8,99 €
Ein gesellschaftlicher Skandal, eine unbezwingbare Leidenschaft, eine mitreißende Liebesgeschichte
Catherine Marks verdient sich ihren Lebensunterhalt damit, den Hathaway-Schwestern die komplizierten Regeln der High Society beizubringen. Ein lukrativer und höchst angenehmer Job, wäre da nicht Leo Hathaway, dessen ungehörige Bemerkungen Catherine immer wieder aus dem Konzept bringen. Eigentlich ist sie der Meinung, dass Leo sie nicht ausstehen kann – bis er sie plötzlich küsst. Catherine verliert völlig ihren Kopf. Und bald auch ihr Herz ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 474
Das Buch
Catherine Marks, auf den ersten Blick unscheinbar, verschlossen und Männern gegenüber misstrauisch, ist die geborene Gouvernante – und gehört ganz sicher nicht zu den Frauen, für die sich ihr attraktiver Arbeitgeber Leo Hathaway normalerweise interessiert. Umso erstaunlicher, dass sich der notorische Herzensbrecher zu der für ihn äußerst geheimnisvollen Catherine hingezogen fühlt. Auf hitzige, kleine Wortgefechte folgt der erste Kuss – und damit fangen die Probleme erst an. Denn Leo wird von seiner Familie zur längst überfälligen standesgemäßen Heirat gedrängt. Und Catherine wird von einem dunklen Schatten aus der Vergangenheit verfolgt ...
Die Autorin
Lisa Kleypas ist eine Meisterin ihres Fachs: Mit ihren zahlreichen historischen Liebesromanen nimmt sie nicht nur die Herzen ihrer Leserinnen für sich ein, sondern auch die internationalen Bestsellerlisten. Die Autorin schreibt und lebt mit ihrer Familie in Washington State.
Lieferbare Titel
978-3-453-77258-8 – Pfand der Leidenschaft
978-3-453-77259-5 – Glut der Verheißung
978-3-453-77267-0 – Zärtlicher Nachtwind
Lisa Kleypas
Kuss im Morgenrot
Roman
Aus dem Englischen
von Nadine Mutz
WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN
Das Original MARRIED BY MORNING erschien bei St. Martin’s Paperbacks, New York
Vollständige deutsche Erstausgabe 09/2012
Copyright © 2010 by Lisa Kleypas
Copyright © 2012 der deutschen Ausgabe
by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der
Verlagsgruppe Random House GmbH
Umschlagillustration: © Franco Accornero, via Agentur Schlück GmbH
Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München
Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin
ISBN: 978-3-641-59202-8
www.heyne.de
Für meine teure, schöne, kluge Connie –
weil eine gute Freundin preiswerter ist als jede Therapie.
In ewiger Liebe
L.K.
Erstes Kapitel
Hampshire, England
August 1852
Jeder, der schon einmal einen Roman gelesen hatte, wusste, dass von einer Gouvernante Bescheidenheit und Zurückhaltung erwartet wurde. Sie hatte still, unterwürfig und gehorsam zu sein, um nicht zu sagen respektvoll gegenüber ihrem Hausherrn. Leo, Lord Ramsay, fragte sich immer wieder erbittert, warum sie sich nicht einfach eine solche gesucht hatten. Stattdessen hatte die Hathaway-Familie Catherine Marks angestellt, die nach Leos Meinung ein schlechtes Licht auf den gesamten Berufsstand warf.
Es war nicht so, dass Leo an Marks’ Fähigkeiten etwas auszusetzen hatte. Sie hatte hervorragende Arbeit geleistet und seine zwei jüngsten Schwestern Poppy und Beatrix in den Feinheiten der gesellschaftlichen Etikette unterrichtet. Und sie hatten die Hilfe wirklich dringend nötig gehabt, denn keiner der Hathaways hatte jemals damit gerechnet, in den höheren Kreisen der britischen Gesellschaft zu verkehren. Sie waren in einer reinen Mittelklasse-Umgebung in einem Dorf westlich von London aufgewachsen. Ihr Vater Edward Hathaway war ein Kenner des Mittelalters gewesen und galt als ein Mann aus gutem Hause, aber wohl kaum als Aristokrat.
Doch nach einer Reihe unvorhersehbarer Ereignisse hatte Leo den Titel des Lord Ramsay geerbt. Obwohl er Architektur studiert hatte, war er jetzt Viscount und für Ländereien und Pächter verantwortlich. Die Hathaways waren auf Gut Ramsay nach Hampshire gezogen, wo sie sich mit großer Anstrengung den Anforderungen ihres neuen Lebens gestellt hatten.
Eine der größten Herausforderungen für die Hathaway-Schwestern hatte darin bestanden, die Fülle von gesellschaftlichen Regeln und Umgangsformen zu erlernen, die man von den privilegierten jungen Damen erwartete. Hätten sie nicht Catherine Marks´ geduldige Unterweisungen genossen, wären die Hathaways wohl durch London gepoltert wie Elefanten durch einen Porzellanladen. Marks hatte bei jeder von ihnen wahre Wunder bewirkt, vor allem bei Beatrix, zweifellos das exzentrischste Mitglied einer an sich schon exzentrischen Familie. Obwohl Beatrix nach wie vor am liebsten wie ein wildes Tier durch Wiesen und Wälder tollte, hatte Marks ihr doch erfolgreich vermitteln können, dass im Ballsaal ein anderes Benehmen angebracht war. Sie hatte sich sogar die Mühe gemacht, eine ganze Reihe von Anstandsgedichten für die Mädchen zu schreiben, darunter echte Glanzstücke wie:
Gefragt sind Beherrschung und gute Manieren
Wenn Damen mit fremden Herrn konversieren
Denn Tändeleien, Zank und Klagen
Könnten den guten Ruf zerschlagen.
Leo hatte natürlich nicht widerstehen können, sich über Marks’ dichterische Fähigkeiten lustig zu machen, aber insgeheim musste er zugeben, dass ihre Methoden erfolgreich waren. Poppy und Beatrix waren glimpflich durch die letzte Londoner Saison gekommen. Und Poppy hatte einen Hotelier namens Harry Rutledge geheiratet.
Von den Hathaway-Schwestern war jetzt nur noch Beatrix übrig. Marks hatte die Aufgabe der Anstandsdame und Begleiterin der lebhaften Neunzehnjährigen übernommen. Für die anderen Hathaways zählte Catherine Marks längst zur Familie.
Leo für seinen Teil konnte diese Frau nicht ausstehen. Sie äußerte nach Lust und Laune ihre Ansichten und wagte es sogar, ihm Anweisungen zu geben. Und wenn Leo einmal versuchte freundlich zu ihr zu sein, was selten genug vorkam, schnauzte sie ihn an oder wandte sich verächtlich ab. Wenn er eine absolut vernünftige Meinung vorbringen wollte, ließ sie ihn erst gar nicht ausreden, sondern zählte bereits all die Gründe auf, weshalb er wieder einmal nicht recht hatte.
Angesichts ihrer uneingeschränkten Antipathie konnte er nicht anders, als ihr in gleicher Weise zu begegnen. Ein ganzes Jahr lang hatte er sich eingeredet, dass ihm ihre Verachtung nichts ausmachte. Schließlich gab es in London haufenweise Frauen, die tausendmal schöner, reizender und verlockender waren als Catherine Marks.
Wenn sie nur nicht so schrecklich faszinierend wäre!
Vielleicht lag es an ihren eifrig gehüteten Geheimnissen. Marks hatte noch nie über ihre Kindheit oder Familie gesprochen, geschweige denn ein Wort darüber verloren, warum sie bei den Hathaways in Stellung gegangen war. Zuvor hatte sie kurze Zeit an einer Mädchenschule unterrichtet, aber auch darüber redete sie nie. Ehemalige Schüler von ihr hatten das Gerücht in Umlauf gebracht, dass sie ein schlechtes Verhältnis zur Schulleiterin gehabt habe, andere behaupteten, sie sei ein gefallenes Mädchen und der Statusverlust habe sie gezwungen, in Anstellung zu gehen.
Marks war so selbstgenügsam und unerschütterlich, dass man leicht vergessen konnte, dass sie selbst noch eine junge Frau in ihren frühen Zwanzigern war. Als Leo ihr zum ersten Mal begegnet war, war sie der Inbegriff einer vertrockneten alten Jungfer, mit ihrer Brille, dem mürrischen Gesicht und verkniffenen Mund. Ihr Rückgrat war so unbeugsam wie ein Schürhaken, und ihr allzu streng zurückgestecktes Haar hatte die triste braune Farbe einer Apfelmotte. Ungeachtet des Protests seiner Familie, hatte Leo ihr den Spitznamen »Sensenfrau« gegeben.
Doch das letzte Jahr hatte eine erstaunliche Veränderung in ihr hervorgerufen. Ihre Erscheinung war insgesamt gesünder, sie war immer noch schmal, aber nicht mehr so streichholzdünn wie zuvor, und ihre Wangen hatten wieder Farbe bekommen. Und vor etwa anderthalb Wochen, als Leo gerade aus London zurückgekehrt war, hatte er nicht schlecht gestaunt, als Marks plötzlich mit goldenen Locken vor ihm gestanden hatte. Offenbar hatte sie ihr Haar jahrelang gefärbt, und erst auf einen Fehler des Apothekers hin, der ihr das Färbemittel zusammenmischte, war sie gezwungen gewesen, die Maske fallen zu lassen. Und während die braunen Locken im Kontrast zu den zarten Zügen und der blassen Haut viel zu hart wirkten, sah ihr natürliches Blond umwerfend aus.
Dieser Umstand stellte Leo nun vor das Problem, dass Catherine Marks, seine Todfeindin, eine wahre Schönheit war. Dabei war es nicht einmal die neue Haarfarbe selbst, die ihre Erscheinung so sehr veränderte … es lag eher an ihrem ganz offensichtlichen Unbehagen darüber. Sie fühlte sich schutzlos und ließ es sich anmerken. Was den Effekt hatte, dass Leo sie am liebsten auch noch von allen anderen Schichten befreit hätte, und zwar wörtlich und ganz und gar physisch. Er wollte sie erkennen.
Leo hatte versucht, ein wenig auf Abstand zu gehen, während er über die Konsequenzen seiner Entdeckung nachdachte. Die Reaktion seiner Familie, die Marks neuem Erscheinungsbild mit einem gemeinschaftlichen Schulterzucken begegnete, verwirrte ihn. Warum war keiner der anderen auch nur ein bisschen so neugierig wie er? Warum hatte sich Marks über einen so langen Zeitraum bewusst unattraktiv gemacht? Wovor zum Teufel wollte sie sich verstecken?
An einem sonnigen Nachmittag in Hampshire, nachdem er sich vergewissert hatte, dass der Großteil der Familie anderweitig beschäftigt war, machte er sich auf die Suche nach Marks. Wenn er sie unter vier Augen damit konfrontierte, so glaubte er, würde er schon ein paar Antworten von ihr bekommen. Er fand sie draußen in einem durch Hecken geschützten Blumengärtchen am Rande des Kieswegs auf einer Bank sitzend.
Sie war nicht allein.
Leo blieb etwa zwanzig Meter entfernt im Schutz einer dicht gewachsenen Eibe stehen.
Marks saß neben Poppys frisch gebackenem Ehemann Harry Rutledge. Sie waren augenscheinlich in eine vertrauliche Unterhaltung vertieft.
Obwohl die Situation nicht unbedingt verfänglich war, so war sie auch nicht gänzlich angemessen.
Was in Gottes Namen hatten die beiden da zu besprechen? Selbst von dem fernen Aussichtspunkt war nicht zu übersehen, dass es sich um etwas Wichtiges handelte. Harry Rutledges dunkler Schopf neigte sich beschützend über sie. Wie ein enger Freund. Wie ein Liebhaber.
Leo blieb der Mund offen stehen, als er sah, wie sich Marks mit ihrer zarten Hand unter die Brillengläser fuhr, als wollte sie sich eine Träne fortwischen.
Marks weinte, und das in Gesellschaft von Harry Rutledge.
Und dann küsste Rutledge sie auf die Stirn.
Leo hielt den Atem an. Er verharrte reglos, während eine sonderbare Mischung von Gefühlen über ihn hereinbrach. Als es ihm gelang, das Knäuel zu entwirren, waren da Erstaunen, Sorge, Misstrauen, Wut.
Sie hatten etwas zu verbergen. Sie heckten etwas aus.
Hatte Rutledge sie sich einst als Mätresse gehalten? Erpresste er sie, oder wollte sie etwas von ihm erzwingen? Nein … die aufrichtige Zärtlichkeit zwischen den beiden war selbst auf die Entfernung deutlich zu erkennen.
Leo rieb sich das Kinn, während er darüber nachgrübelte, was zu tun war. Poppys Glück stand über allem, so viel war klar. Bevor er sich also auf den frisch gebackenen Ehemann seiner Schwester stürzen und ihn zu Brei schlagen würde, musste er herausfinden, was genau vor sich ging. Dann erst, und wenn die Umstände es rechtfertigten, würde er Rutledge zu Brei schlagen.
Ihm gelang es, seinen Atem zu regulieren, während er die beiden beobachtete. Rutledge stand auf und ging zum Haus zurück. Und Marks blieb auf der Bank sitzen.
Ohne dass er sich bewusst dazu entschlossen hatte, ging er langsam auf sie zu. Er war sich nicht sicher, wie er sich ihr gegenüber verhalten oder was er zu ihr sagen würde. Das hing ganz davon ab, welche Gefühlswallung in dem Moment, in dem er vor ihr stand, am stärksten zutage trat. Es war durchaus möglich, dass er ihr an die Gurgel springen würde. Gleichermaßen wahrscheinlich war es, dass er sie auf den sonnenwarmen Grasboden niederreißen und sie an Ort und Stelle nehmen würde. Er wurde von einem heißen, unerfreulichen Sturm von Gefühlen mitgerissen, der ihm völlig unbekannt war. War es Eifersucht? Gott, ja. Er war eifersüchtig, und das wegen eines mageren Hausdrachens, der ihn beschimpfte und an ihm herumnörgelte, wann immer sich die Gelegenheit dazu bot.
War das eine neue Form von Verderbtheit? Hatte er vielleicht eine Art Alte-Jungfer-Fetisch entwickelt?
Oder war es ihre Reserviertheit, die Leo so erotisch fand …? Er war schon immer von der Frage besessen gewesen, welcher Tricks es bedurfte, um sie aus der Reserve zu locken. Catherine Marks, seine gemeine Widersacherin, nackt und stöhnend unter ihm … Es gab nichts, das er sich mehr wünschte. Und das wiederum war nicht so sehr abwegig: Wenn eine Frau willig und leicht zu haben war, lag darin nicht die kleinste Herausforderung. Marks hingegen ins Bett zu kriegen und sie so lange zu quälen, bis sie um Gnade flehte … das wäre ein Spaß.
Leo näherte sich ihr gewollt lässig. Ihm entging nicht, wie sie sich bei seinem Anblick verkrampfte. Ihr Ausdruck wurde hart, ihr Mund verbissen. Sie schien wenig erfreut zu sein. Leo malte sich aus, wie er ihren Kopf in beide Hände nahm und sie für einige lange, lustvolle Minuten küsste, bis sie erschöpft und keuchend in seinen Armen lag.
Stattdessen stand er da, die Fäuste in den Manteltaschen geballt, und musterte sie ausdruckslos. »Was halten Sie davon, wenn Sie mir erklären würden, was das eben zu bedeuten hatte?«
Die Sonne spiegelte sich in ihren Brillengläsern und verdunkelte einen Moment lang ihre Augen. »Sie haben mir nachspioniert, Mylord?«
»Wohl kaum. Was interessiert es mich, was alte Jungfern in ihrer Freizeit tun? Aber wenn mein Schwager die Hauslehrerin küsst, und das am helllichten Tag und auf offener Flur, dann ist das sehr schwer zu übersehen.«
Man musste Marks ihre Beherrschung hoch anrechnen. Bis auf das leichte Zucken der Hände in ihrem Schoß zeigte sie keinerlei Reaktion. »Es war ein Kuss«, sagte sie. »Auf die Stirn.«
»Es tut nichts zur Sache, wie viele Küsse, und auch nicht, wo sie gelandet sind. Sie werden mir jetzt erklären, warum er Sie geküsst hat. Und vor allem, warum Sie es zugelassen haben. Und strengen Sie sich an, es glaubhaft zu machen, denn ich bin so nahe dran« – Leo gab mit Daumen und Zeigefinger einen Spielraum von einem knappen Zentimeter an – »Sie höchstpersönlich in die nächste Kutsche nach London zu setzen.«
»Ach, gehen Sie doch zum Teufel!«, sagte sie mit gedämpfter Stimme und sprang auf die Füße. Sie kam nicht weiter als ein paar Schritte, bis er sie von hinten packte. »Rühren Sie mich nicht an!«
Leo drehte sie zu sich herum. Seine Hände schlossen sich um ihre schlanken Oberarme. Durch den dünnen Musselin konnte er ihre warme Haut spüren. Der unschuldige Duft von Lavendelwasser stieg ihm in die Nase. An ihrem Halsansatz war ein Hauch von Talkumpuder zu erkennen. Der Geruch erinnerte Leo an ein frisch gemachtes Bett mit gestärkten Laken. Und oh, wie sehr er sich danach sehnte, in sie hineinzuschlüpfen!
»Sie haben zu viele Geheimnisse, Marks. Seit über einem Jahr sind Sie mir mit Ihrer scharfen Zunge und Ihrer geheimnisvollen Vergangenheit ein Dorn im Auge. Jetzt sind Sie mir ein paar Antworten schuldig. Also: Was hatten Sie mit Harry Rutledge so Wichtiges zu besprechen?«
Marks’ Miene verfinsterte sich, wobei sie die schmalen Brauen hob, die um einiges dunkler waren als ihr Haar. »Warum fragen Sie nicht ihn?«
»Weil ich jetzt Sie frage.« Angesichts ihres hartnäckigen Schweigens beschloss Leo, sie ein wenig zu provozieren. »Wären Sie nicht so, wie Sie sind, hätte ich Sie im Verdacht, den Ehemann meiner Schwester mit Ihren Reizen locken zu wollen. Aber wir wissen ja beide, dass Sie keine Reize haben, nicht wahr?«
»Und wenn, dann würde ich sie sicher nicht auf Sie anwenden!«
»Kommen Sie, Marks, lassen Sie uns versuchen, eine zivilisierte Unterhaltung zu führen. Nur dieses eine Mal.«
»Zuerst nehmen Sie Ihre Finger von mir!«
»Nein, Sie würden mir nur davonlaufen. Und es ist mir einfach zu heiß heute, um hinter Ihnen herzurennen.«
Catherine sträubte sich und versuchte, ihn mit beiden Händen fortzustoßen. Ihr Körper war in unzählige Schichten von Spitze und Musselin verpackt und gut verschnürt. Der Gedanke an das, was sich darunter verbarg … rosafarbene und weiße Haut, weiche Kurven, intimes Kraushaar … brachte sein Blut in Wallung.
Ein Schauder durchfuhr sie, als hätte sie seine Gedanken erraten. Leo starrte eindringlich auf sie herunter. Seine Stimme wurde sanft. »Haben Sie Angst vor mir, Marks? Ausgerechnet Sie, die Sie mich bei jeder Gelegenheit niedermachen und in meine Schranken weisen?«
»Ganz sicher nicht, Sie arroganter Wüstling! Ich wünschte nur, Sie würden sich endlich einmal wie ein Mann Ihres Standes benehmen.«
»Sie meinen, wie ein Peer?« Er hob spöttisch eine Augenbraue. »Genau so benimmt sich der Hochadel. Ich bin überrascht, dass Ihnen das bisher entgangen ist.«
»Oh, mir ist nichts entgangen. Ein Mann wie Sie, der das Glück hatte, einen Titel zu erben, sollte den Anstand haben und sich bemühen, seiner Aufgabe gerecht zu werden. Als Peer gehen Sie eine Verpflichtung ein – eine Verantwortung. Sie aber scheinen den Titel als Freifahrtschein für ein hemmungsloses, widerwärtiges Benehmen zu betrachten. Überdies …«
»Marks«, unterbrach Leo sie mit samtweicher Stimme, »das war ein exzellenter Versuch, mich abzulenken. Aber es ist Ihnen nicht geglückt. Sie kommen hier nicht weg, ohne mir vorher zu sagen, was ich von Ihnen wissen will.«
Sie holte tief Luft und gab sich alle Mühe, ihn nicht anzusehen, was insofern nicht leicht war, als er direkt vor ihr stand. »Der Grund, warum ich ein vertrauliches Gespräch mit Mr. Rutledge geführt habe … die Szene, von der Sie Zeuge geworden sind …«
»Ja?«
»Der Grund ist, dass … Harry Rutledge mein Bruder ist. Mein Halbbruder.«
Leo starrte auf ihr gebeugtes Haupt, während er versuchte, die Information aufzunehmen. Das Gefühl, hintergangen, betrogen, verraten worden zu sein, entfachte in ihm ein Zornesfeuer. Heiliger Strohsack. Marks und Harry Rutledge waren Geschwister?
»Es kann nichts Gutes bedeuten«, sagte Leo, »wenn so eine Information geheim gehalten wird.«
»Die Sache ist kompliziert.«
»Warum hat keiner von euch je etwas gesagt?«
»Es gibt keinen Grund, warum Sie es hätten erfahren müssen.«
»Sie hätten es mir sagen müssen, bevor er Poppy heiratete. Sie waren dazu verpflichtet.«
»Wodurch?«
»Durch Loyalität, verdammt. Welche Informationen, die meine Familie betreffen könnten, haben Sie sonst noch auf Lager? Was haben Sie sonst noch zu verbergen?«
»Das geht Sie überhaupt nichts an«, fauchte Catherine und wand sich in seinem Griff. »Lassen Sie mich los!«
»Erst, wenn ich herausgefunden habe, was Sie im Schilde führen. Ist Catherine Marks überhaupt Ihr richtiger Name? Wer zum Teufel sind Sie?« Er fluchte, als sie begann, sich ernsthaft gegen ihn zu wehren. »Halten Sie still, Sie Teufelsweib! Ich will nur … autsch!« Sie hatte sich blitzschnell herumgedreht und ihm einen spitzen Ellbogen in die Seite gerammt.
Das Manöver brachte Marks zwar die ersehnte Freiheit, nur leider war ihre Brille dabei zu Boden gefallen. »Meine Brille!« Mit einem verbitterten Seufzer sank sie auf alle viere und tastete nach ihrer Brille.
Leos Zorn wurde auf der Stelle von Schuldgefühlen überlagert. Wie es schien, war sie ohne Brille so gut wie blind. Der Anblick, wie sie da vor ihm auf der Erde herumkroch, bewirkte, dass er sich wie ein entsetzlicher Rohling vorkam. Ein Trottel. Er ging ebenfalls auf die Knie und machte sich auf die Suche nach der Brille.
»Haben Sie gesehen, wo sie ungefähr hingefallen ist?«, fragte er.
»Wenn das so wäre«, antwortete sie wutentbrannt, »bräuchte ich wohl keine Brille, oder?«
Ein kurzes Schweigen, dann: »Ich werde Ihnen helfen, sie zu finden.«
»Wie gnädig von Ihnen«, erwiderte sie bissig.
Die folgenden Minuten verbrachten sie damit, auf allen vieren im Garten herumzukrabbeln und unter den gelben Narzissen nach der Brille zu suchen.
»Sie brauchen also tatsächlich eine Brille«, stellte Leo schließlich fest.
»Natürlich«, entgegnete Marks verärgert. »Warum sollte ich eine Brille tragen, wenn es gar nicht nötig wäre?«
»Wer weiß. Vielleicht ein weiterer Bestandteil Ihrer Verkleidung.«
»Meiner Verkleidung?«
»Richtig, Marks, Verkleidung. Ein Substantiv. Es beschreibt ein Mittel zur Tarnung von jemandes Identität. Oft von Clowns und Spionen verwendet. Und seit Neuem auch von Gouvernanten. Guter Gott, kann denn in meiner Familie überhaupt nichts normal sein?«
Marks blinzelte ihn an, ihr Blick war verschwommen. Einen Moment lang sah sie aus wie ein verängstigtes Kind, dessen Lieblingsdecke außerhalb seiner Reichweite war. Der Anblick versetzte ihm einen sonderbaren, schmerzhaften Stich ins Herz.
»Ich werde Ihre Brille wiederfinden«, versprach er knapp. »Sie haben mein Wort. Wenn Sie wollen, können Sie schon einmal zum Haus zurückgehen, während ich hier weitersuche.«
»Nein, danke. Wenn ich versuche, den Weg alleine zu finden, lande ich am Ende in der Scheune.«
Als er im Gras etwas Metallenes aufblitzen sah, streckte er den Arm aus und umschloss mit der Hand die Brille. »Da ist sie.« Er kroch auf allen vieren zu Marks und kniete sich aufrecht vor sie hin. Nachdem er mit seinem Ärmel die Brillengläser poliert hatte, sagte er: »Halten Sie still.«
»Geben Sie her.«
»Überlassen Sie das mir, Sie … Sie verdammter Dickkopf. Sie brauchen wohl den Streit wie die Luft zum Atmen.«
»Nein«, erwiderte sie prompt und errötete leicht. Dann stieß sie ein heiseres Lachen aus.
»Es macht keinen Spaß, Sie zu quälen, wenn Sie es mir so leicht machen, Marks.« Er setzte ihr die Brille mit größter Vorsicht auf die Nase, fuhr mit den Fingern über die Seiten des Gestells und betrachtete prüfend das Ergebnis. Dann berührte er mit den Fingerspitzen die Bügel. »Die Brille ist nicht gut angepasst.« Vorsichtig strich er über die Oberkante ihres Ohrs. Sie war erstaunlich hübsch mit ihren grauen Augen, die in der Sonne blau und grün schimmerten. Wie ein Opal. »So kleine Ohren«, fuhr Leo fort und ließ die Hände einen Moment auf den Seiten ihres zierlichen Gesichts verweilen. »Kein Wunder, dass Ihre Brille so ohne Weiteres herunterfällt. Es gibt ja auch kaum etwas, wo man sie aufhängen könnte.«
Marks starrte ihn verblüfft an.
Wie zerbrechlich sie war, dachte er. Ihr Wille war so stark, ihr Temperament so kratzbürstig, dass er oft ganz vergaß, dass sie nur halb so groß war wie er. Eigentlich hatte er erwartet, dass sie sich sofort von seiner Berührung befreien würde, denn sie hasste es, angefasst zu werden, insbesondere von ihm. Stattdessen verharrte sie reglos. Er fuhr mit dem Daumen seitlich über die Kehle und spürte die winzige Erschütterung, als sie schluckte. Der Moment hatte etwas Unwirkliches, Traumähnliches. Er wünschte sich, er würde niemals enden.
»Ist Catherine Ihr richtiger Name?«, fragte er noch einmal. »Werden Sie mir wenigstens diese eine Frage beantworten?«
Sie zögerte, als hätte sie Angst, etwas von sich preiszugeben, und sei es nur dieses winzige Detail. Doch als seine Fingerspitzen über ihren Hals glitten, schien die Zärtlichkeit sie zu entwaffnen. Eine Hitze stieg ihr in die Wangen.
»Ja«, stieß sie hervor. »Catherine.«
Sie knieten noch immer gemeinsam am Boden, Marks’ Röcke hatten sich auf der Wiese ausgebreitet. Eine Schicht blumengemusterten Musselins war unter Leos Knie gefangen. Sein Körper reagierte heftig auf ihre Nähe, glühende Hitze kroch ihm unter die Haut und sammelte sich an ungünstigen Stellen. Seine Muskeln verkrampften sich, schwollen an. Er musste dieser Sache ein Ende setzen, sonst würde er etwas tun, das sie beide später bereuen würden.
»Ich helfe Ihnen auf«, sagte Leo und erhob sich brüsk. »Wir gehen zum Haus zurück. Aber ich warne Sie, ich bin noch nicht fertig mit Ihnen. Es gibt noch mehr …«
Er verstummte, denn in dem verzweifelten Versuch, wieder auf die Beine zu kommen, war Marks’ Körper mit seinem zusammengestoßen. Sie hielten inne, und Gesicht an Gesicht vereinte sich ihrer beider Atem in unregelmäßigen Stößen.
Das traumähnliche Gefühl verstärkte sich. Sie verweilten in einem Sommergarten, die Luft schwer vom Duft des heißen zerdrückten Grases und scharlachroten Mohns … und Catherine Marks war in seinen Armen. Ihr Haar glänzte in der Sonne, ihre Haut war blütenblätterzart. Ihre Oberlippe war beinahe so voll wie die untere, ja, ihr Mund war so köstlich und weich wie eine reife Persimone. Während er auf ihren Mund starrte, spürte er, wie sich ihm reflexartig die Nackenhaare aufstellten, so sehr erregte ihn ihre Nähe.
Manchen Versuchungen, beschloss Leo in seiner Benebelung, sollte man nicht widerstehen. Sie waren so dauerhaft und hartnäckig, dass sie nur immer wiederkehren würden. Deshalb musste man solchen Versuchungen einfach nachgeben – denn es war die einzige Möglichkeit, sie aus dem Weg zu schaffen.
»Verdammt«, keuchte er, »ich werde es tun. Obwohl ich weiß, dass ich hinterher dafür büßen muss.«
»Sie werden was tun?«, erkundigte sie sich und blickte ihn mit großen Augen an.
»Das hier.«
Und dann senkte er seinen Mund auf ihren herab.
Jeder einzelne Muskel seines Körpers schien erleichtert aufzuseufzen. Das Gefühl war so überwältigend, dass er sich einen Augenblick lang kaum mehr rühren konnte. Er fühlte nur ihren Mund auf seinem. Und in dieser Empfindung versank er, und er ließ es zu. Er gab das Denken auf und tat nur noch, was er wollte … saugte an ihrer Oberlippe, an ihrer Unterlippe, verschloss ihren Mund mit seinem, berührte ihre Zunge mit seiner, spielte mit ihr. Ein Kuss begann, bevor ein anderer geendet hatte, ein Feuerwerk der sinnlichen Stöße und Windungen. Das Entzücken übermannte ihn, durchflutete seinen Körper, jede Ader, jeden Nerv.
Und Gott steh ihm bei, er verlangte nach mehr. Er sehnte sich danach, seine Hände unter ihre Kleider zu schieben und jeden Zentimeter von ihr zu erfassen. Er wollte ihren Körper mit dem Mund erkunden, ihn küssen und sich jeden Winkel auf der Zunge zergehen lassen. Marks gab sich ihm hilflos hin, schlang ihm einen Arm um den Hals und bewegte sich im Takt mit ihm, als käme die Empfindung aus allen Richtungen. Und so war es auch. Sie versuchten, sich noch enger, noch fester zu halten, während ihre Körper einem neuen, unsteten Rhythmus folgten. Wären sie nicht durch so viele Kleiderschichten voneinander getrennt gewesen, hätte man es in jeder Hinsicht als Liebesspiel bezeichnen können.
Leo küsste sie noch lange, nachdem er eigentlich hätte aufhören sollen, und nicht nur, weil es ihm ein so großes Vergnügen war, sondern weil er davor zurückschreckte, was danach auf ihn zukam. Ihre disharmonische Beziehung konnten sie nach dem Vorfall sicher nicht einfach so weiterführen. Sie war auf eine neue Bahn geraten, deren Ziel kaum auszumachen war, aber Leo glaubte zu wissen, dass es weder ihr noch ihm sonderlich gefallen würde.
Angesichts der Erkenntnis, dass er sie nicht mit einem Schlag wieder freigeben konnte, ging er es langsam an, fuhr mit dem Mund über ihre Wange zu der empfindlichen Stelle hinter ihrem Ohr. Ihr Puls ging schnell, er konnte sein Vibrieren an den Lippen spüren.
»Marks«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich hatte das befürchtet. Ich wusste …« Er unterbrach sich und hob den Kopf, um ihr in die Augen zu sehen.
Sie schielte durch den Nebel auf ihren Brillengläsern. »Meine Brille … ich habe sie schon wieder verloren.«
»Nein, keine Sorge. Ihre Gläser sind lediglich beschlagen, das ist alles.«
Als ihre Sicht wieder aufklarte, schob Marks ihn von sich. Sie rappelte sich mühsam hoch, wobei sie ihn vehement daran hinderte, ihr zu helfen.
Sie starrten einander an. Es war schwer zu sagen, wer von beiden entsetzter war.
Aber nach ihrem Gesichtsausdruck zu urteilen, war es vermutlich Marks.
»Das ist nie passiert«, fuhr sie ihn an. »Sollten Sie die Frechheit besitzen, es jemals zu erwähnen, werde ich es bis zum letzten Atemzug abstreiten.« Sie schüttelte energisch ihre Röcke, um die Blätter und Gräser zu entfernen, und warf Leo einen wütenden Blick zu. »Ich gehe jetzt zum Haus. Wagen Sie es bloß nicht, mir zu folgen!«
Zweites Kapitel
Ihre Wege kreuzten sich erst wieder bei Tisch. Das gemeinsame Abendessen war eine gesellige Angelegenheit, an der seine Schwestern Amelia, Win und Poppy sowie ihre jeweiligen Ehemänner Cam Rohan, Kev Merripen und Harry Rutledge teilnahmen. Catherine Marks saß mit Beatrix am anderen Ende des Tisches.
Bislang hatte sich keine von Leos Schwestern einen konventionellen Ehemann ausgesucht. Rohan und Merripen entstammten beide einer Roma-Familie, was zum Teil schon die Erklärung dafür war, warum sie sich so gut in die ebenfalls ziemlich unkonventionelle Hathaway-Sippe einfügten. Und Poppys Ehemann Harry Rutledge war ein exzentrischer Hotelbesitzer, ein mächtiger Mann, der dafür bekannt war, dass seine Feinde besser auf ihn zu sprechen waren als seine Freunde.
Konnte es wahr sein, dass Catherine Marks Harrys Schwester war?
Leo blickte von einem zum anderen auf der Suche nach ähnlichen Zügen. Ich will verdammt sein, wenn ich da keine Ähnlichkeit erkenne, dachte er. Die hohen Wangenknochen, die geraden Augenbrauen, die katzenähnlich geschwungenen äußeren Augenwinkel.
»Ich muss mit dir sprechen«, sagte Leo zu Amelia, sobald sie mit dem Essen fertig waren. »Unter vier Augen.«
Sie blickte ihn mit ihren blauen Augen neugierig an. »Aber natürlich. Sollen wir spazieren gehen? Es ist noch hell draußen.«
Leo antwortete mit einem knappen Nicken.
Als die zwei Ältesten der Hathaway-Sippe hatten Leo und Amelia ihren Anteil an Auseinandersetzungen gehabt. Jedoch war sie ihm der liebste Mensch auf der Welt, um nicht zu sagen seine engste Vertraute. Amelia besaß einen ausgesprochen gesunden Menschenverstand, und sie sagte stets geradeheraus, was sie dachte.
Niemand hätte jemals erwartet, dass die pragmatische Amelia ausgerechnet von Cam Rohan, einem schneidigen Roma, im Sturm erobert werden würde. Doch Cam war es gelungen, Amelia zu verführen und zu heiraten, bevor sie überhaupt wusste, was los war. Und wie sich herausgestellt hatte, war Cam auch bestens dafür geeignet, den Hathaways die vernünftige Führung zu geben, die sie brauchten. Mit seinem schwarzen Haar, das er ein klein wenig zu lang trug, und dem diamantenen Stecker im Ohr erfüllte er wohl kaum das Bild eines gesetzten Familienoberhaupts. Ja, es war gerade Cams Ungezwungenheit, die es ihm erlaubte, die Hathaways so geschickt zu führen. Amelia und er waren inzwischen stolze Eltern eines neun Monate alten Sohnes. Der kleine Rye hatte die dunklen Haare seines Vaters und die blauen Augen seiner Mutter.
Während Leo mit Amelia über die private Zufahrtstraße schlenderte, warf er einen Blick auf seinen Besitz. Im Sommer verweilte die Sonne bis mindestens neun Uhr über Hampshire und tauchte das Mosaik aus Wäldern, Heideland und Wiesen in ein goldenes Licht. Kleine Flüsse und Bäche durchzogen die Landschaft und versorgten Sümpfe, saftiges Weideland und fruchtbaren Boden. Wenn das Ramsay-Anwesen auch gewiss nicht das größte in Hampshire war, so gehörte es mit seinem alten Baumbestand und dreitausend Morgen landwirtschaftlicher Nutzfläche ganz sicher zu den schönsten.
Im vergangenen Jahr hatte Leo die Pächter kennengelernt, das Bewässerungssystem modernisiert und neue Dränagen angelegt, Zäune, Gatter und Gebäude repariert … und Gott weiß was er noch alles gelernt hatte, jedenfalls mehr, als er jemals in seinem Leben über Ackerbau und Viehzucht hatte erfahren wollen. Und das alles hatte er allein Kev Merripens gnadenlosen Handlungsanweisungen zu verdanken.
Merripen, der seit seiner Kindheit bei den Hathaways lebte, hatte alles daran gesetzt, so viel wie möglich über die Haus- und Grundverwaltung zu lernen. Jetzt war er bestrebt, sein gründlich angehäuftes Wissen an Leo weiterzugeben.
»Es ist erst dann wirklich dein Land«, hatte Merripen ihm erklärt, »wenn etwas von deinem Schweiß und Blut hineingeflossen ist.«
»Das ist alles?«, hatte Leo sarkastisch gefragt. »Nur Schweiß und Blut? Ich bin sicher, ich könnte noch ein oder zwei andere Körperflüssigkeiten spenden, wenn das so bedeutend ist.«
Doch insgeheim räumte er ein, dass Merripen recht gehabt hatte. Das Gefühl von Eigentum, von Vereinigung, war nur auf diesem Weg zu erwerben.
Leo steckte die Hände in die Taschen und stieß einen tiefen Seufzer aus. Das Abendessen hatte ihn rastlos und reizbar gemacht.
»Du musst dich mit Miss Marks gestritten haben«, bemerkte Amelia. »Normalerweise lasst ihr bei Tisch keine Gelegenheit aus, euch gegenseitig zu zerfleischen. Heute aber wart ihr beide ganz still. Ich glaube, sie hat nicht ein einziges Mal von ihrem Teller hochgesehen.«
»Es war kein Streit«, erwiderte Leo barsch.
»Was dann?«
»Sie hat mir – unter Zwang – erzählt, dass Rutledge ihr Bruder ist.«
Amelia blickte ihn misstrauisch von der Seite an. »Was meinst du mit Zwang?«
»Ach, vergiss es. Hast du nicht gehört, was ich gerade gesagt habe? Harry Rutledge ist …«
»Miss Marks hat in ihrem Leben schon genug Zwang erlebt, es ist also nicht erforderlich, dass du auch noch deinen Teil dazu beiträgst«, sagte Amelia. »Ich hoffe, du warst nicht hässlich zu ihr, Leo. Denn wenn …«
»Ich hässlich zu Marks? Du solltest dir lieber Sorgen um mich machen. Immerhin bin ich derjenige, der nach einer Unterhaltung mit ihr immer völlig auseinandergenommen davonschleicht.« Seine Empörung wurde umso größer, als seine Schwester versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. »Ich entnehme deiner Reaktion, dass du bereits von der Verwandtschaftsbeziehung zwischen Rutledge und Marks wusstest.«
»Ich weiß es seit ein paar Tagen«, gestand sie.
»Warum hast du es mir nicht erzählt?«
»Sie hat mich darum gebeten, niemandem etwas zu sagen, und ich habe aus Rücksicht auf ihre Privatsphäre zugestimmt.«
»Weiß der Teufel, warum Marks’ Privatsphäre so viel wert ist, wenn hier sonst niemand eine hat.« Leo hielt plötzlich inne und zwang seine Schwester, ebenfalls stehen zu bleiben. Sie sahen einander an. »Warum ist es ein Geheimnis, dass sie Rutledges Schwester ist?«
»Ich weiß es nicht genau«, gab Amelia zu und blickte besorgt drein. »Sie sagt, es sei nur zu ihrem Schutz.«
»Schutz, wovor?«
Sie schüttelte machtlos den Kopf. »Vielleicht wird Harry es dir erzählen. Obwohl ich das bezweifle.«
»Herrgott noch mal! Einer von euch wird es mir erklären, oder ich setze Marks noch heute Abend auf die Straße.«
»Leo«, erwiderte Amelia erstaunt. »Das kannst du nicht tun.«
»Es wäre mir ein Vergnügen.«
»Aber denk doch an Beatrix, wie schlimm das für sie wäre …«
»Genau darum geht es. Ich denke an Beatrix. Und ich werde nicht zulassen, dass sich meine jüngste Schwester unter der Obhut einer Frau befindet, die ein womöglich gefährliches Geheimnis mit sich herumträgt. Wenn sich ein Mann wie Harry Rutledge, der Verbindungen zu den ruchlosesten Gestalten Londons pflegt, nicht zu seiner eigenen Schwester bekennen kann … muss man sich doch fragen, ob sie nicht eine Kriminelle ist. Hast du daran schon mal gedacht?«
»Nein«, antwortete Amelia mit steinerner Miene und setzte sich wieder in Bewegung. »Also wirklich, Leo, das ist sogar für dich ein bisschen zu pathetisch. Sie ist keine Kriminelle.«
»Sei nicht so gutgläubig!«, sagte er, als er sie wieder eingeholt hatte. »Niemand ist der, der er – oder sie – zu sein vorgibt.«
Nach einer kurzen Pause fragte Amelia vorsichtig: »Was hast du also vor?«
»Ich breche morgen nach London auf.«
Sie machte große Augen. »Aber Merripen rechnet mit deiner Hilfe bei der Steckrübensaat und beim Düngen, und …«
»Ich weiß. Und es tut mir auch wirklich schrecklich leid, dass ich seine faszinierenden Vorträge über die Wunder der Natur verpassen werde. Aber ich muss trotzdem fahren. Ich möchte mir Rutledge einmal in Ruhe vornehmen und ihm ein paar Antworten entlocken.«
Amelia runzelte die Stirn. »Warum kannst du nicht hier mit ihm sprechen?«
»Weil er in seinen Flitterwochen ist. Er wird kaum Lust haben, seinen letzten Abend in Hampshire mit mir zu verbringen. Außerdem habe ich mich entschlossen, einen kleinen Auftrag anzunehmen und einen Wintergarten für ein Haus in Mayfair zu entwerfen.«
»Ich glaube, du willst nur weg von Catherine. Ich glaube ja, dass zwischen euch etwas vorgefallen ist.«
Leo betrachtete den letzten lila-orangefarbenen Schimmer am Horizont. »Es wird gleich dunkel«, sagte er mit freundlicher Stimme. »Wir sollten zurückkehren.«
»Du weißt, dass du vor deinen Problemen nicht davonlaufen kannst.«
Um seinen Mund zuckte es. Er war sichtlich verärgert. »Warum sagen das nur alle? Natürlich kann man vor seinen Problemen davonlaufen. Ich mache das ständig, und bislang hat es immer prima funktioniert.«
»Du bist verrückt nach Catherine«, setzte Amelia nach. »Das sieht doch jeder.«
»Wer von uns beiden ist hier pathetisch?«, murrte er und machte sich mit großen Schritten auf den Weg zum Haus.
»Dir entgeht nichts, was sie sagt oder tut.« Amelia hielt hartnäckig mit ihm Schritt. »Wann immer irgendwo ihr Name fällt, bist du ganz Ohr. Und wenn ich dich in der letzten Zeit mit ihr habe reden oder streiten sehen, kamst du mir lebendiger vor denn je, das heißt, seit …« Sie hielt inne, als zweifelte sie, ob sie es wirklich sagen sollte.
»Seit wann?«, munterte Leo sie auf fortzufahren.
»Seit dem Scharlachfieber.«
Über das Thema wurde in der Familie nicht gesprochen.
Im Jahr, bevor Leo die Viscountwürde erbte, hatte eine verhängnisvolle Scharlach-Epidemie das Dorf erfasst, in dem die Hathaways seinerzeit lebten.
Die Erste, die dem Fieber zum Opfer fiel, war Leos Verlobte Laura Dillard gewesen.
Lauras Familie hatte ihm gestattet, an ihrem Bett zu verweilen. Drei Tage lang hatte er sie im Arm gehalten und hilflos zusehen müssen, wie sie ihm einfach wegstarb.
Nach ihrem Tod war Leo nach Hause zurückgekehrt und selbst an dem Fieber erkrankt, ebenso Win. Wie durch ein Wunder hatten sie beide überlebt, wenn sich Win auch nie vollständig erholt hatte. Und Leo war als ein völlig anderer Mensch aus der Krankheit hervorgegangen. Sie hatte ihn auf eine Weise gezeichnet, die er selbst nicht gänzlich erfassen konnte. Als wäre er in einem Albtraum gefangen, aus dem er nicht mehr erwachte. Ihm war völlig gleichgültig gewesen, ob er nun tot oder lebendig war. Unverzeihlich war aber, dass er in seiner Qual auch der Familie geschadet und ihnen endlos Probleme bereitet hatte. Als es gerade am allerschlimmsten war und Leo entschlossen schien, sich selbst endgültig zugrunde zu richten, hatten die Hathaways eine Entscheidung getroffen. Sie schickten Win zur Kur in eine Klinik nach Frankreich, und Leo sollte sie begleiten.
Während Wins schwache Lungen in der Klinik allmählich wieder zu Kräften kamen, wanderte Leo stundenlang durch die provenzalische Landschaft, durch kleine Dörfer mit Feldsteinhäusern, schmale, mit Blumen gesäumte Serpentinenwege hinauf und über ausgedörrte Felder. Die Sonne, die klare, heiße Luft, die Langsamkeit, das gemächliche Leben, hatten seine benebelten Sinne aufklaren lassen und seine Seele besänftigt. Von einem einzigen Glas Wein zum Abendessen abgesehen, hatte er sogar mit dem Trinken aufgehört. Er hatte Skizzen angefertigt und sich in die Malerei gestürzt, und am Ende hatte er die Trauer schließlich annehmen können.
Als Leo und Win nach England zurückkehrten, hatte Win keine Zeit verloren, sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen und Merripen zu heiraten.
Leo für seinen Teil setzte alles daran, den Schaden, den er angerichtet hatte, wiedergutzumachen. Und vor allem war er entschlossen, sich nie wieder zu verlieben. Nun, da er sich darüber bewusst war, wie tief seine Gefühle sein konnten, würde er niemals mehr einem anderen Menschen eine solche Macht über sich einräumen.
»Sis«, erklärte er Amelia bußfertig, »solltest du im Ernst auf den völlig absurden Gedanken gekommen sein, dass ich irgendein persönliches Interesse an Marks hegen könnte, vergiss ihn einfach schnell wieder. Ich versuche nur herauszufinden, welche Leiche sie in ihrem Keller hat. Und so wie ich sie einschätze, ist die nicht einmal sprichwörtlich.«
Drittes Kapitel
»Ich habe von Cats Existenz erfahren, da war ich schon zwanzig«, erzählte Harry Rutledge und streckte seine langen Beine aus. Er saß mit Leo im Club des Rutledge Hotels. Die ruhige, luxuriöse Räumlichkeit mit ihren zahlreichen achteckigen Apsiden, war in London ein beliebter Versammlungsort für ausländische Adlige, vermögende Reisende, Aristokraten und Politiker.
Leo musterte seinen Schwager mit kaum verhohlener Skepsis. Auf einer Liste von Männern, die er seiner Schwester zur Heirat anempfohlen hätte, hätte Rutledge sicherlich nicht an oberster Stelle gestanden. Leo traute ihm nicht. Aber es gab auch Dinge, die für Harry sprachen, zum Beispiel die offensichtliche und bedingungslose Verehrung seiner Schwester Poppy.
Harry nahm einen Schluck von dem warmen Brandy und wog seine Worte sorgfältig, bevor er weitersprach. Er war ein gut aussehender Mann und beileibe nicht ohne Charme, aber er war auch skrupellos und manipulativ. Von einem Mann, der solche Erfolge aufzuweisen hatte, unter anderem den Aufbau des größten, opulentesten Hotels in ganz London, war auch nicht weniger zu erwarten.
»Ich sträube mich aus verschiedenen Gründen, über Cat zu sprechen«, erklärte Harry schließlich. »Einer davon ist, dass ich selbst nie besonders gut zu ihr gewesen bin, geschweige denn sie beschützt habe, als ich es hätte tun sollen. Zu meinem großen Bedauern.«
»Jeder hat in seinem Leben immer etwas zu bedauern«, erwiderte Leo und nippte an seinem Brandy, ließ das samtene Feuer die Kehle hinuntergleiten. »Genau aus diesem Grund halte ich an meinen schlechten Gewohnheiten fest. Solange ich nicht damit aufhöre, muss ich nicht anfangen, etwas zu bedauern.«
Harry grinste, aber er wurde alsbald wieder ernst, als er in die Flamme einer kleinen Kerzenlampe starrte, die man auf den Tisch gestellt hatte. »Bevor ich dir etwas erzähle, möchte ich gern wissen, welcher Art dein Interesse für meine Schwester ist.«
»Ich erkundige mich als ihr Arbeitgeber«, sagte Leo. »Ich mache mir Sorgen über den Einfluss, den sie auf Beatrix haben könnte.«
»Du hast ihren Einfluss doch noch nie angezweifelt«, konterte Harry. »Und allem Anschein nach hat sie bei Beatrix ganze Arbeit geleistet.«
»Das hat sie. Die Enthüllung dieser geheimnisvollen Verbindung zu dir bereitet mir dennoch Sorgen. Soweit ich weiß, heckt ihr gerade etwas zusammen aus.«
»Nein.« Harry sah ihm eindringlich in die Augen. »Wir hecken nichts aus.«
»Warum dann diese Geheimnistuerei?«
»Ich kann es dir nicht erklären, ohne etwas von meiner eigenen Vergangenheit preiszugeben …« Und nach einer kurzen Pause fügte Harry mit finsterer Miene hinzu: »Was mir überhaupt nicht recht ist.«
»Das tut mir ja so leid«, erwiderte Leo ohne jede Spur von Mitleid. »Worum geht es?«
Harry zögerte noch einmal, als überlegte er, ob er ihm etwas erzählen sollte oder nicht. »Cat und ich hatten dieselbe Mutter. Sie hieß Nicolette Wigens. Sie war gebürtige Britin. Ihre Familie wanderte von England nach Buffalo, New York, aus, als sie noch ein Kind war. Da Nicolette ihr einziges Kind war – die Wigens hatten sie sehr spät bekommen –, war es ihr großer Wunsch, sie mit einem Mann verheiratet zu sehen, der sich um sie kümmerte. Mein Vater Arthur war gut doppelt so alt und ziemlich wohlhabend. Ich nehme an, die Wigens haben die Partie erzwungen – Liebe war gewiss nicht im Spiel. Aber Nicolette heiratete Arthur, und bald darauf wurde ich geboren. Ein bisschen zu bald, um genau zu sein. Es wurde gemunkelt, dass Arthur gar nicht der Vater war.«
»War er’s?«, konnte sich Leo nicht verkneifen zu fragen.
Harry lächelte zynisch. »Kann man das jemals so genau wissen?« Er zuckte mit den Achseln. »Wie auch immer, meine Mutter ist letztlich mit einem ihrer Lover nach England abgehauen.« Harrys Blick war distanziert. »Sie hatte danach noch andere Männer, glaube ich. Selbstbeherrschung war nicht gerade die Stärke meiner Mutter. Sie war ein verwöhntes, zügelloses Luder, aber schön war sie. Cat sieht ihr sehr ähnlich.« Er hielt nachdenklich inne. »Nur ist sie weicher. Edler. Und anders als unsere Mutter hat Cat ein gütiges, mitfühlendes Wesen.«
»Tatsächlich«, sagte Leo verdrossen. »Zu mir ist sie noch nie gütig gewesen.«
»Das liegt daran, dass du ihr Angst machst.«
Leo warf ihm einen ungläubigen Blick zu. »Inwiefern könnte ich diesem kleinen Zankteufel Angst machen? Und jetzt komme mir nicht damit, dass sie sich in männlicher Gesellschaft unsicher fühlt, denn gegenüber Cam und Merripen verhält sie sich immer sehr freundlich.«
»Bei ihnen fühlt sie sich sicher.«
»Warum bei mir nicht?«, fragte Leo gekränkt.
»Ich glaube«, sagte Harry nachdenklich, »weil sie dich sehr stark als Mann wahrnimmt.«
Die Offenbarung versetzte Leos Herz einen Stich. Er studierte den Inhalt seines Brandyglases mit gespielter Langeweile. »Hat sie dir das erzählt?«
»Nein, das habe ich selbst beobachtet, in Hampshire.« Harry machte ein bitteres Gesicht. »Wenn man etwas über Cat erfahren will, muss man besonders aufmerksam sein. Sie würde nie über sich sprechen.« Er schüttete den restlichen Brandy hinunter, stellte das Glas vorsichtig auf dem Tisch ab und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Nachdem meine Mutter Buffalo verlassen hatte, habe ich nie wieder etwas von ihr gehört«, fuhr er fort, verschränkte die Finger und legte sie auf seinen flachen Bauch. »Erst viel später, als ich gerade zwanzig geworden war, erhielt ich einen Brief von ihr, in dem sie mich bat, zu ihr zu kommen. Sie war von einer zehrenden Krankheit befallen, einer Form von Krebs. Ich nahm an, dass sie vor ihrem Tod sehen wollte, was aus mir geworden war. Noch am selben Tag schiffte ich mich nach England ein, doch sie starb kurz vor meiner Ankunft.«
»Und da hast du Marks getroffen?«, ermunterte ihn Leo.
»Nein, sie war nicht da. Entgegen Cats Wunsch, bei ihrer Mutter zu bleiben, hatte man sie zu einer Tante und Großmutter väterlicherseits geschickt. Und der Vater, der anscheinend nicht gewillt war, am Krankenbett zu wachen, hatte London gleich ganz verlassen.«
»Ein wahrhaft ritterlicher Geselle«, stellte Leo fest.
»Eine Frau aus dem Dorf hatte sich während der letzten Woche ihres Lebens um Nicolette gekümmert. Sie war es, die mir überhaupt von Cats Existenz erzählt hat. Ich überlegte kurz, ob ich sie besuchen sollte, aber ich entschied mich dagegen. In meinem Leben war kein Platz für eine uneheliche Halbschwester. Sie war gerade einmal halb so alt wie ich und bedurfte einer weiblichen Bezugsperson. Ich nahm an, dass sie bei ihrer Tante besser aufgehoben sei.«
»Hat sich die Annahme bestätigt?«, gab sich Leo einen Ruck.
Harry warf ihm einen unergründlichen Blick zu. »Nein.«
Eine ganze Lebensgeschichte verbarg sich hinter dieser einzigen Silbe. Leo wollte sie unbedingt hören. »Was ist passiert?«
»Ich beschloss, in England zu bleiben und mein Glück im Hotelgeschäft zu suchen. Also schrieb ich Cat einen Brief, in dem ich ihr mitteilte, wo sie mich finden würde, falls sie jemals Hilfe benötigen sollte. Ein paar Jahre später, als sie sechzehn war, schrieb sie mir zurück und bat mich, ihr zu helfen. Ich traf sie in … schwierigen Verhältnissen an. Ich wünschte, ich hätte sie früher dort rausgeholt.«
Leo spürte eine jähe unerklärliche Besorgnis in sich aufsteigen, und es war ihm schlicht unmöglich, seine Maske der Gleichgültigkeit, die er sich so gewissenhaft angeeignet hatte, länger aufrechtzuerhalten. »Was meinst du mit schwierigen Verhältnissen?«
ENDE DER LESEPROBE