Kykladen für Zwei - Markus Joél - E-Book

Kykladen für Zwei E-Book

Markus Joel

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Beschreibung

Begleiten Sie ein abenteuerlustiges Pärchen auf einer urkomische Reise durch Athen und die griechischen Kykladen-Inseln! Ohne konkreten Reiseplan stürzen sich Kristin und der Ehe-Cheffi erneut in aufregende Abenteuer im Süden Europas. Die unterhaltsame Reiseerzählung bietet dabei eine Mischung aus lustigen, spannenden und liebenswerten Ereignissen. Die beiden lassen dabei nichts aus: Angefangen vom Großstadtrummel und alternativen Spießern in Athen bis hin zum Besuch in einem bodenlosen Hotel. Sie erleben Zoff in einem antiken-, wilde Partys in einem Fußballstadion und eine Verfolgungsjagd in der Altstadt Athens. Auf den vielen Kykladen-Inseln, die sie dann bereisen, werden sie stets von turbulenten Abenteuern begleitet. Sie müssen aus einer Bretterbude fliehen, treffen auf traditionell pfeifende Polizisten und nehmen an einem Duell zwischen Fisch und Gyros teil. Sie jagen steinerne Löwen und erleben einen Alptraum auf hoher See. An Orten, wo unter der heißen Sonne getanzt wird, erfahren sie, dass nicht jeder schön genug für Klein-Venedig ist. Sie lernen das Maskottchen Petros kennen und haben auf See sogar Supermodels an Bord. Schließlich nächtigen sie bei Krähen, lernen einen Instagram-König kennen, entkommen knapp einer Gefängnisstrafe und begegnen der überirdischen Großfamilie der Griechen. Nach einem chaotischen Segeltörn und einem eiskalten Restaurantmarathon folgt eine unvergessliche Busfahrt ins Nirgendwo. Und schließlich sorgt ein griechisches Haltestelle-Quiz und die Begegnung mit Werwölfen an einem Flughafen dafür, dass es den beiden nicht langweilig wird. Erleben Sie eine humorvolle Reise voller Anekdoten und über 100 selbstgezeichneter Cartoons auf den Kykladen-Inseln. Lassen Sie sich von den spaßigen und liebenswerten Situationen mitreißen und seien Sie bereit für unvergessliche Abenteuer!

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Vielen Dank an

Julia,

Kristin,

Marion

und Dario,

die mich mit Engagement und Sachkenntnis bei der Erstellung des Buches unterstützt haben.

Prolog – Zwei Bayern in der Taverne Teil 1

Kennst du diese regionalen Gutscheinhefte, die dich dazu inspirieren, neue Orte zu entdecken, an denen du nie zuvor gewesen bist? Sie bieten vergünstigte Angebote für Restaurants, Theaterbesuche, Konzerte und Museen in deiner Umgebung.

Es gibt so viele kleine „Abenteuer“ zu erleben, und wir genießen es, diese Alltagsreisen ins Unbekannte zu unternehmen.

Wir, das sind meine Frau Kristin und ich. Eine Bayerin und ein „Preuße“, die eine Cross-over-Ehe eingegangen sind. Unternehmungslustig und mit viel Humor unterwegs, die Welt zu erkunden.

Ich bin ein in Düsseldorf geborener und in Köln groß gewordener Rheinländer. Obwohl es zwischen den beiden Städten eine gewisse Rivalität gibt, bin ich vermutlich der einzige Mensch auf der Welt, der sowohl Alt-Bier als auch Kölsch gleichermaßen zu schätzen weiß. Ich bin zufrieden, wenn sich beim Eishockey die Kölner Haie und die Düsseldorfer EG, gütlich mit einem Unentschieden trennen. Später bin ich dann zu allem Überfluss zu den Bayern nach München gezogen, habe kurz darauf Kristin kennengelernt und bald geheiratet.

Mein Spitzname ist „Cheffi“. Das hat sich meine Frau ausgedacht, um mir das Gefühl zu geben, dass ich in unserer Ehe die Hosen anhabe. In Wahrheit wissen wir, dass das meist nicht so ist.

Unser Gutscheinheft empfiehlt heute, ein neues Restaurant zu besuchen. Ich würde zwar gerne einen „Italiener“ ausprobieren, aber Kristin zieht es kulinarisch Richtung Griechenland. Nach kurzer Diskussion setzt sich meine Frau mal wieder gegenüber ihrem „Cheffi“ durch.

Der passende Coupon verspricht uns zwei griechische Essen zum Preis von einem auf der anderen Seite der Stadt.

Und so schwingen wir uns in die Münchner U-Bahn, um bei den Hellenen einen kulinarischen Kurzurlaub zu genießen.

Eine halbe Stunde später stehen wir vor unserem Ziel.

Von außen wirkt es leider gar nicht so griechisch, wie wir es uns erhofft haben. Das heruntergekommene Fachwerkgebäude erinnert eher an die Fassade einer alten Dorfkneipe.

Kristin macht Mut, war es doch ihre Idee hierher zu fahren.

„Schau, über der Eingangstür, da steht zumindest Taverne!“

Mir fehlt zunächst die Fantasie, etwas in dieser Art zu erkennen, da das von Spinnweben verhangene blau-weiße Neonschild viele dunkle Stellen aufweist.

Ich lese nur „… ave …“.

Aber wenn ich mich richtig erinnere, ist „Ave“ ein alt-römisches Wort und bedeutet auf Deutsch in etwa so viel wie „Hallo“ oder „Willkommen“.

Vielleicht landen wir hier am Ende doch bei einem Italiener und ich komme zu meiner Pizza.

Als unsereins die „Ave“ betritt, sind wir etwas verwirrt.

Die Einrichtung ist ein wilder Mix aus bayerischem und griechischem Kitsch. Keine Spur von südländischem Flair!

Die Wände werden von verblichenen Bildern in goldenen Holzrahmen und Hirschgeweihen geschmückt. Das alte Mobiliar wirkt abgewohnt.

Aus Lautsprechern schallt ABBA.

„Deine Lieblingsgruppe!“

lacht Kristin.

Reinste Ironie! Falls Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid auf einer Party aufgelegt werden, verschwinde ich sofort von der Tanzfläche. Hier läuft das Lied „SOS“ und ich fühle mich gerade wie auf einer Insel gestrandet, ohne Fluchtmöglichkeit vor der Musik.

Außer einem älteren Ehepaar, das schweigend in einer Ecke sitzt, sind wir hier heute Abend die einzigen Gäste. Während wir uns umschauen, bemerke ich, dass die Frau mit ihrem Daumen im Takt des laufenden Liedes auf den Tisch tippt.

Hier sind also zu allem Überfluss ABBA-Fans zu Gast.

Eine Sekunde lang werfe ich Kristin einen

„Lass uns wieder verschwinden!“

-Blick zu, aber es ist zu spät.

Eine Kellnerin hat uns bemerkt und stürzt hinter einer Ecke hervor. Wir werden zu einem Tisch geleitet, über dem ein riesiges, verstaubtes Geweih hängt. Hoffentlich ist es ausreichend am Mauerwerk befestigt. Der alte Putz an den vergilbten Wänden sieht nicht gerade vertrauenerweckend und stabil aus.

Kristin versucht weiter meine Stimmung zu retten

„Jetzt gibt´s erstmal ein griechisches Bierchen!“

Gibt es natürlich nicht!

Hier wird „Krombacher“ ausgeschenkt.

Haken dran, ich kann nicht alles haben. Es bleibt jetzt nur die Hoffnung auf südländische „Zwei für Eins“-Spezialitäten.

In der Speisekarte finden wir zwischen Weißwürsten und Schweinebraten tatsächlich griechisch klingende Gerichte.

Das Fiasko setzt sich beim Essen jedoch fort. Das Mahl ist mittelmäßig gewürzt und fast kalt.

Und so kauen wir lustlos auf den öligen Speisen herum. Aber wer weiß, vielleicht haben wir einfach nicht das kulinarische Verständnis für unterkühlte griechische Gerichte entwickelt. Asiaten essen Fisch schließlich auch kalt und nennen es einfach Sushi.

Während wir also unser „griechisches Sushi“ mit schwindender Begeisterung zu Ende verzehren, frage ich die hübsche, aber leider sehr unerfahrene Kellnerin, ob wir zum Nachtisch einen Ouzo bekommen könnten.

Sie kennt keinen „Ouzo“, steht vor einem unlösbaren Rätsel und verharrt sprachlos sekundenlang an unserem Tisch.

Bevor ich ihr erklären kann, dass Ouzo eine weltberühmte griechische Anisspirituose ist, zückt Kristin genervt ihr Portemonnaie und verlangt die Rechnung.

Die finstere Miene der Kellnerin verwandelt sich nun in ein Lächeln. Das Ouzo-Problem löst sich zu ihrer Beruhigung in Luft auf, sie verschwindet hinter einem Tresen und ermittelt unser „Schmerzensgeld“.

Als sie kurz darauf mit der Rechnung wieder vor uns steht, folgt eine Diskussion, was denn ein Gutschein mit der Überschrift „Zwei Essen zum Preis von einem“ bedeutet.

Wir hatten unseren Coupon zwar schon, wie es sich gehört, bei der Essensbestellung erwähnt, aber das hat hier niemanden interessiert. Die Verhandlungen ziehen sich und endlich schaltet sich der schwäbisch sprechende Wirt ein und der Kuddelmuddel mit unserer „halben“ Rechnung löst sich auf. Er möchte uns noch zur Entschuldigung etwas Gutes tun und bietet ein kostenloses Getränk an. Er hätte da vor kurzem einen großartigen Wein von der Mosel hereinbekommen. Unsereins winkt dankend ab. Uns ist das hier alles „viel zu griechisch“ und wir verdrücken uns.

Als wir frustriert vor der Tür der „authentischsten Taverne aller Zeiten“ stehen, meint Kristin schuldbewusst

„Das war nichts! Nächstes Mal eben wieder zum Italiener.“

„Oder wir schauen uns mal direkt vor Ort in Griechenland eine echte Taverne an!“

schlage ich vor.

„Super Idee“

findet Kristin, die sich jetzt schnell vom Tavernen-Schock erholt.

„Da haben wir doch eine prächtige Idee für unseren nächsten Urlaub!“

Inhaltsverzeichnis

Prolog – Zwei Bayern in der Taverne Teil 1

Griechischer Reisecocktail

Unser Plan? Keiner!

Das Kykladen-Studium

Völlige Überlastung im Outdoor-Shop

Ab in den Süden

Athen – Im Rausch der Großstadt

Immer Ärger mit „Irmchen“

Alternative Spießer

Die Gyros-Luke

Das bodenlose Hotel

Wir nehmen es nicht so genau

Akropolis adieu

Zoff im Panathinaiko-Stadion

Party im Olympiakos-Stadion

Viel Wind um nichts

Sicher und sexy

Verfolgungsjagd an der Plaka

Insellotterie

Da will uns einer um die Ecke bringen

Aufräumen um zehn

Das Mitternachtskonzert unter Sternen

Paros – Im Zentrum der Kykladen

Flucht aus der Bretterbude

So weiß, weißer gehts nicht

Traditionelles pfeifen

Fisch schlägt Gyros

Easy riding auf der Insel

Hektik im Gotteshaus

Kurztrip auf die andere Seite

Antiparos – Die kleine Schwester

Maßnahmen gegen die Insel-Tristesse

Reise zum Mittelpunkt der Erde

Paros – Home sweet home

Feine Hotelsitten

Mopedmania - Spaß auf eigenes Risiko

Bootsfahrt mit Tiefgang

Delos – Trip in die Vergangenheit

Nix los in der Antike

Instagram-Alptraum auf hoher See

Mykonos – Tanz unter heißer Sonne

Nicht schön genug für Klein-Venedig

Petros das Maskottchen

Models an Bord

Paros – Das letzte Drittel

Goldige Zeiten am Strand

Straßenbau in Lichtgeschwindigkeit

Hausbau in Zeitlupe

Wilde Zeiten am Kai

Tinos – Der spirituelle Ort

Guter „Hotel-Rat“ ist teuer

Buße auf allen vieren

Schon wieder die „schönste“ Stadt der Kykladen

Eine Kreuzfahrt zum Einschlafen

Andros – Grüne Oase im Mittelmeer

Herzlicher Empfang in der „Hütte“

Rakete unterm Hintern?

Moby rettet Batsi

Schnitzeljagd nach Andros-Stadt

Zechprellerei

Rucksack-Kniffe auf hoher See

Naxos – Der Kykladenriese

Zu Gast bei Krähen

Zu Gast beim Instagram-König

Haremshosen inklusive

Ohne Alexandros auf großer Tour

Der Akademiker von Demeter

Man spricht gefälligst deutsch!

Knapp an der Gefängnisstrafe vorbei

Die überirdische Großfamilie der Griechen

Zitronenklebstoff

Schwimmen mit James Bond

Die irdische Kleinfamilie zu Gast bei Fischern

Überlebenstraining auf Naxos

Schiffbruch im Zeitplan: Wenn`s wieder länger dauert

Amorgos – Am Ende der Welt

Abendliche Rush-hour

Die schottische Strafkolonie

Leandros, der gestreifte Leichtmatrose

Heilige Orte am Abgrund

Schottland vs. Griechenland

Im Rausch der Tiefe

Achterbahn auf Amorgos

Mit Myki-Maus auf großer Tour

Santorin – Inselperle im Touristensturm

Einfahrt ins vulkanische Stadion

Den Letzten beißen die Hunde

Der eiskalte Restaurantmarathon

Shoppingtour in blond

Die gequälte Schönheit

Musikalischer Umzug nach Kamari

Hafenchaos auf Griechisch

Die bunte Badewanne

Wettlauf zu Vulkanspitze

Stinkesteinchen vom Mond

Hinauf nach „I-Ahhh!“

Das Haltestellen-Quiz

Labyrinth zur Tapas-Bude

Werwölfe am Flughafen

Kein Sand am Red-Beach

Schon wieder antike Ferkeleien

Zurück ins Chaos

Unterwegs mit Käpt'n Niveau

Busfahrt ins Nirgendwo

Nicht Düsseldorf oder Frankfurt, sondern München

...

und die Griechen?!

Epilog – Zwei Bayern in der Taverne Teil2

Anhang: Tops und Flops

Das macht uns Spaß

Das macht uns keinen Spaß…

Der Reiseautor: Markus Joél

Ebenfalls vom Autoren Markus Joél erschienen

Griechischer Reisecocktail
Unser Plan? Keiner!

Der Aufenthalt in der Taverne hat uns tatsächlich nicht entmutigt, sondern eher motiviert, in Griechenland nach dem Rechten zu sehen.

Griechenland, die Wiege der Antike, der Wohnsitz des göttlichen Zeus sowie der schönen Aphrodite, Quelle der Demokratie und Ursprung des Satzes des Pythagoras.

Nun gut, die Mathematik lassen wir auf unserer Reise mal außer Acht. Es sei denn, wir müssen einmal das Trinkgeld in einer Taverne berechnen. Aber selbst dann runden wir großzügig auf und es wird sicherlich höher ausfallen als das in der „Ave“.

Viele Künstler machen Lust auf Griechenland:

Udo Jürgens besingt nicht den Mosel-, sondern den wunderbaren griechischen Wein. Mireille Mathieu schwärmt nicht vom Kölner Dom, sondern von der berühmten Akropolis.

Und Anthony Quinn tanzt keinen Discofox, sondern einen fetzigen Sirtaki am Strand.

Nicht, dass wir die Musik von Udo und Mireille wirklich mögen, aber das, über was sie singen, weckt wunderbare Erwartungen an unser kommendes Reiseziel.

Zum Glück ist bald Ferienzeit.

Während der letzten Urlaube waren wir sehr faul, haben meist am Hotelstrand gelegen und uns bei Ausflügen auf das Organisationstalent von Reiseleitern und Charterbussen verlassen.

Aber immer nur „pauschal“ und wohlbehütet die Ferien verbringen?

Diesmal nicht!

Wir wollen auf unserer kommenden Tour viele unterschiedliche Orte besuchen, herrlich spontan und planlos sein, Abenteuer erleben und aus dem Bauch heraus entscheiden, was wir als Nächstes tun wollen.

Bereits auf dem griechischen Festland bieten sich viele wohlklingende Reiseziele an:

Die malerischen Küsten des Peloponnes, der Golf von Korinth, das majestätische Bergmassiv Olymp und vieles mehr.

Aber wir lieben es, auf dem Meer zu sein, und so lassen wir gedanklich das Festland beiseite und wenden uns dem griechischen Teil des Mittelmeeres, der Ägäis, zu. Mit ihren zahlreichen Inseln scheint sie wie geschaffen für eine kombinierte Boots- und Inseltour. Schnell sind wir uns einig, dass „Insel-hopping“ genau das Richtige für uns ist.

Wir erwarten ein blau-weißes Gemisch aus Mittelmeer und Stränden, wunderbarer Natur, südländischer Atmosphäre und die unbezahlbare Freiheit das zu tun, worauf wir Lust haben.

Das Kykladen-Studium

Wir nehmen uns vor, die griechische Inselwelt in aller Ruhe zu erkunden und planen dafür sechs Wochen Zeit ein. Bei einem Blick auf die Ägäis-Landkarte wird schnell klar, dass uns eine schier unendliche Zahl an Zielen erwartet:

Etwa 3000 Inseln liegen bereit, von uns erkundet zu werden.

„Dann müssen wir ja nur 80 Inseln am Tag besuchen, wenn wir alles sehen wollen!“

witzelt Kristin, die mit gezücktem Taschenrechner hinter mir steht.

Da wir uns inmitten von so vielen Optionen verloren fühlen, beschließen wir, uns auf eine Region zu konzentrieren, die genug Abwechslung bietet. Das Gebiet der Kykladen zwischen der Türkei und Griechenland scheint uns perfekt zu sein. Wir „würfeln“ am Ende die den östlichen Teil der Inselgruppe aus, der uns bis zum südlich gelegenen Eiland Santorin führen soll.

Kristin fällt schließlich noch ein, dass Mireille Mathieus Akropolis nicht auf einer Insel im Meer, sondern in Athen erbaut wurde. Wir fügen also die griechische Hauptstadt unserer Planung hinzu.

Tagelang bemühen wir uns dann eine Reiseroute auszuarbeiten, die irgendeinen tieferen Sinn ergibt. Trubel und Ruhe soll sich mit Kultur, Natur und Strandurlaub abwechseln.

Das funktioniert nicht.

Wir verlieren stets die Übersicht über die zahlreichen Ziele und Fährverbindungen und stellen fest, dass wir uns schon wieder in viel zu viel „Planerei“ verlaufen.

Schluss damit! Wo bleibt denn unsere sehnsüchtig erhoffte Spontanität? Es gibt für uns jetzt nur einen kurzen „Plan B“.

Und der heißt: Wir schauen einfach mal!

Schließlich legen wir nur die Daten für die An- und Abreise und die Flughäfen fest.

Unser erstes Ziel wird Athen sein. Mit den Schiffen, die im mächtigen Hafen der Stadt, Piräus, vor Anker liegen, wird es uns sicher gelingen auf die Kykladen zu schippern. Von der Insel Santorin aus werden wir dann wieder nach Hause fliegen.

Was ansonsten zwischen An- und Abreisetag passiert, steht nun in den „Sternen des Südens“.

Und falls es mit dem Fährtransfer ins Mittelmeer von Athen aus doch nicht klappen sollte, werden wir eben sechs Wochen lang auf der Akropolis sitzen, griechischen Wein trinken, Sirtaki tanzen und irgendwann „Adieu“ sagen.

Und schon haben wir mit nur wenigen Zutaten einen wohlschmeckenden Reisecocktail zusammengebraut.

Ich plane zwar nicht, mit Haien um die Wette zu tauchen oder ohne Sauerstoffmaske auf Bergen in 7000 Metern Höhe herumzulaufen, aber ich möchte trotzdem ein richtiges Urlaubsabenteuer in der Ägäis erleben.

Für mich bedeutet Abenteuer, mit dem Rucksack und dem Moped durch die Gegend zu ziehen und im Schlafsack unter einem Sternenhimmel oder im Zelt zu übernachten.

Für Kristin dagegen besagt Abenteuer zunächst auf der Couch zu liegen und sich auf Netflix einen Thriller anzuschauen.

Sie kann sich erst einmal so gar nicht für meine Vorstellung von Abenteuer-Urlaub begeistern.

Als ich ihr jedoch klar mache, dass mittlerweile auf so ziemlich jeder Insel im Mittelmeer WLAN verfügbar ist und es überall Haar-Shampoo und Nagellack in Supermärkten zu kaufen gibt, verfliegen ihre Zweifel.

Unsere nette Reiseverkehrsfreundin um die Ecke organisiert schnell ein paar günstige Flüge und so haben wir schon einmal mit diesem Ticket das wichtigste Reisedokument in den Fingern.

Alles andere wird sich nun finden.

Völlige Überlastung im Outdoor-Shop

Ein paar Tage später besuchen wir ein „Outdoor- und Abenteuergeschäft“ in der Münchner Innenstadt und decken uns mit Reiseutensilien ein. Die Auswahl der „perfekten“ Rucksäcke gestaltet sich dabei nicht so einfach:

Leicht sowie stabil sollen sie sein. Und „gut aussehen“, wie Kristin betont.

Sechs Wochen sind eine lange Reisezeit, da muss anständig was an Klamotten hineinpassen. So probiert meine 1,65-Meter „große“ Frau zunächst den ein oder anderen „Riesen-Kampf-Rucksack“ aus. Sie verschwindet dabei förmlich zwischen den Tragegurten. Der vorsichtige Hinweis meinerseits, dass wir die Säcke im Urlaub auch tragen müssen und nicht wie einen Rollkoffer durch die Gegend ziehen können, hilft, ihre Ansprüche etwas herunterzuschrauben.

Nach unzähligen Anproben finden wir schließlich das für sie passende Utensil. Nicht zu groß, nicht zu klein und mit vielen praktischen Innen- und Außentaschen versehen. Und er sieht nach Kristins Ansicht großartig aus, weil er doch so toll zu ihrem roten Lieblings-Top passt. Somit wäre dann das wichtigste Kriterium erfüllt.

Auch ich finde das für mich angemessene Teil. Groß genug, um meine Utensilien unterzubringen und notfalls ein paar Kleinigkeiten von Kristin aufzunehmen, falls in ihrem Ranzen der Platz nicht reicht. Das Blau des Stoffes passt zur Farbe des Himmels im Mittelmeer.

Wir fischen noch einige Zeit in den vielen verführerischen Überlebensutensilien, die es hier in im Survival-Laden zu kaufen gibt.

Nach einer Stunde kommen wir jedoch zu dem Schluss, dass unser Gepäck weder durch Geigerzähler, Feuersteine und auch durch keine Unterwasserfackeln ergänzt werden muss.

Vor einem Wühltisch kommen wir zufällig mit einem Kunden ins Gespräch, der im vergangenen Sommer unser anvisiertes Reiseziel besucht hat. Er erzählt uns, dass die „60er-Jahre Hippiezeiten“ in Griechenland endgültig vorbei seien und wildes Campen selbst im Sand am Meer weitestgehend verboten ist.

Wir werden also kaum wie gewünscht unter freiem Himmel übernachten können, weder am Strand noch unter Brücken. Es bleiben nur die typisch überfüllten Campingplätze. Doch darauf hat Kristin keine Lust. Zähneknirschend stimme ich dem etwas kleineren Übernachtungsabenteuer in Form von Pensionen, einfachen Hotels und Jugendherbergen zu. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich auch keine rechte Lust auf dieses Ungeziefer, das da so im Süden auf nacktem Boden herumkriecht, und so kann ich Kristins triumphierendes Grinsen besser ertragen.

Ab in den Süden

Bestückt mit nagelneuen, bis zum Bersten gefüllten Rucksäcken und zwei Flugtickets starten wir einige Wochen später um fünf Uhr morgens in den Urlaub.

Der Flughafen der bayerischen Landeshauptstadt liegt weit außerhalb der Stadt, genauer gesagt im „hohen“ Norden.

Es kommt mir manchmal so vor, als läge er näher an Nürnberg, das 170 km entfernt ist, als bei unserer Wohnung im Zentrum Münchens.

Zunächst nehmen wir ein Taxi zum Hauptbahnhof, der sich um die Ecke befindet. Während der kurzen Fahrt dorthin verlieren wir plötzlich die Lust, anschließend noch eine Stunde in der S-Bahn zum Flughafen zu sitzen.

Unser Chauffeur bekommt das mit und macht ein unschlagbares Angebot für die Fahrt zum Lufthafen.

„Einverstanden!“

lese ich in Kristins Gesicht.

Wir schalten das Gehirn bis zum Airport aus und lassen uns chauffieren.

Was sind wir doch für Abenteurer!

Schon auf heimischen Boden holt uns die Bequemlichkeit ein.

Unser Formel Eins-Taxifahrer hetzt wie ein Verrückter durch die nächtlich einsamen Straßen Münchens und „knallt“ die Autobahn Richtung Norden hinauf.

Das ist dann schon einmal das erste „spannende“ Reiseerlebnis, auf das ich gerne, festgekrallt im Sitz, verzichtet hätte.

Im Abflugterminal ist früh morgens nichts los und wir haben Zeit, endlich einen Kaffee zu trinken und die letzte „Brezn“ auf heimischen Boden zu essen.

Wir freuen uns jetzt aber auf südländische Spezialitäten in hoffentlich authentischen griechischen Tavernen.

Der kurze Flug nach Athen dauert nur zweieinhalb Stunden.

Wie immer haben wir viel mehr Zeit am Flughafen mit dem Check-in und Onboarding verbracht als in den Wolken.

Neben vielen Touristen sind auch einige gutgelaunte Griechen an Bord.

Sie steigern unsere Vorfreude auf die kommenden Wochen.

Wie schnell wir von dem Pre-Oktoberfest geprägten München in eine fremde Kultur eintauchen.

Athen – Im Rausch der Großstadt
Immer Ärger mit „Irmchen“

Die Landung in Athen ist sanft.

Wir strömen schnell durch die wenigen Kontrollen und finden auf Gepäckband 17 unsere Rucksäcke wieder. Hier im Flughafen schwirren viele alternativ aussehende Reisende mit langen Haaren und bunten Kleidern umher. Sogar ein Mädel mit coolen Rasta-Locken hat sich unter die Fluggäste gemischt.

Fein, hier sind sicher viele „BackPacker“ auf Tour. Wir wollen gerne mit Gleichgesinnten unterwegs sein. Vielleicht ergibt sich ja sogar die eine oder andere Reisefreundschaft. Unsere Rucksäcke scheinen jedoch die Einzigen zu sein, die auf den vielen Gepäckbändern um uns herum liegen.

Ein „alternativ Reisender“ nach dem anderen schnappt sich seinen Hightech-Rollkoffer und zieht gut gelaunt von dannen.

Wir sind anscheinend die Einzigen, die hier noch authentisch und traditionell reisen. Und ich hatte Kristin zu Hause erzählt, dass in Griechenland das Inselhüpfen mit Rucksack Volkssport Nr. 1 sei. Nichts davon scheint wahr zu sein.

Händchenhaltend verlassen wir das Flughafenterminal, um uns den 30 Grad Celsius und der unvermeidlichen Betriebsamkeit zu stellen, die jeden Besucher einer Großstadt außerhalb des geschützten Flughafengebäudes erwartet. Wir befinden uns umgeben von dem typischen Gewimmel aus Einheimischen und Reisenden.

Keine Ahnung, was nun zu tun ist!

Aber wir finden die Sonne und die Temperaturen hier erst einmal großartig. Wir schließen die Augen und lassen das südländische Klima ein paar Sekunden wirken.

Schnell werden wir aus unseren Gedanken gerissen.

Eine wild herumspringende Reiseleiterin bringt mit viel Geschrei eine Gruppe deutscher Pauschaltouristen auf „Urlaubs-Kurs“. Die hektische Dame versucht den Touristenschwarm in einen Bus zu pferchen. Aber es fehlt jemand. Ein unbeschreiblicher Aufruhr ist die Folge. Menschen rennen wild schreiend durcheinander und mir scheint es, als ob die zugehörige Reiseleiterin von allen das größte Chaos veranstaltet, anstatt beruhigend auf die Gruppe einzuwirken. Ein Polizist mit einem Schäferhund an der Leine schießt ums Eck. Es sieht fast so aus, als wenn er das wild kläffende Tier auf die aufgeregte Touristenherde loslässt, um sie wie Schafe zusammenzutreiben.

Ein weiterer markerschütternder Schrei durchfährt den Terminal-Vorplatz.

Alle Blicke wandern nach links, als eine ältere Dame mit ihrem Rollkoffer auf unser nervöses Urlauber-Ensemble zu keucht.

Die entschwundene Touristen-Seele!

Eine Frau aus der Gruppe ringt mit der Fassung.

„Irmchen, da bist du ja! Wir sollten doch zusammenbleiben.“

„Irmchen“ hatte ihre Reisegruppe aus den Augen verloren, ist panisch durch den Flughafen geirrt und hat hier anscheinend jeden verrückt gemacht.

Immer mehr Menschen fallen sich in die Arme und es fließen Freudentränen. Schließlich schafft es der Flughafenbeamte sogar seinen Hund zu beruhigen und ein Tourist nach dem anderen verschwindet im Bus. Als die Reiseleiterin endlich zuletzt in das Fahrzeug steigt und dieses dann wild hupend davonfährt, atmen wir durch.

Wir können nun unsere Gedanken ordnen. Da wir zu keiner geführten Herde mit Reiseleitung-Schäferin gehören, müssen wir uns jetzt selber darum kümmern, wie wir in die Innenstadt Athens gelangen.

Wir traben erst Richtung U-Bahn, doch entdecken dann eine Busstation mit dem Schild „Athen-Central“. Der Bus fährt durch die halbe Stadt und obwohl der Zug das Ziel sicher schneller erreicht, entscheiden wir uns für die spannendere Option, über-statt unterirdisch durch Athen zu fahren.

Alternative Spießer

Wir besteigen den wartenden Stadt-Bus und werfen unsere Rucksäcke auf die großzügige Gepäckablage in der Mitte des Fahrzeuges. Dabei ernten wir direkt die ersten missbilligenden Blicke der weniger authentischen Backpacker, die befürchten, dass ihre nigelnagelneuen Rollkoffer Kratzer abbekommen könnten. Unsere Tornister werden sofort wieder von den hochglänzenden Kofferschmuckstücken heruntergehoben und sorgsam neben den „Gepäck-Juwelen“ aufgestellt.

„Was für Spießer!“

sage ich zu Kristin.

Sie ergänzt

„Und die Rastalocken von der Blonden da hinten sind auch nicht echt!“

Wir werden in diesem Bus sicher keine Freundschaften mit Gleichgesinnten schließen, aber das ist uns jetzt erst einmal egal.

Der Flughafen liegt einige Kilometer östlich der Innenstadt und nach ein paar Minuten Fahrt tauchen wir in eine aufregende Metropole ein. Die vollen, engen Gassen sind meist durch sandsteinfarbene Gebäude gesäumt. Diese sind oft nur wenige Stockwerke hoch.

Je weiter wir in das Stadtzentrum vorstoßen, desto mehr Trubel umgibt den Bus.

Wie viele Menschen in Griechenlands Hauptstadt leben, weiß wohl niemand so genau. Die Bewohner nehmen es mit der Meldepflicht nicht so ganz ernst.

Ich muss immer grinsen, wenn die Einwohnerzahlen deutscher Städte veröffentlicht werden, die meist bis auf Zehner- und Einerstellen exakt angegeben werden.

München hat demnach „genau“ 1.484.226 Einwohner.

Athen nimmt es mit seinen geschätzten drei bis fünf Millionen Bürgern etwas lockerer.

Immer wieder sehen wir riesige Schilder mit Abbildungen von wunderschönen Häusern und Gärten. Hinter den Tafeln finden sich dann meistens verlassene Baustellen mit Betonmischern, ein paar Brettern oder Steinen wider. Es scheint hier viele Pläne für den Bau von Gebäuden zu geben, aber die Umsetzung verläuft schleppend.

Nur wenige Stopps unterbrechen die Fahrt.

Unser Busfahrer möchte sicher in die Mittagspause und gibt in den teils schmalen Straßen Gas. Das Fahrzeug schaukelt wild hin und her und die vielen stehenden Fahrgäste versuchen schwankend das Gleichgewicht zu halten.

Es ist heiß und stickig. Eine Mitfahrerin übergibt sich.

Irgendwann reicht es mir.

Durch das Fenster sehe ich ein Schild, das zur Akropolis weist. Der Comic „Asterix bei den Olympischen Spielen“ erinnert mich daran, dass die Akropolis mittig in der Stadt auf einem Berg liegt.

Also sind wir hier bestimmt richtig.

Ich gebe Kristin das Signal, unseren rollenden Hexenkessel zu verlassen.

Wir springen aus dem Bus, nicht ohne mindestens einen der edlen Roll-Koffer umzuwerfen.

Nein, nicht aus Boshaftigkeit, sondern aus Versehen.

Aber ein Grinsen können wir uns wegen der wütend dreinschauenden Besitzer am Ende doch nicht verkneifen.

Die Gyros-Luke

Nun stehen wir da.

Zwei orientierungslose, müde und schwerbepackte Touristen im Gewühle von Athen.

Wir müssen jetzt erst einmal das wichtigste Bedürfnis stillen.

„Hunger?“

frage ich Kristin.

Sie nickt

„Originale griechische Fleisch-Taschen, darauf haben wir uns doch so gefreut!“

„Du meinst einen Döner!?“

frage ich

„den haben sie doch aber in der Türkei erfunden!“

„Nein ich meine die griechische Variante, Gyros. Außerdem wurde der erste Döner in Berlin von einem Türken kreiert und stammt gar nicht direkt aus der Türkei. Darüber hinaus enthält Döner zur Unterscheidung niemals Schweinefleisch, Gyros schon!“

werde ich durch meine Frau belehrt.

Ich wundere mich, woher sie das alles weiß. Soweit meine Erinnerung reicht, haben wir diese Leckerei zu Hause nie zusammen gegessen. Sicherlich futtert sie so etwas heimlich.

Ich schau mich nach einem Grill um.

Was heißt denn Gyros nochmal auf Griechisch?

Aha, „Gyros“ heißt hier „Gyros“, wie mir das Schild über einer Luke an einer Hauswand weist.

Ich schaue in die Öffnung am Mauerwerk und ein Schwall Hitze und Fettgeruch schlägt mir entgegen.

Ein verschwitzter Koch schaut hinter seinem Tresen hervor und wedelt wild mit seinen Händen herum. Dabei fliegen kleine Fleischstücke durch die Gegend.

Mir reicht es jetzt schon.

Der Mann gibt mir zu verstehen, dass er auf meine Bestellung warte und nicht ewig Zeit habe.

Mit geschlossenen Augen ordere ich zweimal Gyros und Limonade.

Wie ein Roboter zaubert mein Koch innerhalb von Sekunden zwei Gyros-Brot-Taschen zusammen. Eingewickelt in ranzige Servietten bekomme ich das Essen überreicht.

Wenn das mal gutgeht.

Es wird doch stets empfohlen, dass du als Reisender in den ersten Tagen deines Urlaubs langsam mit der hiesigen Küche beginnen solltest.

Wir beißen mutig ins Essen und können es nicht glauben:

Das leckerste Gyros unseres Lebens!

Zartes Fleisch ohne ein Gramm Fett, frischer Salat und superleckeres Knoblauchbrot.

In Rekordzeit verschlingen wir diese überraschende Delikatesse.

Wir schauen uns mit diesem

„Noch-Einen!“

-Blick an.

Also trabe ich wieder zur Gyros-Luke und wiederhole das Bestellprozedere.

Nach wenigen Sekunden ist der Nachschub fertig und unser Koch scheint sich wirklich zu freuen, dass es uns schmeckt.

Wir haben hier in Athen die erste „heiße“ Adresse gefunden. Sie ist in keinem Reiseführer aufgeführt und wird für ewig unser Geheimtipp bleiben.

Wenn wir hier jeden Tag essen, kann sich der arme, verschwitzte Kerl sicher irgendwann einmal eine Klimaanlage oder neue Servietten leisten.

Das bodenlose Hotel

„Wo ist denn jetzt die Akropolis?“

möchte Kristin wissen.

Jedenfalls nicht hier, wo wir grad stehen.

Aber die Ecke in der wir hier zufällig gelandet sind, gefällt uns gut. Die Mitropoleos-Straße, auf der wir uns bewegen, durchquert einen quirligen Teil Athens. Wir beschließen hier ein Hotel zu suchen und werden kurz darauf fündig.

Von außen sieht das Gebäude zwar wie ein alter Bunker aus, beim Betreten macht es aber einen gepflegten Eindruck. Der Mann an der Rezeption ist nett und bestätigt uns, dass wir in einer tollen Gegend von Athen gelandet seien. Um die Ecke läge der Syntagma–Platz, das Herz der Stadt.

Wunderbar, wir haben Glück und alles richtig gemacht.

Die ganzen anderen „Alternativen“ im Flughafenbus sind jetzt sicher immer noch unterwegs oder in einem langweiligen Außenbezirk der Stadt gestrandet.

„Zimmer 512 im fünften Stock!“

Dankend nehmen wir den Schlüssel entgegen und traben hinüber zum klapprigen Aufzug neben der Rezeption.

Hier passt nur eine Person hinein und so fahre ich vor. An den Knöpfen der Wahltafel sind keine Nummern hinterlegt und so zähle ich die Stockwerke ab:

Erdgeschoss, eins, zwei, drei, vier, fünf. Auf geht’s!

Nach einer gefühlt halbstündigen „Rumpel-Fahrt“ in der 40 Grad heißen Kabine steige ich aus und schicke den Lift wieder abwärts. Einige Minuten später erreicht Kristin das Stockwerk und steigt mit hochrotem Kopf aus.

Ich glaube, ihr hat die Fahrt auch nicht so gut gefallen.

Der Hotelflur, der uns in Empfang nimmt, wirkt nicht einladend. Ein alter Teppich und abgerissene Tapeten werden von einer schummrigen Beleuchtung erhellt.

„Hier gibt es gar keine Zimmernummern!“

bemerkt Kristin.

Es ist eh nur eine einzige Tür am Ende des Ganges zu finden.

Das wird es sein!

Mir kommt in den Sinn, dass ich nahe des Hoteleingangs ein Schild gesehen habe, das unsere Herberge mit nur einem Stern auszeichnet. Und ich meine mich zu erinnern, dass außerdem der griechische Hotelstandard „etwas“ zu Ungunsten vom Deutschen abweicht.

Wir öffnen die Tür. Wie praktisch, hier ist gar nicht abgeschlossen.

Wie auch?

Das Schloss fehlt!

Wir schauen uns um. In dem dunklen Loch liegt ein alter Stuhl ohne Sitzboden und ein Campingtisch. Eine zerfledderte Matratze ergänzt die „Präsidentensuite“ dieses Hotels.

„Hier ist ja nicht mal richtig sauber gemacht worden. Schau mal, der Dreck auf dem Tisch!“

beschwert sich Kristin

„aber da stehen zumindest Putzmittel in der Ecke!“

„Glaub mir, das ist im Moment unser geringstes Problem!“

erwidere ich.

Kein Bettzeug, keine Dusche, kein Fenster … kein Urlaub!

Für mich ist das jetzt etwas zu viel Abenteuer und ich gebe Kristin das Signal zum Umkehren.

„Vergiss nicht abzuschließen!“ empfiehlt sie mir schnippisch.

Wütend schiebe ich eine alte Kommode, die neben der Zimmertür steht, vor den Eingang, damit uns nicht noch ein anderer Gast das „edle“ Zimmer wegschnappt.

Kristin zeigt mir einen Vogel.

Da wir keine Lust auf den Rumpelaufzug haben, stolpern wir die enge Treppe hinunter zur Lobby.

„Na, noch auf Tour heute?“

möchte unser freundlich winkender Mann hinter dem Eingangstresen wissen.

Am liebsten würde ich den Kerl an seiner Krawatte über die Theke ziehen.

„Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen schonend beibringen soll …?!“

stottere ich herum.

„ … das Zimmer ist Scheiße!“

führt meine fauchende Frau den Satz zu Ende.

Was denn mit dem Raum nicht stimme, will unser Gastgeber wissen und ich antworte genervt

„Wenn ich das alles aufzählen müsste, würden wir beide die ganze Nacht hier stehen!“

Verwirrt schaut mich der Rezeptionist an.

Fünfter Stock, tolles Zimmer, mit Bad und WC und das Bett sei doch auch Kingsize.

Ob er denn mit mir mal da hochfahren und seine Wahrnehmung von der „Sache“ mit meiner vergleichen möchte, schlage ich vor. Er winkt lachend ab und gibt mir einen anderen Schlüssel.

Zweiter Stock.

Das „Akropolis-Zimmer“!

Ok, auf geht’s zur nächsten Runde. Wir haben jetzt keine Lust mehr auf Treppensteigen und ich begebe mich wieder in die Aufzugszelle.

„Ach so, und bei den Fahrstuhlknöpfen müsst ihr immer eins abziehen. Der unterste Knopf ist für den Keller. Der zweite für die Lobby. Der vierte Knopf von unten ist also für den zweiten Stock gedacht!“

weist uns der Mann von der Theke an.

Mir dämmert es langsam. Wir sind vorhin eine Etage zu kurz gefahren und in der hiesigen Abstellkammer des Hotels gelandet. Ein bisschen Schuldbewusstsein macht sich jetzt bei mir breit, weil ich doch eben zu Unrecht so barsch war.

Aber wer kommt denn auf die Idee, eine komplette Etage als Abstellraum zu nutzen?

Wir stehen vor unserem neuen Zimmer im richtigen Geschoss und öffnen die Tür zunächst mit geschlossenen Augen. Kristin blinzelt als Erste. Alles in Ordnung. Es erwartet uns ein einfach ausgestattetes, aber dafür großes Zimmer.

Ich muss nun erstmal den Aufzug-Schweiß von meinem Körper spülen.

„Ich gehe duschen, kommste mit?“

frage ich.

„Ich geh danach!“

beschließt Kristin.

Das Bad ist klein, dunkel, die Duschtasse ist angeschimmelt und zu zweit duschen würde hier gar nicht funktionieren.

Ich bin jetzt auch froh, mal fünf Minuten meine Ruhe zu haben. Zumindest hat hier jemand geputzt, es riecht nach Chlor. Ein alter dunkler Flokati-Teppich liegt herum. Wie kommt einer auf die Idee, so etwas in einem Bad auszulegen?! Als ich vor dem Spiegel stehe und mich erfrische, erklärt sich der strenge Geruch. Es ist das Wasser, das hier wie in einem Schwimmbad mit Chlor versetzt ist.

Ich sinke mit dem rechten Fuß im Teppich ein.

Was ist denn nun schon wieder los?

Als ich den Stofffetzen zur Seite ziehe, offenbart sich ein schwarzes, stinkendes Loch, das vermutlich als Abfluss dient.

Das Sieb fehlt und als ich mich herunterbeuge, um es genauer zu betrachten, werde ich von zwei „original griechischen" Kakerlaken begrüßt, die auf dem Weg nach oben sind. Ich schiebe sie genervt in ihre „Wohnung“ zurück und fülle den Gully mit zwei Kilogramm Klopapier auf, bevor ich ihn sorgfältig mit dem Läufer abdecke.

Wenn Kristin das mitbekommt, können wir direkt den nächsten Flieger Richtung Heimat nehmen. Ich werde ihr also besser nichts davon erzählen.

Die anschließende Dusche erfrischt und ich fühle mich wieder wie neugeboren.

Ich gebe das Bad für Kristin frei.

Sie hat jetzt aber gar keine Lust mehr auf ein Brausebad und möchte lieber durch die Stadt ziehen.

Eine gute Idee. Ich knipse das Licht im Bad aus und verschließe sorgsam die Tür.

„Lass doch auf, damit da ein bisschen Luft reinkommt!“

sagt Kristin.

„Lieber nicht!“

stammle ich herum.

Kristin fragt nicht weiter nach.

Unsere Rucksäcke stelle ich aufs Bett.

„Ist besser so, wer weiß wer hier schon alles barfuß rumgelaufen ist!“

erkläre ich weiter.

Kristin interessieren die Gründe für meine Hygienemaßnahmen zum Glück immer noch nicht.

Beim Verlassen des Zimmers lacht sie

„Soll ich abschließen, oder schiebst du wieder eine Kommode vor die Tür?“

Mir egal, einen Schrank würde ich jetzt höchstens noch auf das Loch im Badezimmer stellen.

Wir nehmen es nicht so genau

Draußen dämmert es bereits.

Jetzt am frühen Abend ist das Viertel rund um unser Hotel noch lauter und quirliger als bei der Ankunft. Viele Menschen sind hier unterwegs und etliche hupende Autos schieben sich durch die von kleinen Geschäften gesäumten Gassen. Wir beschließen, mit dem Strom der Athener in Richtung des von unserem Hotelier hochgepriesenen Syntagma-Platzes zu wandern.

Dies ist ein wunderbarer und weitläufiger Ort. Eine mehrspurige Straße führt halb um den Platz. Unglaublich viele Motorräder sind hier unterwegs.

Das kurze Aufheulen einer Sirene reißt uns aus den Gedanken, als wir die Fahrspur überqueren wollen.

Zunächst glauben wir, dass das Horn uns meint. Aber wir sind erst kurz in Athen und können noch nicht so viel falsch gemacht haben, als dass uns die hiesige Polizei jagt.

Es sei denn, die „Alternativen" aus dem Flughafenbus haben gepetzt, dass wir ihre Design-Koffer umgeworfen haben.

Direkt vor uns hat ein Motorradpolizist einen Biker mit Kutte auf einer schweren Maschine gestoppt. Wie viele hier in der Gegend fährt der Rocker ohne Kopfschutz. Es entwickelt sich ein kurzer Dialog zum Thema „Helmpflicht in südlichen Ländern“. Er endet letztendlich damit, dass die ertappte Person eine kleine Strafe bezahlt und grinsend davonfährt.

Einen Helm trägt er dabei immer noch nicht.

Wir werfen uns einen amüsierten Blick zu. Das ist eben Athen! Wenn man hier einen Fehler macht, reicht es, ihn einzugestehen, eine kleine Strafe zu zahlen und dann kann man ungestört weiter „Mist“ machen. Zum krönenden Abschluss fährt auch der Motorrad-Polizist unbehelmt davon.

Wir sehen dem Ordnungshüter an, dass er genauso wenig Bock auf einen Tropenhelm hat, wie der eben verwarnte Biker.

Es ist heute wahrlich viel zu warm.

Mitten auf der breiten Straße liegt ein dösender Hund quer auf einer Fahrspur. Auch das scheint hier normal, weder das Tier stört sich am Feierabendverkehr noch der Polizist oder ein Autofahrer regt sich über den Vierbeiner auf.

Ach, was ist hier doch die Welt in Ordnung!

Wir strömen mit vielen anderen Fußgängern auf die gegenüber liegende Straßenseite zum zentralen Bereich des Syntagma-Platzes. Es herrscht eine ausgelassene, fast volksfestartige Stimmung.

Hier treffen sich die Menschen zum Feierabend-Schwätzchen.

Wir bekommen Wortfetzen mit, aber verstehen gar nichts.

Wie fremd uns doch die griechische Sprache ist.

Wir genießen die ausgelassene Atmosphäre und schlendern zum großen Parlamentsgebäude der hellenischen Regierung, das den Platz wie ein Thron abschließt. Hier findet gerade eine Wachablösung der Gardesoldaten am Grabmal des unbekannten Soldaten statt. Eine Gruppe Uniformierter in traditionellen Gewändern und roten Mützen marschiert in Zeitlupe zackig hin-und her. Kristin ist von ihren süßen Schuhen mit Puscheln an den Spitzen begeistert, die fast wie Pantoffeln aussehen. Trotz ihrer Gewehre machen die Soldaten hier niemandem Angst.

Immer mehr Touristen strömen herbei. Uns wird es jetzt zu voll und wir haben keine Lust, dass hier am Ende „Irmchen“ auftaucht und für weitere Unruhe sorgt.

Wir begutachten die fast 200 Jahre alte Fassade des Grand Bretagne Hotels direkt gegenüber des Syntagma-Platzes. Kristin googelt, dass hier die Suiten mal eben über 10.000 Euro kosten können, also „nur unwesentlich mehr“ als das Zimmer unseres Hotels. Aber ich bin überzeugt, dass auch dort die eine oder andere Kakerlake den Weg hineinfindet. Jedoch wird sie beim betreten sicherlich einen Anzug mit Krawatte tragen.

Es ist dunkel und wir werden langsam müde.

Direkt bei unserem Hotel liegt die kleine Kapnikarea-Kirche wie eine ruhige Insel im Verkehrssturm Athens. Wir gesellen uns zu den vielen anderen Pärchen, die hier sitzen, und genießen die romantische Stimmung. Dies hier scheint ein Ort der Liebe und der Harmonie zu sein. Trotz Schläfrigkeit bleiben wir fast zwei Stunden hier und geben dann Platz für ein nachfolgendes Liebespaar frei, das schon sehnsüchtig auf eine Sitzgelegenheit zum Knutschen wartet.

Die paar Meter zu unserem Hotel schaffen wir schließlich auch noch.

Ich kontrolliere kurz die Lage. Die Koffer sind nicht angeknabbert und das Loch im Bad ist weiterhin versiegelt.

Wir werden also gut schlafen.

Trotzdem schrecke ich nachts mehrmals hoch, als es im Zimmer raschelt. Aber das sind wahrscheinlich nur Mäuse, die auf Kakerlaken-Jagd sind.

Soll mir recht sein. Wenn die Nagetiere mit den Insekten fertig sind, besorge ich eine Katze, die dann mit den Mäusen aufräumt.

Mit den Gedanken, wie die Nahrungsketten hier in Griechenland funktionieren, döse ich langsam weg.

Akropolis adieu

Heute steht unsere erste Sightseeing-Tour durch Athen auf dem Programm.

Nach dem „großartigen“ Hotelfrühstück, das aus trockenen Semmeln und einer Tasse lauwarmen Kaffee besteht, holen wir das „wirkliche“ Frühstück in einer kleinen Bäckerei um die Ecke nach. Wir probieren verschiedene Süßigkeiten, wie Kataifis. Diese sehen wie in dünne Nudeln eingewickelte Bonbons aus. Sie schmecken nussig, sind aber kleine Zuckerbomben.

Gut gestärkt wollen wir direkt zur Akropolis laufen. Sie thront auf einem Berg mitten in der Stadt.

Übersetzt heißt Akropolis einfach „Oberstadt“. Und so gibt es überraschenderweise auch eine Akropolis auf der Insel Rhodos und einigen weiteren Orten in Griechenland.

Die Straßen Athens werden meist von fünf- bis neunstöckigen Gebäuden gesäumt. Wir entdecken hier kaum Hochhaussünden. Das Leben tobt, wie überall im Süden, draußen vor den Türen. Geschäfte wechseln sich mit Open-Air-Cafés unter schattenspendenden Bäumen ab.

Unser Hotel liegt goldrichtig. Schon nach wenigen Blocks häufen sich die Akropolis-Hinweisschilder. Exponentiell dazu steigt die Anzahl der Souvenirgeschäfte an.

Ähnlich wie in Venedig haben hier viele Händler zwischen den antiken Steinen ihre Geschäfte aufgebaut und verkaufen hauptsächlich in China hergestellte Souvenirs als authentische Erinnerungsstücke. Trotzdem ist die malerische Architektur der Altstadt, genannt Plaka, rund um den Hügel hinauf zur Akropolis beeindruckend. Hier wollen wir abends auf jeden Fall einmal zum Essen verweilen.