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Wenn dein Leben Gefühle verbietet und das Herz doch triumphiert! Army-Veteran Malachi Coulter ist nicht gerade der typische Baseball-Manager. Noch dazu hält der waschechte Biker nicht viel von Cheerleadern auf dem Baseballfeld. Allerdings findet er durchaus Gefallen an der toughen Raina Easton, die die Truppe seit neuestem leitet. Raina hätte sich niemals vorstellen können, dass sie einmal Cheerleader trainieren würde. Schon gar nicht für ein Baseballteam wie die New York Saints. Aber als Besitzerin eines Burlesqueclubs kann sie nicht nur den Mädels den einen oder anderen Move beibringen. Es scheint, dass Bad Boy Malachi in ihr eine ebenbürtige Gegnerin gefunden hat. Denn in der Liebe und im Baseball ist (fast) alles erlaubt …
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Das Buch
Raina Easton hätte sich niemals vorstellen können, dass sie einmal Cheerleader trainieren würde. Schon gar nicht für ein Baseballteam wie die New York Saints. Aber als Besitzerin eines Burlesqueclubs kann sie den Mädels noch den einen oder anderen Move beibringen. Ihrem Boss dagegen kann sie eigentlich gar nichts entgegensetzen, denn bei seinem Anblick wird der sonst so toughen Raina ganz anders …
Malachi Coulter ist nicht gerade der typische Baseballmanager. Der Army-Veteran und waschechte Biker hält nicht viel von Cheerleadern auf dem Baseballfeld. Allerdings findet er durchaus Gefallen an der kratzbürstigen Raina, die die Truppe seit neuestem leitet. Es scheint, dass Bad Boy Malachi in ihr eine ebenbürtige Gegnerin gefunden hat. Denn in der Liebe und im Baseball ist (fast) alles erlaubt …
Die Autorin
Melanie Scott kommt aus Australien und schreibt Fantasy- und Romance-Romane, auch unter dem Pseudonym M. J. Scott. Ihr Debütroman brachte ihr viel Lob diverser Bestsellerautoren ein, und ihre Half-Light-City-Serie stand in der Auswahl des Australian Romance Readers Association Award. Melanie Scott lebt in Melbourne.
Von Melanie Scott sind in unserem Hause erschienen:
The Devil in Denim (New-York-Saints 1)Angel in Armani (New-York-Saints 2)Lawless in Leather (New-York-Saints 3)
MELANIE SCOTT
Lawless in Leather
Roman
Aus dem Englischen von Nina Bader
Ullstein
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ISBN 978-3-8437-1278-1
© für die deutsche Ausgabe Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016Copyright © 2015 by Melanie ScottPublished by arrangement with St. Martin’s Press, LLC. All rights reserved.Titel der amerikanischen Originalausgabe: Lawless in LeatherUmschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, MünchenTitelabbildung: © shutterstock/MaxFrost, nach einer Vorlage von St. Martin’s Press
E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin
Alle Rechte vorbehalten
Um für jeden, der je daran geglaubt hat, Feld der Träume falsch zu zitieren: »Wenn du es baust, werden sie kommen.« Macht eure Träume auch weiterhin wahr, Träumer.
Verdammt. Es roch wie ein Baseballstadion. Mal Coulter atmete tiefer durch und schloss die Augen. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er die Mischung aus Schweiß, Gras, schalem Bier, abgenutztem Holz und Leder in sich einsog, die für Baseball stand. Seine Handflächen juckten vor Verlangen, einen Schläger zu halten.
Der charakteristische Geruch bewirkte, dass sich sein Magen zusammenzog und er einmal mehr über seine potentiell gigantische Unzurechnungsfähigkeit nachgrübelte, die ihn dazu verleitet hatte, zusammen mit seinen beiden besten Freunden ein Baseballteam zu kaufen. Er hegte immer noch den Verdacht, dass ihm Alex etwas in den exzellenten Bourbon getan hatte, an jenem Abend, als er Mal überredet hatte, sich auf dieses wahnwitzige Vorhaben einzulassen. Oder vielleicht war es auch Lucas gewesen. Lucas war der Arzt. Er hatte Zugang zu Drogen.
Und nun war er hier. In New York. Allerdings just in diesem Moment auf Staten Island. Als Mitbesitzer der New York Saints – des schlechtesten Teams in der Major League. Und momentan dafür verantwortlich, die Sicherheitsmaßnahmen im Stadion auf Vordermann zu bringen.
Das wischte das Grinsen von seinem Gesicht. Deacon Field, das Stadion der New York Saints, war ein Kaninchengehege. Ein ramponiertes, verrücktes Kaninchengehege. Daran herumzutüfteln, wie er die Sicherheit dieses Geheges, der Spieler und der Zuschauer gewährleisten konnte, hatte ihn jetzt monatelang nachts wach gehalten. Denn eins stand für ihn fest: In seinem Stadion durfte niemand zu Schaden kommen.
Kaninchengehege oder nicht, das Deacon würde sicher sein.
Solch ein Anschlag, der damals sein Leben und das seiner beiden besten Freunde so radikal verändert hatte, würde sich nicht wiederholen. Es durfte keine von verbrecherischen Irren herbeigeführten Explosionen mit Feuer und einer Vielzahl an Opfern mehr geben.
Nicht, wenn er hier die Verantwortung trug.
Er hatte praktisch eine halbe Schwadron von Firmen hierhergeholt, die getan hatten, was sie konnten, aber es gab Grenzen bezüglich dessen, was ohne größere Umbauten zu schaffen war.
Größere Umbaumaßnahmen waren angesichts ihres schmalen Budgets und der knappen Zeit, die ihnen vor Beginn der Saison noch blieb, einfach nicht durchführbar. Tatsächlich kam er allmählich zu dem Schluss, dass die wirklich notwendigen Arbeiten nur dann möglich wären, wenn die Saints eine Saison lang in ein anderes Stadion umziehen würden. Eine Möglichkeit, die bei ihren Fans gar nicht gut ankommen würde. Wenn sie sich überhaupt bewerkstelligen ließe.
Noch etwas, das ihm Sorgen bereitete.
Und jetzt war es bis zum ersten Spiel nicht mehr als eine Woche hin, und er hatte noch eine so lange To-do-Liste abzuarbeiten, dass er gar nicht darüber nachdenken mochte.
Aber Schlafmangel würde ihn nicht umbringen, und so machte er sich jeden Tag im Morgengrauen auf den Weg zur Arbeit, fand sich zuerst im Deacon Field statt in seinem eigenen Büro ein und kletterte in verschiedene Teile des Stadions, um dort zu sitzen und die Luft zu schnuppern. Heute hatte er endlich die Besitzerloge aufgeschlossen und die Fenster zurückgeschoben, um die frühe Morgenluft hereinzulassen, die den Geruch zu ihm hochtrug.
Diese ersten paar Minuten waren zurzeit die einzigen, die man als halbwegs friedlich bezeichnen konnte. Der Rest war pures Chaos.
Gut, dass er Chaos mochte.
OOH, BABY, SHAKEIT!
Musik zerriss die morgendliche Stille. Er riss die Augen auf. Was zum Teufel …?
SHAKE,BABY, SHAKEIT!
Mal trat zum vorderen Teil der Kabine und starrte auf das Feld hinunter. Musterte die ungefähr zwanzig Frauen in knappen Sport-BHs, Leggings und Shorts und stöhnte. Er hatte die verdammten Cheerleader vergessen.
SHAKEITLIKEYOUMEANIT!
Er knirschte mit den Zähnen. Cheerleader. Lieber Himmel. Baseballteams hatten keine Cheerleader. Alex konnte sie als Tanztruppe bezeichnen, soviel er wollte, und davon faseln, dass sie das Stadion füllen würden, aber es waren und blieben Cheerleader, und sie hatten beim Baseball nichts zu suchen. Egal, wie gut sie aussehen mochten, wie sie dort unten herumhüpften und nur aus langen Beinen, langen Haaren und großen Brüsten zu bestehen schienen.
Er nahm sich einen Moment Zeit, um den Anblick zu genießen, und stellte fest, dass sein Blick von der Frau vor der Truppe angezogen wurde. Sie hatte das Sagen, der Art nach zu schließen, wie die anderen ihren rhythmischen Bewegungen folgten, die trotz der nervtötenden Musik fesselnd wirkten.
Sie war noch ein Stück kleiner als die Kleinste der anderen, und ihr kurzes rotes Haar glich einem feuerroten Farbfleck, der sich von den langen Mähnen der Blondinen und Brünetten ringsum abhob. Sie war auch zierlicher gebaut, ihr fehlten die Kurven, die das elastische Lycra zu sprengen drohten, das die anderen trugen. Als jedoch die Musik zu einer Art Beat wechselte und sie begann, so etwas wie einen hüftschwenkenden Shimmy vorzuführen, spürte er, dass sein Mund trocken wurde, während er ihr zusah.
Pa-damm.
Es wunderte ihn, dass der Rasen unter ihren Füßen nicht bei jedem ihrer geschmeidigen Schritte versengt wurde.
Sex auf zwei Beinen.
Er zwinkerte und versuchte, sich wieder auf das zu konzentrieren, was anlag.
Heiß oder nicht, er konnte sich nicht erinnern, für diesen Morgen eine Cheerleaderprobe genehmigt zu haben, was hieß, dass er hinuntergehen und herausfinden musste, was zum Teufel sie dort auf dem Spielfeld verloren hatten.
»Und fünf, sechs, sieben, acht.« Raina Easton sprang nach links und erwartete, dass die Tänzerinnentruppe vor ihr die Bewegung nachahmte. Stattdessen rührten die Frauen sich nicht vom Fleck und spähten über ihre Schulter, wobei sich Überraschung, Anerkennung und Neugier auf ihren Gesichtern widerspiegelte. Oh-oh. Sie wirbelte herum und betrachtete den auffallend großen Mann, der in Jeans, T-Shirt und einer perfekt abgewetzten schwarzen Lederjacke mit unheilverkündender Miene über das Spielfeld auf sie zukam.
Sie wusste, wer er war. Der andere. Sie hatte Alex Winters – den gutaussehenden, Hemd-/Jackett-/Jeans-/GQ-Typen – kennengelernt, als er das Bewerbungsgespräch für diesen Posten mit ihr geführt hatte. Sie hatte Lucas Angelo – über eins achtzig, makelloser Anzug, umwerfendes italienisches Modelgesicht und göttliche blaue Augen – getroffen, als sie mit ihm als Teamarzt über die Trainingspläne für ihre Tanztruppe gesprochen hatte. Aber dem letzten der drei Männer, die die Saints gekauft hatten, war sie noch nie begegnet.
Malachi Coulter. Sie hatte sich Gedanken über ihn gemacht. Eine junge Frau müsste aus Stein bestehen, wenn sie sich nicht fragte, wie der Dritte dieses Trios wohl sein mochte, wenn die beiden Ersten ihr schon das Wasser im Mund zusammenlaufen ließen. Und sie hatte nie behauptet, aus Stein zu sein. Ganz und gar nicht.
Was auf den Mann, der auf sie zukam, schon eher zutreffen mochte, denn er trug eine ziemlich steinerne Miene zur Schau. Doch das machte sein Gesicht, das aus Ecken und Kanten, einem ausgeprägten Kinn und dunklen Augen zusammengesetzt schien, nicht weniger anziehend. Er sah aus – so hatte sich ihre Großmutter mal ausgedrückt – wie ein Sack voll Probleme in Männergestalt. Ihr bevorzugter Typ. Oder vielmehr ihr früherer bevorzugter Typ.
Die Verkörperung eines Bad Boys.
Schade, dass er sozusagen ihr Boss war. Nein. Nicht schade. Sehr gut. Es würde ihr helfen, sich daran zu erinnern, dass ihre Vorliebe für Bad-Boy-Typen der Vergangenheit angehörte. Doch ungeachtet ihrer Einstellung gegenüber Bossen und Bad Boys sprach nichts dagegen, dass sie den Anblick genoss. Oder die Ironie, die darin lag, dass sein Näherkommen von der Hintergrundmusik eines Songs über Männer, die einen in den Wahnsinn trieben, begleitet wurde.
Sie setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, als er sie erreicht hatte, und streckte ihm die Hand hin. »Hi. Ich bin Raina Easton, Ihre Tanztruppenleiterin.«
Er ergriff ihre Hand nicht. Sie hob eine Braue. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Seufzend ließ sie die Hand wieder sinken. »Was kann ich für Sie tun, Mr Coulter?«
»Ich habe niemandem für heute Morgen das Betreten des Feldes gestattet.«
Mist. Seine Stimme passte zum Rest von ihm. Ein angenehmes tiefes Grollen. Es löste in ihr den Wunsch aus, Pompoms zu schwenken, und sie war gar keine Cheerleaderin. Man stelle sich vor, was es bewirken könnte, wenn er nicht so stinksauer klang.
Sie verdrängte den Gedanken rasch. Sie würde sich nichts Derartiges ausmalen.
»Der Tanztrainingsplan wurde vor einer Woche abgesegnet«, erwiderte sie und wünschte sich dabei, sie würde nicht ihre Trainingsklamotten und flache Tanzschuhe tragen. Mit den paar zusätzlichen Zentimetern ihrer Lieblingshighheels würde er sie nicht so bedrohlich überragen.
»Sie brauchen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung von mir, bevor Sie das Stadion betreten.«
Ach herrje. Einer von denen. Groß, dunkel und grimmig. Schade. Sie machte sich nichts aus humorlosen Männern. Das Leben war zu kurz für einen Mann, der einen nicht zum Lachen bringen konnte. Und im Moment waren Männer für sie ohnehin gestorben.
»Das tut mir leid. Niemand hat mir etwas gesagt.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Ich schwöre, dass wir nicht die Truppe eines anderen Teams sind, die sich für eine illegale Trainingsstunde hier eingeschlichen hat.« Sie war versucht hinzuzufügen, dass es auch ziemlich schwierig sein dürfte, in einem knappen Top eine Waffe zu verbergen, vermutete aber, dass sie damit den Bogen überspannen würde. Außerdem würde sie, wenn er ankündigte, eine Leibesvisitation vornehmen zu wollen, vermutlich von den Tänzerinnen hinter ihr niedergetrampelt, wenn sie losstürmten, um die Erste zu sein.
Mal hob den Kopf, ließ den Blick über die Frauen hinter ihr schweifen und heftete ihn dann wieder auf sie. Er sah nicht erfreuter aus als vorher. »Andere Baseballteams haben keine Cheerleader.«
Er klang, als hielte er das für eine gute Sache. Sie gedachte nicht, durchblicken zu lassen, dass sie ganz seiner Meinung war. Alex Winters zahlte ihr einen Haufen Geld, damit sie seine Tänzerinnen zu einer hübschen einheitlichen Anfeuerungsmaschine drillte, daher behielt sie ihre Ansicht, dass die Kombination von Cheerleadern und Baseball ein Sakrileg darstellte, wohlweislich für sich. Sie hatte nämlich Pläne für diesen Haufen Geld. Was auch hieß, dass sie es sich mit Malachi Coulter nicht verscherzen durfte. »Tanztruppe, keine Cheerleader«, berichtigte sie, dabei legte sie den Kopf in den Nacken, um ihm in die Augen sehen zu können. »So, wir haben nur noch eine Stunde Zeit zum Üben. Können wir bleiben, oder wollen Sie, dass wir gehen?« Sie schenkte ihm ein weiteres berückendes Lächeln.
»Sie können bleiben«, sagte er nach einer Pause, während derer nur das Hämmern der Trommeln und die Riffs von Gitarren zu hören waren, als der Song zu einem Crescendo anschwoll. »Aber kommen Sie in mein Büro, wenn Sie hier fertig sind.«
»Klar«, sagte sie, nach einer kleinen Pause ihrerseits. »Ich freue mich schon darauf.« Dann drehte sie sich wieder zu ihren Tänzerinnen um, damit sie ihm nicht hinterherstarren konnte, wenn er ging.
Zwei Stunden später trug Raina zu guter Letzt noch Lipgloss auf und entschied, dass sie aufhören musste, die Unterredung noch länger vor sich herzuschieben. Sie hatte nach dem Training mehr Zeit mit Duschen, Umziehen und Gesprächen mit den Frauen der Truppe verbracht, als sie sollte. Die meisten von ihnen hatte sie erst vor einer Woche beim Vortanzen kennengelernt, und sie versuchte immer noch, ein Gespür für ihre Persönlichkeit und ihre Stärken zu entwickeln. Sie konnten alle tanzen, darauf hatte sie geachtet – sie hatte ein paar der blonderen und kurvenreicheren Kandidatinnen aussortiert, die zwar phantastisch aussahen, aber auf dem Gebiet von Koordination und Bewegung zu Musik mit Gefühl für Beat und Rhythmus weniger gesegnet waren –, aber nur die tänzerische Begabung würde die Mädels schwerlich schnell genug zu einem Team zusammenschweißen.
Es brauchte Zeit, bis man eine Persönlichkeit einschätzen konnte, und im Moment half es ihr auch nicht gerade weiter, dass die beste Tänzerin von allen – die wirklich hinreißende grünäugige, schwarzhaarige Ana – sich immer mehr als Diva mit dem Temperament einer gereizten Viper entpuppte.
Trotzdem war dies ein Eilauftrag, und sie hatte keine Zeit, weitere Tänzerinnen einzustellen, geschweige denn auf eine so gute wie Ana zu verzichten, also würde sie einfach aus dem vorhandenen Material das Beste machen müssen. Sie würde nur an den hübschen Batzen Geld denken, den sie damit verdiente, und sich für ein paar Monate von dem Gedanken an Freizeit verabschieden.
Aber nichts davon änderte etwas daran, dass sie sich immer noch in die sprichwörtliche Höhle des Löwen wagen musste. In der ein großer, dunkler, schlechtgelaunter und beunruhigend gutaussehender Löwe wartete – ihr Boss.
Sie konnte nicht kneifen, nur weil er ihre Hormone gehörig durcheinandergewirbelt hatte.
Verdammt.
Er hatte diese Bad-Boy-Ausstrahlung, die buchstäblich meilenweit um ihn herum Wellen schlug. Da war das etwas zu lange Haar. Das aus Jeans und T-Shirt bestehende lässige »Mir doch egal«-Outfit. Alex Winters hatte bei ihrem Treffen Jeans und einen dunkelgrauen Blazer getragen, aber seine Jeans waren zu hundert Prozent ein Designermodell gewesen. Wohingegen sie ziemlich sicher war, dass es sich bei denen von Malachi Coulter um abgetragene Levis handelte, die auf ehrliche Weise zu ihren ausgebleichten Stellen und rätselhaften Flecken gekommen waren.
Dann war da noch das Tattoo, das sich an seinem Arm hinunterschlängelte. Sie hatte sich nicht gestattet, das Design eingehender zu betrachten, sondern nur die kühnen Farben und die geometrischen schwarzen Ränder registriert, bevor sie den Blick abgewandt hatte.
Und wenn sie Geld darauf setzen müsste, hätte sie einen guten Teil ihres nächsten Saints-Lohnschecks darauf gewettet, dass das große schwarze Motorrad, das sie draußen auf dem Parkplatz gesehen hatte, gleichfalls ihm gehörte. Schließlich trug er abgewetzte Motorradstiefel.
Also ein Bad Boy. Selbst wenn er sich den Anstrich gab, als sei er einer von den Guten – immerhin war er Mitbesitzer eines Baseballteams –, war und blieb er ein Bad Boy.
Und den Bad Boys hatte sie abgeschworen.
Ein Jammer. Aber für ihre Gemütsverfassung unerlässlich.
Sie suchte ihre Sachen zusammen, stopfte sie in ihre Tasche und verließ den Umkleideraum. Von dem sie aufgrund des Geruchs nach frischer Farbe vermutete, dass er bis kurz vor dem Zeitpunkt, wo sie mit den Vortanzproben begonnen hatte, keineswegs als Frauenumkleide gedient hatte.
Vor allem die nächste Woche würde die reinste Hölle werden. Indem sie sozusagen in letzter Minute noch diesen Job angenommen hatte, hatte sie sich monstermäßige Terminprobleme eingehandelt. Ihre nächste große Revue im Club begann am selben Wochenende wie die Baseballsaison. Was hieß, dass sie tagsüber auf Staten Island die »Fallen Angels« – es war ihr nicht gelungen, Alex Winters’ Meinung bezüglich dieses bescheuerten Namens zu ändern – zu einem Megaerfolg in Sachen Baseballtanztruppe trimmen und abends und in jeder freien Minute in ihrem Club, dem Madame R, proben musste, bevor sie für die Nacht öffneten.
Was ihr vielleicht sechs Stunden pro Tag zum Schlafen, Essen und für die Grundformen der Körperhygiene übrigließ.
Sie würde jede Menge Koffein brauchen. Und wahrscheinlich einen Klon.
Nachdem sie mit dem knarrenden Fahrstuhl zu dem Büroturm hochgefahren war, wo das Management und die Verwaltung der Saints saßen, ging sie zum Empfang hinüber und lächelte. Die Blondine, die sie Anfang der Woche dort angetroffen hatte, war nicht da. Stattdessen saß eine Frau mit schulterlangem hellbraunen Haar und blauen Augen hinter dem Schreibtisch. »Hi. Wo finde ich denn Malachi Coulters Büro?«
Die Frau blickte von ihrem Computerbildschirm auf. »Weiß Mal, worum es geht?«
»Er hat mich gebeten, kurz vorbeizukommen«, erwiderte Raina. »Mein Name ist Raina Easton.«
Die blauen Augen leuchteten auf. »Sie sind die Tanztrainerin? Ist das die richtige Bezeichnung?«
»Sie ist so gut wie jede andere«, sagte Raina. »Und ja, schuldig im Sinne der Anklage.«
»Ich habe schon von Ihnen gehört«, meinte die Frau. »Ich bin Sara. Sara Charles. Ich fliege den Teamhubschrauber.«
»Und besetzen den Empfang?«
Sara zuckte die Achseln. »Ich springe nur ein, während Tora Pause macht. Wie dem auch sei, ich werde Mal Bescheid sagen, dass Sie hier sind.« Sie berührte den Bildschirm und griff nach den Kopfhörern auf dem Tisch, was Raina Gelegenheit gab, den Diamanten am Ringfinger ihrer linken Hand zu bewundern, einen Diamanten von erstaunlich funkelndem Blau, das zu Saras Augen passte.
»Mal«, sagte sie nach einem Moment. »Raina Easton ist hier. Okay, ich schicke sie zu dir.«
Sie berührte erneut den Bildschirm und nahm die Kopfhörer ab. Wieder funkelte der Ring im Licht.
»Er erwartet Sie. Diesen Flur entlang, zweiter Gang rechts, und sein Büro liegt ganz am Ende.«
»Danke«, sagte Raina. »Hübscher Ring übrigens.«
Sara errötete leicht. »Bisschen klotzig. Aber Lucas hat darauf bestanden.«
»Sie sind mit Lucas Angelo verlobt?« Raina hätte sich ohrfeigen können. Das hätte sie wissen müssen. Es zahlte sich aus, über die Leute informiert zu sein, für die man arbeitete.
»Yeah. Ich kann es immer noch kaum glauben.«
»Na, dann herzlichen Glückwunsch. Er hat offenbar einen ausgezeichneten Geschmack in puncto Schmuck und Frauen, wenn auch nicht unbedingt bei Baseballteams.«
»Sie sind kein Saints-Fan?« Sara grinste sie an.
»Ich bin bei eingefleischten Yankees-Anhängern aufgewachsen. Vermutlich wäre ich enterbt worden, wenn ich der Familientradition nicht gefolgt wäre.«
Sara lachte. »Tja, wenigstens verstehen Sie etwas von Baseball. Ich konnte vor ein paar Monaten einen Catcher nicht von einem Curveball unterscheiden.«
»Mögen Sie Baseball nicht?«
»Ich habe meine prägenden Jahre auf Flugplätzen verbracht, nicht auf Baseballfeldern.«
»Verstehe«, sagte Raina. »Ich habe meine größtenteils in Tanzstudios verbracht. Aber mit drei baseballverrückten Brüdern ist es schwierig, nicht damit in Berührung zu kommen. Ich sollte jetzt besser gehen. Aber Sie müssen mir irgendwann mal alles über Hubschrauber erzählen.«
»Fliegen Sie gern?«
»In einem Heli habe ich noch nie gesessen. Aber in meiner vergeudeten Jugend habe ich es mal mit dem Segelfliegen versucht.«
Saras Lächeln wurde breiter. »Ich bevorzuge etwas mit einem soliden Motor, der mich in der Luft hält.«
»Ich heutzutage auch«, stimmte Raina zu. Nicht dass sie in der letzten Zeit die Muße gehabt hätte, irgendwo hinzufliegen. Madame R hielt sie ziemlich auf Trab. »Aber ich gehe jetzt wirklich besser, sonst wird der große Boss ungemütlich.«
»Er bellt nur, aber er beißt nicht«, beruhigte Sara sie.
»Oh, zu dem Schluss bin ich auch schon gekommen«, entgegnete Raina. »Aber er unterschreibt immer noch die Lohnschecks.«
Sie lächelte zum Abschied und schlug die Richtung ein, die Sara ihr genannt hatte. Ihre Nervosität kehrte mit Macht zurück, und ein ganzer Schwarm von Schmetterlingen schien in ihrem Magen Stepptanzschritte einzustudieren.
Malachi Coulter mochte zwar nur bellen, aber nicht beißen, trotzdem beschlich sie das Gefühl, dass sie ihn nicht unbedingt mies gelaunt erleben mochte.
Sie war sich auch nicht sicher, ob sie ihn in guter Stimmung erleben wollte. Fügte man den gemeißelten Linien dieses Gesichts ein Lächeln hinzu, dann konnte ein Mädchen, allen guten Vorsätzen bezüglich Bad Boys zum Trotz, in ernsthafte Schwierigkeiten kommen.
Die Tür des Büros am Ende des Gangs stand offen. Sie holte tief Luft und trat über die Schwelle.
Malachi Coulter saß an einem Schreibtisch, aber sein Stuhl war zu einer Reihe von Monitoren hingedreht, mit denen, wie sie vermutete, das Stadion überwacht wurde.
»Ich dachte, die Überwachungsvorrichtungen befänden sich im Keller«, sagte sie. »In Filmen ist das immer so.«
Der Stuhl schwang zu ihr herum. Sie versuchte, das leise Kribbeln zu ignorieren, dass bei dem neuerlichen Anblick seines Gesichts in ihrem Magen einsetzte.
»Ms Easton. Fertig mit dem Training?«
»Für heute.« Ohne auf seine Aufforderung zu warten, betrat sie das Büro und stellte ihre Tasche in der Nähe des Schreibtischs ab. Dann deutete sie mit dem Kinn auf die Bildschirme, wobei sie einen Anflug von Technikneid empfand. Die Sicherheitsmaßnahmen in ihrem Club waren so gut, wie sie sich das leisten konnte, beschränkten sich aber dennoch auf Kameras auf der Hauptebene und ein paar weitere, die strategische Punkte in dem Gebäude sowie die Aus- und Eingänge abdeckten. Die zwölf Monitore hinter Malachis Schreibtisch zeigten Bilder von vier Kameras, und sie vermutete, dass darüber hinaus noch viel mehr erfasst wurde. »Nette Anlage.«
Seine Brauen schossen in die Höhe. »Nur die Grundausstattung«, erwiderte er. »Unser Hauptüberwachungsraum liegt in einem der unteren Stockwerke. Nah genug beim Keller, schätze ich.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass man in einem Gebäude wie diesem jeden Winkel überwachen kann«, meinte Raina. »Dafür muss man einen Haufen Leute brauchen.«
»Allerdings«, bestätigte Malachi und neigte den Kopf leicht zu ihr hin. »Aber Sicherheit ist kein Thema, von dem ich erwarte, dass eine Tänzerin etwas davon versteht.«
Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht bin ich als Teenager mit einer Rockband durchgebrannt und habe meine entscheidenden Jahre damit verbracht, mit Roadies und Sicherheitsteams herumzuhängen.«
Er schüttelte den Kopf. »Unsere Nachforschungen haben ergeben, dass Sie Ihre Teenagerjahre in einer Reihe verschiedener Schulen überall im Land verbracht haben, bis Sie in New York bei Juilliard gelandet sind. Wo Sie es ein Jahr ausgehalten haben, bevor Sie angefangen haben, am Broadway zu arbeiten.«
Sie hatten ihren Lebenslauf überprüfen lassen? Nun, das sollte sie nicht wundern. Alex Winters war nicht der Typ, der sich nicht alle Informationen beschaffte, die er benötigte. Und Malachi kam ihr auch nicht gerade sorglos und unvorsichtig vor. »Erwischt. Keine Rockbands in meinem Leben. Jedenfalls nicht solche, die auf Tourneen gehen. Aber Tänzer verbringen ihr Leben in Theatern und an ähnlichen Orten. Dort wird heutzutage viel Wert auf Sicherheit gelegt. Und ich halte die Augen offen.«
»Ich nehme an, in Varietéclubs wird auch Wert auf Sicherheit gelegt«, sagte er.
»Allerdings.« Also musste er über den Club Bescheid wissen. Und darüber, was sie derzeit machte. Sie wartete darauf, was er als Nächstes sagen würde. Viele Leute setzten Varieté mit Striptease gleich. Mal sagte nichts. »Aber nicht in dieser Form«, fügte sie hinzu, während sie zu ergründen versuchte, was sein Schweigen zu bedeuten hatte.
»Das könnte nicht das Schlechteste sein«, gab Mal zurück. Dann winkte er mit der Hand in Richtung des zweiten Stuhls. »Bitte setzen Sie sich doch.«
Sie wartete darauf, dass er weitersprach. »Sie wollten mich sprechen?«, fragte sie, als sie sich auf den Stuhl sinken ließ. Das Leder war alt und weich, und sie strich mit der Hand über die Lehne, weil es sich so gut anfühlte. »Gibt es ein Problem?«
»Ich dachte nur, wir sollten ein paar Fragen bezüglich der hier geltenden Sicherheitsvorschriften klären.«
»O-kay.« Sie lehnte sich im Stuhl zurück. »Es tut mir leid, aber niemand hat mir gesagt, dass ich irgendwelche Sicherheitsvorschriften einhalten muss. Ich habe Alex vor zwei Tagen meinen Übungsstundenplan geschickt.«
»Der ist vermutlich noch im Posteingang«, meinte Mal. »Seit dem Ende des Frühjahrstrainings ist er ständig zwischen hier und Florida hin- und hergeflogen.«
»Dann sollte ich Ihnen besser auch einen schicken.«
Er nickte. »Dann werden Sie registriert, und wir können für das nächste Mal am Tor Pässe für Sie alle hinterlegen.«
Sie kramte in ihrer Tasche nach ihrem Handy und rief die Kontaktliste auf. Dann streckte sie ihm das Gerät hin. »Gut. Geben Sie mir Ihre E-Mail-Adresse, und alles ist geregelt.«
Er nahm das Handy entgegen. Als er den Kopf senkte und zu tippen begann, fiel sein Haar nach vorne über sein Gesicht, und sie durchzuckte erneut der Gedanke Mann, ist der attraktiv. In einer perfekten Welt würde er ihr seine Daten aus einem ganz anderen Grund geben, aber die Welt war nicht perfekt, und sie hatte im Lauf der Jahre gelernt, dass Männer wie Mal zu den am wenigsten perfekten Dingen darin gehörten.
Verdammter Mist.
»Hier.« Er gab ihr das Handy zurück, wobei seine Finger ihre streiften – und kurz verharrten. Nur eine Sekunde oder zwei. Dann zog sie ihre Hand zurück und widerstand dem Drang, ihre Finger auszuschütteln, um das Kribbeln auf ihrer Haut loszuwerden.
»Danke«, sagte sie. »Ich schicke Ihnen diesen Plan.«
»Gut. Und ich teile Ihnen mit, wo Sie trainieren werden.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie können nicht jedes Mal das Hauptfeld benutzen.«
Sie setzte sich etwas aufrechter hin. »Warum nicht? Es ist das Beste, wenn die Mädchen sich mit dem Ort vertraut machen, wo sie auftreten werden.«
»Manchmal steht es nicht zur Verfügung. Die Platzwarte könnten auf dem Feld zu tun haben, oder das Team könnte es brauchen. Sie kommen dieses Wochenende aus Florida zurück. Dabei fällt mir ein … Ich würde es zu schätzen wissen, wenn Sie Ihren Tänzerinnen klarmachten, dass die Spieler für sie tabu sind.«
»Wie bitte?«
»Sie haben mich schon verstanden.«
»Wie wäre es, wenn Sie Ihren Baseballspielern klarmachen würden, dass die Tänzerinnen für sie tabu sind?«, konterte sie. »Meiner Erfahrung nach ist es viel wahrscheinlicher, dass die Jungs die Mädchen anbaggern als umgekehrt.«
Mal zuckte die Achseln. »Nun, meiner Erfahrung nach trifft das weniger oft zu, wenn die Jungs über ein schönes, fettes Bankkonto verfügen.«
»Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst«, entfuhr es ihr. »Sie glauben wirklich, dass meine Tänzerinnen Ihren Baseballern nachstellen wollen?« Sie musste zugeben, dass das nicht ganz im Bereich des Unmöglichen lag, denn ein paar Mädchen aus der Truppe waren Singles, ihrer Erfahrung nach aber waren Profitänzerinnen vor allem genau das – Profis, die tanzen wollten. Und sie wollten ihren Gagenscheck.
»Wir sprechen von Major League Baseball. Mädchen sind immer hinter diesen Spielern her.«
»Die armen Kerle. Offenbar sind sie unfähig, den Verlockungen verruchter Frauen zu widerstehen.«
Mal schüttelte den Kopf. »Das meinte ich nicht. Ich meinte nur, es ist schon vorgekommen, dass Frauen sich des Geldes wegen an reiche Spieler heranmachen.«
Rainas Augen wurden schmal. »Wir sind hier in New York. Es gibt noch zwei weitere Baseballteams in der Stadt, deren Spieler weitaus besser bezahlt werden als die der Saints.« Die Saints waren so ziemlich das schlechteste Team in der Liga, das wusste sie. Ihr Großvater mütterlicherseits war ein Saints-Fan gewesen.
»Stimmt. Aber unsere Jungs verdienen immer noch mehr als die meisten anderen Männer. Es wird für alle einfacher sein, wenn beide Seiten auf Abstand bleiben.«
»Was mich wieder darauf bringt, dass Sie diese kleine Ansprache auch Ihren Jungs halten sollten. Sie sollen ihre Reißverschlüsse zubehalten.« Allmählich kam sie zu dem Schluss, dass sie mit ihrer ersten Einschätzung richtiggelegen hatte. Er war groß, dunkel und mürrisch. Was gut war, sagte sie sich. Sein Äußeres ließ sich viel leichter ignorieren, wenn er die ganze Zeit unwirsch und gereizt war.
»Das werde ich, das können Sie mir glauben«, entgegnete Mal.
»Gut«, sagte Raina. »Ich werde der Truppe Bescheid sagen.« Ihr Handy summte in ihrer Hand, und sie blickte aufs Display. Eine Nachricht von Luis. Verdammt. Das hieß, dass im Club irgendetwas los war.
»Stimmt etwas nicht?«, erkundigte sich Mal.
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nur etwas Geschäftliches.« Sie stand auf. »Sonst noch etwas? Ich bin sicher, dass Sie viel um die Ohren haben.«
Er musterte sie einen Moment lang mit dunklen, unergründlichen Augen. Da sie definitiv eine Idiotin war, fragte sie sich, ob sie wohl noch andere Farben in diesem tiefen dunklen Braun entdecken würde, wenn sie näher an ihn heranrückte. Was sie nicht tun würde. Auf keinen Fall. Doch noch während sie dies dachte, spürte sie schon die erste leise Regung ihrer Muskeln, die sie wie magisch zu ihm hinzogen.
Was sie nicht zulassen würde. Ihr Tänzerinneninstinkt rettete sie, und sie erstarrte, bevor sie die Bewegung ausführen konnte. Da sie merkte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg, trat sie einen Schritt zurück. Dann bückte sie sich, um wieder nach ihrer Tasche zu greifen und so den Rückzug und ihr Erröten zu verschleiern.
»Nichts mehr. Vorerst nicht.«
In den letzten beiden Worten und dem tiefen Grollen in seiner Stimme, als er sie aussprach, lag eine Fülle möglicher Interpretationen. Ihre Wangen brannten noch stärker, und sie zwang sich, die vernünftigste Version zu glauben. Dass tatsächlich nichts weiter anlag.
Sie rang sich ein Lächeln ab, als sie sich aufrichtete. Versuchte, so auszusehen, als würden ihr keine unzulässigen Gedanken durch den Kopf gehen. Professionalität war angesagt. Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, was er davon hielt, wenn sich Tänzerinnen mit seinen Spielern einließen, und diese Ansicht bezog ihn selbst mit Sicherheit auch mit ein. Keine Vermischung von Geschäft und Vergnügen.
Offenbar folgte er in diesem Punkt nicht dem Beispiel seines Partners. Alex Winters war mit Maggie Jameson zusammen, der Tochter des früheren Besitzers der Saints. Sie arbeitete immer noch für das Team. Und nachdem sie Alex ein paarmal getroffen hatte, war sie verdammt sicher, dass es nicht sein Geld war, was Maggie unwiderstehlich fand. Der Mann sprühte nur so vor Charme. Schließlich hatte er sie überredet, diesen verrückten Job anzunehmen, nachdem er sie beim Herrenabend eines Freundes im Madame R gesehen hatte. Sie davon zu überzeugen, dass sie genau diejenige war, die er brauchte, um eine Truppe von Baseballcheerleadern zusammenzustellen und auszubilden, hatte viel Charme erfordert.
Vielleicht sollte er seinem Partner etwas davon abtreten. Andererseits … vielleicht besser nicht. Der Mann hatte sogar dann entschieden zu viel eigenen Charme, wenn er schlecht gelaunt war. Was hieß, dass es das Vernünftigste war, ihm aus dem Weg zu gehen.
Ungefähr eine Stunde, nachdem Raina gegangen war, verließ Mal auf der Suche nach Kaffee und dem neuesten Update von den Arbeitern, die die letzten Sicherheitstore im Stadion austauschten, ebenfalls sein Büro.
Er kam am Empfang vorbei, wo er Sara auf einem Laptop herumtippen sah.
»Wo ist Tora?«, fragte er.
Sara blickte auf, tippte aber weiter. »Sie hat den halben Tag frei. Ich habe ihr angeboten, eine Weile für sie einzuspringen.«
»Du weißt, dass du das nicht tun musst.«
Sie zuckte die Achseln. »Ich helfe gern aus. Später fliege ich Maggie nach Manhattan zurück. Soll ich dich auch irgendwo hinbringen?«
Mal schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe das Motorrad da.«
»Du fährst heute Abend aber schon nach Hause, oder?« Sara durchbohrte ihn mit einem missbilligenden Blick.
Mal versuchte zu verbergen, dass er unwillkürlich zusammenzuckte. Er hatte gedacht, er hätte es vor Alex und Lucas verheimlichen können, dass er in der letzten Zeit ein paar Nächte in seinem Büro verbracht hatte, aber scheinbar war das nicht der Fall. Wenn Sara es wusste, dann wusste Lucas ebenfalls Bescheid.
»Ja, Mom«, sagte er.
»Ich bin nicht deine Mom. Nur eine interessierte Beobachterin. Ihr drei werdet noch vor Saisonbeginn völlig ausgebrannt sein.«
»Es sind nur noch ein paar Tage. Ich denke, wir werden es überleben.«
»Hoffentlich.« Ihr Gesichtsausdruck wurde etwas weicher. »Was wolltest du von der Tanztrainerin?«
»Bitte?«
Saras Blick wurde schärfer. »Von der Tanztrainerin. Raina. Du weißt schon … kurze rote Haare, Wahnsinnsfigur. War vor ungefähr einer Stunde in deinem Büro. Die meine ich.«
»Nur ein Terminplanproblem«, brummte Mal. »Ich hab das in Ordnung gebracht.« Er versuchte, nicht an die Wahnsinnsfigur zu denken, wie Sara sich so treffend ausgedrückt hatte. Er hatte versucht, nicht daran zu denken, seit Raina sein Büro verlassen hatte.
»Sie ist hübsch«, bemerkte Sara.
»Hübsch« war nicht das Wort, das Mal benutzt hätte, um Raina Easton zu beschreiben. Ihr Gesicht war zu scharf geschnitten, um hübsch zu sein. Es bestand nur aus Wangenknochen und dunklen, gebogenen Brauen über leicht schräg stehenden Augen, deren Farbe irgendwo zwischen Bronze und Grün lag. Leuchtend rotes Haar umrahmte dieses Gesicht. Dann war da aber noch ihr Mund. Im Gegensatz zu den geraden Linien überall sonst war er sanft geschwungen. In einer schimmernden Version ihrer Haarfarbe geschminkt. Es war ihm schwergefallen, den Blick von ihrem Mund loszureißen. Bis sie sich bewegt hatte. Denn wenn sie sich bewegte – besonders beim Gehen –, erwachten all seine männlichen Instinkte zum Leben.
Er hatte nach dem Gespräch mit ihr dem Training von der Sicherheit der Tribüne aus noch eine Weile länger zugeschaut, und in der Truppe der Tänzerinnen war sie die Einzige gewesen, die er gesehen hatte.
Schlechte Neuigkeiten.
Alex und Lucas hatten sich beide, seit sie das Team gekauft hatten, mit Frauen zusammengetan, die für die Saints arbeiteten. Er hatte nicht die Absicht, diesen Trend fortzusetzen.
Eine Frau war das Letzte auf dieser Erde, wofür er momentan Zeit hatte.
Und eine Frau wie Raina Easton? Ausgerechnet eine rothaarige, verführerischen Sex förmlich versprühende Besitzerin eines gottverdammten Varietéclubs? Nein. Ganz eindeutig nein.
Sie war die Art Frau, die man nicht mehr so leicht aus dem Kopf bekam, wenn man sie einmal hineingelassen hatte.
Also würde er das vermeiden.
»Hallo? Erde an Malachi?«
Ihm wurde bewusst, dass er noch immer am Empfang stand. Sara musterte ihn belustigt.
»Entschuldige, was hast du gesagt?«
»Ich habe gesagt, dass Raina hübsch ist«, wiederholte Sara.
Er zuckte betont gleichmütig die Achseln. »Ich denke schon. Wenn man diesen Typ mag.«
»Den Typ superheißer Rotschopf?«, gab Sara zurück, und ihr Lächeln wurde breiter. »Fliegen auf den nicht alle Männer?«
»Warum sprechen wir überhaupt über sie? Sie wird nicht lange hierbleiben.«
Sara runzelte die Stirn. »Ich dachte, Alex hätte die Fallen Angels für die ganze Saison angeheuert?«
Mal kämpfte gegen den Drang an, die Augen zu verdrehen, als sie den Namen aussprach. Er konnte immer noch nicht glauben, dass Alex bei ihren Heimspielen Cheerleader einsetzen wollte. Cheerleader gehörten einfach nicht zum Baseball. Aber Alex hielt sie für eine gute Reklame, und es war ihm gelungen, Maggie auf seine Seite zu ziehen. Und dann hatten die beiden es geschafft, Lucas ebenfalls zu überzeugen. Also war Mal überstimmt worden.
»Ich bezweifle, dass wir sie so lange behalten werden«, sagte er.
»Das erscheint mir aber nicht gerade fair.«
»Oh, wir werden sie trotzdem bezahlen«, versicherte ihr Mal. Er war nicht der Ansicht, dass sie Cheerleader brauchten, aber er würde sie auch nicht an die Luft setzen und um ihre Gage prellen, wenn Alex schließlich zur Vernunft käme und seine Meinung änderte.
»Alex scheint sich in die Idee ziemlich verbissen zu haben«, meinte Sara.
»Da bin ich mir sicher«, erwiderte Mal. »Aber wenn sie bei den Fans nicht gut ankommen, wird er Vernunft annehmen.«
»Aber wenn sie alle so aussehen wie Raina, werden die Fans begeistert sein«, hielt Sara dagegen.
»Wir werden sehen.«
»Lucas sagt, sie besitzt einen Varietéclub. Das klingt cool. Maggie und ich dachten, wir schauen ihn uns mal an. Warst du schon mal da? Du wohnst doch in Brooklyn, stimmt’s?«
»Ja. Aber ich habe trotzdem nicht viel Zeit für Varietés.« Nicht viel Zeit für überhaupt irgendeine Art von Nachtleben, genauer gesagt. Er wusste nicht exakt, was ein Varieté eigentlich war. Mit dem Begriff verband er Bilder von Mädchen in Korsagen und Netzstrümpfen und Frisuren wie die alten Filmdiven, aber Alex hatte betont, dass es nichts mit Striptease zu tun hatte.
Nicht dass es ihn irgendetwas anging, womit Raina Easton ihren Lebensunterhalt verdiente. Genauso wenig, wie es ihm zustand, sich vorzustellen, wie sie wohl in einer Korsage aussah.
»Du solltest mitkommen, wenn wir hingehen«, schlug Sara vor.
Er schüttelte den Kopf. »Das klingt nach einem Mädelsabend. Nimm Hana mit. Oder Shelly.« Herrje, irgendjemanden, der weiblich und nicht er war.
»Feigling. Ich wette, Alex würde mitkommen.«
»Dann frag doch ihn.« Wenn Alex auch nur einen Funken Verstand hatte, dann würde er sich den Mädels gleichfalls nicht anschließen. Andererseits war Alex derjenige, der die Cheerleader überhaupt erst für eine gute Idee gehalten hatte, daher hatte er sich von seinem Verstand wohl für eine Weile verabschiedet.
Es war nach zehn, als Mal endlich das Deacon-Stadion verließ. Bis spätabends zu arbeiten brachte wenigstens den Vorteil mit sich, dass ihn kein Verkehr behinderte, als er das Motorrad nach Hause lenkte. Er fuhr gern nachts, wenn ihm keine Idioten in die Quere kamen. Das einzige Problem bestand darin, dass er sich an die Geschwindigkeitsbeschränkung halten musste, statt seinen Hang zum schnellen Fahren ausleben und die Harley voll aufdrehen zu können. Aber er hatte nicht vor, sich selbst oder sonst jemanden umzubringen, und das Letzte, was die Saints jetzt brauchen konnten, war, der Presse ein gefundenes Fressen zu liefern, weil er dumm genug gewesen war, sich einen Bußgeldbescheid einzuhandeln. Also hielt er sich zurück und ließ sich vom Rumpeln der Straße und dem Dröhnen der Maschine den Kopf freipusten.
Als er die Straßen von Brooklyn erreichte, fühlte er sich etwas entspannter, aber auch wacher als beim Verlassen des Stadions. Der Gedanke, in sein Apartment zurückzukehren und ins Bett zu kriechen, hatte plötzlich nichts Verlockendes mehr. Er steuerte die Maschine durch die Straßen, ohne zu wissen, wo er eigentlich hinwollte. Früher einmal hätte sich diese innere Unruhe leicht in einer Bar, mit einem Drink und einer willigen Frau, die ihn ablenkte, vertreiben lassen. Aber der Spaß an wilden, durchfeierten Nächten war ihm vor drei Jahren abhandengekommen.
Und wilde Nächte waren keine Gewohnheit, die er wieder aufleben lassen wollte. Er hatte die Trauer jetzt verarbeitet. Sich damit abgefunden, dass Ally nie wieder zu seiner Tür hereinkommen würde. Er würde nie wieder die hellblauen Augen und wirren blonden Haare auf langen Beinen hereinschlendern sehen; würde nie wieder sehen, wie sie ihn anlächelte, während sie ihm von den neuesten Abenteuern erzählte, die sie plante. Es war nicht leicht gewesen, aber er hatte es geschafft. Also nein, kein Bedürfnis mehr nach Nächten mit zu viel Bourbon und der nächstbesten Frau, um den Schmerz zu betäuben.
Und keine wilden Mädchen mehr. Ally war tief in ihrem Innersten wild gewesen. Wild und unzähmbar, und genau das hatte sie auch das Leben gekostet. Das war der sinnlose Teil, der ihn rasend machte. Sie hatte die Army überlebt, hatte die drei Dienstzeiten überlebt, für die sie sich verpflichtet hatte, und dann war sie nach Hause gekommen. Und ob sie nun immer schon so gewesen war oder ob sie dem Adrenalinkick hinterherjagte, den sie im Zivilistenleben nicht fand, sie hatte begonnen, verrückte Dinge zu tun. Und es war eines dieser verrückten Dinge gewesen – die impulsive Entscheidung, mit dem Paragliding anzufangen –, das sie dann umgebracht hatte.
So etwas Unsinniges. Alles nur, weil sie ein Kribbeln unter der Haut spürte, das sich nicht wegkratzen ließ. Einen Drang zu fliegen oder einen Drang zu entkommen. Er hatte nie herausgefunden, was sie genau, nur mit einem Stück dünnem Stoff ausgerüstet, das sie in der Luft halten sollte, in den Himmel getrieben hatte. Wo ein saublöder Wetterumschwung sie ihm geraubt hatte. Das zumindest hatte die Untersuchung des Unfallhergangs ergeben.
Er hatte das nie voll und ganz glauben können. Ein Teil von ihm fragte sich immer noch, ob sie sich nicht in dem Versuch, etwas auszumerzen, das an ihr fraß, von der Wildheit in ihr hinunter ins Dunkel hatte tragen lassen.
Er würde es nie erfahren.
Daher nein. Keine wilden Mädchen mehr.
Keine, die seine Haut kribbeln ließen.
Die nächste Frau, auf die er sich einließe, musste bodenständig und unkompliziert sein und sich ein ganz normales, gutes Leben wünschen. Nicht dass er jemals irgendjemandem anvertraut hatte, dass das nun seine Kriterien waren, schon gar nicht Alex und Lucas. Sie würden ihn entweder auslachen oder, was wahrscheinlicher war, befinden, dass er noch mehr Therapiesitzungen brauchte.
Was nicht der Fall war.
Alles, was er brauchte, war ein Leben, das nicht so turbulent verlief.
Aber wenn er so darüber nachdachte, brauchte er vielleicht doch noch ein paar Sitzungen beim Therapeuten. Ein Baseballteam zu kaufen war nicht unbedingt etwas, das einem ein ruhiges, friedliches Leben bescherte. Doch der Wahnsinn und die Hektik würden nachlassen, sobald alles zu ihrer Zufriedenheit lief, hoffte er. Dann würden sie nur noch den langsamen Prozess bewältigen müssen, die Saints wieder zu dem Team aufzubauen, das sie sein sollten. Dem Team, das sie sein würden, wenn es nach ihm ging.
Das würde nicht verrückt und turbulent werden. Nur ein allmählicher Prozess. Ein wohl durchdachter, logischer Prozess, wenn man Alex und Lucas und Dan Ellis, dem Manager der Saints, Glauben schenken wollte.
Also ein ruhiges, geregeltes Leben. Das klang gut.
Aber er war sich ziemlich sicher, dass ruhig und geregelt Frauen wie Raina Easton ausschloss. Sie besaß ausgerechnet einen Nachtclub. Er wusste nicht, was dort abging, aber es entsprach mit Sicherheit nicht dem typischen amerikanischen Durchschnitt.
Auch von sich selbst konnte er nicht behaupten, dass er dem typischen amerikanischen Durchschnitt entsprach, aber er konnte darauf hinarbeiten.
Also musste er aufhören, über Raina Easton nachzudenken. Ja, sie war sexy. Ja, er mochte bereits ihren Stil. Ja, sie übte vielleicht einen gewissen Reiz auf ihn aus. Aber das hieß nicht zwingenderweise, dass er diesem Reiz erliegen musste.
Die Ampel sprang auf Grün, und er gab Gas und donnerte die fast leere Straße hinunter, nur um wegen Bauarbeiten in der Querstraße auf einer Umleitungsstrecke zu landen. Er folgte den Schildern und den Anweisungen des Verkehrspolizisten, fuhr in einem gemäßigteren Tempo die nächste Straße entlang, hielt an einer Ampel und spähte in die Querstraße, während er auf Grün wartete. Und dort entdeckte er ein diskretes, in Schattierungen von Blau und Grün leuchtendes Schild, das wie eine Einladung blinkte: Madame R. Das R hob sich ab, weil es im Gegensatz zum Rest der Neonschrift pink umrandet war.
Madame R.
Raina Eastons Club. Er kannte den Namen aus ihrem Lebenslauf, als sie bei den Saints angeheuert hatte.
Sieh zu, dass du weiterkommst, Coulter.
Sieh einfach zu, dass du weiterkommst.
Doch trotz der drängenden Stimme der Vernunft in seinem Hinterkopf bog er ab, steuerte auf das leuchtend pinkfarbene R zu und verwünschte sich dabei stumm.
Trotz des fortgeschrittenen Abends war der Club noch geöffnet. Noch eine Stunde lang, teilte ihm der Typ am Eingang mit. Er war, abgesehen von den Hosenträgern, die zu dem dunklen Pink der Tür passten, ganz in hautenges Schwarz gekleidet. Okay. Eine Stunde. Genug Zeit, um etwas zu trinken, wieder zur Besinnung zu kommen und nach Hause zu fahren. Er bezahlte für den Eintritt und stieg eine kleine Treppe hoch. Von oben schlugen ihm Musik und Gelächter entgegen. Es war ein Dienstagabend, aber offenbar hielt das niemanden davon ab, auszugehen und sich nach Kräften zu amüsieren.
Am Absatz der Treppe hing, halb zurückgebunden, ein schwerer grünlich blauer Samtvorhang, dessen Kordel mit Troddeln versehen war, die in dunkelroten Stofflippen endeten.
Er schob sich durch die Lücke, duckte sich dabei, um die Fransen am Rand des Vorhangs nicht zu streifen, und betrat den Club.
Das Innere glich in nichts dem, was er erwartet hatte. Er hatte mit Rot und Gold gerechnet, mit einer bordellähnlichen Atmosphäre … Nun ja, er hatte eigentlich nicht eingehender darüber nachgedacht. Aber dieser Raum war anders. Elegant und sinnlich. Schwarze Lackmöbel und gedämpftes Lampen- und Kerzenlicht sowie weiche Stoffe in satten Grau- und Edelsteintönen. Hier und da gab es Spiegel in alten Silberrahmen, so aufgehängt, dass sie sowohl das Licht als auch die Gäste einfingen und es dem Betrachter erschwerten zu erkennen, wo genau der Raum endete. Auch von hoch oben kam Licht. Dort hingen schwarze Lüster mit Kristallen in den sonst vorherrschenden Farben. Alles schien zu sagen: Komm herein. Setz dich. Lass dich von uns unterhalten. Es wird dir gefallen, das versprechen wir dir.
Faszinierend. Wie hatte sie es geschafft, nur mit Möbeln und Farben und Stoffen diese Wirkung zu erzielen?
Aber es waren nicht die Möbel, denen sein Interesse galt. O nein.
Noch nicht einmal ansatzweise. Nicht, wenn das Nächste, auf das sein Blick fiel, nachdem er den Club betreten hatte, Raina Easton war, die in einem sehr kurzen, sehr engen silbernen Kleid mit Pailletten und in Netzstrümpfen auf der Bühne stand. Sie hielt ein funkelndes Mikrophon in der Hand, und ihr Mund leuchtete noch roter als ihr Haar. Ein verführerisches Lächeln, das seine Körpertemperatur um ein paar Grad ansteigen ließ, lag auf ihrem Gesicht.
Sie hielt den Kopf leicht zur Seite geneigt, und das, was sie mit ihrem Make-up angestellt hatte, ließ ihre Augen noch grüner schimmern, als das vorher schon der Fall gewesen war.
Sie lauschte darauf, was jemand im Publikum gerade sagte und das Mal nicht verstehen konnte.
Raina anscheinend schon. Sie lachte, ein kehliges, tiefes Lachen, von dem man kaum glauben mochte, dass es aus einer so kleinen Frau kam. Dann zuckte sie die Achseln und vollführte ein paar Tanzschritte, bei denen die glitzernden Fransen ihres Kleides, die er zuvor gar nicht bemerkt hatte, funkelndes Licht in alle Richtungen versprühten.
Mal spürte, wie sein Mund trocken wurde und sein Hirn im Nebel versank, als sie schnurrte: »Sorry, Schätzchen, aber das ist alles, was du heute Nacht kriegst.«
Das Publikum brach in Gelächter aus, und Mal stellte plötzlich fest, dass er unwillkürlich den Blick über die Menge schweifen ließ, um herauszufinden, von wem die Bemerkung stammte. Wie auch immer sie gelautet haben mochte, es hatte sich offenbar um eine Art Einladung gehandelt.
Scheiße. Was zum Teufel tat er da?
Das lief nicht gut für ihn.
Er sollte sich nicht über etwas ärgern, was ein völlig Fremder zu einer Frau gesagt hatte, die er kaum kannte. Nicht, wenn er gar nicht wusste, ob es überhaupt einen Grund gab, sich zu ärgern, da er die Bemerkung nicht gehört hatte.
Er zwang sich, wieder zur Bühne hinüberzuschauen, wo Raina sich bückte, um der kleinen Band – einem Schlagzeuger, einem Gitarristen, einem Saxophonspieler und einem Keyboarder – zu applaudieren, die an einem Ende der gebogenen Bühne saß.
Das Publikum klatschte erneut Beifall und forderte eine Zugabe.
Raina hob die Schultern. »Geht nicht, meine Süßen. Die Nachbarn hier machen sonst wegen Störung der Nachtruhe Ärger, und eure Lieblingsmädels brauchen ihren Schönheitsschlaf.« Sie deutete an ihrem Körper hinunter und täuschte ein Schmollen vor. »All das erfordert harte Arbeit, wisst ihr?«
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