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Dieser Band enthält folgende Krimis von Pete Hackett: Trevellian stand auf der Todesliste Trevellian und der Regisseur des Todes Nach einem Bauskandal wird die Frau des zuständigen Stadtverordneten entführt, zehn Millionen Dollar Lösegeld werden gezahlt. Doch dann wird der Stadtverordnete getötet, und wenig später auch die Frau. Das FBI rätselt, in welche Richtung jetzt ermittelt werden soll. Dann kommt der Zufall zu Hilfe, aber der Tod führt nun die Regie.
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Seitenzahl: 249
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Krimi Doppelband 166 - Zwei spannende Thriller in einem Band
Copyright
Trevellian stand auf der Abschussliste: Action Krimi
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Trevellian und der Regisseur des Todes
Dieser Band enthält folgende Krimis
von Pete Hackett:
Trevellian stand auf der Todesliste
Trevellian und der Regisseur des Todes
Nach einem Bauskandal wird die Frau des zuständigen Stadtverordneten entführt, zehn Millionen Dollar Lösegeld werden gezahlt. Doch dann wird der Stadtverordnete getötet, und wenig später auch die Frau. Das FBI rätselt, in welche Richtung jetzt ermittelt werden soll. Dann kommt der Zufall zu Hilfe, aber der Tod führt nun die Regie.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 109 Taschenbuchseiten.
Die 14-jährige Cindy Hanson ist vor einigen Tagen in New York auf offener Straße entführt worden und nun spurlos verschwunden. Die FBI-Agents Jesse Trevellian und Milo Tucker wissen, dass ein Kinderporno-Ring dahinter steckt. Als sie mit ihrer Ermittlung beginnen und sich ein weiterer Verdacht ergibt, werden sie von den Entführern gewarnt. Sollten sich die beiden weiter einmischen, wird Cindy es mit dem Leben bezahlen müssen ...
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Es galt, die 14-jährige Cindy Hanson zu retten. Sie war vor einigen Tagen in New York auf offener Straße entführt worden und spurlos verschwunden. Milo und ich wussten, dass ein Kinderporno-Ring dahinter steckte.
Den Boss des verbrecherischen Syndikats und seine Komplizin hatten wir verhaftet. Sein Name war Nigel O'Bannion, und er war Direktor des Zirkus Morinetti. Immer dort, wo er mit dem Zirkus gastierte, waren Kinder verschwunden.
Jetzt waren wir auf dem Weg zu Steven Caldridge, den Mann, der für den Kinderporno-Ring in New York agierte. In seinen Händen war Cindy gelandet. Das wussten wir von Gina Anderson, der Geliebten O'Bannions. Wir hatten keine Ahnung, dass wir noch einmal durch die Hölle gehen mussten ...
Und dabei dachten Milo und ich, dass wir nur nach Clinton, 56th Straße, zu fahren und Caldridge zu erklären brauchten, dass er verhaftet sei. Der Rest, also Cindy herauszuholen und zu ihren Eltern zurückzubringen, sollte sozusagen der krönende Abschluss unseres Schlages gegen die schäbigen Gangster sein, die auf die niederträchtigste und verwerflichste Art ihre Brieftaschen und Geldbörsen füllten.
Es waren Kinderschänder!
Ich steuerte also den Wagen durch das Verkehrsgewühl Manhattans. Wir kamen aus dem Untersuchungsgefängnis. Nachdem Gina Anderson uns den Namen des Mannes nannte, bei dem wir Cindy finden würden, hatten wir uns geschworen, dass er den Abend nicht mehr in Freiheit erleben sollte.
Steven Caldridge bewohnte in der 56th Straße ein teures Appartement im 12. Stock.
Ich fand einen Parkplatz, quetschte den Sportwagen hinein, dann betraten wir das Gebäude. Mit dem Aufzug fuhren wir nach oben.
12. Etage. Die Aufzugtür ging fast lautlos auf.
Wir standen im Treppenhaus, orientierten uns und gingen den Flur nach rechts entlang. Am Ende dieses Korridors hatten wir durch ein großes Fenster den Blick auf den Central Park Süd frei. Ich konnte das Zelt des Zirkus Morinetti sehen, das südlich der Strawberry Fields errichtet worden war.
Mit diesem Zirkus war das Schicksal einer Reihe von Kindern verbunden.
In dem Flur, den wir ausgewählt hatten, lag das Appartement Steven Caldridge' nicht. Also ging wir am Aufzug vorbei in die andere Richtung.
Dann standen wir vor Appartement 1207. Ein Türschild aus Messing verriet, dass hier Steven und Sandra Caldridge wohnten. Der miese Schuft war also verheiratet.
Ich läutete.
In der Wohnung blieb es still.
Noch einmal legte ich den Finger auf den Klingelknopf. Ein weiches Dingdong klang durch die Tür. Das war aber auch alles, was an Geräuschen aus der Wohnung drang.
Der Vogel hatte Lunte gerochen und war ausgeflogen.
"Gehen wir hinein!", stieß Milo zwischen den Zähnen hervor.
Die Tür zu öffnen war ein Kinderspiel. Wir durchsuchten das Appartement. Es war eine Wohnung wie tausend andere auch. Hier wies nichts darauf hin, dass der Besitzer sein Geld mit Kinderpornografie verdiente. Es gab zwar eine Menge Videokassetten in einem Regal aus Chrom und Glas im Livingroom, aber das waren Spielfilme. Zumindest die Etiketten auf den Kassetten ließen diesen Schluss zu.
"Der Mistkerl hat sofort das Weite gesucht, als er erfuhr, dass wir seinen Chef oder Komplizen O'Bannion hops genommen haben", knirschte Milo und schaltete den Computer ein, der auf einem Tisch an der Wand im Livingroom stand.
Das Terminal fuhr hoch, und wir schauten uns die Dateien an. Wir warfen auch einen Blick in das elektronische Postfach. Auf den ersten Blick war es leer. Milo klickte auf 'Abholen'. Der Server wurde angewählt. Dann zeigte uns das Gerät an, dass eine E-Mail auf dem Server zur Abholung bereit lag. Wenig später konnten wir die Nachricht lesen. Absender war ein gewisser Jeff Sherman. Der Text lautete:
'Lass uns wissen, wo Du untertauchst! Die große Sache liegt zunächst auf Eis. Aber der Kampf wird weitergehen. Wir zeigen es ihnen im Sinne unserer geistigen Väter und Führer – O.b.L und S.H."
Darunter stand: Kampfgruppe 11. September.
Zuerst mal schauten wir uns verdutzt an, mein Kollege Milo und ich. Dann begann es in meinen Gehirnwindungen zu rattern, und schließlich stieß ich hervor: "Das klingt ziemlich rechtsextremistisch. Der Kampf wird weitergehen! – Welcher Kampf? Wir zeigen es ihnen! – Wem wollen sie es zeigen?"
"Kampfgruppe 11. September", murmelte Milo. Seine Stimme hob sich. "Die Abkürzungen stehen für Osama bin Laden und wahrscheinlich Saddam Hussein. Das sagt doch eine Menge. Bei Gott, Steven Caldridge ist nicht nur auf dem Gebiet der Kinderpornografie aktiv, er gehört auch einer rechtsradikalen Vereinigung an."
"Wir werden uns den Absender der Mail vorknöpfen, Milo. – Jeff Sherman. Es wird nicht schwer sein, anhand seiner E-Mail-Adresse seine Wohnanschrift herauszufinden."
Ich holte mein Handy aus der Jacke und rief Mr. McKee, den Chef des FBI New York, an. Er meldete sich, ich sagte: "Wir sind in der Wohnung Steven Caldridge, Sir. Der Bursche hat sich offensichtlich samt seiner besseren Hälfte abgesetzt. In der Wohnung deutet nichts auf seine widerliche Tätigkeit hin. Allerdings sind wir auf eine recht seltsame E-Mail gestoßen. Er hat sie nicht mehr vom Server geholt. Wahrscheinlich war er schon über alle Berge, als sie versandt wurde." Ich las dem Chef die Nachricht vor.
"Das lässt einiges vermuten, Jesse", gab der SAC zu verstehen. "Von dieser Kampfgruppe höre ich zum ersten Mal. Aber es sieht ganz so aus, als hätten sich einige Sympathisanten der Al Qaida oder einer anderen ausländischen Terrororganisation zu dieser Kampfgruppe zusammengeschlossen. Der Name, den sich die Gruppe verpasst hat, lässt tief blicken."
"Und Steven Caldridge gehört dazu."
"Und wie es aussieht, ist er sogar einer der führenden Köpfe." Der Chef schwieg kurze Zeit. Dann kam wieder seine Stimme durch den Äther: "Möglicherweise ist Caldridge bei einem Gesinnungsgenossen untergetaucht."
"Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass er New York verlassen hat", wandte ich ein. "Der Text der Mail lässt diesen Schluss zu. Zumindest dieser Sherman scheint nicht zu wissen, wohin Caldridge sich abgesetzt hat."
"Haben wir Bilder von Caldridge und seiner Frau, Jesse?"
"In der Wohnung wird sich gewiss etwas Brauchbares finden, Sir. Bevor wir hier aber allzu viel durcheinanderbringen, sollte die Spurensicherung sich damit beschäftigen."
"Ich werde die Kollegen von der Scientific Research Division verständigen, Jesse. Sie werden die Wohnung auf den Kopf stellen. Was werden Sie und Milo jetzt tun?"
"Wir werden die Nachbarn befragen. Mal sehen, was sie uns über den feinen Mr. Caldridge zu berichten haben."
"Gut. Ich werde jedenfalls die Fahndung nach Caldridge und seiner Frau in die Wege leiten. Sobald ihr Bilder von ihnen in Händen habt, werden wir die Sache forcieren. – Wie lautet die E-Mail-Adresse dieses Sherman?" Ich gab sie Mr. McKee durch. "Okay, Jesse. Ich werde herausfinden, wo der Bursche wohnt. Wenn Sie und Milo ins Building zurückkehren, melden Sie sich bei mir."
"Ist in Ordnung, Sir."
Ich beendete das Gespräch. Wir verließen das Appartement und läuteten an der gegenüberliegenden Wohnungstür.
"Caldridge", sagte die junge, hübsche Frau, die geöffnet hatte, und nickte. "Ja, Steven und Sandra Caldridge wohnen nebenan. Aber der einzige Kontakt zwischen ihnen und uns beschränkte sich darauf, dass wir uns grüßten, wenn wir uns zufällig im Flur oder beim Aufzug begegneten."
Die Lady war ungefähr Mitte 20. Dunkle, lange Haare rahmten ein schmales, gleichmäßiges Gesicht ein. Wir hatten uns ihr als FBI-Agenten vorgestellt, ich hatte ihr meine ID-Card gezeigt. Einen Augenblick glaubte ich in der Tiefe ihrer braunen Augen heißes Erschrecken wahrzunehmen. Aber ich konnte mich auch getäuscht haben. Das Flackern in ihrem Blick konnte auch aus der Überraschung geboren sein, die das unvermutete Auftauchen zweier Special Agents bei den meisten Leuten auslöste.
"Geht Caldridge irgendeiner Arbeit nach?", wollte ich wissen.
"Ich weiß es nicht genau. Aber er hat fast täglich gegen neun Uhr seine Wohnung verlassen und ist zu unterschiedlichen Zeiten am Nachmittag zurückgekehrt. Ich denke schon, dass er einen Job ausübt. Irgendwie muss er ja sein Geld verdienen."
Ja!, durchfuhr es mich. Er verdient es im widerlichsten und abscheulichsten Geschäft der Welt.
"Und seine Frau?", fragte Milo.
"Sie ist meistens zu Hause. Ich denke nicht, dass sie arbeitet. Aber ich will mich da nicht festlegen."
"Hatten die beiden hin und wieder mal Besuch?"
"Kann ich Ihnen nicht sagen. In diesem Haus kümmert sich keiner um den anderen."
"Wann haben Sie Steven oder Sandra Caldridge zum letzten Mal gesehen?"
"Sie haben gestern Nachmittag gemeinsam die Wohnung verlassen. Er trug zwei Koffer, sie eine Reisetasche. Sie begegneten mir, als ich aus dem Supermarkt kam, in der Eingangshalle beim Aufzug. Ich denke, dass sie verreist sind."
"Ja", murmelte ich bitter. "Das wird wohl so sein."
"Weshalb fragen Sie?" Die junge Frau musterte uns neugierig. "Was haben Caldridge und seine Frau mit dem FBI zu tun?"
Milo sagte, ohne auf ihre Frage einzugehen: "Sie haben uns sehr geholfen, Ma'am. Vielen Dank."
Aber sie ließ nicht locker.
"Haben die Caldridge' etwa etwas ausgefressen?"
Auch ich ignorierte ihre Frage und gab zu verstehen: "Würden Sie uns verständigen, wenn sie bemerken sollten, dass sich in der nächsten Zeit jemand in der Wohnung aufhält?"
"Gewiss. Aber dazu brauche ich Ihre Telefonnummer und Ihren Namen."
Ich gab ihr eine Visitenkarte.
"Vielen Dank", sagte ich. "Ach ja", fügte ich dann noch hinzu. "Sagen Sie uns noch Ihren Namen, Ma'am?"
"Ann Snyder." Sie lächelte mich an.
Ein unergründliches Lächeln, wie ich fand. In ihren Wangen bildeten sich kleine Grübchen. Sie war in der Tat ausgesprochen hübsch.
Ich war überzeugt davon, mich anfangs, nachdem wir uns ihr vorstellten, geirrt zu haben. Es war kein erschrecktes Flackern in ihren Augen gewesen, sondern ein überraschtes.
Wir kehrten in die Wohnung des Pornogangsters zurück, um auf die Kollegen vom Zentralen Erkennungsdienst zu warten.
"Hübsch, die Kleine", meinte Milo.
"Sie trägt einen Ehering, Milo. Du kommst wie fast immer zu spät."
"Dass sie verheiratet ist, mag vielleicht ein Argument sein, aber gewiss doch kein Hinderungsgrund." Milo grinste lausbübisch.
"Versautes Gedankengut, dem du wieder mal erliegst, Agent Tucker."
"Lass mir wenigstens den Gedanken daran, dass es außer dem Dienst noch ein paar Dinge im Leben gibt, die es erst lebenswert machen. Sonst gerät es völlig in Vergessenheit. Und dazu fühle ich mich noch nicht alt genug."
"Im Moment jedoch sollten wir uns auf das Wesentliche konzentrieren", griente ich ihn an.
Milo seufzte ergeben.
Es wurde schon dunkel, als wir im Field Office an der Federal Plaza ankamen. Milo und ich fuhren mit dem Aufzug von der Tiefgarage hinauf, und ohne unser Büro aufzusuchen, begaben wir uns sofort zu Mr. McKee. Mandy war noch da. Sie meldete uns an und der Chef hieß uns einzutreten. Er forderte uns auf, Platz zu nehmen, dann musterte er uns erwartungsvoll.
Ich griff in die Innentasche meiner Jacke und holte zwei Fotos heraus.
"Steven und Sandra Caldridge", erklärte ich und hielt die Bilder hoch. "Die Nachbarin der beiden gab uns, als wir ihr die Bilder zeigten, zu verstehen, dass es ausgesprochen identische Aufnahmen sind."
Ich reichte die Bilder Mr. McKee. Er warf aus der Nähe einen schnellen Blick darauf.
"Sehr gut. Jetzt können wir die Fahndung rausgeben. Sonst irgendwelche Erkenntnisse in der Wohnung?"
"Eine Reihe von Fingerabdrücken", antwortete Milo. "Sie müssen erst ausgewertet werden. Ansonsten Fehlanzeige. Nicht der geringste Hinweis auf das schmutzige Gewerbe dieses Burschen."
"Sie sollten diesen O'Bannion noch einmal in die Mangel nehmen, Jesse, Milo", meinte der SAC.
"Er hat jeweils eine Kugel in der Schulter und in der Hüfte, Sir, und liegt im Gefängnishospital", sagte ich. "Aber sicher. Reden kann er. Wir werden ihn morgen früh einvernehmen. Vielleicht bekommen wir von ihm einen Hinweis, wo Caldridge in New York die dreckigen Videos produzierte."
Da dudelte das Telefon des Chefs. Er griff nach dem Hörer und meldete sich. Es war Mandy. Da der Lautsprecher eingeschaltet war, konnte ich hören, was sie sprach. Sie sagte: "Ein anonymer Anrufer, Sir. Er will partout seinen Namen nicht nennen. Aber er will Sie unbedingt sprechen. Es sei sehr wichtig, meint er."
"Danke, Mandy. Stellen Sie durch!"
Der Chef nannte kurz darauf noch einmal seinen Namen.
Eine verzerrte Stimme erklang: "Okay, McKee. Ich will nicht lange drum herum reden. Wir haben die kleine Cindy. Noch erfreut sie sich bester Gesundheit ..."
Ich war wie elektrisiert. Es riss mich regelrecht von meinem Stuhl in die Höhe. Milo blieb zwar sitzen, aber ich konnte sehen, wie sein Oberkörper versteifte und jähe Anspannung jeden seiner Züge prägte.
"Das wird sich aber sehr schnell ändern, wenn Ihre beiden Schnüffler weiterhin ihre Nasen in Dinge stecken, die sie einen Dreck angehen."
"Sind Sie es, Caldridge?", entfuhr es Mr. McKee.
"Wenn Sie mich schon so direkt fragen, McKee – ja, ich bin es, Steven Caldridge. Ich weiß, dass heute meine Wohnung auf den Kopf gestellt wurde. Sicher ist die Fahndung nach mir bereits in die Wege geleitet. Halten Sie sich zurück, McKee! Stoppen Sie die Fahndung! Und pfeifen Sie ihre beiden Schnüffler zurück! Oder möchten Sie, dass wir die kleine Cindy mit durchschnittener Kehle vor die Tür des Federal Building legen?"
Das Gesicht des Chefs versteinerte. In seine feinlinigen, aristokratischen Züge hatte sich eine Härte geschlichen, wie ich sie vorher noch selten bei ihm gesehen hatte. Seine Augen schienen vereist zu sein. Er stieß hervor: "Ich warne Sie, Caldridge. Wenn Sie der Kleinen auch nur ein Haar krümmen, werden Sie keine ruhige Minute mehr haben, bis sie für den Rest Ihres Lebens hinter Schloss und Riegel sitzen."
"Mit Drohungen können Sie mich nicht beeindrucken, McKee. Sie wissen jetzt, was ich fordere. Stellen Sie die Fahndung ein und halten Sie ihre Schnüffelhunde an der Leine! Sonst garantiere ich für nichts."
"Sie verschlimmern Ihre Situation nur noch, Cal..."
Mr. McKee verstummte. Caldridge hatte aufgelegt. Gedankenvoll hielt der Chef noch kurze Zeit den Hörer in der Hand, dann legte er ihn auf den Apparat. Die Härte in seiner Miene löste sich. Die Kälte in seinen Augen machte einem sorgenvollen Ausdruck Platz. "Caldridge ist unverfrorener und kaltschnäuziger als selten jemand vor ihm", murmelte er. "Ich traue ihm zu, dass er sein Versprechen wahr macht. Jesse, Milo, Sie werden sich zurückhalten. Wir dürfen Cindy Hansons Leben unter keinen Umständen gefährden."
"Wir können doch nicht einfach ..." Ich griff mir an den Kopf und ließ mich wieder auf den Stuhl fallen. Es überstieg mein Begriffsvermögen. "Sollen wir tatsächlich stillhalten und zusehen, wie dieser Verbrecher seine Perversitäten weiterhin praktiziert?"
"Nein." Mr. McKee schüttelte den Kopf. "Sie warten zunächst mal die Ergebnisse ab, die die erkennungsdienstlichen Auswertungen ergeben. Und dann werden Sie beide Ihre Ermittlungen aufnehmen. Allerdings mit der gebotenen Vorsicht. Ich denke nämlich, dass Caldridge Sie beobachten lässt."
"Und Cindy Hanson wird in der Zwischenzeit die Hölle durchschreiten", presste Milo zwischen den Zähnen hervor. "Denn Caldridge lässt das schmutzige und perverse Geschäft sicher nicht ruhen. Außerdem ist nicht sicher, ob unsere verdeckten Ermittlungen zum Erfolg führen. Was dann, Sir?"
"Es ist unsere einzige Chance, wenn wir das Leben des Mädchens nicht auf's Spiel setzen wollen. Also tun Sie alles, um – ohne großes Aufsehen zu erregen - die Spur Caldridge' aufzunehmen. Ich weiß, dass der Fall bei Ihnen in den besten Händen ist, G-men. Sie schaffen es, das Mädchen zu retten. Wenn überhaupt jemand, dann Sie beide."
Die Eindringlichkeit seiner Worte, der Ernst, mit dem er sie sprach, der Versuch, seiner Stimme Festigkeit zu verleihen – das alles verriet, dass er voll Sorge und nagender Zweifel war. Er versuchte, uns zu motivieren. Es gelang ihm auch immer wieder. Bisher ...
In diesem Fall aber waren uns Grenzen gesetzt. Ein junges, hoffnungsvolles Leben stand auf des Messers Schneide. Dennoch wollten wir alles tun, um Cindy Hanson aus der Gewalt des Verbrechers zu befreien.
"Vielleicht sollten wir uns etwas mit diesem Jeff Sheridan befassen", schlug Milo vor.
"Ich habe Erkundigungen eingezogen", erklärte der SAC. "Sheridan ist kein unbeschriebenes Blatt. Er gehörte vor einigen Jahren mal einer Motorradgang an, die rechtsextremistischer Aktivitäten verdächtigt wurde. Die Ermittlungen ergaben nichts Konkretes, so dass sie eingestellt wurden. Sheridan wohnt in Brooklyn, genauer gesagt in der Hegeman Avenue No. 305."
Milo zauberte einen Taschenkalender aus seiner Jacke und notierte den Namen und die Adresse.
Während des folgenden Vormittags klopften wir bei Jeff Sheridan an die Tür.
Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht den Hauch einer Ahnung, was wir heraufbeschworen.
Es war ein Einfamilienhaus, in dem Sheridan lebte, und es war ziemlich heruntergekommen. Ein Schandfleck zwischen den anderen Häusern, die irgendwann renoviert worden waren und einen sauberen, ordentlichen Eindruck vermittelten. Die Jalousien hingen schief in den Führungen. Die Lamellen waren größtenteils verbogen. Die Fensterscheiben starrten vor Schmutz. Von den Wänden fiel großflächig der Verputz ab. Die Holzverkleidungen an den Giebeln waren total vergammelt und zeigten Fäulnisspuren. Die Haustür war verwittert und verkratzt. Die schmale Milchglasscheibe, die in sie eingesetzt war, wies in der oberen rechten Ecke ein faustgroßes Loch auf, von dem aus ein Sprung schräg nach unten lief.
Wir waren auf den Besitzer gespannt.
Es dauerte eine ganze Weile, dann wurde ein Erkerfenster hochgeschoben. Ich trat zurück und sah ein aufgedunsenes, verlebtes Gesicht, das von einer Flut strähniger, langer Haare eingerahmt war. Meine Erwartung, gemessen am Zustand des Hauses, wurde nicht enttäuscht.
"Was is'n los, verdammt?", erschallte es heiser. "Um diese Zeit einen derartigen Lärm ..."
"FBI!", rief ich und unterbrach ihn damit. "Sind Sie Jeff Sheridan?"
"Ja, verdammt! - FBI? Ich glaub, ich hör nicht richtig. Was wollt ihr denn von mir?"
"Wir möchten gerne einige Worte mit Ihnen wechseln, Sheridan. Also, lassen Sie uns rein!"
"Kommt wieder, wenn ich ausgeschlafen bin!" Sheridan blaffte es und ließ das Fenster nach unten knallen.
Ich schaute mich um. Hier und dort waren Passanten auf den Gehsteigen stehengeblieben. Auch an verschiedenen Fenstern der Nachbarhäuser sah ich Leute.
"Wir kriegen ihn schon wach", knurrte Milo und hämmerte mit der Faust einige Male gegen die Haustür.
Einige Zeit tat sich gar nichts. Milo schlug wieder gegen die Haustür. Dumpf hallten die Schläge nach innen. Ich sah durch die schmutzige Scheibe Sheridan. Das Fenster flog hoch.
"Haut ab, ihr elenden Schnüffler!", brüllte er, bückte sich und ...
"Achtung!", entfuhr es mir, und ich stieß mich ab. Mit einem kraftvollen Sprung rettete ich mich vor der kalten Dusche, die sich aus dem Fenster ergoss.
Sheridan hatte einen Eimer in den Händen, und dessen Inhalt klatschte nun dort, wo ich gestanden hatte, auf die Erde. Das Wasser spritzte nach allen Seiten, und ich bekam trotz meines verzweifelten Sprungs noch einiges ab.
Grimmig starrte Sheridan sekundenlang auf mich herunter. Milo konnte er nicht sehen, denn er stand vor der Haustür im toten Winkel zu dem Erkerfenster.
"Sie wollen es nicht anders, Sheridan", stieß ich hervor. "Wir kommen jetzt zu Ihnen. Milo ..."
Mein Freund und Partner nahm die SIG aus dem Futteral und schlug die Scheibe in der Haustür gänzlich ein. Es klirrte. Dann griff Milo durch die entstandene Öffnung.
Sheridan verschwand vom Fenster. Die Haustür schwang nach innen auf. Milo schob sich in den Flur. Ich folgte ihm. Übler, abgestandener Geruch stieg mir in die Nase. Schritte trampelten die Treppe herunter. Und dann sprang Jeff Sheridan in den Korridor. Er war nur mit einer zerschlissenen Pyjamahose bekleidet. Sein Oberkörper und seine Arme waren voller Tätowierungen. Dieser Bursche wog gut und gerne 250 Pfund. Sein mächtiger Leib hing über den Bund der Schlafanzughose. Seine Brüste wackelten. Er war fett und unförmig – aufgeschwemmt vom Alkohol. Die dunklen, gelockten Haare hingen ihm über die Schultern. Sie waren fettig. Er war unrasiert. Alles in allem eine widerliche Erscheinung.
"Seid ihr übergeschnappt!", blaffte er. "Ihr könnt doch hier nicht einfach ..."
"Doch, wir können." Milo fuhr ihm schroff in die Parade und holsterte die SIG.
"Zum Satan mit euch!", grunzte Sheridan, ein unruhiges Flackern in den Augen, jähe Rastlosigkeit in den verwüsteten Zügen. "Was liegt vor?"
"Gegen Sie liegen einige anonyme Anzeigen vor, Sheridan", log ich, denn ich wollte auf keinen Fall eine Verbindung zu Steven Caldridge herstellen. Und so konstruierte ich auch sogleich einen Grund, der unseren Einsatz hier rechtfertigte: "Es geht um Rauschgiftkonsum, vielleicht sogar Rauschgifthandel. Dinge, die die Bundespolizei interessieren. Wir werden uns jetzt mal in ihrer Behausung umsehen. Und Sie werden sich friedlich verhalten."
Er starrte uns aus unterlaufenen Augen an. Sein Zahnschmelz knirschte. Dann grollte er: "Das habe ich wieder einmal den etablierten Schweinen in meiner Nachbarschaft zu verdanken, nicht wahr? Für diese Spießbürger ist jeder, der lange Haare und Lederklamotten trägt, ein Giftler. Na schön. Seht euch um! Ihr werdet nichts finden, um mir was am Zeug zu flicken."
Er ging zu einer Tür, öffnete sie und betrat den dahinter liegenden Raum. Als ich einen Blick hinein warf, sah ich, dass es die Küche war, in die er gegangen war. Er öffnete den Kühlschrank und angelte sich eine Dose Bier heraus. Es zischte, als er den Verschluss aufbrach. Dann trank er in durstigen Zügen.
Milo und ich machten uns an die Arbeit. Mein Freund begann im Keller, ich auf dem Speicher. Während ich mich von oben nach unten durch das Chaos, das sich mir bot, kämpfte, kam Milo von unten nach oben.
Natürlich suchten wir nicht nach Rauschgift. Wir suchten nach Beweisen für eine rechtsextremistische Betätigung. Und wir suchten nach Hinweisen auf Steven Caldridge und andere Angehörige der 'Kampfgruppe 11. September'.
Wir fanden nichts. Und so trafen wir uns bei Sheridan in der Küche.
Er hockte auf einem Stuhl, hatte die Füße auf dem Tisch liegen und trank gerade die zweite Dose Bier leer. Auf dem Tisch lag ein Handy. Es war eingeschaltet.
"Na", empfing er uns und grinste hämisch.
"Sie sollten mal die städtische Müllversorgung konsultieren, Sheridan", gab Milo zu verstehen. "Das meiste von dem Zeug, das Sie in Ihrem Haus herumstehen haben, ist gerade noch gut für den Verbrennungsofen."
"Dir muss es ja nicht bei mir gefallen, Bulle", griente Sheridan und fuhr sich mit den gespreizten Fingern der Linken durch die speckigen Haare. "Ich halte euch beide auch nicht auf. Eure Sorte sehe ich nämlich lieber von hinten als von vorne." Er wies mit dem Kinn zur Tür. "Dort hat der Zimmermann das Loch gelassen."
"Wir vermissen einen Computer in Ihrem Haus, Sheridan", sagte ich und stemmte mich mit beiden Armen auf den Tisch, an dem er saß.
"Klar vermisst ihr den", grinste er mich an. "Ich hab nämlich keinen."
Milo und ich wechselten einen fragenden und zugleich ratlosen Blick. Wenn er keinen Computer besaß, wieso hatte er dann eine E-Mail-Adresse? Und letztendlich hatte er auch an Caldridge eine Mail versandt.
"Haben Sie telefoniert?", fragte ich und wies mit dem Kinn auf das Handy.
"Was geht dich das an?"
Ich griff nach dem Handy. Ehe ich es aber vom Tisch nehmen konnte, legte sich seine Pranke drauf.
"Finger weg, Bulle!" Er stieß es mit einer nicht zu überhörenden Drohung im Tonfall hervor.
"Du scheinst noch immer nicht so recht begriffen zu haben, mein Freund", kam es fast sanft von Milo. "Dir wirst einiger Machenschaften verdächtigt, die wir nicht gerne sehen in unserem Land."
"Das ist alles Unsinn!", schnappte Sheridan. "Ich hab mit Rauschgift nichts am Hut. Diese Verdächtigungen sind auf dem Mist der Pisser gewachsen, die in meiner Nachbarschaft wohnen. Okay, wir feiern hier hin und wieder ein Fest, dass sich die Balken biegen. Wir saufen und huren. Aber das ist kein Grund, mir den FBI auf den Hals zu schicken."
"Wo Rauch ist, ist auch Feuer", rezitierte ich. "Und nun nimm die Wurstfinger vom Handy. Sonst gibt's eins drauf."
Weder Milo noch ich bemühten uns noch, höflich zu diesem Walross zu sein.
Er zog seine Hand zurück und fixierte mich gehässig.
Ich drückte die Wahlwiederholungstaste. Das Freizeichen erklang, dann sagte eine wütende Stimme: "Was willst du noch, Jeff? Wir werden den beiden Bullen nicht den Arsch aufreißen, wie du es gerne möchtest. Und du hältst die Klappe. Keine beschissenen Parolen ihnen gegenüber. Wir dürfen auf keinen Fall ihre Aufmerksamkeit erregen, sonst ist die ganze Sache gefährdet. Verstanden?"
Ich konnte den anderen in die Muschel atmen hören.
"Verstanden", murmelte ich.
"Wir ..." Plötzlich stutzte mein Gesprächspartner. Dann stieß er hervor: "Jeff, heh, Jeff! Jeff, bis du das? – O verdammt!"
Die Leitung war im nächsten Moment tot. Der Bursche schien geschnallt zu haben, dass es nicht Jeff war, der seine Nummer noch einmal angewählt hatte.
Ich wog das Handy in der Hand und heftete meinen Blick auf Jeff Sheridans verwüstetes Gesicht.
"Interessant, Jeff. Du hast deine Kumpels also informiert, dass wir bei dir sind, und sie bei dieser Gelegenheit gleich gebeten, uns die Flügel zu stutzen. Von welche Sache sprach dein Kumpel? Raus mit der Sprache!"
Seine Lider zuckten. Seine Zähne mahlten.
"Find es selbst heraus, Bulle!", knirschte er schließlich. "Von mir erfährst du gar nichts."
"Wir nehmen dich einfach mit, Sheridan", erklärte Milo. "Ich denke nicht, dass du unseren Vernehmungsspezialisten lange standhältst. Die kochen dich weich. Und du wirst am Ende ein nervliches Wrack sein."
"Zieh dir was an", setzte ich hinzu. "Vorwärts!"
Floyd Sawyer starrte auf das Handy in seiner Hand. Der Bursche wusste, dass er soeben einen der Agenten am Apparat hatte, die sich in Jeff Sheridans Haus befanden. Er knirschte eine Verwünschung. Was er von sich gegeben hatte, musste die Polizei stutzig machen.
"Sie werden Jeff in die Mangel nehmen", flüsterte er für sich. "Und der verdammte Säufer wird irgendwann umfallen ..."
Er holte ein Blatt Papier aus einer Schublade. Darauf waren einige Telefonnummern vermerkt. Er tippte die erste Nummer, und als sich jemand meldete, stieß er hervor: "Zwei FBI-Schnüffler sind bei Jeff im Haus. Wir treffen uns in einer Viertelstunde vor der Zentrale - bewaffnet. Sag Bill und Dave Bescheid! Ich mobilisiere Lane und Rice."
Er führte noch zwei Gespräche. Kurz und prägnant gab er seine Anweisungen. Dann schlüpfte er in seine schwarze Lederjacke, stülpte sich den Helm über den Kopf und verließ das Haus durch den Hinterausgang. Im Hof schwang er sich auf seine schwere Honda. Der Motor sprang an. Floyd Sawyer ließ die Maschine aus der Hofeinfahrt rollen, bog in die Straße ein und gab Gas ...
Als Jeff Sheridan die Beine vom Tisch nahm und sich hochstemmte, spürte ich fast körperlich die Gefahr, die plötzlich von ihm ausging. Etwas in mir straffte sich, ich wollte einen Schritt zurücktreten, aber da warf sich der Bulle schon auf mich.
Er verfügte über die Kraft eines Ochsen. Ehe ich mich versah, flog ich schon gegen Milo. Ich hörte den überraschten Ton, der über die Lippen meines Kollegen brach, dann gingen wir zu Boden.
Wie ein geölter Blitz verschwand Sheridan im Flur. Die Tür flog zu. Wir kamen hoch. Milo riss die Tür auf. Wir drängten in den Flur. Soeben verschwand Sheridan um die Ecke, hinter der die Kellertür war. Er floh in den Keller.
Milo kam vor mir bei der Kellertür an. Das Licht brannte. Ich zerrte Milo zurück. Unten quietschte etwas ...
Ich zog die SIG. Ich konnte mich plötzlich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sheridan im Keller eine Waffe versteckt hatte, und zwar an einem Ort, wo Milo bei unserem 'Schnelldurchlauf' sicher nicht nachgesehen hatte. Nämlich im Kamin. Das rostige Quietschen brachte mich auf diese Idee. Fast alle Kamintüren ließen dieses Geräusch vernehmen, wenn sie geöffnet wurden.
Milo stand links von der Kellertür in der Ecke. Er schien eine ähnliche Eingebung zu haben wie ich, denn nun griff auch er nach seiner Pistole. Unsere vielsagenden Blicke trafen sich. Ich nickte. Ich stand im Flur.
"Du kommst nicht weg, Sheridan", rief ich. "Komm mit erhobenen Händen herauf! Solltest du eine Waffe haben, dann lass sie besser unten!"
Sein höhnisches Lachen trieb zu uns herauf.
"Holt mich doch, ihr Bullenschweine. Kommt nur! Ja, ich habe eine Waffe. Ihr Dummköpfe habt sie nicht gefunden. Also, holt mich, damit ich euch voll Blei pumpen kann!"
"Wir können ein ganzes Polizeiaufgebot auffahren und das Haus umstellen lassen, Sheridan", kam es laut von Milo. "Willst du alle Polizisten erschießen?"
Unten raschelte etwas.
"Da ist ein Schrank voll alter Klamotten", raunte Milo mir zu. "Wahrscheinlich zieht er sich an."
"Ich gehe hinunter", murmelte ich und schob mich um die Ecke.
"Ich sichere deinen Abgang", knurrte Milo leise. "Mach dich dünn, damit ich was sehen und notfalls an dir vorbeischießen kann."
Die P226 im Anschlag betrat ich die oberste Stufe. Die Treppe war ziemlich schmal. Aus irgendeinem der Kellerräume sickerte noch immer das Rascheln und Schaben an mein Gehör.
Stufe um Stufe schlich ich mich nach unten.
Als tackende Schritte erklangen, hielt ich an und staute den Atem. Der Bursche trug jetzt Schuhe oder Stiefel. Milo hatte sich nicht geirrt. Er hatte sich aus dem Schrank mit den Altkleidern bedient.
Die Schritte entfernten sich von der Treppe. Mit zwei Sätzen war ich unten. Sheridan öffnete gerade die Tür zum hintersten Kellerraum auf der rechten Flurseite.
Er wirbelte herum. In seiner rechten Faust lag eine Beretta. Er schlug sie auf mich an und drückte sofort ab. Ich sprang fast durch die Wand auf der der Treppe gegenüberliegenden Seite. Ich klebte regelrecht daran. Der Schuss verfehlte mich nur ganz knapp. Die Detonation schien das Haus in seinen Fundamenten zu erschüttern. Der Schussdonner staute sich zwischen den Wänden und drohte mir die Trommelfelle zu zerreißen.
Sheridan verschwand in dem Raum im selben Moment, als meine SIG aufbrüllte. Die Kugel meißelte ein faustgroßes Loch in die Stirnwand. Mauerwerk spritzte, Kalkstaub schwebte nieder.
Milo huschte die Treppe herunter und spähte um die Ecke, die SIG in Gesichtshöhe erhoben, die Mündung zur Decke gerichtet. Ich war schon bei der nächsten Tür, stieß sie auf und war in Deckung.
Mit einem Handzeichen gab ich Milo zu verstehen, dass ich in Ordnung war. Ich hörte regelrecht den Stein von seinem Herzen plumpsen.
Ich äugte um die Ecke. In dem hintersten Raum auf der rechten Seite rumorte Sheridan. Etwas schepperte.
Milo wies mit dem Daumen seiner Linken nach oben. Ich verstand und nickte. Wir nahmen an, dass Sheridan durch das Kellerfenster flüchten wollte. Und diesen Fluchtweg wollte Milo ihm verlegen.
Mein Partner rannte die Treppe hoch. Hart an die Wand gepresst schob ich mich in Richtung der Tür, hinter der ich Sheridan wusste. In dem Raum war es jetzt still. Ich erreichte die Tür und lauschte. Dann drückte ich die Klinke nach unten und warf sie auf.
Sheridan steckte im Kellerfenster. Nur seine Beine baumelten noch nach unten. Er wand sich wie ein Wurm, denn bei seiner Leibesfülle war es gewiss nicht einfach, sich durch das nicht sehr große Rechteck zu zwängen.
Ich stieß die SIG ins Holster. Drei Schritte brachten mich an Sheridan heran. Milos Stimme war schwach zu hören. Ein Schuss krachte. Es war die Beretta. Für die Detonation einer SIG hatte ich ein besonderes Gehör entwickelt.
Ich packte Sheridan bei beiden Beinen. Ein Ruck, sein Körper glitt aus der Fensterhöhlung, er wollte mit dem rechten Bein nach mir treten, aber meine Hände hielten fest wie Schraubstöcke.
Ein zweiter Ruck beförderte Sheridan endgültig herein. Ohne seine Beine loszulassen, trat ich zurück. Seine Hände klammerten sich um den unteren Querholm des Fensterrahmens. Die Beretta hatte er wahrscheinlich fahren lassen. Sekundenlang hing er waagrecht in der Luft.
Schließlich konnte er sich nicht mehr halten. Seine Finger rutschten ab. Er krachte bäuchlings zwischen den Unrat, der sich auf dem Fußboden stapelte. Hart schlug er mit dem Gesicht auf den Boden.
Ich ließ seine Beine los. Sheridan stöhnte.
Und plötzlich vernahm ich etwas, das sämtliche Warnsignale in mir anschlagen ließ. Es war ein Getöse, wie es nur die starken Motoren schwerer Motorräder verursachten. Das Dröhnen näherte sich schnell. Wahrscheinlich hatte mein Anruf, bei dem der Bursche am anderen Ende - ahnungslos, dass ich am Apparat war - aus der Schule geplaudert hatte, die Kumpels Jeff Sheridans auf den Plan gerufen. Mir war schlagartig klar, dass wir hier in ein Hornissennest gestochert hatten. Da war etwas im Gange, das über das Grölen und Sprühen rechtsradikaler Parolen hinaus ging.
"Milo!", brüllte ich so laut, dass meine Stimme kippte. "Ins Haus. Wir müssen ..."