Landleben - Haschisch & Halleluja - Gustl Mair - E-Book

Landleben - Haschisch & Halleluja E-Book

Gustl Mair

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Beschreibung

Unser Dörflein schmückt ein Rokkoko-Kirchlein und sogar ein eigenes Dorfwirtshaus. Letzteres keine Selbstverständlichkeit mehr in unseren Tagen. Im Westen schlängelte sich ein Flüsschen mit Biberbestand, das freilich dem Rhein in Köln, dem Nil bei Kairo oder gar dem Mekong bei Saigon nicht das Wasser reichen konnte. Ich wurde vor 40 Jahren aufgrund eines massiven Liebesanfalls stadtflüchtig. Und es zog mich, genauer ich zog selbst aufs Land. Der Frage, ob ich dies je bereut habe, folgt üblicherweise ein langes, tiefschweigendes Nachdenken, das meist von keiner Antwort abgeschlossen wird. Zumindest bin ich offenbar in meinen Landleben-Jahren diplomatischer geworden. Das Leben auf dem Lande gilt vielen Menschen immer noch als in hohem Maße erstrebenswert. Das Häuschen im Grünen, die gute Luft sowie die stets freundlichen Nachbarn geben den Stoff ab, aus dem die Landlebenträume gestrickt sind. Naja, die stets freundlichen Nachbarn? Manchmal vergisst man bei den bierseeligen Stunden im Dörflein während des Maibaum- oder Gartenfestes den alten Spruch: Stadtluft macht frei! Oder man denke nur an die beständige Wahrheit im Sinnspruch des Dichters Friedrich von Schiller: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es seinem bösen Nachbarn nicht gefällt. Nun, das gilt wohl für jede menschliche Siedlungsform, egal ob Zeltlager, Großstadtsiedlungen oder Landleben auf dem Dorf. Und sogar sprachliche Widersprüchlichkeiten wie das Rausch- und auch Arzneimittel Haschisch sowie der jüdisch christliche Lobruf Halleluja finden sich in meinem dörflichen Lebensraum.

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Klang & Bilder

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Autor und Vorwort

Meinen Kopf mitgezählt hatte unser Dorf 1125 Einwohner. Klein genug um Erlebnisse authentisch und wahrheitsnah widerzugeben. Doch gleichzeitig auch klein genug, Namen und Orte nicht im Original zu benennen. Also sind diese verändert und sollten dennoch Ähnlichkeiten auftreten, sind diese rein zufällig.

Unser Dörflein hatte ein Rokkoko-Kirchlein und sogar ein eigenes Dorfwirtshaus. Letzteres keine Selbstverständlichkeit mehr in unseren Tagen. Im Westen schlängelte sich ein Flüßchen mit Biberbestand, das freilich dem Rhein in Köln, dem Nil bei Kairo oder gar dem Mekong bei Saigon nicht das Wasser reichen konnte.

Ich wurde vor 40 Jahren aufgrund eines massiven Liebesanfalls stadtflüchtig. Und es zog mich, genauer ich zog selbst auf’s Land. Der Frage, ob ich dies je bereut habe, folgt üblicherweise ein langes, tiefschweigendes Nachdenken, das meist von keiner Antwort abgeschlossen wird. Zumindest bin ich offenbar in meinen Landleben-Jahren diplomatischer geworden.

Das Leben auf dem Lande gilt vielen Menschen immer noch als in hohem Maße erstrebenswert.

Das Häuschen im Grünen, die gute Luft sowie die stets freundlichen Nachbarn geben den Stoff ab, aus dem die Landleben-Träume gestrickt sind.

Naja, die stets freundlichen Nachbarn?

Manchmal vergißt man bei den bierseeligen Stunden im Dörflein während des Maibaum- oder Gartenfestes den alten Spruch „Stadtluft macht frei!“.

Oder man denke nur an die beständige Wahrheit im Sinnspruch des Dichters Friedrich von Schiller: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es seinem bösen Nachbarn nicht gefällt.“

Nun, das gilt wohl für jede menschliche Siedlungsform, egal ob Zeltlager, Großstadtsiedlungen oder Landleben auf dem Dorf ….

Und sogar sprachliche Widersprüchlichkeiten wie das Rausch- und auch Arzneimittel Haschisch sowie der jüdisch-christliche Lobruf Halleluja finden sich in meinem dörflichen Lebensraum.

Gustl Mair

Was wird geboten?

Autor und Vorwort

Lampenfieber

Die Fronleichnams-Prozession

Der Plattlsepp – eine buddhistische Unterwanderung

Kornblumen und Cannabis

Faustrecht zur Maifeier

Frau Lobrecht lebt ab

Damengymnastik

Zeltgottesdienst

Zickenkampf - Zoff beim Frauenbund

Das Gartenfest

Hans-guck-in-die Luft

Das „strahlende“ Gemüseparadies

Der Transvestit

Rock-Requiem - Joes Weg in die Ewigen Jagdgründe

Onkel Erich – und die musikalische Verknappung

Der Hundsnix – eine Nachkriegs-Kindheit

Mord und Sühnekreuz

Lampenfieber

Vor Beginn einer Autorenlesung oder einem Konzert leide ich mehr oder weniger an einer speziellen Art von Krankheit. Manche Gäste im Publikum glauben an die Nebenwirkungen der Fettleber aufgrund von übertriebenem Alkoholgenusses .

Ja, es stimmt: wenn man auf einer Bühne steht oder einen Vortrag vor Publikum präsentiert, leiden viele Künstler unter einem psychischen Unwohlsein. Ganz genau, dem sogenannten Lampenfieber.

Sie haben wahrscheinlich keine Vorstellung, was ich schon alles gegen mein Lampenfieber unternommen habe. Schließlich hat jeder Künstler ja seine eigene Lampenfieber-Bekämpfungsstrategie.

Diese ist auch notwendig, wenn deine Finger vor dem Auftritt zittern und dir scheinbar übel vom Geruch deines eigenen Achselschweißes wird. Der Gaumen ist trocken wie ein Stück Leder in der Hochsommersonne. Und du hast den Eindruck, daß dein Gesicht weiß wie ein Stück Kalk ist. Hoffentlich bringst du einen Ton bei deinem Vortrag heraus und trotz des Publikums scheinst du der einsamste Mensch der Welt zu sein.

Und dann spürst du es unaufhaltsam deinen Rücken emporkriechen: das Lampenfieber! Genießer unter Lampenfieber-Leidenden kennen Rioja, Chianti, Grauburgunder und andere Rotweinsorten, wobei häufig die konsumierte Menge wichtiger als die Qualität ist. Wein und ich - kaum positive Ergebnisse.

Exoten unter den Künstlern kennen die unterschiedlichen Wirkungsweisen von Haschisch, Cannabis und Marihuana. Bei mir: außer intensive Müdigkeit, kein Resultat.

Und zur Intensivbehandlung von Lampenfieber kommen häufig Whiskey und auch anderer Schnaps zur Anwendung, obwohl alle der vorgenannten Mittel meist nur Hände und Waden lähmen und die Sinne vernebeln. Sonst nix!

Wirkungslos waren bei mir auch natürliche Beruhigungsmittel wie Johanniskraut oder Hopfenpillen. Keinerlei Nutzen.

Oder man schießt aus ganz schwerem Geschütz mit BETA-Blockern und hofft damit, die Unruhe zu stillen . Habe ich nicht probiert.

Auch die Frage an einen Psychiater nach dem geeigneten Mittel gegen Lampenfieber verspricht nicht immer ein positives Resultat. „Also ich wollte eigentlich Musiker werden“, erklärte der Herr Seelendoktor bei unserer gemeinsamen Sprechstunde, „doch ich konnte mein Lampenfieber nicht überwinden. Deshalb sitze ich heute in meiner Psychiatrie-Praxis. Eines jedoch möchte ich Ihnen als Rat mit-geben: starten Sie stets mit einfachem Repertoire, um langsam in den Vortrag hineinzukommen.“

Na sowas, dachte ich bei mir. Wenn das bei allem Kunsttheater nichts nützt, dann werde vielleicht anstatt Künstler eben Psychiater. Da hätte ich wenigstens ein geregeltes Einkommen …

Fronleichnams-Prozession

Er war schon etwas ungewöhnlich: der Herr Pfarrer Mathias Hutterer. Mit französischem Couturier-, also Maßschneider-Anzug und schwarzem Seidenhemd - eigentlich viel zu elegant für sein Amt, das er in einem Dörfchen auf dem Lande versah. Fast ein bißchen wie der Pfau auf einem Misthaufen.

Ausgefallen war er auch noch aus anderer Sicht: erschien er doch seiner Partnerin scheinbar viel zu nah. Oder war sie nun seine Assistentin, seine Haushälterin? Oder wie immer man die Mitbewohnerin des Pfarrhauses nennen wollte. Keinesfalls war sie das brav-biedere Kocherl, das man oft aus früheren Pfarrhaushalten kannte.

Ja - und er? War er tatsächlich der katholische Dorfpfarrer seiner 1200 Seelen-Gemeinde? Dass er seine Assistenin duzte, war bei der ungefähren Altersgleichheit ja noch tolerierbar. Aber dass sie bei ihren abendlichen Spaziergängen manchmal Händchen-haltend in den dorfnahen Feldern gesehen wurden, irritierte doch so manchen Mitdörfler. Aber niemand wagte es offen auszusprechen, dass der Pfarrer mit seiner Assistentin ein Verhältnis pflegte, das vermutlich über kirchliche Belange hinausging. Tja, es wurde viel über Zölibat getuschelt – aber niemand wußte etwas Genaues.

Rokkokokirchlein aus Laubcollage

Fronleichnam, ein Hochfest im Jahreszyklus der katholischen Kirche stand vor der Tür. Ebenso ein Hochfest für Blaskapelle und Feuerwehr des Dorfes.

An den Feuerwehrlern kam an diesem Tag kein Nichtdörfler vorbei. Mit Paradeuniform und gestrengem Gesichtsausdruck waren die sich ihrer Bedeutung beim Absperren der Straßen bewußt. Die Blaskapelle hatte neben der Schubert-Messe schweres Mollton-Repertoire aufgelegt, um dem Fronleichnamsumzug die nötige Würde zu verleihen.

Fast jedes Haus war mit Fahnen mit dem Motiv des Dorfemblems oder dem des Freistaates geschmückt. Und viele Fassaden zierten zusätzliche Blumenkästen oder Birkenzweige.

Das Aufstellen der Fronleichnams-Altäre war einigen Großökonomen, also Landwirten des Dorfes vorbehalten. Konversativ kommt von Bewahren und so gab es vier Landwirtsfamilien, die auf die Altarrecht Tradition zu Fronleichnam schon mehrere 100 Jahre zurückblicken konnten,

Die Prozession verlief würdevoll und problemlos, doch es war nicht auszumachen, in wieviel der devot geneigten Köpfe die Sehnsucht an den anschließenden Frühschoppen im Dorfwirtshaus oder andere profane, also weltliche Gedanken das sakrale, sprich heilige Ambiente überlagerten.