Krimi Doppelband 805 - Commissaire Marquanteur - Zwei Frankreich Krimis - Alfred Bekker - E-Book
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Alfred Bekker

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Beschreibung

Dieser Band enthält folgende Krimis: Commissaire Marquanteur gerät genau ins Fadenkreuz (Alfred Bekker) Commissaire Marquanteur und der große Zusammenbruch (Alfred Bekker) Hacker-Angriffe gibt es häufig in der ganzen Welt, doch die komplette Energieversorgung Europas lahmzulegen, ist ein sehr ambitionierter Plan. Genau dieses Vorhaben wird jedoch der Commissaire Marquanteur und der FoPoCri zugetragen, woraufhin eine fieberhafte Suche einsetzt. Wer jedoch etwas weiß, wird gnadenlos getötet – und die Zeit läuft! Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Jack Raymond, Jonas Herlin, Dave Branford, Chris Heller, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Alfred Bekker

Krimi Doppelband 805 - Commissaire Marquanteur - Zwei Frankreich Krimis

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Inhaltsverzeichnis

Krimi Doppelband 805 - Commissaire Marquanteur - Zwei Frankreich Krimis

Copyright

​Commissaire Marquanteur gerät genau ins Fadenkreuz

​Commissaire Marquanteur und der große Zusammenbruch

Krimi Doppelband 805 - Commissaire Marquanteur - Zwei Frankreich Krimis

von Alfred Bekker

Dieser Band enthält folgende Krimis:

Commissaire Marquanteur gerät genau ins Fadenkreuz (Alfred Bekker)

Commissaire Marquanteur und der große Zusammenbruch (Alfred Bekker)

Hacker-Angriffe gibt es häufig in der ganzen Welt, doch die komplette Energieversorgung Europas lahmzulegen, ist ein sehr ambitionierter Plan. Genau dieses Vorhaben wird jedoch der Commissaire Marquanteur und der FoPoCri zugetragen, woraufhin eine fieberhafte Suche einsetzt. Wer jedoch etwas weiß, wird gnadenlos getötet – und die Zeit läuft!

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Jack Raymond, Jonas Herlin, Dave Branford, Chris Heller, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author

© dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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​Commissaire Marquanteur gerät genau ins Fadenkreuz

von Alfred Bekker

Commissaire Marquanteur gerät genau ins Fadenkreuz: Frankreich Krimi

von Alfred Bekker
Scheinbar wahllos werden in Marseille Menschen erschossen – mit einem besonderen Gewehr, das selbst auf große Entfernung zielsicher eingesetzt werden kann. An allen Tatorten wird der immer gleiche Mann gesehen. Der Mörder kann er kaum sein, aber hat er die Morde in Auftrag gegeben? Commissaire Marquanteur und seine Kollegen müssen einer Verschwörungstheorie folgen, um den Mörder zu finden.
Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton Reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Jack Raymond, Jonas Herlin, Dave Branford, Chris Heller, Henry Rohmer, Conny Walden und Janet Farell.
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1
Ich schlug den Mantelkragen hoch.
Ein Spaziergang am Strand, dafür hatte ich viel zu selten Zeit. Aber ab und zu musste das einfach sein. Einfach, um den Kopf klar zu kriegen. Ein Frachter quälte sich zum Hafen. Marseille war das, was man ein Tor zur Welt nennen konnte. Einer der größten Häfen Frankreichs.
Ein frischer Wind kam auf, und ein paar Möwen kreisten in der Höhe.
Ich hoffte nur, dass sie mir nicht auf den Kopf scheißen würden. Dafür waren die Biester berüchtigt. Und sie waren ziemlich zielsicher.
Mein Name ist Pierre Marquanteur. Ich bin Commissaire und Teil einer in Marseille angesiedelten Sonderabteilung, die den etwas umständlichen Namen Force spéciale de la police criminelle, kurz FoPoCri, trägt und sich vor allem mit organisierter Kriminalität, Terrorismus und Serientätern befasst.
Die schweren Fälle eben.
Fälle, die zusätzliche Ressourcen und Fähigkeiten verlangen.
Zusammen mit meinem Kollegen François Leroc tue ich mein Bestes, um Verbrechen aufzuklären und kriminelle Netzwerke zu zerschlagen. »Man kann nicht immer gewinnen«, pflegt Monsieur Jean-Claude Marteau, Commissaire général de police oft zu sagen. Er ist der Chef unserer Sonderabteilung. Und leider hat er mit diesem Statement Recht.
Marseille ist eine Stadt mit vielen Gesichtern. Einerseits die wunderschöne Stadt mit dem Hafen, den Kirchen und dem Mittelmeer direkt vor Haustür. Ein freundlicher Ort für Touristen, andererseits aber auch eine Stadt mit einem eisenharten, dunklen Kern. Die Polizei kämpft seit Jahren gegen das organisierte Verbrechen und den Drogenhandel im Hafenbereich von Marseille. Gleichzeitig ist Marseille aber auch Heimat zahlreicher Unternehmen und Start-ups, die in den vergangenen Jahren in die Stadt gezogen sind.
Insofern ist es folgerichtig, dass unsere Abteilung hier angesiedelt ist.
Allerdings ist die Force spéciale de la police criminelle, kurz FoPoCri, durchaus landesweit aktiv.
Polizei ist zwar eigentlich Sache der Departements.
Und die Gangsterclans halten sich ja nicht an Verwaltungsgrenzen.
Wir wären also schön blöd, wenn wir es täten.
*
Der Mann mit dem dunklen Haarkranz und der Narbe am Kinn hatte ein sehr verkniffenes Gesicht. Wilde Entschlossenheit blitzte in seinen Augen. Er sah durch das Zielfernrohr des Spezialgewehrs. Jetzt, dachte er. Jetzt ist der Moment. Im Fadenkreuz sah er das Gesicht des Premierministers von Frankreich. Der Schütze hielt die Waffe so, dass das Fadenkreuz genau über der Stirn war. Gut so, dachte er. Da gehört es hin, dieses Kreuz. Auf die Stirn unseres gegenwärtigen Regierungschefs.
Er drückte ab.
Die Kugel traf genau zwischen die Augen. Der Kopf zerplatzte. Blutrot tropfte es hinab.
Zufrieden senkte der Schütze die Waffe und kratzte sich dann auf eine recht auffällige Weise an der Narbe an seinem Kinn.
»Er hat es nicht anders verdient, dieser Bastard«, murmelte er.
»Ein guter Schuss«, sagte der andere Mann – hochgewachsen, dunkelhaarig und gut trainiert. Unter dem linken Auge war ein dunkler Punkt, den man auf den ersten Blick für ein Muttermal halten konnte. Wenn man genauer hinsah, erkannte man, dass es eine Tätowierung war. Eine Träne.
Der Kahlköpfige grinste.
»Gute Waffe«, meinte er. »Und darauf kommt es an, sage ich Ihnen. Auf die Waffe. Und es gibt keine zweite wie diese hier. Das können Sie mir glauben.«
»Wenn Sie das sagen, Monsieur Cachot.«
Der Kahlköpfige grinste breit.
»Ich habe sie konstruiert. Ich kenne jede Schraube an dem Ding, und ich sage Ihnen, es ist nie wieder eine Handfeuerwaffe mit einer vergleichbaren Zuverlässigkeit hergestellt worden.« Er hob die Augenbrauen. »Sie können damit jemandem auf anderthalb Kilometer das Auge ausschießen, wenn Ihre Hand ruhig genug ist.«
»So anspruchsvoll bin ich gar nicht.«
»Das sollten Sie aber sein … Wer weiß, gegen wen man sich noch alles verteidigen muss! Die Regierung ist wie eine Krake. Eines Tages kriegt die jeden. Sie werden es auch noch sehen. Und am Ende sind Sie auf sich allein gestellt, wenn diese Arschlöcher Sie mit allen Tricks fertig zu machen versuchen.«
Zusammen gingen sie die fast fünfhundert Schritte, die zwischen ihrem Standort und dem Ziel lagen. Sie erreichten einen Baum mit stark überhängenden Ästen. Ein Seilstück hing von einem dieser Äste herab.
Die Melone, die Cachot damit befestigt hatte, war durch den Schuss auseinandergeplatzt. Irgendwo lag ein Computerausdruck, der ein Foto vom Gesicht des Präsidenten der Republik zeigte. Ein anderes zeigte den Premierminister und Minister aus der Regierung.
»Sie haben einen eigenartigen Humor, Monsieur Cachot.«
»Wieso Humor?«
»Na ja, ich meine, dass Sie die Melonen, auf die Sie schießen, mit Fotos bekannter Leute bekleben. Präsident, Premierminister, Minister und so – Sie wissen schon, was ich meine … Tut mir leid, das finde ich schräg.«
»Ich finde es schräg, wie diese Bande von Parasiten unser Land ausbeutet und sich von all denen einlullen lässt, die das natürliche Recht auf Waffenbesitz unterdrücken! Aber ich sage immer, wenn ich meine Waffe nicht in der Öffentlichkeit tragen darf, ist das bereits der erste Schritt in die Diktatur.«
Cachot bückte sich, hob den Fetzen auf, der von dem Foto des Premiers übrig geblieben war. Sein Gesicht bekam für einen kurzen Moment einen zufriedenen Ausdruck, als er sah, dass der Schuss mit dem Spezialgewehr genau zwischen die Augen gegangen war.
So, wie es sein sollte, ging es Cachot durch den Kopf.
»Ich nehme die Waffe«, sagte der andere Mann. »Haben Sie auch Munition dafür?«
»Ja, habe ich. Die Waffe ist übrigens so konstruiert, dass Sie auch problemlos Standardmunition verwenden können. Und so, wie es aussieht, werden Sie das auch bald müssen, denn ich kann Ihnen bei den Spezialprojektilen nicht garantieren, dass Sie die noch lange nachbestellen können. Mein Vorrat geht nämlich zur Neige – und ein paar bewahre ich für meine eigenen Zwecke auf. Ich will schließlich vorbereitet sein, wenn es soweit ist und alles zusammenbricht.«
Der Mann mit der Träne unter dem Auge runzelte die Stirn.
»Die kleinen Modifikationen, die wir besprochen haben – bis wann können Sie die durchführen?«
»Ist alles in ein paar Tagen fertig.«
»Dann komme ich am Dienstag zu Ihnen raus auf den Hof.«
»Nein, nicht Dienstag. Dienstag bin ich in Marseille. Kommen Sie Sonntagabend oder erst Donnerstag! Und bringen Sie den Betrag in bar mit. Ich misstraue der Regierung und dem Bankensystem. Die überwachen doch, wo jeder Cent bleibt, und am Ende drehen sie einem einen juristischen Strick daraus, wenn sie es brauchen und einen aus dem Weg räumen wollen. Da kann ich Ihnen Stories erzählen … Da fallen Sie vom Glauben ab, sag ich Ihnen.«
2
Es war ein Dienstag.
Ein Dienstag, der schon schlecht begann, denn als ich meinen Kollegen François Leroc morgens an der bekannten Ecke abholte, um mit ihm zum Polizeipräsidium zu fahren, fuhr uns der unvorsichtige Fahrer eines alten Ford hinten drauf. Der Schaden an meinem Sportwagen hielt sich zum Glück in Grenzen. Etwas eingedrücktes Blech, das war alles. Es hätte schlimmer kommen können.
Da der Unfall erst abgewickelt werden musste und wir anschließend in der Fahrbereitschaft sicherstellen mussten, dass die Reparatur durchgeführt wurde, erreichten wir das Büro unseres Chefs mit leichter Verspätung.
Monsieur Jean-Claude Marteau, Commissaire général de police, Chef unserer Abteilung, stand am Fenster und hatte dabei die Hände in den tiefen Taschen einer Flanellhose vergraben. Die Hemdsärmel waren hochgekrempelt, die Krawatte gelockert.
»Ich weiß, dass wir etwas spät dran sind, Chef«, begann ich.
Aber Monsieur Marteau ging darauf gar nicht weiter ein.
»Es hat eine Leiche im Parc de Maison Blanche gegeben«, eröffnete er. »Rainier Lavalle, zweiundfünfzig Jahre alt, Anwalt. Lavalle hat bis vor Kurzem bei der Staatsanwaltschaft gearbeitet und war dort Spezialist für Fälle, die mit Geldwäsche und organisiertem Verbrechen zu tun hatten. Es wäre also nicht unwahrscheinlich, wenn es da einen Zusammenhang gibt.« Monsieur Marteau sah auf die Uhr an seinem Handgelenk. »Der Anruf von den Kollegen kam vor zehn Minuten. Die Untersuchung am Tatort dürfte gerade angelaufen sein.«
»Dann werden wir uns am besten sofort auf den Weg machen«, sagte ich.
»Lassen Sie keine Zweifel daran, dass wir die Ermittlungen übernehmen, Pierre«, ermahnte mich Monsieur Marteau. »Die Informationen sind zwar noch recht spärlich, aber eigentlich besteht für mich kein Zweifel, dass die Sache in unseren Zuständigkeitsbereich fällt.«
»In Ordnung, Chef.«
Es klopfte. Melanie, die Sekretärin unseres Chefs brachte ein Tablett mit dampfenden Kaffeebechern herein.
»Sie gehen schon wieder?«, fragte sie, als François und ich uns in Richtung Tür bewegten.
Monsieur Marteau deutete auf die drei dampfenden Becher, die Melanie inzwischen auf den Tisch des Besprechungszimmers gestellt hatte.
»Pierre und François haben dafür leider keine Zeit mehr, aber lassen Sie sie ruhig hier. Ich trinke alle drei.«
»Wie Sie meinen, Monsieur Marteau«, sagte Melanie.
Da mein Wagen repariert werden musste, nahmen François und ich ein Fahrzeug aus den Beständen unserer Fahrbereitschaft. Es handelte sich um einen unauffälligen Ford.
Leider verfügte der nicht über einen Bordrechner mit TFT-Bildschirm, wie er in den Sportwagen eingebaut war.
»Der Name Lavalle kommt mir bekannt vor«, sagte François und ging dabei mit seinem Smartphone ins Netz, um zumindest die wichtigsten, öffentlich zugänglichen Informationen suchen zu können.
»Hat sich selbstständig gemacht, als der neue Staatsanwalt ihm erklärt hat, dass seine Karriere nicht weiter nach oben gehen wird.«
»Woher weißt du das denn, Pierre?«
»Habe ich von Derek Bajere gehört. Und der hat es von Lavalle selbst.«
Derek Bajere war einer unserer Verhörspezialisten im Innendienst. Und die hatten naturgemäß viel mit Anwälten und Staatsanwälten zu tun, denn bei einer großen Zahl von Vernehmungen bestand entweder eine oder beide Seiten auf einer Anwesenheit. Und natürlich fiel da auch schon einmal das eine oder andere private Wort.
»Ein Anwalt, der die Seiten wechselt«, meinte François. »Erst jagt er Geldwäscher, und zuletzt verteidigte er wahrscheinlich genau solche Typen, die er zuvor gejagt hat. Muss auch eigenartig sein.«
»Anwalt und Staatsanwalt dienen beide dem Recht«, sagte ich.
»Kann ja sein. Muss aber trotzdem eigenartig sein, plötzlich auf der anderen Seite zu stehen. Wäre interessant zu erfahren, wieso er sich mit seinen beiden Vorgesetzten überworfen hat.«
»Jedenfalls finanziell gesehen dürfte der Ausstieg kein Nachteil für Lavalle gewesen sein«, vermutete ich. »Ich nehme an, dass er mit seinem Spezialwissen bei allen Gangstern Marseilles, die ein paar schmutzige Koffer mit Euros weiß zu waschen hatten und dabei erwischt wurden, gerne und zu lukrativen Honoraren engagiert wurde.«
»Willst du ihm daraus einen Vorwurf machen?«, fragte François. »Das war nun mal sein Spezialgebiet. Als Anwalt konnte er ja wohl schlecht als Verteidiger von Verkehrssündern anfangen.«
Wir erreichten schließlich den Parc de Maison Blanche in Sainte-Marguerite. Vom Park aus hat man eine gute Aussicht auf das Rathaus.
An diesem Dienstag war es zwar kalt, aber es schien die Sonne. Wir stellten den Ford aus unserer Fahrbereitschaft auf einem der Parkplätze ab und stiegen aus.
Einige Einsatzfahrzeuge der Polizei waren hier ebenfalls bereits zu finden. Ein Beamter notierte die Nummernschilder der anderen parkenden Fahrzeuge. Eine vorsorgliche Maßnahme. Jeder, der hier seinen Wagen abgestellt hatte, war möglicherweise auch ein wichtiger Zeuge.
Wir zeigten unsere Dienstausweise. Der Polizist sah auf.
»Commissaire Grassner erwartet Sie schon«, erklärte er.
»Guillaume Grassner vom sechzehnten Revier?«, fragte ich. Ich kannte Grassner nämlich von einem gemeinsamen Sicherheitstraining im Umgang mit Handfeuerwaffen, zu dem nach und nach sämtliche Polizeieinheiten Marseilles geschickt worden waren, nachdem ein psychisch kranker Mehrfachmörder auf dem Weg zum Gericht trotz Handschellen und Fußfesseln einem Beamten die Waffe abgenommen und damit ein Blutbad angerichtet hatte. Guillaume und ich hatten uns gut verstanden. Ich hatte nichts dagegen, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Der Polizist beschrieb uns knapp den Weg zum Tatort, und wir machten uns auf den Weg. Aber die Beschreibung des Kollegen hätten wir strenggenommen gar nicht gebraucht.
Auch auf den Rasenflächen des Parks standen mehrere Einsatzfahrzeuge – sowohl von der Polizei, als auch von der Notfallambulanz sowie vom Erkennungsdienst.
Der Bereich um den Tatort war mit Flatterband abgegrenzt. Schaulustige standen außerhalb davon und sahen zu, wie ein halbes Dutzend Beamten der Polizei die Grasfläche nach irgendetwas absuchten.
Der Tote war bereits in einen Zinksarg gelegt worden.
Ich bemerkte Dr. Bernard Neuville, einen Gerichtsmediziner des Erkennungsdienstes. Er winkte uns kurz zu. Jetzt bemerkte uns auch Commissaire Grassner, der uns bis dahin den Rücken zugewandt hatte.
Wir stiegen über das Flatterband und gingen zu ihnen hin. Unsere Dienstausweise trugen wir gut sichtbar, damit die Beamten Bescheid wussten, dass wir dazugehörten.
»Hallo Pierre! Hallo François!«, begrüßte uns Dr. Neuville. »Ich habe das Wesentliche gerade schon mit Commissaire Grassner besprochen. Aber für euch auch noch mal das Wesentliche: Letale Schussverletzung. Die Kugel drang fast genau dort, wo sich die Nasenwurzel befindet, in den Schädel ein. Kaliber kann ich euch erst sagen, wenn ich mit der Obduktion fertig bin.«
»Die Kugel ist nicht ausgetreten?«, fragte ich.
»Nein, sie ist noch im Schädel.«
»Spezialmunition«, meldete sich Guillaume Grassner zu Wort. »Muss so was Ähnliches sein, was wir auch benutzen. Grüß dich, Pierre.«
Ich wusste natürlich, was Guillaume meinte. Moderne Waffen haben oft eine enorme Durchschlagskraft. Ein einziger Schuss kann unter Umständen nacheinander mehrere Körper durchschlagen. Gerade bei Polizeieinsätzen zur Geiselbefreiung und ähnlichem würde ein Schusswaffeneinsatz zwangsläufig Unbeteiligte in Mitleidenschaft ziehen, wenn man nicht die richtige Munition benutzte.
»Unser Täter scheint ja richtig rücksichtsvoll zu sein«, sagte François stirnrunzelnd.
Guillaume deutete in Richtung einer Baumgruppe, die sich ungefähr zweihundert Meter entfernt befand.
»Aus Davides Richtung wurde geschossen«, erklärte Guillaume Grassner.
»Davide?«, echote ich.
Tatsächlich entdeckte ich unseren Chefballistiker David Hollande. Er kauerte in einiger Entfernung am Boden und führte gerade eine Laserpeilung durch, um den Einschusswinkel näher zu bestimmen, und hatte uns noch nicht bemerkt. Er stand anschließend auf und ging auf die Baumgruppe zu.
»Euer Kollege meint, dass der Schuss ungefähr von der Baumgruppe aus abgegeben worden sein muss«, berichtete Wilhelm.
»Auf zweihundert Meter?«, staunte ich.
»Ein guter Schütze«, kommentierte François.
»Einem Scharfschützen mit einem sehr guten Gewehr und einer hervorragenden Zieloptik«, stellte Grassner klar. »Die Bäume dort sind im Übrigen auch die einzige Möglichkeit für den Täter gewesen, Deckung zu finden. Euer Kollege meinte allerdings, dass er da noch etwas überprüfen will. Ihr fragt ihn am Besten gleich selbst danach.«
Das Gebiet um die Baumgruppe war ebenfalls mit Flatterband abgegrenzt worden. Mehrere Kollegen des Erkennungsdienstes stöberten dort herum, das Gesicht dabei stets aufmerksam auf den Boden gerichtet. Es war ja schließlich möglich, dass der Täter dort irgendetwas hinterlassen hatte.
»Ihr braucht mich dann ja hier nicht mehr«, meinte Dr. Neuville. Er wandte sich an mich. »Der Tote kommt jetzt zu uns in die Pathologie. Wenn sich dabei nichts Außergewöhnliches ergibt, dann habt ihr das vorläufige Ergebnis noch heute Mittag. Ich schlage vor, dass das Projektil dann gleich in die Labore des Erkennungsdienstes geht, oder besteht ihr darauf, es bei euch zu untersuchen?«
»Nein, nein«, wehrte ich ab. »Wir wollen das Ergebnis so schnell wie möglich.«
»Gut«, nickte Dr. Bernard Neuville. »Wir hören dann voneinander.«
Bevor der Tote fortgebracht wurde, hatte ich noch kurz Gelegenheit, einen Blick auf ihn zu werfen. Sein Blick war starr. Das Einschussloch war ziemlich klein – aber das erstaunt nur diejenigen, die zu viele Action-Filme gesehen haben. Das Einschussloch ist meistens klein, die großen Wunden entstehen bei Austritt des Projektils. Und das war in diesem Fall im Körper geblieben und steckte jetzt vermutlich in der hinteren Schädelwand oder vielleicht auch in den Halswirbeln. Er trug einen grauen Dreiteiler, darüber einen ebenfalls grauen Mantel. Die Schusswunde hatte offenbar nicht stark geblutet. Das weiße Hemd und die sehr gediegen wirkende Krawatte mit dem Anker darauf hatten kaum Blut abbekommen. Nur ein paar Spritzer, die so klein waren, dass man genau hinsehen musste.
Aber es gab einen roten Fleck in Bauchhöhe, der irgendwie gar nicht dazu passte. Ich fragte Guillaume Grassner danach.
»Monsieur Lavalle aß ein Sandwich, als er erschossen wurde.«
»Verstehe«, murmelte ich.
»Aber ich verstehe nicht, wieso jemand so früh am Morgen sich in den Parc begibt und dort ein Sandwich isst!«
»Die gibt es hier in der Nähe«, erklärte Grassner. »Was soll es da für eine Erklärung geben? Ich nehme an, Monsieur Lavalle hatte einfach Hunger und zu Hause nichts gefrühstückt.«
»Trotzdem eigenartig«, meinte François. »Zur Tatzeit dürften vor allem Jogger hier im Park gewesen sein. Und Leute, die ihre Hunde ausführen.«
»Vergesst die Angler nicht!«, meinte Grassner.
»Meinetwegen. Und Lavalle kommt hier in Schlips und Anzug hin, um ein Sandwich zu essen?«
»Die Kollegen haben einige Zeugenaussagen aufgenommen. Vielleicht ist etwas dabei, was man verwerten kann, Pierre.«
»Sag mal – noch was anderes, Wilhelm.«
»Schieß los!«
»Hatte ich das falsch in Erinnerung, oder seit wann bist du bei der Mordkommission? Ich dachte, du wärst auf eurem Revier bei der Einheit, die sich mit organisiertem Verbrechen beschäftigt?«
»Bin ich auch immer noch, Pierre. Wenn jemand einen Mann mit Lavalles Vergangenheit erschießt, dann riecht das doch nach organisiertem Verbrechen. Und ich denke, deswegen seid ihr auch hier.«
»Stimmt«, musste ich zugeben, während der Tote weggetragen wurde.
»So wie es aussieht, werdet ihr ja nun den Fall an euch ziehen, aber wenn das nicht der Fall gewesen wäre, hätten wir das getan. Und ich gehe jede Wette ein, dass das kein gewöhnlicher Mordfall mit persönlichem Hintergrund ist.«
»Lavalle hat sich hier mit jemandem getroffen«, vermutete François. »Und zwar unter quasi konspirativen Umständen. Dabei bekommt er eine Kugel in den Kopf.«
»Noch ist das eine Vermutung«, gab Grassner zu bedenken. »Aber genau so könnte es gewesen sein.«
Etwas später wurden wir zu der Baumgruppe gerufen, von der aus offenbar geschossen worden war.
»Wir haben die exakte Position, von der aus geschossen wurde«, erklärte David Hollande. »Um eine Patronenhülse zu hinterlassen, war der Täter zu clever, aber wir haben einen Fußabdruck, der ihm vielleicht gehört. Größe zweiundvierzig.« Davide seufzte. »Ja, ich weiß, das könnte nahezu jeder sein, aber es ist ein Anfang.« Unser Kollege zeigte uns dann die Stelle, von der seinen Messungen nach geschossen worden war. Der Täter hatte einfach direkt neben einem Baum gestanden. Ein paar Sträucher hatten ihn zusätzlich verborgen. In aller Ruhe hatte er dort offenbar auf sein Opfer gewartet. »Der Killer hat die perfekte Position gewählt«, stellte Davide klar.
»Sieht alles nach einem Profi aus«, war François überzeugt.
»Womit es wohl immer eindeutiger wird, dass der Fall in unsere Zuständigkeit fällt«, meinte ich und wandte mich an Grassner. »Tut mir leid, Guillaume.«
»Kein Problem. Es ist nicht so, dass wir sonst nichts zu tun und etwas dagegen hätten.«
3
Später suchten wir die Kanzlei auf, die Lavalle nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst bei der Staatsanwaltschaft gegründet hatte. Lavalle & Partner stand an der Tür. Das Wort Partner stand in der Einzahl da. Wer damit gemeint war, sollten wir wenig später erfahren.
Eine Sekretärin brachte uns in das Büro von Linda Detreque. Zumindest war das der Name, der an der Tür stand.
»Pierre Marquanteur, FoPoCri«, stellte ich mich vor und hielt ihr meinen Dienstausweis entgegen. Ich deutete auf François. »Dies ist mein Kollege Leroc. Sind Sie Linda Detreque, die Partnerin von Monsieur Lavalle?«
»Ja, das bin ich«, nickte sie. »Was kann ich für Sie tun?«
Sie war schätzungsweise Anfang dreißig, hatte brünettes, adrett frisiertes Haar, und trug ein knapp sitzendes Business-Kostüm. Um Partnerin einer Kanzlei zu sein, war sie entschieden zu jung. Aber offenbar hatte sich für sie bei Lavalle eine einmalige Karrierechance ergeben. Vielleicht war sie auch einfach nur sehr gut in ihrem Job.
»Wir müssen Ihnen leider eine traurige Mitteilung machen«, eröffnete ich. »Monsieur Rainier Lavalle ist heute Morgen ermordet worden.«
Ihr Gesicht veränderte sich. Sie schien ehrlich betroffen und überrascht zu sein, ehe sie wieder ihren geschäftsmäßigen, freundlichen und angesichts dieser Nachricht sehr gefassten Gesichtsausdruck aufsetzte.
»Lassen Sie uns bitte allein!«, wandte sie sich an die Sekretärin, der in diesem Moment sämtliche Gesichtszüge entglitten und die fluchtartig den Raum verließ. Linda Detreque bot uns einen Platz an. Wir setzten uns.
»Was ist genau passiert?«, fragte Linda Detreque, nachdem sie sich gefasst hatte.
»Das versuchen wir herauszufinden«, sagte ich.
»Monsieur Lavalle wurde heute früh im Parc de Maison Blanche erschossen«, erläuterte François. »Wir nehmen an, dass der Täter ein professioneller Killer war und es Zusammenhänge zum organisierten Verbrechen gibt und der Mord entweder etwas mit seiner ehemaligen Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft oder mit seinen gegenwärtigen Mandanten zu tun hat. Offenbar hat er sich im Park mit jemandem getroffen, leider wissen wir nicht, mit wem.«
»Da werde ich Ihnen leider nicht weiterhelfen können«, sagte Linda Detreque. »Erstens werde ich ganz sicher nicht ohne einen richterlichen Beschluss über Mandanten, Termine und Ähnliches aussagen. Sie wissen, dass das Gesetz da auf meiner Seite ist. Und wenn Sie nicht stichhaltig begründen können, wieso diese Auskünfte für Ihre Ermittlungen unerlässlich sind, dann wird kein Richter in Marseille …«
»Hören Sie, ich wollte eigentlich nicht von Ihnen juristisch belehrt werden, sondern ich brauche Ihre Hilfe, um einen Mord aufzuklären«, unterbrach ich sie. »Und eigentlich hatte ich gedacht, dass das auch Ihr Interesse ist.«
»Selbstverständlich, Monsieur Marquanteur.«
»Dann schlage ich vor, dass Sie uns einfach alles mitteilen, was irgendwie mit Monsieur Lavalles Tod in Zusammenhang stehen könnte. Es geht uns nicht darum, Sie dazu zu bringen, das Vertrauen Ihrer Mandanten aufs Spiel zu setzen.«
»Es freut mich, dass Sie diesen Punkt immerhin anerkennen, Monsieur Marquanteur«, sagte Linda Detreque kühl. »Genau darum geht es nämlich.«
»Berührt Sie eigentlich der Tod von Monsieur Lavalle?«
Sie hob die Augenbrauen. Meine Frage schien sie ziemlich überrascht zu haben. Für einen Moment gab sie die glatte, kontrollierte Fassade mit dem geschäftsmäßigen Lächeln wieder auf. Sie schluckte.