Krimi Doppelband 169 - Zwei spannende Thriller in einem Band - Pete Hackett - E-Book

Krimi Doppelband 169 - Zwei spannende Thriller in einem Band E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Trevellian und der Wettlauf mit dem Tod (Pete Hackett) Trevellian und die Hoffnung stirbt zuletzt (Pete Hackett) Fünf tote Männer rufen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker auf den Plan. Alle waren von ähnlichem Aussehen, und allen wurde das Geschlechtsteil abgeschnitten. Handelt es sich um Rache für eine Vergewaltigung, oder steckt ein anderer Grund dahinter? Die beiden Special Agents werden mit purem Hass konfrontiert, aber der Täter agiert aus dem Dunkel heraus.

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Seitenzahl: 267

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Pete Hackett

Krimi Doppelband 169 - Zwei spannende Thriller in einem Band

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 169 - Zwei spannende Thriller in einem Band

Copyright

Trevellian und der Wettlauf mit dem Tod: Action Krimi

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Trevellian und die Hoffnung stirbt zuletzt

Krimi Doppelband 169 - Zwei spannende Thriller in einem Band

Pete Hackett

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Trevellian und der Wettlauf mit dem Tod (Pete Hackett)

Trevellian und die Hoffnung stirbt zuletzt (Pete Hackett)

Fünf tote Männer rufen die FBI-Agenten Trevellian und Tucker auf den Plan. Alle waren von ähnlichem Aussehen, und allen wurde das Geschlechtsteil abgeschnitten. Handelt es sich um Rache für eine Vergewaltigung, oder steckt ein anderer Grund dahinter? Die beiden Special Agents werden mit purem Hass konfrontiert, aber der Täter agiert aus dem Dunkel heraus.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /COVER TONY MASERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Trevellian und der Wettlauf mit dem Tod: Action Krimi

Krimi von Pete Hackett

Der Umfang dieses Buchs entspricht 124 Taschenbuchseiten.

Nachdem Mark Mossman zehn Jahre im Gefängnis verbracht hat, will er Rache. Der Wissenschaftler hatte seine Forschungen in Bezug auf Anthrax an Terroristen verkaufen wollen, war aber durch eine Zeugenaussage aufgeflogen. Nun hat er den FBI-Agent Milo Tucker in seine Gewalt gebracht und bedroht darüber hinaus ganz New York, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden.

1

Nach den Anschlägen vom 11. September tauchten in den Vereinigten Staaten Briefe auf, die mit Milzbrand-Sporen verseucht waren. Hunderte von Menschen wurden vernommen, die mit dem Milzbrand-Programm der US-Regierung in Verbindung standen. Zunächst waren wir überzeugt davon, dass es sich um Anschläge arabischer Extremisten handelte. Von dieser Theorie aber kamen wir sehr schnell ab. Uns wurde klar, dass der Täter rechtsextremistischen amerikanischen Kreisen zuzuordnen war. Denn die Analyse ergab, dass das Anthrax nur aus irgendeinem US-Labor stammen konnte.

Wir, also Milo und ich, wurden mit den Ermittlungen beauftragt. Aber wir traten auf der Stelle. Auch wurde das Interesse an dem Täter geringer, je mehr Zeit vergangen war und die allgemeine Panik abflaute. Das änderte sich schlagartig an dem Tag, an dem ein Brief mit den Milzbrand-Erregern beim FBI, Field Office New York, einging …

Der Brief war in New Jersey aufgegeben worden. Adressat war Mr. Jonathan D. McKee, der Chef des New Yorker FBI, der Special Agent in Charge also. Die Postsendung war an ihn persönlich gerichtet. Es war wahrscheinlich eine Fügung des Schicksals, dass der Brief in der Poststelle des FBI versehentlich geöffnet wurde. Er erreichte also erst gar nicht Mr. McKees Schreibtisch.

Der Mann in der Poststelle, der das giftige Pulver einatmete, wurde sofort in die Klinik verfrachtet. Der Brief wurde sichergestellt und verschwand im Labor. Im Building in der Federal Plaza herrschte Alarmstufe eins!

2

Es war der 5. Juni.

Milo und ich waren seit einiger Zeit einem internationalen Kinderporno-Ring auf der Spur. Die Fäden liefen bei einem Italoamerikaner zusammen. Sein Name war Claudio Moretti. Er lebte in einer Luxus-Wohnung in der 51th Street, in Clinton.

Wir beobachteten das Haus, in dem er wohnte. Es war ein renoviertes Brownstone-Haus. Sechs Steinstufen führten zur Haustür hinauf. Neben der Treppe stand ein Müllcontainer. Aus zuverlässiger Quelle hatten wir erfahren, dass an diesem Tag einige von Morettis Komplizen aus der Kinderporno-Szene sich bei Claudio ein Stelldichein geben wollten.

Es war kurz vor zehn Uhr vormittags, als ein Mann die Stufen zur Haustür hinaufschritt, sich kurz umsah und dann das Gebäude betrat. Er war zu Fuß gekommen.

Milo knurrte: „Entweder wirft das Geschäft mit der Perversität so wenig ab, oder er ist ein Subway-Freak, oder ein Frischluftfanatiker. Solchen Kerlen habe ich bisher immer einen schweren Wagen zugeordnet.“

„Oder er wollte unauffällig bleiben und hat seinen schweren Wagen in der Seitenstraße abgestellt, aus der er kam“, vollendete ich den Gedanken meines Freundes und Kollegen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch keine Ahnung von dem tödlichen Brief, der im FBI-Building eingegangen war.

Milo zuckte mit den Schultern. „Das ist natürlich auch ‘ne Möglichkeit“, gab er zu.

Zwei Minuten später kamen schon zwei weitere Typen an. Sie trugen feine Anzüge, weiße Hemden, Krawatten. Sie jedoch waren mit einem SE vorgefahren, den sie nur fünfzig Schritte von dem Brownstone-Gebäude abstellten. Sie näherten sich dem Haus. Auf ihren Nasen saßen dunkle Sonnenbrillen, ihre Haare klebten vom Gel, es waren zwei Latinos wie aus dem Bilderbuch.

Sie verschwanden im Haus.

Eine Minute nach zehn Uhr erschien der vierte Mister. Er war ungefähr 30, blond, hatte gewellte Haare, trug Jeans und T-Shirt und schien so gar nicht zu den anderen schmucken Burschen zu passen, die bisher in dem Gebäude verschwunden waren.

„Das Quintett ist voll“, stieß ich hervor. „Ich denke, wir können den Clan hochnehmen.“

Milo griff nach dem Walkie-Talkie, hielt es sich vor den Mund und sagte: „Jay, hörst du mich?“

„Sicher, oder hab ich was an den Ohren?“

„Ich verwette meinen linken Arm, dass deine Eltern das immer von dir behauptet haben. Aber Spaß beiseite, Jay. Das angekündigte Quartett ist eingetroffen. Jesse und ich werden jetzt hinaufgehen und den Kerlen ein wenig Feuer unter den perversen Hintern schüren. Ihr sichert Vorder- und Hinterausgang des Gebäudes, und schnappt zu, falls uns einer der Kerle durch die Lappen gehen sollte. Klar?“

„Sicher. George und Blacky werden an der Vordertür aufpassen. Leslie und ich an der Hintertür. Gebt bloß Acht, Milo. Es ist nicht auszuschließen, dass die Kerle Waffen mit sich rumschleppen.“

„Damit können wir auch dienen“, versetzte Milo grimmig. „Wir gehen jetzt rein. Over.“

„Hals- und Beinbruch. Over.“

Milo steckte das Walkie-Talkie in seine Jackentasche. Wir stiegen aus dem Wagen. Die Türen schlugen, ich betätigte per Knopfdruck die Zentralverriegelung. Lautlos verschwanden die Knöpfe in der Türverkleidung, die Schlüssel in meiner Jackentasche.

Wir betraten das Haus. Eine Stiege führte nach oben. Links davon war der Korridor zur Hintertür. Unter der Stiege führte eine Treppe in den Keller. Einen Aufzug gab es nicht. Aber auch keinen Portier, der uns mit irgendwelchen überflüssigen Fragen nur aufgehalten hätte.

Wir erklommen die Treppe. Obwohl das Haus erst vor Kurzem renoviert worden war, hatten schon wieder selbsternannte Künstler – ich benutze aber lieber den Ausdruck Schmierfinken – die Wände mit allen möglichen sexistischen und rechtsradikalen Parolen „verschönert“.

Auf jedem Treppenabsatz gab es ein großes Fenster, so dass es in dem Treppenhaus verhältnismäßig hell war.

In der 3. Etage lag die Wohnung des Perverslings. Es gab eine Klingel mit seinem Namensschild. Es war aus Messing und kunstvoll graviert. In die Tür war ein Spion eingelassen. Ich legte mein Ohr an die Türfüllung. Kein Laut drang aus der Wohnung.

„Eine fast andächtige Stille da drin“, knurrte ich.

„Wir werden ihre Andacht ganz profan stören“, versetzte Milo und legte seinen Daumen auf die Türklingel. Im Flur hinter der Tür machte es einige Male „Ding-dong“.

Wir postierten uns zu beiden Seiten der Tür. Die SIGs steckten noch in den Holstern. Wir hofften, dass ihr Einsatz nicht notwendig werden würde.

Dann hörten wir in der Wohnung Geräusche. Wir vernahmen, dass jemand die Klappe vor dem Spion zur Seite schob. Dann erklang eine schmalzige Stimme: „Wer ist da draußen?“

„FBI“, rief ich. „Öffnen Sie die Tür, Moretti.“

Die Resonanz war zunächst atemlose Stille. Dann ertönte ein wüster Fluch, und dann eilten Schritte von der Tür weg. Eine andere Tür schlug.

„Will uns der Knabe doch tatsächlich nicht reinlassen“, kam es von Milo. „Ich hätte diesen Softy für freundlicher gehalten.

Sagte es und glitt vor die Tür. Ein saftiger Tritt, und sie flog auf. Holz splitterte. Sofort trat Milo wieder beiseite.

Ich lugte um den Türstock.

Aus der Wohnung ertönte Scheppern.

„Sie sind auf der Feuerleiter“, knurrte ich.

„Im Hof stehen Jay und Leslie“, versetzte Milo grinsend. „Die werden die Knaben in Empfang nehmen.“

Da peitschte ein Schuss. Ein zweiter krachte, wir hörten Geschrei – und erneutes Scheppern. Milos Grinsen war wie weggewischt. Wir schnappten die SIGs aus den Holstern. Während Milo sicherte, huschte ich um den Türstock, glitt an der Wand ein Stück entlang und fand Schutz in einer Türnische. Ich winkte Milo.

Er wollte gerade den Flur betreten, als an dessen Ende die Tür aufflog. Zwei Kerle drängten heraus. Sie hielten Pistolen in den Fäusten. Es waren die beiden Latinos mit den gelglänzenden Haaren und den dunklen Sonnenbrillen.

Sie schlugen auf Milo an. Milo war wie ein Kugelblitz wieder nach draußen verschwunden. Ich brüllte: „Waffen runter und Hände in die Höhe!“

Nun, die beiden Schönlinge ließen sich nicht beeindrucken von meinem Gebrüll. Sie rissen die Waffen hoch.

Ich feuerte. Sie ließen mir keine andere Wahl.

Milo schoss im selben Moment um den Türstock. Wir trafen beide den gleichen. Für Absprachen hatten wir in diesem Moment leider keine Zeit.

Der Mister brach zusammen wie eine Marionette, deren Schnüre der Puppenspieler sausen lässt. Der andere gab einen Schnappschuss ab und verschwand wieder in dem Raum, aus dem er gekommen war. Die Tür flog zu.

Der Donnerkrach der ineinander verschmelzenden Detonationen drohte mir in dem Flur die Trommelfelle zu zerreißen. Es roch nach verbranntem Pulver.

Im Treppenhaus hörte ich Milo ins Walkie-Talkie sprechen. Er sagte: „Es hat ‘ne Schießerei gegeben. Einer der Kerle liegt ziemlich leblos im Flur der Wohnung. Ruf den Emergency Service, Jay. Wie war‘s bei euch. Wir hörten zwei Schüsse.“

„Die Kerle wollten über die Feuerleiter die Fliege machen“, erwiderte Jay. „Als wir uns sehen ließen, feuerte sofort einer der Gangster. Leslie schoss zurück, aber weder der eine noch der andere trafen. Sie sind wieder in der Wohnung verschwunden.“

„Yeah“, sagte Milo. „Und da haben sie sich jetzt in der guten Stube verschanzt. Haltet weiter unten die Stellung, Jay. Wir werden hier oben unser Bestes versuchen.“

„Alles klar. Ende.“

Milo sagte in meine Richtung: „Alles bestens unten. Wir müssen jetzt die Pornographen da drin nur noch davon überzeugen, dass es gesünder für sie ist, das Handtuch zu werfen.“

Diesen Versuch startete ich. Laut ließ ich meine Stimme erklingen: „Nehmt Vernunft an, Leute. Wenn ihr aufgebt, ist die Strafe, die euch erwartet, erträglich, und nichts gegen das, was euch erwartet, wenn ihr weiterhin die hartgesottenen Gangster spielt.“

„Was wollt ihr überhaupt von uns?“, schrie jemand in dem Zimmer. Wahrscheinlich war es Claudio Moretti selbst, denn es war die Stimme eines Mannes, der schwul war bis in die Knochen. Und das – weiß Gott – war der schöne Claudio.

„Wir würden euch gerne festnehmen“, erklang es spöttisch von Milo. „Du hättest deine schmutzigen Finger aus dem Geschäft mit der Kinderpornographie herauslassen sollen, Claudio. Hast du wirklich gedacht, deine Adresse bleibt geheim, wenn du unter einem Decknamen mit deinen niederträchtigen Ferkeleien ins Internet gehst?“

„Was – was unterstellt man mir denn da?“, kam es fast weinerlich. „Ich habe doch nichts mit Kinderpornos am Hut. Werde ich vielleicht diskriminiert, weil ich schwul bin?“

„Du redest Unsinn, Moretti“, mischte ich mich lautstark ein. „Wenn du unschuldig bist, dann hast du ja nichts zu befürchten. Ich glaube aber nicht, dass du unschuldig bist. Was hätten deine Komplizen sonst für einen Grund, ein paar G-men mit den Waffen in Empfang zu nehmen?“

„Wir dachten … Nun, wir dachten …“

Dem Guten schien nichts Vernünftiges einzufallen.

„Siehst du, Claudio“, rief Milo, „und wird dachten auch. Wir dachten, wir schau‘n mal vorbei bei dir und seh‘n dir ein wenig auf die Finger. – Und jetzt mach endlich die Tür auf, denn unsere Zeit ist knapp bemessen, solange es Leute wie dich und deine Spießgesellen gibt.“

Da begann mein Handy in der Jackentasche zu dudeln. Ich biss die Zähne zusammen. Ausgerechnet jetzt!, durchzuckte es mich. Ich holte das Ding heraus und meldete mich. Am anderen Ende war Mr. McKee. Er sagte: „Sie wissen doch von den Attentaten mit den Anthrax-Briefen in der vergangenen Zeit, Jesse?“ Wahrscheinlich wollte der Chef gar keine Antwort hören. Seine Frage war wohl rein rhetorisch, denn er fügte sogleich hinzu: „Heute hat ein solcher Brief das Field Office New York erreicht.“

Jetzt wusste ich auch, weshalb die Stimme des Chefs leicht erregt klang. Mir zog sich der Magen zusammen und stellten sich die Nackenhaare auf!

3

Ich atmete tief durch. Die Nachricht traf mich wie ein Schock. Ich musste sie erst mal durch meine Gehirnwindungen sickern lassen und verarbeiten. Dann entrang es sich mir endlich: „Gütiger Himmel. Hat jemand das Zeug angefasst oder eingeatmet?“

„Der Mann in der Poststelle. Er wurde sofort ins Hospital überführt. Also noch innerhalb Inkubationszeit. Ich habe mich erkundigt. Er wird mit Ciprofloxacin behandelt. Er ist außer Gefahr.“

„Das ist doch Irrsinn!“, knurrte ich in die Sprechmuschel. „Was will der Attentäter damit erreichen? Er …“

„Das Brief war an mich persönlich adressiert, Jesse“, unterbrach mit der Chef. „Es gibt also nur zwei Möglichkeiten: Entweder er wollte das FBI am Kopf treffen, oder es ist eine persönliche Sache, eine Vergeltungstat.“

Ich schluckte. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein geistesgestörter Gangster dem FBI den Krieg erklärte. „Sir“, sagte ich, „wir sind gerade dabei, Claudio Moretti und einige seiner Porno-Freunde hops zu nehmen. Es hat eine Schießerei gegeben, und einer der Kerle liegt in seinem Blut. Wenn das hier vorbei ist, kommen wir unverzüglich zur Federal Plaza. In Ordnung?“

„Natürlich, Jesse. Geben Sie auf sich Acht.“

Wir beendeten das Gespräch, ich ließ das Mobiltelefon wieder in die Jackentasche gleiten.

In diesem Moment wurde auch die Tür geöffnet, hinter der sich die Porno-Mafioso verschanzt hatten. Nacheinander kamen die vier Burschen heraus. Zuerst Claudio Moretti. Er war hager, in seine fast schwarzen Haare hatte er blonde Strähnen hineingefärbt. Er bewegte sich mit tänzelnden Schritten, sein Kopf war etwas schief gelegt, und er gab sich alle Mühe, cool zu sein.

Aber in seinem Pferdegesicht zuckten die Nerven. Seine Nasenflügel bebten. Er schaute mich mit einer Mischung aus Angst, Unsicherheit und Betretenheit an. Der schwule Claudio war den Tränen nahe.

Ihm folgte der dunkel bebrillte Latino, den wir vorhin noch mit einer Pistole sahen, brav die Hände in Schulterhöhe erhoben. Dann kam der Typ ins Jeans und im Freizeithemd, und schließlich auch der vierte Mann.

Ich winkte mit der SIG und bedeutete Moretti, an mir vorbei ins Treppenhaus zu marschieren. Die anderen tippelten hinterher. Nacheinander nahm Milo sie in Empfang, klopfte sie nach Waffen ab, und als er festgestellt hatte, dass sie sauber waren, sagte er grinsend: „Und nun im Gänsemarsch die Treppe runter und raus auf den Gehsteig. Leider müssen wir eure edlen Handgelenke mit Stahlbändern verschandeln und euch zum FBI-Building verfrachten. Tut mir wirklich leid um eure schöne Freiheit, Leute.“

Die Stimme meines Freundes triefte vor Zynismus. Er hatte für die Art von Gangstern – ebenso wenig wie ich –, nicht das geringste Verständnis. Wer Kinder in das meist sowieso schon sehr schmutzige Geschäft mit der Pornographie hineinzog, durfte von uns einfach kein Entgegenkommen oder sonst eine für ihn positive Gemütsregung erwarten.

Milo sagte ins Walkie-Talkie: „Wir kommen jetzt mit den Kerlen hinunter, Jay. Richtet vier Paar Handschellen her. Was ist mit dem Krankenwagen?“

„Ich hab ihn über den Notruf angefordert. Okay, Milo, wir warten.“

Wir dirigierten die Kerle die Treppe hinunter. Unten warteten die vier Kollegen. Handschellen klickten. Und da hörten wir auch schon die Sirene des Ambulanzfahrzeugs. Der durchdringende Klang näherte sich schnell.

Ich sagte: „Vorhin hat mich Mr. McKee angerufen. Ein Anthrax-Brief ist im Building eingegangen. Er war an Mr. McKee persönlich gerichtet, wurde aber wohl in der Poststelle versehentlich geöffnet.“

Ich sorgte mit meiner Eröffnung für Betroffenheit und Erschütterung.

„Beim Henker!“, entrang es sich schließlich Jay Kronburg. „Jetzt beginnt man also, das FBI selbst mit derart fiesen und niederträchtigen Anschlägen zu torpedieren. Wurde jemand in Mitleidenschaft gezogen?“

Ich berichtete, was ich vom SAC wusste.

Allgemeines Aufatmen war die Resonanz.

Da rauschte auch schon der Emergency Service heran. Zwei Sanitäter und ein Notarzt sprangen aus dem Wagen. Milo schickte sie in den dritten Stock. Ich wandte mich an die Kollegen. „Bringt Moretti und sein Gefolge ins Building. Milo und ich sehen uns kurz in der Wohnung um und versiegeln sie. Denn Rest soll die Spurensicherung machen. Wir kommen dann sofort nach.“

„Alles paletti“, meinte Blacky, unser Dressman. Er trug wie immer einen piekfeinen Anzug, ein blütenweißes Hemd und eine teure Seidenkrawatte.

„Du meinst Moretti“, griente Jay ihn an, dann nahm er den Italoamerikaner am Oberarm und bugsierte ihn zu einem der Einsatzfahrzeuge, die ein ganzes Stück entfernt abgestellt waren.

Milo und ich stiegen noch einmal in die 3. Etage hinauf. Der Notarzt war gerade dabei, den Gangster im Korridor der Wohnung zu untersuchen. Er schaute skeptisch, als er den Blick hob und auf uns richtete. „Sieht nicht besonders gut aus“, meinte er. „Zwei Einschüsse. Einen in der Brust, den anderen im Oberschenkel. Ich kann nur versuchen, ihn am Leben zu erhalten, bis er in den OP kommt.“

Der verwundete Latino-Typ war bewusstlos.

Wir betraten den Raum, in dem sich das Quintett verschanzt hatte. In einem Schrank stießen wir wohl auf gut 300 Videokassetten. Ich schaltete den Fernseher an und stellte den Videokanal ein. Milo schob eine x-beliebige Kassette in den Recorder.

Was wir dann sahen, drehte uns den Magen um. Wir schalteten sogleich wieder aus. Ich rief die Kollegen von der Spurensicherung an. Dann warteten wir, bis der Verletzte abtransportiert war.

Wir schlossen die Wohnungstür ab und versiegelten sie.

Dann rannten wir hinunter und warfen uns in den Wagen. Ich fuhr nach Süden. Während der Fahrt wandte sich Milo an mich:

„Was denkst du, Partner? War es ein Racheakt, oder stecken Terroristen dahinter. Vielleicht die Al-Qaida-Zelle New York, der wir ja einige empfindliche Verluste zugefügt haben?“

„Ich weiß es nicht“, erwiderte ich wahrheitsgemäß. Ich hob die Schultern, ließ sie wieder sinken und fügte hinzu: „Die Al-Qaida hat es auf eine Maximierung der Tötung abgesehen. Sie gibt sich gewiss nicht mit ein paar Bio-Briefbomben ab, denke ich. Nun, ich vertrete eher die Einzeltäter-These. Der Chef wird wohl in sich gehen und nachdenken müssen. Vielleicht fällt ihm ein, ob er irgendwann mal jemand auf die Zehen getreten ist, der im US-Biowaffen-Forschungsprogramm tätig war.“

„Unsere Spurenleser werden herausfinden müssen, ob das Zeug in der Garage nebenan hergestellt wurde, oder ob es tatsächlich aus einem Labor stammt“, murmelte Milo.

Die Unterhaltung schlief wieder ein.

Schließlich erreichten wir die Federal Plaza. Mit dem Aufzug fuhren wir aus der Tiefgarage nach oben.

4

Die Postzentrale im Building war verschlossen und versiegelt. Wir begaben uns zum Büro des SAC und ließen uns von Mandy anmelden. Im nächsten Moment standen wir dem Chef gegenüber. Das heißt, wir platzten in eine Versammlung von G-men. Da waren die beiden Girls Annie Francesco und Jennifer Johnson, der Vertreter des Chefs, Clive Caravaggio, George Maxwell, Blacky … Nur um einige aufzuzählen.

Auch Jay Kronburg war anwesend, und ich nahm an, dass er dem Chef bereits berichtet hatte, wie unsere Aktion bei Claudio Moretti verlaufen war.

Mr. McKee sagte laut, klar und mit präziser Stimme: „Was den Anschlag anbetrifft, so habe ich eine absolute Nachrichtensperre veranlasst. Ich bin zwischenzeitlich zu dem Ergebnis gekommen, dass es es sich um einen Vergeltungsakt handelt.“

Er schaute in die Runde, schien in unseren angespannten Gesichtern zu lesen, dann sprach er weiter: „Vor mehr als zehn Jahren sind bei USAMRIID fast dreißig Proben von gefährlichen Kulturen, darunter Anthrax-Bakterien, Hanta- und Ebola-Viren, spurlos verschwunden. Es verschwanden nicht nur gefährliche Proben, es wurde nachts auch heimlich in den Laboren gearbeitet. Während dieser Nachtschichten wurde unkontrolliert mit den Kulturen experimentiert und später kristallisierte sich heraus, dass führende Mitarbeiter des Instituts das Zeug mit verbrecherischen Absichten herstellten.“

Der Chef machte eine Pause.

Jeder von uns wusste, was es mit der Abkürzung USAMRIID auf sich hatte. Es handelte sich um das Zentrum der medizinischen B-Waffen-Defensivforschung in den USA, und es befand sich in Fort Detrick.

Der SAC fuhr mit gesenkter Stimme fort: „Die Sicherheitsvorkehrungen wurden damals in dem Institut recht lasch gehandhabt. Diese lasche Handhabung kam ans Tageslicht, als ein ägyptisch-stämmiger Wissenschaftler namens Elamin Kisha eine Diskriminierungsklage führte. Der Leiter des Instituts, Dr. Mark Mossman, flüchtete nach New York und versuchte hier unterzutauchen. Da es um die nationale Sicherheit ging, schaltete ich mich persönlich in die Ermittlungen ein, und es gelang mir, den ehrenwerten Doktor zu überführen.“

Mr. McKee ließ seine Worte wirken. Nicht, um etwa Eindruck zu schinden. Nein, dazu war er nicht der Mann. Er unterbrach seine Erklärungen für kurze Zeit, damit wir Zeit hatten, alles verstandesmäßig zu verarbeiten.

Voller Erwartung hingen die Augen sämtlicher Agenten an seinem Mund. Also hub er wieder an:

„Der Doktor hatte zu rechtsextremistischen Kreisen in New York Beziehungen aufgebaut, die wiederum zu ausländischen, hauptsächlich arabischen Extremisten Kontakt hatten. Er bot den Terroristen an, ihnen sein Wissen zur Verfügung zu stellen – gegen harte Dollars natürlich. Sein Plan, schnell reich zu werden, brachte Mossman zehn Jahre auf Rikers Island ein. – Nun, die Zeit dürfte vor einigen Monaten abgelaufen sein. Sollte Mossman wegen guter Führung vorzeitig entlassen worden sein, dann eventuell schon vor zwei oder drei Jahren.“

„Und nun sind Sie der Meinung, Sir, dass Ihnen dieser Dr. Mossman den tödlichen Liebesbrief schickte“, stellte Milo mit Galgenhumor fest.

„Ja, Milo. Es ist nicht auszuschließen, dass er guten Kontakt zu einem Angestellten in einem der etwa fünfzehn Labors hat, in denen – oftmals verdeckte – Biowaffen-Forschungsprogramme betrieben werden. Es ist anzunehmen, dass das eine oder andere dieser Programme in der Weiterentwicklung besonders aggressiver Anthrax-Erreger besteht.“

„Dann müssen wir uns eben auf die Fährte des Dr. Mark Mossman heften“, gab ich zu verstehen. „Und wenn wir an ihrem Ende angelangt sind, dann werfen wir dem Doktor einen etwas schärferen Blick unter den Hutrand.“

„Sie kommen mir zuvor, Jesse“, sagte Mr. McKee. Er deutete ein Lächeln an. „Ich beauftrage Sie und Milo mit dieser Mission. Die Sache Moretti haben Sie erledigt. Also stehen Sie für einen neuen Fall zur Verfügung.“

Ich nickte. „Werden Moretti und seine Kumpane bereits vernommen?“, fragte ich.

Jay Kronburg entband Mr. McKee einer Antwort. „Ja. Wir haben sie unseren Vernehmungsspezialisten übergeben. Wetten, dass sie bis zum Abend die Namen ausgespuckt haben, die uns im Zusammenhang mit dem Pornoring interessieren.“

„Du findest keinen, der mit dir wettet“, knurrte Milo. „Denn jeder weiß, dass du diese Wette gewinnst. Softy Moretti hält den Fragen keine zwei Stunden stand. Dann singt er wie ein Vogel.“

„Das war‘s, Gentlemen“, rief der SAC. „Sie allerdings, Jesse, Milo, bleiben noch hier. Wir müssen in der Sache einige Details besprechen.“

„Gibt‘s Kaffee?“, fragte Milo hoffnungsvoll, mit einem listigen Grinsen um die Lippen. „Ohne Kaffee kann ich geistig immer so schlecht folgen.“

„Bis zum Abwinken“, knurrte Jay und deutete auf die Warmhaltekanne, die auf dem Konferenztisch stand.

Wir bekamen gierige Augen. Mandys Kaffee war immer das Tüpfelchen auf dem i, wenn wir beim Chef zum Rapport oder zu einer Lagebesprechung waren.

5

Milo und ich begannen auf Rikers Island. Wir erfuhren, dass Dr. Mark Mossman seine Haft bis zum letzten Tag abgesessen hatte. Seine Entlassung erfolgte vor sechs Monaten.

„Hat er einen Wohnort angegeben, als er entlassen wurde?“, wollte ich wissen.

„Ja“, erhielt ich zur Antwort. „Queens, genauer gesagt Forest Hills, hundert-zwölf Harrow Street. Ob das stimmt, haben wir allerdings nicht geprüft. Dadurch, dass er nicht vorzeitig entlassen wurde, steht er auch nicht unter polizeilicher Kontrolle oder unter der Obhut eines Bewährungshelfers.“

Wir fuhren nach Queens. Bei dem Haus Nr. 112 in der Harrow Street handelte es sich um ein Einfamilienhaus mit verspielten Erkern und einer angebauten Garage. Zwischen Haus und Gehsteig war eine gepflegte Rasenfläche, die Zufahrt zur Garage war geteert. Das Haus war aus Holz und grau gestrichen. Die Fensterrahmen waren weiß. Eine gelungene Komposition, wie ich fand. Um mich jedoch von einer zu erwartenden Verbal-Attacke meines Freundes und Partners zu schützen, sprach ich es lieber nicht aus.

Da wir ja lediglich mal mit Dr. Mossman sprechen wollten, hatten wir es nicht nötig, heimlich aufzutreten. Also fuhren wir direkt vor dem Haus an den Bordstein. Wenig später läuteten wir an der Haustür.

Eine Frau Ende 20 öffnete uns. Uns verschlug es zunächst mal die Sprache. Sie war dunkelhaarig, ihr Gesicht war gebräunt und ebenmäßig, sie war mittelgroß und sehr schlank – kurz und gut, diese Lady war eine faszinierende Erscheinung.

Ich hörte Milo neben mir hart schlucken. Wahrscheinlich lief dem alten Lustmolch bei ihrem Anblick das Wasser im Mund zusammen wie einem deutschen Schäferhund, dem man eine Hundewurst vor die Nase hält.

Aus tiefblauen Augen schaute die Frau fragend von einem zum anderen. Dann sprangen ihre sinnlichen Lippen auseinander. „Was kann ich für Sie tun, Gentlemen?“

Ihre Stimme klang angenehm, ihre Sprache war klar.

„FBI“, sagte ich und zeigte der Schönen meine ID-Card. „Wir hätten gerne Mr. Dr. Mossman gesprochen. Er soll hier wohnen.“

Ein Schatten lief über ihr schönes Gesicht. Es schien sich um einige Nuancen zu verdunkeln. Nach kurzer Überlegung erwiderte sie: „Dr. Mossman ist mein Vater. Als wir damals aus Maryland fliehen mussten, kaufte er dieses Haus. Ich habe von meinem Vater nichts gesehen, seit er aus dem Gefängnis entlassen wurde. – Wieso FBI? Mein Vater hat seine Strafe abgesessen. Er ist resozialisiert. Was wollen Sie von ihm?“

„Das wollten wir eigentlich ihrem Vater selbst sagen, Miss …“

„Mrs. Johnson – Ann Johnson, G-man. Mein Mann kam allerdings vor drei Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben.“

„Tut mir leid“, murmelte Milo, dann fuhr er mit etwas erhobener Stimme fort: „Ihr Vater ist nicht bei Ihnen erschienen, nachdem er vor einem halben Jahr entlassen wurde?“ Milo schaute ziemlich skeptisch aus der Wäsche.

Sie sah ihn fest an. „Nein. Wenn er diese Adresse angegeben hat, dann wohl nur, um einen festen Wohnsitz nachzuweisen.“

„Wohin könnte er sich nach seiner Entlassung sonst gewandt haben?“, wollte ich wissen.

Sie richtete ihren Blick auf mich. Ein sonderbares Gefühl durchrieselte mich. Auf dem Grund ihrer Augen sah ich ein wachsames, misstrauisches Glimmen. „Ich weiß es nicht – wirklich nicht. Ich habe ihn jeden Monat einmal im Gefängnis besucht. Ich wollte ihn auch abholen am Tag seiner Freilassung. Doch das lehnte er ab. – Entschuldigen Sie, G-men, ich lasse Sie hier einfach vor der Tür stehen. Kommen Sie doch rein. Im Sitzen redet es sich bestimmt bequemer.“

Wir traten uns gegenseitig fast auf die Zehen, als wir uns an ihr vorbei in den Hausflur drängten. Milo schoss mir einen vielsagenden Blick zu.

Dann saßen wir ihr im Livingroom gegenüber. Sie hatte die langen, schlanken Beine übereinandergeschlagen. Unter dem knielangen Rock schauten wohlgeformte Waden hervor. Gewaltsam musste ich meinen Blick davon loseisen, ehe es peinlich wurde.

An ihrem etwas ironischen Lächeln erkannte ich, dass ihr nicht entgangen war, dass wir – und zwar beide – dem Bann erlegen waren, den sie auf uns ausübte.

Ich gab mir Mühe, auf die Verstandesebene zurückzukehren und sagte: „Gab er einen Grund an, weshalb er es ablehnte, von Ihnen abgeholt zu werden?“

Ann schüttelte den Kopf. „Nein. Ich fürchtete, dass er wieder auf dem Weg ist, eine Dummheit zu begehen. Ich beschwor ihn, ich flehte ihn an. Doch er beruhigte mich. Er versprach mir, nichts zu tun, was ihn erneut mit dem Gesetz in Konflikt bringen könnte. Dass ich aber seit einem halben Jahr nichts mehr von ihm gehört habe, beunruhigt mich immens.“

„Leben Sie allein hier?“, erkundigte sich Milo.

Ann nickte. „Meine Mutter hat sich damals von Dad scheiden lassen. Drei Jahre darauf ist sie gestorben. Raten Sie mal, woran.“

Ich hob die Brauen. „Jetzt sagen Sie bloß nicht, am Milzbrand“, entfuhr es mir.

„Haargenau“, erwiderte sie und schaute ernst. „Dad hatte bei USAMRIID mit Milzbrand-Erregern zu tun. Zunächst hatte ich den furchtbaren Verdacht, dass er jemand vom Gefängnis aus beauftragt hatte, Ma mit dem Erreger zu kontaminieren. Als ich ihn aber weinen sah, als ich ihm von ihrem Tod erzählte, als er mir versicherte, dass er sie – obwohl sie sich von ihm scheiden ließ –, immer geliebt hatte, war ich mir sicher, dass mein Verdacht grundlos war.“

„Hatte Ihr Vater während seiner Strafhaft Kontakte mit Leuten aus dem Bereich der B-Waffen-Forschung?“, wollte Milo wissen.

Ann verzog den Mund. „Nicht, dass ich wüsste.“

„Haben Sie eine Ahnung, wo Ihr Vater stecken könnte?“, fragte ich.

„Wenn ich sie hätte, dann hätte ich längst versucht, mit ihm Verbindung aufzunehmen. Das müssen Sie mir glauben, G-men.“

„Sollte er auftauchen oder sich bei Ihnen melden – würden Sie uns verständigen?“ Milo zückte schon seine Brieftasche und fingerte eine Visitenkarte heraus, die er ihr hinhielt.

Ann nahm sie und schenkte Milo einen wohlgefälligen Blick. Der Blick, den ich ihm schenkte, war weniger wohlgefällig. Er war wohl eher in die Kategorie giftig einzustufen.

„Special Agent Milo Tucker“, hörte ich Ann lesen. Dann nickte sie. „Natürlich, Mr. Tucker. Sollte er aber im Falle des Falles von mir wissen wollen, was das FBI von ihm will, was soll ich ihm dann sagen?“

„Es sind nur ein paar Routinefragen“, mischte ich mich ein, weil ich fürchtete, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. „Wirklich nur einige Fragen im Zusammenhang mit seiner damaligen Tätigkeit.“

Sie wiegte den Kopf. „Wenn das FBI die Finger im Spiel hat, dann ist das meist nicht so harmlos. Aber – gut. Sollte sich mein Vater bei mir melden, werde ich es ihm bestellen – oder Sie benachrichtigen.“

Mir fiel noch etwas ein. „Ist Ihnen etwas bekannt, Mrs. Johnson, ob Ihr Vater während seiner Zeit auf Rikers Island Kontakt zu irgendwelchen Ausländern geknüpft hat.“

„Wie sollte er? Er war ja eingesperrt.“

„Ich meine im Gefängnis.“

„Kann ich mir kaum vorstellen. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass mein Dad mit irgendjemand im Gefängnis Kontakt hatte. Die Leute um ihn herum waren in seinen Augen gemeine Verbrecher. Er selbst fühlte sich als etwas Besseres. Er beklagte sich oft bei mir, dass er nur von Unterprivilegierten und menschlichen Primaten umgeben sei. Er sah immer sich – seinen Intellekt – als das Maß der Dinge.“

„In Rikers Island sitzen auch hochrangige Leute. Führende Köpfe der Al-Quaida“, wandte ich gedehnt ein.

„Ich denke, die sind alle auf Guantanamo“, stieß Ann hervor.

„Nicht alle. Jene, die vor der Einrichtung Guantanamos verurteilt worden waren, sind nicht dort. Und deshalb sitzen einige hochkarätige Burschen noch in Rikers Island.“

Ann lachte auf. „Das wäre das Letzte, dass mein Dad sich mit Terroristen einlassen würde. Er verurteilte immer schon den Terrorismus auf das Schärfste. Er …“

„Es hat ihn aber nicht davon abgehalten, an terroristische Vereinigungen heranzutreten, und ihnen gegen harte Dollars sein Wissen auf dem Gebiet der B-Waffen-Forschung anzubieten.“

Ihre Miene verhärtete. „Das hat mein Dad immer abgestritten. Mir gegenüber beteuerte er fast bei jedem Besuch, dass er im Hinblick darauf zu Unrecht verurteilt wurde.“

„Wissen Sie, wer Ihren Vater damals überführte?“, fragte Milo. „Hat er irgendwann mal Rachegedanken diesem Mann gegenüber geäußert?“

„Nein“, versetzte Ann, „ich weiß nicht, wer Dad damals überführte. Es ist im Endeffekt auch egal. Er hat Mist gebaut und seine Strafe dafür erhalten. Vielleicht wurde er tatsächlich in einigen Punkten schuldig gesprochen, die ihm nicht anzulasten waren. Ich weiß es nicht.“

„Hat er mal geäußert, dass er sich rächen will für die Jahre im Gefängnis?“, wiederholte Milo seine Frage.

„Nein. Und das sage ich mit gutem Gewissen.“ Sie legte die Visitenkarte auf den Tisch.

Am liebsten hätte ich gefragt, ob sie von mir auch eine will. Aber ich verkniff es mir. Es wäre irgendwie nicht gut angekommen, fürchtete ich.

Ich erhob mich. „Rufen Sie uns an, Mrs. Johnson“, bat ich noch einmal. „Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass sich Ihr Vater in großer Gefahr befindet.“

Sie hatte sich ebenfalls hochgestemmt. Erschreckt schaute sie mich an. Ihre Brust hob sich unter einem erregten Atemzug. „Sie meinen …“

„Eben diese Kreise, von denen ich sprach. Vielleicht haben sie sich entschlossen, das Wissen Ihres Vaters auch ohne dessen Einwilligung anzuzapfen. Und diese Kerle hatten – im Gegensatz zu Ihrem Vater – Kontakt nach draußen.“

Auch Milos Gestalt wuchs in die Höhe. Er reckte die Schultern. „Wir dürfen in diesem Fall nichts außer acht lassen“, pflichtete er mir bei. „Meine Nummer haben Sie, Ann. Wenn sich Ihr Vater meldet, unter welchen Umständen auch immer, rufen Sie mich an.“ Er warf mir einen triumphierenden Blick zu und reichte Ann die Hand. „Ich verlasse mich auf Sie, Ann“, lächelte er aufmunternd.

Schließlich verabschiedete auch ich mich mit einem Händedruck. Dann standen wir draußen.

„Was meinst du?“, fragte ich Milo.

„Können solche Augen lügen?“, schwärmte er und befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen. „Ich denke, sie hat die Wahrheit gesagt, Partner“, fügte er dann ernst hinzu. „Und dein Einwand, dass sein Wissen irgendwelchen Bombenlegern sehr nützlich sein könnte, hat mir ziemlich zu denken gegeben.“

„Eines aber macht mich stutzig“, warf ich hin. „Weshalb ließ er sich nicht von Ann am Tag seiner Entlassung abholen?“ Ich hob die Hand, als Milo etwas erwidern wollte. Denn ich gab mir die Antwort selbst. „Er ließ sich von ihr nicht abholen, weil er etwas vorhatte, das er seiner Tochter nicht auf die Nase binden wollte. Es macht meiner Meinung nach die Entführungstheorie ziemlich zunichte.“

Wir setzten uns in den Wagen. Es war später Nachmittag. Wir beschlossen, noch einmal ins Büro zu fahren. Während der Wagen dahinrollte, fragte Milo etwas spöttisch: „Du bist doch hoffentlich nicht sauer, Partner, weil ich dir mit der Visitenkarte zuvorgekommen bin.“

Es klang fast eine Idee zu spöttisch. Ich bemerkte aus den Augenwinkeln, dass er mich von der Seite fixierte. „Ich und sauer?“, rief ich, blies die Backen auf und ließ die Luft lautstark aus. „War es denn keine dienstliche Obliegenheit, als du ihr die Visitenkarte gegeben hast, Milo? Du hegst doch nicht etwa schmutzige Hintergedanken?“

„Heiße ich denn Jesse Trevellian?“, frotzelte Milo.

„Ha, ha“, machte ich, dann steuerte ich den Sportwagen in eine Rechtskurve, und wäre Milo nicht angegurtet gewesen, wäre er mir wohl, von der Fliehkraft getrieben, auf den Schoss geflogen. Die Rache des kleinen Mannes!

6

Mr. McKee hörte sich an, was wir ihm zu berichten hatten. Mal sprach ich, dann ergänzte Milo meine Ausführungen, dann sprach wieder mein Freund und Partner, und ich fügte meine Anmerkungen hinzu.

Der Chef unterbrach uns kein einziges Mal. Als wir schließlich am Ende angelangt waren, schien er im Kopf Resümee zu ziehen, und dann meinte er: „Ja, ich erinnere mich. Mossman hat eine Tochter. Sie war damals siebzehn oder achtzehn Jahre alt.“ Er nickte wie zur Bestätigung seiner Worte. Er schaute von einem zum anderen von uns und murmelte dann: „Es ist gar nicht so abwegig, dass sich Mossman in der Hand irgendeiner Extremisten-Gruppe befindet, die von ihm in die Geheimnisse der professionellen Anthrax-Herstellung und überhaupt der B-Waffen-Produktion eingeweiht werden will.“

„Es kann aber auch eine Regierung dahinterstecken“, gab Milo zu bedenken. „Es gibt eine Reihe von Schurken-Staaten, die sicherlich mit B-Waffen experimentieren. Ich denke da nur an den Irak, an Libyen, an die Taliban, die im Untergrund nach wie vor aktiv sind.“

„Ich glaube nicht, dass mir das Hussein-Regime oder Gaddafi oder irgendwelche rechtsextremistischen Aktivisten der Hamas persönlich einen mit Anthrax infizierten Brief schicken“, widersprach Mr. McKee meinen Partner. „Abgesehen davon wird Hussein ziemlich vorsichtig sein. Die Anthrax-Briefbomben-Attentate erfolgten im Kielwasser des WTC-Anschlags. Bestünde auch nur der Hauch des Verdachts, dass Hussein seine Finger im Spiel hat, dann hätten unsere Streitkräfte Bagdad und einige andere Zentren des Irak wahrscheinlich schon in die Erdumlaufbahn bombardiert. – Nein.“ Der Chef schüttelte zur Bekräftigung seiner Aussage den Kopf. „Der Brief an mich hat damit nichts zu tun. Das war eine gezielte Attacke – und sie sollte nur mir schaden – ausschließlich mir. Es war ein Racheakt.“

„Liegt schon irgendeine Analyse vor?“, fragte ich. „Eine Analyse im Hinblick auf die biologischen, physikalischen und genetischen Eigenschaften sowie die chemischen Zusätze des eingesetzten Anthrax?“