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Dieser Band enthält folgende Krimis: Trevelellian und der Moment des Killers (Pete Hackett) Trevellian und der Moment des Killers (Pete Hackett) Der Pate von Little Italy, Carlo Benaldi, wird bei der Hochzeit seiner Tochter ermordet. Noch während das FBI mit den FBI-Agenten Trevellian und Tucker ermittelt, kommt auch sein Nachfolger zu Tode, wenig später auch Benaldis Bruder. Ein Mann aus der Vergangenheit der beiden taucht auf und verlangt den Abgleich alter Schulden. Ist er wirklich der Drahtzieher der Morde?
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Seitenzahl: 254
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Krimi Doppelband 193
Copyright
Trevellian und die Stunden der Angst: Action Krimi
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Trevellian und der Moment des Killers
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Trevelellian und der Moment des Killers (Pete Hackett)
Trevellian und der Moment des Killers (Pete Hackett)
Der Pate von Little Italy, Carlo Benaldi, wird bei der Hochzeit seiner Tochter ermordet. Noch während das FBI mit den FBI-Agenten Trevellian und Tucker ermittelt, kommt auch sein Nachfolger zu Tode, wenig später auch Benaldis Bruder. Ein Mann aus der Vergangenheit der beiden taucht auf und verlangt den Abgleich alter Schulden. Ist er wirklich der Drahtzieher der Morde?
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Alles rund um Belletristik!
Krimi von Pete Hackett
Der Umfang dieses Buchs entspricht 112 Taschenbuchseiten.
Nach 25 Jahren wird Porter Riggs entlassen, der ehemals Bomber von New York genannte Mann ist voll von Hass auf die ganze Welt. Seine Frau ließ sich scheiden, die Kinder lehnen ihn ab, die ehemaligen Kumpane wollen ihn nicht unterstützen. Aber der größte Hass gilt FBI-Agent Jonathan McKee, der den Verbrecher damals festnahm. McKee muss sterben!
Es war 25 Jahre her, seit Jonathan D. McKee den Bomber von New York verhaftet und hinter Gitter gebracht hatte. Mr. McKee war zu dieser Zeit noch Special Agent gewesen.
Porter Riggs war damals zum Tode verurteilt worden. Die Strafe wurde in lebenslänglich umgewandelt. Und jetzt, nach 25 Jahren, wurde Porter Riggs aus dem Gefängnis entlassen.
Die Jahre im Knast hatten seinen Hass genährt. Es war ein Hass, der keine Zugeständnisse, kein Entgegenkommen und keine Versöhnung kannte.
Zwischenzeitlich war Jonathan D. McKee Chef des FBI Field Office New York geworden. Und jetzt, nach 25 Jahren, sollte die Vergangenheit mit grausam kalten Händen nach ihm greifen.
Stunden der Angst brachen an …
Hinter Porter Riggs schlossen sich die Tore von Sing-Sing. Riggs war ein großer, hagerer Mann mit grauen Haaren. Tiefe Linien zerfurchten sein Gesicht. Er war 66 Jahre alt.
Der Mann drehte sich nicht um, als er zur Omnibushaltestelle ging. Er war frei. Zurückzublicken bedeutete unter Umständen Unglück. Riggs war abergläubisch. An dem Tag, an dem ihn damals Jonathan D. McKee verhaftete, war ihm am Morgen eine schwarze Katze über den Weg gelaufen.
Riggs fuhr mit dem Linienbus nach New York. Früher wohnte er zusammen mit seiner Frau in East Village, 6. Straße. Aber nach seiner Verurteilung hatte sich seine Frau von ihm scheiden lassen. Sie hatte jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen. Auch die Kinder hatten sich von ihm abgewandt. Das schürte seinen Hass gegen Jonathan D. McKee. Beim Bus-Terminal wechselte Riggs in die Subway. An der Haltestelle Bleecker Street stieg er aus und ging die wenigen Schritte bis zur 6. Straße zu Fuß.
Irgendwie war ihm die Stadt in dem Vierteljahrhundert, in dem er sie nicht mehr gesehen hatte, fremd geworden. Das Verkehrsaufkommen war um ein Vielfaches gestiegen. Wo damals freie Plätze waren, standen jetzt Wolkenkratzer. Die Menschen waren anders gekleidet als Ende der 70er Jahre. Es hatte sich einfach alles verändert.
Er fand das Haus, in dem er früher einmal gewohnt hatte. Es war ein vierstöckiges Brownstone-Haus. Sechs Stufen führten zur Haustür hinauf. Das Geländer war angerostet. In der Ecke standen vier Mülltonnen. Unrat lag davor am Boden. Auf der obersten Stufe saßen zwei Jugendliche. Ein Ghettoblaster röhrte. Die beiden rauchten. Einer von ihnen trug eine rote Baseballmütze.
»Wohnt in dem Haus eine Mrs. Riggs?«, fragte Porter Riggs laut, um den Lärm zu übertönen, den der Ghettoblaster verursachte.
»Wer?«
»Mrs. Emilia Riggs!«
»Nein.« Der Bursche schüttelte den Kopf und zog an seiner Zigarette.
Porter Riggs betrat das Gebäude. Er stieg die Stufen in die 2. Etage hinauf. Das linke Apartment hatte er mit Emilia und den Kindern bewohnt. Rich und Keira waren damals sieben und neun Jahre alt gewesen, als er verurteilt wurde. Sie hatten zwischenzeitlich wahrscheinlich eigene Familien.
Auf dem Klingelschild stand der Name Waters. Porter Riggs läutete. Eine Frau um die 45 Jahre öffnete ihm, nachdem sie durch den Spion geschaut hatte. Die Tür ging nur eine Handbreit auf, gerade so weit, wie es die Sicherungskette zuließ. Riggs konnte die rechte Gesichtshälfte der Frau erkennen. Die linke war hinter dem Türblatt versteckt. »Was wünschen Sie?«, fragte die Frau höflich.
»Ich suche hier eine Mrs. Riggs. Früher wohnte sie mal hier. Können Sie mir weiterhelfen?«
»Riggs … Riggs …«, überlegte die Frau halblaut. »Ja, der Name sagt mir was. War das nicht … Genau, jetzt weiß ich‘s. Riggs war der Mann, der in einem Kaufhaus eine Bombe legte und damit einige Menschen tötete. Man hat mir davon erzählt.«
»Wissen Sie, wo Mrs. Riggs jetzt wohnt?«
»Nein.« Die Frau schüttelte den Kopf. »Ich kenne die Geschichte auch nur vom Hörensagen.«
»Danke«, sagte Riggs.
»Keine Ursache«, versetzte die Frau und drückte die Tür zu.
Gedankenvoll stand Riggs kurze Zeit da. Dann stieg er hinauf in den 3. Stock. Er las die Namen auf den Türschildern der Wohnungen. Sie waren ihm fremd. Er begab sich ein Stockwerk höher. Und da las er den Namen einer Familie, die schon vor 25 Jahren hier wohnte. James und Kath Carson.
Porter Riggs läutete. Mrs. Carson öffnete ihm. Er erkannte sie auf Anhieb wieder. Sicher, sie war gealtert … Graue Haare rahmten ihr Gesicht ein. Fragend musterte sie den Besucher. Sie schien ihn nicht zu erkennen.
»Ich wollte zu Mrs. Riggs«, erklärte der entlassene Sträfling. »Sie wohnte früher mal hier. Haben Sie eine Ahnung, wohin sie verzogen ist?«
»Mrs. Riggs … Ja, natürlich. Die hat hier gewohnt. Ihr Mann war ein Mörder. Wahrscheinlich ist er schon im Gefängnis gestorben. Ja, genau. Mrs. Riggs hat sich scheiden lassen. Sie lebt heute mit dem Mann zusammen, der sich damals rührend um sie kümmerte.«
»Was für ein Mann?«
»Er heißt Rick Sullivan und betreibt irgendwo in Manhattan ein Einzelhandelsgeschäft. Lebensmittel, Obst, Spirituosen. Aber fragen Sie mich nicht, wo der Laden zu finden ist.«
»Haben Sie eine Ahnung, wo der Mann wohnt?«
»Nein. Ich weiß nur, dass Mrs. Riggs vor mehr als zwanzig Jahren zu ihm zog. Wahrscheinlich sind es schon zweiundzwanzig oder dreiundzwanzig Jahre. Sie hat mir damals von ihrer Bekanntschaft erzählt. Aber Einzelheiten habe ich vergessen. Und gehört habe ich nie wieder etwas von Mrs. Riggs.«
Porter Riggs wandte sich ab. »Vielen Dank«, sagte er über die Schulter. Dann stieg er die Treppe hinunter. Die Stufen knarrten unter seinem Gewicht. Im Treppenhaus waren die Wände mit sexistischen und nationalsozialistischen Parolen vollgekritzelt. Jeder Treppenabsatz besaß ein Fenster. Auf den Fensterbänken lagen tote Fliegen.
Aber das alles erreichte nicht einmal den Rand von Porter Riggs‘ Bewusstsein. Die Worte Mrs. Carsons hallten in ihm nach: »Sie lebt heute mit dem Mann zusammen, der sich damals rührend um sie kümmerte … Er heißt Rick Sullivan …«
An der Ecke Second Avenue stand eine Telefonsäule. Sie verfügte über ein elektronisches Telefonbuch. Riggs warf einige Centstücke in den Schlitz und machte sich auf die Suche nach dem Namen Sullivan. Rick Sullivan – Einzelhandel. Das Geschäft befand sich in der 43. Straße. Riggs wählte die Nummer an. Gleich darauf hörte er eine Stimme: »Sullivan.«
»Ich hätte gerne Emilia Riggs gesprochen.«
»Wer ist da?«
»Ein alter Bekannter von Emilia. Ich habe sie viele Jahre nicht gesehen.«
»Emilia ist zu Hause.«
»Wo ist das?«
»Sagen Sie mir Ihren Namen.«
Porter Riggs legte wortlos auf. Er nagte an seiner Unterlippe. Dann beschloss er, sich eine Pension zu suchen, in der er sich vorübergehend, bis er ein günstiges Apartment gefunden hatte, einquartieren wollte.
Riggs rief von der Pension aus die Telefonauskunft an und erkundigte sich nach der Nummer des Privatanschlusses Rick Sullivans. Ohne größeres Problem wurde ihm die Nummer gesagt. Dann fragte er noch nach der Nummer der Anschlüsse von Richard und Keira Riggs. Eine Telefonnummer von Keira Riggs ließ sich nicht finden. Die Nummer Richard Riggs‘ erfuhr der ehemalige Sträfling.
Er stellte eine Verbindung mit seinem Sohn her. Als sich die Stimme einer Frau meldete, fragte er nach Rich Riggs. »Rich ist in der Arbeit. Was möchten Sie denn von ihm?«
»Hier spricht sein Vater, Porter Riggs.«
»Mein Gott …«
»Wo arbeitet Rich?«
»Bei einer Spedition in Brooklyn, Quentin Street. Was wollen Sie von Rich?«
»Sind Sie seine Frau?«
»Ja. Hat man Sie …«
»… begnadigt, ja. Ich habe meinen Sohn fünfundzwanzig Jahre lang nicht gesehen.«
»Was – was soll ich sagen? Rich, hm, ich glaube nicht, dass er Kontakt zu Ihnen aufnehmen möchte. Aber …«
»Wo lebt Richards Mutter?«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das verraten darf. Das soll Rich entscheiden!«
»Was wurde aus meiner Tochter? Ist sie verheiratet? Wie heißt sie jetzt?«
»Baldwin. Sie heißt jetzt Baldwin. Ich will mich mit Ihnen nicht unterhalten, Mr. Riggs. Sie wollen von mir Dinge wissen, die ich Ihnen nicht sagen möchte. Reden Sie mit Rich!«
Die Frau legte auf.
Porter Riggs schaute verkniffen drein. Seine Familie hatte er vor 25 Jahren verloren. Er begriff es mit aller Deutlichkeit. Riggs warf den Hörer auf den Apparat. Ein Name kam ihm in den Sinn. Dirk Martens. Dirk war sein Freund gewesen. Sie hatten beide dasselbe Ziel verfolgt. Es waren rechtsextremistische, neonazistische Ziele gewesen. Sie wollten damals die herrschende Klasse erschüttern. Er, Riggs, hatte Martens und die anderen herausgehalten, als er vor Gericht stand. Er hatte alles auf sich genommen.
Martens musste ihm helfen!
Noch einmal bemühte Porter Riggs die Telefonauskunft. Wenig später hatte er Martens an der Strippe. Er sagte: »Hello, Dirk, ich bin es, Porter Riggs. Ich bin heute aus dem Gefängnis entlassen worden und wohne in einer Pension in der achtzehnten Straße.«
»Was willst du von mir, Porter?«, fragte Martens distanziert. »Es ist mehr als fünfundzwanzig Jahre her. Ich habe zwischenzeitlich geheiratet und gehe einer geregelten Arbeit nach. Ich habe sogar Karriere gemacht …«
»Du hast also unsere Pläne und Ziele nicht weiter verfolgt?«
»Nein. Nachdem das Todesurteil gegen dich gesprochen worden war, beschlossen wir, aufzuhören.«
»Ich habe euch damals rausgehalten.«
»Ich weiß, und wir alle sind dir ausgesprochen dankbar dafür. Aber die Sache dürfte verjährt sein. Wir alle sind Mitglieder jener Gesellschaft geworden, die wir damals bekämpften. Sieh das ein, Porter. Ich lasse nichts mehr an mich ran. Ich habe mit der Vergangenheit abgeschlossen. Wenn du Geld brauchst …«
»Denken Tom, Jack und Liam auch so wie du? Oder Carlyle? Was ist mit ihm. Er war damals so etwas wie der Kopf unserer Organisation.«
»Carlyle arbeitet bei einer Baufirma in Staten Island als Buchhalter. Tom, Jack und Liam haben New York verlassen. Tom Moranis lebt in Philadelphia, Jack Hutton in Boston. Wo sich Liam Strong aufhält, weiß ich nicht.«
»Ich brauche kein Geld, Dirk«, erklärte Riggs. Sein Gesicht hatte sich verschlossen. »Aber so billig kommt ihr dennoch nicht davon, Dirk. Ich war fünfundzwanzig Jahre im Knast. Um ein Haar hätten sie mich auf den elektrischen Stuhl gesetzt. Ihr werdet mir helfen. Zunächst du und Gordon Carlyle, der sich ebenfalls in New York aufhält.«
»Wobei sollen wir dir helfen?«, fragte Dirk Martens abgehackt.
»Ich will Rache an Jonathan D. McKee nehmen. Er hat mich damals zur Strecke gebracht. Ihm verdanke ich es, dass ich fünfundzwanzig Jahre lebendig begraben war. Ich will ihn tot sehen. Vorher aber …«
»Was?«
»Soll er hilflos zusehen, wie ich dort weiter mache, wo ich vor fünfundzwanzig Jahren gezwungen wurde, aufzuhören.«
»Du bist verrückt.«
»Nein. Ich bin voll Hass.«
Milo und ich ermittelten gegen eine Bande von Kunstdieben, die amerikaweit tätig war. Es war die Rumänen-Mafia, die sich auf Museen im ganzen Land spezialisiert hatte. Die Fäden liefen hier in New York zusammen.
Wir waren einem Burschen namens Dimitri Istrati auf der Spur. Ihn hielten wir für den Kopf der Mafia. Sein engster Vertrauter war Vasile Alexandrescu. Das hatten wir schon herausgefunden. Die Bilder, die überall im Lande gestohlen worden waren, wurden von New York aus an private Sammler auf der ganzen Welt verhökert.
Das wussten wir von einem Mann namens Grigore Rebreanu, der bei einem Einbruch ins WhitneyMuseum of American Art in der Madison Avenue auf frischer Tat ertappt wurde. Etwas Genaues, zum Beispiel welche Rolle Istrati und Alexandrescu spielten, konnte er uns nicht sagen. Die gestohlenen Bilder gingen an einen Hehler namens Panait Sadoveanus, der aber war untergetaucht. Irgendwie hatte er wohl Wind von der Verhaftung Rebreanus bekommen und der Boden war ihm zu heiß geworden unter den Füßen.
Unsere Vermutung und die Aussage Rebreanus reichten nicht aus aus, um Istrati und Alexandrescu einen Strick zu drehen. Also waren wir an den beiden dran und hofften darauf, dass sie einen Fehler machten.
Milo und ich saßen an unseren Schreibtischen und erledigten Schreibkram. Auch das musste getan werden. Ich allerdings war lieber im Fronteinsatz tätig. Gleiches galt für Milo. Schreibtischarbeit war für uns beide ein Horror.
Jetzt dudelte mein Telefon. Ich nahm ab und meldete mich mit Namen und Dienstrang. Es war Mr. McKee. Er sagte: »Soeben erhielt ich einen seltsamen Anruf, Jesse. Es war ein Mann. Er versprach, sich an mir zu rächen. Dann legte er auf.«
»Rache?«, knurrte ich. »Wofür?«
»Das sagte er nicht. Er meinte lediglich, dass er sich an mir rächen werde und dass ich noch durch die Hölle gehen würde. Ich habe keine Ahnung, um wen es sich handeln könnte.«
»Was sollen wir tun?«
»Wir können gar nichts tun«, versetzte der Special Agent in Charge. »Wir können nur abwarten. Ich wollte Sie nur informieren, Jesse.«
»Wir können doch nicht einfach abwarten und zusehen, wie Sie …«
»Uns bleibt keine andere Wahl. Vielleicht war es auch nur eine leere Drohung.«
»Darauf würde ich mich nicht verlassen.«
»Es ist gut, Jesse. Sie wissen Bescheid. Ich werde selbst die Augen offen halten und die Dienststelle nicht mehr ohne meine Pistole verlassen.«
Der Chef unterbrach die Verbindung. In der Leitung herrschte Stille. Ich drapierte den Hörer auf den Apparat. Milo schaute mich fragend an. Ich erzählte ihm von der telefonischen Drohung, die Mr. McKee erhalten hatte.
Milo schob die Unterlippe vor. Er wirkte nachdenklich. Schließlich sagte er: »Wir sollten ein wenig auf den Chef aufpassen, Jesse. Gut und schön, wenn er ohne Pistole nicht mehr die Dienststelle verlässt. Weiß er denn, ob ihm der Bedroher die Chance lässt, die Pistole zu ziehen?«
»Es wird dem Chef nicht gefallen, wenn wir ihn gegen seinen Willen überwachen.«
»Wir erzählen es ihm nicht«, erklärte Milo. »Er wird es gar nicht merken.«
Da dudelte mein Telefon erneut. Ich hob den Hörer vor mein Gesicht. »Trevellian, FBI New York.«
»Hi, Jesse, hier ist Jay. Soeben ist ein Taurus in den Hof des Anwesens gefahren, in dem Vasile Alexandrescu wohnt. Am Steuer saß ein osteuropäischer Typ, vielleicht ein Rumäne oder Türke. Es könnte nach der Beschreibung, die wir haben, Sadoveanus sein. Schwarze Haare, schwarzer Schnurrbart, breitflächiges Gesicht …«
Ich schaute auf die Uhr. Es war 14 Uhr 25. »Beobachtet das Gebäude weiterhin. Sollte der Typ wieder wegfahren, bis wir hinkommen, dann folgt ihm. Wir fahren sofort los. Bleib auf Verbindung, Jay.«
Jay Kronburg und Leslie Morell befanden sich in Chelsea, 22. Straße. In der Observation des Hauses, in dem Alexandrescu wohnte, wechselten sie sich mit Milo und mir ab. Jetzt schien endlich Bewegung in die Sache zu kommen. Es war aber auch nicht auszuschließen, dass es sich um einen völlig harmlosen Zeitgenossen handelte, der in den Hof des Gebäudes gefahren war.
»Auf geht‘s«, sagte ich zu Milo. »Soeben ist ein Taurus in der zweiundzwanzigsten Straße vorgefahren, in dem Sadoveanus sitzen könnte. Wir fahren hin. Gebe Gott, dass wir endlich Erfolg haben. Über Sadoveanus und Alexandrescu kommen wir vielleicht an Istrati heran.«
Ich meldete mich telefonisch bei Mandy, der Vorzimmerdame Mr. McKees ab, dann verließen wir unser gemeinsames Büro und fuhren mit dem Aufzug in die Tiefgarage des Federal Building, wo der Wagen wartete.
Und gleich darauf waren wir auf dem Weg in die 22. Straße. Wir fuhren den Broadway hinauf. Sowohl nach Süden wie auch nach Norden bewegten sich Fahrzeugkolonnen. Bremslichter gingen auf und an. Alle hundert Yard etwa mündete eine andere Seitenstraße in die Hauptverkehrsstraße. Verworrener Lärm erfüllte die Stadt; Motorengeräusch, lautes Gehupe, irgendwo in der Ferne war eine Sirene zu hören …
Als der Madison Square Park vor uns auftauchte, bog ich nach links ab in die 23. Straße. Die 22. war eine Einbahnstraße und durfte nur von Westen her in Richtung Broadway befahren werden. Also mussten wir den kleinen Umweg über die 23. Straße und der 8. Avenue in Kauf nehmen, über die wir in die 22. gelangten.
Nicht weit von dem Gebäude entfernt, das Jay und Leslie observierten, fand ich einen Parkplatz auf der rechten Seite. Ich quetschte den Sportwagen zwischen einen klapprigen Ford und einen Chevy, dann stiegen wir aus.
Jay kam auf uns zu und langte schließlich bei uns an. »Der Typ hat das Haus noch nicht wieder verlassen. Ich hoffe nur, dass es kein blinder Alarm war.«
»Wo ist Leslie?«
»Er sitzt im Auto.«
»Okay. Wir beide, Jay, gehen zur Vordertür. Du, Milo, gehst mit Leslie zum hinteren Eingang. Ich sichert das Treppenhaus. Jay und ich begeben uns in den zweiten Stock, in dem Alexandrescu wohnt. Alles klar?«
»Da seht!«, stieß Jay plötzlich hervor. »Er kommt. O verdammt!«
Ich hatte mich halb herumgedreht. Und da sah ich den weißen Taurus aus der Hofeinfahrt fahren. Er rollte in Richtung 7. Avenue, nach Osten also. Der Fahrer sah uns am Straßenrand stehen. Er schaute zu uns her, und plötzlich gab er Gas.
Ich hatte den Burschen gesehen. Der Beschreibung nach hätte es in der Tat Panait Sadoveanus sein können, der Bursche, der gestohlenen Gemälde aufkaufte und an Istrati und Alexandrescu weitergab, der allerdings spurlos verschwunden war.
»Geht ihr in die Wohnung, Jay!«, stieß ich hervor. »Stellt sie auf den Kopf. Komm, Milo!«
Ich öffnete per Fernbedienung die Wagentüren, wir warfen uns hinein, ich rammte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn herum. Der Motor heulte auf, der Wagen bäumte sich regelrecht auf, als ich Gas gab und die Kupplung kommen ließ. Ich schoss aus der Parklücke und nahm die Verfolgung des Taurus auf. Dieser überfuhr die 7. Avenue, weil die Ampel gerade auf grün stand. Milo pflanzte das magnetische Blinklicht auf das Autodach. Ich schaltete die Sirene ein.
Der Taurus raste auf der linken Seite dahin. Er überholte alles, was sich auf der Straße bewegte. Bei der 6. Avenue sah ich seine Bremslichter aufleuchten. Der Fahrer riss den Wagen nach rechts herum und verschwand aus meinem Blickfeld. Auch ich fuhr auf der linken Seite. Bei der Einmündung in die 6. Avenue bremste ich stark ab. Ich musste drei Autos vorbei lassen, die das Blinklicht auf dem Dach des Wagen und die heulende Sirene nicht zu interessieren schien. Dann hielt endlich einer an und ich konnte in die 6. Avenue einbiegen.
Der Taurus hatte etwas an Vorsprung gewonnen. Aber auf der 6. Avenue waren beide Fahrspuren nach Süden ziemlich verstopft. Der Taurus hing an einem Lastwagen dran, der einfach nicht nach rechts ausweichen wollte.
Als sich auf der rechten Fahrspur eine Lücke ergab, fuhr der Taurus hinein. Er überholte den Laster rechts. Vor dem Transporter wechselte er wieder auf die linke Seite.
Er fuhr halsbrecherisch. Der Kerl, der den Taurus lenkte, musste uns, als er uns in der 22. Straße am Fahrbahnrand sah, sofort als Polizisten eingestuft haben. Sah man uns unseren Job an der Nasenspitze an? Manchmal glaubte ich sogar, wir hätten einen besonderen Geruch an uns. Den Geruch einer besonderen Spezies.
Ich war fast überzeugt davon, dass es sich um Sadoveanus handelte. Jetzt raste er die 6. Avenue hinunter. Aber dann musste er anhalten, weil eine Ampel auf rot stand. Auch ich musste stehen bleiben. Milo sprang aus dem Wagen und rannte los. Er hetzte am Rand der Kolonne entlang. Der Taurus befand sich etwa zehn Fahrzeuge vor uns.
Jetzt sah ich den Fahrer das Auto verlassen. Er riss den rechten Arm hoch. In seiner Hand lag eine Pistole. Sie bäumte sich auf. Milo ging hinter einem Wagen in Deckung. Der Gangster rannte los. Er lief zwischen den stehenden Fahrzeugen hindurch, überquerte den Mittelstreifen, und rannte über die Fahrbahn, auf der sich die Autokolonne nach Norden staute. Dann verschwand er in der 14. Straße, bei der es sich ebenfalls um eine sogenannte Main Auto Route, eine Hauptverkehrsstraße also, handelte.
Auch Milo verschwand.
Jetzt schaltete die Ampel auf grün. Die Kolonne setzte sich wieder in Bewegung. Ich bog ebenfalls in die 14. Straße ab und befuhr sie in Richtung Osten.
Leslie Morell und Jay Kronburg waren in die 2. Etage des Gebäudes gerannt. Etwas außer Atem kamen sie vor der Tür des Apartments an, das Alexandrescu gehörte. Jay läutete. Es dauerte nicht lange, dann wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet. Es war ein Mann, der sich sehen ließ.
»Machen Sie auf, FBI!«, stieß Jay hervor. In seiner Hand lag der 44er Magnum-Revolver von Smith & Wesson, die wie die SIG Sauer P226 offizielle Dienstwaffe des FBI ist.
Die Tür flog krachend zu.
Jay warf sich mit der Schulter dagegen. Sie hielt seinem ersten Anprall stand. Der ehemalige Cop trat sofort zur Seite. Und er tat gut daran. Denn eine Kugel durchschlug von innen das Türblatt. Und sogleich eine zweite. In der Wohnung wummerte eine Waffe zweimal in schneller Folge.
Jay drückte die Mündung des Revolvers gegen das Schloss und feuerte. Die Tür sprang auf. Auf der anderen Seite der Tür stand Leslie Morell im Schutz der Wand, die SIG in der rechten. Er hielt sie neben sein Gesicht, die Mündung wies zur Decke hinauf.
»Jetzt!«, stieß Leslie hervor. Jay griff um den Türstock und versetzte dem Türblatt einen Stoß. Leslie wirbelte in die Wohnung, ging sofort auf das linke Knie nieder, seine Rechte mit der Pistole beschrieb einen Halbkreis.
Er befand sich im Livingroom der Wohnung, von Alexandrescu jedoch war nichts zu sehen.
Leslie sicherte um sich. Langsam richtete er sich auf. Die Türen, die in die anderen Räume führten, waren zu. Leslie wollte sich schon in Bewegung setzen, als der Rumäne hinter einem der Sessel hochkam. Er hielt eine Pistole im Anschlag. Einen schrecklichen Augenblick lang schaute Leslie in die Mündung der Waffe. Da krachte es halblinks hinter ihm. Die Detonation drohte den Raum aus allen Fugen zu sprengen. Alexandrescu bäumte sich auf. Die Pistole entfiel seiner kraftlos werdenden Hand. Seine Hände verkrampften sich vor der Brust. Und plötzlich brach er zusammen.
Leslie drehte ein wenig den Kopf. Vor Jay Kronburgs Gesicht zerflatterte eine Pulverdampfwolke. Der Knall des Schusses dröhnte noch in Leslies Ohren. Es roch nach verbranntem Pulver.
Dann richtete Leslie seine Aufmerksamkeit wieder auf Alexandrescu. Sein Oberkörper ragte hinter dem Sessel hervor. Der Rumäne lag auf der Seite. Seine Augen waren offen, sie glitzerten wie Glasstücke. Das Gesicht drückte nur noch die absolute Leere des Todes aus.
»Mist«, murmelte Leslie. Er ließ die Hand mit der Pistole sinken. »Lebendig wäre er mir lieber gewesen.«
»Ich hatte keine Zeit, groß zu zielen«, verteidigte sich Jay Kronburg. »Er hatte dich bereits im Visier.«
»Es war nicht als Vorwurf gemeint, Jay«, versetzte Leslie. Er steckte die SIG ein und holte sein Handy aus der Tasche, rief im Field Office an und sagte: »Wir haben einen Toten. Vasile Alexandrescu. Er trat uns mit der Waffe in der Hand entgegen, als wir in seine Wohnung eindrangen. Schick bitte ein paar Kollegen von der Spurensicherung und verständige die Staatsanwaltschaft.«
Dann unterbrach er die Verbindung und steckte das Mobiltelefon wieder ein. »Sehen wir uns mal in der Wohnung um.«
Sie gingen in sämtliche Räume; Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Bad, Fremdenzimmer … So stellte sich ihnen die Wohnung dar. Wie es schien, hatte Alexandrescu alleine hier gelebt. Im Arbeitszimmer gab es eine Computeranlage. Jay fuhr den PC hoch. Währenddessen schaute Leslie Morell in sämtliche Schränke, unter die Betten, in Anrichten und Boards. Er fand nicht ein einziges Gemälde.
Leslie kehrte in das Arbeitszimmer zurück und teilte es Jay mit. Dieser sagte: »Dass er uns mit der Pistole am Betreten seiner Wohnung hindern wollte, ist Fakt. Wir hatten keine andere Wahl, als uns zu verteidigen. Das lässt sich auch nachvollziehen. Die beiden Löcher in der Wohnungstür sprechen eine deutliche Sprache, ebenso die Pistole am Boden. – Ich schaue mir gerade die persönlichen Daten Alexandrescus an. Er hat einige E-Mails gespeichert. Absender sind unter anderem Dimitri Istrati und Panait Sadoveanus. Ich denke, die Mails werden uns einigen Aufschluss über das Verhältnis der drei zueinander bringen. Aber warten wir die Kollegen von der Spurensicherung ab.«
Milos Schritte trappelten. Er rannte wie ein Wiesel, seine Füße schienen kaum noch den Boden zu berühren. 80 Yards vor ihm lief der Gangster, von dem Milo annahm, dass es sich um Sadoveanus handelte.
Der Gangster lief in die mehrspurige Fifth Avenue. Hier floss der Verkehr. Ein Autofahrer sprang auf die Bremse, als unvermutet der Gangster vor der Kühlerhaube seines Wagens auftauchte. Der Hintermann reagierte nicht mehr schnell genug und fuhr auf. Es gab einen metallischen Bums. Ein Kühler platzte, Wasserdampf hüllte die Unfallfahrzeuge ein.
Sadoveanus rannte weiter, flankte über die Kühlerhaube eines Mercury hinweg, erreichte den Mittelstreifen und schaute sich um. Seine Lungen pumpten. Seine Brust hob und senkte sich unter den keuchenden Atemzügen. In seiner rechten Hand lag die Pistole.
Sein Verfolger tauchte auf.
Er schoss auf Milo Tucker und zwang diesen, in die Deckung eines Fahrzeugs zu springen. Dann lief der Gangster weiter. Erneut zwang er einen Pkw zur Vollbremsung. Um einen anderen rannte er herum. Ein langer, kraftvoller Satz brachte ihn in Sicherheit. 250 Yards weiter war der Broadway. Der Gangster spurtete los …
Milo stürzte sich ins Verkehrsgewühl. Er ließ einen Wagen vorüber, sprang in die Mitte der Fahrbahn und ließ erneut ein Fahrzeug passieren. Dann rannte er los und erreichte den Mittelstreifen. Jenseits der Fifth Avenue sah er den Gangster rennen. Er war langsamer geworden. Ein Spurt über mehrere hundert Yards forderte eben seinen Tribut. Milo rannte los, hielt an, ein Wagen fuhr dicht an ihm vorbei, dann war Milo drüben.
Zwischen Broadway und Park Avenue lag der Union Square. Es handelte sich um eine Grünfläche mit Büschen und Bäumen. Viele Menschen tummelten sich dort.
Milo hatte ein wenig aufgeholt. Das regelmäßige Konditionstraining zahlte sich eben aus. Der Gangster musste über den Broadway, um in den parkähnlichen Union Square zu gelangen. Die Distanz zwischen ihm und dem G-man betrug allenfalls noch 50 Yards. Als er den Broadway – der ähnlich von PKWs frequentiert war wie die Fifth Avenue – erreichte, wirbelte er herum. Und er begriff, dass ihn Milo einholen würde. Kurzentschlossen ging er hinter einem Fahrzeug in Deckung. Er wartete, bis Milo auf Pistolenschussweite heran war, auf etwa 35 Schritte also, dann feuerte er.
Milo duckte sich und ging ebenfalls hinter einem Fahrzeug auf Tauchstation. Aber er schoss nicht zurück. Er durfte keine unbeteiligten Autofahrer und Passanten in Gefahr bringen. Diesen Nachteil hatte er dem Gangster gegenüber. Der pfiff sich nichts um die Sicherheit Unbeteiligter!
Weil eine Ampel auf rot umschaltete, kam der Verkehr auf dem Broadway zum Stehen. Der Gangster kam hoch und rannte zwischen den Fahrzeugen hindurch. Auf der anderen Seite verschwand er im Union Square Park.
Als Milo den Broadway erreichte und seinen Blick über den Park schweifen ließ, war Sadoveanus verschwunden, als hätte er sich in Luft aufgelöst.
Milo kehrte um.
Ich hatte in der Zwischenzeit den Sportwagen in der 14. Straße abgestellt und war zu dem Taurus zurückgekehrt, der auf der 6. Avenue den Verkehr behinderte. Der Fahrer hatte den Schlüssel abgezogen. Ein Mann, der sich auskannte, schloss den Wagen kurz und knackte mit einem Ruck das Lenkradschloss, so dass ich das Fahrzeug zur Seite fahren konnte. Dann öffnete ich den Kofferraum. Da lagen ein halbes Dutzend Ölgemälde, jedes in eine Decke eingeschlagen, fein säuberlich übereinander gestapelt.
Als Milo auftauchte, sagte ich: »Sieht aus, als hätte Sadoveanus bei Alexandrescu die Bilder abgeholt, statt ihm welche zu bringen. – Der Bursche ist dir entkommen, nicht wahr?«
Eine überflüssige Frage.
Milo nickte. Sein Gesicht war noch von der Anstrengung des Laufens gerötet. »Ja. Beim Union Square. Ich konnte nicht riskieren, dass Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen wurden.«
Mit heulenden Sirenen kam ein Streifenfahrzeug der City Police näher. Jemand musste sie benachrichtigt haben. Auf der 6. Avenue floss der Verkehr wieder. Das Einsatzfahrzeug wurde hinter dem Taurus angehalten. Zwei Cops stiegen aus. Wir zeigten ihnen unsere ID-Cards, die uns als FBI-Beamte auswiesen.
»Sie können doch feststellen, auf wen der Taurus zugelassen ist«, sagte ich zu einem der Polizisten. Er nickte und klemmte sich hinter das Funkgerät im Patrol Car. Wenig später wusste ich, dass der Inhaber des Taurus Panait Sadoveanus war. Ich war nicht überrascht.
Da klingelte mein Handy. Ich nahm es aus der Tasche und ging auf Empfang. Es war Jay Kronburg. Er sagte: »Alexandrescu empfing uns mit der Pistole in der Faust. Ich musste ihn erschießen. Jeden Moment werden die Kollegen vom Erkennungsdienst eintreffen. Wenn sie hier übernehmen, fahren wir ins Federal Building zurück. Wie sieht‘s bei euch aus? Habt ihr Sadoveanus geschnappt?«
»Wir haben seinen Wagen mit einem halben Dutzend wahrscheinlich gestohlener Gemälde sichergestellt. Sadoveanus selbst ist uns entkommen. Aber ich werde veranlassen, dass die Fahndung nach ihm verstärkt wird. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis er geschnappt wird, nachdem wir wissen, dass er sich noch in New York aufhält.«
»Wir treffen uns im Federal Building«, sagte Jay.
Es war 19 Uhr 30, als Mr. McKee Feierabend machte. Er war – abgesehen von der Einsatzbereitschaft – am Morgen der erste, der das Field Office betrat und am Abend einer der letzten, die es verließen. Seit Verbrecher seine Familie ausgelöscht hatten, gab es für Mr. McKee nur noch den Dienst. Manchmal fragte ich mich, warum er sich kein Bett in seinem Büro aufstellte.
Er fuhr mit dem Lift in die Tiefgarage. Unten stieg er in seinen Oldsmobile. Er verließ das Federal Building.
Milo und ich saßen bereits im Sportwagen und hatten beobachtet, wie er in seinen Wagen stieg und losfuhr. Jetzt folgten wir ihm. Ich ließ immer einige Autos zwischen uns und dem Oldsmobile, so dass Mr. McKee kaum mitbekommen konnte, dass wir ihm folgten. Es ging kreuz und quer durch Manhattan. Dann erreichten wir die Straße, in der die Wohnung des SAC lag. Das Haus verfügte über eine Tiefgarage. Mr. McKee fuhr hinein. Ich hielt vor dem Gebäude an, Milo stieg aus und folgte dem Chef zu Fuß. Es dauerte fünf Minuten, dann kam er zurück. »Alles Roger, Jesse. Er ist sicher in seiner Wohnung angelangt.«
»Was machen wir nun mit dem angebrochenen Abend?«, fragte ich.
»Vielleicht sollten wir das Haus Dimitri Istratis in Queens ein wenig beobachten.«
»Eine gute Idee. Vielleicht hat sich Sadoveanus bei ihm verkrochen.«
Porter Riggs sprach mit Richard, seinem Sohn.
»Ich will mit dir nichts zu tun haben«, sagte Richard kalt und hart. »Ich würde dich wahrscheinlich nicht mal mehr erkennen, wenn du mir auf der Straße begegnen würdest. Die Kindheit, die ich deinetwegen durchleben musste, war schrecklich. Die anderen Kinder zeigten mit Fingern auf mich und sagten: Seht ihn euch an. Sein Vater ist ein Mörder. – Die Eltern verboten ihren Kindern den Umgang mit mir. Wir wurden behandelt wie Aussätzige; Mutter, Keira und ich.«
»Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich dein Vater bin. Du bist mein Fleisch und Blut, und jetzt brauche ich deine Hilfe.«
»Ich wüsste nicht, wie ich dir helfen könnte«, erwiderte Richard. »Geld kann ich dir nicht geben, denn mein Einkommen reicht gerade für mich und meine Familie, um einigermaßen über die Runden zu kommen.«
»Du hast Kinder?«
»Zwei. Einen Jungen und ein Mädchen. Sechs und acht Jahre alt.«
»Meine Enkel …«
»Sie wissen nichts von dir und denken, ihr Großvater väterlicherseits sei tot.«
»Wie schrecklich, der Gedanke.«
»Du hast es dir selbst zuzuschreiben.«
»Stehst du mit Keira in Verbindung?«, fragte Porter Riggs.
»Auch sie ist verheiratet, und sie hat eine Tochter von zehn Jahren.«
»Ich habe also drei Enkel. – Wo lebt eure Mutter?«
»Hier in New York. Lass sie zufrieden, Vater. Sie ist glücklich mit Rick Sullivan. Für sie war es damals ein Spießrutenlauf, wenn sie die Wohnung verließ. Mutter war nervlich am Ende. Bis sie Rick kennenlernte.«
»Wo wohnt sie?«
»Das werde ich dir nicht sagen. Lass sie in Ruhe. Ich denke, sie hat dich und die schreckliche Zeit einigermaßen vergessen. Wenn du jetzt plötzlich wieder in ihr Leben treten würdest, wäre das sicher nicht gut für sie.«
»Gib mir die Telefonnummer von Keira.«
Auch dies lehnte Richard entschieden ab.
»Bitte«, murmelte Riggs. »Ich will wenigstens ihre Stimme hören.«
Richard ging nicht darauf ein. Stattdessen fragte er: »Was hast du gemeint, als du sagtest, du brauchst meine Hilfe.«
»Ich stehe vollkommen alleine da, hab fünfundzwanzig Jahre Fortschritt versäumt. Ich finde mich in Freiheit alleine nicht zu Recht. Vielleicht könnte ich einige Zeit bei dir wohnen.«
»Das geht nicht. Ich lebe in einer Mietwohnung in Brooklyn. Manhattan kann ich mir nicht leisten. Die Wohnung bietet gerade Platz genug für meine Familie. Tut mir leid, Vater.« Er zog dieses Wort besonders in die Länge. Dann schloss er: »Du musst schon selbst sehen, wie du zu Recht kommst.«
Mit dem letzten Wort legte Richard Riggs auf. Er hatte ihm, Porter Riggs, die kalte Schulter gezeigt. Der Hass brannte in dem ehemaligen Sträfling wie ätzende Säure. Hass auf den Mann, dem er nach seiner Auffassung alles zu verdanken hatte. Hass auf Jonathan D. McKee.
Die Telefonnummer Gordon Carlyles hatte Riggs herausgefunden. Er wählte sie. Gordon Carlyle war selbst am Apparat. Er sagte: »Dirk hat mich schon informiert, Porter. Du bist wieder draußen. Und du willst dich rächen. Tu, was du nicht lassen kannst, aber rechne nicht mit uns. Ich bin bürgerlich geworden, habe eine Familie und einen guten Job. Ich lasse das nicht sausen, bloß weil du nicht vergessen kannst.«