Lange Reise auf kleinen Füßen - Martina Petersen - E-Book

Lange Reise auf kleinen Füßen E-Book

Martina Petersen

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Beschreibung

Lange Reise auf kleinen Füßen - 3 Wichtel in Nöten Die begeisterten Wanderwichtel Snorri, Ölde und Trumme fallen in ihrer Wichtelgemeinde in Ungnade. Sie verzapfen wichtelwuseligen Bockmist und werden zurück nach Hause beordert. Eine lange Reise voller Abenteuer nimmt ihren Lauf bis zum Wichteltribunal in Uppsala, auf dem sich die drei Missetäter verantworten müssen.

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Seitenzahl: 132

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Inhaltsverzeichnis

Ahnungen

Die Suche

Weihnachten: Die Begegnung

Erster Weihnachtstag: Erwischt

Ein Wichtel geht verloren

Ein Unglück kommt selten allein

Gerettet

Wieder vereint

Silvester: Vorbereitungen

Januar: Die Reise beginnt

April: Ankunft auf dem Apfelhof

Erinnerungen

Post

Arunas Geheimnis

Das ganz normale Leben auf dem Apfelhof

Juni: Ein wichtelmäßiges Transportmittel

Juli: Abschied vom Apfelhof

Wichtel auf hoher See

Gestrandet auf Langeland

August: Weiterreise auf den Schwingen zweier Möwen

September: Eine Dampflok namens Jutta

Der unfreundliche Fahrgast

Oktober: Ankunft in Stockholm

Am Ziel in Uppsala

Die Verteidigung

Der zweite Prozesstag

Eine Wichtelgemeinde muss sich entscheiden

Das Urteil

Epilog

Ahnungen

Oktober: Mit goldenem Glanz befreite die frühmorgendliche Sonne das beschauliche Dorf in Schleswig-Holstein vom Nebel, als im Obergeschoss eines kleinen Hauses ein lautstarkes Gewitter mit kräftigen Sturmböen aufzog. Es herrschte Streit zwischen zwei Brüdern, die, wie jeden Tag, ihre Meinungen verglichen.

„Es gibt hier keine kleinen Leute im Haus!“ Tjark bediente sich seines Fußes als Meinungsverstärker und stampfte so auf den Boden, dass es zwischen den auf den Dielen liegenden Spielsachen schepperte.

„Doch!“, hielt Thore, sein größerer Bruder dagegen, „…und ich habe sie gesehen!“

„Ich will aber nicht, dass solche hier wohnen!“ entgegnete Tjark, und seine Stimme machte bei den Worten „will“, „nicht“ und „hier“ einen Hopser wie von einem Schluckauf.

Thore, der gerade in der Schule alle nordischen Sagengestalten und Unterweltkreaturen kennengelernt hatte, war der Auffassung, bei ihm zu Hause müssten auch welche wohnen. Dass sein Bruder Tjark ihm nicht glaubte, war er gewohnt. Ob er ihn dieses Mal überzeugen konnte?

„Viele Dinge sprechen für fremde Mitbewohner in diesem Haus“, näselte Thore erhobenen Hauptes und fühlte sich wie Sherlock Holmes bei der Lösung eines seiner kniffligen Kriminalfälle.

„Du willst mir nur Angst machen!“, erwiderte Tjark trotzig und dachte an das kurz bevorstehende Halloween-Spektakel, das auch schon in ihrem kleinen Dorf Einzug gehalten hatte. Bis auf die zu erwartenden Süßigkeiten hasste er das Fest abgrundtief. „Lass mich in Ruhe mit diesem Gespenster-Kram!“

Thore wusste, dass seine Mutter ihr Wortgefecht belauschte, denn das Geklapper der Frühstückszubereitung im Erdgeschoss war verstummt. Er musste seinen Bruder mit irgendetwas beruhigen. Anderenfalls konnte er sich auf eine kräftige Ansage mit ebensolchen Sturmböen gefasst machen, die Tjark gerade mit seinem Unverständnis erzeugte.

In aller Ruhe und mit größter Sorgfalt wählte Thore seine Worte. Dazu atmete er erst einmal tief durch und begann mit einem „Also“, dann eine kurze Kunstpause, und los ging‘s:

„Was Trolle angeht, da kann ich dich beruhigen. Die leben lieber draußen in der Natur, sind unglaublich dumm, stehlen aber gern alle möglichen Sachen. Vermisst du nicht immer noch deine Lieblingsschaufel, die du im Garten neben dem großen Stein hast liegen lassen?“

Ohne Tjarks Antwort abzuwarten, dozierte Thore weiter: „Kobolde sind längst aus den von Menschen bewohnten Häusern ausgezogen, seit sie damals in die Erbsenfalle tappten.“

„Was war das für eine Falle?“, fragte Tjark interessiert.

Endlich erfreute sich Thore der ungeteilten Aufmerksamkeit seines Bruders. Zumindest für kurze Zeit.

„Die Menschen hatten Erbsen auf die Treppenstufen zu den Dachböden gelegt. Als die Kobolde in der Nacht wie gewohnt in die Wohnräume herunterkommen wollten, trudelten sie die Treppe hinab. Das war sehr lustig, aber für die Kobolde auch schmerzhaft. Also flohen sie aus den Häusern der Menschen und wurden bis heute nie wieder gesehen“, erklärte Thore.

„Einen Schrat haben wir auch nicht“, fuhr er fort, „der lebt draußen und schreit nur bei Sturm. Dann aber ganz laut. Solltest du so einen mal sehen, dann musst du mit dem Finger auf ihn zeigen, und schon ist er weg.“

„Aha“, kommentierte Tjark, wieder ein wenig gelangweilt.

Thore, der die vertrauten Geräusche aus der Küche wahrnahm, kombinierte messerscharf, dass seine Mutter ihre Ohren wieder ganz bei sich trug. Er fuhr munter fort: „Zwerge leben im Bergbau, und Gnome hausen in Grotten. Die findet man hier also auch nicht. Oder wollen wir mal die Umgebung am See absuchen?“, grinste er breit und schelmisch.

„Nö, mir ist jetzt nicht nach frischer Luft“, wich Tjark aus.

„Einen NisPuk könnten wir unter dem Dach haben. Der klappert gern im Dachstuhl mit seinen Holzpantinen, vorzugsweise bei Sturm. Weißt du noch, wie das hier vor zwei Tagen geklappert hat, als Orkanböen über uns hinweg gesaust sind?“ fragte Thore seinen Bruder.

Tjark wurde es unwohl. Er tappte von einem Fuß auf den anderen. Das Geklapper hatte ihn ganz schön erschreckt so mitten in der Nacht. Geistesgegenwärtig entgegnete er: „Das war nur eine lose Dachpfanne!“, und war froh, seine Fassung wiedergefunden zu haben.

„Ja“, sagte Thore, „eine lose Dachpfanne“. Sinnierend blickte er zur Dachluke oben in der Decke und atmete wieder tief durch. So eine Kunstpause ist eine feine Sache, wenn man den eigentlichen Trumpf noch verdeckt in der Hand hält.

„Hast du schon mal was von Wichteln gehört?“, fragte er seinen Bruder.

Tjark antwortete ein wenig genervt: „Und was sind das nun wieder für Dinger?“

Mit der Überzeugungskraft eines Löwen vor dem entwaffneten Jäger baute Thore sich vor seinem Bruder auf: „Die haben wir ganz sicher hier. Es spricht alles dafür. Denn Wichtel klauen gern Milch, stehlen frische Bratkartoffeln aus der Pfanne, schlecken Kuchenteig aus Schüsseln, schlagen Türen einfach zu, stibitzen Käse und greifen gern ein Stückchen Schokolade ab. Außerdem schmieren sie die Badezimmerböden mit Seife ein, werfen Schrauben auf den Boden, verdrehen Hosenträger und stellen kostbare Dinge wackelig auf Kanten.“

Tjark wurde ganz schwindelig von der Vielzahl an Beweisen. Außerdem wusste er genau, dass ein paar der aufgezählten Missetaten auf sein Konto gingen. Er bekam ein schlechtes Gewissen und dachte nach: „Wenn ich die Sache im Badezimmer, die verschwundene Schokolade, die Schrauben im Flur und die zerbrochene Vase den ‚wie hießen die noch mal?‘ in die Schuhe schieben könnte, wäre ich fein raus. Es könnte nützlich sein, an diese Dinger zu glauben!“

„Wie heißen die noch mal?“, fragte er bei Thore nach.

„Wichtel heißen die. Sie sind Hüter von Haus und Hof. Also in unserem Fall von Haus und Garten. Aber alt muss es sein“, erklärte Thore überaus freudig. Langsam hatte er seinen Bruder auf den Wichtel-Entdeckungspfad gelockt.

Tjark starrte unterdessen auf ein Loch in der Fußleiste und hatte das Gefühl, dass sich da etwas bewegte. Er zeigte mit dem Finger auf das Loch, sagte aber nichts. Thore sah ihn an und nickte bedeutungsschwer.

Hinter der Fußleiste entbrannte derweil unter geschäftigem Wuseln und panikartigen Verrenkungen aller Glieder ein hitziges Geplapper. Denn wenn sich Wichtel richtig aufregen, drehen sie sich erst einmal siebenfach um die eigene Achse, schleudern Arme und Beine in alle Richtungen, bis sie endlich auf dem Hosenboden landen. Dort verharren sie ein Weilchen, bis sie alle Sinne wieder beieinander haben.

Die drei Wichtel, die seit einiger Zeit unerkannt bei Thore und Tjark lebten, hatten alles mit angehört und waren erstaunt, wie nahe die Kinder ihnen gekommen waren. Sie hießen Snorri, Ölde und Trumme und kamen aus einer reiselustigen Wichtelfamilie, die immer nur einige Jahre an einem Ort blieb. Auf dem Weg von Uppsala in Schweden über Dänemark gelangten sie nach Schleswig-Holstein und blieben vorerst in dem kleinen Dorf bei Thore und Tjark hängen. Das Haus war zwar noch nicht so alt, wie es Wichtel bevorzugen, aber die Bewohner hatten ihnen auf Anhieb gefallen.

Sie zogen sich ein wenig von dem Loch in der Fußleiste zurück, waren aber noch nahe genug, um jedes Wort der Unterhaltung zu verstehen.

„Du hast wirklich Wichtel gesehen?“, fragte Tjark ungläubig seinen großen Bruder.

Thore antwortete ausweichend: „Na ja. Gesehen ist übertrieben. Aber es gibt Zeichen – wie dieses Loch zum Beispiel.“

Hinter der Fußleiste herrschte nur bedingte Erleichterung. Die Wichtel verzogen sich leise innerhalb des Mauerwerks, immer entlang der

Fußleiste, in einen anderen Teil des Flurs. An allen vier Seiten hatten sie sich mit einem kleinen Handbohrer Gucklöcher gebohrt. So entging ihnen nichts von dem, was im Hause passierte.

Thore bekam mehr und mehr Oberwasser. Jetzt war die beste Zeit, für die alles entscheidende Frage: „Wollen wir herausfinden, ob hier Wichtel wohnen?“

Um seinem Wunsch Nachdruck zu verleihen, lobte er die Existenz der Wichtel überschwänglich: „Du musst wissen: Hat man Wichtel im Haus, dann ist das ein großes Glück. Sie passen nämlich immer auf, dass nichts passiert. Hast du vergessen, die Tür zu schließen, erledigen sie das für dich. Steht ein Pudding vor dem Kühlschrank, essen sie ihn auf, bevor er schimmelig wird. Hast du einen miesen Traum, wecken sie dich.“

„Was ist mit Hausaufgaben? Erledigen die so was auch?“, fragte Tjark gespannt.

„Eher nicht“, sagte Thore bedauernd.

„Und was ist mit den verschwundenen Sachen? Mein rotes Abschleppauto hätte ich wirklich gern wieder! Das suche ich schon seit Tagen!“, sagte Tjark etwas maulig.

Hinter der Fußleiste, schaute Ölde Snorri an, Trumme schaute auf Ölde, und Snorri schaute vorwurfsvoll zu Trumme, der daraufhin verschwand, um kurze Zeit später einen kleinen, batteriebetriebenen roten Spielzeug-Abschleppwagen aus einer Nische zu fahren.

„Leihen heißt nicht behalten“, zischten Ölde und Snorri im Chor. „Ich habe halt eine Schwäche für Technik“, flüsterte Trumme verstohlen. Snorri zeigte auf das Guckloch: „Psst, es geht weiter!“

„Gut“, sagte Thore und bediente sich wieder einer seiner kurzen, aber wirkungsvollen Kunstpausen. „Weihnachten werden wir es genau wissen!“

„Wieso ausgerechnet Weihnachten? Das ist noch Wochen weit weg!“, rechnete Tjark lässig über den Daumen.

„Weil wir sie an Weihnachten testen können.“, erklärte Thore. „Die alten Bücher, die meine Lehrerin studiert hat, sagen, dass man die Wichtel an Weihnachten nicht vergessen darf. Man stellt ihnen einen süßen

Brei hin, und wenn der am nächsten Morgen aufgegessen ist, weiß man, dass man Wichtel im Haus hat. Wir könnten uns auf die Lauer legen.“

„Wo stellen wir den Brei hin?“, fragte Tjark und schaute interessiert auf das Loch. Er wollte jetzt unbedingt etwas unternehmen.

„Nach draußen!?“, erwiderte Thore unsicher.

„Wieso draußen? Die wohnen doch hier drinnen?“, kombinierte Tjark logisch.

„Ich weiß auch nicht. Das muss ich noch mal nachlesen!“, sagte Thore und verschwand in seinem Zimmer, um das Buch über die nordischen Hausgeister erneut zu studieren.

„Wieso Weihnachten? Wir können doch auch heute Abend einen Pudding in den Flur stellen. Dann wissen wir schon morgen, ob wir Wichtel im Haus haben“, grummelte Tjark vor sich hin und ging in die Küche. Von dem ganzen Gerede hatte er Hunger bekommen.

Den Wichtelbrüdern hinter der Fußleiste ging es durch ihr angestrengtes Lauschen genauso. „Gegen einen großen Schokoladenpudding hätte ich jetzt nichts einzuwenden“, sagte Trumme. Ölde lief das Wasser im Mund zusammen, und er sabberte: „Ja, Karamell!“ Snorri ergänzte sehnsuchtsvoll: „…mit Sahne und einer Himbeere oben drauf!“

Vorsichtig begaben sich die drei Wichtel bis zum Rand der Fußleistenöffnung. Es war niemand mehr im Flur. Im Erdgeschoss hörten sie, wie Tjark zunächst nach süßem Grießbrei und dann nach einem Schokoladenpudding für seine Mission fragte. Aber die Mutter verweigerte sowohl Brei als auch Pudding und machte Thore doch noch eine Ansage, weil er seinen Bruder wieder einmal für seine merkwürdigen wissenschaftlichen Projekte vorschob.

„Den Schokoladenpudding kriegen wir auch so!“, sagte Trumme und bestieg das kleine, rote Abschleppauto. Snorri und Ölde schüttelten dazu verständnislos die Köpfe. „Wie kann man jetzt an einen Kühlschranküberfall denken, wo sie uns so nahe gekommen sind?“, fragten sie. „Das wird, wie immer, gar nicht auffallen“, beruhigte Trumme seine beiden Brüder.

Die Suche

Dezember: Eine Woche vor Weihnachten braute sich erneut ein Unwetter zusammen. Thore und Tjark, dieses Mal in brüderlicher Eintracht, wetterten gegen ihre Mutter. Die große Weihnachtsfeier sollte in diesem Jahr nicht bei ihnen zu Hause stattfinden. Das war beschlossene Sache.

„Wie sollen wir denn jetzt rausfinden, ob bei uns Wichtel wohnen?“ fragte Tjark aufgebracht, und seine Stimme hopste wieder von „sollen“ über „jetzt“ bis „Wichtel“.

„Wenn wir die Wichtel an Weihnachten nicht gut behandeln, dann haben wir nächstes Jahr eine fette Pechsträhne“, drohte Thore ernst.

Die Mutter war fassungslos, aber auch irgendwie belustigt. Wichtel gehören zum Weihnachtsfest dazu wie Schokolade auf den Naschteller. Und so sagte sie besänftigend: „Die Wichtel sind garantiert dort, wo auch wir sind!“ Thore und Tjark glaubten ihr kein Wort.

Snorri, Ölde und Trumme, die selbstverständlich wieder Zeugen der Unterhaltung waren, schauten einander belustigt an. Sie hatten längst herausgefunden, wie sie unbemerkt im Auto Platz nehmen konnten.

Sie freuten sich schon riesig auf den Ausflug. Bis auf Ölde. Dem wurde beim Autofahren immer schlecht.

„Ob es bei Oma und Opa auch Wichtel gibt?“, fragte Tjark in die Runde. Thore und die Mutter antworteten gleichzeitig, so dass Tjark eine Antwort wie: „Ja, weiß nicht, bestimmt, habe noch nie welche gesehen, ganz sicher, vielleicht!“ erhielt. Er war genauso schlau wie vorher.

Thore, der immer sehr viel Wert darauf legte, das letzte Wort zu haben, klärte seinen Bruder und auch seine Mutter endgültig auf: „Natürlich. Das alte Haus ist geradezu verlockend für Wichtel. Jede Menge Nischen und Verstecke!“

Snorri, Ölde und Trumme horchten auf. Ob sie zu Weihnachten vielleicht Verwandtschaft treffen würden? Snorri schrieb sofort einen Brief an das Stammesoberhaupt der Wichtel in Schweden mit Namen Tomte Thorhalsson. Da Wichtel keine Vor- und Nachnamen wie wir haben, muss an dieser Stelle erklärt werden, dass Tomte nicht etwa der Vorname des Stammesoberhauptes ist, sondern lediglich Wichtel auf Schwedisch heißt. In Dänemark kennt man sie als Nisse.

Snorri musste sich beim Schreiben sehr konzentrieren, denn Ölde und Trumme waren dafür viel zu aufgeregt und hüpften wichtelmäßig wild durcheinander.

Eine Stunde später flog ein Rotkehlchen auf das Dach und nahm den Brief durch die Dachluke in Empfang. Das Rotkehlchen flog bis Kiel und gab den Brief einer erfahrenen Seemöwe. Diese flog direkt nach Malmö und leitete den Brief an eine unzuverlässige Lachmöwe weiter. Die Postsendung verlor sich kurzfristig in den schwedischen Schären. Landete dort auf einem frischen Maulwurfhügel und wurde per unterirdischer Rohrpost direkt an den richtigen Adressaten in Uppsala transportiert.

Ungeduldig warteten die Wichtel drei Tage lang auf Antwort. Dann endlich grub sich ein völlig erschöpfter Maulwurf im Garten ans frühabendliche Dämmerlicht. Mit voller Wucht schleuderte er ein Päckchen gegen die Wichteltür an der Westseite des Hauses. Snorri hatte das Geräusch als Erster bemerkt und stand sprachlos vor einem unglaublich großen Paket. Umständlich zog er es ins Innere und bat auch den Maulwurf hinein. Der lehnte dankend ab und trat sofort den Rückweg an.

„Er hatte eine rote Mütze für Eilsendungen auf dem Kopf“, erklärte Trumme und machte sich sofort daran, das Paket zu öffnen.

Im großen Paket fanden sich zwei kleinere Päckchen und ein Brief. Snorri entfaltete den Brief und las vor:

Liebe Neffen!

Uns geht es wichtelmäßig gut

Ort der Weihnachtsfeier seit Jahren wichtelfrei

Wichtelgeschenke für Thore und Tjark anbei

Wichtelwuseliges Weihnachtsfest wünscht

Tomte Thorhalsson

P.S.: Lasst euch nicht erwischen!

„Er hat sich nie mit vielen Worten aufgehalten.“, bemerkte Snorri.

„Dann ist das alte Haus der Großeltern wichtelfrei? Das ist aber ungewöhnlich!“, stellte Ölde fest, als er den Brief ein zweites Mal las. Die Wichtel beschlossen, diesen Zustand vor Ort näher zu untersuchen.

Weihnachten: Die Begegnung

Endlich Weihnachten! Thore und Tjark hätten auch nicht länger warten können. Tjark zog seine braune Cordhose und einen olivfarbenen Pullover mit gleichfarbiger Kapuze an. Er bereitete sich vor wie ein Jäger und erklärte der verständnislosen Mutter: „Das dient der Tarnung.“ Die hätte ihren kleinen Jungen lieber in einer blauen Hose und einem weißen Hemd mit Krawatte gesehen, hatte aber keine Lust auf eine Diskussion.

Thore war immer noch im Schlafanzug und kontrollierte fünf Taschenlampen gleichzeitig. Es war zum Verzweifeln.