Kurz davor ist manchmal noch zu lang - Lola Mayler - E-Book

Kurz davor ist manchmal noch zu lang E-Book

Lola Mayler

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Beschreibung

Wie ist es, gleichzeitig in zwei Menschen verliebt zu sein? Wie findet man heraus, was Liebe und was nur ein heißer Flirt ist? Elis Einzug in eine WG sorgt bald für Rivalität unter ihren Mitbewohnern. Die 19-jährige Eli verwickelt sich in ein Liebesdreieck und kann sich nicht zwischen dem reißerischen Max und dem romantischen Nik entscheiden. Die verzwickten Umstände wirbeln Elis Gefühlswelt immer wieder ordentlich durcheinander. Herz oder Verstand: Worauf wird Eli hören? Ein fesselnder Liebesroman, der seine Leser*innen ins Jahr 2001 katapultiert.

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Für meine Familie

Inhaltsverzeichnis

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

KAPITEL 26

KAPITEL 27

KAPITEL 28

KAPITEL 29

KAPITEL 30

KAPITEL 31

KAPITEL 32

KAPITEL 33

KAPITEL 34

KAPITEL 35

KAPITEL 36

KAPITEL 37

KAPITEL 38

EPILOG

BIBLIOGRAPHIE

MUSIKALISCHE INSPIRATION UND QUELLEN

KAPITEL 1

August 2001

»Hör mal, Liebes, ich glaube, jetzt habe ich es wirklich! Das voll möblierte WG-Zimmer hat acht Quadratmeter…«

»Mama!«, kam es tadelnd aus der Abstellkammer, »ich kann dich doch hier nicht hören!«

Eli verzog das Gesicht. Mal wieder reagierte sie genervt, obwohl ihre Mutter ihr doch nur helfen wollte. Reiß dich, verdammt nochmal, zusammen!, ermahnte sie sich. Hastig stopfte sie eine Kiste mit Fotokopien ins Regal und schaltete beim Verlassen des Raumes das Licht aus.

Im Flur stolperte sie über einen Stapel ihrer alten Collegeblöcke. Fächerförmig machte sich dieser auf dem ergrauten Flokati-Teppich breit. Mist, schimpfte Eli innerlich und bückte sich, um die Hefte grob zusammen zu rechen. Ihr Blick blieb auf ihrem akkurat, in einer geschwungenen Handschrift geschriebenen Namen haften. Eleonora Winks, Klasse 12a. Sie starrte die vertrauten, zig-fach rauf und runter durchgearbeiteten Prüfungsaufgaben und Formelsammlungen an. Sie konnte es noch nicht ganz fassen, dass die aufreibende Zeit des Bangens nun hinter ihr lag. Die Odyssee der Abschlussklausuren war überstanden. Sie hatte die Schule hinter sich gebracht. Sie war endlich frei. In ihrer Brust pochte die Aufregung auf. Eli richtete sich auf, atmete durch und betrat ihr Kinderzimmer.

In den letzten Tagen ertappte sie sich immer öfter dabei, sich wehmütig darin umzusehen. Wie jetzt auch, während sie auf ihre Mutter zuging, die auf den für das bevorstehende Studium erworbenen Computer starrte. Ihre allerersten Babyschühchen aus dunkelrotem Leder auf der weißen Kommode. Die auf der fliederfarbenen Wand hängende Fotocollage, die ihr ihre Klassenfreundinnen zum sechzehnten Geburtstag geschenkt haben. Bei dem Foto von ihr mit John-Lennon-Sonnenbrille musste sie unwillkürlich schmunzeln. Während sie sich dem ebenfalls neuen Schreibtisch näherte, einem dieser mit einer innovativen Extra-Schublade für die Computertastatur, streifte ihr Blick über die alten, mit einer Staubdecke bedeckten Plüschtiere auf dem mit Kirschholz furnierten Kleiderschrank. Und dann über den Teppich. Ein Perser-Imitat. Erstaunlich, wie praktisch doch so ein wild gemusterter Teppich sein kann, dachte sie und ein Lächeln ließ ihre Mundwinkel zucken. Ein anderer hätte längst ausgetauscht werden müssen. Ihr Blick wanderte über einige Stellen auf dem Bodenbelag: ein Brandloch von der Kohletablette für die Wasserpfeife hier, ein Rotweinfleck da. Unzählige Male war ihr die Mascarabürste aus der Hand gerutscht, doch auf dem Teppich war nichts zu sehen. Und noch all die Bücher, Ordner und ein großer, hervorlugender Haufen loser Fotokopien unter dem rustikalen Rattanbett. Alles eine noch frische Erinnerung an die, wenn auch bereits vergangene, Abi-Zeit.

»Eleonora, wir bräuchten auch keine Waschmaschine zu kaufen!« Die begeisterte Stimme ihrer Mutter entriss Eli ihren Gedanken.

»Lass mich doch selbst lesen, Mama.« Eli lehnte sich über die Schulter ihrer Mutter und begann laut vorzulesen. »Das voll möblierte WG-Zimmer hat acht Quadratmeter und einen Balkon. Hier findest du alles von einem Toaster bis zum Staubsauger. Die Wohnung bietet ausreichend Platz für jeden von uns. Wir haben eine schöne, recht große Küche und ein helles, geräumiges Gemeinschaftszimmer, wo wir uns nach dem Kochen zusammensetzen und ein Bierchen…« Eli überflog im Stillen die Passage und las dann laut weiter. »Das Badezimmer hat eine Badewanne. Die Wohnung wurde vor Kurzem saniert. Es ist alles noch schön neu. Um die Ecke gibt es einen chinesischen Imbiss…« Eli dachte eine Sekunde lang an die Pappkartons mit dem China-Food, die sie so oft in den Filmen gesehen hatte; in ihrer Kleinstadt gab es kein China-Restaurant.

»Wenn die Bilder dich noch nicht überzeugt haben, schau dir die Wohnung selbst an. Wir freuen uns auf deinen Anruf«, hörte Eli ihre Mutter zu Ende lesen. »Die Warmmiete ist durchaus erschwinglich, Schatz«, sprach Elisabeth weiter und deutete auf die entsprechende Stelle in der Anzeige.

»Ma, das klingt doch alles total super!« Eli küsste ihre Mutter auf die Wange.

»Soll ich da mal anrufen?«, fragte Elisabeth und machte Anstalten aufzustehen.

»Danke, Ma«, entfuhr es Eli. Sie schüttelte energisch den Kopf. »Das sollte ich lieber selbst machen.« Eli wandte sich zum Gehen, hielt aber inne. »Ma?«

»Ja, Schatz?«, antwortete Elisabeth und sah ihre Tochter mit einem sanften Blick an.

»Sorry, dass ich in der letzten Zeit so oft gereizt reagiere.« Eli machte einen Schritt auf ihre Mutter zu. Sie beugte sich vor und umarmte sie innig.

»Ach, mach’ dir keinen Kopf, Liebes«, sagte Elisabeth zärtlich über die Wange ihrer Tochter streichelnd, «es war ja ziemlich viel los.« Sie lehnte sich etwas zurück und betrachtete ihre Tochter. »Wann bist du denn nur so groß geworden?«

Eli sah ihre Mutter blinzeln und spürte, wie es ihr schlagartig schwer ums Herz wurde. Sie würde ihre Ma alleine lassen.

»Ähm, hallo… hey, ich bin’s, Eli, ähm, Eleonora. Ich habe eure Anzeige gelesen. Ist das WG-Zimmer noch frei?«, sprach Eli und drückte dabei den Hörer fest gegen ihr Ohr. Verdammt, reiß dich zusammen! Sie hasste es, zu telefonieren.

»Hey, Eli-Ähm! Super, dass du anrufst. Und ja, das Zimmer ist noch zu haben. Und am Samstag führen wir so eine Art Vorstellungsgespräche durch. Inklusive Besichtigung der Wohnung. Magst du einfach mal vorbeikommen? Kein großes Tam-Tam, komm’ einfach so gegen 12 Uhr vorbei, okay? Die Adresse hast du ja, oder?«, sagte eine heiter klingende, männliche Stimme, die Eli noch einen Ticken mehr durcheinanderbrachte.

»Ähm, ja, klar. Ich bin dann da. Am Samstag. Wie war es noch? 12 Uhr?« Eli biss sich auf die Lippe.

»Genau. Samstagmittag. 12 Uhr. Hast du eine Handynummer für mich? Für alle Fälle?«

Eli gelang es erst beim dritten Aufsagen, ihre korrekte Handynummer mitzuteilen. Sie war froh, ihrem Kumpel erst vor Kurzem das gebrauchte Nokia 5110 abgekauft zu haben.

»Ich freue mich auf dich. Wie war es noch? Eli-Ähm?« Ein Lachen.

Sehr witzig!, dachte Eli. Sie bedankte sich und legte auf. Ihr Herz polterte und ihre Handflächen waren schweißnass geworden. Da passe ich doch gar nicht rein, grübelte sie. Und dieser Typ? Wie ist der denn drauf? ›Ich freue mich auf dich‹, ›eine Handynummer für mich‹… ›Ich‹, ›mich‹? Singular? Mist, wohnt er da allein?! In der Anzeige stand aber ›wir‹. Und wenn das eine reine Männer-WG ist? Hättest ja vorher fragen können, du dumme Nuss. Ich rufe jetzt aber nicht noch mal an! Nein, das kann ich nicht! Eli legte ihr Gesicht in die Hände. Gott, wie peinlich!

In dieser Nacht schlief Eli kaum. Was sollte sie im Besichtigungstermin über sich erzählen? Ich bin doch so unspektakulär, dachte sie. Einser-Abiturientin. Sie werden mich doch sicher langweilig finden. Definitiv. Todlangweilig. Sie sind – bitte, bitte, es sollen bitte darunter auch Frauen sein – bestimmt total cool und so. Vielleicht spielen sie sogar in einer Band. Und ich? Wenn sie fragen, welche Musik ich gern höre, was sage ich da? Alles mögliche? Voll langweilig, als ob ich keinen Geschmack hätte. Rock?! Meine Lieblingsband?... Oh, Mann! Egal, ich muss mich vor denen nicht rechtfertigen, beschloss sie schließlich. Wenn ich das Zimmer nicht kriege, such’ ich halt weiter.

KAPITEL 2

Am Samstag stand Eli vor einem Altbau, der sich in der Nähe der Innenstadt befand, und schaute nach oben. Die Fassade erinnerte sie an eine Szenerie aus französischen Filmen. Wow! Hier könnte ich wohnen!, staunte sie. Und jeden Tag hier entlang schlendern. Spitzenlage! Stadtpark, ein gemütliches italienisches Café, das versprochene China-Restaurant. Es ließe sich gut leben hier.

Sie kramte den zusammengefalteten Zettel aus ihrer Jeanstasche heraus. Vierter Stock. Klingeln bei Breder und Severin. Hoffentlich ist das keine reine Männer-WG, beschwor sie. Unsicher drückte Eli auf die Klingel, die nur schwer nachgab. Mist, habe ich nun geklingelt oder nicht?, ärgerte sie sich. Sie zögerte ein paar Sekunden und drückte noch einmal auf den Knopf, diesmal länger.

»Jaa-haa«, eine Stimme aus der Sprechanlage klang genervt. Eine Frauenstimme! Aber eine genervte Frauenstimme. Na toll!

»Eli hier… ähm, Eleonora, ich hatte angerufen, 12-Uhr-Besichtigung.«

Aus der Sprechanlage knisterte es.

»Hi! Komm hoch! Vierter Stock rechts«, erklang es im Bariton. Diese Stimme kannte Eli bereits, mit ihr hatte sie telefoniert. Mist, Eli schüttelte den Kopf. Die Frauenstimme, eine mögliche Verbündete, hat keinen Bock auf mich, dachte sie enttäuscht.

Ein krächzendes Geräusch erklang und Eli schloss eilig die schwere Tür auf. Bleib locker, bleib locker, wiederholte sie dabei im Geiste, wirst schon davon nicht sterben. Sie atmete tief durch und trat ein.

Im Treppenhaus roch es wie in einem Antiquitätenladen. Das Mosaikornament auf den an einigen Stellen bereits zersprungenen Bodenfliesen im Eingangsbereich versetzte Eli schlagartig in eine andere Zeit. Wie alt mochte das Haus wohl sein? Eli schritt durch den schlauchartigen Flur an den grün gekachelten Wänden vorbei. Einige, die rechte Wand zierenden, blechernen Briefkästen waren vollgestopft mit Werbezeitungen. Die hölzerne, abgeschabte Treppe knarzte laut, als Eli sich auf die erste Stufe stellte und am Geländer haltend in den Treppenschacht hochblickte. Ihre Augen markierten den vierten Stock.

Während Eli emporstieg, wurde sie von ihrer Vorstellungskraft mit sepia Bildern früherer Bewohner dieses alten Hauses überflutet. Mit jedem Schritt und Ächzen der Treppenstufen drangen sich die Fragmente der hier womöglich einst abgespielten Szenen zu ihr vor. Sie lächelte in sich hinein, als sie den Drang verspürte, ihre Hand angewinkelt auszustrecken als würde sie elegant eine imaginäre Zigarette in einem Mundstück rauchen. Ihre Phantasie malte rasch und sehr detailreich aus, wie sich die früheren Bewohner dieses Hauses entschuldigend und galant ihre hellbraunen Hüte hebend an ihr vorbei die frisch gestrichene Treppe emporstiegen. Eli liebte diese Atmosphäre jetzt schon. Du hast das Zimmer ja noch nicht mal gesehen, ermahnte sie sich.

Beim weiteren Raufsteigen versuchte sich Eli zu sammeln, wenngleich sie über die ihr entgegenspringenden Kontraste schmunzeln musste. Einige Hausbewohner bevorzugten ausgefallene Fußmatten, andere wiederum hatten einen kitschigen Kunstblumenkranz an der Tür hängen. Im dritten Stock begegnete ihr eine junge Frau mit einem grellen, um den Kopf gewickelten Batikschal. Bestimmt eine Kunststudentin, dachte Eli. Vielleicht meine Mitbewohnerin? Die Frau lächelte schwach und zündete eine Zigarette an. Im Treppenhaus?! So unangepasst wäre ich manchmal auch gerne, schoss es Eli durch den Kopf, während sie den vierten Stock erreichte.

»Eli-Ähm?«, sagte der Typ in der Tür und musterte sie.

Wie er mich gerade ansieht! Er wirkt irgendwie überrascht. Vielleicht gar positiv überrascht. Elis Gedanken rasten.

Er war groß, trug ein Sweatshirt und eine blaue ausgewaschene Jeans, die tief und lässig auf seiner Hüfte saß. Sein dunkelblondes Haar war gewollt zerzaust. Seine grau-blauen Augen und sein breites Grinsen ließen Eli erröten.

»Ja, hallo! Sorry, also die Klingel… ich wusste nicht, ob ich geklingelt hatte«, stammelte Eli.

»Entschlossene Eli-Ähm«, neckte er sie und lehnte sich lässig mit dem Rücken an die Tür. »Hereinspaziert in die gute Stube!«

Er schritt gemächlich rückwärts, so dass Eli nichts anderes blieb, als sich an ihm vorbei zu quetschen. Elis Arm streifte ihn beinahe, so nah kamen sie sich dabei.

»Ich bin Max«, flüstert er ihr zu.

Sie blieb vor ihm stehen und streckte ihm stockend ihre Hand entgegen. »Schön dich kennen zu lernen, Max, ich bin, ähm, du weißt das ja schon.« Sie merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.

»Hab‘s mir gemerkt, Eli-Ähm.« Max ergriff ihre Hand und hielt sie einen Moment zu lange fest, so dass Eli zu Max aufblickte. Seine Augen wirkten aufmerksam. Bleib locker, bleib locker, wiederholte Eli innerlich, als sie begriff, dass dieser Typ sie mächtig durcheinanderbrachte.

Um nicht verlegen auszusehen, schaute sie sich hastig im Flur um. An der Wand hingen einige Fotocollagen und Kopfbedeckungen, deren Bezeichnungen Eli nicht kannte. War das ein mexikanischer Sombrero? Die Bewohner bevorzugen also exotische Reiseziele. Eli schluckte.

Die Wohnung, durch die Max sie amüsiert grinsend führte, machte einen frischen, renovierten Eindruck. Sie war großzügig geschnitten und hell.

»Also das hier ist unverwechselbar die Küche. Alles, was man zum Kochen, Abwasch und Co. braucht, ist da. Und bevor du Mädchenfragen stellst: Was den Putzplan angeht, sind wir eher liberal hier. Jeder macht halt sein Kram weg und gut ist.«

Mädchenfragen?! Sollte sie jetzt was dazu sagen?

»Okay«, sagte Eli zögernd und versuchte einen neutralen Gesichtsausdruck zu machen. Dieser Typ war einfach zu charmant, um ihm zu widersprechen.

»Und hier ist das sogenannte Gemeinschaftszimmer. Und die Mitbewohner, Pardon«, Max machte eine kurze Pause, »innen. Das ist Lu und der da ist Nik.«

»Hallo!«, sagten beide gleichzeitig.

»Wie du siehst – ein eingespieltes Team«, sagte Max.

»Hallo, ich bin El… Eleonora«, räusperte sich Eli, sah flüchtig zum schelmisch grinsenden Max und schritt mit der ausgestreckten Hand auf das Pärchen zu.

»Sehr angenehm, Eleonora! Wie gefällt dir die Wohnung bisher?« Nik ergriff ihre Hand als erster. Daraufhin verdrehte Lu die Augen.

Nik, etwas längeres brünettes Haar, trug einen Dreitagebart. Er hatte eine braune Cargohose und ein grün-blau kariertes Hemd an. Er scheint auf den Holzfäller-Look zu stehen, dachte Eli und musste dabei ihr Schmunzeln unterdrücken. Lu wirkte hingegen als das komplette Gegenteil von Nik. Sie trug ihr Haar blond gesträhnt und hatte es zum gewollt unordentlichen Dutt gebunden. Sie hatte ein schwarzes, an einigen Stellen gerissenes Shirt und glänzende schwarze Leggings an.

Dazu ebenso schwarze Biker Boots. Darunter schien sich ein ziemlich großes Tattoo zu verbergen, welches etwas über den Schaft ragte. Gewagt!, dachte Eli. Als sie auch Lus Hand drückte, fiel ihr sofort auf, dass die beiden gleiche braune Augenfarbe hatten. Geschwister?! Das würde erklären, warum auf dem Klingelschild nur zwei Nachnamen stehen, obwohl sie dem Anschein nach zu dritt hier wohnen.

»Die Wohnung gefällt mir bisher wirklich sehr gut!« Eli versuchte ihre Schüchternheit zu überspielen.

»Und mir gefällt es wirklich sehr gut, sie dir zu zeigen.« Max zwinkerte Eli zu. Lu verdrehte daraufhin wieder die Augen und schubste Max beim Vorbeigehen leicht zur Seite. Flirtet er etwa mit mir?!, fragte Eli sich. Ihr fiel nichts Besseres ein, als nur zu lächeln. Das ärgerte sie.

»Nun lasst doch das Mädel sich mal in Ruhe umsehen«. Lu hob die Hand, als Max ihr zuvorzukommen versuchte. »Ab hier übernehme ich!« Lu machte eine schnelle Handbewegung, die darauf deutete, mit ihr hinauszugehen. »Komm mit, Eleonora, ich zeige dir den Rest. Das Wohnzimmer kannst du gleich genauer inspizieren, wenn die Hengste sich beruhigt haben.«

Diese Bemerkung schmeichelte Eli irgendwie. Mit Lu, die scheinbar doch nicht genervt von ihrem Besuch war, entspannte sie sich etwas. Die Jungs machten übertrieben traurige Grimassen. Lu verdrehte daraufhin erneut die Augen.

»Also, hier sind Maximilians und Niklas‘ Zimmer. Meins und gegebenenfalls deins sind am Ende des Flures. Das ist auch gut so, wenn man mit diesen Chaoten auskommen möchte«, schilderte Lu, hob dabei die Augenbrauen und schüttelte theatralisch den Kopf. »Das Bad.« Lu machte eine einladende Handbewegung. »Nichts Spektakuläres, wie du siehst. Außer der Badewanne halt«, fügte sie hinzu und zwinkerte Eli zu. »Zwei WCs, eins neben der Küche und eins hier.«

»Praktisch«, sagte Eli und lauschte insgeheim, ob die Jungs im Wohnzimmer vielleicht darüber lachten. Doch dort war es still.

»Du sagst es!« Lu lächelte. »Dein Zimmer und das von Nik teilen sich einen gemeinsamen Balkon. Rauchst du?«

»Nee, ähm, nein.»

»Das ist gut. Pluspunkt also. Nik kann Raucher nämlich nicht ausstehen.« Lu öffnete die Zimmertür. »Und das hier sind die acht Quadratmeter mit allem Pipapo. Die Fenster gehen Richtung Straße, aber man kriegt dafür was zu sehen. Das Zimmer ist erst vor Kurzem aufgefrischt worden«, sagte Lu und ließ Eli als Erste eintreten.

Eli ging hinein und schritt langsam durch das Zimmer. »Es ist wirklich sehr schön«, sagte sie und sah aus dem Fenster. Sie linste kurz zu Lu. Als Lu nickte, öffnete Eli die Balkontür und schritt hinaus. Sie ließ sich von den sich zu ihr vordrängenden Geräuschen verschlucken. Elis Blick schweifte über die in Sonnenschein getauchte Fassade der gegenüberliegenden Häuserreihe. Sie atmete die dichte, warme Luft ein und schloss kurz ihre Augen. Ihre Ohren filterten das Hupen ungeduldiger Taxifahrer, Gelächter der Gäste in dem gegenüberliegenden Café, ein weinendes Baby und das tröstende Zusprechen seiner Mutter heraus. Der namenlose Alltagslärm einer Großstadt und ich mittendrin, dachte Eli.

»Gut«, ertönte Lus Stimme hinter ihr. »Schau dich mal in Ruhe um«, sprach Lu weiter. »Hast du vielleicht jetzt schon irgendwelche Fragen?«

»Ich glaub nicht.« Eli blinzelte. »Das Zimmer ist echt schön, danke für die Führung.«

»Gern. Lass dir Zeit. Du findest uns im Wohnzimmer, wenn du soweit bist. Also von hier links, geradeaus und rechts.«

»Danke, Lu.«

»Kein Ding, Eleonora. Und nochmals der Vollständigkeit halber: Ich bin Luise. Mit E.« Lu schnitt eine Grimasse als wäre die altmodische Form ihres Vornamens nicht ihre Schuld und reichte Eli lächelnd die Hand.

»Sehr angenehm, Luise.« Eli drückte Lus Hand. »Und ich bin Eleonora, ähm, Eli«.

»Eli-Ähm, schon gehört. Sehr originell.« Lu zwinkerte ihr zu.

Als Lu das Zimmer verließ, ging Eli zum Schreibtisch und setzte sich dann auf die Bettkante. Ihre Finger strichen langsam über die Patchwork-Decke auf dem Bett. Freu’ dich nicht zu früh, das ist noch nicht dein Zimmer, redete sie sich ein. Alles war in sanften beigen Tönen gehalten. Schreibtisch, Sessel und Schrank waren von IKEA. Gerne hätte sie ihren neuen Schreibtisch von Zuhause mitgebracht, sollte sie das Zimmer bekommen. Sie sah sich um. Nein, sie würde sofort von ihrem neuen Schreibtisch lossagen, nur um hier wohnen zu dürfen!

Eli ging nochmals auf den Balkon. Sie stellte sich vor, wie sie hier für ihr Studium lernen würde. Das italienische Café direkt vor der Haustür. Eli merkte, wie aufgeregt ihr Herz pulsierte. Bitte, bitte, bitte, ich finde das alles hier so schön!, flehte sie innerlich. Sie atmete tief durch und ging ins Wohnzimmer.

Dort fand Eli Max und Nik auf dem Sofa sitzend. Max hatte seine Beine gemütlich auf dem Couchtisch abgelegt. Lu saß im Schneidersitz auf der Fensterbank, ein Becher in der Hand. Als Eli ins Wohnzimmer reinkam, sprang Nik sofort auf.

»Na, und? Stehst du auf das schwedische Lebensgefühl?«, fragte Max und schwang lässig seine Füße vom Tisch.

»Sehr sogar.«

»Setz’ dich doch kurz zu uns.« Nik deutete auf den Sessel.

»Magst du was trinken?«

»Ähm, ein Glas Wasser vielleicht, danke«, antwortete sie und nahm im Sessel Platz.

»Wasser mit Sprudel oder ohne?«, rief Nik aus der Küche.

»Ohne, danke«, antwortete Eli und streckte dabei ihren Hals in Richtung der Küche, damit Nik sie besser hören konnte.

»Lu sagte gerade, du rauchst nicht?«, kam es heraus.

»Nein. Ich rauche nicht«, antwortete Eli.

»Beachtlich«, flüsterte Max und grinste sie an, was Eli leicht erröten ließ. Mist.

Nik kam zurück aus der Küche und reichte Eli einen Becher. »Keine sauberen Gläser mehr, sorry!«

»Macht nichts. Danke sehr! Ich habe schon gehört, hier gibt es so was wie Putzzwang nicht.«

»Das hätte Max gerne«, sagte Lu und gesellte sich in die Runde. »Gestern war nämlich…«

»Whatever, Lu«, unterbrach Nik sie, »ehrlich gesagt suchen wir jemanden, der nicht raucht. Wir rauchen nämlich alle nicht. Du glaubst gar nicht, wie schwer es ist, heutzutage einen Nichtraucher zu finden.«

»Eine Nichtraucherin«, mischte sich Lu ein.

»Eine Nichtraucherin, korrekt, danke, Schwesterherz.« Nik funkelte seine Schwester an. »Also wir suchen eine Nichtraucherin, also weiblich. Das wollten wir aber in die Anzeige nicht schreiben, du weißt schon…«

»Ich verstehe. Ich rauche nicht und bin definitiv weiblich«, sagte Eli und schämte sich sofort für ihren Einfall.

»Das definitiv«, wiederholte Max mit einem schelmischen Blinzeln und kassierte dafür einen Schlag mit dem Kissen von Lu. Eli meinte, einen verärgerten, an Max gerichteten Blick bei Nik registriert zu haben.

»Erzähl’ uns doch was über dich. Warum möchtest du ein Zimmer anmieten und was du sonst so machst?« Nik stellte einen Stuhl neben Eli hin und setzte sich rittlings darauf. Er wirkte nun mutiger, forscher.

»Ich habe einen Studienplatz bekommen. Ich werde Psychologie studieren.«

»Wow. Fräulein Freud«, tönte es von Max.

»Max, halte die Klappe«, sagte Lu und feuerte ein weiteres Kissen auf Max ab.

Eli, die den Beschuss von Max mehr irritierte als amüsierte, fuhr fort: »Und dafür muss ich umziehen. Die Wohnung und das Zimmer finde ich echt schön. Und die Warmmiete ist für mich auch in Ordnung. Ich habe vor zu jobben und meine Mutter unterstützt mich auch. Und… Wie soll ich das sagen?... Ich bin, glaub ich, eine passable Mitbewohnerin. Meine Mutter beschwert sich jedenfalls nicht«, sagte Eli und lächelte verlegen. »Wie gesagt, ich rauche nicht, koche gerne und ich«, Eli atmete tief ein, »möchte wirklich sehr gerne hier einziehen.«

»Wie sieht es bei dir mit Lärmtoleranz aus?« Max musterte sie eindringlich.

»Wie bitte?«

»Partys, mein’ ich. Also ab und zu wird die Bude hier voll. Du weißt schon, ein paar Leute, musikalische Begleitung. Feuchtfröhliches Zusammensein sozusagen. Hast du was dagegen?«

»Und aus diesem Grund ist es wirklich hilfreich, dass das Zimmer am Ende des Flures liegt«, fügte Lu hinzu.

»Oh, nein, nein. Natürlich nicht. Kein Problem mit dem Lärm.« Eli versuchte, einen entspannten Gesichtsausdruck zu machen. Sie machen hier richtige Partys!

»Aber du musst dann auch mitmachen«, sagte Max als hätte er ihre Gedanken gelesen. Dafür bekam er von Lu eine Packung Taschentücher gegen die Stirn geschleudert. »Wenn du magst, natürlich«, fügte er hinzu und hüstelte dann an Lu gerichtet so etwas, das wie ›Zicke‹ klang.

»Kein Thema, gern«, meinte Eli und nickte.

»Eli, hast du noch Fragen?«, sprach Lu und musterte dabei mit den zusammengekniffenen Augen ihren dreisten Mitbewohner, als wollte sie Max somit ermahnen, seinen Mund zu halten.

»Ja, vielleicht nur eine. Das Zimmer, das ich bekommen könnte, ist dies quasi Erstbezug nach Renovierung?« Eli sah in die Gesichter um sie herum. Für einen kurzen Augenblick spürte sie, dass sich die Stimmung im Raum veränderte. Scheinbar hatte sie einen wunden Punkt getroffen, denn Lu neigte ihren Kopf zur Seite. Ihr strenger Blick fixierte dabei ausgerechnet Max.

»Sozusagen«, meldete sich Nik zu Wort. »Nach Renovierung hat bisher nur eine einzige Person drin gewohnt, aber sich kaum dort aufgehalten.« Niks Augenlider zuckten.

»Das Zimmer ist so gut wie nigelnagelneu«, sagte Lu mit einem etwas angespannten Lächeln.

Eli stand noch eine Weile auf der Straße und schaute nach oben zum Balkon im vierten Stock. Widerwillig wandte sie ihren Blick ab und überlegte kurz, wie sie zum Hauptbahnhof kommt. Sie nahm ihr Handy aus der Tasche und wählte die Nummer ihrer Mutter. Doch plötzlich stand Nik vor ihr. Eli legte wieder auf.

»Eli! Gut, dass ich dich noch einholen konnte.« Nik versuchte, die Schnappatmung zu bändigen.

»Hey, Nik. Alles okay?!«, fragte sie und überlegte hastig, ob sie vielleicht einen Regenschirm dabeihatte und ihn in der Wohnung liegen ließ, was ihr so ziemlich oft passierte.

»Ja! Alles mehr als okay. Du bekommst das Zimmer, wenn du es denn noch haben willst.«

»Ehrlich?! Ich glaub es nicht! Das ist ja toll! Unglaublich! Danke! Danke! Danke!« Eli war kurz davor, Nik um den Hals zu fallen.

»Bitte, bitte, bitte! Wir freuen uns auch schon sehr.« Nik wirkte erleichtert. »Aber schlaf ruhig noch eine Nacht darüber. Nächste Woche könntest du dann den Mietvertrag unterschreiben.«

»Ja, sehr gerne! Ich kann es kaum glauben!«, jubelte sie.

»Wir sind auch aus dem Häuschen, eine neue Mitbewohnerin gefunden zu haben. Und dazu noch eine Nichtraucherin.« Nik war nun derjenige, der sie kurz umarmte. »Komm gut heim und melde dich die Tage wegen der Terminabsprache, ja?«

Als Nik durch die schwere Haustür verschwunden war, schaute Eli nochmals nach oben. Auf dem Balkon stand Max und blickte zu ihr herunter. Eli winkte, hob beide Daumen hoch und streckte sie dann sieghaft in die Luft. Max nickte langsam und zwinkerte ihr zu. Den Ausdruck in seinem Gesicht konnte Eli nicht deuten.

Auch in dieser Nacht konnte Eli nicht schlafen. Sie dachte über das Gespräch in der WG nach. ›Eine neue Mitbewohnerin‹ hat Nik gesagt… Und diese Blicke zu Max. Sein Flirten. Hat dieser Frauenheld das Mädchen etwa verführt und deshalb ist sie jetzt ausgezogen? Max sieht verdammt gut aus. Er hat diese anreizende Ausstrahlung. Und er könnte jede haben. Und auch auf mich hat er eine besondere Wirkung, gestand sich Eli. Aber ich halte mich lieber fern von ihm. In einen solchen Jungen darf ich mich nicht verlieben! Er wird mir nur das Herz brechen. Und Nik? Nik… Eli lächelte, drehte sich auf die Seite und schlief ein.

KAPITEL 3

Oktober 2001

Eli stand in ihrem neuen Zimmer. Kein lästiger Umzug, nur ein paar Koffer. Es klopfte an der Tür.

»Herein!«, rief sie und warf einen schnellen Blick in den Spiegel, der an der Tür hing. Heute hatte sie sich ausgiebiger geschminkt als sonst. Alles wegen der Jungs?

Nik und Max haben sie heute vom Bahnhof abgeholt. Während Nik ihre Koffer in den Wagen geladen hatte, machte Max ihr die Beifahrertür auf und setzte sich selbst ans Steuer. Nik blieb nichts anderes übrig, als sich nach hinten zu setzten. Eli bemerkte, wie Nik Max in den Rückspiegel finster ansah. Max ignorierte den Blick, indem er den Spiegel umstellte. Eli war verwirrt. All das ihretwegen?! Während sie an einer Ampel standen, hatte Max aus dem Handschuhfach eine CD herausgeholt. Dabei konnte Eli sehr gut seinen herben Duft wahrnehmen. Eine aufregende Moschusnote. Sie kämpfte gegen die Röte, die ihr ins Gesicht hochzusteigen drohte und fragte Nik zur Ablenkung, wo denn jetzt Lu sei. Nik murmelte, dass sie noch die Küche aufräumen musste. Max gab zu, es gestern wieder mal nicht geschafft zu haben, die Spülmaschine aus- und wieder einzuräumen.

»Hey, Eli.« Luise steckte ihren Kopf durch den schmalen Spalt im Türrahmen rein. »Wollte dich nicht stören, aber wir haben uns gerade überlegt, dass wir vier auf deinen Einzug anstoßen sollten. Nik und Max gehen Getränke holen und ich wollte fragen, was du gerne trinkst?«

»Ähm, ich weiß nicht. Alster? Oder einfach nur Bier mit einem Schuss Sprite. Geht das?«

»Na klar. Dann bis gleich.«

Die Tür fiel zu und Eli stand wieder vor dem Spiegel. Heute trug sie ihr schweres, schulterlanges, aschblondes Haar offen. Sie betrachtete ihr Spiegelbild. Ihre grünen Augen lächelten. Mein neues Leben beginnt, triumphierte sie innerlich, ich Eli, 19 Jahre alt, Psychologiestudentin. Bald verschwand das Lächeln aus ihren Augen, sie griff zu ihrem Handy und tippte.

Hallo, Mama! Wie kommst du klar? Schaust du grad Nachrichten? Mir geht es gut. Telefonieren wir morgen? Die Mitbewohner wollen heute was mit mir trinken. Hab dich sehr lieb. Eli

Eli drückte auf Senden. Mama. Sie ist jetzt ganz alleine. Nicht ganz. Der alte Pitty ist bei ihr. Hoffentlich macht der Kater noch lange.

»Auf Eli-Ähm!«, Max prostete Eli zu. Lu pfiff und alle drei hoben ihre Bierflaschen. Plötzlich klingelte es an der Tür. Erst ein Mal, dann im Sturm.

»Max!« Lu baute sich vor ihm auf und starrte ihn vorwurfsvoll an. Es schellte nun ununterbrochen.

»Gute Idee, oder?«, sagte Max und erhob Schuld bekennend die Schultern. »Ein bisschen Spaß muss sein! Wir haben schließlich was zu feiern«, fügte er hinzu. »Gewöhn’ dich lieber gleich daran, Eli-Ähm!«, hauchte Max ihr ins Ohr und eilte zur Tür.

»Und so ist das immer«, presste Lu heraus.

Während Lu Eli im Schnelldurchlauf schilderte, wer hier wer war, füllte sich der Raum im Nu mit Leuten. Klirrende Bierkisten wurden angeschleppt, die Musik lauter gemacht. Meine erste richtige WG-Party, dachte Eli aufgeregt.

»Bist du die neue Mitbewohnerin?«, eine männliche Stimme unterbrach Elis Gedanken. »Ich bin Bruno. Eigentlich Bernhard, aber alle nennen mich Bruno, weil ich so ein dichtes Haar habe.« Ein wirklich sehr behaarter und etwas übergewichtiger junger Mann setzte sich kichernd zu Eli und Lu auf die Fensterbank, die unter ihnen leicht ächzte. »Und, Lu? Ich bin immer noch zu haben!«

»Vielleicht im nächsten Leben, Bruno«, sagte Lu und umarmte ihn herzlich. »Das ist Eleonora. Sie wird Psychologie studieren.«

»Oho. Dann muss ich aufpassen, was ich sage«, sagte Bruno und nickte anerkennend.

»Besser so!« Lu zwinkerte Eli zu. »Bruno und ich studieren zusammen BWL, na ja, einer mehr, der andere weniger.«

»Hey, Bruno. Du kannst gerne Eli zu mir sagen«, sagte Eli zu ihm.

»Dann auf dich, Eli!« Bruno reichte ihr ein kleines Schnapsgläschen. Auch Lu bekam eins.

»Was ist da drin?«, fragte Eli unsicher, während sie die blaue Flüssigkeit betrachtete.

»After Schock. Kälte und Feuer zugleich. Wie du, Lu.« Bruno klimperte übertrieben mit den Lidern.

»Ha-ha«, äffte Lu. Als sie Elis Unsicherheit bemerkte, sagte sie vorbeugend: »Du musst das nicht trinken, wenn du nicht magst.«

»Aber dies ist doch Elis Einweihungsparty«, ließ Bruno nicht locker. »Bevor du den schluckst, gurgle mal eine Weile, bis es brennt.«

»Alles in Ordnung, Lu. Wirklich! Also vorher gurgeln. Ich probier’s.« Eli prostete den beiden zu und kippte den gesamten Inhalt in den Mund, gurgelte und schluckte herunter. Eine beißende Schärfe benetzte Elis Rachen und wanderte dann weiter zu ihrem Brustkorb.

»Eli-Ähm! Nicht rauchen, aber mit fremden Männern trinken!« Hinter ihr stand plötzlich Max. Sie spürte seinen Atem in ihrem Nacken. Der ihr bereits vertraute Duft ließ ihre Knie weich werden.

»Keine Fremde hier. Alles Freunde«, sagte Bruno und zwinkerte Eli zu. Er schenkte noch mal aus. »Auf die neue Freundschaft!«

»Auf die Freundschaft!«, prostete Max und trank ohne den Blick von Eli abzuwenden.

KAPITEL 4

Eli saß in ihrem neuen Bett. Ihr Kopf dröhnte und ihr Mund fühlte sich trocken an. Als sie aufgewacht war, griff sie instinktiv unter ihre Matratze und zog ihr Tagebuch heraus. Das tat sie immer, wenn sie etwas zu analysieren oder schlecht geträumt hatte.

Sie schaute zum Wecker – 11:45 Uhr – und dann zum Fenster. Die Vorhänge sind zum Glück zu, stellte sie mit Erleichterung fest. Auf dem Balkon war keine Regung. Warum auch, Nik raucht ja nicht. Ach, El, als ob du dich ewig verstecken könntest, ermahnte sie sich. Sie überflog ihren letzten Tagebucheintrag. Mai 2001. Eine alte Welt, dachte sie. Sie fühlte sich plötzlich erwachsen.

Die Sache gestern machte es so kompliziert. Als sie Schritte hinter der Tür hörte, versteifte sie sich. Na toll, gleich klopfen sie an meine Tür und bitten mich, die nächste Unruhestifterin, auszuziehen, schoss es ihr durch den Kopf. Eli setzte sich aufrecht, doch als keiner klopfte, schlug sie ihr Tagebuch auf und fing an zu schreiben.

20. Oktober 2001

Liebes Tagebuch,

das passiert gerade in meinem Leben:

Ich bin bei Ma ausgezogen!

Nächste Woche fange ich an, Psychologie zu studieren!

Ich wohne jetzt, aber vielleicht nicht mehr lange, in einer richtigen WG!

Ich bin mächtig durcheinander!

Den letzteren Punkt muss ich noch weiter aufarbeiten. Es geht um die WG-Party gestern. Meine Einweihungsparty wohlgemerkt.

Lu und ich haben uns eigentlich richtig amüsiert. Lu ist meine neue Mitbewohnerin; hoffentlich bleibt das auch so. Sie hat ein enormes Potential, meine beste Freundin zu werden. Kurzum: es kam das Lied Miss California. Lu ist verrückt danach. Also hat sie mich zu den anderen Tanzenden gezerrt. Wir tanzten und kicherten, weil Lu ständig irgendwelche Faxen machte (Slow-Motion-Moves usw.). Die Stimmung war echt gut, so entspannt und locker. Auf einmal hält mich jemand von hinten um die Hüfte fest und schwenkt mit mir in den Takt des Songs. Ich nehme seinen intensiven Duft wahr, vermischt mit dem seiner Lederjacke. Max! (Max ist auch ein WG-Mitbewohner… Du ahnst, es wird kompliziert…). Das war ein so was von elektrisierender Moment! Ich dachte, ich zerschmelze auf der Stelle. Meine Knie wurden weich und in mir zog sich alles zusammen. Das war Lust pur! Ich kann das nicht treffender beschreiben. Aber es war so, als würde etwas in mir zum Leben erweckt. Die Psychoanalytiker würden es als Libido bezeichnen! Ich war so überwältigt und verwirrt. Aber dann zog mich Lu von ihm weg.

Vorweg: Lu scheint von Max nicht gerade begeistert zu sein. Sie sagt, er sei ein Frauenheld. Ich habe mitbekommen, wie sie und Bruno ihn aufzogen, in dem sie von einem Mädchen sprachen, dass vor mir in die WG eingezogen war. Er scheint was mit ihr gehabt zu haben. Lu scherzte, dass das Mädchen eifersüchtig gewesen sei, obwohl sie angeblich selbst behauptet habe, sie und Max wären nur Mitbewohner mit Extras. Unter Extras ist doch Gelegenheitssex gemeint, oder? (Oh, sorry, du bist bestimmt total baff, was ich hier alles schreibe.) Also: das Mädchen ist nach wenigen Monaten wieder ausgezogen. Lu sagte mir, sie wäre bei der letzten WG-Party im Juli nochmals aufgetaucht und hätte Max angemacht. Der Punkt ist: Lu wolle mich nur warnen, dass Max möglicherweise jetzt mich auf‘m Kieker hätte.

Als sie das sagte, fühlte ich mich merkwürdigerweise so richtig geschmeichelt (das Durcheinander beginnt…). So ist halt Max einfach, sagte sie dann zum Schluss. Obwohl ich heimlich stolz darauf war, dass dieser heiße Typ die Jagd auf mich eröffnet hatte, sagte ich ihr, dass ich auf keinen Fall seine Trophäensammlung schmücken werde. Lu prostete mir darauf hin zu und ich dachte insgeheim, dass ich mit Max aber trotzdem flirten dürfte. Und küssen wäre schließlich nicht verboten! Das habe ich Lu natürlich nicht gesagt.

Ich habe gestern – oder besser gesagt heute Nacht – zu viel getrunken. Ich habe die ganzen Drinks erstaunlicherweise gut vertragen. Mein Kopf dröhnt zwar, aber der Kater ist erträglich, nicht aber die Scham.

Im Laufe des Abends und mit zunehmendem Alkoholkonsum habe ich dann angefangen, mit Max zu spielen. Zum Beispiel, ich habe mit Bruno getanzt und beobachtet, ob er das mitbekommt. Jetzt finde ich das total peinlich. Aber Max beobachtete mich tatsächlich. Ich tat unbekümmert, aber seine Blicke und sein Parfüm, das ich über einige Entfernung trotzdem wahrnahm, machten mich schlicht und einfach high (ein passenderes Wort fällt mir gerade nicht ein).

Als die Party so gut wie vorbei war, räumten wir noch etwas auf und als ich fragte, wo das ganze Leergut hinsoll, hat Max angeboten, mir den Keller zu zeigen, da er sowieso die leeren Bierkisten dorthin bringen wollte. Ich war angetrunken und das enthemmte mich. Ich wollte aufs Äußerste gehen. Ich ging mit ihm mit. Ich weiß nicht mehr, was ich gequasselt hatte, als wir die Treppe runter gingen, aber wenn ich ihn ansah, registrierte ich seinen dunklen Blick.

Im Keller angekommen ließ er die Bierkästen mit einem lauten Krach los und packte mich an der Hüfte. Er schob mich energisch Richtung Kellertür, in meinen Händen baumelten und klirrten die voll mit Altglas und Plastikflaschen gefüllten Plastiktüten. Im Bruchteil einer Sekunde dachte ich, er hat etwas oder jemand gesehen und will mich vor dieser Gefahr beschützen. Ob da wohl eine tote Maus läge oder ein Obdachloser schlief, schoss mir noch durch den Kopf. Doch im nächsten Moment als er mich hastig gegen die Kellertür drückte, begriff ich, was hier abgeht. Er starrte mich an und presste seine Hüfte fest gegen meinen Bauch. Seine Wärme, die sich durch meine Bauchdecke in mich drang, offenbarte mir: Er wollte mich! Als diese Erkenntnis in meinem benebelten Hirn angekommen war, wurde mir ganz schwindlig. In mir zog sich alles zusammen. Es war angenehm und kaum zu ertragen zugleich. Obwohl ich merkte, wie hitzig mein Körper langsam wurde, bekam ich Gänsehaut. Ich dachte, ich zerfließe auf der Stelle wie ein in der Mittagshitze schmelzender Eiswürfel. Ich weiß nicht, was in mich gefahren war, aber, obwohl es mir bewusst war, dass ich die Situation nicht mehr unter Kontrolle hatte, tat ich nichts, um ihn von mir weg zu stoßen. Meine Hüfte wurde wie durch eine magnetische Kraft gegen seine Oberschenkel gedrückt. Ohne seinen Blick von meinem Gesicht abzuwenden, nahm er mir die Plastiktüten ab und ließ diese zu Boden fallen. Einige Flaschen fielen heraus und rollten in verschiedene Richtungen. Es schien ihn nicht zu interessieren, dass es schon spät war und dass alle Leute im Haus schliefen. Der Knall hallte durch das ganze Treppenhaus, während er mich mit seinem pulsierenden Körper gegen die Tür presste. Eine heftige Welle von Verlangen überflutete mich. Meine nun freien Hände suchten Halt. Mein Hirn rief mir ins Gedächtnis, dass dieser Mann nur eine schnelle Nummer durchziehen will und qualvoll widerstand ich dem Wunsch, ihn anzufassen. Ich stützte mich am Türrahmen ab. Doch unwillkürlich machte mein Rücken ein Hohlkreuz, was meinen Körper noch mehr gegen den von Max lehnen ließ.

Als würde er die Reaktion meines Körpers als grünes Licht auffassen, fing Max an, langsam aber bestimmt mit seinen Lippen an meinem Hals entlang zu wandern. Er küsste nicht, ich spürte nur seinen warmen Atem gegen meine Haut strömen. Am Haaransatz meines Hinterkopfs atmete er laut ein und dann aufstöhnend aus. Er atmete mich ein. Meine Haut prickelte. Ich war wie gelähmt, so neu und unerwartet waren meine Empfindungen. Meine Wangen glühten. Dann ließ er plötzlich meinen Becken los und umfasste mein Gesicht. Mich mit einem fast animalischen Blick fixierend flüsterte er: »Du machst mich wahnsinnig, Eli-Ähm!« Als ich dachte, jetzt würde er mich endlich küssen, ließ er mein Gesicht los und schritt zurück.

Ich habe im ersten Moment nicht kapiert, was los war. Ich schaute ihn an, während ich meinen Kopf zur Seite drehte. In der Tür stand Nik. Ich weiß nicht, wie viel er gesehen hatte und wie ich, wie wir ausgesehen hatten, aber sein Blick verriet, dass er Bescheid wusste. Er wirkte niedergeschlagen. Ich konnte beobachten, wie seine Augen sich verengten, seine Stirn Falten schlug und er leicht den Kopf schüttelnd zu blinzeln anfing. Er machte den Eindruck eines Menschen, dessen Hoffnung geplatzt war. War das Enttäuschung? Oder Verachtung? Wohl alles zusammen.

Nik sagte nichts, er fing schweigend an, die Flaschen vom Boden aufzusammeln. Ich ging mit zitternden und sich wie aus Watte anfühlenden Beinen nach oben (und war seitdem nicht mal aufs Klo). Ich hoffte, als ich langsam die Treppenstufen emporstieg, die Jungs reden zu hören. Doch sie schienen zu schweigen. Kein gutes Zeichen. Max hat sich an die nächste Mitbewohnerin ran gemacht und, dass Nik nichts dazu sagte, bedeutete nichts Gutes. Andererseits: hätten sie belangloses Zeug geredet oder gar gelacht, hätte mich das sicher verletzt.

Ich habe es verbockt, oder? Ich werde ausziehen müssen. Dieses Schweigen könnten bedeuten, ›nicht schon wieder!‹. Ich möchte mich nur noch verkriechen. Aber ich muss dringend aufs Klo! Was mache ich jetzt?!

Eli schlug das Tagebuch zu und zappelte mit den Füßen. Sie musste dringend. Ihre Achselhöhlen und Lenden waren nass geschwitzt. Duschen müsste ich auch dringendst, dachte sie. Sie versteckte das Tagebuch wieder unter ihrer Matratze, schlüpfte aus ihrem Bett und in ihre Strickjacke. Auf dem Weg zur Tür warf sie einen Blick in den Spiegel. Pandaringe. Vom Kater und Schlafmangel gezeichnetes Gesicht. Die Erinnerung an die animalische Lust. Eli kniff die Augen zusammen und wollte gerade die Tür öffnen als es klopfte. Eli erstarrte, hielt den Atem an und zögerte. Viel zu lange. Als sie die Tür öffnete, stand Lu vor ihr.

»Na, Partymaus!«, rief Lu fröhlich.

Eli entspannte sich etwas und lächelte verlegen. »Hi! Ich muss dringend aufs Klo!«

»O nein! Ist dir übel?« Lus Gesicht sah mitfühlend aus.

»Muss pinkeln!« Eli eilte an Lu vorbei ins Bad.

»Nik ist gerade drin. Das neben der Küche ist frei!«, rief Lu ihr zu.

Eli trippelte durch den Flur, vorbei an der Küchentür, die offen stand. Sie nahm wahr, dass dort jemand auf der Fensterbank saß. Max. Eli schaute in letzter Sekunde rein. Als sie bereits nicht zu sehen war, rief sie ihm ›Hi‹ zu und als sie gerade noch ein langgezogenes ›Hey, Eli-Ähm‹ hallen hörte, schloss sie die WC-Tür hinter sich zu.

Okay, halb so wild, beruhigte sie sich. Max hatte sie gegrüßt, Lu schien sich nicht daran zu stören, was im Keller vorgefallen war. Oder sie wusste noch nichts davon. Nik schien seiner Schwester nicht alles zu erzählen. Wir waren in Feierlaune, da kann so etwas schon mal passieren, rechtfertigte sich Eli. Schieb’s auf Alkohol! Tu‘s lässig, tu‘s unverbindlich. Tu‘s cool. Aber was, wenn Nik jetzt denkt, ich bin so eine?! Und sie fragte sich, warum es ihr so wichtig war, dass er das eben nicht dachte. Tu’s nicht zu kompliziert, Eleonora!, schärfte sie sich ein.

Noch bevor sie eine Lösung für ihr Grübeln gefunden hatte, verließ sie das WC und ging – diesmal langsamer – an der Küche vorbei. Sie schaute Max an, kniff dabei leicht die Augen zusammen, schüttelte den Kopf, lächelte mit leicht verzogenem Gesicht und hob beide Schultern. Sie hoffte, die Botschaft war bei ihm angekommen: Sorry. War betrunken.

Im selben Augenblick kam Nik aus dem großen Bad heraus. Er sah müde aus. Warum ist er denn so bedrückt?, fragte sie sich.

Lu, die im Flur saugte, tätschelte seine Schulter: »Fühle mit, Bro!«

Nik schaute Eli kurz, aber eindringlich, an.

»Hi«, sagte sie schnell und hob grüßend die Hand.

Nik nickte kaum merklich und ging in sein Zimmer. So eine bist du, denkt er bestimmt, interpretierte Eli sein Betragen.

»Möchtest Du einen Kaffee oder lieber ein Glas Wasser und eine Kopfschmerztablette?« Lu stellte den Staubsauger aus.

»Kaffee wäre super, aber ich gehe erst einmal duschen!«, antwortete Eli und verschwand schnell in ihrem Zimmer.

Sie nahm frische Unterwäsche aus der Schublade heraus und bevor sie sich daran machte, ihr Zimmer zu verlassen, öffnete sie die Vorhänge und riss die Balkontür auf, um zu lüften. Nik stand auf seiner Seite des Balkons. Eli fasste den Entschluss.

»Hey, Nik. Alles klar?«, sagte sie so lässig wie möglich und dachte dabei: Ich muss so tun, als ob das von gestern keine große Bedeutung für mich hat.

Nik drehte sich zu ihr um und schaute sofort auf den Bündel Unterwäsche in ihrer Hand. Der marineblaue Spitzen-BH war nicht zu übersehen. Eli merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sie knüllte die Wäsche in ihren Händen zusammen.

»Bist du okay?«, fragte sie nochmal.

»Geht schon.«

»Ich gehe duschen«, sagte sie, weil ihr nichts anderes einfiel. Als keine Reaktion von Nik kam, ging sie in ihr Zimmer und machte zögernd die Balkontür auf Kipp. Nik drehte sich in diesem Moment um und schaute sie an. Eli nickte. Sie wollte ihm mitteilen: Ich bin nicht so eine, ich bin aber nicht fehlerfrei. Niks Schulter zuckten kaum merklich und das ließ Eli ein wenig hoffen. Er wird wieder mit mir reden, dachte sie und ging ins Bad.

KAPITEL 5

26. Oktober 2001

Ich bin verwirrt. Verloren und verwirrt. Ich denke ununterbrochen an zwei Jungs, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Nik: nett (ja, ich weiß, nett ist kein Kompliment für einen Kerl). Anständig wäre auch ein guter Begriff, um Nik zu beschreiben. In seiner Gegenwart fühle ich mich sehr wohl. Er ist ein Mensch, dem man auf Anhieb vertraut.

Er studiert Geschichte und Sport auf Lehramt. Er ist sportlich und kocht sogar! Ja, er ist eine Superpartie, oder? Ich mag ihn. Er mag mich auch, das spüre ich. Neulich nach dem Essen haben wir zusammen abgewaschen und er hat mich beim Abspülen von der Seite angesehen. Sein Blick hatte etwas Zugeneigtes. Ich spürte eindeutig, dass etwas Zärtliches in ihm vorging. In mir aber auch. Doch statt mich zu ihm umzudrehen und ihn kichernd mit dem Spülwasser zu bespritzen (ja, diese Idee schoss mir durchaus durch den Kopf), stand ich nur steif da und wusch weiter ab.