ein irrer Mörder am Werk?
„Mord ist nicht unser Metier“, sagte Milo.
„Könnte es aber werden“, versetzte Mr. McKee. „Vor einem Vierteljahr fing es an. Ein dreizehnjähriger Schüler verschwand in Minneapolis. Er tauchte nie wieder auf. Zwei Wochen später ein ähnlicher Fall in Milwaukee. Es waren ein zwölfjähriger und eine vierzehnjährige. St. Louis war der nächste Schauplatz. Diesmal waren es zwei dreizehnjährige. Indianapolis, Cincinnati, Philadelphia und jetzt New York. Es geschieht immer im Abstand von etwa zwei Wochen. Die zuständigen Polizeibehörden sind überzeugt davon, dass die Kinder ermordet wurden und ein und derselbe Täter dahinter steckt.“
„Gibt es irgendeinen Anhaltspunkt?“, wollte ich wissen. „Jeder Entführer und Mörder hinterlässt doch irgendeine Spur, einen Hinweis.“
„Nichts“, erklärte Mr. McKee. „Die Polizei tappt im Dunkeln. Es ist, als hätten sich die verschwundenen Personen in Luft aufgelöst.“
„Wann und wo verschwand die vierzehnjährige hier in New York?“, fragte Milo.
„Gestern Abend, zwischen acht Uhr fünfundvierzig und neun Uhr fünfzehn, in der Nähe des Central Park. Sie wohnt bei ihren Eltern in der siebzigsten Straße West und wollte eine Freundin in der sechsundsiebzigsten Straße besuchen. Dort ist sie nie angekommen.“
„Vielleicht ist sie von zu Hause ausgerissen“, wandte Milo ein. „Viele Jugendliche kommen mit ihren Eltern aus diesem oder jenem Grund nicht zurecht …“
Der Chef wiegte den Kopf. „Natürlich, das kommt immer wieder vor. Aber Cindy Hanson ist ein hochintelligentes Mädchen, und ihre Eltern hatten nie das geringste Problem mit ihr. Es gibt auch keinen Mann, zu dem sie möglicherweise gelaufen sein könnte. Cindys Wunsch war es, später einmal Ärztin zu werden. Sie verbrachte ihre Freizeit vor Schulbüchern. Nein, Milo, sie ist nicht der Typ, der von zu Hause wegrennt.“
Diese Erklärung sagte mir, dass der Chef schon eine Reihe von Nachforschungen angestellt hatte.
„Haben die Jungs vom Police Departement schon irgendwelche Erkenntnisse gewonnen?“, fragte ich.
„Nein. Man hat eine Sonderkommission gebildet. Es gibt bisher aber nicht die geringste Spur.“
„Also ist möglicherweise in Profi am Werk“, warf Milo hin.
Der SAC nickte. „Derjenige, der gegebenenfalls dahinter steckt, arbeitet überregional“, meinte er. „Es kann sich um einen Serienmörder handeln. Es kann aber auch Menschenhandel im Spiel sein. Es gibt einige Möglichkeiten, wohin die Kinder verschwunden sein können. Wir werden uns darum kümmern müssen, Jesse, Milo.“
Ich gab ihm recht. Skrupellose Gangster konnten die Mädchen und Jungs irgendwo festhalten und zur Prostitution zwingen. Ich dachte an Kinderpornografie und an andere perverse Möglichkeiten, mit Kindern Geld zu verdienen.
In meinem Hals bildet sich ein Kloß beim Gedanken daran.
„Werden Sie Milo und mich mit dem Fall der verschwundenen Cindy Hansen betrauen, Sir?“, fragte ich mit belegter Stimme.
„Ja.“ Mr. McKee nickte mehrmals, um seine Bestätigung zu unterstreichen. „Finden Sie heraus, wo das Girl abgeblieben ist. Dann lösen sich wahrscheinlich die Fälle in den anderen Städten von selbst.“
„Wo setzen wir an?“, fragte Milo, als wir uns in unserem gemeinsamen Büro befanden.
„Bei Cindy Hansens Eltern und bei der Freundin. Und wir sollten keine unnötige Zeit verstreichen lassen.“
„Feierabend ade“, seufzte Milo ergeben.
Tom und Stella Hansen wohnten in einem Mehrfamiliengebäude in der 70th Straße im 4. Stock.
Sie baten uns einzutreten.
Die beiden Leute waren nervliche Wracks. Die Sorge um ihre Tochter Cindy zerfraß sie regelrecht.
Sie konnten uns allerdings nichts sagen, was wir nicht schon gewusst hätten. Dass Cindy ein braves Mädchen war, dass sie sich hinter ihren Büchern verkroch und dass sie lediglich Kontakt mit Ann Duncan unterhielt, einer Mitschülerin mit denselben Interessen.
Die Leute baten uns, als wir uns verabschiedeten, alles zu unternehmen, um etwas über das Schicksal Cindys herauszufinden.
Dies konnten wir guten Gewissens versprechen. Wir wollten alles Erdenkliche tun. Wie erfolgreich wir sein würden, das stand natürlich in den Sternen.
Wir fuhren in die 76th Straße. Ann Duncan wohnte nur einen Steinwurf vom Central Park entfernt. Auf meine Frage, wann Cindy bei ihr sein wollte, antwortete das hübsche Girl: „Um einundzwanzig Uhr. Als sie um einundzwanzig Uhr dreißig noch nicht eingetroffen war, rief ich bei Cindys Eltern an. Sie war rechtzeitig von zu Hause weggegangen. Ich – ich wusste gleich, dass etwas nicht stimmte. Großer Gott. Cindy wollte mir bei den Matheaufgaben helfen. Ich – ich …“
Anns Beherrschung brach. Das Girl fing an zu weinen. Seine Psyche versagte ganz einfach. Es schluchzte hemmungslos.
Milo sagte: „Du brauchst dir keinen Vorwurf zu machen, Kleine. Kein Mensch auf der Welt konnte ahnen, dass Cindy zwischen ihrer und deiner Wohnung spurlos verschwindet.“
Anns Mutter nahm ihre Tochter in die Arme.
Wir verließen die Wohnung. Ratlos hockten wir im Wagen. An uns floss der Verkehr vorbei. „Heute wird es wohl kaum noch viel Zweck haben, irgendetwas anzufangen“, maulte Milo. „Was hältst du davon, wenn wir ein paar Stunden schlafen?“
„Sehr viel.“
Ich startete den Motor, fuhr an und lenkte den Sportwagen den Central Park West hinunter. Stellenweise war der Central Park gut von den Laternen an den Straßen und Gehwegen ausgeleuchtet. Dann lag er wieder in Dunkelheit, die nur von den Lichtern New Yorks aufgeweicht wurde. Südlich der Strawberry Fields, jenseits des West Drives, erhob sich ein hoher Mast. Dicke Taue, die sich nach allen Seiten strafften, hielten ihn. Lastwagen und Wohnwagen zeichneten sich durch die Dunkelheit ab. In vielen der Wohnwagen brannte noch Licht.
„Der Zirkus“, murmelte Milo. „Werden wir die Zeit haben, die Freikarten zu nutzen?“
„Wir werden es sehen“, antwortete ich.
Ich fuhr Milo zu seiner Wohnung. Dann trug mich mein roter Flitzer nach Hause.
Ich schaltete den Fernseher ein und machte es mir auf der Couch bequem. Eine Viertelstunde etwa schaute ich gelangweilt zu, wie sich zwei Autos eine wilde Verfolgungsjagd lieferten, dann war es Zeit für die Nachrichten.
Die Nachrichtensprecherin berichtete auch vom Verschwinden Cindy Hansens. Ein Bild von dem Girl wurde eingeblendet. Es war ein hübsches, blondes Mädchen, das strahlend lächelte. Schließlich berichtete die Fernsehdame auch von den Fällen in Minneapolis, Milwaukee, St. Louis, Indianapolis, Cincinnati und Philadelphia. Sie fügte hinzu, dass die Polizeibehörden der verschiedenen Staaten und Städte eng zusammenarbeiteten, da man davon ausgehe, dass dem Verschwinden der Kinder Kapitalverbrechen zugrunde liegen und es sich in jedem der Fälle um ein und denselben Täter handelt.
Gedankenvoll ging ich schließlich ins Bett.
Tags darauf saßen wir Toby Fly im Vernehmungsraum gegenüber. Es war der Blondgefärbte. Ja, er hatte uns zumindest seinen Namen verraten. Eine junge Angestellte saß vor dem Computer, um seine Aussage zu tippen.
Auch der Name des anderen Burschen war bekannt. Er hieß Ronny Stiller.
Der Ford war auf Ronny Stiller zugelassen. Also brachte uns diese Erkenntnis nicht weiter. Die Hoffnung, über die Zulassungsnummer den Namen und die Anschrift eines weiteren der Burschen herauszufinden, war zerplatzt.
„Also, Toby“, begann ich. „Dann mal raus mit der Sprache: Wer waren die beiden anderen Burschen, die im Auto warteten.“
„Fix und Foxy, Bulle“, griente Fly. „Heh, das ist doch alles Bullshit! Wir wollten uns einen Spaß mit dem Alten erlauben. Na schön, vielleicht war er ein wenig derb, aber …“
„Jetzt weiß ich auch, weshalb sich mein Partner halbtot lachte, nachdem deine Kumpel ihn beinahe mit dem Ford niederwalzten und einer ihm heißes Blei schickte“, stieß Milo sarkastisch hervor. „Es war ein Spaß.“
Toby Fly hob die Brauen. Er schwieg.
„Arbeitet ihr auf eigene Rechnung, Spaßvogel, oder hat euch jemand zu Plummer geschickt?“ So begann ich wieder zu fragen.
„Dreimal darfst du raten, Bulle.“
Milo stieß wütend die Luft durch die Nase aus. Ich hörte es ganz deutlich.
„Nun, dann gehe ich mal davon aus, dass ihr für ein Syndikat arbeitet. Das wird auf jeden Fall strafmaßerschwerend sein. Es fällt nämlich unter die Kategorie Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung. – Wie heißt der Mann, von dem ihr die Aufträge bekommt? Habt ihr außer Joseph Plummer weitere Geschäftsleute erpresst?“
„Ich sage nichts – gar nichts. Ich habe keine Ahnung, wer dich vor dem Laden über den Haufen fahren wollte und auf dich geschossen hat. Wir wollten Plummer etwas erschrecken, weil er mir mal ein defektes CD-Laufwerk verkaufte und es nicht mehr zurücknehmen wollte. Das ist alles. Und jetzt will ich, dass man mir einen Anwalt stellt. Ich kann darauf bestehen.“
„Hast du denn überhaupt einen Computer?“, fuhr Milo den dreisten Burschen an.
„Nicht mal darüber gebe ich dir ohne anwaltschaftlichen Rat Auskunft, Bulle.“
„Du kriegst deinen Anwalt, Dumpfbacke“, nickte Milo. „Und wenn er sein Examen nicht gerade in der Lotterie gewonnen hat, wird er dir raten, den Mund aufzumachen, um das Beste für dich herauszuholen. Es fördert nämlich nicht gerade das Renommee eines Rechtsanwalts, wenn er einen Burschen zu vertreten hat, den am Ende die volle Härte des Gesetzes trifft. Du verstehst?“
„Wegen der Dumpfbacke werde ich mich beschweren“, maulte Fly.
„Es ist weit weniger aggressiv als Bulle, mein Junge“, versetzte Milo kalt.
„Rutsch mir den Buckel runter, Bulle!“, fauchte Toby Fly unbeeindruckt.
Bei diesem Burschen war Hopfen und Malz verloren.
Wir ließen ihn abführen.
Dann wurde Ronny Stiller in das Vernehmungszimmer dirigiert. Auch ihm stellte ich die Frage nach seinen Kumpels.
„Welchen Bonus kriege ich, wenn ich rede?“, kam sogleich die Gegenfrage.
„Nun, wir können mit der Staatsanwaltschaft darüber sprechen“, versetzte ich. „Da ist sicher was für dich drin, wenn du dich nicht gerade eines Kapitalverbrechens schuldig gemacht hast.“
Sein Blick wechselte unablässig zwischen mir und Milo. Schließlich nickte er. „In Ordnung. Es ist mir klar, dass ihr mir keine festen Zusagen machen könnt. Also, die beiden heißen Max Hollow und Jimmy Humphrey. Beide wohnen in Kips Bay. Hollow in der neunundzwanzigsten Straße, Humphrey in der siebenundzwanzigsten.“
„Für wen arbeitet ihr?“
„Das wissen wir selbst nicht. Jimmy steht mit dem Burschen in Verbindung. Er bekommt von ihm die Aufträge und das Geld, das Jimmy mit uns zu teilen hat.“
„Welche Läden habt ihr noch erpresst?“
„So ziemlich jeden in der Größenordnung von Plummers Laden zwischen Bleecker Street und Spring Street. Die meisten haben gezahlt. Der einzige, der es wagte, sich an die Polizei zu wenden, war Plummer.“
„Wart nur ihr vier am Werk, oder sind noch weitere Kerle wie du für den Burschen im Hintergrund tätig?“
Stiller zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Es interessierte mich auch nicht. Solange das Geld stimmte …“
Ich diktierte der Schreibkraft die Aussagen, und sie hämmerte fleißig in die Tastatur.
Dann wandte ich mich wieder an Stiller: „Okay, Mister. Nenn mir die Geschäfte, die ihr erpresst habt. Und sag mir die Hausnummern in der siebenundzwanzigsten und neunundzwanzigsten Straße, unter denen wir Hollow und Humphrey finden.“
Unruhig knetete Stiller seine Hände. „Könnte ich eine Zigarette haben?“
„Tut mir leid“, erwiderte ich. „Nichtraucher.“
Der junge Gangster seufzte. „Wenn Humphrey zu einem Mafioso Kontakt hat und es herauskommt, dass ich gesungen habe, muss ich um mein Leben fürchten. Haben Sie daran gedacht, Trevellian? Ich werde nicht mal im Knast meines Lebens sicher sein.“
„Wir werden deinen Namen nicht ins Spiel bringen.“
„Spätestens in der Gerichtsverhandlung kommt es ans Tageslicht. Und dann …“
„Die Justiz wird für deine Sicherheit sorgen. Also, welche Geschäfte wurden erpresst, und wo genau wohnen Hollow und Humphrey?“