Kundenfokus - It Depends on the Ands - Christian Peter - E-Book

Kundenfokus - It Depends on the Ands E-Book

Christian Peter

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Beschreibung

Digitalisierung ist als Schlagwort in aller Munde. Intensität, Geschwindigkeit und Umfang nehmen dynamisch zu. Doch: Wie macht man es richtig? Nach welchen Prinzipien gelingen Digitalisierungsprojekte mit Kundenfokus? Worauf kommt es wirklich an? Welche Rolle und Aufgaben kommen auf Sie in Ihrem Unternehmen zu? Christian Peter gibt Ihnen hierauf in 42 Kapiteln praxisnahe und erprobte Prinzipien an die Hand. Dabei werden alle entscheidenden Dimensionen beleuchtet: von der richtigen Einstellung, über die richtigen Partner und Menschen, die erfolgskritischen Themen bis hin zum wirksamen Vorgehen. Das Ganze nicht theoretisch entrückt, sondern konkret, greifbar und aufsetzend in der heutigen Realität. Sie können morgen beginnen. In diesem Buch finden Sie keine Vorschriften oder Dogmen. Dafür aber nachhaltige Impulse, um Ihre konkreten Herausforderungen in Digitalisierungsprojekten mit Kundenfokus zum Erfolg zu führen.

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Christian Peter

It Dependson the Ands

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2020 Christian Peter

Korrektorat und Lektorat:

Deutsches Lektorenbüro, Karmelitenstraße 9, 97070 Würzburg

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 42, 22359 Hamburg

978-3-347-08094-2 (Paperback)

978-3-347-08027-0 (Hardcover)

978-3-347-20909-1 (E-Book)

 

Christian Peter

KUNDENFOKUS

It Dependson the Ands

42 Prinzipien für erfolgreiche Digitalisierungsprojekte

 

www.itdependsontheands.com

 

Die Inhalte stellen die persönliche Sichtweise des Autors dar. Rückschlüsse auf Situation, Inhalte und gewähltes Vorgehen bei Auftrags- und Arbeitgebern sind somit nicht möglich.

 

Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wurde auf eine laufende geschlechtsspezifische Beschreibung verzichtet.

 

Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird der Begriff »Projekte«für jedwedes Vorhaben verwendet, unabhängig von der jeweiligen Realisierungsweise.

 

Vorwort

Wenn Sie ein Digitalisierungsprojekt angehen, verlassen Sie sich neben Ihrer eigenen Erfahrung und dem Kontext Ihres Unternehmens auch immer mehr auf externe Quellen.

Das können Artikel, Bücher, Berater, Consultinghäuser und vieles mehr sein. Unzählige Bücher sind geschrieben, zahlreiche Whitepapers stehen zum Download bereit und auch jeder Lösungsanbieter hat nach seinen eigenen Angaben genau die Lösungen parat, die zu Ihrer Herausforderung passen. Natürlich viel besser als die Angebote anderer …

Menschen, die Ihnen Hilfestellung und Unterstützung für Ihr Projekt anbieten, verfolgen dabei häufig erhebliche Eigeninteressen:

Consultinghäuser

Sie versprechen durch ihren soliden Namen eine fundierte Expertise. Irgendwo im Unternehmen mag diese auch vorhanden sein. Für Sie entscheidend ist jedoch, wer bei Ihnen das Projekt durchführt. Eine Truppe junger, frischer Absolventen mit geringer Projekterfahrung hilft Ihnen da nicht, wird aber immer wieder gerne angeboten. Doch nicht Sie sollten diese Personen ausbilden, vielmehr sollte Ihr Unternehmen eine hoch qualifizierte Beratung auf Basis umfangreichen Expertenwissens erhalten.

Lösungsanbieter

Sie sind auf ihre Lösungen fokussiert, was auch nachvollziehbar ist. Erstreckt sich der Bedarf Ihres Unternehmens auf andere als die angebotenen Bereiche, so sinkt die Chance einer Zusammenarbeit unmittelbar. Doch die im Presales eingesetzten Personen haben häufig eben Sales-Ziele und keine Realisierungsambitionen. Aber woher wissen Sie, dass der Anbieter auch in der Implementierung und im After-Going-Live-Support die gleiche Qualität bietet wie im Presales?

Medien

Bewusst weit gefasst verstehe ich unter dem Begriff Medien alle Publikationen von Autoren, die nicht einer der beiden vorgenannten Gruppen angehören. Diese Publikationen zeichnen sich häufig durch eine der folgenden Tendenzen aus:

■ sehr oberflächlich mit Allgemeinsätzen und Aussagen, die so allgemeingültig sind, dass man sich nicht an ihnen reiben kann. Doch durch die fehlende Tiefe entgeht man auch einer fachlichen Auseinandersetzung. Wo kein Standpunkt vertreten wird, ergibt sich kein Diskurs.

■ sehr detailliert in Bezug auf ein Thema oder einen Ausschnitt, z. B. die Implementierung eines Chatbots zur Unterstützung eines konkreten Verkaufsprozesses in einem bestimmten Vertriebskanal. Interessant zu lesen und sicher von punktuellem Mehrwert, aber zur Lösung Ihrer Herausforderung trägt das nicht bei.

WAS BRAUCHEN SIE?

Sie brauchen selbst einen umfassenden Blick, eigenes Urteilsvermögen, Zugriff auf alles und jeden, der Ihnen bei Ihren Entscheidungen von Nutzen sein kann, seien es Experten mit Erfahrung oder transparente Informationen ohne (versteckte) Eigeninteressen.

Deshalb habe ich dieses Buch geschrieben. Langatmige Ausführungen sind mir ein Graus. Mein Wunsch für Sie ist Fokussierung. Daher erhalten Sie mit diesem Buch ein Konzentrat: mit Fokus auf das, was relevant für Ihr Vorhaben ist. Ohne Redundanzen. Durch einen umfassenden Überblick möchte ich Sie bei Ihren Entscheidungen unterstützen. Abnehmen kann Ihnen diese Entscheidungen niemand. Versetzen Sie sich daher in die Lage, durch eingehende Betrachtung eigene Positionen zu erlangen, um auf dieser Basis die richtigen Entscheidungen treffen und vertreten zu können.

Was ist Ihr Startpunkt? Wo steht Ihr Unternehmen, wo stehen Ihre Führungskräfte? Ich nehme in den Fallbeispielen häufig Bezug auf Unternehmen, wie sie in der Praxis heute oftmals anzutreffen sind. Mag sein, dass es umfangreiche Lektüre gibt von »liquider Führung« über »Start-ups mit disruptiven Geschäftsmodellen«, »Artificial Intelligence for a new Customer Experience« und »66 Tasks für die Marktführerschaft in Ihrer Branche« bis hin zu fast esoterisch anmutenden Titeln wie »Selbstvertrauen ist der Anfang jeder Veränderung«. Alles spannende Themen – mir ist jedoch immer die Anschlussfähigkeit, das Andocken an das »Heute« wichtig. Was helfen blumige Aussagen in einem isolierten Umfeld ohne Bezug zu den ganz konkreten Situationen, vor denen Sie in Ihrem Unternehmen stehen? Die Prinzipien sind somit praxiserprobt, aus der Praxis und im Austausch bewertet und können – wenn angewandt – zu direkter Veränderung, zu Erfolgen in Ihren konkret anstehenden Digitalisierungsprojekten führen.

Sie können das Buch sowohl von vorne beginnend lesen als auch einzelne Kapitel isoliert nach Ihren aktuellen Gedanken und Interessen. Letztendlich – und nicht überraschend – empfehle ich Ihnen jedoch, für einen umfassenden Blick alle Kapitel in der für Sie passenden Reihenfolge zu lesen. Dazu habe ich die einzelnen Kapitel in fünf Abschnitte strukturiert, sodass sich inhaltsnähere Kapitel auch räumlich näherstehen.

Die richtige Einstellung

Vor der Behandlung von Sachfragen gehen wir auf die richtige Einstellung, die richtige Haltung ein. Dieser Abschnitt ist noch losgelöst von fachlich konkreten Diskursen, die darin enthaltenen Überlegungen sind grundsätzlicher Natur und auch ohne Projektbezug bzw. deutlich vor Projektaufsatz elementar.

Die richtigen Partner

Ein absolut erfolgskritisches Thema ist die Auswahl und Entscheidung für Partner. Immerhin holen Sie hier Firmen und Menschen – und somit Meinungen und Einstellungen – in Ihr Unternehmen, wenn auch nur zeitweise. Wenn diese Partner nur schmückendes Beiwerk sind, wären sie vielleicht auch verzichtbar. Wenn Ihr Projekt erfolgreich ist, bleiben die positiven Spuren jedoch auch lange nach Projektende sichtbar. Im Fall des Scheiterns gilt Gleiches für die negativen Spuren.

Die »richtigen« Menschen

Hier setze ich das Wort »richtig« in Anführungszeichen. Es geht nicht darum, Menschen grundsätzlich zu bewerten oder sich ein Urteil über einzelne Personen zu erlauben. Das steht mir selbstverständlich nicht zu und ich maße es mir auch nicht an. Das Wort ist daher eher im Sinne von »für den Projekterfolg einer Kundenzentrierung passend, hilfreich und notwendig« zu verstehen. Denn Menschen sind Treiber eines jeden Projektes, ihre Unterschiedlichkeit ist Chance und Herausforderung zugleich. Kurzum: Wenn wir in der Außenbetrachtung natürlich immer den Kunden als »letzte Instanz« sehen und uns auf diesen hin ausrichten, so sollte die gleiche Konsequenz in der Innenschau auf die Menschen im Unternehmen oder im Projekt gelten. Auf deren Leidenschaft, Initiative, Unterstützungsund Lösungswillen, Umsicht, Kraft, Kommunikationsbereitschaft – ich könnte noch deutlich mehr wichtige Eigenschaften aufführen – kommt es an.

Die richtigen Themen

Digitalisierung bietet so unendlich viele Themen zur Realisierung, daher beschränken wir uns in den Kapiteln dieses Abschnittes auf die wirklich relevanten Themen für eine erfolgreiche Kundenzentrierung. Wir trennen die Spreu vom Weizen und betrachten auch Trends und Trendbegriffe kritisch. Die genannten Beispiele sind bewusst aus unterschiedlichen Branchen gewählt, meist aus dem B2C-Umfeld. Sie ließen sich aber auch in abgewandelter Form auf B2B übertragen, denn letztendlich gilt es dort ebenso, Menschen für das eigene Unternehmen zu gewinnen.

Das richtige Vorgehen

Im Projektgeschäft treffen sich alle Facetten von der Vision über Strategie und Taktik bis zu konkreten Maßnahmen und Umsetzungsschritten. Wie passt das zusammen? Wie kann man als Verantwortlicher diese Komplexität beherrschen – oder zumindest nicht von ihr zermahlen werden? Ein erheblicher Anteil der Komplexität stammt aus internen Herausforderungen. Das Durchsteuern des Projektes kommt einem dabei ab und an nicht nur vor wie das Segeln gegen den Wind; manche Herausforderungen hören sich so an, als müsse man auf dem Kopf von Krokodilen ein Gewässer überwinden. Dieser Abschnitt gibt in allen Kapiteln konkrete Hilfen an die Hand, mit denen Sie die Erfolgswahrscheinlichkeit Ihres Projektes erhöhen können.

Ich wünsche Ihnen für Ihre Herausforderungen viel Erfolg, aber auch Erfüllung und Freude. Es ist ein wunderbares Gefühl, mit gelungenen Digitalisierungsprojekten Menschen glücklich zu machen. Sowohl Kunden als auch Mitarbeiter in allen Funktionen.

Kick-off

Vor einiger Zeit war ich mit meinem Sohn zu Besuch in Erfurt. Es ist die Landeshauptstadt von Thüringen mit etwas über 205.000 Einwohnern und einer bezaubernden Altstadt. Ruhig schlängelt sich die Straßenbahn durch das Zentrum. Majestätisch thront der Dom über der Stadt. Die Gera fließt ruhig dahin. Familien, junge und ältere Menschen, Radfahrer, Kunden des Einzelhandels und Touristen beleben die Innenstadt. An einem Brunnen singt eine Straßenmusikantin mit einer Gitarre Lieder. Ihre klare Stimme ist bezaubernd, sie singt sehr gefühlvoll und leise, fast vorsichtig. Obwohl sie mit Emotion und Überzeugung singt, erreicht sie die Menschen nicht. Im Trubel nimmt man sie kaum wahr. Ein paar Hundert Meter entfernt steht ein weiterer Straßenmusiker. Er hat seine Gitarre an einen kleinen Verstärker angeschlossen und singt – wenn auch nicht immer richtig – spontan und laut. Jeder hört ihn, aber niemand hört ihm zu.

Wir besuchen den Dom, setzen uns an den Rand des Flusses und schauen dem Treiben der Menschen zu. Nach einem Imbiss und einer Erfrischung setzen wir unseren Erkundungsgang fort.

In Gedanken begleiten mich die beiden Straßenmusiker von vorhin. Vor keinem blieben Menschen stehen. Weder das eine noch das andere Angebot vermochte zu überzeugen oder zu fesseln. Das Angebot mit Emotion war zu leise und fand deswegen keine Beachtung; das Angebot mit dem Verstärker wurde zwar bemerkt, aber ebenfalls nicht beachtet. Dabei hatte jedes Angebot seine Stärken. Keines alleine konnte jedoch überzeugen.

Stellen wir uns einmal vor, die Straßenmusiker hätten sich zusammengetan und beide an einer Stelle musiziert. Gemeinsam, nicht abwechselnd. Es wäre ein ganz neues Angebot entstanden. Ein Angebot, das bemerkt wird, ein Angebot, was es so an anderer Stelle nicht gibt. Ein überlegenes Angebot, welches die Gewinnung von Aufmerksamkeit durch Lautstärke und die Begeisterung durch die gefühlvolle Stimme vereint hätte. Durch die Verbindung, durch das »UND« anstelle eines »Entweder – oder«, wäre ein gewinnendes Angebot entstanden.

Doch weshalb passiert das nicht? Würden sich die beiden zusammentun, könnten sie mehr Menschen erreichen, mehr Zuhörer gewinnen, und aus der Kombination, die sowohl Aufmerksamkeit schafft als auch gefühlvollen Vortrag bietet, ergäbe sich ein überlegenes Angebot.

Entfernen wir uns etwas von den Straßenmusikanten. Wer geübt ist in seinem Vorgehen und seinem Fach, weicht ungern davon ab. Wer keinen oder nur mäßigen Erfolg hat, sucht die Ursache gerne im Umfeld, welches die Leistung des Angebots nicht (ausreichend) zu schätzen weiß. Und wie schäbig und erniedrigend wäre es, müsste man sich eingestehen, dass der Fokus auf das Beherrschte, die Fachkenntnis nicht der allein erfolgsversprechende Faktor ist. Sind dagegen nicht diejenigen mutig, die ihre eigene, isolierte Leistung zugunsten eines besseren Ergebnisses in etwas Gemeinsames einbringen?

Neben der Perspektive der beiden Betroffenen selbst versetzen wir uns nun noch kurz in die Situation eines Stadtfestplaners, der – ohne selbst betroffen zu sein – das beste, wirkungsvollste Event für seine Besucher schaffen möchte. Auch er ist geprägt von eigenem Empfinden, von Selbsterlebtem. Er kann das eine oder das andere begrüßen. Sich für zwei Sichten, für zwei Perspektiven zugleich einzusetzen und ihre Stärken zu verbinden, ist komplizierter, aber es lohnt sich. Denn die Besucher dieses Stadtfestes werden ein überlegenes Angebot erleben, genießen und weiterempfehlen.

Die richtige Einstellung

Mit welcher Einstellung gehen Sie an ein Projekt heran? Wenn Sie zu den passiven Projektmitarbeitern gehörten, die ein Projekt über sich ergehen lassen, die Begeisterung der Verantwortlichen an sich vorbeifließen lassen – wenn Sie die Projektarbeit eher »erdulden« würden, dann hätten Sie sich nicht für dieses Buch entschieden.

Die Einstellung, die richtige Haltung mit dem Anspruch, Sie selbst möchten sich für Veränderung, für Projekterfolg, für Digitalisierung und für Kundenzentrierung einsetzen, ist der Anfang zum Erfolg. Die Kapitel dieses Abschnittes liegen noch vor dem konkreten Projektgeschehen, vor der Umsetzung, ja sogar vor den konkreten Projektzielen.

Es ist wie mit vielen anderen Dingen im Leben: Hausbau, Berufswunsch, Gründung einer Familie, Firmengründung usw. Immer sollte am Anfang eine Überzeugung für das Richtige stehen. Hineinzustolpern in etwas Neues, Unbekanntes mit doch teils erheblichen Auswirkungen, wäre unverantwortlich und auch ein unangemessener Umgang mit Ihren eigenen Ressourcen. Das bedeutet nicht, dass man alles bis ins Letzte durchdacht haben muss. Zu häufig ergeben sich Änderungen, stehen neue, zusätzliche Informationen erst später zur Verfügung. Aber ohne ein »Set« an Meinungen, an Einstellungen, ohne einen Kompass von Werten und Überzeugungen können Sie gravierende Inhalte und Standpunkte nicht überzeugend vertreten und werden leichter zum Spielball für die Interessen Dritter. Und wer will schon ein Spielball anderer sein?

1. Maschine ersetzt Herz

Digitalisierung ersetzt menschliche Interaktion. Digitalisierung verlagert Entscheidungen und Impulse vom Menschen zur Maschine. Digitalisierung ermöglicht beliebig skalierbare Mengen an Entscheidungen an beliebig vielen Interaktionspunkten für beliebig viele Kunden.

Das klingt so vielversprechend, dass man sich diesen Verfahren blind anvertrauen möchte. Doch dabei übersehen Technikgläubige nachlässigerweise schnell zwei Punkte:

■ Jedwede maschinelle Aktion oder Reaktion wurde einmal durch einen menschlichen Impuls implementiert. Sei es das Upgrade beim Auslaufen des Datenkontingents im Mobilfunkvertrag oder die über Data-Mining erkannte Affinität für ein Upgrade der Kfz-Versicherung. Auch hier gaben Data Scientists den Impuls zur Untersuchung des Käuferverhaltens. Alle Regeln für die Ansprache oder Nichtansprache, auch für Bonitätseinschätzungen, haben ihren Ursprung in einer Bewertung und Einschätzung durch Menschen. Und selbst herzliche Grüße wie zum Geburtstag führt zwar ein Dialogsystem aus, jedoch nicht auf eigenen Impuls hin, sondern in der Ausführung durch Menschen initiiert.

■ Menschlich empathische Kommunikation lässt sich nicht durch eine Maschine ersetzen. Stellen Sie sich folgende Erlebnisse vor:

■ Sie betreten bei Regen ein Bekleidungsgeschäft und schütteln Ihren Schirm aus. Ein Angestellter begrüßt Sie freundlich, dankt für Ihren Besuch trotz des Wetters und nimmt Ihnen den Schirm ab.

■ Sie kommen nach zwei Jahren erstmalig wieder zu Ihrem Zahnarzt und er erkundigt sich, was Ihr Sohn zurzeit macht, da er beim letzten Besuch kurz vor dem Schulabschluss stand.

■ Bei der Beratung zu einem Schuhkauf macht Ihnen die Verkäuferin ein Kompliment zum Stil Ihrer Kleidung.

■ Beim Verlassen einer Arztpraxis werden Sie mit einem aufrichtigen »Gute Besserung. Ich wünsche Ihnen alles erdenklich Gute. Melden Sie sich gern in ein paar Tagen noch mal« verabschiedet.

■ Eine Großmutter ruft ihre Enkelin nach Rückkehr von einer Familienreise an, um sich zu erkundigen, was sie alles erlebt hat.

Das alles sind Punkte, die man mit hohem technischen Aufwand auch implementieren könnte, z. B. mit Ausgabe auf Smartphones oder per Screens/Lautsprecheransagen. Aber Sie zögern bereits beim Lesen und wir sind uns sicher einig: Es hat dann in keiner Weise mehr die Wirkung wie in der direkten Kommunikation von Mensch zu Mensch. Woran liegt das? Der Inhalt und der Moment ließen sich vielleicht noch zur Technik migrieren, aber das Mitfühlen des jeweils anderen bliebe auf der Strecke. Genau das, was diese Momente so besonders und eindrücklich macht.

Menschliche Empathie und digital optimierte Analytik zusammenzubringen, ist eine Kunst. Nur wenige Firmen können hieraus einen Mehrwert schaffen. Es bedarf gut integrierter Analytik und auch Menschen, die im direkten Kundenkontakt stehen. Empathie ohne persönlichen Kundenkontakt wäre ein Meisterstück.

Manche Versuche scheitern kläglich. Wenn mein Kabel-TV-Unternehmen mich telefonisch kontaktiert und in der ersten Minute die tiefe Verbundenheit und Dankbarkeit für meine langjährige Kundentreue geradezu zelebriert wird, keimt bereits der Verdacht eines Cross-Selling-Anrufes auf. Dieser Verdacht findet seine Bestätigung in dem Hinweis, dass man so treuen Kunden etwas ganz Besonderes anbieten möchte. Deshalb – und darin kulminiert der Sprechzettel des Agenten – könne ich ein tolles Angebot für einen anderen Stromtarif erhalten.

Keine Digitalisierung, keine Analytik, keinerlei Bedarfserhebung. Nur ein einfacher Filter im Kundenbestand und oberflächlicher Inhalt unter dem Deckmantel einer persönlichen Beziehung lassen diesen Kontaktpunkt für mich als Kunden zu einem grauenhaften Erlebnis werden. Sie können sich sicher vorstellen, dass ich nie mehr auf die Idee käme, die Geschäftsbeziehung zu diesem Unternehmen zu intensivieren, geschweige denn Cross-Selling zu anderen Branchen abzuschließen.

Und noch ein zweites Beispiel: Sie erinnern sich bestimmt an die zahllosen E-Mails zu Beginn des Lockdowns wegen der Corona-Pandemie, in deren Einleitung stets aufgeführt wurde, dass die Gesundheit von Mitarbeitern und Kunden natürlich an oberster Stelle stehe und daher die Filialen aktuell geschlossen seien. Immer endeten diese E-Mails mit dem Hinweis, der Onlineshop sei selbstverständlich weiter geöffnet. Natürlich ist es logisch und nachvollziehbar, dass man bei geschlossenen Filialen auf den Onlineshop verweist. Nach behördlicher Anordnung der Ladenschließung die E-Mail weiter mit »Ihre Gesundheit ist uns wichtig« zu beginnen, offenbart jedoch, dass die empathisch anmutende Sorge um unsere Gesundheit eben nur eine Floskel darstellt, aber keine eigene Überzeugung. Neben mehreren Dutzend derartiger E-Mails hat mich eine Mail positiv überrascht. Ein Dienstleister, der seine Produkte auch online oder per Telefon- bzw. E-Mail-Beratung vertreibt, informierte seine Kunden sehr frühzeitig, dass derzeit mit Einschränkungen seiner Services zu rechnen sei, dass aber aktuell die Gesundheit und Unversehrtheit aller Vorrang habe. Der Kunde möge verzögerte Antworten daher entschuldigen, verbunden mit dem Hinweis und dem Wunsch, er möge gesund bleiben. Punkt. Und dass genau nach diesem Punkt nichts mehr kam, war die Stärke dieser E-Mail.

Diese Beispiele sind Beleg dafür, wie einfach es ist, Dinge grundsätzlich falsch zu machen. Digitalisierung beschädigt in diesen Fällen die Kundenbeziehung, obwohl sie genau das Gegenteil erreichen möchte. Prüfen Sie einmal Digitalisierungsprojekte in Ihrem Umfeld daraufhin, ob sie ein »Weniger« an Kommunikation in Richtung Kunde im Blick haben. Und ob sie auch ein »Mehr« an Zuhören im Blick haben. Beides lässt sich durch Digitalisierung unterstützen und beides sind Eigenschaften, die menschliche Kommunikation auf ein höheres, besseres Level heben können. Mehr Relevanz für den Kunden kann auch bedeuten, weniger nicht Relevantes zu kommunizieren. Digitalisierung selbst ist hier nur ein Werkzeug. Die Kunst liegt im richtigen Umgang mit ihr. Skalierung als solche ist kein Kundenvorteil, sie läuft im Hintergrund ab. Nicht »das beste Tool« gewinnt, sondern die kundenzentrierteste Anwendung. Nicht die effektivste Rationalisierung mit der höchsten Reduktion von Personalkosten macht das Rennen, sondern die überlegen positive Wirkung beim Kunden.

Ein Gedanke zum Schluss dieses Kapitels: Erst wenn alle Digitalisierungsprojekte umgesetzt sind, wenn alle technischen Finessen implementiert sind, wenn alle Prozesse in Echtzeit automatisiert sind, werden wir feststellen, dass der persönliche Kundenkontakt, der Blick in die Augen und der empathische Dialog nicht ersetzbar sind.

Bewahren, sichern und pflegen Sie diesen persönlichen Kontakt in Ihrem Unternehmen. Wer diese Kontakte beherrscht und sie dennoch auf ein »notwendiges Minimum« reduziert, darf sich keine weiteren Fehler erlauben. Dem Menschen als Partner sieht man eher etwas nach. Der Maschine niemals. Man tauscht sie einfach aus. Kunden sollten das nicht mit Ihrem Unternehmen tun.

Niemals kann eine Maschine das Herz ersetzen.

Entscheidend für eine empathische Kommunikation ist ihr Ursprung im menschlichen Impuls UND die lediglich unterstützende Ausführung durch Technik & Maschine.

2. Ist Digitalisierung philosophisch?

Lesen wir einen Beitrag oder eine Abhandlung über Digitalisierung, so werden im Wesentlichen immer deren technische Ausprägung und ihr zunehmender Breiteneinfluss beleuchtet. »Digitalisierungsprojekte« als solche bezeichnen in der Regel ein Bouquet von Vorteilen, die sich aus konkret einem Projekt ergeben sollen, und dies durch den Einsatz von Technik.

Ein immer wieder gern – und aus meiner persönlichen Sicht deutlich zu häufig – eingesetztes Bild zeigt die Besuchermengen bei der Papstwahl 2005 sowie 2013. Das Foto ist aus einer hinteren Perspektive aufgenommen, sodass man eine große Besuchermenge vor sich sieht. 2005 nur Köpfe, 2013 überwiegend Hände mit den hellen Displays fotografierender Smartphones. Derartige Darstellungen für Digitalisierung verkürzen die zu betrachtenden Aspekte auf ein nicht zulässiges Minimum. Sie zeigen uns lediglich, dass eine 2005 noch seltene Technik sich bis 2013 stark verbreitet hat: gut zu transportierende Fotokameras in Union mit Mobiltelefonen, sodass es nur noch eines Gerätes bedarf; eine gute Möglichkeit, auch bei Dämmerung zu brauchbaren Fotos zu gelangen. Das ist der technische Aspekt, den der Fotovergleich optisch eindrucksvoll belegt. Nicht mehr. Und nun? Dieser Fotovergleich wird häufig zu Beginn von Präsentationen für einen ersten Wow-Effekt eingesetzt, man gewinnt so recht leicht Interesse für das Folgende.

Doch leider wird in der Regel im Folgenden etwas ganz anderes zur Digitalisierung dargestellt, der Fotovergleich ist ein »Aufhänger« ohne Bezug. Achten Sie einmal darauf, wenn er Ihnen das nächste Mal über den Weg läuft … Es fehlt

■ die Wahrnehmung des besonderen Augenblicks

■ das Gefühl für die unvergleichliche Stimmungslage

■ die Sichtbehinderung für alle dahinterstehenden Menschen

■ der Ausschluss all jener, die sich ein solches Gerät nicht leisten können

■ die Möglichkeit, auch Kranke und nicht mobile Menschen im Anschluss an dem Ereignis teilhaben zu lassen

■ die Weitergabe des Erlebnisses an Kinder und Enkel

■ die Bedeutung, mit der Weitergabe auch klar zu bekennen: »Ich war dabei«

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