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Am Strand vom Grünen Brink entdecken Urlauber eine grausam zerstückelte Leiche. Dabei handelt es sich um einen Mann, der erst wenige Tage zuvor auf einer Fähre eine Prostituierte schwer misshandelt hat. Die Polizei versucht verzweifelt die Wahrheit ans Licht zu bringen, doch es fehlt ihr an Spuren. Das auffällige Tattoo am Nacken des Opfers ist der einzige Hinweis. Welche Rolle spielt die verängstigte Frau? Für die Kommissare Westermann und Hartwig beginnt in ihrem zweiten Fall auf der Insel ein blutiges Katz-und-Maus-Spiel.
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Seitenzahl: 541
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Heike Meckelmann
Küstenschatten
Kriminalroman
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Brückendarstellungen im Buch: © Miriam Lange
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © ohenze / fotolia.com
ISBN 978-3-8392-5316-8
Der Stolz einer Mutter zeigt sich in den Herzen ihrer Kinder
Nicolas, Svenja und Sascha … ich liebe euch. Ihr gebt mir Inspiration und Liebe.
Hebt der Nebel seinen Vorhang, zeigt das Böse sein Gesicht.
Die Schattenwelt auf Fehmarn zeigt ihre grausame Seite manchmal dann, wenn der Nebelschleier über der Ostsee seine Kraft verliert.
Entspannt schlich er von hinten heran, und presste die 20 Zentimeter Klinge, unterhalb des fünften Rippenbogens, durch den Stoff der Jacke. Das Messer, scharf wie eine Rasierklinge, glitt in den Rücken, als durchtrennte es ein zartes Stück Lammfleisch. Ein wohliges Kribbeln durchströmte seine Lenden, als er die Schneide im Fleisch wie einen Bohrer rotieren ließ. Die Schmerzen müssen unerträglich sein, mutmaßte er, als das gequälte Gurgeln durch die Finger drang, die er auf den Mund des Mannes gepresst hatte. In aller Seelenruhe zog er die Messerklinge mit einem schmatzenden Geräusch heraus und trieb sie erneut zwischen die Knochen. Es erfüllte ihn mit Genugtuung und entlockte ihm ein diabolisches Grinsen. Er beobachtete ohne eine einzige Gefühlsregung, wie das Opfer versuchte, mit der Hand nach hinten zu greifen, um an die Stelle zu gelangen, an der er zustieß. Sein Opfer erlitt Höllenqualen und drehte den Körper marionettengleich langsam Richtung Angreifer. Diesen Augenblick genoss der besonders. Das Flackern der Angst in den Augen des Gegenübers, die Fassungslosigkeit. Mit einem Lächeln, einer gnadenlosen Gelassenheit nahm er das blutbesudelte Messer und führte es blitzartig von der linken zur rechten Halsschlagader. Das Blut quoll in einem dicken Schwall aus der klaffenden Wunde heraus. »Gut, dass du am Geländer stehst«, flüsterte er heiser. »So habe ich nicht viel Arbeit mit deinem roten warmen Saft.« Er zog die Klinge, die einseitig mit einer Sägefläche ausgestattet war, erneut kräftig durch das Fleisch und die filigranen Knochen der Wirbelsäule. Perfektion war alles, was er benötigte, um sein Ziel zu erreichen. Er wiederholte das Spiel ein weiteres Mal, bis das Messer sich durch die Puffer der Wirbel gearbeitet hatte. Er wusste, dass es nicht einfach war, jemanden zu köpfen, wenn man keine Säge oder entsprechendes Werkzeug bei sich trug. Aber er besaß genug Kraft, die Dinge, die er anfing, sauber zu Ende zu führen.
Das Blut tropfte auf den Fußboden und es wurde Zeit, die Geschichte zu beenden. Ein letzter Hieb, dann trennte sich der Kopf mit gebrochenem Blick toter Augen vom Rest des Körpers und rollte durch die rote sämige Masse über den gummierten Belag. Er wusste, dass ihm nur wenige Minuten blieben, bis das Licht wieder anging. …
Sonores Wummern gewaltiger Motoren dröhnte aus dem Maschinenraum der Scandline Fähre. Kreuzte sich mit salzhaltigem Regen und eiskalt peitschendem Wind aus Nordost, der mit Stärke acht bis neun über das gespenstisch leere Deck fegte. Der Sturm übertönte die stattfindende, angespannte Unterhaltung.
Auf dem Oberdeck des weißen Fährschiffes, das im regelmäßigen Takt zwischen Rødby und Puttgarden verkehrte, befanden sich außer zwei Personen, die von Weitem nur schemenhaft erkennbar waren, keine Menschenseele. Es war kurz nach 21 Uhr. Nur vereinzelte Skandinavier und LKW-Fahrer verschiedenster Nationalitäten hielten sich auf dem Schiff auf, um von Dänemark ins benachbarte Deutschland überzusetzen. Sie saßen gelangweilt und müde im überschaubaren Restaurationsbereich. Auf wenig gepolsterten, bunt überzogenen Sesseln. Warteten dösend darauf, dass die Fähre endlich im Zielhafen von Puttgarden anlegte, damit sie ihre Reise, wohin auch immer sie diese führte, fortsetzen konnten.
Trotz des heftigen Windes gab es auf dem Schiff kaum nennenswerte Bewegungen. Es lag dank vieler tausend Bruttoregistertonnen bleischwer auf der aufgewühlten Ostsee. Ohne Mühe glitt sein Bug durch das tiefschwarze nasse Element des Kleinen Belt, teilte die hohen Wellen, wie ein scharfes Messer weich gewordene Butter. Die Fähre fuhr selbst bei Windstärke zehn bis elf … also eigentlich immer.
Wahrscheinlich fühlten auch die Gäste nur leichtes Wanken, was allenfalls ein Kribbeln in Beinen und Magengegend verursachte. Anders, als es bei kleineren Booten beobachtet werden konnte, die trotz stürmischen Wetters, bei Stärken um fünf Beaufort hinaus auf die offene See fuhren und wie Miniaturspielzeuge über die tobende Ostsee gejagt wurden. Aber wer, außer vielleicht ein paar Wahnsinnigen, schipperte schon bei Windstärke fünf, geschweige denn acht bis neun mit einer Nussschale auf der wütenden Ostsee herum?
Die weiße Fähre hingegen glitt durch die dunkle, raue See mit Ziel Richtung Puttgarden durch die Dunkelheit. Es schien, als gleite sie geradewegs in einen riesigen schwarzen Schlund. Wäre sie selbst nicht beleuchtet wie ein Tannenbaum zu Weihnachten, könnte man annehmen, es handelte sich um ein umherirrendes Geisterschiff.
»Nein, lass mich. Ich will nicht mehr! Hörst du? Fass mich nicht an!«
Kaja stand in einer windgeschützten Ecke hinter dem riesigen dunkelblauen Schornstein, der eher einem überdimensionalen Legostein ähnelte. Aus dessen vier hintereinander angereihten Schloten grauer Rauch nach oben stieg, der gleich wieder vom Wind vertrieben wurde. Sie trat einen Schritt zurück auf den wabenähnlichen Gummibelag und rutschte in ihren weißen Nike-Sportschuhen gefährlich hin und her. Die zierliche Frau wischte sich sprühenden, salzig schmeckenden Regen aus den Augenwinkeln und schob die linke Hand über ihre Augenbrauen um durch die verkrustete, blind gewordene Glasscheibe, die zum Loungebereich führte in den dahinter liegenden Wartebereich zu sehen.
Der fünfjährige Tim lag seelenruhig schlafend, in einen dunkelblauen Anorak eingekuschelt auf einer der schmalen Bänke. Fest umklammerte er den bunten Rucksack mit dem aufgenähten Puh in seinen Armen, als könne dieser ihn daran hindern, von der Sitzbank zu fallen. Aus dem geöffneten Reißverschluss lugte der Kopf eines augenscheinlich ziemlich geliebten Stoffbären heraus. Das abgenutzte Fell und der berühmte Knopf im Ohr hatten den früheren Glanz verloren. »Der ist doch nur abgeknuddelt«, schrie Tim seine Mutter an, wenn sie das fleckige Bärentier entsorgen wollte. Die kalten Glasaugen des Kuscheltieres fixierten Kaja, als signalisierten sie eine Warnung.
Sie atmete tief durch und wandte sich dem fast zwei Meter großen Hünen zu, der sich mit verschränkten Armen vor der Brust, bedrohlich vor ihr aufbaute. Er hatte die linke Augenbraue verächtlich hochgezogen, und starrte sie danach durch zusammengekniffene Augen unablässig an.
Wie ein Tier in Lauerstellung beobachtete er jede noch so kleine Bewegung der jungen Frau, deren angstvoller Blick unruhig von einer Seite zur anderen wanderte.
»Ich will nicht mehr. Lass mich endlich in Ruhe«, zischte Kaja erneut. Der Wind heulte, sodass man ihre Worte kaum hörte. »Ich hab dir gesagt, dass ich nicht mehr kann. Wir gehen vor die Hunde.« Sie wippte nervös mit den Füßen auf und ab und deutete mit dem Kopf in Tims Richtung, ohne ihr Gegenüber aus den Augen zu verlieren. Fahrig knetete sie ihre Finger und blickte für eine Sekunde aufs nachtschwarze Wasser. Eine Bö peitschte ihr eine weitere Ladung Regen ins Gesicht, so dass der bullige Typ kurz aus ihrem Blick verschwamm. Mit der linken Hand wischte sie hastig die Flüssigkeit vom Mund, spuckte angewidert aus. Sie versuchte, seine Mimik zu deuten. Wenn sie ihn jetzt nicht überzeugte, hatte sie keine Chance jemals seinen Fängen zu entkommen. Das wurde ihr augenblicklich klar und ein eiskalter Schauer lief ihr trotz der Kälte den Rücken hinunter.
Andrey machte einen Satz und packte ihr Handgelenk. Kaja riss sich los und wich panisch zur Seite. Sie spürte plötzlich die harte Reling. Zitternd versuchte sie, mit einer Hand das eisige Metallgeländer zu packen. Mit der anderen strich die 35-jährige Prostituierte die langen braunen Haare aus dem Gesicht, um nicht die Kontrolle über die Situation zu verlieren.
Eine Narbe wurde auf der linken Wange sichtbar, die sich von der Augenbraue bis zum Mundwinkel wulstig herabsenkte. Sie warf die Mähne zurück, als Andrey mit gesenktem Kopf auf sie zukam. Durch seine Größe und ungelenken Gebärden ähnelte er einem Grizzlybären, der in der nächsten Sekunde zum Angriff überging.
Kaja stellte ihren Körper in Position, um einem Übergriff ausweichen zu können. Während sie wie ein in die Enge getriebenes Tier lauerte, brummten die Motoren und dröhnten in ihren Ohren, wie zu laut eingestellte Bässe einer Musikanlage. Sie versuchte, sich mit einer schnellen Drehung aus der brisanten Lage zu befreien und aus der Umklammerung zu lösen.
Andrey durchschaute ihren Plan und hielt sie fest in der Zange. »Du wirst genau das machen, was ich dir sage«, fauchte er gefährlich. Den osteuropäischen Akzent des Mannes konnte man nicht überhören. »Ich hab schon ganz anderen Weibern auf die Sprünge geholfen, Schlampe«, schnaubte er. Er grinste, sodass die von Pockennarben übersäte Fratze des Bulligen im Halbschatten noch verzerrter aussah. Eine Bö drückte sie wieder zurück ans Geländer. Das kalte Eisen schmerzte. Sie war gefangen. Gefangen zwischen seinen Pranken, gefangen auf einem Kahn, von dem es kein Entkommen gab.
Wenn ihr hier etwas passierte, wer würde sie vermissen? Niemand außer ihrem Zuhälter Phillip Jöns wusste, dass sie auf diesem Schiff fuhren. Es war ein Leichtes, eine Person auf einem Boot verschwinden zu lassen, darüber war sie sich absolut im Klaren. Sie erinnerte sich an einen Roman, den sie vor Kurzem gelesen hatte und in dem Menschen von Kreuzfahrtschiffen verschwanden, ohne dass auch nur irgendjemand Notiz davon nahm. Keine Leiche, kein Verbrechen. Sie wurde panisch, als ihr bewusst wurde, in welcher Gefahr sie sich befand.
In Zeitlupentempo baute Andrey sich wie ein Roboter vor ihr auf. Er beugte den kahl geschorenen, kantigen Schädel und kam ihrem Gesicht so nah, dass sie seinen nach Alkohol stinkenden Atem roch, der sich sofort pelzig auf ihre Zunge legte. Ihr wurde übel.
Warum kommt niemand nach draußen? Warum hilft mir niemand?
Kaja drehte den Kopf zur Seite, sah hilfesuchend über das verwaiste Deck, und sog gierig die kalte Nachtluft in ihre Lungen, als drückte ihr etwas die Kehle zu.
»Andrey, lass mich gehen«, flehte sie, und versuchte die Taktik zu ändern. Vielleicht konnte sie sein Mitleid erregen, obwohl sie wusste, dass es aussichtslos war. »Tim braucht mich und ich kann nicht mehr. Was ist, wenn die Bullen uns irgendwann erwischen. Die verstehen keinen Spaß mit Dealern. Das weißt du doch am besten.« Kaja wischte Wassertropfen von ihren Lippen.
»Dann gehen wir beide in den Knast … und was ist mit meinem Sohn?«, schrie sie. Andrey saß bereits mehrfach wegen schwerer Körperverletzung und Drogendelikten ein. Ihm war es gleichgültig. Es machte auf ihn keinerlei Eindruck. Kaja liefen Tränen über das schmale Gesicht, ohne dass sie etwas dagegen ausrichten konnte. Schniefend zog sie den Schleim hoch, der aus ihrer Nase tropfte.
»Ich tauche unter. Du kannst Phillip sagen, ich bin nach Dänemark abgehauen. Ihr seht mich nie wieder, ehrlich. Behalte die Kohle. Ich gebe sie dir. Ehrenwort!« Sie sah ihn bittend an und deutete auf den Rucksack in Tims Armen. »Lass uns verschwinden.« Sie hob beschwörend die Finger ihrer Hand.
Im Rumpf des Schiffes fing es an zu grollen. Die Fähre stoppte auf. Die Gischt der Bugwelle schäumte aufbrausend gegen das Metall. Kaja spürte, dass das Fährschiff deutlich an Geschwindigkeit verlor. Unsicher blickte sie sich um. Sie benötigte einen Plan, einen Fluchtweg, wenn sie hier lebend herauskommen wollte. Sie wusste, dass sie bereits zu viel gesagt hatte. Er konnte sie nicht mehr gehen lassen. Sie selbst hatte ihm die Vorlage gegeben, die Frau, die sich verzweifelt zu wehren versuchte, verschwinden zu lassen und das Drogengeld einzukassieren. Seine offizielle Version würde lauten, dass die Nutte mit dem Kind und dem Geld im Rucksack abgehauen war.
Andrey fing plötzlich an, gefährlich die Fratze zu verziehen. Die Schlampe ist mir schon lange ein Dorn im Auge. Sie bekommt immer mehr Macht über Phillip, der mich immer mehr Botendienste erledigen lässt. Ich hab die Schnauze voll von dem Flittchen. »Du kannst dich entscheiden. Entweder du machst weiter und ich besorge es dir, wenn mir danach ist oder … du weißt, was passiert.«
Kaja las in dem vernarbten Gesicht, wie in einem Horrorroman von Stephen King. Sie suchte für eine Sekunde durch das blinde Fenster den Blickkontakt zu ihrem Sohn.
Tim, der von alledem nicht das Geringste mitbekam, lag noch immer schlafend auf der Bank und umklammerte eisern seinen Rucksack.
Sie wusste, dass ihr kaum Zeit blieb, um den Fußabtreter ihres Zuhälters davon zu überzeugen, dass sie keineswegs mehr die Richtige für diesen gefährlichen Job war.
Ein ohrenbetäubender Knall, der sich wie ein Schuss anhörte, ließ sie blitzartig herumfahren. Das gesamte Licht am Oberdeck war ausgegangen. Um sie herum beängstigende Dunkelheit. Sie nahm Andrey nur als Schatten wahr und wich erschreckt wieder in ihre Ecke zurück.
Der muskulöse Mann fletschte die Zähne wie ein tollwütiger Hund und fing höhnisch an zu lachen. Er sah seine Chance gekommen. »Na, das kommt mir sehr entgegen«, grinste er und flüsterte kaum hörbar: »Glaubst du wirklich, ich könnte Phil das einfach stecken? Dass du mit dem Gör abgehauen bist? Eben mal so?« Er machte eine theatralische Handbewegung und schnippte mit den Fingern. »Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Was denkst du, Schlampe? Dann bin ich tot, verstehst du?« Langsam fuhr er mit der Handkante am eigenen Hals entlang. »Tot! Nee Süße. Das wird dein Schicksal und das deines Balges.« Er deutete in die Wartelounge, machte einen Schritt auf sie zu und presste ihren zitternden Körper erneut mit seinem ganzen Gewicht gegen das Geländer. Kajas Zwerchfell quetschte zusammen und drückte ihr die Luftwege ab. Das Metall schmerzte wie eine eiserne Faust in ihrem Rücken. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie versuchte, krampfhaft wie ein Fisch auf dem Trockenen, Luft zu schnappen. Sie spürte den Schwindel, der sie erfasste.
»Außerdem ist das für dich doch bisher ein gutes Geschäft gewesen«, flüsterte er heiser. »Während wir hier wie ein verliebtes Pärchen Zeit totgeschlagen haben, und ein bisschen Koks verticken, brauchtest du deine Pussy nicht hinzuhalten. Du hättest dankbarer sein sollen.«
Kaja zog angeekelt ihre schmalen Schultern nach vorn, um ihren Körper wie mit einen Schild zu schützen. Die Angst lähmte sie und eine böse Vorahnung machte sich in ihren Eingeweiden breit. Der Regen hatte ihre Kleidung durchnässt und klebte an ihrer Haut. Sie zitterte am ganzen Leib. In ihrem Kopf kreisten plötzlich unzählige Impulse. Mit Andrey ist nicht zu spaßen. Er genießt es, Macht über mich zu haben, wenn Phil nicht in der Nähe ist. Dann fühlt der Saukerl sich stark. Und für ihn wäre es ein Leichtes, mich über die Reling zu stoßen und Phillip davon zu überzeugen, dass ich tatsächlich abgehauen bin. Und Tim? Was passiert dann mit ihm. Würde er ihn … ? Es war, als erriet er ihre Gedanken.
»Oder war es dir lieber, die Beine breitzumachen, he?«, riss er sie zurück. »War doch ein cooler Deal, den du an Land gezogen hast oder nicht? Und Spaß hättest du auch mit mir haben können, wärst du nicht so stur. Wir hatten doch jede Menge Gelegenheiten.« Er zeigte mit dem Zeigefinger über das Deck. »Und ein geiler Typ bin ich allemal.«
Es knisterte, als würde jemand zwei Drähte mit gegensätzlichen Polen aneinanderhalten. Die Neonröhren knackten, als versuchten sie, von alleine wieder in Gang zu kommen. Kaja fokussierte den blauen Funken mit ihrem Blick. Der Wind blies ihr kalt ins Gesicht.
Andrey nahm eine Hand, zerrte den Reißverschluss ihrer Jacke auf, schob den Pullover hoch, zerriss den Verschluss ihres BH und packte Kajas kleine feste Brust, bis sie vor Schmerzen stöhnte. Sie konnte sich keinen Zentimeter aus der Umklammerung lösen. Niemand sah sie. Kaja war hier draußen auf dem dunklen leeren Deck völlig auf sich selbst gestellt. Die schwache Beleuchtung aus dem Wartebereich reichte nicht aus, um auf sich aufmerksam zu machen. Während Andreys andere Hand hart zwischen ihre Schenkel glitt, wünschte sie, dass er den Halt verlor und über die Brüstung stürzte. Sie beugte sich zurück, in der Hoffnung, dass er in die Tiefe flog. Dass die schwarze Ostsee ihn verschluckte und nie wieder freigab. Aber er tat ihr den Gefallen nicht. Felsenfest stand er auf leicht gespreizten Beinen vor ihr und benahm sich wie ein wildes Tier. Er starrte sie mit glasigen Augen keuchend an. Fixierte seine Beute, bevor er sie ihrem Schicksal übergab.
Langsam zerrte er mit den perfekt weißen Zähnen den um ihren Hals geschlungenen Schal ein Stück herunter und fuhr mit rauer Zunge über ihre weiche, feuchte Haut, unter der die Halsschlagader zuckte. Kaja hatte das Gefühl, als begrabschten mindestens acht unsichtbare Hände sie schmerzhaft und brutal. Trotz ihrer Größe von nur einem Meter fünfundsechzig verbog sich ihr Oberkörper gefährlich nach hinten. Aus den Augenwinkeln erkannte sie die weiße Gischt der Bugwelle, die sie trotz der Gefahr, in der sie sich befand, an aufgeschäumte Milch erinnerte. Der Blick in die Tiefe ließ sie aufschreien. Todesangst durchströmte sie. Die Reling presste sich immer tiefer ins Fleisch. »Lass mich«, röchelte sie und versuchte mit letzter Kraft, sich zurückzuschieben. Dabei hatte sie nicht bemerkt, dass es aufgehört hatte zu regnen und der Wind nicht mehr mit aller Gewalt über die Fähre fegte. Dafür zog von Osten eine dicke Nebelwand zu ihnen herüber, die sich trübe über das Schiff verteilte, das sie jetzt tatsächlich an ein umherirrendes Geisterschiff erinnerte. Die Geräusche waren auf einmal wattig und gedämpft. Und das Licht aus dem Wartesaal war nicht mehr als ein mattes Schimmern.
Andrey wich zurück, weil er einen Laut vernahm. Kaja ließ augenblicklich das Eisengestänge los und rammte ihm ihr Knie in den Unterleib. Sie keuchte und schob sich ein paar Zentimeter zur Seite, während er für eine Sekunde die Kontrolle verlor und sich krümmte. »Schlampe«, schrie er wütend und hielt mit der Hand die Stelle, in der ihn das Kniegelenk getroffen hatte. »Du landest als Fischfutter in der Brühe. Und deinen Balg schick ich dir hinterher.« Der Osteuropäer zerrte an ihrem Oberarm. Er packte hasserfüllt ihren Hals und würgte sie, bis sie anfing, mit den Armen zu rudern. Sie spürte, wie sie den Halt verlor und für kurze Zeit wie ein nasser Sack in der Luft hing. Kaja röchelte. Sie kämpfte um ihr Leben und riss den Mund auf, um gierig Sauerstoff in ihre Lungen zu ziehen. Langsam wurde ihr schwarz vor Augen.
Im Inneren der Fähre saßen sie auf Sesseln und druselten nichts ahnend vor sich hin.
Andrey blickte eiskalt auf die zierliche Frau und senkte seinen Arm, bis sie rutschigen Boden unter ihren Füßen spürte. Er nahm die Hand vom Hals, ballte sie zur Faust und schlug sie ihr ohne Vorwarnung mit hartem Schlag in den Unterleib. Kaja taumelte gurgelnd in die Ecke von Schornstein und Schiffsgeländer und sackte zusammen. Sie hielt den Bauch. »Bitte nicht«, bettelte sie. Sie quälte sich zur Seite, um der nächsten Attacke auszuweichen.
Andrey beugte sich wütend zu ihr herunter und holte erneut aus. Die schmächtige Frau zog ihren Kopf wie eine Schildkröte zwischen die Schultern und krümmte den Körper wie ein Embryo. Seine Hand landete im nirgendwo. »Tim!«, hauchte sie, wissend, dass sie ihrem Ende entgegensah.
Ihr fünfjähriger Sohn, ihre einzige Liebe, ihr ein und alles. Er war die Frucht einer der vielen verabscheuungswürdigen Nächte, in denen Männer für Geld ihren Körper benutzten. Kaja wollte ihn abtreiben, als sie erfuhr, dass einer dieser Typen sie geschwängert hatte. Sie kämpfte mit ihren Gefühlen und entschied sich trotz der Umstände, das Kind zu behalten. Sie wartete so lange, bis es sich nicht mehr verheimlichen ließ und auch Phillip es kaum mehr übersehen konnte. Sie bezog Prügel, als sie es ihm gestand und versuchte, so gut es ging, ihren Bauch vor den Schlägen des Zuhälters zu schützen. Sie und das Kind hatten Glück. Sie bekam einen Sohn, Tim. Jöns nahm es gezwungenermaßen hin. Schließlich war sie sein bestes Pferd im Stall. Er sorgte dafür, dass der Junge sofort nach der Geburt bei einer älteren Prostituierten, die nicht mehr auf der Straße arbeitete, untergebracht wurde und schickte sie, sobald sie wieder genesen war, wieder anschaffen.
Kaja stöhnte und ließ den Kopf auf den Boden sinken. Sie hatte ihre letzten Kraftreserven mobilisiert und spürte, wie diese sie verließen. Der Nebel wand sich wie eine Schlange um sie.
Oh Gott Tim, was soll ich tun? Lieber Gott hilf mir! Als ihr Peiniger der wehrlosen Frau einen Stoß mit dem derben Stiefel ins Gesicht versetzen wollte, schloss sie die Augen, um sich endgültig ihrem Schicksal hinzugeben.
Das wars, sie schluckte. Fischfutter in der Ostsee …
Kaja spürte die Vibration der Maschinen an ihrer Schläfe und in jeder Faser ihres Körpers. »Tim«, hauchte sie mit letzter Kraft. »Tim«, dann verlor sie die Besinnung.
Fast zur gleichen Zeit, ein anderer Ort
Pfeifend ging Max um die Kiste aus Eichenholz herum und drehte den Lautstärkeregler am Radiogerät, das auf einem kleinen Holzhocker neben ihm stand, um die Musik besser hören zu können. Die Antenne war gegen die Wand gerichtet, damit das Gerät einigermaßen guten Empfang bekam. Der 56-Jährige hatte zusätzlich einen Metallbügel so zurechtgebogen, dass er als verlängerter Arm der Sendeantenne diente. »Morning has broken«dudelte durch den kahlen, kalten Raum. Max liebte dieses Lied. Das schwarze T-Shirt, dass er an diesem Tag trug, war mit lachsfarbenem Puder bestäubt, das er pfeifend mit einem dicken weichen Pinsel auf ihre bleichen Wangen auftrug.
»Nicht zu viel und nicht zu wenig«, flötete er bestens gelaunt vor sich hin. »Schön sollst du aussehen. Eine Nuance Pfirsich, ein Hauch Leben. Ein zarter Nudeton für die blassen Lippen. Sonst brauchst du nichts.« Der Mann trat einen Schritt zurück und betrachtete sein Werk. »Du sollst ja nicht daherkommen, als wärst du einem Kasperletheater entsprungen.« Er kicherte. »Oder als hätte eine Kosmetikerin in ihrem Übereifer zu tief in die Tiegel gegriffen.« Er liebte es, wenn sie aussahen, als kämen sie gerade von einem Spaziergang an der frischen Luft.
Max pustete das Puder vom T-Shirt und wischte sich die bestäubten Hände an einem dunklen Frotteehandtuch ab, das direkt neben ihm an einem Messinghaken an der Wand hing. Er ging zurück an die Holzkiste, die auf einem grau gestrichenen, gemauerten Podest thronte. Über der Kiste pendelte eine flackernde, knisternde Neonröhre, die links und rechts mit Ketten an der Decke befestigt war. Bei jeder Bewegung quietschte das Lampengehänge wie eine alte Tür.
Der 1,92 Meter stattliche Mann hob die Hand und zog die Röhre ein wenig zu sich herüber, um das Gesicht mehr auszuleuchten. Allerdings verursachte das kalte Neonlicht genau den gegenteiligen Effekt. Sie sah eher aus wie eine Figur aus »Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett«. Bleich und irgendwie tot.
Hier unten im Keller war die Lampe die einzige Lichtquelle, die den Raum ausleuchtete und lange harte Schatten an den gekalkten Wänden tanzen ließ. Man kam nur von außen dank einer Treppe hinunter in den Kellerraum, der sich im angrenzenden Anbau seines weit über hundert Jahre alten Hauses befand. Kein Fenster erhellte das Kellergewölbe.
Jedem normalen Menschen flößte der Blick in dieses Kellergeschoss Angst ein. Ein Gruselkabinett. Nicht so Max: Er liebte das Arbeiten hier unten seit Jahrzehnten und war argwöhnische und makabere Andeutungen gewöhnt.
Er guckte in die Kiste, griff nach einem rasiermesserähnlichen Gegenstand, der auf einer Art Aluminiumanrichte lag und mit diversen medizinischen Instrumenten um die Wette glänzte. Die metallischen Teile erinnerten eher an den Operationssaal einer Klinik und passten irgendwie überhaupt nicht in dieses dunkle Kellergewölbe. Er blickte kurz auf die Aluminiumtür, die sich neben dem Tisch aufbaute und hinter der ein Kühlraum lag.
Irgendwo im Gewölbe tropfte ein Wasserhahn. Das leise, monotone Plätschern konnte Max trotz Musik hören und es beruhigte ihn, obwohl es ihn gleichzeitig nervte, wenn Wasser einfach sinnlos im Abfluss verschwand. Allerdings war er bisher nicht dazu gekommen, die Dichtung zu erneuern.
Max sog die nach Methylalkohol und Gruft riechende Kellerluft tief ein. Für ihn war es wie ein Joint, der ihn beflügelte und zugleich berauschte. Es war frisch, aber das machte Max nicht das Geringste aus. Im Gegenteil. Er kam allein aufgrund seiner stattlichen Figur leichter ins Schwitzen als Normalgewichtige und liebte diese kühlen Räume, die gleichzeitig einen hervorragenden Weinkeller abgaben.
Max genoss Wein. Am liebsten trank er roten halbtrockenen Dornfelder. »Ein toller Traubenwein von tiefroter Farbe, mit kräftigem Bukett. Vollmundig, samtig weich und sehr fruchtig«, sagte er zu seiner holländischen Frau Lena, wenn er wieder einmal eine Sendung mit 20 Flaschen bekam, die schon ein paar Euro mehr kosteten. Max schwenkte den guten Tropfen gern im Glas und betrachtete den rubinroten Film, den er hinterließ. Er war ein Genießer und trank seinen Wein gerne allein. Dort unten baute er ein Regal in eine der Nischen, die genau die richtige Temperatur für den Dornfelder abgab. Gesunde zwölf Grad.
Bedächtig strich er mit den Fingern durch das graue Haar, schaute durch den Raum und wischte mit dem Handrücken Schweißtropfen von der Stirn.
»Gleich geschafft. Dann kannst du nach Hause.« Fast glücklich checkten die blaugrauen Augen ein letztes Mal die Tote vor sich.
Max schien zufrieden mit dem Ergebnis. Er neigte den Kopf und betrachtete sein Werk von allen Seiten. Zufrieden nickte er. Ein Lächeln umspielte die vollen Lippen.
Der Totengräber, wie Freunde ihn gern nannten, um ihn aufzuziehen, war einer mehrerer Bestattungsunternehmer auf Fehmarn. Einer der alteingesessenen. Seine Großeltern gründeten das Beerdigungsunternehmen vor über 70 Jahren, und er selbst übernahm vor einer halben Ewigkeit den Betrieb in dritter Generation. Nicht, dass er den Umgang mit Toten gesucht hatte. Er war, um es einfach auszudrücken, hineingewachsen. Spielte bereits als kleiner Knirps zwischen Särgen und Urnen und es schien selbstverständlich, dass er in das florierende Unternehmen einstieg. Da gab es von Seiten des strengen Vaters keinerlei Kompromiss. Im Laufe der Zeit gewöhnte er sich an den Gedanken, den Rest des Lebens unten im Kellergewölbe zu verbringen und die Verstorbenen herzurichten. Am Ende ist es ja kein schlechter Job. Und gestorben wird immer, dachte er jedes Mal, wenn er aus irgendeinem Grund mit sich haderte. Das machte diesen Arbeitsplatz zudem sicher bis in den Tod.
Und verdienen konnte man mit dem Tod auch anständig.
Max legte letzte Hand an bei der verstorbenen 89-Jährigen. Strich ihr noch einmal über die frisierten Haare. Dann senkte er langsam den Deckel des 3.000 Euro teuren Eichensarges. Anschließend setzte er sich auf den Sims vor dem Sarg, zog eine Schachtel Zigaretten aus der Hosentasche, entnahm einen Glimmstengel und zündete ihn an. Genüsslich zog er an seiner Kippe und schloss müde die Augen. Es war Freitag gegen 23 Uhr.
Was glaubst du, wer du bist. Langsam zog er das rasierklingenscharfe Messer aus der Innentasche der Jacke, sah es lächelnd an, hauchte dagegen und leckte mit der Zunge über das glänzende, kühle Metall. Dir werd ich’s zeigen. Lautlos schlich er von hinten an sein Opfer heran, das so beschäftigt war, dass es ihn nicht einmal wahrnahm.Die Dunkelheit spielte ihm zu.
Der Mann, der einen heißen Schmerz im Rücken gespürt hatte, sich umdrehte und die Klinge auf sich zurasen sah, fasste ungläubig mit der Hand an die klaffende Wunde. Warmes Blut drang im Takt des Herzschlags heraus. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er auf die Schattenfigur, die ihm lächelnd gegenüberstand. Aus seinem Mund, entsetzt zum Schrei geöffnet, kam nur gurgelndes Grunzen. Du machst mir das nicht kaputt. Sekunden später setzte der Mörder das Messer erneut am Hals des Opfers an und trennte den Kopf mit einem tiefen Schnitt vom Körper.
Er packte den Schädel des Toten und schleuderte ihn von sich. Anschließend hievte er die leblose Gestalt hoch, zerrte sie zur Brüstung und hebelte sie darüber. Ein letzter Blick in den Abgrund, dann verschwand er so lautlos, wie er gekommen war.
Die Fähre glitt weiter über die Ostsee Richtung Puttgarden. Kaja kam stöhnend zu sich. Sie stemmte sich auf ihre blutenden Hände. Mühsam zog sie ihren erschlafften Körper am Geländer hoch und schleppte ihn, ohne sich nur ein einziges Mal umzudrehen, hinter den Schornstein, um einen Augenblick Kräfte zu sammeln. Sie atmete tief durch und schloss für einen Moment die Augen. Ihr Leib schmerzte von den Schlägen und Blut benetzte ihre Lippen. Sie hielt den Bauch und versuchte, hochzukommen. Nebelschwaden waberten über den Boden und Kaja kam schleppend auf die Beine.
Wo ist Andrey?Was ist passiert, als ich ohnmächtig war? Ihr Schädel brummte und jeder Knochen tat ihr weh. Wo war ihr Peiniger? Es ergab keinen Sinn. Warum hatte er sie liegen lassen? Sie schüttelte sich, hielt sich am kalten Geländer fest und humpelte los. Ich muss hier weg!
Sie sah ängstlich über das Deck und machte ein paar Schritte vorwärts. Dann stand sie vor der Glastür zur Lounge. Mit dem Ärmel ihrer Jacke versuchte Kaja, den metallisch schmeckenden Saft von den Lippen zu entfernen. Sie wusste nicht, ob sie alles beseitigt hatte, aber es musste genügen. Sie hatte keine Zeit. Zerstreut fuhr sie die Hand durch ihre Haare und brachte sie, so gut es ging, in Ordnung.
Entfernt konnte die junge Frau trotz dicker Nebelsuppe, die sie wie ein Mantel umgab, schwach glimmende Lichter erkennen. Da draußen ist die Schattenküste, dachte sie und eine Gänsehaut zog über ihren zitternden Körper. Und das Puttgarden, mutmaßte sie und schlug fahrig auf den roten runden Knopf, der in Brusthöhe neben der Glastür angebracht war. »Geh auf, geh endlich auf«, flüsterte sie, während sie sich, vor Schmerzen gekrümmt, umsah. Mit leisem Zischlaut öffnete die Tür schließlich. Die verletzte Frau riss sich zusammen, humpelte auf ihren Sohn zu. Gefolgt von müden Blicken aufgeschreckter LKW-Fahrer, die hier in der Wartelounge ihre Pausenzeiten einhielten und sich nicht weiter für sie interessierten. Zwei schlürften Kaffee aus Pappbechern, drei andere machten ein Nickerchen auf grauen Drehsesseln. Kaja ging zur Bank und zerrte Tim hoch. Mit letzter Kraft zog sie ihn auf ihre Arme und schleppte sich die breite ausladende Teakholztreppe hinunter, die auf dem Gang endete, in dem Restaurants und Shops sich aneinanderreihten. Immer wieder rückte sie das schlafende Kind zurecht, damit es nicht herunterrutschte. Wo muss ich jetzt lang?, fragte sie sich unsicher. Kopfschüttelnd entschied sie sich für die rechte Seite. Die dürftige Notbeleuchtung wies ihr den Weg. Ich kann mir nicht mal Hilfe holen, weil die Bullen sonst blöde Fragen stellen könnten. Es ist zum Heulen.
Die mit einem Lochmuster aufbereiteten Rollläden der Duty-free-Geschäfte im Gang waren ohne Ausnahme bereits heruntergelassen. Niemand bewegte sich mit ihr auf dem langen, mit Linoleum ausgelegten Weg, der sie zum vermeintlichen Ausgang führte. Es war warm, doch ihr war unendlich kalt. Hier unten erinnerte sie die Fähre noch mehr an ein Geisterschiff. Keine Menschenseele, egal wohin sie blickte. Die wenigen Passagiere an Bord saßen entweder auf ihren Sesseln, oder hatten sich mittlerweile zu ihren Fahrzeugen in den Bauch des Schiffes verpieselt. Fußgänger fuhren um diese Zeit nicht mit dem Fährschiff nach Fehmarn. Je näher ich an die Ausgangstür gelange, umso lauter knarrt es hier. Wie gruselig. Wie in einer Geisterbahn. Auf der gesamten Fähre glimmte immer noch einzig die Notbeleuchtung, und alle paar Sekunden knisterten vereinzelt Neonröhren, als versuchten sie, von alleine wieder in Gang zu kommen. Kleine kurze Sequenzen, als Blitze erkennbar, wechselten sich mit der Dunkelheit in den Glaszylindern ab. Alles ist so unwirklich, so gespenstig. Im Moment ist es mir nur recht, alleine hier unten zu sein. So kann ich wenigstens sehen, ob mich jemand verfolgt. Auch wenn es wesentlich gefährlicher ist. Wenn er mich entdeckt, bin ich erledigt.
Es dröhnte und röhrte im Inneren der Fähre. Sie hatte das Zeitgefühl verloren, wusste nicht, wie viel Zeit seit ihrer Bewusstlosigkeit vergangen war.
Das Schiff stoppte auf und fuhr an die Anlegestelle heran. Kaja drehte sich immer wieder ängstlich um. Aber nichts geschah. Es blieb leer im Gang, der ihr wie ein Tunnel erschien und an dessen Ende die Tür zum Ausgang sichtbar wurde. Sie drückte ihren Sohn fester an ihren geschwächten Körper. Hier unten riecht es ekelhaft nach Putzmitteln und Frittenfett, dachte sie und atmete nur durch den Mund, um den für sie unangenehmen Geruch nicht inhalieren zu müssen. Mir wird gleich schlecht. Als sie sich umdrehte, knackte es auf einmal dermaßen laut, dass sie panisch zusammenzuckte. Überall auf dem Gang setzte plötzlich die Beleuchtung wieder ein. Jetzt muss ich hier schnellstens weg. Sie seufzte. Dann sah sie eine Frau in dunkelblauer Hose und weißem Poloshirt auf sich zukommen, die sie vorhin beim Betreten des Schiffes, an einer der Kassen wahrgenommen hatte. Müde schlich sie in Richtung der Toiletten. »Hallo, können Sie mir helfen?«, rief Kaja und sah ängstlich um sich. »Wo muss ich denn jetzt aussteigen?« Sie machte eine ungelenke Handbewegung zu den beiden gegenüberliegenden Ausgängen. Sie wollte diesen verdammten Kahn endlich verlassen. Kaja wusste wohl noch, wo sie eingestiegen waren, aber jetzt, hier unten, einsam und gottverlassen, sah alles irgendwie gleich aus. Die Frau fing an zu lächeln und antwortete mit dänischem Akzent. »Weiß nich, kein Ahnung. Is frag mal Steuermann. Komm sofort wieder. Du wartest.« Damit verschwand sie genauso schnell, wie sie gekommen war, über die Teakholztreppe in den oberen Bereich. Endlose Zeit verstrich, aber niemand erschien. Kaja pustete müde eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Dänin kam allerdings nicht zurück, obwohl sie ihr vor ein paar Minuten noch helfen wollte. Trostlose, gespenstische Leere. So ein riesiger Kahn und keine Menschenseele, wo gibt es denn so was?
Sie hievte Tim wieder in ihre Arme, die langsam anfingen, sich taub anzufühlen. Er war ein Fliegengewicht, aber über die Zeit fühlte er sich an wie ein Sack Zement. Sie zwängte sich in einen Türeingang, der nicht von jedermann sofort eingesehen werden konnte.
Da näherte sich wie aus dem Nichts ein Hüne. Kaja erschrak und machte wie ein ertapptes Schulmädchen einen Schritt auf ihn zu. Er sah sie knurrig an. Man sah dem breitschultrigen Mann an, dass er den Feierabend herbeisehnte. Durch die Aufschrift auf seinem T-Shirt erkannte sie, dass es sich zweifelsfrei um einen Sicherheitsmitarbeiter der Fährgesellschaft handelte. Die Erleichterung sah man ihr an. Ihre Gesichtszüge entspannten von einer Sekunde zur anderen. Mutig stellte sie sich ihm entgegen, als wolle sie erzwingen, mit ihr zu reden. »Wo bitte komme ich vom Schiff?«, fragte sie entschlossen.
Der Hüne sah sie verständnislos an. »Sie kommen hier gar nicht raus. Die Gangway bleibt zu«, raunzte der Riesenkerl in Bassstimme, die fast ein wenig an den deutschen Sänger Ivan Rebroff erinnerte, und zog die Augenbrauen bis zum Anschlag hoch. Er sah die junge Frau genauso mürrisch an, wie seine Stimme klang.
Kaja blickte entsetzt in das Gesicht, das von tiefen Furchen durchzogen war. »Wie die Tür bleibt zu? Ich muss doch wieder runter von diesem Schiff!« Ängstlich sah sie den Mann an, der die Hände in die Hüften stemmte, und ihr griesgrämig gegenüberstand. Dann wuselte er mit einer der großen Pranken durch die dünnen aschblonden Haare, bis sie wirr vom Kopf abstanden. Er starrte sie an und plötzlich fingen die grünen Augen an zu glänzen. Er betrachtete mitleidig das ungleiche Pärchen, und ihm wurde anscheinend klar, dass er sich im Ton vergriffen hatte. Sein Gesicht entspannte urplötzlich, bekam weichere Züge und er griente versöhnlich.
»Nun ham Sie mal keine Angst, junge Frau«, brummte er. »Um diese Zeit lassen wir die Tür zur Gangway zu. Es ist schon spät, Sie verstehn?« Er nickte bedeutungsvoll. »Sie müssen über das Eisenbahndeck.«
Verdutzt sah Kaja den Mann an, als hätte er ihr gerade gesagt, sie müsste wieder mit zurück nach Dänemark. »Eisenbahndeck? Ich will an Land, zu Fuß, nicht mit dem Zug fahren.« Kaja schüttelte entgeistert den Kopf. Verstand er sie nicht oder wollte er nicht verstehen. Sie wurde wütend. »Ich trage hier einen gefühlten Sack Zement auf dem Arm und Sie schicken mich in den Keller?«
Der Beamte lachte lauthals auf. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab. »Mensch, Mädel. Du sollst nicht in den Keller und nicht mit dem Zug fahren, du sollst nur über das Eisenbahndeck nach draußen an Land. Das ist der einzige Weg hier raus.« Er kratzte sich amüsiert den Schädel.
»Aber wo muss ich denn jetzt lang? Ich kenn mich auf diesem Riesenkahn nicht mehr aus.« Die Frau bekam Schweißausbrüche. Immer wieder rutschte der Kleine ein paar Zentimeter weiter herunter. »Sie sehen doch, dass ich ihn bald nicht mehr halten kann.«
»Keine Panik. Ich zeig euch, wo’ s langgeht. Da links die Glastür. Ihr müsst die Treppe runter und dann durch die Eisentür.« Er guckte auf die junge Frau, die ihn unglücklich ansah, und winkte ab. »Ach was solls, ich bring Se. Sie gehen unten über das Deck auf die andere Seite, bis die LKWs raus sind. Ein Mitarbeiter kommt und bringt euch zum Tor. Bis dahin verstanden? Alles okay?« Kaja nickte kraftlos. Noch einmal biss sie die Zähne zusammen und folgte dem Mann zum Parkdeck hinunter. Er öffnete ihr die quietschende Tür, hielt sich zum Gruß die Hand an die Schläfe und verschwand genauso schnell wieder, wie er vor ein paar Minuten erschienen war. Wie eine Nebelschwade auf dem Wasser.
Kaja spürte Erleichterung, als sie die Gänge verlassen hatte. Die Gefahr, von ihrem Peiniger entdeckt zu werden, war hier unten im Bauch der Fähre weit weniger gegeben.
Motorenlärm dröhnte wie ein Presslufthammer in ihrem Kopf und am liebsten hätte sie sich die Ohren zugehalten. Dazu kam der Gestank des übel riechenden Diesels, der sich auf den Flimmerhärchen ihrer Nase einnistete. Hört das mit dem Mief denn hier überhaupt nicht mehr auf, dachte sie und drängte ihren schmalen Körper zwischen gewaltigen, eng aneinandergereihten Trucks hindurch, bis die gegenüberliegende Seite des Unterdecks erreicht war. Normalerweise stand im imposanten Bauch des Fährschiffes zu den parkenden Fahrzeugen noch ein Eisenbahnzug, was Schienen belegten, die von einem zum anderen Ende des Schiffsbodens verliefen. Aber zu dieser nachtschlafenden Zeit gab es nicht einmal mehr einen Zug auf der Fähre. Das Motorengeräusch ist hier unten genauso wenig zu ertragen, wie der Mief. Wundert mich, dass Tim überhaupt schläft, bei dem Lärm. Der allerdings hielt den Hals seiner Mutter wie eine Kralle fest umschlungen. Wie selig ist der Schlaf der Kinder, dachte sie und atmete flach durch die Nase.
Der schmale Betonsteig war kaum einen Meter breit. Kaja musste aufpassen, dass sie nicht gegen die Seitenaufbauten der LKWs stieß, die nur Millimeter neben ihr standen und ihr wie Hochhäuser erschienen. Die Dinger werden auch immer monströser. Sehen ja fast schon aus, wie amerikanische Trucks. Aber da ist ja sowieso alles eine Nummer gigantischer, dachte sie, zog ihre Augenbrauen hoch und scheuerte an der kalten Stahlwand entlang, bis sie vor dem Ausgang stehen blieb. Aus dem Augenwinkel nahm die junge Frau hinter ihrer Schulter einen Schatten wahr und drehte sich blitzschnell um. Augenblicklich funkten ihre Antennen wieder Alarmbereitschaft. Ihr Körper verkrampfte sich und ihre Nackenhaare stellten sich auf. Ist er mir jetzt doch gefolgt? Hat er mich gefunden? Ihr Herz fing wie verrückt an zu rasen. Rasch machte sie einen Satz und zwängte sich, so gut es mit dem Kind ging, zwischen zwei Fahrzeuge, die ihr genau gegenüberstanden und einen schmalen Sicherheitsabstand einhielten. Sie presste Tims Kopf eng gegen ihre Brust, und hoffte, dass es sich bei dem Schatten nur um Einbildung handelte. Der Puls hämmerte unter ihrer Haut und sie hielt die Luft an. Ihr Hals trocknete aus und sie sammelte Spucke im Mund, um nicht zu allem Übel noch laut husten zu müssen. Der Fahrer, der hinter ihr im Führerhaus saß, konnte die Frau nicht sehen, weil er in eine Zeitung vertieft war. Er hielt das Blatt so dicht vor die Augen, dass er sie gar nicht hätte sehen können. Ängstlich drehte Kaja den Oberkörper in seine Richtung und duckte sich. Sie musste auf der Hut sein, verdrängte ihre Schmerzen und lehnte sich geschwächt gegen die Metallwand des rückwärtigen Hängers. Alles in ihr war bereit zum Angriff. Wie ein gejagtes Tier, das in einer unübersichtlichen Ecke kauerte, verharrte sie zwischen den Trucks. Sie schob den Kopf zur Seite, um den Gang einzusehen. Da ist niemand. Vielleicht dreh ich jetzt komplett durch. Wo ist er? Wo, verdammt noch mal? Kaja verharrte regungslos. Das Herz hämmerte wild und unkontrolliert in ihrem Brustkorb.
Plötzlich dröhnte und rumpelte es erneut im Inneren des Schiffes. Die weiß gestrichene Bugklappe des Fährschiffes öffnete sich Zentimeter für Zentimeter mit lauten Kratzgeräuschen, während die Fähre sich weiterhin im Anlegemanöver bewegte. Die LKW-Fahrer starteten unüberhörbar wie auf Befehl gleichzeitig die Motoren und drückten durchdringend auf die Pedale. Es klang wie das Aufheulen von Rennwagenmotoren kurz vor dem Start eines Autorennens auf dem Nürburgring. Kaja fuhr zusammen und sprang geschockt einen Schritt zur Seite. Sie musste ihr Versteck verlassen, verlor das Gleichgewicht, stolperte, und landete ohne Vorwarnung auf dem harten Betonsteig. Während sie krampfhaft versuchte, Tim mit einer Hand zu halten, der sich reckte und gähnend den Mund öffnete, stützte sie sich mit der anderen auf und schlug dabei mit den Kniegelenken auf das Metall. Sie spürte auf einmal ein brennendes Reißen in Handgelenk und Knien, das wie ein Stromschlag durch ihren Körper jagte und ihr Tränen in die Augen trieb. Sie liefen unaufhaltsam über das Gesicht. Kaja wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Es war, als wollte der Schmerz der letzten Stunden aus ihr heraus. Die Anspannung, die Angst um ihr Leben und das ihres Kindes waren eindeutig zu viel. Sie versuchte, sich aufzuraffen, aber ihr fehlte die Kraft, wieder auf die Beine zu gelangen. Das Handgelenk blutete und der Stoff ihrer Jeans wies Risse auf, aus denen ebenfalls Blut drang, das sich mit Dreck vom Boden vermischte. Es brannte höllisch.
Der Fahrer, der vor ein paar Minuten noch in eine Zeitung vertieft, jetzt darauf wartete, endlich losfahren zu können, beobachtete den Sturz. Er stellte sofort die Zündung ab und schwang sich aus dem Führerhaus. Vorsichtig legte er Kaja die Hand auf die Schulter, damit er sie nicht erschreckte, und half ihr auf die zitternden Beine. Tim erwachte und rieb verwundert mit seinen kleinen Fäusten die Augen. »Mama, was is los. Warum liegen wir hier?«
»Schlaf weiter Schatz, alles ist gut«, versuchte Kaja, den Jungen zu beruhigen, und strich ihm über die lockigen Haare. Der Fahrer des LKW redete beruhigend in einer ihr unbekannten Sprache auf sie ein und sie schüttelte einfach nur noch kraftlos den Kopf. Sie winkte ab und deutete ihm an, wieder einzusteigen. Als sie aufrecht stand, lehnte sie sich an die kalte Stahlwand des Schiffes und wartete. Für einen Moment schloss sie die Augen und klammerte sich an ihr Kind. Tim schnorchelte bereits wieder selig.
Kaja drückte ihn fest an ihre Brust und umarmte ihn mit beiden Händen.
Dann war die Klappe offen. Ein moderner, weißer Truck mit haushohen Aufbauten und einem zusätzlichen Anhänger rauschte mit hoher Geschwindigkeit von der Plattform. Noch einmal drehte sie sich unsicher um und wartete, bis die LKWs die übergroße Ladefläche verlassen hatten. Ein wenig erinnert mich das alles hier an Pinocchio, im Bauch des Wals, dachte sie. Es war der Lieblingsfilm ihres Sohnes, den sie mindestens ein Mal im Monat mit ihm anschaute. Trotz unsäglicher Schmerzen lächelte Kaja, während sie Tim liebevoll ansah.
»Mama, will schlafen. Will nich aufstehen!« Tim plapperte, hielt die Augen jedoch weiterhin geschlossen.
»Pst, musst du nicht, schlaf weiter, kleiner Mann. Mami ist da.« Kaja zog den Riemen ihres Rucksacks an und schlich den kalten Weg zum Ausgang. Niemand folgte ihr. Aber der wird mich suchen, da bin ich absolut sicher …
Schließlich lag jede Menge Drogengeld in Tims buntem Kinderrucksack. 135.000 Euro! Versteckt in seinem Teddy, in dem vorher die Drogen deponiert waren. Koks, Marihuana. Das ganze ekelhafte Zeug verpackt in Tütchen, die unauffällig über die Grenze nach Dänemark gelangten. Es handelte sich um einen regen Grenzverkehr, der zwischen den Ländern in einer üblen, undurchsichtigen Grauzone abgewickelt wurde.
Das sah Phillip Jöns völlig anders.
Weniger Aufsehen, als mit einem kleinen Balg an der Hand, konnte man Jöns Ansicht nach nicht erregen.
Damit war die Sache für ihn erledigt. Dass er viel Kohle einstrich, davon sprach er nie. Phil, wie er in der Szene genannt wurde, hatte den skandinavischen Markt für sich entdeckt und ausgekundschaftet, mit wem man welche Geschäfte auf der anderen Seite der Grenze machen konnte. Die Dealer trafen unauffällig auf einer der Fähren zusammen und tauschten ihre Ware in den Toiletten, ohne dass es irgendjemanden interessierte.
Abnehmer für den Stoff gab es in Skandinavien genug.
Andrey Below, Jöns Handlanger, machte, was er von ihm verlangte. Kaja war nicht begeistert. Sie wollte nie Drogendealerin werden und ihren Sohn auf keinen Fall in die Sache hineinziehen. Wie viel Panik hatte sie davor, dass Tim eines Tages Schaden nahm … das Milieu war schmutzig, derbe und unberechenbar. Aber bis er so alt war, das Ganze zu durchschauen, bis dahin musste sie längst mit ihm aus der Stadt verschwunden sein. Sie hatte nicht die geringste Wahl. Die Diskussionen, die sie bei Gegenwehr mit seinen Fäusten führte, prägten sie und flößten ihr Respekt ein. Sie dachte nur an das Geld, das er ihr dafür versprach, und daran, nicht mehr anschaffen gehen zu müssen. »Mit einem Gör an der Hand kontrolliert euch niemand. Brauchst keine Manschetten haben!«
»Und wenn sie uns erwischen?«
Er zuckte gefühllos mit den Schultern. »Was geht mich das an. Was soll schon passieren?« Ihm konnte es egal sein. Er kam überhaupt nicht mit den Drogen in Verbindung. »Denk an deinen Blagen. Dir wird dann sicher die passende Antwort einfallen«, sagte er lapidar. Kajas Herz fing jedes Mal heftig an zu rasen, denn sie wusste: Phillip meinte es ernst.
Aber wie so oft in den letzten Monaten, fuhren sie auch dieses Mal problemlos wieder nach Puttgarden zurück, ohne eine einzige Kontrolle zu erleben. Niemand schöpfte Verdacht, kein Schwein hielt sie auf. Doch heute war alles anders. Ihr Leben und das ihres Sohnes standen auf dem Spiel …
Sie wusste, dass sie endgültig aus dem Dunstkreis der Hamburger Szene verschwinden musste. Phil wird mich suchen, wenn er von Andrey erfährt, was passiert ist. Und er wird mich finden und umbringen, da bin ich sicher. Sie zitterte wie ein Hund, der aus den Fluten der eiskalten Ostsee heraustrabte und schlotternd am Strand stand.
Plötzlich tauchte ein Mann aus der Dunkelheit auf. Kaja zuckte zusammen und blieb erstarrt stehen.
Im Kachelofen knisterte ein Feuer und wohlige Wärme breitete sich im Wohnzimmer aus.
Charlotte Hagedorn saß mit dicken Wollsocken, langer Leinenhose und flauschigem Pullover bekleidet auf dem Sofa und versuchte, durch heftiges Pusten, den heißen Tee abzukühlen. Ihre Nichte Katrin Duvenstedt hatte sich in den Ohrensessel ihrer Tante gekuschelt, der gegenüber des Sofas vor dem Fenster stand, und hielt ebenfalls ihr Getränk in Händen.
Draußen war es stockdunkel, was für diese Jahreszeit keineswegs ungewöhnlich war und die Regentropfen klatschten im Takt eines Trommelsolos unaufhörlich gegen die große Fensterscheibe. Wieder einmal.
»Der Februar bringt bisher nichts als Kälte, Nebel und Regen«, sagte Charlotte deprimiert.
»Das hört aber auch diesen Monat überhaupt nicht mehr auf mit dem miesen Wetter«, ergänzte sie. »Da wird man ja ganz rammdösig.« Katrin blickte über den Rand des Bechers hinweg und schielte nach draußen. »Ach Tantchen, was willst du denn auch im Februar anstellen? Ist doch sowieso alles kahl und ungemütlich. Du hast es doch hier drinnen schön gemütlich und kuschelig. Was willst du denn mehr?« Katrin schmunzelte und nahm einen Schluck Holundertee.
Sie spürte, dass Charlotte unruhig wurde, wenn sie allzu lange auf dem Hintern sitzen musste, ohne irgendetwas anstellen zu können.
Der Überfall lag mehrere Monate zurück und Charlotte hatte die unsägliche Geschichte zum Glück einigermaßen schadlos überstanden. Dennoch spürte Katrin, dass tief drinnen in ihrer Tante die Angst wachte, auch wenn sie niemals ein Wort darüber verlor.
Einziges sichtbares Zeichen dieser grauenvollen Nacht war die Narbe am Handgelenk. Stifte mussten die Knochen so lange zusammenhalten, bis sie irgendwann wieder zusammengewachsen waren.
Die Zeit nach den Ereignissen war eine schmerzhafte und traurige Zeit. Katrin legte ihrer Tante des Öfteren ihre Überlegung dar, das einsame Haus am Sund zu verkaufen, um eine etwas belebtere Wohngegend zu suchen.
Charlotte konnte und wollte sich allerdings nicht entscheiden, obgleich sie mehrere interessante Angebote erhalten hatte.
»Ne, zu groß, zu klein, zu alt, zu …« Irgendetwas hatte sie bisher immer auszusetzen gehabt. Katrin wusste, dass sie niemals aus diesem Haus ausziehen würde, wenn nicht etwas Dramatisches passierte, was ihr keine andere Wahl ließ.
Um sie aufzumuntern, sagte sie: »Was hältst du davon, wenn wir beide heute Abend lecker essen gehen. Ist doch Wochenende und ich hab … ehrlich gesagt, keine Lust auf Brot.«
Charlotte sah ihre Nichte erstaunt an und lächelte. Sie war erleichtert, dass Katrin den Unfall, und alles, was damit zusammenhing, so schadlos überstanden hatte. Sie hatte sich gut erholt, seit sie aus Hamburg hierher gezogen war. Die paar Pfund mehr am Körper kleideten sie besonders gut. In ihren Haaren leuchteten seit kurzem ein paar blonde Lichter, und sie trug nicht mehr nur Surf- und Sportklamotten. »Die Hose steht dir richtig gut«, sagte Charlotte.
»Du sollst nicht ausweichen. Gehen wir essen oder gehen wir essen?«
»Ach Mädchen, wo willst du denn um diese Uhrzeit hin?«
»Wieso, ist doch nicht Mitternacht«, lachte sie. »Ist doch gerade mal 19 Uhr!«
Katrin stand auf und ging ans Fenster. Die Jeanshose und der dazu passende kurze Pullover unterstrichen ihre gute Figur. »Dieses Friesenblau steht dir aber auch besonders gut«, versuchte Charlotte abzulenken.
»Tantchen, nu sag schon. Auf was hast du Appetit? Grieche, Italiener, Chinese?« Sie drehte sich um, und sah ihre Tante fragend an.
Charlotte ist seit dem Unfall gealtert, dachte Katrin. Aber der Kurzhaarschnitt steht ihr wirklich gut. Ihre Tante trug die Haare seit ein paar Wochen kürzer und hatte die blonden Strähnen herauswachsen lassen.
Die weißen Haare standen ihr allerdings ebenso gut, wenn nicht sogar besser und passten hervorragend zu ihrer bunten Kleidung und den kunstvoll drapierten Hüten, die sie meistens trug.
Katrin war sich sicher, dass die Zeit auch die Wunden ihrer Tante heilen würde.
»Ich hätte, ganz ehrlich, Lust, mal zum Margaretenhof nach Neujellingsdorf zu fahren. Da war ich eine Ewigkeit nicht mehr.«
»In den teuren Schuppen? Was die Leute erzählen …«, antwortete Charlotte verblüfft.
Katrin hob die Hand und stoppte ihre Tante. »Papperlapapp. Was du immer hast. Das Essen ist top und die Preise sind echt angemessen.« Sie blickte Charlotte verwundert an. »Wer erzählt bloß so einen Blödsinn. Ich möchte dort auf jeden Fall heute hin. Und du kommst mit! Basta!«
Sie ging auf Charlotte zu und zog sie vom Sofa hoch. »Komm, Faulpelz, keine Müdigkeit vorschützen. Das wird dir auch guttun.«
Schwerfällig erhob sich Katrins Tante von der Couch und zupfte ihre bunte Strickjacke glatt. »Ach Kind, dann muss ich mich auch noch umziehen. Ich hab gar keine Lust.« Widerwillig ließ sie sich aus dem Wohnzimmer lotsen.
»Und ob! Wir gehen! Und was du anhast, kannst du anlassen. Das sieht toll aus.« Damit ging sie in den Flur und schlüpfte in die dunkelblaue Baumwolljacke, die mit maritimen Holzknöpfen verziert war.
»Du hast gut reden. Du siehst immer gut aus, egal was du anhast.«
»Ruhe!«
Sie hielt Charlotte ihren dreiviertellangen Mantel hin, damit sie hineinsteigen konnte. Ihr blieb keine andere Wahl, als sich ihrer Nichte zu ergeben.
Katrin griff nach dem Schirm und sie verließen das Haus.
Eine Viertelstunde später stiegen sie in der Dorfstraße in Neujellingsdorf aus dem Auto.
»Das liegt ja richtig idyllisch«, sagte Charlotte bewundernd.
»Sag mal, warst du vorher noch nie hier?« Sprachlos sah Katrin ihre Tante an.
»Doch …«, log sie.
»Quatsch, du warst noch nie hier.«
»Na ja, das war mir einfach zu teuer«, gestand sie.
»Als wenn du aufs Geld achten müsstest. Ich glaube es nicht.« Katrin schüttelte ihren Kopf. »Nun lass uns mal reingehen und freue dich. Ich lade dich ein.«
Plötzlich leuchtete ein Strahlen über Charlotte Hagedorns Gesicht. »Ach Kindchen, das ist aber lieb. Hätte doch gar nicht nötig getan. Du weißt, dass ich es mir leisten könnte.«
»Na, dann genieß es. Komm, sonst sind wir durchnässt, bevor es überhaupt etwas zu essen gibt.«
Katrin hakte ihre Tante unter und sie gingen unter dem geöffneten Regenschirm ins Restaurant.
»Gemütlich«, hauchte Charlotte Katrin ins Ohr.
»Na warte erst einmal auf das Essen!«
Die Chefin kam um die Ecke und begrüßte die beiden Ankömmlinge freundlich wie alte Bekannte.
»Einen Tisch für Zwei?«, fragte Katrin. Die Besitzerin, Christine Dietrich führte sie in einen kleinen Raum mit sehr viel Atmosphäre. Zierliche Dekoration auf den Fensterbänken ließ den Alltag schnell außen vor.
»Ich setz mich ans Fenster«, sagte Charlotte leise.
»Von mir aus.« Katrin nahm ihr gegenüber Platz. Es gab nur einen weiteren Tisch in dem kleinen Raum.
»Kann ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?«, fragte Frau Dietrich zurückhaltend und reichte beiden eine Getränkekarte.
»Tantchen … Rotwein oder was meinst du?« Sie blickte einen kurzen Moment in die Weinkarte und legte sie danach wieder aus der Hand.
Charlotte nickte und fragte: »Dornfelder? Haben Sie Dornfelder? Halbtrocken?«
Die Besitzerin des Restaurants nickte ebenfalls und kam kurz darauf mit den bestellten Getränken zurück.
Katrin fuhr genüsslich mit der Zunge über die Lippen. »Ich weiß gar nicht, was ich essen soll. Das ist alles so lecker, und wie das klingt: Gebratene Riesengarnelen auf cremigem Hummerrisotto und frischer Mango. Das nehme ich. Und vorher frisch gerollte California Sushi mit cremigem Flusskrebstatar und Lachs. Und du Tantchen?«
Charlotte sah aus, als könnte sie sich in der Karte überhaupt nicht zurechtfinden. »Haben Sie auch was, das ich kenne?«
Frau Dietrich lächelte. »Was halten Sie von Ente mit Klößen und Rotkohl oder Fehmaraner Rehgulasch mit Spitzkohl, gebratener Williamsbirne und Schupfnudeln. Das ist wirklich sehr lecker.«
Charlotte raufte sich die Haare. »Lassen Sie mir noch ein paar Minuten, bitte.« Frau Dietrich nickte und verließ den Raum.
»Hab ich dir doch gesagt, das ist alles Schickimicki. ›Schnupfnudeln‹. Wollen die mir hier Drogen andrehen.«
Katrin fing laut an zu lachen. »Tantchen, das heißt, Schupfnudeln. Und fehmarnscher als Reh und Ente geht doch gar nicht.«
Katrin schlug die Karte zusammen und nahm Charlotte ihre aus der Hand. »Also dann ess ich lieber das Gulasch mit diesen Dingern, na diesen Nudeln. Und vorher einen Salat.« Katrin nickte und als Frau Dietrich wieder erschien, gaben die beiden ihre Bestellungen auf.
»Na dann, Prost.« Leise klirrten die Gläser aneinander. Es war auffällig ruhig in dem Raum.
»Das ist wie im Urlaub«, schwärmte Charlotte auf einmal. »Diese Ruhe, göttlich. Kein lautes Gequassel, das man sowieso nicht hören will. Das gefällt mir hier doch besser als gedacht.« Sie strich mit ihrer Hand über die von Katrin.
»Warte erst mal bis das Essen kommt. Das ist wie Urlaub im Himmel«, sagte Katrin und lächelte.
»Sag mal, was macht eigentlich dein Kommissar aus Neustadt? Läuft da nun was oder nicht?«
Katrin sah ihre Tante fragend an. »Warum interessiert dich das so?«
»Na ja, wenn ich mich an die Telefonate in letzter Zeit erinnere«, zwinkerte diese.
»Ach, da ist nichts … wirklich nicht. Ich finde ihn ja ganz nett, aber das war es auch schon.« Katrin faltete die Serviette auseinander und legte sie über ihre Knie. »Und außerdem ist er Sven doch ähnlicher, als ich dachte.«
»Wieso das denn?« Charlotte nahm einen Schluck aus ihrem Glas.
»Ja, wie soll ich sagen. Er ist ja immer gut drauf, im Gegensatz zu Sven, aber auch irgendwie ein Luftikus, glaube ich zumindest.«
Charlotte hörte aufmerksam zu. »Er fährt alle zwei Wochen nach Hamburg ins Volksparkstadion, geht gern auf die Piste und … um ganz ehrlich zu sein, er ist mir zu jung. Das hatte ich alles zur Genüge.«
Charlotte stellte ihr Glas ungläubig auf den Tisch. »Das ist nicht dein Ernst! Oder?«
Katrin zuckte die Schultern. »Ich weiß ja auch nicht.« Sie atmete tief ein, bevor sie fortfuhr. »Ich möchte ehrlich gesagt, endlich ankommen. So wie bei dir. Ich brauch jemanden, auf den ich mich hundertprozentig verlassen kann und nicht jedes Wochenende Fußballterror und Bundesliga.«
Jetzt war es an Charlotte, den Kopf zu schütteln. »Du bist ja nun noch keine 70, so wie ich bald.«
»Nein, aber …« In diesem Moment kam die Vorspeise.
»Das sieht aber lecker aus«, schielte Charlotte Hagedorn auf Katrins Teller und sah erst dann auf ihren Caesar Salat.
»Auch nicht schlecht«, antwortete die und deutete auf die kleinen essbaren Blümchen.
»Aber nu mal Butter bei die Fische. Sven ist weg, der kommt wohl so schnell auch nicht wieder. Und dieser Thomas ist ein feiner Kerl: Freundlich, hilfsbereit, gutaussehend … was gibt es da noch … ach ja, er ist gutbezahlter Polizeibeamter«, betonte Charlotte.
»Erst einmal, woher weißt du, ob der gut bezahlt wird? Und zweitens, ich will aber keinen Beamten, ich will einen, der mich versteht, mich ernst nimmt und mit mir gute Bücher liest, verstehst du?«
»Ne, was willst du denn mit einem, der gute Bücher liest. In deinem Alter liest man doch keine guten Bücher, da macht man die Geschichten live, die später zu Papier gebracht werden.« Charlotte griente.
»Tante Charlotte!« Katrin wurde das Gespräch peinlich und sie versuchte abzulenken. »Was du immer so erzählst. Ich wusste, du verstehst mich nicht.« Sie nahm ein Stück Sushi auf die Gabel und ließ es langsam und genüsslich im Mund verschwinden. »Göttlich.«
Nach einer weiteren Viertelstunde stand das zweite Glas Wein auf dem Tisch und die Hauptspeise auf angewärmten Tellern vor ihnen.
»Na, das sieht ja noch besser aus als die Vorspeise. Und wie das duftet.« Charlotte winkte mit der Hand den Dampf ihres Gulaschs in ihre Nase. Das Wasser lief ihr sprichwörtlich im Mund zusammen. »Das war wirklich eine gute Idee hierherzufahren«, sagte sie zufrieden.
»Was ist mit Sven? Hat er sich schon bei dir gemeldet?«
Katrin schüttelte wieder den Kopf. »Ne, und das ist auch gut so. Ich denke, wir sind doch mehr Freunde als Pärchen. Das habe ich leider erst gemerkt, als ich zu dir gezogen bin.«
Charlotte nickte. »Die Wochenenden, alles schön und gut, aber für immer. Nein, das ist es nicht.«
Katrin schob mit der Gabel letzte Krümel des Essens zusammen und legte das Besteck auf den Teller. »War das gut!«
»Ihr werdet euch aber irgendwann schon über den Weg laufen.«
»Das macht nichts. Lass ihn erst mal seinen Frust wegsurfen, dann werden wir weitersehen.« Katrin nahm ihre Serviette vom Schoß und platzierte sie zusammengefaltet neben dem Teller. »Bist du satt?«
»Mäh, wie sollt ich satt sein, ich fand kein einzig’s Blättelein …«
»Nun ist ja gut, Tantchen. Sei nicht so albern. Was hältst du denn von einem superleckeren Schokoküchlein. Der hat einen flüssigen Kern. So etwas hast du vorher noch nie gegessen.«
Charlotte rieb sich mit der Hand über den gut gefüllten Bauch. »Meinst du, dass da noch was reinpasst?«, fragte sie, zog die Augenbrauen hoch und lächelte spöttisch.
»Nein, du hast Recht. Ich glaube, das langt. Wirklich, sonst platze ich!«
»Wie müsste er denn sein, der Mann deiner Träume?«, fing Charlotte noch einmal an.
»Was du alles wissen willst … Das kann ich dir nicht einmal sagen.« Katrin zuckte die Schultern. »Weiß nicht. Vielleicht sportlich, ruhig und ordentlich, treu …?«
»Na das sind ja tolle Attribute, die du dir wünschst. Dann mal viel Spaß beim Suchen. Das kann nur ein Beamter sein.«
»Kann ich sonst noch etwas bringen. Eine Nachspeise vielleicht oder einen Absacker?« Frau Dietrich lächelte die beiden Frauen an.
Plötzlich hörten Charlotte und ihre Nichte lautes Stimmengemurmel. Eine Frau und ein Mann betraten den kleinen Gastraum, in dem sie einen gemütlichen Abend verbracht hatten, und setzten sich lautstark schwafelnd an den Nebentisch.
»Wird Zeit, dass wir hier verschwinden«, flüsterte Charlotte.
Katrin nickte.
»Ne, ich glaube, da geht nichts mehr. Wir möchten zahlen«, antwortete sie und zog das Portemonnaie aus ihrem Rucksack.
Kurze Zeit später verließen sie satt, zufrieden und kichernd den Margaretenhof.
»Das war wirklich eine glänzende Idee! Bis auf das Gequatsche am Nebentisch. Gut, dass wir raus sind«, lachte Charlotte und drückte ihre Nichte fest an die Brust, bevor sie in den Wagen stiegen.