Krimi Doppelband 54 - Alfred Bekker - E-Book

Krimi Doppelband 54 E-Book

Alfred Bekker

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  • Herausgeber: Alfredbooks
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Diese Ausgabe enthält folgende Titel: W.A.Hary: Ein Killer kommt selten allein Alfred Bekker: Die toten Frauen Ein Frachter mit grauenerregender Ladung erreicht den Hafen. Und die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Von den Opfern dieser unheimlichen Mordserie ist nicht viel geblieben - und das wenige muss ausreichen, um die Täter zu überführen!

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Seitenzahl: 239

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 54

Copyright

Ein Killer kommt selten allein

Die toten Frauen

Krimi Doppelband 54

Alfred Bekker, W.A.Hary

Diese Ausgabe enthält folgende Titel:

W.A.Hary: Ein Killer kommt selten allein

Alfred Bekker: Die toten Frauen

Ein Frachter mit grauenerregender Ladung erreicht den Hafen. Und die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Von den Opfern dieser unheimlichen Mordserie ist nicht viel geblieben – und das wenige muss ausreichen, um die Täter zu überführen!

Copyright

Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author / COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

www.AlfredBekker.de

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Ein Killer kommt selten allein

W.A.Hary (alias K.H.Weimer)

Phillip Morris schlenderte durch den düsteren Gang, mit einem Radiorekorder in der Linken und einer geladenen Gaspistole in der Rechten. Er pfiff leise vor sich hin und tat ganz so, als wäre alles normal.

Nichts war normal! Vor allem das nicht, was er vor hatte!

*

1

Die Sternwarte, in die er mit Leichtigkeit eingedrungen war, erschien verwaist.

Phillip Morris wusste es besser. Er kannte sich hier aus, deshalb hatte er diesen Teil des Jobs übernommen.

Er erreichte den Eingang zur Zentrale und öffnete mit dem linken Ellenbogen.

Sein Pfeifen verstummte. Mit der Rechten zog er die Strumpfmaske herunter. Dann kickte er die Tür auf.

Die drei Astronomen, die hier ihren Nachtdienst versahen, schauten erstaunt auf. Mit Besuch rechneten sie nicht.

Sie reagierten überhaupt nicht, als sie den Verbrecher mit der Strumpfmaske sahen.

Wer hatte denn schon jemals davon gehört, dass jemand eine Sternwarte überfiel?

Gelassen entleerte Phillip Morris das Magazin seiner Gaspistole.

So!, dachte er zufrieden, das genügt vorerst.

Rasch schloss er die Tür wieder.

Er lauschte. Dumpfe Schreie ertönten. Die drei Astronomen erwachten aus ihrer Erstarrung und versuchten vereint, die Tür zu erreichen. Dabei waren sie sich gegenseitig natürlich im Weg.

Unweit der Tür polterten sie zu Boden. Dann war alles ruhig.

Phillip Morris entfernte sich eilig von der Tür, damit das hindurch sickernde Gas nicht auch noch ihn zu Boden schickte.

Die Dosis war gut gewählt. Die drei Astronomen würden ein paar Stunden schlafen.

Phillip Morris warf einen Blick auf die Armbanduhr. Er brauchte nicht zu hetzen. Der Zeitplan war so gestaltet, dass er ein wenig Spielraum hatte.

Niemand hatte glauben wollen, dass es so einfach war.

Er kicherte vor sich hin und schüttelte den Kopf. Dann betrat er einen Nebenraum und schaltete das Licht ein.

Den Radiorekorder stellte er auf den Tisch, direkt neben das Telefon, während die Gaspistole in der Tasche landete.

Phillip Morris setzte sich hin und lehnte sich bequem zurück. Die Füße knallten auf den Tisch.

Er wartete die ausgemachte Frist ab. Dann angelte er nach dem Telefonhörer und wählte die Nummer der hiesigen Polizeistation.

Mit dem Absatz schaltete er den Radiorekorder an.

Die vorbereitete Aufzeichnung wurde gestartet und produzierte ein eigenartiges Zirpen, wie aus weiter Ferne.

Die Tonqualität war hervorragend, wie sie besser gar nicht mehr hätte sein können.

Das Zirpen schwoll allmählich an.

Es mischten sich andere Laute darein, die einem eisige Schauer über den Rücken rieseln ließen.

„Polizeiwache Eifelstadt!“, meldete sich eine verschlafene Stimme.

Phillip Morris verwandelte sich binnen einer Sekunde in einen Jammerlappen. Er keuchte aufgeregt, als hätte sich soeben das Ende der Welt angekündigt:

„Um Gottes Willen, Wachtmeister, ich…“

Er hielt den Hörer von sich weg und brüllte mit verstellter Stimme: „Sie kommen, Professor, sie kommen!“

Dann war seine aufgeregte Stimme wieder an der Reihe:

„Hier Professor Bernhard. Herr Wachtmeister, seltsame Flugobjekte. Ein ganzer Pulk davon. Fliegen direkt die Erde an. Wir - wir haben sie als erste entdeckt. Die - die anderen Sternwarten…“

Mit verstellter Stimme und abgewandtem Hörer:

„Professor, sie - sie sind da!“

Gleichzeitig hatte das Zirpen sich mit einem ohrenbetäubenden Lärm vermischt. Phillip Morris als angeblicher Professor Bernhard musste sich anstrengen, um den Lärm zu übertönen.

„He, hallo!“, rief der Polizist am anderen Ende der Leitung konfus. Er begriff anscheinend nicht, um was es ging.

Hoffentlich ist der nicht doof!, sagte Phillip Morris sich im Stillen. Ein wenig darf er es schon sein, sonst reagiert er nicht wie gewünscht. Aber wenn er von der Natur zu viel Blödheit erwischt hat, funktioniert der Trick nicht.

„Hier Professor Bernhard!“, wiederholte er. „Unbekannte Flugobjekte, sogenannte UFOs landen auf dem Bocksberg. Ich rufe von der Sternwarte an. Dies ist ernst. Um Gottes Willen, Wachtmeister, so tun Sie doch endlich was: Das ist der Ernstfall!“

Mit verstellter Stimme:

„Sie schießen!“

Das Timing stimmte, denn gleichzeitig kamen aus den beiden Stereolautsprechern des Radiorekorders Detonationsgeräusche.

Sie genügten.

Der Polizist musste annehmen, dass hier oben im wahrsten Sinne des Wortes die Hölle los war.

Phillip Morris als Professor Bernhard:

„Ich – ahhh…“

Er riss das Telefonkabel aus der Wand. Jetzt war hier alles tot. Endgültig.

In der Telefonvermittlung, die um diese nachtschlafende Zeit nicht besetzt war, hatte er vorher bereits vorgesorgt. Dies hier war die letzte Verbindung mit der Außenwelt gewesen.

Mit gutem Grund. Die Polizisten kannten Professor Bernhard, den sympathischen Astronomen, der als Chef des Observatoriums fungierte. Deshalb würden sie natürlich sofort versuchen, ihn zu erreichen. Und wenn das hier oben nicht mehr möglich war, versuchten sie es bei ihm daheim. Um sicher zu gehen, dass es sich nicht etwas um einen üblen Scherz handelt.

Der Professor jedoch war am Abend in Urlaub gefahren. Natürlich ohne sich vorher bei der Polizei abzumelden. Wozu auch? Also würde sich in der Villa des Professors ebenfalls niemand melden.

Phillip Morris nahm sich jetzt Zeit. Er straffte die hauchdünnen Seidenhandschuhe, mit denen er jegliche Fingerabdrücke vermieden hatte, stand auf und verließ mit dem Radiorekorder am langen Arm den Raum.

Natürlich hatte er den Rekorder vorher ausgeschaltet. Die chaotischen Töne gingen ihm nämlich auf die Nerven…

2

Phillip Morris war nicht der einzige in dieser Nacht, der unterwegs war, um andere Leute hereinzulegen. Er dachte flüchtig an seine Komplizen, als er in den Wagen stieg. Die Sache mit der Sternwarte hatte er persönlich übernommen, denn das war eigentlich das Wichtigste am ganzen Coup.

Er grinste. Diese Nacht würde nicht nur in die Geschichte der Eifelstadt eingehen, sondern in die Kriminalgeschichte überhaupt.

Er schaltete das Funkgerät ein und gab das verabredete Zeichen.

Prompt wurde es erwidert. Das hieß, seine Leute waren zufrieden: Die Polizei war blitzschnell zu den Wagen geeilt und befand sich unterwegs.

Der eine oder andere Polizist, der in dieser Nacht eigentlich frei hatte, wurde vom Alarm gewiss auch noch zusätzlich aus dem Bett geholt.

Mit anderen Worten: Die Polizeiwache Eifelstadt war zu diesem Zeitpunkt bereits garantiert völlig verwaist!

Abermals einen Blick auf die Uhr. Der Angriff konnte beginnen.

Phillip Morris ließ den Motor an. Eile war nicht vonnöten. Die Streifenwagen würden mindestens eine Viertelstunde brauchen, um überhaupt nur auf dem Weg zu sein. Bis sie dann entdeckt hatten, dass sie jemand böse an der Nase herumgeführt hatte, war es für sie zu spät.

Erst nach ihrer eiligen Rückkehr würden sie feststellen, welches Motiv die ganze Angelegenheit verfolgte - dann nämlich, wenn sie die ausgeraubte Bank vorfanden!

Phillip Morris lachte schallend.

„Diese Dummköpfe!“, rief er gegen die Windschutzscheibe. „Ja, die Nacht der Nächte hat begonnen. So viel Geld wie heute Nacht war noch nie in der Bank zu holen gewesen. Die Bank von Eifelstadt wird danach ziemlich trostlos aussehen - mit dem aufgesprengten Tresor und der zertrümmerten Eingangstür!

Während der Alarm in der Polizeiwache nutzlos ertönt, wird abgesahnt!“

Er war mit sich und seinem genialen Plan zufrieden und fuhr an. Der Wagen steuerte auf die Serpentinen zu, die hier heraufführten. Er brauchte keine Angst zu haben, den Streifenwagen zu begegnen, denn mitten drin gab es eine Abzweigung. Niemand würde ihn sehen und somit auch niemand jemals identifizieren können. Wenn er Eifelstadt nach getaner Arbeit wieder den Rücken gekehrt hatte, war er nicht mehr gefährdet.

Gemütlich zuckelte Phillip Morris die Straße hinunter, bis er an die Abzweigung kam.

Er stoppte, schaltete den Motor aus und kurbelte das Fenster herunter.

Gebannt lauschte er.

Tatsächlich, Polizeisirenen näherten sich mit rasendem Tempo. Die Polizei war sehr schnell.

Doch das hatte Phillip Morris mit einkalkuliert. Seine Leute würden noch schneller sein.

Die Polizisten machten einen solchen Lärm, dass sie selber die Sprengungen bei der Bank überhaupt nicht hören konnten! Und der Alarm würde sie sowieso nicht mehr erreichen können, solange sie der falschen Fährte nachjagten.

Aber Phillip Morris hörte sie.

Und in dieses Geräusch mischte sich noch ein Laut. Er war viel lauter als alles andere und nicht nur deshalb, weil er seinen Ursprung in der Nähe hatte.

Sein Kopf ruckte herum. Von hier aus konnte er zwar die Sternwarte nicht sehen, aber er sah den Feuerschein.

Sein Ohr erreichte ein eigenartiges Zirpen, das anschwoll zu einem Donnern und Brausen.

Im nächsten Moment verwandelte sich das Observatorium vom Bocksberg in einen feurigen Glutball, der auseinanderplatzte und eine donnernde Wolke in den Himmel jagte, wo sie pilzförmig aufquoll.

Das Ganze hatte verdächtige Ähnlichkeit mit einem Atompilz, obwohl es keiner war.

Bevor die Druckwelle den kleinen Wagen von Phillip Morris erreichte, gab der Gas und jagte wie von Furien gehetzt davon.

Im Rückspiegel sah er die herabregnenden Trümmer: Überreste der ehemals so stolzen Sternwarte auf dem Bocksberg bei Eifelstadt!

Der Wald rings um den Explosionsherd stand in hellen Flammen.

Phillip Morris sah auch das. Er war zwar einerseits ein ausgebuffter Verbrecher, aber er verabscheute jegliche Gewalt gegen das Leben.

Deshalb hatte er ja auch Betäubungsgas gegen die Besatzung der Sternwarte eingesetzt und keine härteren Maßnahmen.

Es war einfach humaner gewesen.

Der Tod dieser drei Leute hätte ihm nur unnötig ein schlechtes Gewissen beschert.

Doch jetzt lebten sie nicht mehr.

Weil jemand das ganze Observatorium in die Luft gesprengt hatte! Einfach so! Und er war sich hundertprozentig sicher, dass er selber nicht das Geringste damit zu tun hatte.

Doch wer sonst? Und warum?

Phillip Morris glaubte in diesem Augenblick tatsächlich, dass es sich um UFOS handelte, denn er hatte das eigenartige Zirpen gehört und die anderen Geräusche.

Ähnlich wie aus seinem Rekorder, nur handelte es sich da um elektronische Geräusche, um die Polizisten zu narren.

Die Haare standen ihm steil zu Berge, obwohl sein klarer Menschenverstand sagen musste, dass nicht sein konnte, was er sich da ausmalte. Die Fantasie ging mit ihm offensichtlich durch!

Er brauste davon und vergaß sogar den Bankraub, den in der Zwischenzeit seine Komplizen durchführten, ohne auch nur zu ahnen, dass längst alles eine völlig falsche Richtung eingenommen hatte, denn da mischte jemand oder etwas mit, den niemand hatte einkalkulieren können…

3

Karl Sekam machte das Fliegerzeichen für „alles in Ordnung“: Daumen nach oben!

Henry Mallon, der immer nervös war, wenn es um etwas ging, Erik Sager und Ferd Dohmer waren seine Männer. Sie nickten ihm zu.

Alles war bereit.

Sie verließen den Lieferwagen, den sie vor drei Stunden im Nachbarort geklaut und bei dem sie die Kennzeichen ausgetauscht hatten, und rannten zur Bank hinüber.

Sie waren Spezialisten. Mit Phillip Morris waren sie insgesamt fünf.

Es würde dennoch genug für alle abspringen. Heute Nacht wurden drei Millionen Euro in der Bank von Eifelstadt zwischengelagert.

Es handelte sich um ein eher unscheinbares Gemäuer, das früher einmal eine Poststation gewesen war. Jetzt hatte man die Wände verstärkt und Panzerglastüren vorn angebracht.

Die Ganoven kratzte das nicht. Sie warfen ein Bündel Dynamit hinter das Gitter und rannten zur Seite.

Das Dynamit ging hoch, sprengte das Gitter in Fetzen und schmetterte die stabile Glastür aus dem Rahmen.

Die Stichflamme ging zur Straße, und die Druckwelle verpuffte zwischen den Häusern. Irgendwo klirrten Fensterscheiben.

Auch das kratzte die Bankräuber nicht.

Sie mussten schnell sein - und das waren sie auch.

Sie hörten Polizeisirenen und wussten genau, dass sie nicht gemeint waren.

Sofort stürmten drei durch die entstandene Lücke. Jeder trug ein weiteres Bündel Dynamit bei sich. Sonst hätten sie gleich umkehren können. Ohne Sprengungen ging es hier nicht. Zumindest nach ihrem Plan.

Nur die Nachbarn würden gestört werden.

Doch bis die begriffen und ihre Angst vor den Strumpfmaskenräubern überwunden hatten, war die Sache gelaufen.

Außerdem hörten sie die Sirenen der Polizei und mussten annehmen, dass die schon den richtigen Tätern auf der Spur waren.

Weit gefehlt!

Karl Sekam, der draußen die Stellung hielt, lachte rau.

Da warf er zufällig einen Blick zum Himmel - in die Richtung, in der die Sternwarte lag. Und er sah die Explosion dort oben!

Dies war nicht nur die Nacht des Bankraubes, sondern offenbar auch die Nacht der Sprengungen!

Die erkaltete Zigarette fiel ihm aus dem Mundwinkel. Er gaffte hinauf zu der donnernden Stichflamme, die wie eine blakende Riesenfackel wirkte und Tod und Verderben beinhaltete. Ihr Schein beleuchtete die tief hängenden Wolken und den emporschießenden Rauchpilz.

„Das gibt es nicht!“, murmelte Karl Sekam.

Er kannte Phillip Morris, den sie auch den „Denker“ nannten, gut genug, um zu wissen, dass er einen solchen Gewaltakt niemals unternehmen würde!

In die Polizeisirenen der Polizei mischten sich auch noch andere Sirenen. Die ganze Stadt war in Aufruhr, aber vor allem doch die Freiwillige Feuerwehr, die sich mobil machte, um zur Sternwarte hinaufzufahren.

Dies hier war die absolute Sensation. Demgegenüber würde sogar der Millionenraub verblassen.

Verblassen?, fragte er sich unwillkürlich.

Und dann fiel bei ihm der Groschen:

Man würde ihnen alles in die Schuhe schieben! Sie, die Bankräuber, würden in Verdacht geraten, das ganze Spektakel nur inszeniert zu haben, um seelenruhig und gelassen die Bank ausrauben zu können! Niemand würde daran zweifeln.

Und hatte Phillip Morris nicht am Ende vielleicht tatsächlich…?

Am liebsten hätte Karl Sekam jetzt seine Leute zurückgepfiffen, aber bis er den dreien klargemacht hätte, um was es ihm überhaupt ging, hätten sie ihn niedergeschlagen. Wo gab es denn so etwas, einen mitten im Bankraub zu stören?

Deshalb blieb Karl Sekam an seinem Platz und versuchte, die Zusammenhänge zu begreifen.

Phillip Morris musste es getan haben. Eine andere Möglichkeit wollte ihm einfach nicht einfallen.

Aber warum?

Und falls er es vielleicht doch nicht war, was ihm eher unwahrscheinlich vorkam: Wer kam denn ansonsten in Frage? Wer mischte in dieser Nacht mit? Wer waren die Unbekannten?

Karl Sekam bekam eine dicke Gänsehaut und konnte das nicht verhindern.

*

Sie waren bis zum Tresorraum vorgedrungen. Der Tresorraum war für sie schließlich das Wichtigste überhaupt. Klar. Weil dort eben das Geld lagerte.

Der dicke Ferd Dohmer, immer gefräßig, aber ein Experte in Sachen Tresore, hatte alle genau angewiesen. Deshalb wussten sie, was zu tun war.

Die Tresortür befand sich in einem kleinen Vorraum, und dieser Vorraum wiederum wurde von der Treppe durch ein Gitter abgegrenzt.

Ferd Dohmer legte zwei Dynamitstangen auf das Schloss.

Sie rannten die Treppe hoch.

Die Zündschnur zischte hinter ihnen wie eine gereizte Schlange.

Kaum waren sie in Deckung, als die Stangen hochgingen und das Gitter aufsprengten.

Sie wollten wieder hinunterrennen, aber da blickte Karl Sekam zu ihnen herein. Er wirkte seltsam blass um die Nase, dass es regelrecht zu leuchten schien, und seine Lippen mahlten, als wollte er etwas sagen, was er aber nicht herausbringen konnte - aus welchen Gründen auch immer.

Die Bankräuber hatten keinen Sinn dafür, sich mit solchen Albernheiten abzugeben, wie sie meinten. Sie rannten wieder hinunter und wandten sich der Tresortür zu. Dahinter wartete immerhin das liebe Geld: Drei Millionen in bar!

Ferd Dohmer sprach es laut aus:

„Drei Millionen!“

Wie viele Steaks konnte er sich eigentlich davon kaufen?

Sie brachten die restlichen Ladungen an. Das musste reichen, sonst war der ganze Aufwand umsonst.

Aber mehr hatten sie nicht verwenden dürfen, sonst sprengten sie das Gebäude in die Luft - und sich mit!

Sie rannten mal wieder die Treppe hinauf in den Schalterraum.

Karl Sekam stand noch immer im Eingang. Wenn er sich nicht zurückzog, wurde er von der herauf donnernden Druckwelle von den Beinen gefegt.

„Vorsicht!“, brüllte Ferd Dohmer ihn an.

Er war immer der letzte, wenn sie die Treppe hinaufrannten, und hatte die Zündschnüre auch so berechnet, dass er es gerade noch schaffte, sich in Deckung zu werfen.

Karl Sekam vernachlässigte seinen Job. Das war klar. Unklar blieb, warum er das tat.

Gab es eine Gefahr von draußen oder was?

Keine Zeit, sich jetzt darüber Gedanken zu machen. Sie warfen sich in Deckung und pressten die Hände gegen die Ohren.

Verdammt, wenn Karl Sekam nicht abhaute, dann ging es ihm schlecht. Die Druckwelle würde ihm die Trommelfelle zerreißen, und jeden Augenblick konnte die furchtbare Detonation erfolgen.

Draußen heulten die Sirenen wie im Krieg. Als würden sie kurz vor einem Bombenangriff stehen.

Karl Sekam verschwand endlich, und Erik Sager, der kühle Blonde aus Norddeutschland, dachte sich:

Die Sirenen zeigen, dass unser guter Phillip auf Draht ist. Er hat den Kaffern hier so die Hölle heiß gemacht, dass sie sich tatsächlich wie im Krieg fühlen müssen. Invasion vom Mars, hahahaha!

Die Sprengladung gab ihr Bestes. Sie donnerte und fauchte und schickte ihren Höllenodem über die Treppe in den Schalterraum.

Schreibtische kippten um, kleinere Gegenstände wirbelten wie Herbstlaub zur Tür, eine der Scheiben bekam einen Sprung, und das Haus wackelte, als wollte es jeden Augenblick umfallen.

Aber es hielt.

Erik Sager betrachtete den Sprung in der Scheibe und murmelte:

„Das nennt sich dann deutsche Wertarbeit. Ist auch nicht mehr, was es einmal war!“

Mit den anderen hetzte er Richtung Keller.

Karl Sekam erschien kurz vorher wieder in der Tür. Er hielt die Hände zu Fäusten geballt und machte ein dummes Gesicht, als könnte er nicht einmal bis drei zählen.

Bis drei Millionen?, dachte Erik Sager unterwegs spöttisch.

Die Tresortür hatte sich geöffnet. Zwar nur einen Spalt breit und war glühend heiß, aber den Rest konnten sie mit ihren behandschuhten Händen erledigen.

Sie stemmten die schwere Tür auf und sahen das Geld: die Millionen! Sie waren in Stahlkassetten gebündelt. Jede Stahlkassette beinhaltete einhundert tausend Euro.

Flüchtig dachte der nervöse Henry Mallon daran, wie Eifelstadt zu dieser Riesensumme gekommen war: Eine wirtschaftliche Transaktion sondersgleichen. Eigentlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber ein findiger Reporter hatte es dennoch herausbekommen.

Eifelstadt war gewählt worden, damit es nicht noch mehr Staub aufwirbelte.

Phillip Morris, der Denker, wie man ihn in seinen Kreisen nannte, hatte ausgerechnet, dass nur Eifelstadt in Frage kam. Hier lagerten die drei Millionen in bar ganze zwei Nächte, bis das internationale Konsortium mit der Verteilung beginnen konnte.

Längst hatte es Streiks und Demonstrationen gegeben, weil Unbekannte sich in Deutschen Landen einkaufen wollten. Es war nach Meinung vieler schon zu viel Eigentum ans Ausland geraten. Kaum eine große Firma, die nicht unter ausländischer Schirmherrschaft arbeitete. Behaupteten sie zumindest.

Und hier die großen Unbekannten, die selbst die findigsten Journalisten nicht enttarnen konnten.

Phillip Morris und seinen Leuten war es egal. Sie hatten nur die Moneten im Kopf und interessierten sich wenig für die Hintergründe. War schließlich nicht ihre Sache. Wichtig blieb, dass sie das Geld erst einmal bekamen!

Drei Kassetten konnte jeder auf einmal tragen. Die Dinger waren sehr schwer, aber Ferd Dohmer hatte erklärt, dass er die mit einem Dosenöffner schaffte. Für ihn sei das kein Problem.

Jeder sechshunderttausend echte Euro, weil Phillip Morris keinen Cent mehr kassieren wollte als seine Komplizen. Alles sollte gerecht verteilt werden.

Da konnte man schon einmal mit einem Büchsenöffner an einer Kassette schuften!

Es war das geringste Problem überhaupt.

Die drei liefen die rußgeschwärzte Treppe hinauf, durchquerten den Schalterraum und erreichten den Ausgang.

Karl Sekam stand da und deutete mit ausgestrecktem Arm zum Himmel.

Zuerst sahen sie nur den blakenden Quam. Aber wieso konnten sie bei dem bedeckten Himmel überhaupt den Qualm sehen?

Wegen dem Feuer!

Aha?

Der Wald um die Sternwarte musste lichterloh brennen. Natürlich konnte man das Observatorium von hier aus nicht sehen. Aber dort musste sich eine furchtbare Katastrophe ereignet haben!

Die drei sperrten Mund und Augen auf.

Karl Sekam sagte: „Phillip hat die Sternwarte in die Luft gesprengt, Jungs. Ich kann es nicht begreifen!“

Ferd Dohmer schluckte schwer. Er fasste sich als erster:

„Mir jetzt schnurz-piep-egal! Ich habe gute Arbeit geleistet und will mich jetzt nicht auch noch um meinen guten Lohn bringen!“

Die anderen gaben ihm vollkommen recht, schüttelten die Köpfe über Karl Sekams Gebahren, der etwas ändern wollte, was nicht mehr zu ändern war, und liefen weiter zum Lieferwagen.

An den Fenstern der Nachbarhäuser zeigte sich nichts. Dachten sie wenigstens. Aber sie konnten deshalb nichts sehen, weil es zu dunkel war. Die Nachbarn waren nämlich allesamt hellwach. Kein Wunder, bei diesem Höllenlärm in dieser Nacht. Da wurden selbst die auf dem Friedhof munter.

„Diebe, Räuber, Mörder!“, keifte plötzlich ein altes Weib, schwang einen Stock und stürzte aus dem dunklen Hausgang gegenüber der Bank.

Sie erreichte Ferd Dohmer als ersten, weil der am langsamsten war, und drosch auf ihn ein.

Doch er hatte im wahrsten Sinne des Wortes ein dickes Fell und konnte einen Stockhieb durchaus vertragen, ohne Schaden zu nehmen.

Karl Sekam entsann sich endlich seiner Rolle und entwand der Alten ihren Stock.

Sie drohte jetzt nur noch mit dem knorpeligen Zeigefinger, weil der Stock im hohen Bogen davonflog.

„Tut mir leid, Oma, aber du solltest dich jetzt wirklich wieder zurückziehen“, knurrte er. „Banküberfälle sind für alte Leute nichts mehr!“

Die Alte ließ sich nicht beeindrucken und keifte weiter, während die anderen Ganoven ihre Kassetten im Lieferwagen verstauten und wegrannten, um den Rest zu holen.

Jetzt wurden auch noch andere Rufe laut.

Karl Sekam zog die Waffe, die er nicht nur zur Zierde bei sich trug, und gab zwei Warnschüsse ab.

Die Leute zogen schleunigst ihre Köpfe ein. Nur die alte Frau blieb, wo sie war.

„Mir kannst du nicht beeindrucken!“, keifte sie.

„Mich!“, verbesserte Karl Sekam automatisch.

„Nein, mir!“

„Ich meine, das heißt nicht mir, sondern mich!“

„Dich will ja niemand beeindrucken.

Warte nur, ich hole meinen Stock wieder. Dann kannst du was erleben!“

Es dauerte eine Weile, bis die alte Frau ihren Stock wieder an sich genommen hatte. In der Zwischenzeit waren die Bankräuber fertig. Sie hatten sämtliche Kassetten verstaut und wollten in den Lieferwagen springen, um davon zu brausen.

Es hatte jemand etwas dagegen!

Nicht nur die alte Frau, die sich gerade nach ihrem Stock bückte, den sie mit viel Mühe erreicht hatte, sondern drei Maskierte, die aus dem Halbdunkel des dürftigen Straßenlichtes auftauchten und ihre Pistolen zeigten.

Karl Sekam fiel im Moment nicht viel ein, außer:

„Die haben das Feuerwerk am Observatorium veranstaltet und wollen uns jetzt das Geld abluchsen!“

Da hatte er aber auch noch ein Wörtchen mitzureden!

Aus den Krimiserien im Fernsehen hatte er eine ganze Menge gelernt. Und er machte es jetzt wie die gängigen Vorbilder, indem er sich zu Boden fallen ließ, gleichzeitig feuerte, zur Seite abrollte, wieder feuerte, weiterrollte, ein drittes Mal schoss…

Er traf nur ein einziges Mal, aber dann nicht zu knapp.

Karl Sekam hatte bei dem Coup nicht umsonst Wachtposten bezogen, während seine Kumpane eingebrohen waren. Das hatte seinen Grund, denn Karl Sekam war unter ihnen der Kämpfer. Er war ein grandioser Schütze und hatte einige Auszeichnungen dafür erhalten.

Das zahlte sich jetzt aus.

Blitzschnell sprangen die beiden Überlebenden in Deckung. Von dort aus feuerten sie zurück.

Mallon, Sager und Dohmer waren so schlau, die Köpfe einzuziehen. Sie wurden nicht getroffen. Aber mit dem Wagen konnten sie nicht abhauen. Weit wären sie nicht gekommen.

„Aussteigen!“, brüllte jemand.

Ein anderer fügte hinzu:

„Euch geschieht nichts, wenn ihr gehorcht!“

Karl Sekam hätte es nicht getan, aber seine Kumpane hingen anscheinend mehr am Leben. Sie ließen sich aus dem Lieferwagen fallen und krabbelten auf allen vieren davon.

Selbst Ferd Dohmer brachte das fertig. Man hätte ihm das niemals zugetraut.

Aber es ging halt um sein nacktes Leben.

Plötzlich waren noch mehr von den Maskierten da.

Karl Sekam hätte gern wieder geschossen, aber es hätte überhaupt nichts genutzt.

Die Maskierten hatten es nicht auf sie abgesehen, sondern nur auf das Geld. Vier stiegen in den Lieferwagen ein und die anderen verschwanden wieder so plötzlich, wie sie aufgetaucht waren.

Den von Karl Sekam Getroffenen nahmen sie einfach mit.

Die alte Frau stand mit ihrem Stock abseits und wog ihn unschlüssig in der Hand.

Sie begriff überhaupt nicht, was geschehen war.

Karl Sekam konnte mit ihr fühlen. Er wusste auch nicht, wie ihnen geschehen war. Sie lagen am Boden und mussten begreifen, dass man ihnen soeben drei Millionen Euro abgeluchst hatte, einfach so, im Handstreich.

Das war nicht nur zum Weinen, sondern zum Brüllen und Schreien!

Aber sie konnten nicht bis zum Morgengrauen hier liegenbleiben, sondern mussten an die Polizei denken, die irgendwann zurückkehrte.

Karl Sekam sprang auf und suchte nach seinen Gefährten.

Die Alte wurde wieder aktiv, aber es nutzte ihr nichts, dass sie den Stock schwang und unflätige Drohungen ausstieß. Die vier Bankräuber waren schneller. Die Dunkelheit verschluckte sie.

4

Auch Spezialagenten müssen einmal schlafen!, dachte KC9, alias Konrad Clasen, als das Telefon klingelte und er sich müde herumwälzte.

Ein Blick zum Fenster. Draußen herrschte noch finstere Nacht. Für einen Mann wie ihn, der es gewohnt war, morgens um neun Uhr erst aufzustehen, war es unzumutbar, um diese Zeit geweckt zu werden.

Aber was sollte er machen: Das Telefon hörte erst auf, wenn er abhob!

„Ja?“, murmelte er brüchig in die Hörermuschel.

„Wer ist da?“

„Na, wer schon? Das hören Sie doch!“

„Verdammt, Clasen, ich habe jetzt wirklich keinen Sinn für Ihre Scherze.“

„Wer sind Sie denn, Sie humorloser Störenfried? Wecken mich mitten in der Nacht auf, um mich zu beleidigen? Macht nichts: Mein Telefon hat sowieso geklingelt!“

„Herrje, Clasen, ich bin es! Aufwachen!“

Konrad Clasen wusste es längst, aber er hatte ein besonderes Verhältnis zu Steinbach, seinem Boss. Deshalb wollte er es diesem heimzahlen, dass er es gewagt hatte, seinen schönen Schlaf zu stören.

„Das kann ja jeder sagen!“

„In dreieinhalb Sekunden sind Sie bei mir in der Stiftung. Es ist äußerst brisant!“

Es knackte in der Leitung.

Konrad Clasen hieb den Hörer auf die Gabel zurück, dass es krachte.

„Scheißjob!“, fluchte er und schaltete das Licht ein.

Das stach ganz schön in die Augen.

„Was kann denn schon viel passiert sein? Hoffentlich hat man die Stiftung endlich in die Luft gejagt!“

Dass es etwas mit Sprengungen zu tun hatte, ahnte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal. Es war eine reine Spekulation, geboren aus seinem Wunschdenken.

Eine Sekunde war schon um - mindestens.

KC9 wurde endlich mobil. Er schnellte aus dem Bett und stürzte sich auf die Kleider wie ein Geier auf frisches Aas. Bei ihm lag alles bereit, weil er nie wusste, wann es Dr. Steinbach einfallen würde, ihn abzuberufen.

KC9, alias Konrad Clasen, war ihr Trumpf-As. Steinbach hatte es einmal so formuliert:

„Wir sind allesamt Wissenschaftler. Weltfremd, wenn Sie so wollen. Sie aber stehen mit beiden Beinen im Leben. Sie sind hochintelligent, sehr begabt, wissenschaftlich-technisch vorgebildet und ein Draufgänger.

Wenn wir Sie nicht engagieren, enden Sie vielleicht eines Tages als Gangster. Das wollen wir doch nicht, oder? Arbeiten Sie für uns, werten Sie in der Praxis das aus, was wir an Grundlagen schaffen.

Die Dinge, die wir entwickeln, eignen sich nicht für den Hausgebrauch, aber in den Händen der richtigen Leute sind sie unschätzbare Waffen.

Wir sind die Steinbach-Stiftung und Sie sind unser verlängerter Arm nach draußen!“

Was für Wunderdinge die in der Stiftung schon produziert hatten, davon wusste Konrad Clasen ein Lied zu singen. Paradepferd war der sogenannte Piepmatz. So wurde das Ding jedenfalls von Clasens Freund Peter Bell genannt.

Peter Bell mischte meistens mit. Sie galten als unzertrennliche Freunde, obwohl sie sich die meiste Zeit stritten.

Vor allem hatte Peter Bell keine Ahnung von der Stiftung. Der Kreis der Eingeweihten musste sich zwangsläufig klein halten, damit die Stiftung selbst niemals gefährdet war.

Wenn KC9 eingriff, dann ging es immer um große Fische. Er war kein Mann für Kleinigkeiten, sondern für Angelegenheiten, die nur er - mit der technischen und wissenschaftlichen Unterstützung der Steinbachstiftung in Saarbrücken selbstverständlich – bewältigen konnte.

Er war so schnell angezogen wie ein Verwandlungskünstler.

Zwar gelang es ihm nicht, die dreieinhalb Sekunden einzuhalten, aber das lag in erster Linie daran, dass er von der Halbergstraße in Saarbrücken aus die halbe Stadt durchfahren musste, um zur Stiftung zu gelangen.

Als er das Apartmenthaus Nr. 66 verließ, überlegte er, ob es nicht ein Fehler war, Peter Bell im Ungewissen zu lassen. Aber er würde den Freund auch noch später informieren können, wenn er selber wusste, um was es ging.

Er lief zu seinem Auto, klemmte sich hinter das Steuer und brauste los.

Steinbach war gewiss schon ungeduldig.

Von Müdigkeit war bei Konrad Clasen nichts mehr zu spüren. Die Erregung, die ihn vor jedem Auftrag befiel, hielt ihn auch diesmal gepackt.

Steinbach hatte einmal gesagt, dass jeder Held im Grunde genommen ein Wahnsinniger sein musste. Kein normaler Mensch würde sich auf den Einsatz seines Lebens freuen. Aber solche Menschen wurden ebenfalls benötigt!

Konrad Clasen war kein Typ für hinter den Ofen. Er war noch nicht einmal ein Typ für vor den Fernseher. Er hatte seine Erlebnisse in der Wirklichkeit.

Und es waren Erlebnisse, bei denen er anderen Menschen half und ihnen keinen Schaden zufügte!

Es sei denn, es handelte sich um welche, denen es selber gar nichts ausmachte, andere über die Klinge springen zu lassen. Darin war Konrad Clasen äußerst empfindlich!

*

Dr. Steinbach war ein bärbeißiger, im Grunde genommen sehr unwissenschaftlich aussehender älterer Herr, der KC9 über die Brille hinweg anschaute und kein einziges Wort zur Begrüßung sagte.

Konrad auch nicht!

Er trat ein und nahm einfach Platz. Die langen Beine streckte er von sich. Die Arme verschränkte er vor der Brust.

Der Doktor schüttelte missbilligend den Kopf.

„Ich möchte wissen, wie lange es dauern würde, Ihnen anständiges Benehmen beizubringen!“

„Stars haben immer ihre Allüren, Doktor. Daran müssen Sie sich gewöhnen. Die Leser wollen das so!“

Steinbach runzelte die Stirn, rückte seine Brille zurecht und begann in seiner direkten Art zu erzählen:

„Vor zwei Stunden bekam der Polizeiposten in Eifelstadt einen Anruf vom Chef der Sternwarte. Es wurde von Professor Bernhard behauptet, dass sie UFOs gesichtet hätten, die die Sternwarte angriffen. Die Polizei war…“

Konrad zog die Beine an und machte ungläubig:

„Wie bitte?“

„Sie hören schon richtig, KC9!

Also, die Polizisten liefen zu ihren Fahrzeugen, da der Anruf recht überzeugend war und von seltsamen Geräuschen begleitet wurde. Sie wollten wissen, was dort oben los war. Die Sternwarte liegt auf dem Bocksberg bei Eifelstadt - oder sollte ich besser sagen: lag? Denn es gibt sie nicht mehr! Dort, wo sie sich befunden hat, existiert jetzt ein rauchender Krater.“

KC9 blies die Wangen auf.

„Das ist ja ein Ding!“

Steinbach entgegnete ärgerlich:

„Habe ich mir auch gedacht, und deshalb sind Sie hier.“

„Wegen der UFOs? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen, was? Ich glaube, es ist doch besser, ich lege mich wieder ins Bett und versuche…“

„Nichts dergleichen werden Sie tun, KC9 - außer mir zuzuhören!“

„Jawohl, Sir!“

Das ärgerte Steinbach noch mehr. Er musste sich zusammenreißen.

„Während die Polizei und die Feuerwehr nach dem Rechten sahen, wurde die Bank von Eifelstadt ausgeraubt. Dort befanden sich die ominösen drei Millionen, die in der Sensationspresse so viel Staub aufgewirbelt haben: besonders in der…“

„Keine Namen!“, warnte KC9 schnell.