Lassiter 2734 - Pete Hackett - E-Book

Lassiter 2734 E-Book

Pete Hackett

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Beschreibung

Der Galgenbaum stand unmittelbar am Rio Grande. Eine Schar, bestehend aus fast einem Dutzend Reitern, hatte sich um ihn versammelt. Von einem der Äste der Eiche baumelte ein Lasso, dessen Ende zu einer Schlinge geknüpft war. Sie schaukelte vor dem schweißüberströmten bärtigen Gesicht eines Mannes, der auf einem Rotfuchs saß und dessen Hände auf den Rücken gefesselt waren.
Lassiter, der ein Stück weiter nördlich aus einer Lücke zwischen zwei Hügeln ritt, traute seinen Augen nicht. Schlagartig war ihm klar, dass bei der knorrigen Eiche ein Lynchmord stattfinden sollte. Lassiters Blut geriet in Wallung. In dem Moment, als einer der Reiter dem schwitzenden Mann die Schlinge über den Kopf streifte, zog er die Winchester aus dem Scabbard, repetierte und jagte eine Kugel über die Köpfe des lynchwütigen Haufens.

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Inhalt

Cover

Lassiter und die Pferdezüchterin

Vorschau

Impressum

Lassiter und die Pferdezüchterin

von Pete Hackett

Der Galgenbaum stand unmittelbar am Rio Grande. Eine Schar, bestehend aus fast einem Dutzend Reitern, hatte sich um ihn versammelt. Von einem der Äste der Eiche baumelte ein Lasso, dessen Ende zu einer Schlinge geknüpft war. Sie schaukelte vor dem schweißüberströmten bärtigen Gesicht eines Mannes, der auf einem Rotfuchs saß und dessen Hände auf den Rücken gefesselt waren.

Lassiter, der ein Stück weiter nördlich aus einer Lücke zwischen zwei Hügeln ritt, traute seinen Augen nicht. Schlagartig war ihm klar, dass bei der knorrigen Eiche ein Lynchmord stattfinden sollte.

Lassiters Blut geriet in Wallung. In dem Moment, als einer der Reiter dem schwitzenden Mann die Schlinge über den Kopf streifte, zog er die Winchester aus dem Scabbard, repetierte und jagte eine Kugel über die Köpfe des lynchwütigen Haufens.

Die Reiter zerrten ihre Pferde herum und wandten sich Lassiter zu, der jetzt sein Pferd antrieb und es im Schritt auf den hängelüsternen Pulk zugehen ließ. Die Schlinge baumelte wieder vor dem Gesicht des schwitzenden Burschen, dem der Sensenmann, der schon die knöcherne Klaue nach ihm ausgestreckt hatte, noch einmal eine – im wahrsten Sinne des Wortes – Galgenfrist eingeräumt zu haben schien.

Nach seinem Schuss hatte Lassiter sofort wieder repetiert. Er hielt das Gewehr mit der rechten Hand am Kolbenhals, mit der Kolbenplatte stand es auf seinem Oberschenkel. Sein Gesicht war verschlossen und wies harte Linien auf.

Von den Reitern bei der Eiche ging eine bedrohliche Anspannung aus. Die Hand des einen oder anderen hatte sich zum Revolver bewegt. Doch sie warteten ab. Finstere Blick taxierten Lassiter.

Drei Pferdelängen vor dem Rudel parierte er sein Pferd. Nun erkannte er, dass es sich bei einem der Reiter um eine Frau handelte. Sie war gekleidet wie ein Mann, um ihre Hüften lag ein Revolvergurt, im Holster steckte ein 38er Coltrevolver, auf ihrem Kopf saß ein grauer Stetson. Lassiter registrierte, dass sie sehr hübsch war. Er schätzte sie auf Anfang dreißig.

Sie war es, die jetzt das Wort ergriff und rief: »Sie sollten sich hier nicht einmischen, Fremder! Nehmen Sie Ihr Pferd herum und verschwinden Sie. Wir können verdammt ungemütlich werden, wenn man uns ins Handwerk pfuschen will!«

»Dann hat Ihnen wohl der Mann, den Sie mit einem Strick um den Hals zu seinen Ahnen schicken wollen, auch ins Handwerk gepfuscht?«, entgegnete Lassiter grimmig.

»Er gehört zu einer Bande mexikanischer Pferdediebe«, versetzte die Lady. »Sie kommen über die Grenze, stehlen meine Pferde und verschwinden damit über den Rio Grande. Diesen elenden Greaser haben wir erwischt, als er mit einem meiner ganz besonders teuren Pferde an der Longe, einem Appaloosa-Hengst, den ich für die Zucht brauche, zum Fluss ritt. Bei uns in Texas machen wir mit solchen Halunken kurzen Prozess.«

»Es wäre Mord, Ma'am!«, stieß Lassiter hervor.

»Das Gesetz schafft es nicht, unser Eigentum vor diesen Bravados zu schützen«, behauptete die Lady. »Also müssen wir es selber in die Hand nehmen. Okay, Fremder – wir machen jetzt dort weiter, wo Sie uns vorhin unterbrochen haben.« Sie wandte sich einem der Männer zu. »Cash, leg dem Bastard den Strick um den Hals!«

Sie hatte ihr Pferd wieder herumgezerrt und tat, als wäre Lassiter für sie nicht mehr vorhanden.

Einer der Kerle, wahrscheinlich der Reiter namens Cash, trieb sein Pferd neben das des Delinquenten und griff nach der Schlinge.

»Passt auf, dass sich der Kerl nicht mehr einmischt!«, befahl die Lady den anderen Reitern.

In dem Moment, in dem Cash die Schlinge über den Kopf des Mexikaners streifen wollte, feuerte Lassiter einen zweiten Schuss in die Luft ab. Der peitschende Knall stieß über den Reiterpulk hinweg, und in die verhallenden Echos hinein rief Lassiter mit klirrender Stimme: »Schluss damit! Ich lasse keinen Lynchmord zu. Wenn dieser Mann ein Pferdedieb ist, dann gehört er vor ein ordentliches Gericht gestellt. Ich bin auf dem Weg...«

Einer der Reiter glaubte sich unbeobachtet und griff nach seinem Revolver. Blitzschnell zog Lassiter die Winchester an die Hüfte, riegelte eine Patrone in die Patronenkammer und rief: »Hände weg von der Kanone, mein Freund! Zwing mich nicht, auf dich zu schießen!«

Der Reiter war mitten in der Bewegung erstarrt. Er hatte das Schießeisen schon halb aus dem Holster gezogen. In seinem Gesicht arbeitete es. Jetzt nahm er seine Hand vom Revolverkolben, als wäre dieser unvermittelt glühend heiß geworden, und die Waffe glitt ins Holster zurück. »Schon gut, Mister, schon gut!«, rief er.

»Das will ich dir auch geraten haben, Freund«, knurrte Lassiter. »Und euch anderen empfehle ich ebenfalls, die Hände schön still zu halten!«, warnte er. »Wie haben Sie vorhin gesagt, Ma'am? Ach ja, Sie haben gedroht, dass ihr verdammt ungemütlich werden könnt. Seien Sie versichert, dass ich auch keinen Spaß verstehe, wenn jemand meint, er müsse mir eine Kugel verpassen.«

»Verraten Sie mir Ihren Namen?«, fragte die Lady.

»Ich heiße Lassiter. Haben Sie auch einen Namen?«

»Shannahan – Amber Shannahan. Ich besitze eine Pferdezucht, etwa vier Meilen vom Fluss entfernt, nordöstlich von Langtry. Immer wieder stehlen mir diese elenden Greaser Pferde. Sie haben bisher zwei meiner Reiter ermordet, den zweiten erst vor einer Woche. Jetzt haben wir endlich einen dieser Halunken erwischt. Ihn am Hals aufzuhängen ist mehr als gerecht.«

»Wir haben ein Gesetz, Ma'am. Das Gesetz der freien Weide, wie Sie es praktizieren wollen, ist Geschichte. Salbeibuschjustiz ist Mord.« Dann erklärte er: »Ich wurde vorhin unterbrochen. Also noch einmal: Ich bin auf dem Weg nach Langtry zu Deputy-Sheriff Wilson. Mein Auftrag lautet, ihm zu helfen, mit dem Banditenunwesen in diesem Landstrich aufzuräumen. Sie werden mir also jetzt diesen Mann übergeben, und ich liefere ihn bei Wilson ab. Dann geht alles seinen geordneten Gang, und Sie, Ma'am, müssen sich nicht wegen eines Lynchmords rechtfertigen.«

»Sind Sie ein Texas Ranger?«, fragte Amber Shannahan. »Oder gar ein Bundesmarshal?«

»Suchen Sie es sich aus, Ma'am. Jedenfalls ist es meine Mission, hier für Ruhe und Ordnung zu sorgen, weil es Wilson allein nicht schafft, dem Gesetz Geltung zu verschaffen. Dieser Mann, den Sie hängen wollte, könnte sehr wichtig für mich sein. Wenn er tatsächlich einer der Bravados ist, die regelmäßig über die Grenze kommen, um hier Rinder und Pferde zu stehlen, wird er mir vielleicht einige Fragen beantworten, die mich in die Lage versetzen, gezielt zu agieren.«

Jetzt wurde Amber nachdenklich. Sie schien mit sich zu kämpfen. Prüfend fixierte sie das Gesicht Lassiters.

Dieser hielt ihrem forschenden Blick gelassen stand, ließ jedoch keinen Sekundenbruchteil in seiner Wachsamkeit nach. Die Hände der Cowboys – Lassiter war sich sicher, dass es sich bei den Begleitern der Lady um ihre Reiter handelte – befanden sich nach wie vor nahe bei den Revolvern, ihre Blicke waren lauernd, von ihnen ging eine unduldsame Strömung aus. Sie waren nicht bereit, sich von diesem Fremden zurechtstutzen zu lassen. Ihr Stolz verbot es ihnen, als Geschlagene diesen Platz zu verlassen.

Die Atmosphäre war angespannt und gefährlich. Doch Lassiter ließ sich nicht beirren. Von ihm ging die kalte Bereitschaft aus, seinen Willen durchzusetzen, und das schienen die Männer vor ihm zu spüren. Sie waren eine ganze Horde, Lassiter hingegen war allein, und aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit wären sie sicherlich in der Lage gewesen, ihn niederkämpfen. Viele Hunde sind des Hasen Tod! Doch dass es den einen oder anderen von ihnen auch erwischen würde, war jedem klar. Und da keiner wusste, ob nicht er derjenige war, hielten sie sich zurück.

Amber entschied sich. »In Ordnung, ich überlasse Ihnen den Banditen. Wenn Sie hier sind, um mit den Grenzbanditen aufzuräumen, werden wir gewiss noch des Öfteren das Vergnügen miteinander haben.«

»Das schließe ich nicht aus«, antwortete Lassiter.

»Wir reiten nach Hause!«, kommandierte Amber. »Wilson soll mit mir Verbindung aufnehmen, damit ich Anzeige gegen den Banditen erstatte. Jeder dieser Männer hier kann bezeugen, dass wir ihn auf frischer Tat ertappt haben.«

»Ich werde es dem Deputy bestellen, Ma'am«, versprach Lassiter.

Der Pulk stob davon.

Lassiter blickte ihm eine Weile hinterher. Aufgewirbelter Staub markierte den Weg, den die Reiter genommen hatten, und senkte sich wieder auf die Erde zurück. Die Hufschläge wurden leiser und leiser, und schließlich war die Horde über einem Hügel aus Lassiters Blickfeld verschwunden.

Lassiter rammte die Winchester in den Scabbard, dann wandte er sich dem Mexikaner zu, vor dessen Gesicht nach wie vor die Schlinge baumelte. »Wie ist dein Name, Hombre?« Er registrierte, dass der Mexikaner einen Revolvergurt trug, doch das Holster war leer, ebenso der Scabbard an seinem Sattel.

»Juan Morales, Señor. Ich verdanke Ihnen mein Leben. Hätten Sie nicht eingegriffen, wäre ich jetzt tot. Bei der Heiligen Jungfrau von Guadalupe: Sie hat mir der Himmel geschickt.«

Der Mexikaner sprach zwar mit hartem Akzent, aber sein Englisch war gut.

»Freu dich nicht zu früh, Amigo mio«, knurrte Lassiter. »Mit Pferdedieben kennt man auch vor Gericht keinen Pardon. Vor allem, wenn man ein Exempel statuieren will.«

»Ich bin kein Pferdedieb, Señor«, behauptete Morales. »Der Gaul hat in der Gegend herumgestanden. Er hatte zwar ein Brandzeichen, aber ich hatte keine Ahnung, wo ich die Pferderanch suchen musste. Also habe ich das Tier mitgenommen. Ich konnte es doch nicht sich selbst überlassen.«

»Diese Story kannst du dem Deputy in Langtry erzählen, Hombre«, sagte Lassiter, »und später dann dem Gericht. Unabhängig davon werde ich auch ein paar Fragen an dich haben.«

»Kannst du mir einen Gefallen erweisen, Gringo?«, fragte Morales.

»Welchen?«

»Befreie mich von den Fesseln. Meine Finger sind schon völlig taub. Der Strick schnürt mir das Blut ab. Außerdem ist für mich das Pferd besser zu kontrollieren, wenn ich die Zügel führen kann.«

»Sicher, aber ich warne dich, mein Freund: Wenn du irgendeine Dummheit versuchst, wirst du quer über dem Pferderücken in Langtry ankommen.«

»Ich spüre meine Hände wirklich kaum noch«, versicherte der Mexikaner.

Lassiter ritt dicht an ihn heran, holte ein Messer hervor und zerschnitt die Lederschnur, mit der die Hände des Mexikaners auf den Rücken gefesselt waren. Die Finger waren tatsächlich schon geschwollen, kalt, blass und leicht bläulich verfärbt.

»Gracias«, bedankte sich Morales und massierte sich die Handgelenke. Das Pferd unter ihm prustete und scharrte mit dem Vorderhuf. »Diese elenden Bastarde hätten mich tatsächlich aufgehängt«, grollte er. »Die Hölle verschlinge sie!«

Er machte keine Anstalten, Lassiter überlisten zu wollen. Aber er trieb sein Pferd ein Stück von der Schlinge weg, die immer noch vor seinem Gesicht gebaumelt hatte. Wahrscheinlich erinnerte sie ihn zu sehr an die grauenhaften Minuten der Todesangst, die er kurz zuvor durchgestanden hatte.

»Okay«, sagte Lassiter. »Reiten wir. Noch einmal, Amigo: Versuch lieber nichts. Es würde dir schlecht bekommen. Vorwärts, du reitest vor mir!«

Lassiter war das tückische Glitzern in den Augen Morales' nicht verborgen geblieben. Dass es sich bei dem Mexikaner um einen Grenzbanditen handelte, war dem Mann der Brigade Sieben längst klar, und so nahm er sich vor, auf der Hut zu sein.

Dieser Vorsatz sollte sich als richtig erweisen.

Morales griff nach den Zügeln und trieb das Pferd mit einem Schenkeldruck an. Gleichzeitig stieß er einen schrillen, durchdringenden Schrei aus, der das Pferd dermaßen erschreckte, dass es wie von der Sehne geschnellt einen Satz nach vorn vollführte. Der Mexikaner ließ die Zügel fahren und griff mit beiden Händen zu. Seine Absicht war es, Lassiter zu packen, sich vom Pferd fallen zu lassen und Lassiter mit seinem Gewicht aus dem Sattel zu reißen, um am Boden den Gegner brutal auszuschalten.

Allerdings hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Lassiter schlug ihm geistesgegenwärtig von der Seite die Faust gegen den Kopf.

Die Hände des Mexikaners griffen ins Leere, er verlor das Gleichgewicht und stürzte vom Pferd. Doch er war nicht außer Gefecht gesetzt. Diese Sorte, die ein Leben jenseits von Recht und Gesetz hartgesotten und unmenschlich gemacht hat, konnte so manches wegstecken.

Wie eine Katze landete er auf allen vieren. Eine Verwünschung auf den Lippen wollte er augenblicklich auf die Beine schnellen. Aber da war Lassiter schon aus dem Sattel gesprungen und schlug zu.

Der Mexikaner hatte sich erst halb aufgerichtet, als ihn die Faust mit aller Wucht traf. Er taumelte mit den Armen rudernd zur Seite und verlor für einen Moment völlig die Orientierung. Lassiter setzte nach.

Schließlich saß Morales benommen am Boden. Er blutete aus einer Platzwunde an der Unterlippe. Sein Kinn war auf die Brust gesunken.

»Du hast es dir selber zuzuschreiben, Hombre«, erklärte Lassiter, dann fesselte er dem Mexikaner mit einer Lederschnur, die er aus seiner Satteltasche holte, wieder die Hände. Anschließend wuchtete er ihn quer über den Pferderücken und band ihn fest, damit er nicht abrutschen konnte.

Morales ächzte und stöhnte und verfluchte den großen Mann mit dem sandfarbenen Haar.

Lassiter ließen seine Flüche und Verwünschungen ungerührt. Er saß auf, schnappte sich den langen Zügel des Banditenpferdes und ritt an.

Nach etwa anderthalb Stunden tauchten die Dächer von Langtry über einer Bodenwelle auf, und als Lassiter auf dem Kamm der Anhöhe verhielt, hatte er den Blick auf den Ort frei.

Langtry lag am Pecos River, unweit von dessen Mündung in den Rio Grande. Es handelte sich um eine Ansammlung von Hütten und Häusern mit falschen Fassaden, die zu beiden Seiten einer breiten, staubigen Mainstreet errichtet waren. Zwischen den Häusern gab es kaum freie Plätze. Außerhalb der Ortschaft weideten in verschiedenen Corrals und auf Koppeln Pferde, Rinder, Ziegen und Schafe.

Ein heißer Wind, der von Süden her über den Rio Grande wehte, trieb auf der Mainstreet Staubwirbel vor sich her. Die Stadt wirkte wie ausgestorben. Aber es war um die Mitte des Nachmittags, die sengende Sonne stand senkrecht über der Stadt, es war heiß wie in der Hölle, und die Menschen hielten Siesta.

Lassiter hatte verinnerlicht, was sich seinem Blick bot. Langtry vermittelte Ruhe und Frieden. Er wusste aber, dass dieser Eindruck trügerisch war. Die Stadt war letzte Station für so manches zwielichtige Gesindel, das sich auf der Flucht vor dem Gesetz über die Grenze absetzte. Und sie war Ziel von Leuten, die über den Rio Grande kamen, um in den Staaten für eine Weile ihr Unwesen zu treiben, bis ihnen der Boden unter den Füßen zu heiß wurde und sie wieder nach Mexiko verschwanden.

»Elender Bastard!«, kreischte Morales. »Willst du mich nicht endlich...«

»Halt die Klappe, Morales!«, schnitt ihm Lassiter schroff das Wort ab. »Nur noch wenige Minuten, dann darfst du den Luxus einer Gefängniszelle genießen.«

»Dafür werde ich dir eines Tages das Fell über die Ohren ziehen, Hurensohn!«

Ohne darauf einzugehen, ritt Lassiter an. Die Longe zum anderen Pferd straffte sich, und das Tier setzte sich ebenfalls in Bewegung. Die Hufe pochten, und Staub wirbelte um sie.

Als Lassiter bald darauf durch den Ort ritt, zeigte sich hier und dort ein Gesicht hinter einer staubigen Fensterscheibe. Sein Einzug in Langtry wurde beobachtet, schien aber kaum jemand zu interessieren. Scheinbar war man in der Stadt einiges gewöhnt.

Lassiter registrierte, dass es ein Hotel gab, einen Saloon, einen Mietstall, einen Store und das Office des Hilfssheriffs, in dem sich auch das Jail befand.

Vor dem Sheriff's Office zügelte er sein Pferd und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Lose schlang er den Zügel um den Querbalken des Hitchracks, dann öffnete er die Schnüre, mit denen er den Mexikaner am Sattel festgebunden hatte, zerrte ihn vom Pferderücken, und als Morales mit beiden Füßen am Boden angekommen war, versetzte er ihm einen leichten Stoß in den Rücken. »Schwing die Hufe, Amigo!« Dabei wies er mit dem Kinn auf die Tür des Office.

Morales spuckte aus, setzte sich aber in Bewegung.

Deputy-Sheriff Stuart Wilson hatte die Geräusche vor seinem Office vernommen und war an das verstaubte Fenster herangetreten. Seine Brauen schoben sich zusammen, als er beobachtete, wie ein großer Mann mit einem schwarzen Stetson, unter dem sandfarbenes Haar hervorlugte, einen anderen, der quer über dem Pferderücken gehangen hatte und dessen Hände auf den Rücken gefesselt waren, vom Pferd zerrte und auf die Füße stellte.

Wilson fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen, dann ging er zur Tür, öffnete sie und trat über die Schwelle nach draußen. Soeben dirigierte der Blonde seinen Gefangenen auf die Tür zu.

»Wen bringen Sie mir?«, fragte Wilson. »Sieht aus wie ein Pilger von der anderen Seite des Rio Grande. Und wer sind Sie, Mister?«