Krimi Doppelband 167 - Zwei spannende Thriller in einem Band - Pete Hackett - E-Book

Krimi Doppelband 167 - Zwei spannende Thriller in einem Band E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Trevellian und das tödliche Komplott Trevellian und der Bandenkrieg in New York Ein alter Fall wird wieder aktuell, und ein damals freigelassener Verdächtiger gerät erneut in in den Fokus des FBI. Als nach und nach alle Verdächtigen unter seltsamen Umständen sterben, stehen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel.

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Seitenzahl: 257

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Pete Hackett

Krimi Doppelband 167 - Zwei spanende Thriller in einem Band

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 167 - Zwei spanende Thriller in einem Band

Copyright

Trevellian und das tödliche Komplott: Action Krimi

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Trevellian und der Bandenkrieg in New York

Krimi Doppelband 167 - Zwei spanende Thriller in einem Band

Pete Hackett

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Trevellian und das tödliche Komplott

Trevellian und der Bandenkrieg in New York

Ein alter Fall wird wieder aktuell, und ein damals freigelassener Verdächtiger gerät erneut in in den Fokus des FBI. Als nach und nach alle Verdächtigen unter seltsamen Umständen sterben, stehen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker vor einem scheinbar unlösbaren Rätsel.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER TONY MASERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alles rund um Belletristik!

Trevellian und das tödliche Komplott: Action Krimi

Krimi von Pete Hackett

Der Umfang dieses Buchs entspricht 123 Taschenbuchseiten.

Mit der Entführung der Tochter des Bürgermeisters von New York wollen afghanische Terroristen die Freilassung einiger ihrer Leute erzwingen. Ein Ultimatum wird gestellt, und um dem noch mehr Wirkung zu verleihen, wird ein Büro in die Luft gesprengt. Die Zeit drängt, die FBI-Agenten Trevellian und Tucker haben jedoch keine Anhaltspunkte, wie dem Terror zu begegnen ist.

1

Es war ein grauer, diesiger Regentag. Ein metallic-grüner Toyota HiAce Kombi rollte von der Chambers Street in die Park Row und fuhr im Schritttempo Richtung Broadway. Rechter Hand war der City Hall Park. Durch die Bäume und Büsche war der Amtssitz des Bürgermeisters von New York zu sehen.

Der Toyota hielt an. Die hintere rechte Tür wurde zurückgeschoben. Ein Mann zeigte sich. Er trug eine Panzerfaust, kniete nieder und legte sich die schwere Waffe auf die Schulter. Sorgfältig visierte er über die Zieleinrichtung die City Hall an. Dann drückte er ab. Die Treibladung peitschte wie ein Schuss. Das Geschoss ging wie ein Torpedo auf die Reise. Der Einschlag erfolgte mit Getöse, im nächsten Augenblick gab es eine gewaltige Explosion. Steine flogen, Scherben klirrten, Staub brodelte dicht, Flammen schlugen aus den leeren Fenstern. Der Irrsinn brutaler Gewalt hatte Manhattan wieder einmal heimgesucht!

Die Panzerfaust wurde zurückgezogen. Einer der Begleiter des Schützen nahm sie ihm ab. Der Fahrer des Toyota gab Gas. Der Wagen erreichte den Broadway und wandte sich auf ihm nach Süden.

Minuten später heulten Polizeisirenen. Ein ganzer Konvoi aus Einsatzfahrzeugen raste mit blinkenden Lichtbalken auf den Dächern heran. Das FBI wurde informiert.

Als Milo und ich am Ort des Geschehens erschienen, waren die Untersuchungen im vollen Gange. Reporter aller Medienrichtungen versahen ihren Job. Fast ununterbrochen glühten die Blitzlichter ihrer Kameras auf, der Einsatzleiter wurde von einer hübschen Lady attackiert, die ihm unablässig das Mikrofon vor die Nase hielt und Fragen stellte.

Ich hatte den Wagen am Rand des Parks abgestellt. Gelbe Trassenbänder und ein ganzes Polizeiaufgebot sperrten das Gebiet um die City Hall weiträumig ab. Wir hatten uns ausgewiesen. Jetzt standen wir dort, wo das 110-Millimeter-Geschoss eingeschlagen hatte. Etwa drei Quadratmeter Mauerwerk fehlten in der Fassade aus Alabama-Sandstein. Steinbrocken lagen im Freien, von der Wucht der Explosion regelrecht nach draußen gefegt. Verletzt oder getötet worden war glücklicherweise niemand, abgesehen vom Schock, den Bedienstete und Besucher davongetragen hatten. Wie durch ein Wunder war die Granate oder was auch immer – noch wussten wir nicht, womit der Anschlag ausgeführt worden war –, in einem Raum explodiert, der menschenleer war. Die Einrichtung war allerdings nicht mehr zu gebrauchen. Die Tür hing schief in den Angeln, das Türblatt war zerfetzt. Von den Fenstern war keines heil geblieben. Einige Autos, die vor der City Hall parkten, waren zum Teil ziemlich beschädigt worden.

„Hört das denn niemals auf“, murmelte Milo und dachte wahrscheinlich dasselbe wie ich, nämlich, dass unsere Stadt wieder einmal Schauplatz eines Gewaltakts terroristischen Fanatismus geworden war.

Der Einsatzleiter konnte sich endlich von der hübschen Reporterin befreien. Wir hielten ihm unsere ID-Cards hin, ich sagte: „Special Agents Trevellian und Tucker vom FBI, Lieutenant. Haben Ihre Leute schon irgendwelche Erkenntnisse gewonnen?“

„Ja“, knurrte er nicht gerade freundlich. Er war ein rotgesichtiger Mann um die 50, sozusagen im Dienst ergraut, schob seinen Bauch wie einen Airbag vor sich her und war wohl ziemlich von der TV-Lady genervt. „Die unumstößliche Erkenntnis, dass hier etwas in die Luft gegangen ist und einen Raum der City Hall in Schutt und Asche gelegt hat, G-men.“

Milo legte den Kopf schief. „Na, wenn Sie schon alles geklärt haben, dann können wir ja wieder gehen.“

Der Lieutenant musterte ihn unter finster zusammengeschobenen Brauen hervor, plötzlich aber hellte sich sein Gesicht auf. „Sorry“, entschuldigte er sich. „Diese Reporter sind wie die Aasgeier. Mein Name ist Landers – Lieutenant Ben Landers. Ich wollte nicht unfreundlich sein. – Dem ersten Augenschein nach wurde von der Park Row aus mit einer Panzerfaust oder einer Gewehrgranate das Gebäude unter Beschuss genommen. Wir gehen zunächst mal davon aus, dass es sich um Terroristen handelt, die hier am Werk waren. Palästinenser, Al-Qaida – vielleicht auch amerikanische Sympathisanten.“

„Gewehrgranaten wurden doch schon vor zwanzig Jahren aus dem Verkehr gezogen“, wandte ich ein.

„Alte Bestände“, erwiderte Landers. „Die Schufte verfügen über Waffen- und Munitionslager, in denen Sie wahrscheinlich alles finden. Von der Stalinorgel aus längst vergangenen Zeiten bis zum modernsten Maschinengewehr.“

Das konnte ich nicht ausschließen, deshalb antwortete ich darauf auch nichts. Ich war jedoch viel eher der Meinung, dass die Waffenlager der Terroristen hochmodern ausgestattet waren, und zwar nicht nur mit Schusswaffen neuester Bauart, sondern auch mit chemischen und biologischen Kampfstoffen. Also tippte ich auf eine Panzerfaust, die hier eingesetzt worden war.

„Gibt es Augenzeugen?“, fragte ich.

„Ein Ehepaar will einen metallic-grünen Kombi gesehen haben. Wahrscheinlich ein Japaner. Aber genau wissen es die Leute nicht.“

„Wo sind die Leute?“

„Wir haben ihre Namen und die Anschrift“, knurrte der Lieutenant. „Aber die werden Ihnen auch nicht mehr sagen können als uns. Sie sahen nicht, dass der Schuss aus dem Kombi abgegeben wurde. Sie vernahmen nur das Peitschen, dann die Explosion. Im selben Moment gab der Kombifahrer Gas und brauste in Richtung Broadway davon. Ehe die beiden erschreckten Leutchen richtig begriffen, war die Kiste fort.“

„Die Aufklärung des Anschlags wird das FBI betreiben“, gab ich zu verstehen. „Wir werden ein paar Experten schicken, die Ihnen und Ihren Leuten zur Hand gehen. Sie sind so gut, und leiten uns das Ergebnis Ihrer Untersuchungen zu, Lieutenant.“

„Gewiss“, versprach Ben Landers.

Ich griff in die Jackentasche und holte mein Handy heraus. Ich wählte die Nummer von Mr. McKee, klärte ihn kurz auf und bat ihn, ein Kollegenteam von der Spurensicherung zur City Hall zu schicken.

Der Chef sicherte zu, das Team sofort in Marsch zu setzen, dann fragte er: „Lässt der Anschlag irgendein Täterprofil erkennen, Jesse?“

„Nein, Sir“, erwiderte ich. „Bisher stellten sie Koffer oder Aktentaschen mit zeit- oder ferngezündeten Bomben ab, oder sie sprengten sich selbst in die Luft. Ein Anschlag dieser Art ist neu.“

„Sie gehen also von einer terroristischen Aktivität aus“, meinte Mr. McKee, und es kam nicht als Frage, sondern war eine glasklare Feststellung.“

„Ja, Sir. Aus dieser Richtung, denke ich, weht der Wind. Milo und ich fahren hinüber nach Rikers Island und sprechen ein paar Takte mit Farad Darya, den wir vor einigen Monaten verhaftet haben und der zwischenzeitlich abgeurteilt wurde.“

Der Chef schien skeptisch zu sein, denn er meinte: „Darya hat während des gesamten Prozesses geschwiegen, respektive alles, was man ihm vorwarf, von sich gewiesen. Das Urteil beruht nur auf Indizien. Weshalb befragen Sie nicht einen seiner Leute, die mit ihm auf der Anklagebank saßen? Der eine oder andere war doch nicht ganz so verstockt.“

„Darya war der Kopf der Terroristenbande, die wir hops genommen haben“, gab ich zu bedenken. „Wenn einer etwas weiß, dann er. Es gibt noch einige Namen, von denen wir vermuten, dass sie zu seiner Organisation gehörten, denen wir aber nichts nachweisen konnten. Möglich, dass dieser erneute Anschlag sogar von Darya gesteuert ist. Ich will ihn mit den Namen konfrontieren, und wenn er auch nur verräterisch mit den Wimpern zuckt, sitzen wir den Kerlen auf den Hacken und lassen nicht locker, bis wir sie uns geschnappt haben.“

„Na schön, Jesse, versuchen Sie‘s. Aber ich sage Ihnen jetzt schon, dass es vergebliche Liebesmüh‘ sein wird. Farad Darya ist eingefleischter Amerika-Feind. Sie werden nichts aus ihm herauskriegen.“

„Wir versuchen es, Sir“, sagte ich.

„Natürlich, Jesse. Den Versuch ist es wert.“

Wir beendeten das Gespräch. Ich wandte mich an Milo. „Wir warten noch auf die Agenten, die der Chef schickt. Dann fahren wir nach Rikers Island.“

Weshalb wir auf die Gefängnisinsel fuhren, musste ich meinem Freund und Kollegen nicht erklären, denn er hatte ja neben mir gestanden, als ich mich mit dem Special Agent in Charge des Office Field New York unterhielt.

Wir gingen in das Gebäude. Die zehn Säulen, die die Kuppelrotunde tragen, standen noch alle. Die geschwungene Doppeltreppe, die zu den Tagungsräumen des City Councils führt, war unversehrt. Besonders große Ahnung von der Architektur der City Hall schienen die Kerle, die den Anschlag ausführten, nicht gehabt zu haben, denn dann hätten sie ihr Geschoss sicher nicht ausgerechnet in den Flügel des Rathauses platziert, in dem sie am wenigsten Schaden anrichten konnten. Was natürlich nicht heißen soll, dass der Sachschaden nicht immens gewesen wäre …

Bald kreuzte das Spezialistenteam auf. Die Agenten trugen dunkle Blousons mit den drei magischen Buchstaben FBI auf dem Rücken. Wir verständigten uns kurz mit ihnen, dann stapften wir zum Sportwagen.

2

Den Weg nach Rikers Island hätten wir uns sparen können. Der Chef hatte mit seiner Vermutung mal wieder ins Schwarze getroffen. Farad Darya schwieg wie eine Wand. Das einzige, was er von sich gab, erschöpfte sich darin, dass er uns erklärte, er sei zu Unrecht im Gefängnis und wir trügen die Schuld daran.

Als er es hervorstieß und uns dabei anstarrte, spürten sowohl ich als auch Milo den Anprall eines glühenden, unversöhnlichen Hasses. Und uns fiel bei dieser Gelegenheit sofort ein, dass wir an oberster Stelle der Abschussliste dieses Verbrechers und seiner Bombenleger gestanden hatten. Nun, vielleicht hatte sich in der Zwischenzeit daran nichts geändert, und man wollte uns nur in Sicherheit wiegen.

Ehe wir das Gefängnis verließen, erkundigten wir uns bei den Wachleuten, ob der Terroristenhäuptling hin und wieder Besuch erhalte. Uns wurde erklärt, dass er regelmäßig besucht werde und es es sich ausschließlich um Landsleute von ihm oder um einen seiner Anwälte handelte. Ihn und seine Getreuen hatten während des Prozesses ein ganzer Stab von Rechtsverdrehern vertreten. Und nach dem Urteil, das sich in der Revision befand, über die der Supreme Court, der oberste Gerichtshof also, zu entscheiden hatte, wurden sie weiterhin von der Kanzlei betreut.

Als sich das Gefängnistor hinter uns schloss, waren wir jedenfalls nicht viel schlauer als zu dem Zeitpunkt, als wir die Strafanstalt betraten.

„Wo setzen wir an?“, fragte ich und meinte damit die Aufklärung des Anschlags gegen die City Hall.

„Sag du es mir“, knurrte Milo freudlos.

„Zunächst mal warten wir die Auswertung der Spuren ab“, gab ich zu verstehen, „und wir leiern die Fahndung nach einem metallic-grünen Kombi an.“

„Vielleicht flattert bei irgendeinem Zeitungsverlag oder bei der Stadtverwaltung oder wo auch immer in den nächsten Tagen ein Bekennerbrief auf den Tisch“, hoffte Milo.

„Oder mehrere“, gab ich zu verstehen. „Die Trittbrettfahrer …“

Wir fuhren zum Federal Building und ließen uns beim Chef anmelden.

3

Zwei Tage vergingen, ohne dass wir groß weitergekommen wären. Milos Hoffnung auf einen Bekennerbrief hatte sich bis jetzt nicht erfüllt. Der Bürgermeister unserer Stadt gab nach dem Anschlag auf seine „Residenz“ ein Live-Interview im Fernsehen, in dem er den Terrorismus anprangerte und versprach, alle Mittel einzusetzen, um ihn erfolgreich zu bekämpfen. Die Spurensicherung fand heraus, dass das Rathaus mit einer Panzerfaust beschossen worden war. Die Fahndung nach dem Kombi war bisher erfolglos verlaufen.

*

Es war Abend. Clint Savage, ein 32-jähriger Computerfachmann, fuhr mit seinem metallic-braunen Ford in die Bedford Street, West Village. Er war mit Joanna Miles verabredet, einem 25-jährigen hübschen Girl, das trotz aller Emanzipation noch Frau geblieben war. Sie war in der Nationalbank beschäftigt. Ihr Vater war Gilbert Miles, seines Zeichens einflussreiches Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, des City Councils also.

Clint war blondhaarig, groß und sportlich. Er trug eine Sonnenbrille, die er allerdings hochgeschoben hatte, so dass sie auf seinem Haaransatz saß.

Joanna hatte es ihm angetan. Nicht nur, dass ihn ihre Nähe ungemein erregte, er hatte sich tatsächlich bis über beide Ohren in das Mädchen verknallt. Und er hatte das Gefühl, dass diese Empfindung auf Gegenseitigkeit beruhte.

Joanna lebte noch im Haus ihrer Eltern. Er läutete an der Wohnungstür. Sie öffnete, lächelte, und sagte: „Da staunst du, was? Ich bin abmarschbereit. Ich habe extra eine Stunde früher begonnen, mich für den Abend herzurichten, damit du nicht wieder Grund hast zu motzen.“

„Ich staune Bauklötze“, grinste er, nahm sie in den Arm und küsste sie.

Sie erwiderte seinen Kuss.

Joanna war in der Tat ein bemerkenswertes Girl. Lange, rote Haare, grünlich strahlende Augen, gewachsen wie ein Supermodell und selbstbewusst, dennoch natürlich und freundlich. Der Ausstrahlung, die sie verströmte, konnte sich kaum jemand verschließen. Sie war ausgesprochen sympathisch. Und sie war sexy. Eine Mischung, wie man sie nur selten findet.

Clint spürte die Wärme ihres Körpers und verspürte ein seltsames Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Er legte den Arm um sie, spürte ihren Arm um seine Taille. Eng umschlungen verließen sie das Haus.

Sie fuhren zu einem Speiselokal …

Zwei Stunden später brachen sie wieder auf. Sie hatten gegessen und viel gesprochen, und jetzt war ihr Ziel eine Disco im Süden Manhattans. Zunächst aber … Nun, Clint fuhr mit Joanna zu den Piers. An einer einsamen Stelle hielt er an. Er beugte sich zu ihr hinüber und umarmte sie. Der Schaltknüppel störte ein wenig. Aber das nahm er in Kauf. Ihre Lippen fanden sich zu einem innigen, heißen Kuss. Sie spürte seine Zunge in ihrem Mund, seine Linke lag auf ihrer Hüfte.

Als sie einmal kurz voneinander ließen, um Luft zu holen, meinte sie lächelnd: „Du willst es heute genau wissen, nicht wahr?“

„Ich will dich nicht drängen“, gab er mit vor Erregung rauer, belegter Stimme zu verstehen. „Aber …“

„Du musst mich nicht drängen“, erwiderte sie ernst. „Ich will es wahrscheinlich ebenso wie du.“

Und wieder drohten sich ihre Zungen ineinander zu verschlingen, ihre Küsse wurden immer wilder und leidenschaftlicher. Er kippte den Sitz nach hinten, Joanna fiel zurück. Seine Hand lag längst nicht mehr auf ihrer Taille, sondern hatte sich unter ihr Top geschoben und strich sanft über ihre feste Brust. Sie atmete erregt.

Schließlich knöpfte Clint ihren Rock auf, schob ihn mit einer Hand nach unten. Joanna war ihm dabei behilflich. Nur noch mit ihrem Schlüpfer und dem Top bekleidet, das lediglich von einer Schleife zusammengehalten wurde, lag sie da, Clint halb über ihr …

Motorengeräusch kam näher, Scheinwerferlicht glitt heran und hüllte den Ford Clint Savages ein. Im Innern des Wagens war es plötzlich hell, als hätte Clint eine Lampe eingeschaltet. Er ruckte hoch, schaute aus dem Fenster, wurde geblendet und kniff die Augen eng, schließlich drückte er sich die Sonnenbrille auf die Nase, die nach wie vor auf seinem Haaransatz saß. In diesem Moment verloschen die Scheinwerfer. Der Motor wurde abgestellt. Im Wagen glaubte Clint hinter der spiegelnden Windschutzscheibe zwei helle Flecken – Gesichter – zu erkennen.

Clint erschrak, weil er sofort an eine Polizeistreife dachte. Sein Herz schlug höher. Sex im Auto ist in Amerika ausgesprochen verpönt. Außerdem war Joanna die Tochter eines Mannes, der oft genug im Rampenlicht der Öffentlichkeit stand. Wenn man sie hier beim Liebesspiel ertappte, konnte das ziemlich kompromittierend für den angesehenen Stadtverordneten sein. Doch dann atmete Clint auf. Bei dem Fahrzeug handelte es sich um kein Patrolcar der City Police.

Er ließ von Joanna ab, holte die Taschenlampe aus dem Fach in der Fahrertür und stieg aus. Die Stablampe glühte auf, der Lichtkegel richtete sich auf den Wagen, in dem sich nichts rührte. Es war ein dunkelblauer BMW der Fünferserie, ein älteres Modell.

Joanna war ebenfalls ausgestiegen. Sie kam um den Ford Clints herum, keinen Gedanken daran verschwendend, dass sie kaum bekleidet war. Noch war aus jedem Zug ihres Gesichts trotziges Aufbegehren zu lesen. Als aber der Bursche im BMW keine Anstalten machte, den Motor wieder anzulassen, den Rückwärtsgang einzulegen und Fersengeld zu geben, kam die Unsicherheit. Das Verhalten des fremden Fahrers löste in ihr jähe Beklemmung aus. Etwas Bedrohliches, Unheilvolles ging von dem Fahrzeug aus. Es mutete Joanna an wie ein Ungeheuer, das im nächsten Moment das Maul aufreißen und sie verschlingen würde. Berichte über Liebespaarmörder kamen ihr in den Sinn …

„Diese dreckigen Spanner!“, knirschte Clint zwischen den Zähnen und setzte sich in Bewegung.

Da gingen die beiden vorderen Türen des BMW auf. Zwei Männer stiegen heraus. Clint leuchtete erst in das Gesicht des Fahrers, dann in das des Kerls, der auf dem Beifahrersitz gesessen hatte. Ihre Gestalten wurden von den Autotüren verdeckt. Der Lichtkegel von Clints Handlampe zuckte wieder herum. Clints Lippen sprangen auseinander, was er jedoch sagen wollte, erstickte im Ansatz. Sein Herz übersprang einen Schlag. Er schluckte würgend. Der Fahrer des BMW hatte nämlich seine Hand erhoben und auf den oberen Rand der Tür gelegt. In seiner Faust lag eine großkalibrige Pistole mit einem plump wirkenden Schalldämpfer auf der Mündung.

Clint erkannte es ganz deutlich. Der Schreck traf ihn bis in seinen Kern, ihm entrang sich ein keuchender, jäh abreißender Ton, und sein erster Gedanke war, dass es die Kerle auf sein Geld abgesehen hatten.

Da blitzte es auf. Ein kaum hörbares, trockenes Geräusch erklang. Das Mündungsfeuer verschmolz mit dem Licht der Taschenlampe. Clint spürte den Einschlag der Kugel, der Schmerz explodierte in seiner Brust und drohte ihn einen Moment lang innerlich zu verbrennen, dann senkte sich absolute Finsternis in sein Gehirn. Er sackte zu Boden und blieb verkrümmt liegen. Die Stablampe rollte ein Stück zur Seite. Der Lichtbalken wurde nach wenigen Schritten von der Dunkelheit über dem Pier aufgesogen.

Joanna war wie gelähmt. Ihr Verstand blockierte. Sie erfasste zwar, dass der Mann beim BMW geschossen hatte und Clint zusammengebrochen war – aber der Schock ließ keine Reaktion zu. Nur ihr Herz raste, als wollte es in ihrer Brust zerspringen.

Die beiden Kerle rannten auf sie zu, packten sie und zerrten sie zum BMW. Eine der Fondtüren flog auf. Ein dritter Mann saß auf dem Rücksitz. Joanna wurde neben ihn gedrückt. Der Bursche hielt mit beiden Händen einen schwarzen Sack, den er Joanna blitzschnell über den Kopf stülpte. Vor ihre erschreckt geweiteten Augen senkte sich eine totale Finsternis. Dann spürte sie den stählernen Druck einer Pistolenmündung gegen ihre Seite.

Die beiden Kerle warfen sich ins Auto. Der Motor heulte auf, der Fahrer ließ die Kupplung sausen und gab Gas. Der BMW schien sich vorne aufzubäumen, als die durchdrehenden Reifen fassten und ihn regelrecht von der Stelle katapultierten.

4

Kreuz und quer ging die Fahrt durch New York. Einmal vernahm das gekidnappte Girl hohes Verkehrsaufkommen um sich herum, was ihr sagte, dass sie auf einer recht belebten Straße fuhren. Dann war wieder nur gelegentlicher Motorenlärm anderer Fahrzeuge zu hören. Einmal wehte der Klang einer Schiffssirene heran. Aber dieses Geräusch konnte sowohl vom Hudson als auch vom East River kommen. Die Richtung zu bestimmen, in die sie fuhren, war unter dem schwarzen Sack aus rauem Leinen unmöglich.

In Joannas Innersten legte sich nach und nach die Rebellion der Empfindungen. Dennoch blieben die Angst und das Entsetzen. Sie begriff zwar, dass sie sich nicht in unmittelbarer Lebensgefahr befand, aber das konnte ihre aufgepeitschten Empfindungen nicht beruhigen. Unter dem Sack klang ihre Stimme dumpf und unwirklich, als sie ihre panische Angst überwand und fragte: „Wohin bringt ihr mich?“ Sie sprach mühsam, und es gelang ihr nicht, das Zittern in ihrer Stimme zu unterdrücken. „Ihr – ihr habt meinen Freund ermordet. Was bezweckt ihr mir meiner Entführung. Wollt ihr Lösegeld von meinem Vater?“

„Ruhe!“, zischte es dicht neben ihr.

„Mein – mein Vater ist zwar nicht gerade arm“, stammelte sie, trotz der barschen Aufforderung, zu schweigen. „Er – er ist aber auch nicht reich. Er …“

„Wir wollen nichts von deinem Vater!“, knurrte der Kerl, der neben ihr saß. „Doch jetzt halt die Klappe.“

Aber Joanna war viel zu erregt, viel zu sehr außer sich, als dass sie die unterschwellige Drohung im Tonfall des Mannes richtig zu deuten gewusst hätte.

Sie begann aufs Neue; abgehackt, mit hinausgepresstem Atem und zerfließender, brüchiger Stimme: „Mein Freund – Clint Savage – warum habt ihr ihn erschossen? Er – er …“

Sie bekam einen bretterharten Schlag mit dem Handrücken auf den Mund. Der Sack vor ihrem Gesicht konnte die Härte des Schlages nicht mildern. Schmerz und Schreck ließen Joanna aufschreien. Sie flog in die Ecke zwischen Tür und Sitzlehne. Warm rann Blut aus einer Platzwunde an der Unterlippe über ihr Kinn.

„Ich sage nicht gerne etwas dreimal, Weib!“, fauchte der brutale Schläger. „Aber damit du wirklich das Maul hältst, sollst du wissen, dass uns dieser Clint Savage nicht interessierte. Und weil wir es uns nicht leisten können, Zeugen am Leben zu lassen, musste er ins Gras beißen.“

Das Grauen nahm Joanna sekundenlang jede andere Empfindung. Sie musste alle Willenskraft aufbieten, um sich zu besinnen und wieder eine klare Struktur in ihr Denken zu zwingen. Die Verzweiflung kam wie eine eisige Flut und drohte ihr das Blut in den Adern einzufrieren. Das Herz schlug einen wilden, unregelmäßigen Rhythmus und drohte jeden Moment auszusetzen.

„Wohin – wohin bringt ihr mich?“, würgte sie hervor.

„Lass sie reden“, erklang es vom Vordersitz, als der brutale Typ im Fond des Wagens aufzog, um sie ein zweites Mal zu schlagen. „Man wird einen Beweis fordern, dass sie lebt. Und wenn wir auf einem Foto ihr total zerschlagenes Gesicht präsentieren, hebt das sicherlich nicht die Bereitschaft, auf unsere Forderungen einzugehen.“

„In unserer Heimat würde sie gesteinigt werden, wenn wir sie in diesem Aufzug in einem Auto angetroffen hätten“, schnappte der Kerl, der seine zum Schlag erhobene Hand nur zögernd wieder sinken ließ.

Es traf Joanna wie ein Schock. Die Erkenntnis, dass es sich um kein herkömmliches Kidnapping handelte, an dessen Ende eine hohe Lösegeldforderung stand, traf sie wie ein Schlag. Das Begreifen war wie ein Hammer, der den Nagel der grenzenlosen Angst und des Entsetzens noch tiefer in ihr G emüt trieb und sie keinen klaren Gedanken mehr fassen ließ.

Terroristen!, gellte es durch ihren gequälten Verstand. Begriffe wie Taliban, Al-Qaida, Afghanistan, Osama bin Laden, Jagdbomber, Guantanamo und eine ganze Reihe anderer, die täglich x-mal in den Nachrichten gebracht wurden, sickerten durch ihr aufgewühltes Bewusstsein.

Plötzlich war die Fahrt zu Ende. Die Wagentüren flogen auf. Joanna wurde aus dem Fahrzeug gezerrt. Die Türen fielen wieder zu. Eine harte Hand packte Joanna am Oberarm und dirigierte sie. Die Luft, die unter den Sack stieg, roch süßlich wie nach Blütenduft. Feiner Kies oder Splitt knirschte unter den Schritten. Sie sagte sich, dass sie sich in einem Garten oder Park befanden.

„Vorsicht, Treppe“, sagte der Kerl, der sie führte.

Ihr Fuß tastete sich nach vorn. Obwohl sie geführt wurde, fühlte sich Joanna unsicher. Einmal stolperte sie. Der Bursche hielt sie mit eiserner Faust aufrecht. Seine Finger verkrallten sich regelrecht um ihren Oberarm. Doch der Schmerz war in ihrer Lage nebensächlich …

Sie befanden sich zwischen Wänden. Eine Tür klappte. Es ging nach unten. Joanna zählte – ohne von einem bewussten Willen geleitet zu werden –, die Stufen. Es waren 12. Türangeln knarrten leise. Es war kühl hier unten. Sie wurde auf einen Stuhl gedrückt, und dann wurde sie auf den Stuhl gefesselt. Den Sack nahm man ihr nicht ab.

Alles ging absolut schweigend vor sich. Eine Szene aus dem Film mit Susan Hayworth kam Joanna in den Sinn, in dem die Hayworth die Mörderin Barbara Graham spielte. Als man sie in der Gaskammer von San Quentin auf den Stuhl schnallte, lief das ebenso schweigsam und unheimlich ab …

Dann war Joanna allein. Wenn sie durch das grobe Leinen vor ihren Augen vagen Lichtschein hatte erkennen können, so erlosch dieser jetzt. Die Finsternis verstärkte die Angst und die Hoffnungslosigkeit. Einsamkeit und Verlorenheit legten sich mit tonnenschweren Gewichten auf das Mädchen.

5

Als Milo und ich am folgenden Tag zum Dienst erschienen, lag schon eine handgeschriebene Nachricht auf meinem Schreibtisch: Wir sollten unverzüglich beim Chef antreten.

Wir ahnten bereits den Grund. In den Morgennachrichten hatte ich ihn hören können. In der Nacht war die Leiche eines Mannes namens Clint Savage bei den Piers von Greenwich Village gefunden worden. Er konnte an Hand seiner Papiere sofort identifiziert werden. Savage war erschossen worden. Joanna Miles, die Tochter des bekannten Stadtverordneten Gilbert Miles, die mit Clint Savage unterwegs gewesen war, war spurlos verschwunden. Die Entführer – und von einer Entführung ging die Polizei aus –, hatten sich noch nicht gemeldet.

Wir meldeten uns also bei Mr. McKee. In seinen aristokratischen Gesichtszügen lag ein tiefer Ernst. Er forderte uns auf, nachdem wir uns begrüßt hatten, am Besuchertisch Platz zu nehmen.

„Wahrscheinlich haben Sie es schon aus den Nachrichten vernommen, Jesse, Milo“, begann der SAC. „Die Tochter des Stadtrates Gilbert Miles ist in der vergangenen Nacht entführt worden. Der Mann, mit dem sie unterwegs war, sein Name ist Clint Savage, wurde kaltblütig ermordet.“

Ich nickte. „Ja, Sir, das haben wir gehört. Die Kidnapper haben weder einen Hinweis hinterlassen, noch haben Sie sich bisher mit einer Lösegeldforderung gemeldet.“

„Richtig.“ Der Chef kniff die Lippen zusammen. „Die Mordkommission hat von Joannas Mutter erfahren, dass Clint Savage und Joanna in einem Lokal am Times Square essen waren. Von da aus müssen sie zu den Piers von Greenwich Village gefahren sein. Dort geschah das Verbrechen.“

Der SAC beugte sich etwas weiter über den Schreibtisch. Mit besonderer Gewichtung im Tonfall fuhr er fort: „Es ist davon auszugehen, dass die Tochter des Stadtrats gezielt als Opfer von den Kidnappern ausgewählt wurde. Wahrscheinlich wurden Savage und sie schon observiert, seit sie die Wohnung in der Bedford Street verließen. Deshalb ist ein Zusammenhang mit dem Panzerfaust-Attentat auf die City Hall nicht auszuschließen.“

„Wenn es so ist“, meinte Milo, „dann ist auch nicht mit einer Lösegeldforderung zu rechnen. Dann will man mit der Entführung etwas anderes erreichen.“

„Die Killer müssen Joanna und ihren Freund minutiös beobachtet haben“, murmelte ich und wiederholte damit nur, was der Chef schon angedeutet hatte. Ich dachte sozusagen laut, befeuchtete mir mit der Zungenspitze die Lippen und meinte: „Du hast recht, Milo. Wenn hinter der Tat die Panzerfaustschützen stecken, dann wird mit der Entführung ein anderes Ziel verfolgt als die Erpressung von Lösegeld.“

„Die Brutalität, mit der die Kidnapper vorgegangen sind, untermauert die Vermutung, dass es sich nicht um irgendwelche Gangster handelt, die es auf Geld abgesehen haben“, gab Mr. McKee zu verstehen. „Hinter der Entführung steckt System. Die Verbrecher wollten nur Joanna Miles. Der Mann war ein lästiger Zeuge. Darum wurde er kaltblütig ermordet.“

„Dann wird es sicher nicht mehr lange dauern, bis erste Forderungen eintrudeln“, knurrte Milo.

„Da ich persönlich davon überzeugt bin, dass der Anschlag auf die City Hall und die Entführung der Tochter des Stadtrats in einem engen inneren Zusammenhang stehen, will ich, dass Sie, Jesse und Milo, parallel in beiden Fällen ermitteln. Die Mordkommission ist zwar auch dran an der Sache, aber Entführung fällt in das Ressort des FBI.“

„Wir werden unser Bestes geben, Sir“, versprach ich und erhob mich.

„Unser Wort drauf“, knurrte Milo und drückte sich ebenfalls in die Höhe.

„Davon bin ich überzeugt.“ Der SAC lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Sie halten mich auf dem Laufenden.“

„Sicher, Sir.“

Wir ließen Mr. McKee allein.

*

Als erstes rief ich von unserem gemeinsamen Büro aus den Chef der Mordkommission, Detective Lieutenant Harry Easton, an. Mit Details konnte er uns nicht dienen. Aber er sagte zu, uns zu informieren, wenn die Ermittlungen seiner Leute etwas Neues ergäben. „Im Übrigen werden wir wohl abwarten müssen“, meinte Harry, „bis die Forderungen der Kidnapper bekannt werden. Wir haben im Haus des Stadtverordneten eine Fangschaltung eingerichtet. Wenn die Erpresser natürlich in der Terrorszene zu suchen sind, dann sind sie clever, und sie werden uns mit dieser Technik wohl kaum ins Netz geh‘n.“

„Was hatten dieser Clint Savage und Joanna wohl bei den Piers zu suchen?“, fragte ich.

Harry schmunzelte. „Was wohl? Im Vertrauen, Jesse, in Savages Ford lag auf dem Boden der Rock der Kleinen. Was sagt das dem erfahrenen Kriminalisten?“

Ich kannte Harrys grimmigen Humor und grinste. „Dass sie den Rock ausgezogen hatte.“

„Sehr scharfsinnig“, kommentierte Harry. „Jetzt weiß ich auch, warum man dir und Milo den Fall übertragen hat. – Noch was, Jesse: Die Sache mit dem Rock darf nicht an die große Glocke gehängt werden. Du verstehst?“

„Sicher.“

Harry verabschiedete sich und legte auf.

Da ich den Lautsprecher eingeschaltet hatte, brauchte ich Milo nichts weiter erklären.

„Armer Teufel“, murmelte Milo. „Man hat ihn sicher aus dem schönsten Geschäft herausgerissen.“

Er meinte Clint Savage. Und ich hatte das Gefühl, sein Bedauern war ernst gemeint.

Ich rief per Handy Hank Hogan, unseren besten und erfolgreichsten V-Mann, an. Hank meldete sich. Er wusste bereits von dem Mord und der Entführung. Ich bat ihn, sich umzuhören, und falls er irgendwelche Hinweise aufschnappte, sollte er uns sofort unterrichten.

„Ich tu, was in meiner Macht steht“, versicherte Hank, und ich war davon überzeugt, dass dies kein leeres Versprechen war. Auf Hank war absolut Verlass.

„Wir fahren zu Miles“, sagte ich zu Milo. „Schätzungsweise lassen die Kidnapper nicht allzu lange mit einer Forderung auf sich warten …“

Mit dieser Annahme täuschte ich mich allerdings. Wir befanden uns im Haus Gilbert Miles‘ und warteten uns einen Wolf. Das Telefon schellte gewiss fünfzig mal an diesem Tag, und jedes Mal waren wir wie elektrisiert, jedes Mal wurde die Fangschaltung aktiviert, aber es waren immer nur Bekannte und Verwandte, die über den Sachstand unterrichtet werden wollten oder ganz einfach nur ihr Mitgefühl ausdrückten.

Gilbert Miles und seine Frau waren nervlich am Ende. Das Warten auf ein Lebenszeichen ihrer Tochter zermürbte sie. Hin und her gerissen zwischen banger Hoffnung und in Erwartung des Schlimmsten waren sie kaum ansprechbar. Die Augen der Frau waren gerötet vom Weinen. Sie war bleich und total verstört. Der Bürgermeister hatte Gilbert Miles gleich am Morgen angerufen und ihm jedwede Unterstützung zugesagt. Doch die Unsicherheit über das Schicksal seiner Tochter brachte den Mann fast um. Wir und die beiden Techniker vom Police Departement saßen da und konnten den beiden verzweifelten Leuten nicht helfen.

6

Der Anruf ging nicht bei Gilbert Miles ein. Der Bürgermeister erhielt ihn in seinem Amtszimmer. Es gegen 18 Uhr, kurz bevor er zu einer Konferenz mit Umweltschützern nach Tribeca fahren wollte. Sein Chauffeur wartete schon.

Eine verstellte Stimme sagte: „Wenn Sie nicht möchten, dass die Tochter eines angesehen Mitglied des City Councils in einigen Tagen tot vor der City Hall liegt, dann hören Sie jetzt zu: Wir fordern die Freilassung von Farad Darya, Salim Ibn Azzem und Ustad Parsa. Die weiteren Bedingungen werden zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt. Seien Sie versichert, Bürgermeister, dass wir ernst machen mit unserer Drohung. Als Beweis dürfte der Anschlag auf Ihren Amtssitz wohl ausreichen. Wir können unserer Forderung allerdings noch einiges an Nachdruck verleihen.“

Der anonyme Anrufer legte auf.

Zehn Minuten später wussten wir Bescheid. Der Bürgermeister hatte unverzüglich Mr. McKee informiert. Mr. McKee wählte sofort meine Nummer. Die Namen der Männer, deren Freilassung gefordert wurde, waren uns geläufig. Es durchlief mich heiß und kalt, als ich daran dachte, wie viele Menschen sterben mussten, bis wir die Verbrecher hinter Schloss und Riegel hatten.

Es war also sicher: Die Entführung hatte einen terroristischen Hintergrund. Wir hatten es wieder mit den selben Verbrechern zu tun, die uns schon einmal das Leben schwer machten. Und dass diese Kerle alles so meinten, wie sie es aussprachen, davon konnten wir ein Lied singen.

Unsere Anwesenheit im Haus des Stadtverordneten war nicht länger erforderlich. Der nächste Anruf der Verbrecher war sicher nicht vor dem kommenden Tag zu verzeichnen, und da konnte er sonstwo eingehen. Die Fangschaltung war ein Schuss in den heißen Ofen.

Wir verabschiedeten uns von Mr. und Mrs. Miles, und ich gab noch einmal zu verstehen, dass wir alles daransetzen würden, um ihre Tochter heil aus der Sache herauszupauken. Irgendwie kam mir mein Geschwätz banal und deplatziert vor, aber wir konnten ja nicht einfach verschwinden.

Ich atmete befreit auf, als wir draußen waren. Die Atmosphäre in Miles‘ Haus war erdrückend gewesen.

„Nach Rikers Island!“, stieß ich einer jähen Eingebung folgend hervor.

„Damit ist der Feierabend wieder einmal gelaufen“, grantelte Milo. „Aber was ist schon ein verpatzter Abend gegen das, was die Kleine wahrscheinlich ertragen muss?“

Ich trat dem Wagen kräftig ins Kreuz. Irgendwie konnte ich es nicht erwarten, Farad Darya noch einmal gegenüberzustehen. Und weil es mir immer noch zu langsam ging, bedeutete ich Milo, das magnetische Blinklicht aufs Wagendach zu setzen. Rote Lichtblitze verschleudernd hielt ich mich also kaum an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. Schließlich, mir schien es, als wäre eine kleine Ewigkeit vergangen, erreichten wir die Rikers Island Bridge. Hier mäßigte ich das Tempo, und Milo nahm auch das Blinklicht wieder vom Dach.

Rechter Hand sahen wir die unzähligen Lichter des La Guardia Airports. Ich fuhr auf den Parkplatz des Gefängnisses. In der Haftanstalt erfuhren wir, dass die Terroristen, deren Freilassung gefordert worden war, zwischenzeitlich in den Hochsicherheitstrakt verlegt wurden. Es dauerte eine ganze Weile, bis uns Farad Darya gegenüber saß. Zwischen ihm und uns war eine zentimeterdicke Scheibe aus Panzerglas. Der Gefangene trug Handschellen und Fußfesseln, die ihm nur kleine Schritte ermöglichten. Ohne besondere Regung starrte uns der Al-Qaida-Mann an.

„Haben Sie die Sache mit der Tochter des Stadtrats vom Gefängnis aus gelenkt, Darya?“, fiel ich sofort mit der Tür ins Haus. „Oder haben Ihre Gesinnungsgenossen von sich aus beschlossen, Sie, Parsa und Ibn Azzem freizupressen?“

In seinen dunklen Augen zeigte sich ein heimtückisches Glitzern. „Ich hab keine Ahnung, wovon Sie reden, G-man“, kam es kalt und ohne besonderen Unterton aus seinem Mund. „Ich weiß nur, dass ich seit etwa einer Stunde unter verschärften Bedingungen inhaftiert bin und man mir jeglichen Kontakt mit der Außenwelt untersagt hat – abgesehen von dem Kontakt jetzt mit Ihnen. Darauf aber lege ich keinen Wert.“

„Aber Sie wissen, dass die Tochter eines angesehenen Mannes gekidnappt wurde und man unter anderem Ihre Freilassung fordert.“

„Ja, das hat man mir angedeutet. Aber ich habe nichts damit zu tun. Sie wissen sicher, dass mein Fall in der Revision ist. Und es bestehen gute Chancen …“