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Dieser Band enthält folgende Krimis: Alfred Bekker: Tonys großer Coup Alfred Bekker: Nur fürs Protokoll Alfred Bekker: Wie ein Ei dem anderen Alfred Bekker: Die Lösung heißt Bankraub Reiner Frank Hornig: Operation Supermarkt Reiner Frank Hornig: Ein ganz linker TRick Reiner Frank Hornig: Nur ein kleiner Mord Reiner Frank Hornig: "Watson, das Spiel beginnt!" Reiner Frank Hornig: Wer gräbt schon nachts in seinem Garten Reiner Frank Hornig: Kleiner Druckfehler Alfred Bekker: Eddies Flucht Alfred Bekker: Killer ohne Gnade Diese Sammlung enthält einen langen und 11 kurze Krimis. Als beim Dreh eines Action Movies der Star eine echte Kugel abbekommt, beginnen die Ermittlungen von Jesse Trevellian und seinem Team - denn es handelte sich nicht um einen Unfall, wie sich schnell herausstellt. Ein Action Star, der tief in die Machenschaften des organisierten Verbrechens verstrickt ist, gegen die er in seinen Filmen immer kämpfte und ein Machtkampf innerhalb der Unterwelt - damit hat es Trevellian in diesem Fall zu tun. Und schon bald steht er ebenfalls auf der Abschussliste der Syndikate...
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Seitenzahl: 280
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Kurze Morde, kurzer Prozess: Krimisammlung
Copyright
Tonys großer Coup
Nur fürs Protokoll
Wie ein Ei dem anderen
Die Lösung heißt Bankraub
Operation Supermarkt
Ein ganz linker Trick
Nur ein kleiner Mord
„Watson, das Spiel beginnt!“
Wer gräbt schon nachts in seinem Garten
Kleiner Druckfehler
Eddies Flucht
Killer ohne Gnade
Dieser Band enthält folgende Krimis:
Alfred Bekker: Tonys großer Coup
Alfred Bekker: Nur fürs Protokoll
Alfred Bekker: Wie ein Ei dem anderen
Alfred Bekker: Die Lösung heißt Bankraub
Reiner Frank Hornig: Operation Supermarkt
Reiner Frank Hornig: Ein ganz linker TRick
Reiner Frank Hornig: Nur ein kleiner Mord
Reiner Frank Hornig: "Watson, das Spiel beginnt!"
Reiner Frank Hornig: Wer gräbt schon nachts in seinem Garten
Reiner Frank Hornig: Kleiner Druckfehler
Alfred Bekker: Eddies Flucht
Alfred Bekker: Killer ohne Gnade
Diese Sammlung enthält einen langen und 11 kurze Krimis.
Als beim Dreh eines Action Movies der Star eine echte Kugel abbekommt, beginnen die Ermittlungen von Jesse Trevellian und seinem Team - denn es handelte sich nicht um einen Unfall, wie sich schnell herausstellt.
Ein Action Star, der tief in die Machenschaften des organisierten Verbrechens verstrickt ist, gegen die er in seinen Filmen immer kämpfte und ein Machtkampf innerhalb der Unterwelt - damit hat es Trevellian in diesem Fall zu tun. Und schon bald steht er ebenfalls auf der Abschussliste der Syndikate...
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER STEVE MAYER
© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Tony Jackson jagte mit dem gestohlenen Ford den Highway hinunter und blickte zufrieden in den Rückspiegel.
Nirgends ein Polizeiwagen!
Wenn das kein gutes Zeichen war...
Tony pfiff vergnügt durch die Zähne. Für den Bruchteil einer Sekunde ging der Blick seitwärts, dorthin, wo die neongelbe Sporttasche mit der Aufschrift FUN auf dem Beifahrersitz lag. Mindestens hunderttausend in kleinen Scheinen befanden sich in der Tasche. Den Geldboten des Supermarktes zu überfallen war ein wahres Kinderspiel gewesen. So leicht, wie noch kein Coup zuvor...
Tony hatte dem Mann die täuschend echt wirkende Spielzeugpistole unter die Nase gehalten, woraufhin der Geldbote ihm die Tageseinnahmen bereitwillig herausgerückt hatte.
Schließlich gehörte es dem Boten ja nicht persönlich und so wichtig wie sein Leben war es ihm auf keinen Fall.
Blitzschnell war alles gegangen. Tony hatte dem Boten sogar noch dessen echte Waffe abnehmen können. Die würde auf dem schwarzen Markt sicher auch noch einmal gutes Geld bringen. Oder er benutzte sie für seinen nächsten Coup. Aber nach der heutigen Beute konnte er damit ersteinmal eine Weile warten...
Fürs erste hatte er Geld genug.
Tony stellte das Radio an und sang laut mit, als ein schmalziger Schlager über den Äther geträllert wurde. Dazu trommelte er vergnügt mit den Fingern auf dem Lenkrad herum.
Dann tauchte in der Nähe Harrys Drugstore auf, wo es den besten Kaffee weit und breit gab. Warum nicht? dachte Tony sich. Eine kleine Pause hast du dir verdient! Und so bog er ab, parkte den Ford in der Nähe des Drugstores, nahm dann die Sporttasche an sich und ging in das Gebäude hinein. Er war hier schon öfter gewesen und so kannte er auch Harry, den Besitzer.
"Einen Kaffee!" rief Tony Jackson und ließ die Tasche auf den Nebensitz klatschen.
"Sofort!" rief Harry, ein dicklicher Mann mit kräftigen Armen.
"Und einen Hamburger, vorausgesetzt, sie sind noch so gut,wie beim letzten Mal!"
"Was ist los, Tony?" fragte Harry. "Du grinst ja über das ganze Gesicht!
Hast du im Lotto gewonnen?"
Tony Jackson lachte und schüttelte dann den Kopf. "Knapp daneben getippt!"
meinte er. Harry brachte den Kaffee und meinte dann: "Ich habe keine Brötchen mehr hier!"
"Naja, macht ja nichts..."
Während Harry davonging, kamen drei Männer in den Drugstore. Tony zuckte zusammen. Sein Griff ging instinktiv zur Geldtasche, aber da waren die drei Kerle schon heran.
"Hallo, Tony!" meinte einer von ihnen, der eine Baseballmütze trug. "Es war nicht sehr nett von dir, daß du uns bei deinem neuesten Coup nicht eingeweiht hast..."
"Was für ein Coup, Jim?" versuchte es Tony auf die scheindumme Tour.
Jim kniff die Augen zusammen. "Tu nicht so! Du hast schon seit Tagen etwas vorbereitet und heute war es soweit! Der Geldbote vom Supermarkt, nicht wahr?"
"Woher...?"
"Es kam schon im Radio, Tony. Und da haben wir uns gedacht, daß du es warst." Jim zuckte die Achseln. "Außerdem kennen wir deine Gewohnheiten. Und so haben wir dich hier aufgetrieben!"
"Laß doch mal sehen, was er in der Tasche hat!" meinte einer der anderen.
Jim griff hin, während Tony ihn abzuwehren versuchte. Ein Kinnhaken ließ Tony in sich zusammensinken. Wie durch einen Nebel sah er, wie Jim die Geldtasche öffnete und eines der Dollarbündel herausnahm. "Sieh an, sieh an!"
rief einer seiner Kumpane. "Und davon wollte er uns sicher nichts abgeben!"
Tony wollte sich auf Jim stürzen, aber der hatte indessen die Pistole des Geldboten gefunden, die ebenfalls in der Tasche war. Er richtete sie auf Tony. "Schön ruhig!" zischte Jim.
Und dann zogen die drei davon. Mit Tonys Geldtasche.
"Ich rufe die Polizei!" rief Harry, der alles mitangesehen hatte.
Allerdings stand er hinter dem Tresen und hatte sicher nicht genau verstehen können, worum es eigentlich gegangen war. Und das war auch gut so.
Tony schüttelte den Kopf. "Laß nur!" knirschte er mißmutig hervor. "In der Tasche war nichts Wertvolles. Es lohnt den Aufwand nicht. Und wahrscheinlich wird man die Kerle doch nie kriegen!"
Harry, der schon den Telefonhörer abgenommen hatte, hängte ihn schulterzuckend wieder ein.
"Du mußt es ja wissen", murmelte er und schütttelte dann verständnislos den Kopf. Tony Jacksons Laune verbesserte sich erst wieder, als er am nächsten Morgen die Zeitung aufschlug. Der Überfall auf den Geldboten war die Titelgeschichte. "Die Ringfahndung der Polizei hatte Erfolg", so stand da zu lesen. "Der Polizei gingen bei einer Straßenkontrolle drei Männer ins Netz, die mit der Beute zu fliehen versuchten. Der Überfallene Geldbote hatte ausgesagt, daß es nur ein maskierter Täter gewesen sei, aber Staatsanwalt McKinley nimmt an, daß die beiden anderen Festgenommenen ebenfalls mit der Sache zu tun haben."
"Der wegen Raubmordes verurteilte John Craig, der vor drei Tagen aus dem Hochsicherheitstrakt des Staatsgefängnisses ausgebrochen ist, befindet sich noch immer auf freiem Fuß. Craig gilt als sehr gefährlich. Bei seiner Flucht, brachte er eine Schußwaffe an sich und verletzte einen Vollzugsbeamten schwer..." Craig schaltete das Autorradio aus. Er hatte keine Lust, zum fünften Mal seine Personenbeschreibung zu hören. Außerdem stimmte diese Beschreibung auch nicht mehr... Dafür hatte Craig nämlich gesorgt. Er war in ein Geschäft für Scherzartikel gegangen und hatte sich dort einige Utensilien besorgt, die aus einem Mann von Mitte dreißig einen Sechzigjährigen machten. Das Haar hatte er sich grau gefärbt und sich dazu einen passenden Bart angeklebt.
Entsprechende Runzeln und Falten waren ebenfalls kein sonderlich großes kosmetisches Problem gewesen. Nein, mit seinem Äußeren war John Craig recht zufrieden. Er hatte optisch kaum noch etwas mit dem Mann gemein, dessen Bild in den letzten Tagen die Zeitungen auf der ersten Seite geziert hatte. Sein Problem war, daß er keine Papiere besaß. Die erste Polizeikontrolle konnte für ihn schon Endstation sein, denn er hatte nichts vorzuweisen. Keinen Ausweis, keinen Führerschein und für den gestohlenen Wagen, den er fuhr natürlich auch keine Wagenpapiere. Aber auch das hatte Craig schon in die Wege geleitet...
Morgen! dachte Craig. Morgen geht meine Maschine nach Rio! Und dann können sie nach mir suchen, bis sie schwarz werden!
*
Craig parkte den Wagen in der Nähe eines etwas heruntergekommenen Second Hand-Ladens in der 42. Straße. Der Laden gehörte Tony Logan, einem alten bekannten von Craig. Als Craig den Laden betrat, blickte Logan auf. Er stand hinter dem Tresen, runzelte die Stirn und lächelte dünn. Es war kein Kunde im Laden, deshalb konnten sie offen sprechen. "Deine Maske ist wirklich nicht schlecht!" meinte Logan. "Hättest du mir nicht die entsprechenden Fotos für deine Papiere gegeben, ich hätte dich wohl kam erkannt!" Craig lächelte. "Dann wird es auch sonst niemand", war er überzeugt. "Nur mit deinem Gang mußt du noch etwas ma-chen!" meinte Logan. "Wenn du als Großvater durchgehen willst, kannst du nicht so durch die Gegend hüpfen!" Craig zuckte die Achseln. "Ich versuche immer dran zu denken!" Dann beugte er sich etwas vor. Sein Tonfall wurde ernster.
"Sind die Papierefertig?" Logan nickte. "Ja." Er seufzte, griff in eine Schublade hinter dem Tresen und legte alles auf den Tisch. "Fast hätte ich es schon bereut", meinte er."Du weißt, daß ich eigentlich schon lange aus dem Fälscher-Geschäft heraus bin..."-"Sicher", murmelte Craig, der die Papiere kurz begutachtete und sie dann einsteckte. Richard Evans, so lautete jetzt sein Name. "Ich tue es nur für dich, John! Weil du mir früher auch mal aus der Patsche geholfen hast!" Craig nickte. "Ich weiß das zu schätzen", sagte er.
Dann reichte er Logan die Hand. "Ich glaube nicht, daß wir uns noch mal wiedersehen, Tony!"
Die Nacht verbrachte Craig in einer billigen Absteige, in der niemand die Gäste besonders genau ansah. Telefonisch bestellte er sich ein Flugticket nach Rio. Aber er hatte Pech. Erst in zwei Tagen war ein Platz frei. Naja, dachte Craig. Diese Zeit werde ich auch noch herumbringen! In dem Wagen, den er gestohlen hatte, war eine Handtasche gewesen. Sie hatte in im Handschuhfach ge-legen. Das Portemonaie war gut gefüllt gewesen. Wenn er den Wagen jetzt noch-verkaufte, reichte es für den Flug nach Rio... Craig machte sich auf den Weg, um die Gebrauchtwagenhändler der Stadt abzuklappern. Irgendeiner würde ihm die Karre schon abnehmen. Schließlich waren die Papiere ja in Ordnung. Da-für hatte schließlich Tony Logan gesorgt. Craig war guter Laune. Aber das än-derte sich jäh, als er an einer Abzweigung plötzlich den Wagen vor sich sah.
Er stieg ins Bremspedal, aber es war zu spät.
*
"Sie geben also zu, daß Sie an dem Unfall Schuld sind, Mister..." - "Evans. Richard Evans", sagte Craig. "Ja, ich gebe es zu. Ich habe die Vorfahrt nicht beachtet. Es war mein Fehler." Der Polizist, der Craig gegebübersaß nickte und hackte mühsam auf seiner Schreibmaschine herum. "Sie haben getrunken, nicht wahr?" - "Ein paar Gläschen..." - "Der Alkohol-Test hat ergeben, daß es etwas mehr gewesen sein muß!" Craig zuckte die Achseln. "Ich bin einiges gewöhnt", meinte er. "Sie haben fahrlässig Ihre Umgebung gefährdet!" tadelte der Beamte. "Aber wenigstens scheinen Sie einsichtig zu sein." Craig machte ein möglichst reumütig wirkendes Gesicht. Dann fragte er: "Sie werden mich doch sicher nicht in Ihre Zelle stecken, oder?"
"Nein. Nur Ihren Führerschein werden wir einstweilen hierbehalten. Wann Sie ihn wiederbekommen, wird der Richter entscheiden. Hatten Sie schon mal ein Verfahren wegen Alkohol am Steuer?" - "Nein." Craig schüttelte den Kopf. Es war eine dumme Geschichte. Andererseits: Seine Maske schien perfekt. Der Beamte hatte nicht den geringsten Verdacht geschöpft - und bei ihm konnte man davon ausgehen, daß er sich Fahndungsfotos sehr genau ansah. "Hier. Eine Unterschrift fürs Protokoll. Dann sind Sie für heute fertig!"
Craig nickte, nahm das Papier, las sich es nichteinmal durch und machte seine krakeligen, flüchtigen Buchstaben. Dann reichte er es zurück. Doch als Craig sich dann erheben wollte, sah er plötzlich einen Polizeirevolver auf sich gerichtet. "Was soll das?" rief er. Der Beamte legte das Protokoll vor Craig auf den Tisch. Dieser blickte stirnrunzelnd auf das Papier, und dann sah es: Er hatte in der Eile mit John Craig unterschrieben.
Kurz-Krimi
Thomas Deming hatte eine Unmenge von Skulpturen und Gemälden geschaffen, von denen er in letzter Zeit auch einiges hatte verkaufen können.
Er war ein Künstler, aber es würde keine neuen Werke von seiner Hand mehr geben, denn jetzt lag er mit einer Kugel im Kopf ausgestreckt auf dem Teppichboden seines Apartments.
Inzwischen war der Raum voll von Kriminalbeamten, die alles nach Spuren absuchten.
"Wer hat uns gerufen? Waren Sie das?" Kommissar Gores wandte sich an einen Mann, der mit dem Toten eine verblüffende Ähnlichkeit hatte.
"Ja."
"Wer sind Sie?"
"Mein Name ist Felix Deming."
"Sind Sie ein Bruder des Toten?"
"Ja, sein Zwillingsbruder."
Gores nickte. "Ja, das ist unverkennbar. Aber ich nehme nicht an, daß Sie auch Maler sind, so wie Ihr Bruder..."
"Ich habe eine kleine Werbeagentur. Wenn Sie also so wollen, dann habe ich auch etwas mit Bildern zu tun.
Allerdings auf etwas andere Weise, als das bei meinem Bruder der Fall gewesen ist."
"Hm...", machte Gores. "Ich will Sie jetzt nicht unnötig lange belästigen, schließlich ist die Sache so schon schwer genug für Sie... Nur eine Frage: Gibt es noch irgendwelche Angehörigen?"
"Nein, keine."
"Und Freunde, Bekannte?"
"Das weiß ich nicht. Er hat eine Zeitlang mit einer Frau zusammengelebt, aber ich glaube, daß ist irgendwie auseinandergegangen... Ich kann Ihnen die Adresse aufschreiben, wenn Sie wollen..."
"Gut, tun Sie das, Herr Deming. Wenn Sie so gut sein würden und in den nächsten Tagen zu uns aufs Revier kommen, damit wir ihre Aussage zu Protokoll nehmen können, ja?"
"Selbstverständlich."
"Gut."
"Können Sie schon etwas sagen, was passiert ist?"
"Tja, es sieht nach Selbstmord aus, Herr Deming. Hier, wir haben einen Abschiedsbrief gefunden. Schauen Sie mal, ist das die Schrift Ihres Bruders?"
"Ich weiß nicht genau, aber... Doch, ich denke schon!"
"Naja, wir werden das noch genau überprüfen."
*
Einen Tag später kam Deming zu Gores auf das Polizeirevier und machte seine Aussage. Deming dachte, die Angelegenheit sei für ihn damit mehr oder weniger erledigt. Doch da sollte er sich getäuscht haben.
Es dauerte fast eine Wochen, bis Kommissar Gores wieder bei ihm auftauchte.
"Ah, Sie sind es, Kommissar. Haben Sie Ihre Ermittlungen abgeschlossen?"
"Ja, annähernd."
Deming führte den Kriminalbeamten in sein Wohnzimmer und fragte sich insgeheim, was dieser wohl noch von ihm wollte.
Der Fall lag doch klar auf der Hand.
Sie setzten sich.
Deming machte eine hilflose Geste.
"Ich verstehe nicht, wie mein Bruder sich umbringen konnte.
Gerade jetzt, wo er den künsterischen Durchbruch endlich geschafft hatte und er mit seinen Bildern Geld machen konnte.
Es lief in letzter Zeit doch alles so hervorragend für ihn...
In der Kunstszene war er bereits soetwas wie ein Star während ihm noch vor ein paar Jahren mniemand seine Sachen abnehmen wollte."
"Es war kein Selbstmord!" erklärte Gores sachlich.
"Aber... Sie haben mir doch den Abschiedsbrief gezeigt!"
"Richtig. Und das Merkwürdige ist, daß er auch von Ihrem Bruder geschrieben wurde!"
"Na, also!"
"Aber ebenso fest steht auch, daß er aus mehreren Metern Entfernung erschossen wurde! An der Wunde waren keinerlei Pulverspuren. Ihr Bruder müßte schon sehr lange Arme gehabt haben, wenn wir dabei bleiben wollten, daß er sich die Waffe selbst an den Kopf gesetzt hat..."
Deming zuckte mit den Schultern.
"Das hieße...Mord! Es fällt mir schwer, das zu glauben!"
"Sagen Sie, Sie sind doch der Erbe Ihres Bruders, nicht wahr? Ich meine, als einziger Angehöriger... "
"Ja, das stimmt."
"Das bedeutet, daß Sie ein reicher Mann sein werden, Herr Deming. Die Bilder Ihres Bruders werden im Wert um ein Vielfaches steigen. Das ist meistens so, wenn ein Künstler stirbt..."
Deming nickte.
"Ja, das ist wahr! Sie sind bereits gestiegen." Er zuckte mit den Schultern. "So ist das leider: Die Künstler kommen meistens erst in den vollen Genuß ihres Ruhmes, wenn Sie bereits tot sind..."
"Thomas Deming hatte hohe Schulden, nicht wahr? Trotz der Tatsache, daß er seine Bilder in letzter Zeit einigermaßen verkaufen konnte."
"Ja, das ist leider richtig. Er konnte nicht mit Geld umgehen..."
"Aber Sie können das, ja?"
Da war ein Unterton in der Stimme des Kommissars, der Deming nicht gefiel.
"Wie war übrigens Ihr Verhältnis zu Ihrem Bruder, Herr Deming?"
"Nun, wir hatten nicht viel miteinander zu tun..."
"Sie und Ihr Bruder sind eineiige Zwillinge, nicht war?"
"Ja, das ist richtig."
"Das heißt, Sie beide gleichen sich, gewissermaßen wie ein Ei dem anderen."
"Worauf wollen Sie hinaus, Kommissar?"
Gores holte zwei Papierbögen hervor.
"Sehen Sie sich dies an, Herr Deming: Das eine ist Ihre Aussage, die Sie bei uns auf dem Präsidium gemacht haben, das andere eine Kopie des Abschiedsbriefes von Thomas Deming."
Felix Deming sah auf die Papiere und zuckte mit den Schultern. "Ich verstehe nicht!"
"Sehen Sie sich die Unterschrift an! Richten Sie Ihr Augenmerk auf den Nachnamen: Deming. Die Unterschriften gleichen sich ebenfalls wie ein Ei dem anderen!
Bei Zwillingen ist vieles gleich, aber ich habe noch nicht gehört, daß das auch für die Handschrift gilt."
Deming schluckte und Gores fuhr fort: "Sie sind Thomas Deming, der Künstler, nicht wahr? Sie haben Ihren Bruder umgebracht, und versucht, seine Identität anzunehmen. Auf diese Weise wollten Sie durch die Wertsteigerung Ihrer Bilder ein Vermögen machen..."
"Man hat uns hereingelegt!" schimpfte Herr Pohl, ein rüstig wirkender Rentner, während seine Frau den Tee einschenkte. Die beiden machten einen ziemlich ver-zweifelten Eindruck, aber Vogler, der Kreditberater der Bank, blieb hart.
"Tut mir leid, Herr Pohl. Die Bank kann da nichts machen. Sie sind auf einen Betrüger hereingefallen!" - "Wir werden unser Haus verlieren!" sagte Frau Pohl fast tonlos. Vogler zuckte mit den Achseln. "Die Gesellschaft, bei der Sie Ihr Geld angelegt haben, existiert nicht mehr. Die haben nur von den Anlegern das Geld eingesammelt und sich dann ins Ausland abgesetzt." - "Aber Sie haben uns diese Anlage doch empfohlen!"rief Herr Pohl empört.
"Ja, sicher... Unserer ersten Prüfung nach handelte es sich ja auch um ein seriöses Anlagebüro. Es gibt eben immer schwarze Schafe." - "Wir hätten doch nie die Hypothek auf unser Haus aufgenommen, wenn wir das geahnt hätten!"
weinte Frau Pohl. Vogler blickte auf. "Tut mir leid", sagte er.
"Und wenn Sie die Frist etwas strecken? Dann könnten wir die Sache von meiner Rente abstottern!" schlug Pohl vor. Vogler schüttelte energisch den Kopf.
"Darauf kann ich mich unmöglich einlassen. Der 30. steht als Rückzahltag im Vertrag." Er machte eine hilflose Geste. "Ich habe Verständnis für Ihre Lage, aber ich muß in diesem Fall auch die Interessen der Bank wahren muß..."
Am nächsten Tag hatten die beiden Alten Besuch von ihrem Neffen, der bei der Bank arbeitete und den sie deshalb als Fachmann ansahen. "Was sollen wir nur tun, Kurt! Wenn wir bis zum 30. nicht bezahlt haben, wird man eine Zwangsversteigerung durchführen!"rief Frau Pohl sehr verzweifelt.
"Ich habe euch von Anfang an gewarnt!" gab Kurt zurück. "Aber ihr wolltet ja nicht auf mich hören!" - "Ja, jetzt sind wir auch schlauer!"brummte Herr Pohl.
"Wenn jemand eine so hohe Rendite verspricht, muß man hellhörig werden!"
"Wir waren eben zu geldgierig!" gab Frau Pohl zu und hob die Hände. "Kurt, wir haben dreißig Jahre in diesem Haus gelebt! Kannst du dir vorstellen, was es für uns bedeutet, wenn wir hier heraus müssen!" Kurt nickte.
"Kurt ist mit seinem Bankerlatein wohl auch am Ende!" stellte Herr Pohl fest. "Was uns noch retten könnte, wäre wahrscheinlich nur noch ein Bankraub!"
Frau Pohl machte eine wegwerfende Handbewegung. "Das ist etwas für Jüngere!"
Es war der 29. Als der blaßgesichtige Vogler Herrn Pohl an diesem Tag vor seinem Schreibtisch auftauchen sah, runzelte er ein wenig die Stirn. Was wollte der noch hier? Einen letzten Rettungsversuch starten? Pohls Gesicht wirkte entschlossen, aber es würde ihm nichts nützen. Vogler atmete tief durch. Das Haus gehörte schon so gut wie der Bank - und vielleicht auch bald ihm selbst. Er suchte schon seit geraumer Zeit etwas in der Art,wie es die Pohls besaßen, allerdings ohne Erfolg. Und es war ja bekannt, daß Immobilien aus Zwangsversteigerungen oft besonders günstig waren... "Was kann ich für Sie tun?" fragte Vogler etwas gereizt und mit einem gezwungenen Lächeln.
"Sie für uns?" Pohl lachte. "Gar nichts!" Vogler stutzte. "Aber was wollen Sie dann von mir, wenn ich fragen darf?" - "Wir wollen unsere Schulden zurück-zahlen." Vogler lehnte sich zurück. "Da müssen Sie sich aber beeilen!"
Herr Pohl griff in die Innentasche seines Jacketts. Einen Augenblick später flatterte ein Scheck vor Vogler auf den Schreibtisch. "Damit dürfte die Sache erledigt sein!" sagte Herr Pohl dazu und lächelte triumphierend.
"Aber..." Vogler konnte es noch immer nicht fassen. "Woher, wenn ich fragen darf..." Er brach ab und Herr Pohl sagte: "Sie dürfen ruhig fragen. Wir haben in einem Gewinnspiel den Hauptpreis gewonnen!" - "Was Sie nicht sagen..." "Sie glauben mir nicht?" - "Doch, doch..." - "Ich hoffe, Sie sind zufrieden!"
Vogler blickte auf den Scheck und zog die Augenbrauen in die Höhe. "Natür-lich...", murmelte er, aber es war ihm anzusehen, daß er es lieber anders gehabt hätte. Wenig später befand sich Pohl wieder im Freien. Das Haus gehörte wieder ihm und seiner Frau. Manchmal geschehen eben doch noch Wunder, dachte er. Gestern war der Brief mit der freudigen Nachricht gekommen, daß sie den 1.Preis gewonnen hatten. Dazu ein Scheck. Nur eines war seltsam an der Sache.
Pohl und seine Frau hatten nie an einem Gewinnspiel teilgenommen...
*
Kurt wußte schon im Voraus, daß es Ärger geben würde. Und genau so kam es dann auch. 300 000 DM waren fälschlicherweise auf ein Konto im Ausland überwiesen worden. Inzwischen war das Geld abgehoben und der Kontoinhaber - eine Firma, die nur aus einem Postfach bestand - unbekannt verzogen. Der Direktor tobte. "Ich verstehe das nicht!" schimpfte er. "Wer immer auch dahintersteckt muß Zugang zu unseren Computern gehabt haben!" - "Sie meinen doch nicht etwa, daß jemand von uns mit dieser Sache zu tun hat!" empörte sich Vogler. Aber genau das meinte der Direktor. "Wahrscheinlich werden wir das Geld nicht wieder-sehen...", knirrschte er resigniert. Ja, dachte Kurt. Und wahrscheinlich wird man auch nie herausfinden, was genau dort schiefgelaufen war. Die Direktion würde verschärfte Sicherheitsmaßnahmen anordnen, aber nach einiger Zeit war die Sache sicher im Sande verlaufen. Kurt lächelte. Er hatte die Sache perfekt eingefädelt. Ein Bankraub! Genau das war die Lösung gewesen. Aber nicht auf die altmodische Weise mit Pistole und Strumpfmaske!
Manchmal verstand ich meinen Onkel Wally einfach nicht.
„Schön und gut, Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Aber warum suchen wir uns nicht einfach ein paar fette Brieftaschen heraus und verschwinden dann, um noch woanders abzusahnen?“ wollte ich wissen. „Wäre das nicht besser, als den ganzen Tag mal hier zehn Dollar, mal dort zwanzig, und dabei ständig Angst haben zu müssen, ertappt zu werden? Wenn die hier doch die Bullen rufen, Wally, sitzen wir in diesem dämlichen Supermarkt fest wie zwei Mäuse in der Falle.“
Wally Klepper warf mir einen abschätzigen Blick zu. Dann lehnte er sich lässig an ein Regal zwischen Haarwuchsmittel und Rasiercreme und sagte fürs erste nichts. Vielleicht war es gar nicht so einfach, seinen arbeitslosen Neffen zum Greifer auszubilden.
„Steuben-Supermarkt bietet auf zwei Etagen auf 4200 Quadratmeter etwa 186 Tausend verschiedene Artikel an“, dozierte er, „zu Tiefstpreisen, wie sie in ganz Kalifornien nirgendwo anders mehr angeboten werden. Die Steuben-Leute locken damit stündlich etwas über tausend Käufer an. Jeder fünfte davon, also täglich Zweitausend, platziert seine Geldbörse so, dass sie für uns leicht sichtbar ist und auch leicht zugänglich. Davon ist jeder Zweite so blöde und merkt nichts, wenn wir uns ein oder zwei Scheinchen davon herausnehmen. Multipliziert mit im Schnitt zwanzig Mäusen macht das für jeden für uns beiden pro Tag…“
Wahrscheinlich verstand sich Onkel Wally ebenso gut auf Marktanalysen wie Steubens Manager.
„Und die moralische Seite?“ erkundigte ich mich zaghaft, nachdem auch ich mich vergewissert hatte, dass niemand unsere kleine Fachsimpelei belauschte.
„Der Supermarkt zieht doch den Leuten das Geld aus der Tasche, nur eben nicht so wörtlich, wie wir es verstehen, Reiner.“
„Weiß Gott!“ meinte ich und griff unbemerkt in die Tasche eines Strohwitwers. Aber ich konnte Onkels Optimismus nicht so recht teilen. Für mich war es nur eine Frage der Zeit, bis sie uns ertappten.
Würden wir also ganze Börsen mitgehen lassen“, zog ich meine Schlussfolgerung aus seiner Lektion, „schlügen die Opfer sofort Alarm, und wir könnten draußen im Kalten weiterarbeiten?“
„Exakt!“ Wally strahlte übers ganze Gesicht. Ich wusste, dass ihm die Verwandtschaft über alles ging.
„Aber da wir die Dinger wieder zurückstecken, welches nervöse Huhn merkt schon an der Kasse bei all der Aufregung, die einem die heutigen Preise bescheren, dass ihm ein paar Scheine fehlen? Man könnte ja genauso gut zuhause weniger eingesteckt haben, oder?“
Eine aufgetakelte Biene steuerte ihr Wägelchen auf uns zu. Während Wally sie etwas ablenkte, indem er sie fragte, was nun besser sein, Hühnchen mit oder ohne Knochen in Tomatensauce, ertastete ich rasch ihre Börse im Einkaufskorb und machte sie um zwei Scheinchen leichter. Im Vorübergehen nickte ich ihr dankend zu. Aber natürlich fasste sie mein Lächeln falsch auf und erwiderte es in einer schamlos einladenden Art.
„Videoüberwachung gibt‘s bei Steuben nicht“, belehrte mich Onkel ein paar Opfer später. „Wer zu den Preisen hier einkauft, klaut doch schon, wenn er an der Kasse bezahlt. Nur vor dem Personal musst du dich in acht nehmen. Die haben für uns wenig Verständnis.“
Ich nahm zwei Dosen Tuborg aus dem Regal und warf sie in unser Alibi, den Einkaufswagen. Er füllte sich allmählich, doch unsere Manteltaschen platzten ebenfalls bald aus den Nähten vor lauter knisternden Dollarscheinen.
Gegen Mittag leerte sich der Markt etwas, und wir verschwanden in einer Mustertoilette in der Sanitätsabteilung, wo wir unsere bisherige Ausbeute zählten. Wir kamen zusammen auf über viertausend Dollars! Wahrscheinlich hatte Onkel Wally doch recht mit seiner Kleinvieh-Theorie.
Während Wally gerade eine alte Dame erleichterte, die mit ihrem für meine Begriffe etwas zu verzogenen Enkel beschäftigt war, betrachtete ich staunend die niederen Preise und fragte mich ernsthaft, wie die Steuben-Leute da noch etwas verdienen konnten.
In der Elektroabteilung machte ich Wally auf eine gefärbte Blondine aufmerksam. „Die mit dem Hängemantel…“
Er warf einen kurzen Blick auf die Dame. „Was hat sie genommen?“
„Einen Damenrasierapparat samt den zugehörigen Batterien. Und jetzt einen automatischen Lockenwickler. Anscheinend hat sie sich eine große Tasche ins Mantelfutter genäht.“
„Pass gut auf!“ raunte er mir ins Ohr, steuerte auf die Diebin zu und zeigte ihr kurz seinen Leseausweis der Stadtbibliothek.
„Hausdetektiv“, sagte er knapp. „Und dies ist der Assistent des Managers. Würden Sie bitte mit uns ins Büro kommen, Madame?“
Sie riss weit die Augen auf. „Können wir das nicht irgendwie regeln?“ gab sie alles kleinlaut zu. „Mein Mann darf nicht… Sie verstehen doch…?“
Unser Verständnis war ihr je einen Hunderter wert, und während sie ihre Beute wieder ins Regal zurückstellte, betrachtete ich ihre ‚Manteltasche‘ näher. So etwas würde meinem Trenchcoat gewiss auch stehen, dachte ich, als mir Onkels Grundsätze wieder einfielen. Dann eben nicht.
Den Nachmittag verbrachten wir draußen, wo wir auf dem Kundenparkplatz etwas frische Luft schnappten. Man sollte nicht glauben, wie viel Leute noch zusätzlich Bares in ihrem Handschuhfach aufbewahren…
Kurz vor Ladenschluss – ich hatte Wally gerade vorgeschlagen, allmählich aufzubrechen – gab es dann plötzlich vorne an den Kassen einen großen Tumult. Leute kreischten, Kinder weinten, und heisere Frauenschreie erstarrten in der stickigen Luft. Vorsichtig spähte ich zwischen Artischockengläsern und Senfgurken zu den Kassenschaltern, wo ich drei maskierte Gestalten ausmachen konnte. Flink eilten sie mit mehreren Plastiktüten von Kasse zu Kasse.
Um den Ernst ihrer Aktion zu demonstrieren, gaben sie Warnschüsse zur Decke hin ab, wo zwischen bunten Preisschildern die Aufschrift ‚Rabattmarken leider nur auf Bargeld!‘ prangte.
„Wetten, dass da kein einziger Scheck in den Kassenschubladen liegt, Wally? Die Steuben-Leute fordern einen solchen Coup doch geradezu heraus!“
Kopfschüttelnd packte ich ihn am Ärmel. „Los jetzt, Onkel, lass uns endlich das Weite suchen. Sind die Cops erst einmal hier, kommt da keiner mehr raus!“
Zuerst glaubte ich, mein Onkel sei auf der Suche nach einem Notausgang. Doch als er mich in einen Raum mit der Aufschrift ‚Nur für Personal‘ drängte, kamen erste Zweifel in mir auf.
Ich traute einfach meinen Augen nicht! Seelenruhig setzte er sich an einen Schreibtisch und häufte unsere Sore zu einem großen Berg an!
„Mensch Wally, Onkelchen“, rief ich aus. „Draußen wimmelt es nur so von Bullen, und du hast nichts besseres zu tun, als unsere Ausbeute zu zählen?!“
Ich war entsetzt.
Mein Entsetzen wollte nicht abbrechen, als ein hagerer Mann mit Hornbrille den Raum betrat und sich mir als ‚Mr. Marconi, Manager‘ vorstellte!
Ich versuchte, an ihm vorbei nach draußen zu gelangen, doch Wally schüttelte nur den Kopf und begann, unser sauer verdientes Bares in eine Liste einzutragen.
„Mein Neffe ist nicht ungelenk“, meinte er dann zu Marconi. „Sie sollten ihn auch einstellen. Das heißt, falls du Lust hast, Reiner.“ Er sah mich ebenso fragend an wie ich ihn fassungslos.
„Heißt das, du arbeitest hier als fest angestellter Taschendieb? Das gibt doch alles keinen Sinn!“
Mr. Marconi nickte freundlich.
„Aber natürlich“, versicherte er mir. „Ohne Leute wie Mr. Klepper könnten wir unsere Tiefstpreise auf Dauer niemals halten, ohne selbst drauf zu legen. Sogar der vierteljährliche inszenierte Kassenüberfall, wie Sie ihn heute sehen konnten, trägt zur Finanzierung unseres günstigen Warenangebotes bei. Schließlich sind wir ja versichert.
Man muss sich heute schon etwas einfallen lassen, will man mit den anderen Märkten konkurrieren können.“
„Und wenn Wally lieber in die eigene Tasche arbeiten möchte?“
Onkel lächelte nur. „Ich bekomme ja vollste Rückendeckung von der Direktion, jede Menge Urlaub, ein dreizehntes Monatsgehalt… Und nicht zuletzt mit der Zeit eine gewisse Loyalität zu meinem Arbeitgeber.“
Der Manager fügte hinzu: „Und die Aussicht auf Rente ist in diesen Zeiten auch nicht von Pappe, finden Sie nicht, Mr. Hornig?“
Als ich tags darauf im Büro meine Lohnsteuerkarte abgab, meinte Marconis Sekretärin höflich: „Hoffentlich gefällt es Ihnen, für Steuben Supermarkt zu arbeiten.“
Ich nickte nachdenklich. „Wissen Sie, obwohl ich weiß Gott kein Gegner dieser westlichen Wirtschaftsordnung bin, frage ich mich manchmal doch, wohin das alles noch führen soll…“
ENDE
„Wie bitte?“ Die ältere Dame hinter der Registrierkasse blickte die Kundin ungläubig an.
„Ich sagte“, wiederholte Judy mit festem Blick, „dass ich Ihnen einen Hunderter gegeben habe.“
„Sie müssen sich da täuschen, junge Dame!“ versuchte die Verkäuferin der kleinen Boutique in der Carnaby Street vorsichtig einzuwenden. „Es war lediglich eine Zehn-Pfund-Note. Der Schal kostete zwei achtundsechzig, und ich habe Ihnen korrekt sieben Pfund und zweiunddreißig Pence herausgegeben.“
Das blonde Mädchen schaute sich hilfesuchend um sich. „Ja, 7,32, das stimmt schon, das haben Sie mir herausgegeben. Aber ich gab Ihnen doch hundert Pfund, und nicht zehn. Hundert Pfund“, sagte sie noch einmal. Jetzt näherten sich, durch den sich anbahnenden Streit herbeigelockt, langsam ein junges Pärchen in mittleren Jahren dem Kassenbereich. Der Mann – ein hagerer Londoner mit borstigem Schnurrbart und selbstbewusstem Blick – erfasste die Situation sofort und wandte sich lächelnd an Judy.
„Mein Name ist Hastings“, stellte er sich vor. „Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Miss?“
„Judy. Judy Barnley. O ja, wissen Sie, ich bezahlte hier soeben mit einer 100-Pfund-Note, aber die Dame gab mir nur auf zehn Pfund heraus.“ Dabei deutete sie auf die Verkäuferin, die mittlerweile einen hochroten Kopf bekommen hatte.
„Das entspricht leider nicht ganz der Wahrheit, Sir. Es waren wirklich nur zehn Pfund. Es wäre mir doch bestimmt aufgefallen, wenn…“
„Und Sie sind sich da ganz sicher?“ unterbrach der Gentleman sie da.
„Absolut!“
„Und Sie, Miss?“ Der Schnurrbärtige blickte nun zu Judy.
„Ich ebenfalls, Sir! Oh, wo es doch fast mein ganzes Geld für diesen Monat war. Ich bin nämlich Studentin…“ Hastings nickte verständig. Dann wandte er sich wieder der Verkäuferin zu.
„Haben Sie überhaupt eine 100-Pfund-Note in Ihrer Kasse?“
„Ja sicher, sogar gleich mehrere. Heute ist doch Freitag, und da
kaufen schon sehr viele Leute bei uns ein. Sie sehen ja“, fügte sie erklärend hinzu, und wie auf ein Kommando drehten sich Judy und Hastings herum. Mittlerweile hatten sich noch einige weitere Kunden hinzugesellt und beobachteten jetzt neugierig den Disput.
Noch einmal versuchte die Angestellte zu schlichten. „Sehen Sie, Miss, Sie geben mir jetzt Ihre Adresse, und sollte ich heute Abend bei der Abrechnung neunzig Pfund zu viel in der Kasse haben,
werde ich Ihnen den Betrag umgehend zukommen lassen.“
„Ja, das ist ein guter Vorschlag, Miss Barnley, den sollten Sie ruhig annehmen“, meinte jetzt auch Hastings.
Doch Judy schüttelte den Kopf. „Nein, ich will mein Recht jetzt auf der Stelle. Bitte, holen Sie die Polizei!“
Die Verkäuferin erbleichte.
„Die Polizei? Aber was soll da nur meine Kundschaft denken?“
Der Schnurrbärtige griff nun zum zweiten Male ein. Er wandte sich an die Verkäuferin: „Lassen Sie die junge Dame doch einen Constable holen. Wenn Sie ein gutes Gewissen haben, können Sie dem Vorschlag doch zustimmen. Ich werde inzwischen“, und dabei blickte er Judy beruhigend in die Augen, „solange hierbleiben und ein Auge auf die Kasse behalten. Bitte, bedienen Sie die anderen Kunden ruhig weiter.“
Die Verkäuferin war jetzt völlig durcheinander. Handelte es sich hier etwa um den arrangierten Vorfall eines Betrügerpärchens? Schoss es ihr durch den Kopf. Sie bediente ihre Kundschaft nur mit halber Aufmerksamkeit und beobachtete dabei alle Ecken und Winkel.
Schon bald betrat, gefolgt von Judy, ein Constable den Laden und sorgte zunächst einmal für ein vorübergehendes Schließen des Ladens. Dann bat er alle drei beteiligten Personen um eine möglichst korrekte Schilderung des Falles.
Bald fiel auch schon die entscheidende Frage: „Können Sie beweisen, Miss, dass es eine 100-Pfund-Note war?“
Judy bejahte eifrig. „Jetzt fällt mir in der ganzen Aufregung wieder ein, dass ich ja von jedem größeren Schein die Nummer notiere, für den Fall, dass es einmal zu einem Irrtum kommen sollte
Ich habe dafür extra einen kleinen Bleistift in meinem Portemonnaie.“
Der Constable nickte beifällig.
„Sehr vernünftig, Miss. Und wie lautet also die Nummer des von Ihnen ausgegebenen Scheines?“
„Das kann ich ganz genau sagen, da es der einzige Schein war, den ich momentan bei mir trug.“
Judy öffnete ihre mit Perlen besetzte Börse und brachte ein kleines Zettelchen zutage.
„B 23 38 80 04 77“, las sie vor.
Der Constable wandte sich daraufhin an Hastings: „Und Sie, Sir, haben die Kasse während der Abwesenheit der jungen Dame nicht aus den Augen gelassen?“
Dieser verneinte. „Und die Verkäuferin hat in dieser Zeit auch keine 100-Pfund-Note herausgegeben?“
„Nun“, meinte der Uniformierte, „falls die Junge Dame recht hat, muss sich die Banknote mit der betreffenden Seriennummer ja noch in der Registrierkasse befinden. Darf ich Sie jetzt bitten; Madame, Ihre Kasse zu öffnen und mir alle 1000-Pfund-Noten auszuhändigen?“
Die Verkäuferin kam dieser Aufforderung nur zögernd nach. Und wenn nun der Constable kein echter war, sondern mit zu den eventuellen Trickdieben gehörte? Was, wenn er alle 100-Pfund-Noten ‚beschlagnahmen‘ wollte?
Kurz darauf fischte der Constable aus einem kleinen Geldbündel triumphierend eine Note heraus und hielt sie gegen das Licht. Mit unbewegter Miene verkündete er: „B 23 38 80 04 77!
Damit wäre der Fall nun geklärt. Aber ich bin sicher, dass es sich um einen ungewohnten Irrtum handelt – etwas, was hin und wieder eben einmal vorkommen kann. Ich glaube, wir sollten die Sache damit auf sich beruhen lassen.“
Judy nickte froh. „Ja, sicher. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt den Verdacht, dass man mich absichtlich betrügen wollte!“
„Dann muss ich mich wohl doch geirrt haben“, meinte die Verkäuferin resigniert, „wenngleich ich…“ Als sie den festen Blick des Gesetzeshüters auf sich spürte, zuckte sie nur ergeben mit den Schultern und entschuldigte sich vielmals bei der jungen Kundin.
Zwei Minuten später stand Judy in einer roten Telefonzelle, wählte die Nummer einer anderen Fernsprechbox, wartete, bis sich ihr Teilnehmer meldete, warf dann ein Fünf-Pence-Stück ein und schirmte die Muschel des Hörers mit der Hand gegen den heftigen Verkehrslärm draußen ab.
„Hallo Jenny! Bist Du‘s? Klar hat es wunderbar geklappt. Diesmal waren die furchtbar misstrauisch , und ich musste sogar einen Bobby holen. Aber der war schön doof und checkte überhaupt nichts. Jetzt bist Du wieder an der Reihe! Wie wär‘s mit der Westminster-Apotheke? Die ist in der Toss Road. So in ‘ner Viertelstunde werde ich dort gewesen sein, dann kannst du aufkreuzen, ja?
Wieder Hundert Pfund diesmal. Und beeil dich, dass der Lappen nicht vorher wieder weg ist. Heute ist überall großer Andrang.
Pass auf, die Nummer des Scheines ist A 44 62 23 01 01. Hast Du‘s? Und ein Kaffeefleck ist auch auf dem Wasserzeichen. Bis dann also. Bye, bye!“
ENDE
Eigentlich schon solange sie zurückdenken konnten, fuhren Al und Doug Nachtstreife durch Bailer City. Sie liebten es, ein wachsames Auge auf die friedlich schlafende Stadt zu werfen, obwohl sie, wenn sie ehrlich waren, sich nichts Langweiligeres hätten vorstellen können als eben ihre Nachtstreife.