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Von der Lackchemie über verfahrenstechnische Kenntnisse bis hin zu Kompetenzen in Qualitätsprüfung, Umweltschutz- und Sicherheitsregularien: Dieses Lehrbuch vermittelt - nun bereits in der fünften Auflage - das gesamte Wissensspektrum, das heute in der Lackindustrie erforderlich ist. Die neue, vollständig überarbeitete Auflage enthält u.a. eine aktualisierte Übersicht relevanter Normen und bietet so eine umfassende Wissens-Basis für Nachwuchskräfte sowie ein effizientes Nachschlagewerk für erfahrene Lack-Fachleute.
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Seitenzahl: 826
Farbe und Lack // Bibliothek
Thomas BrockMichael GroteklaesPeter MischkeBernd Strehmel
Lehrbuch der Lacktechnologie
5., vollständig überarbeitete Auflage
Umschlagbild: alphaspirit – fotolia.com
Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek
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Thomas Brock, Michael Groteklaes, Peter Mischke, Bernd Strehmel
Lehrbuch der Lacktechnologie, 5., vollständig überarbeitete Auflage
Hannover: Vincentz Network, 2017
Farbe und Lack Bibliothek
ISBN 3-86630-620-2
ISBN 978-3-86630-620-2
© 2017 Vincentz Network GmbH & Co. KG, Hannover
Vincentz Network, P.O. Box 6247, 30062 Hannover, Germany
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Druck: BWH GmbH, Hannover
ISBN 3-86630-620-2
ISBN 978-3-86630-620-2
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Farbe und Lack // Bibliothek
Thomas BrockMichael GroteklaesPeter MischkeBernd Strehmel
Lehrbuch der Lacktechnologie
5., vollständig überarbeitete Auflage
Auf ein Wort
Wer im Lackgebiet tätig ist, gleich ob bei Herstellern oder Verarbeitern, weiß – oder merkt es als Neuling rasch –, wie umfangreich das Wissen sein muss, um beim Einsatz dieses einzigartigen Schutz- und Veredelungsmaterials erfolgreich zu sein1). Zentrale Bedeutung hat dabei im weitesten Sinne die Lackchemie, vornehmlich darin die Polymer- und Pigmentkunde. Aber auch einige verfahrenstechnische Kenntnisse benötigt der Lackfachmann, so bei Planung, Betrieb und Optimierung von Produktions- oder Applikationsanlagen, ferner Werkstoffwissen in Bezug auf die Lackiersubstrat-Materialien sowie Kenntnisse zur Qualität(sprüfung) der Lacke und Oberflächen, und schließlich Vertrautheit mit der Situation bei Umweltschutz- und Sicherheitsregularien.
Nur wenige Ausbildungsstätten können zu solch ausgedehntem Wissensgebiet ein sachgerecht zugeschnittenes Lehrprogramm anbieten: Die Hochschule Niederrhein in Krefeld ist dabei eine Institution mit langer Tradition. So werden hier seit 1923 Ingenieure (heute: Bachelor und Master of Engineering) für den Schwerpunkt Lackingenieurwesen ausgebildet.
Über lange Zeit existierte kein Lehrbuch zum beschriebenen Gebiet. So entschlossen wir uns vor 18 Jahren, wesentliche Inhalte des Krefelder Ausbildungsprogramms als Lehrbuch der Fachwelt zur Verfügung zu stellen. Ziel war und ist ein Lehrbuch der aktuellen Lacktechnologie nach modernem Konzept, wobei die Autoren gemäß ihren Lehrgebieten zum Buchtext beigetragen haben. Das Ergebnis bietet – dank der einerseits soliden theoretischen Basis – noch „Vertiefungen“ bei Bedarf, andererseits einen konsequent engen Praxisbezug in der Themenbehandlung, stets verbunden mit dem Blick auf sich abzeichnende Entwicklungen in der nach wie vor dynamischen Lackbranche.
In diesem Buch wird aktueller Wissensstand vermittelt und das Verständnis für die Vielfalt der Zusammenhänge geweckt, die einer optimalen Nutzung von Lackmaterial zugrunde liegen. Das Buch enthält das Grundwissen über Rohstoffe, Herstellung, Applikation und Prüfung von Beschichtungsstoffen und Beschichtungen. Natürlich können beim vorgegebenen Umfang nur die wesentlichen Themen angesprochen werden; so wollen und können wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Für wen ist das Buch geschrieben?
• Es soll zum einen Auszubildenden oder Studierenden in lackchemischen und beschichtungstechnologischen Hochschulstudiengängen als begleitendes Lehrbuch jenes Basiswissen vermitteln, das einen soliden Grundstock für das vertiefte Studium der Lacktechnologie darstellt.
• Fachlichen Querein- und Umsteigern wie Naturwissenschaftlern, Ingenieuren oder Kaufleuten, soll es als ein gut durchlesbares, nicht mit Einzelfakten und/oder Spezialisierungen überfrachtetes Lehrbuch das Kennenlernen dieses faszinierend vielfältigen, aber doch schwer zu überblickenden Gebietes erleichtern.
• Fachleute aus der betrieblichen Lack- oder Beschichtungspraxis, die über ihre eigene Erfahrung hinaus die Frage „Warum“ oder „Was gibt es sonst noch“ stellen, können beobachtete Einzeleffekte besser einordnen und bei Problemen gezielter eingreifen.
Auch dem gestandenen Lackfachmann kann es zur Auffrischung oder Abrundung seines Wissens dienen. Und es erleichtert ihm den Blick über den „Gartenzaun“, wenn er sich über verwandte Gebiete informieren will, über die täglich von ihm eingesetzten Rohstoffe oder über die Applikation und Anwendungsbereiche der Lackmaterialien.
Schließlich sollen so besonders interessierte Laboranten, Techniker und Ingenieure aus dem Laborbereich ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge in Lackchemie und -technologie erlangen können.
Die dritte Auflage, erschienen 2009, wurde für die vierte Auflage in 2012 gründlich überarbeitet, aktualisiert und erweitert. Neu aufgenommen bzw. erweitert wurden diverse aktuelle Entwicklungen insbesondere der Lackchemie, Lackherstellung und im gesetzlichen Umfeld (Arbeitssicherheit, VOC-Gesetzgebung) sowie Veränderungen im Bereich der Normen. Für die vorliegende fünfte Auflage wurde die vierte nochmals aktualisiert und korrigiert. Im Kapitel der radikalisch härtenden Beschichtungsstoffe wird nun auch auf die Lichtquellen auf LED-Basis eingegangen.
Sicherlich sind unter den Lesern Spezialisten, die zu bestimmten Themen Änderungen oder Ergänzungen vorschlagen können; für entsprechende Zuschriften sind die Autoren dankbar!
Krefeld, im August 2016
Thomas Brock,Michael Groteklaes,Peter Mischke,Bernd Strehmel
1 Den Autoren fließt – wie sicherlich der Mehrzahl der Leser – der kurze, wenn auch nicht ganz umfassende und normengerechte Ausdruck „Lack“ leichter aus der Feder bzw. von der Zunge als „Beschichtungsstoffe“; daher sei schon hier um Verständnis dafür gebeten, dass im Buch meistens von Lacken stellvertretend für alle (organischen) Beschichtungsstoffe gesprochen wird.
Inhaltsverzeichnis
Peter Mischke:
1 Einleitung
1.1 Geschichtlicher Rückblick
1.2 Wirtschaftliche Bedeutung der Lacke und Farben
1.3 Einteilung und stofflicher Aufbau von Beschichtungsstoffen
1.4 Technologie der Lacke und Farben – „Lacktechnologie“
1.5 Literatur
2 Lackrohstoffe
Peter Mischke:
2.1 Filmbildner
2.1.1 Allgemeine Polymerkunde
2.1.1.1 Grundbegriffe
2.1.1.2 Polymerisationsgrad, molare Masse, Molmassenverteilung
2.1.1.3 Sekundär- und Aggregatstrukturen von Polymeren
2.1.1.4 Vernetzte Polymere
2.1.1.5 Allgemeines zu Polymerlösungen
2.1.1.6 Löslichkeit und Löslichkeitsparameter
2.1.1.7 Unverträglichkeiten
2.1.1.8 Viskosität von Polymerlösungen
2.1.1.9 Wässrige Systeme
2.1.1.10 Mechanisches Verhalten von Polymeren – Viskoelastizität
2.1.1.11 Messtechnische Erfassung der Viskoelastizität
2.1.1.12 Temperaturabhängigkeit des Polymerverhaltens – Glasübergangstemperatur
2.1.2 Natürliche Filmbildner
2.1.2.1 Naturharze
2.1.2.2 Öle, oxidative Trocknung
2.1.2.3 Bitumen, Asphalt, Pech
2.1.3 Modifizierte Naturstoffe
2.1.3.1 Modifizierte Naturharze
2.1.3.2 Modifizierte Öle
2.1.3.3 Cellulosederivate
2.1.3.4 Modifizierter Naturkautschuk
2.1.4 Synthetische Filmbildner
2.1.4.1 Gesättigte Polyester
2.1.4.2 Ungesättigte Polyester
2.1.4.3 Strahlenhärtende Acrylate
2.1.4.4 Alkydharze
2.1.4.5 Acrylharze/Acrylatharze
2.1.4.6 Kunststoffdispersionen
2.1.4.7 Formaldehyd-Kondensate
2.1.4.8 Epoxid-Systeme
2.1.4.9 Polyurethan-Systeme
2.1.4.10 Siliciumhaltige Filmbildner
2.1.4.11 Sonstige Filmbildner
2.1.5 Nachwachsende Rohstoffe für die Bindemittelchemie
2.1.5.1 Rohstoffquellen und Ausgangssubstanzen
2.1.5.2 Verfahren und Prozesse
2.1.5.3 Beispiele zu nachwachsenden Rohstoffen
2.1.5.4 Ausgewählte Beispiele für Bindemittel aus nachwachsenden Rohstoffen
Michael Groteklaes:
2.2 Lösemittel
2.2.1 Einteilung und Definitionen
2.2.2 Charakterisierung und Einteilung von Lösemitteln
2.2.2.1 Lösevermögen
2.2.2.2 Lösemittel, die sich nicht an Wasserstoffbrückenbindungen beteiligen
2.2.2.3 Lösemittel mit mäßig starker Wasserstoffbrückenbindung
2.2.2.4 Lösemittel mit starker Wasserstoffbrückenbindung
2.2.3 Eigenschaften
2.2.3.1 Flüchtigkeit
2.2.3.2 Polarität
2.2.3.3 Oberflächenspannung
2.2.3.4 Dichte
2.2.3.5 Viskosität
2.2.3.6 Weitere physikalische Eigenschaften
2.2.3.7 Physiologische Eigenschaften
2.2.4 Lösemittel in Beschichtungsstoffen
2.2.4.1 Lösemitteleinflüsse auf Lack- und Lackierungseigenschaften
2.2.4.2 Lösemittel in Low Solid- und Medium Solid-Lacken
2.2.4.3 Lösemittel in High Solid-Lacken
2.2.4.4 Lösemittel in Wasserlacken
2.3 Pigmente und Füllstoffe
2.3.1 Definitionen und Einteilung von Pigmenten
2.3.2 Physikalische Grundlagen
2.3.2.1 Pigmentmorphologie
2.3.2.2 Optik von Pigmenten
2.3.2.3 Wechselwirkungen zwischen Pigment und umgebendem Medium
2.3.3 Weißpigmente
2.3.3.1 Titandioxid-Pigmente
2.3.3.2 Andere Weißpigmente
2.3.4 Schwarzpigmente
2.3.4.1 Einteilung
2.3.4.2 Pigmentruße
2.3.5 Anorganische Buntpigmente
2.3.5.1 Allgemeine Eigenschaften
2.3.5.2 Oxidische und Oxidhydroxid-Pigmente
2.3.5.3 Cadmiumpigmente
2.3.5.4 Chromat-Pigmente
2.3.5.5 Bismutvanadat-Pigmente
2.3.5.6 Eisenblau-Pigmente
2.3.5.7 Ultramarin-Pigmente
2.3.6 Organische Buntpigmente
2.3.6.1 Allgemeine Eigenschaften
2.3.6.2 Einteilung von orgwanischen Pigmenten
2.3.6.3 Optische Eigenschaften organischer Pigmente
2.3.6.4 Anwendungsgebiete für organische Pigmente
2.3.7 Effektpigmente
2.3.7.1 Metalleffektpigmente
2.3.7.2 Perlglanz- und Interferenz-Pigmente
2.3.7.3 Einarbeitung von Effektpigmenten in Lacke
2.3.7.4 Effektausbildung
2.3.8 Funktionelle Pigmente
2.3.8.1 Korrosionsschutzpigmente
2.3.8.2 Leitfähige Pigmente
2.3.9 Füllstoffe
2.3.9.1 Definition und Einteilung von Füllstoffen
2.3.9.2 Herstellung von Füllstoffen
2.3.9.3 Einige häufig verwendete Füllstoffe
2.3.9.4 Nanopartikel
2.3.10 Farbstoffe
2.4 Additive
2.4.1 Einteilung und Definition
2.4.2 Grenzflächenaktive Additive
2.4.2.1 Entschäumer und Entlüfter
2.4.2.2 Oberflächenadditive
2.4.3 Rheologieadditive
2.4.3.1 Allgemeines
2.4.3.2 Verdickungsmittel
2.4.3.3 Thixotropierungsmittel
2.4.4 Lichtschutzmittel
2.4.5 Biozide
2.4.6 Netz- und Dispergiermittel
2.4.7 Katalysatoren und Sikkative
2.4.8 Mattierungsmittel
2.5 Literatur
3 Lacksysteme, Rezeptierung, Filmbildung
Michael Groteklaes:
3.1 Zusammensetzung von Beschichtungsstoffen
3.2 Grundlegende Rezepturparameter
3.3 Pigmentvolumenkonzentration und Filmeigenschaften
3.4 Lösemittelbasierende Beschichtungsstoffe
3.4.1 Low Solid- und Medium Solid-Systeme
3.4.2 High Solids
3.5 Wässrige Beschichtungsstoffe
3.5.1 Wasserlösliche und emulgierbare Systeme
3.5.2 Dispersionsfarben
3.6 Radikalisch härtende Beschichtungsstoffe
3.6.1 Allgemeines
Bernd Strehmel:
3.6.2 Vertiefende Darstellung der photonisch initiierten radikalischen Härtung
Michael Groteklaes:
3.7 Pulverlacke
3.7.1 Filmbildner
3.7.2 Additive
3.7.3 Pigmente
3.8 Anorganische Beschichtungsstoffe
3.8.1 Wasserglasfarben
3.8.2 Alkylsilikatfarben
3.9 Rezeptierung des Mahlansatzes
3.9.1 Allgemeines
3.9.2 High Solid-Systeme
3.9.3 Wässrige Systeme
Peter Mischke:
3.10 Filmbildung
3.10.1 Allgemeines
3.10.2 Physikalische Trocknung
3.10.2.1 Trocknung gelöster Bindemittel
3.10.2.2 Trocknung von Primärdispersionen
3.10.2.3 Trocknung von Polyurethandispersionen
3.10.3 Härtung (Vernetzung) flüssiger Beschichtungsstoffe
3.10.3.1 Allgemeine Prinzipien
3.10.3.2 Besonderheiten bei High Solids
3.10.3.3 Vernetzung wässriger Filmbildner
3.10.3.4 Vernetzung mit Strahlen
3.10.4 Härtung von Pulverlacken
3.11 Literatur
Thomas Brock:
4 Herstellung von Beschichtungsstoffen
4.1 Vorbemerkung
4.2 Allgemeines zur Lackherstellung – Struktur einer Lackfabrik
4.3 Verfahrensabläufe der Lackherstellung
4.4 Produktionsstrategien und Rezepturbeispiel
4.5 Apparative Aspekte der Lackproduktion
4.6 Der Pulverlack-Herstellungsgang
4.7 Ergänzendes zum Mischen und Lösen
4.8 Kneten
4.9 Dispergieren, Dispergierapparate
4.9.1 Allgemeines zum Dispergieren
4.9.2 Beanspruchungsmechanismen beim Dispergieren
4.9.3 Dispergieren mit dem Dissolver
4.9.4 Dispergieren mit der Dreiwalze
4.9.5 Dispergieren mit Rührwerkskugelmühlen
4.9.5.1 Dispergiermechanismus in Gegenwart von Mahlkörpern
4.9.5.2 Aufbau und Betriebsparameter von Rührwerkskugelmühlen
4.9.5.3 Verweilzeitverteilung in einer Rührwerkskugelmühle
4.9.5.4 Passagen- und Zirkulationsverfahren
4.9.6 Dispergieren im Extruder bei der Pulverlack-Herstellung
4.10 Filtrieren
4.11 Ergänzendes zur Herstellung wasserverdünnbarer Lacke und Farben
4.12 Literatur
Michael Groteklaes:
5 Untergründe und ihre Vorbehandlung
5.1 Allgemeines
5.2 Grundlagen der Haftung
5.3 Metalluntergründe
5.3.1 Metalle und ihre Oberflächen
5.3.2 Die wichtigsten Metalluntergründe
5.3.2.1 Stahl
5.3.2.2 Zink, verzinkter Stahl
5.3.2.3 Aluminium
5.3.2.4 Weitere metallische Werkstoffe
5.3.3 Beseitigung festhaftender Schichten
5.3.3.1 Mechanische Verfahren, Strahlen
5.3.3.2 Flammstrahlen
5.3.3.3 Beizen
5.3.4 Reinigen, Entfetten
5.3.5 Aufbringen von Konversionsschichten
5.3.6 Handwerkliche Vorbereitung von Metalluntergründen
5.4 Kunststoffuntergründe
5.4.1 Kunststoffe, Kunststoffoberflächen und ihre Lackierbarkeit
5.4.2 Vorbehandlung von Kunststoffen
5.5 Holz und Holzwerkstoffe als Untergründe
5.5.1 Holz
5.5.2 Holzwerkstoffe
5.5.3 Vorbehandlung von Holz und Holzwerkstoffen
5.5.3.1 Planbearbeiten und Glätten
5.5.3.2 Einige Hinweise zum Holzschutz
5.6 Mineralische Untergründe
5.6.1 Zusammensetzung und Eigenschaften
5.6.2 Vorbehandlung mineralischer Untergründe
5.7 Literatur
6 Applikation und Trocknung
Thomas Brock:
6.1 Applikationsarten und Einsatzkriterien
6.2 Streichen, Rollen, Ziehen, Wischen
6.3 Gießen
6.4 Walzen
6.5 Tauchen, Fluten und verwandte Verfahren
6.6 Elektrotauchlackierung
6.6.1 Elektrochemische Grundlagen
6.6.2 Anlagentechnik und Badsteuerung
6.6.3 Entwicklungstrends und Einsatzgebiete
6.7 Spritzverfahren
6.7.1 Zerstäubungsarten ohne elektrostatische Aufladung
6.7.1.1 Pneumatische Zerstäubung
6.7.1.2 Hydraulische Zerstäubung
6.7.1.3 Neuere Verfahrensvarianten
6.7.2 Elektrostatische Zerstäubung
6.7.3 Hochrotations-Zerstäubung
6.7.4 Filmbildung nach der Spritzapplikation
6.7.5 Zweikomponenten-Anlagentechnik bei der Spritzapplikation
6.7.6 Anwendungsbereiche
6.8 Pulverbeschichten
6.8.1 Pulversinterverfahren
6.8.2 Elektrostatisches Pulverbeschichten
6.9 Lackier-Anlagentechnik
6.9.1 Kabinenluft-Technik
6.9.2 Abluftreinigung
6.9.3 Lackversorgung
6.9.4 Automatisierung von Lackierprozessen
6.9.5 Fördersysteme
Peter Mischke:
6.10 Trocknung, Härtung
6.10.1 Einbrennbedingungen
6.10.2 Überblick über Trocknungsverfahren
6.10.3 Umluft (Konvektions)-Trocknung
6.10.4 Infrarot-Trocknung
6.10.5 Strahlenhärtung
6.10.6 Elektrische Trocknungsverfahren
6.11 Literatur
Thomas Brock:
7 Lackierprozesse
7.1 Farben und Lacke: Markt und Einsatzbereiche
7.2 Autoserienlackierung
7.3 Autoreparaturlacke
7.4 Industrielle Kunststofflackierung
7.5 Lackierung von Schienenfahrzeugen
7.6 Bandbeschichtung/Coil Coating
7.7 Elektroisoliersysteme und Elektroniklacke
7.8 Andere Metalllackierungen
7.9 Lackierung von Holz und Holzwerkstoffen
7.10 Bautenschutz/Beschichtung mineralischer Untergründe
7.11 Abtrennung, Aufbereitung und Verwertung von Lack- und Lackierrückständen
7.12 Entlacken
7.13 Qualitätsmanagement, Prozess- und Qualitätssicherheit
7.14 Literatur
Thomas Brock:
8 Prüf- und Messtechnik
8.1 Rheologie und Rheometrie
8.1.1 Rheologische Grundlagen
8.1.2 Praktische Bedeutung des Viskositätsverhaltens
8.1.3 Rheometrie: Messung des Fließverhaltens
8.1.4 Viskoelastizität
8.2 Kennzahlen von Lösemitteln und Flüssigprodukten
8.2.1 Zusammensetzung und Reinheit von Flüssigkeiten
8.2.2 Sicherheitstechnische Kenndaten
8.2.3 Anwendungsbezogene Kenndaten
8.3 Analytische Kennzahlen von Feststoffen
8.4 Prüfung von flüssigen Farben und Lacken
8.4.1 Optisch relevante Eigenschaften
8.4.2 Emissionen
8.4.3 Filmbildung, Verlauf und Vernetzung
8.4.4 Ringleitungsstabilität
8.5 Spezielle Prüfungen bei Pulverlacken
8.6 Beschichtungsmerkmale nach der Applikation
8.6.1 Schichtdickenmessung
8.6.2 Optische Filmeigenschaften, Farbe und Farbmessung
8.6.3 Mechanisch-technologische Filmeigenschaften
8.6.4 Licht- und Wetterbeständigkeiten
8.7 Lack- und Lackierschäden
8.8 Literatur
Thomas Brock:
9 Umwelt- und Arbeitsschutz
9.1 Luftreinhaltung und VOC-Emissionen
9.2 Wasserreinhaltung
9.3 Abfallgesetzgebung und Abfallwirtschaft
9.4 Arbeitssicherheit beim Umgang mit Lacken und Farben
9.5 Transporte
9.6 REACH
9.7 Ökobilanzen: Aussagen und Grenzen
9.8 Literatur
Anhang zur Nomenklatur
Autoren
Stichwortverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Geschichtlicher Rückblick
Die frühesten bekannten Anwendungen von Farben1) liegen ca. 30 000 Jahre zurück. Mit Gemischen aus bunten Erden, Ruß, Fetten und anderen Naturstoffen verschönerten die Menschen ihre Körper und bemalten – wie z.B. in Südfrankreich und Nordspanien entdeckte Höhlenmalereien belegen – ihre Behausungen und Kultstätten.
Im Altertum …In den Hochkulturen der Ägypter (ab 4. Jt. v. Chr.), Griechen und Römer gab es hochentwickelte Malkünste zum Verzieren bzw. Kennzeichnen von Gefäßen, Figuren, Werkzeugen und Bauwerken. Als Rohstoffe verwendete man z.B. Pflanzengummi, Stärke, Hautleim, Milch(-Produkte), Bienenwachs, Holzkohle und diverse Mineralien. Zum Färben von Textilien, Fasern, Holz, Papier und Leder bediente man sich Naturfarbstoffen wie Indigo, Purpur und Krapp.
Im Gegensatz zu der bisher erwähnten dekorativen bzw. farbgebenden Verwendung von Beschichtungsstoffen entwickelte sich ab etwa 2000 v. Chr. in China eine Lackierkunst, welche glatte und glänzende Oberflächen hervorbrachte. Die Lacke basierten auf dem Milchsaft des chinesischen Rhus-Baumes und erfüllten neben ihrer dekorativen Wirkung auch eine Schutzfunktion. Farben- und Lackrohstoffe wie Balsame und Harze, Zinnober und Ultramarin kamen vor allem aus Indien. Das Wort „Lack“ selbst stammt vom Ausdruck „Laksha“ aus der vorchristlichen, indischen Kultursprache Sanskrit ab und bezog sich ursprünglich auf den Schellack, ein von speziellen SchiIdläusen („Lackschildläusen“) aus dem Saft eines indischen Feigenbaumes erzeugtes Harz.
Einen anderen wichtigen Anwendungsbereich für Beschichtungsstoffe brachte die Seefahrt mit sich. Im 4. Jh. v. Chr. gab es eine strahlenförmige Völkerwanderung von Kleinasien aus bis nach England und Skandinavien – teils zu Lande, teils zur See. Die notwendige Wasserfestigkeit der dabei eingesetzten Holzschiffe wurde mit Mischungen aus nichttrocknenden (nicht verharzenden) Ölen und Baumharzen oder Naturasphalt erzielt.
Machen wir nun wieder einen zeitlichen Sprung. Um das Jahr 1100 n. Chr. beschrieb der deutsche Goldschmied und Mönch Roger von Helmarshausen (Theophilus) die Herstellung eines Lackes durch Verkochen von Leinöl mit ausgeschmolzenem Bernstein. Diese sog. „Lacksiederei“ entwickelte sich ständig weiter, und im 17. Jh. gab es schließlich zahlreiche Rezepte für Lacke aus unterschiedlichen Naturharzen, Leinöl und Spiritus.
In der Neuzeit …Im 18. Jh. brachte die industrielle Revolution einen stark steigenden Bedarf an Anstrichstoffen mit sich. So erforderten vor allem die in immer größerer Menge produzierten Güter und Bauwerke aus dem rostanfälligen Eisen einen Anstrich als Schutz gegen Witterungseinflüsse. Zusätzlich benötigten die Länder mit ausgeprägter Seefahrt erhebliche Mengen an Schiffsfarben. Aus größeren Lackierwerkstätten entwickelten sich in England um 1790 die ersten Lackfabriken. Es folgten Fabrikgründungen in Holland und dann in Deutschland und anderen Ländern.
Abgesehen von einigen bereits großtechnisch hergestellten, synthetischen Pigmenten (Berliner Blau, Kobaltblau, Scheeles Grün, Chromgelb) waren noch im 19. Jh. alle Lackrohstoffe natürlicher Herkunft. Man unterschied zwischen „flüchtigen Lacken“, „Firnissen“ und „fetten Lacken“. Letztere wurden durch Verkochen von Harzen mit trocknenden Ölen in sog. „Sudkesseln“ und ggf. anschließendes Pigmentieren hergestellt. Die Pigmenteinarbeitung erfolgte mehr und mehr maschinell – zunächst mit Trichtermühlen, ab Anfang des letzten Jahrhunderts dann auch mit Walzenstühlen. Ein Schwachpunkt dieser Produkte war die langsame Trocknung; das komplette Lackieren einer Kutsche bzw. eines Automobils dauerte mehrere Wochen.
Im 20. Jahrhundert …Nach der Jahrhundertwende gab es große Neuerungen. In Hinblick auf die Lacktechnologie besonders wichtig waren
• die Entstehung der synthetischen Polymer- bzw. Kunststoffchemie
• die Erfindung des Fließbandes durch Henry Ford (1913) und die damit entstehende Massenproduktion von Automobilen.
Eine schnelle Lackiertechnologie wurde benötigt. Die Lösung: Verspritzen von Lacken auf Basis von Cellulosenitrat („Nitrocellulose“).
1907 kamen die ersten vollsynthetischen Kunstharze, die Phenol-Formaldehyd-Kondensate („Bakelit“), auf den Markt. Es folgten kurz darauf die Vinylharze, die Harnstoffharze und ab den dreißiger Jahren die Alkydharze, Acrylharze, Polyurethane und Melaminharze. Die Einführung der Epoxidharze erfolgte Ende der vierziger Jahre. Mit dem Beginn seiner großtechnischen Produktion im Jahre 1919 setzte sich das Titandioxid als wichtigstes Weißpigment durch.
Parallel zu dieser lackchemischen begann (erst jetzt) auch eine lackiertechnologische Entwicklung. So kamen bei der Lackapplikation neben den verschiedenen Varianten des Streichens und Spritzens u.a. das Elektrotauchlackieren, das elektrostatische Lackieren und die Pulverlackierverfahren hinzu. Die Umlufttrocknung wurde durch die Infrarot- und die Strahlentrocknung (UV, Elektronenstrahl) ergänzt, und die Automatisierung der Lackierprozesse schritt voran. Nicht unerwähnt bleiben darf die Umwelttechnologie zur Luft- und Wasserreinhaltung sowie zur Abfallverminderung.
Als tragende Säule der heutigen Lacktechnologie kann man die Lack-Messtechnik ansehen. Die reproduzierbare Quantifzierbarkeit des Fließverhaltens, der optischen Eigenschaften, des Trocknungsverhaltens, der Haftfestigkeit, der Korrosionsschutzwirkung u.v.a.m. von Beschichtungsstoffen bzw. Beschichtungen ist Vorbedingung für eine gezielte Produktentwicklung und Anwendbarkeit der Produkte. So gibt es heute zahlreiche Firmen, die Geräte für die diversen – überwiegend genormten bzw. standardisierten – Messmethoden für Lacke und verwandte Produkte anbieten.
Zu Beginn des 21. Jh. ist zwar eine revolutionäre Neuerung auf dem Beschichtungssektor nicht auszumachen, aber es gibt zahlreiche Einzelentwicklungen zur Verbesserung bzw. Erzielung sehr spezieller funktioneller Eigenschaften und Effekte. Dafür scheint das Hauptentwicklungsziel der letzten zwei Dekaden, die Verbesserung der ökologischen Eigenschaften der Produkte, jetzt etwas in den Hintergrund zu treten (vgl. Kapitel 1.2), wenn man einmal von der allgemeinen Tendenz absieht, längerfristig Erdölprodukte weitestgehend durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen.
Rückblickend und zusammenfassend kann man feststellen:
Die Herstellung und Verarbeitung von Farben und Lacken hat sich von einer vorgeschichtlichen Malerei über eine empirische Handwerkskunst in die interdisziplinäre, extrem komplexe Lacktechnologie entwickelt.
1.2 Wirtschaftliche Bedeutung der Lacke und Farben
Die Lackindustrie ist eine mittelständisch geprägte Branche, allerdings mit wachsender Tendenz zur Internationalisierung und Fusion. Die ca. 250 Lackfabriken in Deutschland mit rund 25000 Beschäftigten produzierten in 2013 ca. 2,5 Millionen Tonnen Beschichtungsstoffe incl. Putze und Verdünnungsmittel mit einem Gesamtwert von 8 Milliarden Euro. Wertmäßig entspricht dies annähernd 1% der Güterproduktion Deutschlands. Die Tonnage kann man sich z.B. in Form von 4000 voll beladenen Eisenbahn-Güterzügen veranschaulichen.
Abb. 1.1: Produktionsentwicklung umweltschonender Lacke 2009–2015 in Deutschland, nach[9])
Der volkswirtschaftliche Nutzen dieser Produkte wird erst deutlich, wenn man einen Blick auf ihre Anwendung wirft. Der überwiegende Teil der Lacke und Farben erfüllt ja außer einer optisch-ästhetischen vor allem eine schützende und damit werterhaltende Funktion. Die Fläche, die man mit zwei Millionen Tonnen Anstrichstoff, ca. 200 μm dick (trocken), beschichten und damit vor Korrosion bzw. Verwitterung und/oder mechanischer Zerstörung schützen könnte, umfasst ca. 3000 km2, also mehr als die Fläche des Saarlandes.
Die Gesamttonnage der produzierten Beschichtungsstoffe setzt sich aus sehr verschiedenartigen Produkttypen mit unterschiedlichen Anteilen zusammen. Eine grobe Einteilung sieht folgendermaßen aus:
• Dispersionsfarben und -putze:
ca. 45 %
• Lösemittelbasierte Lacke:
ca. 20 %
• Pulverlacke:
ca. 3 %
• Wässrige Lacke (Dispersionslacke, Elektrotauchlacke)
ca. 7 %
• Rest (Druckfarben, Putze, Spachtel, Grundierungs-, Verdünnungsmittel u.a.m.)
ca. 25 %
Der Pulverlackanteil erscheint nach obiger Prozentangabe zu klein, da ein Massenteil Pulverlack bzgl. der Ergiebigkeit zwei bis drei Teilen Flüssiglack äquivalent ist.
Zum Abschluss ein Blick auf die drei umweltschonenden Lacktypen Wasserlacke, Pulverlacke und festkörperreiche Lacke (High Solids), s. Abb. 1.1. Die jährlich produzierten Mengen an High Solids und vor allem Pulverlacken nahmen während der 1990er Jahre stetig zu, wohingegen die Wasserlack-Tonnage bereits stagnierte. Bis 2013 war die Gesamtproduktionsmenge umweltschonender Lacke nahezu konstant, hat aber in 2014 erstmals wieder deutlich zugenommen. Einen erheblich stärkeren Schub nach oben wird die für 2020 erwartete weitere Verschärfung der VOC-Richtlinie (EU-Recht) mit sich bringen müssen. Neben der Lösemittelreduktion ist natürlich die Erzielung verbesserter oder gar neuer technologischer Eigenschaften im Fokus der Forschung. Die noch vor einigen Jahren sehr stark herausgestellte Nanotechnologie hat sich in vielen Neuentwicklungen niedergeschlagen und steht verbal nicht mehr so im Vordergrund. Neue optische und haptische Effekte, erhöhte Kratzfestigkeit, Easy-to-Clean-Eigenschaft, Selbstheilungsfähigkeit u.v.a.m. sind die nach wie vor bearbeiteten oder neu hinzugekommenen Herausforderungen. Ein weiteres Forschungsfeld ist die Einbeziehung nachwachsender Rohstoffe. Der Vollständigkeit halber sei nachgetragen, dass es über die vier in Abb. 1.1 betrachteten umweltschonenden Lacktypen hinaus noch weitere lösemittelarme bzw. freie Produkte gibt, z.B. die strahlenhärtenden Lacke und die lösemittelfreien Zweikomponenten Systeme.
1.3 Einteilung und stofflicher Aufbau von Beschichtungsstoffen
Die zahlreichen lacktechnischen Grundbegriffe sind komplett in der Norm EN ISO 4618:2014 erklärt. Daran lehnen sich die im Folgenden gegebenen Definitionen an.
Ein Beschichtungsstoff ist ein flüssiges oder pasten- oder pulverförmiges Produkt, das, auf ein Substrat aufgetragen, eine haftende Beschichtung mit schützenden, dekorativen und/oder anderen spezifischen Eigenschaften ergibt. „Beschichtungsstoff“ ist der Oberbegriff für Lacke, Anstrichstoffe und ähnliche Produkte.
Lacke und Anstrichstoffe werden in den Normen nicht mehr explizit definiert, jedoch wird in EN ISO 4618 angemerkt, dass man die historisch gewachsene Bezeichnung „Lack“ mit gut verlaufenden und mehr oder weniger glänzenden Beschichtungsstoffen in Verbindung bringt. Erfahrungsgemäß verbindet man mit „Lack“ ein Produkt auf der Basis organisch-chemischer Bindemittel (s. Bindemittel), welches als Beschichtung einen zusammenhängenden, nicht saugenden (kunststoffähnlichen) und matten bis hochglänzenden Film, die Lackierung, ergibt. Weiterhin unterscheidet man zwischen optisch voll transparenten Lacken, sog. Klarlacken, und pigmentierten, d.h. mehr oder weniger optisch deckenden und farbigen Produkten, für die in der Praxis auch der Begriff „Lackfarbe“ existiert. Als Anstrichstoffe können Beschichtungsstoffe bezeichnet werden, die i.d.R. durch einfache, handwerkliche Applikationsverfahren wie Streichen und Rollen verarbeitet werden; die Beschichtung wird hier auch Anstrich genannt.
Unter Farbe wird normgemäß ein optischer Sinneseindruck wie Rot, Grün oder Blau verstanden. Zur Benennung von Beschichtungsstoffen darf der Begriff „Farbe“ nur in Wortkombinationen wie Dispersionsfarbe oder Schiffsfarbe verwendet werden. (Anm. des Autors: Für die Zusammenfassung verschiedener …-farben bleibt aber wohl wieder nur die in diesem Zusammenhang gebräuchliche Mehrzahlbildung „Farben“ wie in „Lacke und Farben“.)
Ein Pulverlack ist ein pulverförmiger Beschichtungsstoff, der nach dem Schmelzen und ggf. Härten eine Beschichtung ergibt.
Allen Beschichtungsstoffen liegt der durch das folgende Schema dargestellte stoffliche Aufbau zugrunde, wobei nicht jeder Beschichtungsstoff alle aufgeführten Bestandteile enthalten muss. (Ein Klarlack enthält i.d.R. keine Pigmente und Füllstoffe, ein Pulverlack keine Lösemittel.)
Tab. 1.1: Flüchtige und nichtflüchtige Anteile der Beschichtungsstoffe
Beschichtungsstoff
nicht flüchtiger Anteil
flüchtiger Anteil
PigmenteFüllstoffeFilmbildnernicht flüchtige Additive
Lösemittel bzw. Dispersionsmittel flüchtige Additive (beim Einbrennen evtl. Abspaltprodukte)
Pigment
Laut EN ISO 4618: „Farbmittel, das aus in der flüssigen Phase des Anwendungsmediums (Beschichtungsstoffes) unlöslichen feinen Teilchen besteht.“ Es ist aber üblich, auch von z.B. Korrosionsschutz-, Leitfähigkeits-, Gleit- und Fluoreszenzpigmenten zu sprechen. (Sog. funktionelle Pigmente.) Beispiele: Titandioxid, Ruß, Perlglanzpigment, Zinkphosphat.
Füllstoff
Im Anwendungsmedium unlösliches, körniges oder pulverförmiges Material, das bestimmte technologische Eigenschaften ergibt oder verbessert und dem Beschichtungsstoff mehr Volumen (Fülle)verleiht. Beispiele: Kreide, Talkum, Cellulosefasern
Filmbildner
Dieser Begriff ist in EN ISO 4618 nicht enthalten. Er hat sich in der Praxis nicht gut durchgesetzt und wurde meistens mit dem Begriff „Bindemittel“ (s.u.) belegt. In gewissen Zusammenhängen ist es jedoch notwendig, zwischen Filmbildner und Bindemittel klar zu unterscheiden. Deshalb sei hier eine (nicht genormte) Definition gegeben: Makromolekularer oder Makromoleküle bildender Stoff, welcher die Filmbildung hervorruft, ggf. die pigmentären Bestandteile des Beschichtungsstoffes fixiert und i.d.R. einbettet sowie die Haftfestigkeit zum Untergrund aufbaut. Beispiele: Chlorkautschuk, Alkydharz, Polyester/Polyisocyanat-Kombination (Polyurethan-System, zweikomponentig), Polyesteracrylat (strahlenhärtend).
Bindemittel
„Nichtflüchtiger Anteil der Gesamtheit der Bestandteile der flüssigen Phase eines Beschichtungsstoffes“
Das Bindemittel umfasst hiernach den Filmbildner (als Hauptkomponente) und – sofern vorhanden – weitere nichtfüchtige, gelöste Bestandteile des Beschichtungsstoffes wie nichtflüchtige Additive. In der Praxis sind – wie schon oben gesagt – mit „Bindemittel“ meistens die Filmbildner, d.h. filmbildenden Harze bzw. Polymerisate und reaktive Monomere oder Oligomere gemeint.
Additiv
In kleinen Mengen dem Beschichtungsstoff zugesetzter Stoff („Hilfsstoff“), der spezielle chemische oder physikalische Wirkungen hat. Beispiele: Härtungsbeschleuniger (Katalysatoren), Verdickungsmittel, Dispergierhilfsmittel, Verlaufsmittel, Mattierungsmittel, Konservierungsmittel, Lichtschutzmittel.
Lösemittel
Flüssigkeit oder Flüssigkeitsgemisch, das das Bindemittel löst und sich bei der Trocknung bzw. Härtung verflüchtigt. Beispiele: Butylacetat, Solventnaphtha, Butylglykol, Testbenzin, Methylisobutylketon, Wasser (Sonderfall).
Beim Einstellen der Verarbeitungseigenschaften (vor allem der Applikationsviskosität) wird das Lösemittel(-Gemisch) auch Verdünnungsmittel (Verdünner, falsch: „Verdünnung“) genannt.
Dispersionsmittel
(In EN ISO 4618 nicht enthalten.) Flüssigkeit, die den Filmbildner bzw. das Bindemittel nicht löst, jedoch in feiner, mikroheterogener Verteilung (Dispersion, Emulsion) hält. Beispiele. Wasser, bei „Non Aqueous Dispersions“ (NADs) auch Kohlenwasserstoffe.
Ein Dispersionsmittel darf nicht „Dispergiermittel“ genannt werden; letzteres ist ein Additiv für die Pigmentdispergierung.
1.4 Technologie der Lacke und Farben – „Lacktechnologie“
Im weitesten Sinne kann man – wie in diesem Buch geschehen – die gesamte Lehre der Lacke und ähnlichen Beschichtungsstoffe (Anstrichstoffe, „Farben“) als „Lacktechnologie“ betrachten. Lacktechnologie im engeren Sinn ist jedoch – im Gegensatz zur Lackchemie – die Verfahrenstechnik der Lackherstellung und Verarbeitung, wobei letztere in die Teilvorgänge Applizieren (Spritzen, Tauchen, Streichen u.a.m.) und Trocknen bzw. Härten (Lufttrocknen, Einbrennen, Strahlenhärten) unterteilt werden kann.
Als eine typische Problemstellung aus der Lacktechnologie sei – stellvertretend für viele andere – die Balance zwischen Verlauf und Ablauf eines Lackes genannt: Nach dem Applizieren (Aufbringen) eines Lackes soll dieser im Normalfall eine ebene Oberfläche ausbilden. Hierzu müssen sich die durch das Applizieren entstandenen Unebenheiten, wie Pinselfurchen, Tröpfchengebirge (vom Spritzen) oder Walzstrukturen, durch Verlaufen selbstständig einebnen, solange der Lack noch ausreichend fließfähig, d.h. nicht zu trocken ist. Andererseits darf der Lack an senkrechten Oberflächen im noch fließfähigen Zustand nicht ablaufen, da dies zu „Nasen“, „Gardinen“ und ähnlichen hässlichen Läufern führen würde. Man sieht also, dass hier zwei sich widersprechende Eigenschaften vom Lack gefordert sind, welche man nur durch ausgeklügelte Rezeptierung und Applikationsbedingungen ausbalancieren kann.
Im Einzelnen spielen bei diesem Problem folgende Parameter eine Rolle:
• Rauheit des Untergrundes
• Form und Stärke der Anfangsunebenheit des Nassfilms
• Abdunstverhalten des Lösemittels bzw. Lösemittelgemisches
• Viskositätsveränderung beim Abdunsten
• Rheologisches Verhalten (newtonsch, strukturviskos, thixotrop)
• Oberflächenspannung (Größe und Gleichmäßigkeit)
• Neigung der betrachteten Fläche.
Dieses Beispiel zeigt nicht nur, wie komplex die Lacktechnologie ist, sondern auch, dass die Entwicklung von Lacken und anderen Beschichtungsstoffen vielfach die genaue Abstimmung der Materialeigenschaften auf die speziellen technologischen Bedingungen in den einzelnen Lackieranlagen erfordert. (Entsprechendes gilt natürlich im Prinzip auch für verwandte Produktklassen wie für viele Kleb- und Dichtstoffe.)
1.5 Quellen und weiterführende Literatur zu Kapitel 1
[1] G. Benzing et al.: Pigmente und Farbstoffe für die Lackindustrie. 2. Aufl., Expert-Verlag, Ehningen 1992
[2] H. Biegel: Industrielacke (Die Bibliothek der Technik, Bd. 39). Verlag moderne Industrie, Landsberg/Lech 1990
[3] Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 22, 19. Aufl., F. A. Brockhaus GmbH, Mannheim 1993
[4] EN ISO 4618:2014
[5] Farbe und Lack, 121, 05. 2015, S. 14: Produktionsstatistik 4. Quartal 2014
[6] A. Goldschmidt, B. Hantschke, E. Knappe, G.-F. Vock: Glasurit-Handbuch Lacke und Farben. Curt R. Vincentz Verlag, Hannover 1984
[7] A. Goldschmidt, H.-J. Streitberger: BASF Handbuch Lackiertechnik. BASF Coatings GmbH/Vincentz Network, Münster/Hannover 2014
[8] H. Kittel: Lehrbuch der Lacke und Beschichtungen. 2. Aufl., Bd.1, S. Hirzel Verlag, Stuttgart · Leipzig 1998
[9]Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie e.V. (VDL), Homepage: www.lackindustrie.de, Graphik „Produktion umweltschonender Lacke und Farben in Tonnen“
[10] T. Brock und M. Dornbusch, Hochschule Niederrhein: mündliche Informationen
1Der Begriff „Farbe“ wird in diesem Abschnitt nicht nur für einen Sinneseindruck (gelb, grün, rot usw.), sondern – wie umgangssprachlich üblich – auch für einen pigmentierten Lack bzw. Anstrichstoff verwendet.