Krimi Doppelband 190 - Pete Hackett - E-Book

Krimi Doppelband 190 E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: (349XE) Trevellian erschoss Mister McKee (Pete Hackett) Trevellian und die Menschenjagd (Pete Hackett) Als Bewaffnete in Jefferson City mehrere Schwarze töten, treten sie auf wie der totgeglaubte Ku-Klux-Klan. Ein Bürgerrechtler, der in New York darüber ein Buch schreiben will, wird ermordet. Der Verleger und zwei FBI-Agenten werden ebenfalls getötet. Die FBI-Agenten Trevellian und Tucker kommen einem tiefverwurzelten Rassismus und gnadenloser Brutalität auf die Spur.

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Seitenzahl: 381

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Pete Hackett

Krimi Doppelband 190

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 190

Copyright

Trevellian erschoss Mister McKee: Action Krimi

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Trevellian und die Menschenjagd

Krimi Doppelband 190

Pete Hackett

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Trevellian erschoss Mister McKee (Pete Hackett)

Trevellian und die Menschenjagd (Pete Hackett)

Als Bewaffnete in Jefferson City mehrere Schwarze töten, treten sie auf wie der totgeglaubte Ku-Klux-Klan. Ein Bürgerrechtler, der in New York darüber ein Buch schreiben will, wird ermordet. Der Verleger und zwei FBI-Agenten werden ebenfalls getötet. Die FBI-Agenten Trevellian und Tucker kommen einem tiefverwurzelten Rassismus und gnadenloser Brutalität auf die Spur.

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

COVER TONY MASERO

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Trevellian erschoss Mister McKee: Action Krimi

Krimi von Pete Hackett

Der FBI-Agent Jesse Trevellian lebt seit zwei Monaten in einer billigen Absteige und hat sich in Sheldons Mafia eingeschleust. Das FBI findet einfach keine Beweise gegen den Mann, denn niemand von seinen eigenen Leuten kennt ihn. Die Befehle kommen immer nur per Telefon. Erst als eine andere Gang Sheldon den Krieg erklärt und seinen Sohn umbringt, kommt Bewegung in die Sache. Doch bevor Jesse tatsächlich in der Organisation aufsteigen und dem Boss begegnen kann, soll er ein Paar Morde für ihn begehen. Eines der Opfer soll Mr. McKee sein.

Kapitel 1

Ich nannte mich John Vanderbildt. Seit fast zwei Monaten arbeitete ich im Untergrund. Es war mir gelungen, mich in Curt Sheldons Bande einzuschleichen. Es war nicht einfach gewesen. Aber ich hatte es geschafft, denn man hatte mir eine derart kriminelle Vergangenheit verpasst, dass die Bosse der Gang gar nicht an mir vorbei konnten.

Ich war natürlich einer eingehenden Überprüfung unterzogen worden. Man hatte versucht, mir Fallen zu stellen. Schließlich aber war ich als krimineller Profi durchgegangen. Doch Curt Sheldon war vorsichtig. Er lieferte mir keinen Hebel, der es den Kollegen ermöglicht hätte, zuzugreifen. Ich hatte den Gangsterboss noch nicht mal selbst kennengelernt. Nun bewegte ich mich in einem Sumpf aus Drogenhandel, illegalem Glücksspiel, Schutzgelderpressung und illegaler Prostitution.

Es war Abend. Der Kerl, der mir die Befehle gab, hieß Thomas Belknap. Ich arbeitete mit fünf weiteren Kerlen zusammen. Schläger, denen die Verworfenheit in die Gesichter geschrieben stand.

»Heute kannst du zeigen, was in dir steckt«, knurrte Belknap. Wir befanden uns im Nebenzimmer von Jay's Lounge, einer üblen Spelunke in der Lower East Side, und spielten Billard. Mein Gegner hieß Mac. Vor zwei Minuten war Belknap erschienen. Die anderen Schlägertypen saßen an einem Tisch und tranken Bier.

»Worum geht es?«, fragte ich und schlug mit dem Queue in die geöffnete linke Hand. Ich gab mich lässig. Mac vollführte einen Stoß. Wir spielten um zwanzig Dollar Einsatz. Die Kugeln klickerten. Ich sah, wie Mac mit dem Queue eine der Kugeln zurecht schob und sagte zwischen den Zähnen: »Wenn du bescheißt, Mac, dann gibt's eins auf die Mütze.«

Er zog schnell den Queue zurück. »Schon gut, schon gut.«

Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Belknap. »Also.«

Belknap verzog das Gesicht. »Warum bist du bloß so arrogant, Vanderbildt? Du hast bisher noch nichts gezeigt, was deine Überheblichkeit rechtfertigen könnte. Ich glaube, irgendwann rücken wir beide ganz entschieden zusammen.«

»Ich mach mir gleich in die Hosen«, knurrte ich. Dann fügte ich grinsend hinzu: »Du darfst sogar die Waffen bestimmen. Ich werde mich deinem Wunsch fügen.«

Belknaps Mundwinkel sanken verächtlich nach unten. »Hoffentlich hältst du auch, was du versprichst.«

»Dann spuck es endlich aus, worum es geht.«

»Delgado will nicht zahlen.«

»Wer ist Delgado?«

»Ihm gehören drei Bars hier in Manhattan. Der Boss meint, wir sollten ihm einen Besuch abstatten. Und ihr sollt nicht nur die Einrichtung in der Lagune Bar zerschlagen, sondern auch Delgado einen Denkzettel verpassen.«

Ich verzog den Mund. »Ich bin kein Schläger.«

»Du machst, was ich dir befehle. Wenn dir das nicht passt, dann kannst du verschwinden.«

»Ist schon in Ordnung«, versetzte ich, hob die Hand und zeigte Belknap die rechte Handfläche. »Warum gleich so aggressiv? War nur 'ne Feststellung. Sicher, du befiehlst, und wir führen die Befehle aus.«

»Gut, wenn du das begreifst. Ihr geht also heute Abend in die Lagune Bar und sorgt dort für Kleinholz.«

Einer der Kerle am Tisch sagte: »John will sich wohl die Hände nicht schmutzig machen. Er fühlt sich zu Höherem berufen. Du hast recht, er ist ein arrogantes Arschloch. Aber wir werden ihm die Flügel schon noch stutzen.«

Mein Blick verkrallte sich an dem Sprecher. »Willst du mir die Flügel stutzen, Mike?«

»Ich kann dich nicht leiden«, knurrte der Bursche. »Du hältst dich für was Besseres. Aber wir werden ja sehen, was in dir steckt.«

»Sicher, ich werde es euch allen zeigen. Aber jetzt haben wir ein Problem, Mike-Boy. Du hast mich beleidigt. Die Frage ist nun, welchem Umstand ich diese Beleidigung zuschreiben soll. Ist es Dummheit, oder bist ganz einfach nur frech und vorlaut?«

Ich konnte sehen, wie die anderen Kerle die Luft anhielten. Die Augen aller richteten sich auf Mike. Auf dessen Stirn schwoll die Zornesader an. Er stemmte sich schwerfällig am Tisch in die Höhe. Seine Brauen hatten sich zusammengeschoben, über seiner Nasenwurzel hatten sich zwei steile Falten gebildet, sein Gesicht hatte sich böse verkniffen.

Ich war gewiss nicht der Mann, der Streit suchte, und ich war grundsätzlich gegen körperliche Gewalt. Aber in diesem Fall musste ich mich durchsetzen. Ich musste mir in der Gang Respekt verschaffen. Denn noch war ich nur ein kleines Licht, gehörte ich zum Fußvolk, das die Schmutzarbeit zu verrichten hatte. Ich musste an die Bosse herankommen, deren Namen ich zwar kannte, für deren verbrecherische Aktivitäten ich jedoch noch keinen Beweis erbringen konnte. Das war meine Mission. Ich sollte die Mafia sprengen. Aber wir wollten nicht die kleinen Fische fangen, sondern Curt Sheldon und seinen Sohn Stanley. Das waren die Drahtzieher, das waren die Hintermänner. Sie galt es aus dem Verkehr zu ziehen. An diese beiden Gangster musste ich rankommen.

»Nenn mich nicht Mike-Boy«, grollte der Gangster. Er war zwar nur mittelgroß, aber gedrungen und sehr muskulös. Ein brutaler Zug hatte sich in seinen Mundwinkeln festgesetzt. Mit Augen, die hart waren wie Bachkiesel, musterte er mich. Sein Blick beinhaltete eine tödliche Drohung.

Ich zeigte mich unbeeindruckt. »Was hast du gegen diese Bezeichnung? Sie passt zu dir. Denn du hast den Verstand eines Zwölfjährigen. Setz dich wieder hin, Mike-Boy. Das ist sicher gesünder für dich.«

Mike schoss Thomas Belknap einen schnellen Blick zu. »Ich zertrete diesen arroganten Hurensohn wie einen Wurm!«, fauchte er und fixierte mich böse. »Was ich von dir übrig lasse, können sie zusammenfegen und in die Mülltonne werfen.«

»Ob das dem Boss gefällt?«, fragte ich mit einem schiefen Grinsen um die Lippen. »Wer ist das überhaupt? Ich würde ihn gerne mal kennenlernen. Man will schließlich wissen, für wen man arbeitet. Außerdem bin ich nicht der Mann, der mit einem Baseballschläger losmarschiert und Einrichtungen zertrümmert.«

Belknap lachte fast amüsiert auf. »Den Boss kriegst du nicht zu Gesicht. Eines Tages vielleicht. Dazu aber musst du erst Karriere machen bei uns. Verdammt, Vanderbildt, du strotzt wirklich vor Arroganz. Kerle wie du werden leicht aufmüpfig. Passt es dir bei uns nicht? Wenn es so ist, dann verschwinde. Es steht dir frei. Denk aber stets daran, dass du über alles, was du bisher gehört hast, die Schnauze halten solltest. Wir können nämlich höllisch ungemütlich werden, wenn einer versucht, uns ans Bein zu pinkeln.«

Mike schob sich näher. Seine Backenknochen mahlten. Er hatte die Hände zu Fäusten geballt. Die anderen Kerle verhielten sich abwartend. Anspannung machte sich breit. Die Atmosphäre mutete gefährlich und explosiv an. Die Luft schien zu knistern wie vor einem schweren Gewitter.

Einen Schritt vor mir hielt Mike an. »Du bist und bleibst ein arrogantes Arschloch.« Er spuckte die Worte regelrecht hinaus.

»Und du bist doof wie Bohnenstroh. Wobei ich dir gegenüber jedoch den Vorteil habe, dass ich meine Arroganz ablegen kann. Deine Dummheit aber …«

Mike griff ansatzlos an. Seine Rechte zischte auf mich zu, ich duckte mich und sie radierte über meinen Kopf. Das Gesicht des Kerls hatte sich verzerrt.

Ich hatte nicht vor, mich mit ihm auf einen Faustkampf einzulassen. Um das zu vermeiden, hatte ich einige Tricks auf Lager. Ich sprang zurück, richtete mich auf, er machte einen Schritt auf mich zu, und ich schlug ihm das Standbein vom Boden weg. Ein klassischer Fußfeger. Er krachte auf den Boden. Ich drückte ihm die Spitze des Queue auf den Kehlkopf. »Dein hirnloser Angriff bestätigt meine Auffassung von dir. Du stehst für mich auf der Stufe des Neandertalers. Wobei ich wahrscheinlich damit den Neandertaler beleidige.«

Belknap lachte blechern. »Du scheinst nicht von gestern zu sein«, stieß er hervor. »Aber jetzt ist es genug. Nimm den Queue von seinem Hals und lass ihn aufstehen.«

Mike beobachtete mich vom Boden aus mit tückischem Ausdruck. In seinen Augen loderte eine böse Flamme. Der Hass, der von ihm ausging, berührte mich wie ein heißer Atem. Ich nahm den Queue in die Höhe und trat einen Schritt zurück. »Ich lass mich nicht gerne beleidigen«, knurrte ich. »Schon gar nicht von einem, dessen IQ unter der Zimmertemperatur liegt.«

Mike rappelte sich auf die Beine. »Wir sind noch nicht fertig miteinander«, drohte er.

»Halt's Maul!«, fuhr ihn Belknap an. »Du nimmst jetzt auch Vernunft an, Mike. Sonst werde ich sauer. Wenn ihr euch gegenseitig nicht ausstehen könnt, dann geht euch soweit wie möglich aus dem Weg. Ich hoffe, ich habe mich verständlich genug ausgedrückt.«

»Reg dich nicht auf«, murmelte Mike und schaute mich an. »Okay, okay. Ich werde dich in Ruhe lassen, Vanderbildt. Das ändert jedoch nichts an meiner Auffassung dir gegenüber.«

Ich zuckte nur mit den Schultern und grinste herausfordernd.

»Ihr meldet mir Vollzug«, ordnete Belknap an. »Macht ganze Arbeit, Jungs. Führt Delgado vor Augen, dass wir nicht mit uns spaßen lassen.«

Belknap nickte mir zu, dann schwang er herum und verließ das Nebenzimmer.

»Wo ist die Lagune Bar?«, fragte ich.

»East Village, 11th Street.« Mike sagte es und musterte mich, als nähme er Maß.

*

Milo Tuckers Telefon klingelte. Der Agent schnappte sich den Hörer und hob ihn vor sein Gesicht. »Special Agent Tucker.«

»Guten Tag, Milo.« Es war Mr. McKee. »Haben Sie einen Moment Zeit?«

»Natürlich, Sir.«

»Dann kommen Sie doch gleich einmal zu mir.«

»Bin schon auf dem Weg.«

»Danke.« Es knackte in der Leitung. Milo legte auf, erhob sich, zog seine Jacke an und verließ das Büro. Auf dem Weg zum Büro des Assistant Directors traf er Sarah Anderson. Auch sie war auf dem Weg zu Mr. McKee. Milo reichte der attraktiven Kollegin die Hand, gleich darauf betraten sie gemeinsam das Vorzimmer. Mandy bearbeitete die Tastatur ihres Computers. Jetzt schaute sie auf, lächelte und sagte: »Geht nur hinein. Der Chef erwartet euch schon.«

Mr. McKee kam um seinen Schreibtisch herum, als die Special Agents das Büro betraten, reichte beiden die Hand, dann forderte er sie auf, an dem kleinen Konferenztisch Platz zu nehmen. Er setzte sich dazu. »Es gibt Arbeit«, sagte er.

»Darüber können wir uns auch so nicht beklagen«, meinte Milo und deutete ein vages Grinsen an.

»Ich weiß.« Der Assistant Director machte eine kleine Pause, dann sagte er: »Im Hafen hat der Zoll drei Container mit gefälschter Markenkleidung beschlagnahmt. Sie kommen aus Mexiko. Empfänger ist ein Großhändler namens Rodney Taylor. Produktpiraterie im großen Stil. Man hat den Fall ans FBI abgegeben. Ich will, dass Sie beide ein Team bilden, solange Jesse im Untergrund arbeitet. Sie haben dagegen doch sicher nichts einzuwenden?«

Mr. McKee schaute von einem zum anderen.

»Wie sollte ich?«, fragte Milo mit einem anzüglichen Grinsen in Richtung Sarah.

Der AD lächelte nachsichtig. Dann fuhr er fort: »Begeben Sie sich gleich zum Hafen und nehmen Sie die Ermittlungen auf. – Gibt es was Neues von Jesse zu berichten?«

»Ich habe seit über einer Woche nichts mehr von ihm gehört«, erwiderte Milo. »Jesse meinte, er müsse vorsichtig sein. Es hat fast zwei Monate gedauert, bis er Eingang in die Bande gefunden hat. Die Sheldons haben ihm noch keinen Hebel geliefert, an dem wir ansetzen können. Sie halten sich absolut im Hintergrund. Aber Jesse wird sich schon zur Spitze durchbeißen. Davon bin ich überzeugt. Und am Ende werden wir den Gangstern das Handwerk legen.«

»Sie sind Optimist, wie?«, fragte Mr. McKee lächelnd.

»Wir alle kennen Jesse«, versetzte Milo vielsagend. »Wenn er sich einmal in etwas verbissen hat …«

»Von einem V-Mann habe ich erfahren, dass sich in Südmanhattan eine neue Gang breitzumachen versucht«, wechselte Mr. McKee das Thema. »Namen sind mir leider nicht bekannt. Aber da dieses Gebiet die Sheldons kontrollieren, müssen wir uns möglicherweise auf einen Krieg zwischen den Banden vorbereiten. Darum wäre es mir sehr recht, wenn wir die Sheldons so bald wie möglich schachmatt setzen könnten. Das würde wahrscheinlich eine Menge Blutvergießen verhindern.«

»Jesse wird davon sicher auch Wind bekommen haben«, antwortete Sarah. »Vielleicht kann er nähere Angaben machen, und wir können das Übel im Keim ersticken.«

Mr. McKee legte die Stirn in Falten. »Sie meinen, man sollte sich der Gang widmen, die in die Domäne der Sheldons einzudringen versucht?«

Sarah nickte. »Man kann versuchen, sie zu hindern, Fuß zu fassen.«

Der AD wiegte den Kopf. »Damit ist uns nicht viel gedient. Wenn die Bande merkt, dass sie in Südmanhattan kein Bein auf die Erde bringt, versucht sie es in einem anderen Gebiet.« Mr. McKee schaute versonnen, nagte kurz an seiner Unterlippe, dann sprach er weiter: »Hinter solchen Kerlen steckt ein hohes Maß an krimineller Energie. Dem ist nur Einhalt zu gebieten, indem man sie hinter Schloss und Riegel bringt. Es nützt nicht viel, wenn wir die Bande vertreiben, Sarah. Wir müssen sie unschädlich machen.«

»Natürlich gebe ich Ihnen recht, Sir«, sagte Sarah.

Mr. McKee schaute auf seine Uhr. »Ich habe nicht viel Zeit. In einer halben Stunde nehme ich an einem Referat teil, das Sam Higgins, der Pressereferent des Senators, hält. Es geht um organisiertes Verbrechen. Der Senator möchte effektivere und effizientere Bekämpfungsmethoden erarbeiten lassen. Vor allen Dingen soll die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Polizeidienststellen optimiert werden.«

Milo und Sarah verabschiedeten sich. Milo lieh im Fuhrpark des FBI einen Buick aus. Sie fuhren zum Hafen. Die Container standen auf Pier 92. Sie waren vom Zoll versiegelt worden. Milo und Sarah begaben sich zur Zollabfertigung. Ein Beamter wurde abkommandiert, sie zu begleiten. Er öffnete die Container. Sie waren gestopft voll. Der Zollbeamte sagte: »Rodney Taylor, an den die Container adressiert sind, betreibt in Queens einen Großhandel mit Markenkleidung. Mit den gefälschten Labels hätte er einige hunderttausend Dollar verdient. Die Ware kommt aus Mexiko. Aber das ist noch nicht alles. Im doppelten Boden der Container haben wir insgesamt fünfzig Kilogramm Kokain im Wert von 2.000.000 Dollar sichergestellt. Wir haben die DEA eingeschaltet.«

DEA bedeutet Drug Enforcement Agency. Hierbei handelt es sich um die Behörde zur Bekämpfung von Drogenkriminalität.

»Nachdem wir die Ermittlungen wegen der Produktpiraterie betreiben«, sagte Milo, »wird man uns wohl auch die Ermittlungen in der Rauschgiftsache aufs Auge drücken. Wir werden mit der DEA Verbindung aufnehmen.«

»Um welche Marken handelt es sich?«, fragte Sarah.

Der Beamte nannte einige. Es handelte sich um Labels, die auf der ganzen Welt gekauft und getragen wurden. Namhafte Unternehmen, denen durch die Produktpiraterie Millionenschäden zugefügt wurden.

»Wer ist Absender der Ware?«

»Ein gewisser Juan Mendoza.«

»Señor Mendoza scheint sich nicht nur auf dem Gebiet der Produktpiraterie zu betätigen«, presste Milo zwischen den Zähnen hervor. »Wir werden wohl die mexikanische Polizei einschalten müssen. Nun, wir werden sehen.«

»Knöpfen wir uns Rodney Taylor vor«, sagte Sarah Anderson.

»Das ist im Augenblick unser Mann«, knurrte Milo.

Das Unternehmen befand sich in der Rose Avenue, gleich beim Kissena Park. Rodney Taylors Büro war teuer eingerichtet. Milo übernahm es, sich und Sarah vorzustellen. Taylor war ein großer Mann von etwas über fünfzig Jahren, dessen Haare bereits ergrauten. Er zeigte sich nervös. Seine Augen flackerten unruhig. »Was ist der Anlass Ihrer Vorsprache?«, fragte er. Seine Stimme klang belegt.

»Für Sie ist Ware angekommen«, versetzte Milo. »Drei Container voll.« Er beobachtete, während er sprach, Taylor scharf. In dessen Mundwinkeln zuckte es verräterisch. Er wich Milos Blick aus. Aber er sagte nichts. Die Unbehaglichkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Wie lange geht das schon?«, fragte Milo.

»Was meinen Sie?«

»Ich spreche von der gefälschten Markenkleidung.«

Taylor stieß die Luft durch die Nase aus. Seine Schultern sanken nach unten. Er schien zu schrumpfen. »Mendoza ist vor einiger Zeit an mich herangetreten …«

»Sie versuchen also gar nicht, zu leugnen«, sagte Sarah.

Taylor senkte den Kopf. »Hätte es einen Sinn?«

»Wohl kaum«, antwortete Milo. »Wir müssen Sie mitnehmen. Es wird eine Anhörung geben, und dann wird sich entscheiden, ob gegen Sie Haftbefehl erlassen wird. Was jedoch die Regel ist, wenn ein Zentner Kokain im Spiel ist.«

Taylor zuckte zusammen wie unter einem Peitschenhieb. Er knetete seine Hände und schluckte würgend. »Damit habe ich nichts zu tun.«

»Wer dann?«

»Es war nur von Ware die Rede. Sie sollte abgeholt werden. Ich stellte keine Fragen und wollte damit auch gar nichts zu tun haben. Aber Mendoza meinte …«

Taylor brach ab.

»Was meinte er?«, fragte Sarah.

»Dass nichts schief gehen könne. Ich – ich bräuchte mich nicht weiter darum zu kümmern.«

»Für wen ist die – hm, Ware bestimmt?«, wollte Milo wissen.

»Ich habe keine Ahnung.«

»Sie sollten sich als kooperativ erweisen, Mr Taylor«, murmelte Milo. »Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass Sie ein gewaltiges Problem am Hals haben. Es könnte nichts schaden, ein paar Punkte zu sammeln. Es hätte auf jeden Fall Auswirkungen auf das Strafmaß.«

»Ich weiß es wirklich nicht. Mendoza sagte mir nur, dass die Lieferung abgeholt werde. Ich bräuchte mich nicht darum zu kümmern.«

»Wann soll es abgeholt werden?«

»Auch das weiß ich nicht.«

»Ob Ihnen das Gericht diese Story abkauft ist fraglich.«

»Es ist so.«

»Okay, Mr. Taylor. Sie sind vorläufig festgenommen. Sie haben das Recht, zu schweigen …«

Milo klärte den Großhändler über seine Rechte auf. Dann klickten die Handschellen …

Milo veranlasste, dass die Container entleert und dann auf Taylors Betriebsgelände geschafft wurden. Von der DEA erhielt er grünes Licht. Er wollte dem Empfänger des Kokains eine Falle stellen.

Am späten Nachmittag rief Jesse an. Er sagte: »Heute habe ich meinen ersten richtigen Einsatz. Es geht um Schutzgelderpressung. Wir sollen Roger Delgado die Hammelbeine lang ziehen und in der Lagune Bar für Furore sorgen.«

»Sollen wir eingreifen?«

»Es wäre zu auffällig. Ich muss eben in den sauren Apfel beißen. Aber das muss sein, wenn wir am Ende den Sheldons das schmutzige Handwerk legen wollen. Noch halten sich die Kerle ausgesprochen bedeckt. Die Befehle überbringt nach wie vor Thomas Belknap.«

»Vielleicht sollte man ihn in die Mangel nehmen«, meinte Milo.

»Und was ist, wenn er schweigt? Nein! Ich kann es mir nicht leisten, Misstrauen gegen mich zu wecken und muss meine Rolle überzeugend spielen. Für mich ist es wichtig, meinen Stand in der Gang noch zu festigen. Von Mr. McKee habe ich grünes Licht.«

»Hast du etwas gehört, dass sich eine neue Gang in Südmanhattan etablieren möchte?«

»Nein. Wie kommst du darauf?«

»Mr. McKee weiß es von einem V-Mann. Hör dich mal um, vielleicht erfährst du Namen. Wäre sicher interessant, zu wissen, mit wem wir es gegebenenfalls zu tun bekommen. Vor allem dürfte Sheldon nicht tatenlos zusehen, wie jemand in sein Revier einbricht. Der Chef befürchtet einen Bandenkrieg.«

»Kein Grund zu Freude«, murmelte ich.

»Gelinde ausgedrückt«, antwortete Milo. Dann erzählte er Jesse von seinem neuen Fall. »Bin gespannt, wer das Kokain abholt«, schloss er. »Wer auch immer – er dürfte uns sicher sein.«

»Na, dann Hals- und Beinbruch«, wünschte Jesse.

*

Wir fuhren mit zwei Autos nach East Village, in die 11th Street. Die Lagune Bar war ein nobler Schuppen. Die Neonreklame über der Tür warf rotes Licht auf den Gehsteig. Es war 23 Uhr vorbei. Ein Türsteher lungerte herum.

Wir parkten. Ich fühlte mich alles andere als wohl in meiner Haut. Und ich hatte beschlossen, mich wo weit wie möglich zurückzuhalten. Außerdem wollte ich dafür sorgen, dass dem Besitzer des Schuppens keine allzu großen Schmerzen zugefügt wurden. Vielleicht überlegte er es sich auch und zahlte.

Wir stiegen aus. Es war ein verkommener Haufen, dem ich mich angeschlossen hatte. Diese Kerle waren niederträchtig, verschlagen und skrupellos. Wir waren zu sechst. In einem Pulk näherten wir uns dem Eingang. Der Türsteher trat uns entgegen und musterte uns misstrauisch. Wahrscheinlich sah er ein, dass er uns nichts entgegenzusetzen hatte, denn er nickte nur und sagte: »In Ordnung, ihr könnt hineingehen.«

»Du bist aber freundlich«, versetzte einer der Kerle, mit denen ich gekommen war, spöttisch.

Der Türsteher trat mit versteinertem Gesicht zur Seite. Er hatte begriffen, dass es nicht gut war, sich mit den Kerlen anzulegen. Scheinbar wusste er genau, wann er klein beigeben musste.

Wir betraten die Bar. Diffuses Licht empfing uns. Leise Musik war zu hören. Der Gastraum war in Nischen unterteilt. Die meisten Tische waren besetzt. Stimmengemurmel war zu hören. Irgendwo im Hintergrund lachte eine Frau. Hinter dem Tresen sah ich einen Mann um die vierzig. Er hatte einen Spitzbart.

Meine Kumpane verteilten sich im Gastraum. Mike ging zur Theke. Ich schloss mich ihm einfach an. Er schoss mir einen Seitenblick zu, sagte aber nichts. Wir erreichten den Tresen. Mike stemmte sich mit beiden Ellenbogen darauf, verschränkte die Finger ineinander und legte sein Kinn auf diese Brücke. »Hallo, Delgado.«

Der Angesprochene erschrak. Seine Gesichtszüge entgleisten regelrecht. Er setzte an, um etwas zu sagen, doch seine Stimmbänder versagten. Sein Blick irrte zwischen Mike und mir hin und her. Er hatte Angst. Sie sprach aus jedem Zug seines Gesichts.

»Du ahnst sicher, was uns herführt«, sagte Mike mit einem niederträchtigen Grinsen um die Lippen.

Delgado nickte wie unter Zwang und fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über das Kinn. »Hören Sie …« Delgados Stimme brach.

Die Gäste waren noch nicht aufmerksam geworden.

Ich mischte mich ein. »Es war nicht besonders klug von Ihnen, nicht auf das Angebot einzugehen«, sagte ich leise, aber eindringlich. »Sie haben aber noch Zeit, es sich zu überlegen. Ich warte genau zwanzig Sekunden.«

Mike musterte mich überrascht. Ich beachtete ihn nicht, sondern schaute Delgado an; zwingend, mit dem Blick Druck auf ihn ausübend, so, als wollte ich ihn hypnotisieren.

Delgado nickte nach kurzem Zögern. »Es ist in Ordnung. Wie viel?«

Mike nannte einen Betrag. Delgado ging zur Kasse, nahm ein Bündel Geldscheine heraus, zählte die genannte Summe ab, und reichte mir schließlich das Geld. Ich nahm es mit einem freundlichen Lächeln entgegen und gab es an Mike weiter. Der schob es in die Jackentasche. »Du sollst dennoch einen Denkzettel erhalten, Delgado«, knirschte Mike. »Nur, damit du …«

»Das wäre dumm«, unterbrach ich ihn. »In der Zeit, in der er seinen Laden renovieren und neu einrichten muss, macht er keine Umsätze. Delgado kann aber nur zahlen, wenn sein Laden floriert. Verstehst du das?«

Mike starrte mich mit offenem Mund an. Schließlich nickte er: »Ja, du hast recht. – Also, Delgado, in einem Monat kommen wir wieder. Ich hoffe für dich, dass du bei der Stange bleibst. Wie du siehst, spaßen wir nicht.«

Wir verließen die Bar. »Der Befehl lautete, Delgado einen Denkzettel zu verpassen«, knurrte Mike, der scheinbar jetzt erst über alles nachzudenken begann.

»Ich werde es vor Belknap verantworten«, erwiderte ich geduldig. »Ich habe Delgado dazu gebracht, zu zahlen, und damit habe ich dem Willen des Chefs Geltung verschafft. Nur das zählt, denke ich.«

*

Milo Tucker und Sarah Anderson waren als Angestellte des Großhandels getarnt. Die drei Container standen in einer Halle. Es war um die Mittagszeit, als ein Chevy in den Hof des Unternehmens gelenkt wurde. Zwei Männer saßen in dem Wagen. Sie hielten vor der Halle an und stiegen aus. Einer von ihnen war Mitte zwanzig, der andere etwa fünfunddreißig Jahre alt.

Milo Tucker verließ das Büro des Buchhalters der Firma und ging hinaus. Die beiden Kerle blickten ihm entgegen. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte Milo freundlich lächelnd.

»Ist Mr. Taylor zu sprechen?«

»Der ist im Moment leider verhindert. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«

»Wir wollen etwas abholen.«

Milo nickte und machte einige weitere Schritte auf die Kerle zu. Er machte ein verschwörerisches Gesicht. »Wenn ihr wegen der Container hier seid …«

»Sie wissen also Bescheid?«

»Ja.«

»Wir wollen nicht gestört werden.«

»Keine Sorge.« Milo ging zum Tor der Halle und öffnete es. Einer der beiden klemmte sich hinter das Steuer des Chevy und fuhr hinein. Der andere folgte zu Fuß. Milo grinste in sich hinein, als er hinter ihnen das Tor wieder schloss. Dann nahm er sein Handy aus der Tasche, holte eine Nummer aus dem elektronischen Telefonbuch, und stellte eine Verbindung her.

»Zugriff, Leute«, murmelte Milo. »Die Falle hat zugeschnappt.«

Es dauerte keine Minute, dann fuhr ein schwerer Buick in den Hof und versperrte die Ausfahrt aus der Halle. Die beiden Beamten stiegen aus und verbargen sich hinter geparkten Autos. Aus den Gebäuden des Unternehmens kamen ein halbes Dutzend Beamter und gingen ebenfalls in Deckung. Weitere zehn Minuten später wurde das Hallentor geöffnet. Der Chevy rollte in Richtung Ausgang. Als der Fahrer den Buick sah, der im Weg stand, trat er abrupt auf die Bremse. »Was ist das für ein Dummkopf?«, schrie er, nachdem er das Seitenfenster heruntergekurbelt hatte.

Sein Kumpan stand beim Tor. »Niemand zu sehen. Ich gehe mal hinüber …«

Der Kerl kam ins Freie und setzte sich in Richtung Verwaltungsgebäude in Bewegung. Als er den Bau betreten wollte, vertrat ihm ein Agent den Weg. Der Beamte hielt seine Dienstwaffe im Anschlag. »Keine falsche Bewegung. Umdrehen und Hände auf den Rücken.«

»O verdammt!« Der Gangster wollte sich herumwerfen und die Flucht ergreifen. Der Agent stellte ihm gedankenschnell ein Bein. Er krachte zu Boden. Ein Aufschrei entrang sich ihm, dann brüllte er: »Das ist eine Falle, Stan. Im Hof …«

Der Beamte bückte sich und schlug ihm die Pistole gegen den Kopf. Die Gestalt erschlaffte. Plötzlich wurde es ringsum lebendig. Ehe sich der Mann im Chevy versah, wurde er aus dem Wagen gezerrt und zu Boden gedrückt. Die Arme wurden ihm auf den Rücken gedreht, dann schnappten um seine Gelenke die Handschellen zu.

Milo öffnete den Kofferraum des Chevy. Da lag das Kokain in handliche Beutel verpackt.

Die beiden Gefangenen wurden ins Field Office gebracht. Milo und Sarah ließen den Jüngeren von ihnen in den Vernehmungsraum bringen. Er musste sich an den Tisch setzen. Milo hockte sich auf die Tischkante und verschränkte die Arme vor der Brust, Sarah nahm auf der anderen Seite des Tisches Platz.

»Sagen Sie uns Ihren Namen«, forderte sie.

»Sheldon – Stan Sheldon.«

Milo und Sarah wechselten einen überraschten Blick. In Milos Augen blitzte es auf. Es mutete an wie ein Signal.

*

Eine Viertelstunde später fanden sich die beiden Agents bei Mr. McKee ein.

»Uns ist ein großer Fisch ins Netz gegangen«, sagte Milo.

Der AD schaute fragend.

»Stan Sheldon«, erklärte Milo. »Wir haben ihn geschnappt, als er das Kokain in Taylors Betrieb abholte. Der andere Kerl heißt Bill Preston. Aber der spielt nur eine untergeordnete Rolle. Wir haben Sheldon auf frischer Tat ertappt. Und bei einem Zentner Kokain wird das Gericht sicher keine Gnade kennen.«

»Das wird seinem Vater gar nicht gefallen«, murmelte der AD. »Haben Sie Sheldon schon vernommen?«

»Ja. Erwartungsgemäß schweigt er verbissen. Aber was wir haben, genügt, um ihn für die nächsten Jahre hinter Schloss und Riegel zu bringen. Da könnte ihm selbst Jesus Christus nicht helfen – geschweige denn der alte Sheldon.«

»Wir werden sofort einen Bericht für den Staatsanwalt verfassen«, gab Sarah zu verstehen.

»Wann ist Taylors Anhörung?«, wollte der AD wissen und wechselte damit das Thema.

»Morgen Vormittag.«

»Sie sind sicher als Zeugen geladen.«

»So ist es.« Milo spitzte die Lippen. »Taylor hat sich bisher nichts zuschulden kommen lassen in seinem Leben. Ich denke, dass man ihn gegen Kaution und strenge Auflagen auf freien Fuß setzen wird.«

»Am Ende bekommt er die Quittung für seine gesetzeswidrigen Machenschaften«, murmelte Mr. McKee. »Und nur das zählt. – Von Jesse etwas gehört?«

»Er sollte gestern Abend zusammen mit einigen Kumpanen die Lagune Bar aufsuchen«, erwiderte Milo, »und dem Inhaber die heilige Mannesfurcht einjagen, weil dieser sich geweigert hat, Schutzgeld zu zahlen. Ob es dazu gekommen ist, weiß ich nicht. Nun, Jesse muss mit den Wölfen heulen, wenn er Erfolg haben soll.«

»Natürlich«, sagte Mr. McKee nickend. »Hat Sheldon schon einen Anwalt konsultiert?«

»Ja. Ben Miller von Miller & Sons. Aber auch der wird ihm nicht helfen können.«

»Gute Arbeit«, lobte der AD. »Machen Sie weiter so. Dann kann Jesse seinen Undercover-Einsatz vielleicht früher abbrechen als wir uns ausgerechnet haben.«

»Ich glaube nicht, Sir, dass wir über Stan Sheldon an seinen Vater rankommen. Bill Preston schweigt ebenfalls - wahrscheinlich aus Angst. Ich mache mir keine allzu großen Hoffnungen.«

»Was nun?«, fragte Sarah, als sie in Milo Tuckers Büro waren.

»Was wohl? Wir tippen einen Bericht. Das heißt, du tippst, ich diktiere. Wenn du der Meinung bist, meinen Ausführungen etwas hinzufügen zu müssen, dann tu dir keinen Zwang an.«

Milo grinste lausbubenhaft.

»Das verstehst du also unter Arbeitsteilung«, schnappte Sarah, zeigte Milo aber ein nachsichtiges Lächeln.

*

Curt Sheldon grollte: »Das FBI hat Stan geschnappt, als er auf dem Gelände von Taylors Großhandel das Kokain abholen wollte.«

»Verdammt! Wie konnte das geschehen?«

»Es ist geschehen und wir brauchen darüber nicht mehr zu debattieren. Die Frage ist, wie wir mit der Situation umgehen sollen.«

»Hast du Stan einen guten Rechtsanwalt besorgt?«

»Den Besten, den New York zu bieten hat. Aber bei einem Zentner Kokain dürfte Stan kaum mit einem blauen Auge davonkommen. Ich könnte mich ohrfeigen, weil ich ihn geschickt habe.«

»Dann hätten die Bullen an seiner Stelle einen anderen erwischt. Bei Stan können wir wenigstens sicher sein, dass er den Mund hält. War er allein?«

»Nein. Bill Preston wurde mit ihm verhaftet. Aber Preston weiß nichts. Von ihm geht keine Gefahr aus.«

»Dann wird Stan wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Wird Mendoza weiterhin liefern?«

»Wenn sie ihn in Mexiko nicht schnappen, gehe ich davon aus. Ich war gleich nicht dafür, dass Kokain in den Containern mit den gefälschten Labels zu befördern. Aber Mendoza hat meine Warnung in den Wind geschlagen. Und nun haben wir den Salat.«

»Alles läuft weiter wie gehabt, Curt. Du bist mir für einen reibungslosen Ablauf verantwortlich. Es geht um eine Menge Geld – für dich und für mich. Du darfst dich jetzt auf keinen Fall entmutigen lassen. Es muss ein paar Jahre auch ohne Stan gehen.«

»Keine Sorge, ich bleibe bei der Stange.«

»Ich wusste es. Kopf hoch, alter Junge, das Leben geht weiter.«

Kapitel 2

»Die Beteiligten in der Sache des Staates New York gegen Rodney Taylor mögen bitte in den Sitzungssaal kommen!«, rief der Gerichtsdiener. Der Staatsanwalt und der Verteidiger nahmen ihre Plätze ein. Die Zeugen – es handelte sich um einen Zollbeamten sowie um Milo und Sarah – setzten sich ebenfalls.

Rodney Taylor wurde in den Gerichtssaal gebracht. Er setzte sich neben seinen Rechtsanwalt, der ihn mit Handschlag begrüßte.

»Bitte erheben Sie sich.«

Der Richter kam durch eine Tür hinter dem Richtertisch.

»Zum Aufruf kommt die Sache des Staates New York gegen Rodney Taylor«, rief der Gerichtsdiener. »Den Vorsitz führt der ehrenwerte Richter George Hamilton.«

Der Richter setzte sich. Auch die Anwesenden ließen sich nieder. Der Vorsitzende schaute zum Tisch des Staatsanwalts. »Bitte, Herr Staatsanwalt, beginnen Sie mit Ihrem Vortrag.«

Der Vertreter der Anklage trug vor, was Rodney Taylor zum Vorwurf gemacht wurde. Nachdem er geendet hatte, wandte sich der Richter an den Angeklagten. »Was haben Sie dazu zu sagen? Bekennen Sie sich schuldig?«

Der Verteidiger erhob sich. »Ja, Euer Ehren, mein Mandant bekennt sich schuldig im Sinne des Vortrags des Anklagevertreters. Es handelt sich allerdings um ein Vergehen, und kein Verbrechen. Es besteht auch keine Fluchtgefahr. Mein Mandant ist verheiratet und sein Lebensmittelpunkt ist New York, sodass ich beantrage, meinen Mandanten gegen Kaution, deren Höhe ich ins pflichtgemäße Ermessen des Gerichts stelle, auf freien Fuß zu setzen.«

»Sie sprechen von einem Vergehen, Herr Rechtsanwalt«, versetzte der Richter. »So gesehen ist das schon richtig. Aber der Schaden, den Ihr Mandant dadurch angerichtet hat, dürfte beträchtlich sein.«

»Mein Mandant wird versuchen, den Schaden, soweit ein solcher überhaupt entstanden ist, gutzumachen.«

»Das wird man ihm sicher zur Auflage machen«, gab der Richter zu verstehen. »Durch das Geständnis Ihres Mandanten erübrigt es sich, die Zeugen zu vernehmen«.

»Ich bitte das hohe Gericht, nicht zu übersehen, dass in den Containern fünfzig Kilogramm Kokain geschmuggelt wurden«, so ergriff der Staatsanwalt das Wort. »Der Angeklagte wusste davon.«

Der Richter wandte sich an Taylor. »Was haben Sie uns dazu zu sagen?«

Wieder war es der Verteidiger, der das Wort ergriff. »Damit hat mein Mandant nichts zu tun. Sein Lieferant teilte ihm lediglich mit, dass sich in den Containern Ware befinde, die ein Dritter abhole. Dieser Dritte werde sich bei meinem Mandanten melden. Und das ist ja auch geschehen, wie wir in der Zwischenzeit wissen. Es hat zwei Verhaftungen gegeben. Mein Mandant hat mit Drogen nichts am Hut.«

»Haben Sie sich nicht gefragt, was das für Ware sein könnte?«, fragte der Richter und schaute dabei Taylor an, so dass dieser sich angesprochen fühlen musste. »Und sind Sie nicht zu dem Schluss gekommen – zu dem jeder vernünftig denkende Mensch in diesem Fall hätte kommen müssen –, dass es sich um illegale Ware handelt?«

»Ich ahnte, dass Drogen im Spiel waren«, sagte Taylor betrübt. »Mendoza meinte, es könne nichts schief gehen. Ich kümmerte mich nicht weiter darum.«

»Haben Sie Anhaltspunkte, Herr Staatsanwalt, dass es dem nicht so ist?«, fragte der Richter.

»Nein, Euer Ehren.«

»Wären Sie mit einer Freilassung gegen Kaution einverstanden, Herr Staatsanwalt?«

Der Angesprochene erhob sich. »Der Beklagte lebt sozial eingeordnet, und es ist wohl aufgrund der zu erwartenden Strafe nicht davon auszugehen, dass er zu fliehen versucht. Nachdem er gestanden hat, besteht auch keine Verdunklungsgefahr. Ich beantrage eine Kaution von 200.000 Dollar. Das dürfte angesichts des verursachten Schadens angemessen sein. Außerdem bitte ich den Reisepass einzuziehen.«

»Können Sie 200.000 Dollar bezahlen?«, fragte der Richter den Angeklagten.

»Ich werde das Geld aufbringen, Euer Ehren.«

»Sodann ergeht folgender Beschluss: Der Angeklagte Rodney Taylor wird gegen Zahlung einer Kaution von 200.000 Dollar auf freien Fuß gesetzt. Er ist freizulassen, sobald die Kaution bezahlt ist. Er hat seinen Reisepass bei der Staatsanwaltschaft zu hinterlegen.«

Fünf Stunden später war Rodney Taylor ein freier Mann. Sein Anwalt holte ihn ab. Er fuhr ihn nach Hause. Seine Frau Moira fiel ihm in die Arme. Sie war zwanzig Jahre jünger als der Textilgroßhändler. Eine ausgesprochen schöne Frau. Moira hatte lange, dunkle Haare, die in weichen Wellen über ihre Schultern und ihren Rücken fielen, und ein weiches, frauliches Gesicht. Sie war mittelgroß und schlank, aber dennoch wohlproportioniert, und sie verfügte über eine Ausstrahlung, der sich kaum ein Mann verschließen konnte.

Sie küsste ihren Mann. »Ich bin so froh, dass du wieder zu Hause bist. Wahrscheinlich wäre ich gestorben, wenn sie dich in Untersuchungshaft genommen hätten.«

»Es war dumm von mir, mich mit Mendoza einzulassen«, murmelte Taylor versonnen.

»Du wirst die Konsequenzen tragen, und …«

»Ja, das werde ich. Ich hoffe, mit einer Geld- oder Bewährungsstrafe wegzukommen. Wenn sich Mendoza wieder meldet, werde ich ihm klipp und klar sagen, dass ich mich nicht mehr an seinen dunklen Machenschaften beteilige. Ach was! Ich rufe ihn an. Großer Gott, ich war immer ein ehrlicher Mann - und nun dies.«

Der Rechtsanwalt räusperte sich. »Ich wollte mich nur noch verabschieden.«

Taylor schaute ihn an wie ein Erwachender, dann gab er ihm die Hand. »Vielen Dank noch einmal, Mr. Miller. Ich hoffe, Sie übernehmen meine Vertretung im Prozess. Ich kann doch auf Sie bauen?«

»Aber sicher doch.«

Der Rechtsanwalt setzte sich in sein Auto und fuhr weg. Arm in Arm betraten Rodney Taylor und seine Gattin das Haus, in dem sie wohnten. Es lag auf dem Terrain, das der Betrieb einnahm, allerdings ein wenig abseits. Man konnte dieses Haus ruhigen Gewissens als Villa bezeichnen. Das Wohnzimmer war teuer eingerichtet. Die Raummitte nahm eine schwere Polstergarnitur ein, an den Wänden standen Vitrinen mit viel Kristallglas, dazwischen hingen Ölgemälde und Aquarelle namhafter Künstler.

Rodney Taylor machte sich von seiner Frau frei und ging zum Telefon, das auf einem Board stand. Er nahm den Hörer aus der Station, dann suchte er im Register die Nummer Mendozas heraus und tippte sie. Es war eine Handynummer. Der Mexikaner meldete sich. Taylor sagte: »Ich komme soeben aus dem Gefängnis. Man hat mich gegen Kaution laufen lassen.«

»Moira hat es mir schon berichtet. Die Lieferung fiel der Polizei in die Hände. Das ist Pech. Wir werden das Geschäft wohl einige Zeit ruhen lassen müssen. Wenn erst einmal wieder Gras über die Sache gewachsen ist …«

»Kommt nicht in Frage, Juan. Ich steige aus. Das war mir eine Lehre. Wenn du weiterhin gefälschte Labels in die USA einführen willst, dann ohne mich. Und das ist mein letztes Wort.«

»Por Dios, Rodney, warum so rigoros? Wir haben Pech gehabt und werden ganz einfach vorsichtiger sein in Zukunft. Du kannst doch jetzt nicht einfach die Flinte ins Korn werfen.«

»Doch. Wir waren Freunde, Juan. Ich habe mich auf deine gesetzeswidrigen Machenschaften eingelassen. Nun sind wir aufgeflogen und mich erwartet nicht nur eine saftige Strafe, auch meine Reputation hat gelitten. Für mich ist Schluss.«

»Was sagt Moira dazu?«

»Was soll sie sagen?«

»Schon gut. War nur so dahergefragt. Sie ist deine Frau und sicher mit allem einverstanden, was du tust.« Mendoza seufzte. »Na schön, Rodney. Ich kann dich nicht zwingen, mir weiterhin Ware abzunehmen. Ich werde sicher einen anderen Abnehmer finden.«

»Du solltest dich lieber absetzen. Das FBI wird die mexikanische Polizei einschalten.«

Mendoza lachte. »Denkst du, ich habe gewartet, bis die Bullen kommen und mich abholen? Nach Moiras Anruf habe ich mich sofort dünn gemacht. Die Polizei wird nichts finden als eine Briefkastenfirma. Mich kriegen diese Dummköpfe nicht.«

»Sei nur nicht so überheblich. Du dachtest auch, das Geschäft mit den gefälschten Labels sei bombensicher. Und kaum, dass es richtig angelaufen ist, sind wir schon aufgeflogen. Ich weiß jetzt auch, für wen das Kokain bestimmt war. Es hat zwei Verhaftungen gegeben. Gott sei dank konnte ich das Gericht davon überzeugen, dass ich mit den Drogen nichts zu tun habe.«

»Schlaf eine Nacht darüber, Rodney. Morgen siehst du alles mit anderen Augen.«

»Du kannst mich nicht mehr umstimmen.« Taylor beendete das Gespräch und wandte sich seiner Frau zu. »Du hast Mendoza angerufen?«

»Er musste doch erfahren, dass ihr aufgeflogen seid. Ich musste ihn schließlich warnen.«

Taylor schaute misstrauisch. »Immer, wenn Mendoza hier war, ist er um dich herumgestrichen wie die Katze um den heißen Brei. Du hast geduldet, dass er dir den Hof machte.«

»Er ist ein Kavalier der alten Schule«, lachte Moira. »Und Komplimente hört jede Frau gern.« Schlagartig wurde sie ernst. »Du denkst doch nicht etwa, dass …«

Er winkte ab. »Sicher, Mendoza ist ein Süßholzraspler. Ich weiß, dass du mir treu bist. Es war dumm von mir.«

Er wandte sich ab und ging zur Badezimmertür.

Moira starrte ihm hinterher. Ihre Augen blickten hart und kalt.

*

»Ich will, dass du ihn ausschaltest«, sagte Mendoza.

»Aber warum?«

»Er will aussteigen. Seine Frau ist von ganz anderem Format. Taylor steht nur noch im Weg herum. Er hat die Hosen voll.«

»Willst du mit seiner Frau das Geschäft weiterhin durchführen?«

»Ja. Moira ist einverstanden. Die Gewinnspannen sind enorm. Schnell und leicht verdientes Geld. Ich werde die Ware künftig von Honduras aus in die Staaten schicken.«

»Und in diesem Fahrwasser das Rauschgift.«

»Richtig. Wirst du es für mich erledigen?«

»Nicht gerne. Nach der Sache mit meinem Sohn sollte ich etwas zurückhaltend sein. Ich muss zwar nicht befürchten, dass Stan redet, aber es ist möglich, dass die Bullen zwei und zwei zusammenzählen und jeden meiner Schritte überwachen.«

»Du würdest mir einen persönlichen Gefallen erweisen«, sagte Mendoza.

»Es geht um die Frau, nicht wahr?«

Der Mexikaner gab keine Antwort.

Curt Sheldon kaute auf seiner Unterlippe herum. Dann sagte er: »Okay, ich mache es. Aber nur, weil wir alte Freunde sind. Ich werde einen Mann damit beauftragen, von dem ich weiß, dass er saubere Arbeit leistet.«

»Ich danke dir.«

Mendoza beendete das Gespräch. Sheldon wählte eine neue Nummer. Eine Stimme meldete sich: »Belknap.«

»Du musst einen Hit für mich erledigen. Es geht darum, einem alten Freund einen Gefallen zu erweisen.«

»Um wen geht es?«

»Um Rodney Taylor.«

»Wann?«

»So bald wie möglich. Melde mir Vollzug, wenn die Sache erledigt ist.«

»Sollten wir nicht den Neuen testen, diesen Vanderbildt?«, fragte Thomas Belknap.

Sheldon überlegte nicht lange. »Nein. Der kommt schon noch zum Einsatz. Erledige das selbst.«

»Wie du meinst.«

»Noch etwas.«

Belknap, der schon auflegen wollte, knurrte: »Was?«

»Jemand versucht, sich ins Geschäft zu drängen.«

»Das wird dem oder denen schlecht bekommen«, erklärte Belknap.

»Noch wissen wir nicht, um wen es sich handelt. Und ein Gegner, den man nicht kennt, ist schlecht oder gar nicht einzuschätzen. Ich will, dass du dich darum kümmerst. Wenn du etwas herausgefunden hast, sag mir Bescheid.«

»Mach ich.«

Sie beendeten das Gespräch. Belknap wählte eine Nummer, dann sagte er: »Der Boss meint, dass sich jemand ins Geschäft drängt. Haltet mal die Augen offen, und wenn ihr irgendwelche Beobachtungen macht, dann berichtet es mir.«

»Ist in Ordnung«, sagte der Mann, den Belknap angerufen hatte.

*

»Wir müssen ein Exempel statuieren«, knurrte Craig Baldridge. »Ich meine, wir müssen Sheldon zeigen, dass er mit uns zu rechnen hat.«

Rich Anderson nickte. »Ich bin völlig deiner Meinung. Doch sollten wir uns nicht mit irgendwelchem Geplänkel aufhalten, sondern Nägel mit Köpfen machen.«

»Drück dich deutlicher aus.«

»Wir müssen einige von Sheldons Leuten umlegen. Nur so machen wir ihm mit Nachdruck klar, woher der Wind weht.«

»Nimmst du das in die Hand?«

»Wenn du meinst. Ich habe übrigens eine Idee. Damit können wir Sheldon wahrscheinlich bis in seinen Kern treffen.

»Was meinst du?«

»Nun, die Bullen haben Stan Sheldon mit einem Zentner Kokain erwischt. Dafür wandert er nach Rikers Island. Dort machen wir ihn fertig.«

»Hervorragend.«

*

Wir befanden uns in Jay's Lounge und spielten Billard. Mike Sutter hatte mich herausgefordert. Es ging wieder um zwanzig Dollar. Mike versenkte soeben eine so genannte Halbe, eine der zweifarbigen Kugeln also. Triumphierend schaute er mich an. »Du musst dich warm anziehen, wenn du gegen mich spielst. So leicht schlägt mich nämlich keiner.«

»Abwarten«, versetzte ich lässig.

Mike visierte mit dem Queue die weiße Kugel an, dann kam der Stoß. Die anderen vier Kerle, die zu unserer Gruppe gehörten, schauten zu. Als Mike auch diesen Ball versenkte, grinste einer und sagte: »Ich glaube, Vanderbildt, du hast heute deinen Meister gefunden. Schreib die zwanzig Bucks ruhig schon mal ab.«

»Schon möglich.« Ich zuckte ergeben mit den Schultern. »Ist ja schließlich nur 'n Spiel.«

Die Tür zum Gastraum stand offen. Eine Bedienung schaute herein. »Braucht ihr etwas?«

»Bring mir noch 'n Bier«, rief einer meiner Kumpane.

Die Bedienung verschwand. Aus dem Gastraum drang das Durcheinander von Stimmen vermischt mit Rockmusik, die im Hintergrund lief.

Mike vollführte den nächsten Stoß. Dieses Mal verfehlte er sein Ziel. Achselzuckend wandte er sich ab, ging zum Tisch, nahm sein Bierglas und trank einen Schluck.

In dem Moment, als ich mich über den Billardtisch beugte, um das Ziel aufzunehmen – die weiße Kugel nämlich, erschien in der Tür zum Gastraum ein Mann. Er glitt zur Seite und machte einem zweiten Kerl Platz. Die beiden erschienen mir ausgesprochen zielstrebig, also nicht wie jemand, der nachsehen wollte, ob ein Billardtisch frei war. In mir schaltete alles auf Alarm. Da griffen die beiden Kerle auch schon unter die Jacken. »Vorsicht!«, entfuhr es mir, dann warf ich mich zu Boden.

In der Tür erschien ein dritter Kerl. Und dann brüllten die Pistolen auf. Die Kerle am Tisch wurden herumgerissen und geschüttelt und fielen von den Stühlen. Mike brach zusammen. Ebenso schnell, wie der Spuk begonnen hatte, endete er wieder. Es roch nach verbranntem Pulver. In meinen Ohren hallten die Detonationen wider. Ich hielt meine Pistole in der Faust und äugte über den Billardtisch hinweg. Die drei Killer waren verschwunden.

Heiliger Rauch! Ich erhob mich. Eine eiskalte Hand schien nach mir zu greifen. Stöhnen erklang. Ich wandte mich den Männern zu, die am Boden lagen. Mike hatte die Augen geschlossen und atmete rasselnd. Auf seiner rechten Brustseite zeigte sich ein Blutfleck.

Ich holte mein Handy aus der Jackentasche und wählte die Nummer des Notrufs. Dann sagte ich: »In Jay's Lounge hat es eine Schießerei gegeben. Fünf Männer sind tot oder verletzt.«

In das Nebenzimmer drängten entsetzte Neugierige. Stimmen schwirrten durcheinander. Ich bahnte mir einen Weg durch die Meute und verließ die Kneipe. Draußen schwenkte ich den Blick die Straße hinauf und hinunter. Die Killer waren verschwunden, als hätten sie sich in Rauch aufgelöst. Ich schaute auf die Uhr. Es war Mitternacht vorbei. Kurzentschlossen rief ich Thomas Belknap an. »Die Gegenseite hat zugeschlagen.«

»Sprich nicht in Rätseln. Was ist los?«

»Mike und die anderen vier hat es erwischt. Plötzlich stürmten drei Killer in das Nebenzimmer von Jay's Lounge. Ehe wir richtig zum Denken kamen, krachte es. Und genauso schnell, wie sie gekommen waren, sind die Kerle wieder verschwunden.«

»Verdammt!«

»Ich hatte Glück«, sagte ich. »Ehe sie losballerten, konnte ich hinter dem Billardtisch in Deckung gehen.«

»Wie sahen die Kerle aus?«

»Wie hunderttausend andere Amerikaner auch. Außerdem hatte ich nicht die Zeit, mir ihr Aussehen einzuprägen.«

Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, denn einer der Kerle war mir wegen seiner roten Haare aufgefallen. Aber mein Wissen gab ich nicht preis. Um die Mörder sollte sich nicht Belknap kümmern, das war Sache meiner Kollegen.

In der Ferne war eine Sirene zu hören. Wahrscheinlich kam schon ein Fahrzeug der City Police, das sich in der Nähe befunden hatte.

»Ich mache jetzt Schluss«, sagte ich. »Die Bullen kommen.«

»Okay. Halte mich auf dem Laufenden.«