Leonce und Lena von Georg Büchner - Textanalyse und Interpretation - Georg Büchner - E-Book

Leonce und Lena von Georg Büchner - Textanalyse und Interpretation E-Book

Georg Büchner

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Beschreibung

Spare Zeit und verzichte auf lästige Recherche! In diesem Band findest du alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst – ohne das Buch komplett gelesen zu haben. Alle wichtigen Infos zur Interpretation sowohl kurz (Kapitelzusammenfassungen) als auch ausführlich und klar strukturiert. Inhalt: - Schnellübersicht - Autor: Leben und Werk - ausführliche Inhaltsangabe - Aufbau - Personenkonstellationen - Sachliche und sprachliche Erläuterungen - Stil und Sprache - Interpretationsansätze - 6 Abituraufgaben mit Musterlösungen NEU: exemplarische Schlüsselszenenanalysen NEU: Lernskizzen zur schnellen Wiederholung Layout: - Randspalten mit Schlüsselbegriffen - übersichtliche Schaubilder NEU: vierfarbiges Layout In Büchners Lustspiel Leonce und Lena entrinnen beide der Zwangsehe miteinander, wobei sie sich – unwissend der gegenseitigen Herkunft – ineinander verlieben.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 236

Textanalyse und Interpretation zu

Georg Büchner

Leonce und Lena

Rüdiger Bernhardt

Alle erforderlichen Infos zur Analyse und Interpretation plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgaben: Büchner, Georg: Woyzeck. Ein Fragment. Leonce und Lena. Ein Lustspiel. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte Verlag, 2021 (148. Hamburger Leseheft, Heftbearbeitung: Uwe Lehmann). Büchner, Georg: Woyzeck. Leonce und Lena. Hrsg. von Burghard Dedner. Stuttgart: Reclam, 2020 (Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18420).

Zitiert wird durch nachgestellte Seitenangabe, z.B. HL 29 oder R 43. Auf einige Unterschiede zwischen den beiden Vorlagen wird durch ( ) in den Zitaten hingewiesen.

Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. sc. phil. Rüdiger Bernhardt lehrte neuere und neueste deutsche sowie skandinavische Literatur an Universitäten des In- und Auslandes. Er veröffentlichte u.a. Studien zur Literaturgeschichte, zur Antikerezeption und zur Bewegung schreibender Arbeiter, Monografien zu Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, August Strindberg, Peter Hille, Julius Mosen und Christoph Hein, gab die Werke Ibsens, Peter Hilles, Hermann Conradis und anderer sowie zahlreiche Schulbücher heraus. Von 1994 bis 2008 war er Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Stiftung Kloster auf Hiddensee. 1999 wurde er in die Leibniz-Sozietät gewählt und 2018 mit dem Vogtländischen Literaturpreis ausgezeichnet.

1. Auflage 2022

978-3-8044-7067-5

© 2022 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Ole Lagerpusch als Leonce und Katrin Wichmann als Lena in einer Inszenierung des Thalia Theaters Hamburg 2008 © picture-alliance / dpa | Bodo Marks

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

 

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

 

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Verknüpfungen zu den Online-Aufgaben Im Abschnitt 6 „Prüfungsaufgaben“ finden Sie einen Hinweis zu zwei kostenlosen zusätzlichen Aufgaben. Diese Aufgaben können über die Webseite des Verlages aufgerufen werden. Tippen Sie auf die Verknüpfung und Sie werden direkt zu den Online-Aufgaben geführt. Dazu wird in den Web-Browser Ihres ePub-Readers gewechselt – sofern Ihr ePub-Reader eine Verbindung zum Internet unterstützt und über einen Web-Browser verfügt.

 

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Inhaltsverzeichnis

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Georg Büchner: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Deutschland nach dem Wiener Kongress

Auseinandersetzung mit Romantik und Frühkommunismus

Büchner und das Junge Deutschland

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

3. Textanalyse und -Interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

Ein Preisausschreiben und seine Folgen

Historisches Material als Quellen

Das romantische Lustspiel und romantische Literatur

Die Werke William Shakespeares

Die Commedia dell arte

Goethes Faust, Werther und Der Triumph der Empfindsamkeit (1787)

E. T. A. Hoffmanns Der Sandmann aus den Nachtstücken (1817) und anderes

3.2 Inhaltsangabe

Einführung

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

3.3 Aufbau

Die aristotelische Struktur

Die dramaturgische Anlage

Das Stück als Kreislauf

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Leonce

Lena

König Peter

Valerio

Rosetta

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

3.6 Stil und Sprache

Der gestörte Dialog und groteske Stilmittel

Parodistische Elemente

3.7 Interpretationsansätze

Eindeutiges Weltbild, mehrdeutige Werke

Der Fatalismus als Thema

Die Maske des Narren und der Wert sinnvoller Tätigkeit

Die Frage „Wer bin ich?“

3.8 Schlüsselszenenanalysen

4. Rezeptionsgeschichte

5. Materialien

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 **

Aufgabe 2 ***

Aufgabe 3 *

Aufgabe 4 **

Aufgabe 5 *

Aufgabe 6 ***

Lernskizzen und Schaubilder

Literatur

1) Ausgaben

Zitierte Ausgaben

Weitere Ausgaben, Gesamtausgaben

2) Lernhilfen und Kommentare für Schüler

3) Sekundärliteratur

4) Verfilmung

5) Opern nach dem Lustspiel

6) Sonstiges

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich Leser:innen in diesem Band rasch zurechtfinden und das für sie Interessante gleich entdecken, folgt eine Übersicht.

 

Im 2. Kapitel wird Georg Büchners Leben beschrieben und auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund verwiesen:

Georg Büchner lebte von 1813 bis 1837 im Großherzogtum Hessen, in Straßburg und in Zürich.

Die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 änderte die europäischen Machtstrukturen. 1815 wurden durch den Wiener Kongress die politischen Verhältnisse von vor der Französischen Revolution von 1789 weitgehend wiederhergestellt. Die Literaturbewegung des Jungen Deutschland kritisierte diese Entwicklung und wurde 1835 verboten. Parallel dazu begann die industrielle Revolution; die Arbeiterklasse und ihre Organisation entstanden. Das Großherzogtum Hessen war ein Kleinstaat und rückständiges Agrarland. Die sozialen Widersprüche brachen hier schroffer als in anderen Regionen auf.

Georg Büchners Stück Leonce und Lena ist ein deutsches Lustspiel. Es wurde 1838 teilweise von Karl Gutzkow und 1850 erstmals vollständig in den Nachgelassenen Schriften Georg Büchners veröffentlicht. Erst nach 1879, dem Jahr der von Karl Emil Franzos veröffentlichten Gesamtausgabe Büchners, und nach der Uraufführung 1895 fand es Publikum und Aufmerksamkeit.

Entstanden ist das Stück nach Dantons Tod (1835) und vor/parallel zu Woyzeck (1836). Waren Büchners Themen zuvor die Revolution und dann das determinierte und entfremdete Individuum im Frühkapitalismus des 19. Jahrhunderts, geht es in Leonce und Lena um Kunst und Gestaltungsmöglichkeiten des Lebens.

Im 3. Kapitel wird eine Textanalyse und -interpretation geboten.

Leonce und Lena – Entstehung und Quellen:

Die erste Fassung des Lustspiels entstand in kurzer Zeit im Frühsommer 1836 für ein Preisausschreiben, dafür kam es jedoch zu spät. Es blieb trotz Veröffentlichung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts unbekannt. Aktuelle Ereignisse und zahlreiche literarische Einflüsse wurden vom Dramatiker verarbeitet. Dazu gehörten parodistische Beziehungen zur Romantik; erkennbar sind zudem Namensähnlichkeiten mit Clemens Brentanos Ponce de Leon (vordatiert 1804) und Werken Ludwig Tiecks sowie dramaturgische Übereinstimmungen mit Alfred de Mussets Fantasio (1834), Anleihen bei Werken George Sands wie Leone Leoni (1834) und in der Revue des Deux Mondes, bei Shakespeare, Cervantes u. a.

Inhalt:

Der Erbprinz Leonce lebt in Müßiggang und Langeweile; er will sich z. B. einmal auf den Kopf sehen. Menschliches Tun ist seiner Meinung nach zweck- und sinnlos. Leonce und Lena, Prinzessin von Pipi, erfahren, dass sie, ohne sich zu kennen, einander heiraten sollen. Beide fliehen unabhängig voneinander. – In einem Wirtshaus treffen sie aufeinander, ohne zu wissen, wer der jeweils andere ist. Sie verlieben sich ineinander. – König Peter, dessen Heiratskandidaten verschwunden sind, will die Hochzeit mit Automaten Valerios in effigie (wörtlich: im Bilde, gemeint: stellvertretend) durchführen. Es sind Leonce und Lena, die sich als Automaten maskiert haben. Nachdem sie erkannt werden, ist der König gerührt, tritt die Herrschaft an den Sohn ab, der sein Land zu einem künstlichen Paradies „hinaufdestillieren“ (R 79/HL 57) will. Der Narr Valerio wird Staatsminister und verkündet ein Schlaraffenland.

Chronologie und Schauplätze:

Das Lustspiel hält die aristotelische Dramaturgie ein, hebt sie aber vielfach durch Ironie und Parodie auf; das gilt auch dem Umgang mit romantischen Requisiten. Die Vorrede signalisiert, dass es um Gesellschaftskritik geht, denn nicht der „Ruhm“ für den Autor, sondern der Kampf gegen den „Hunger“ ist das letzte Wort davon. Der Handlungsort ist ein deutsches Duodezfürstentum um 1830, das man sich als Großherzogtum Hessen vorstellen kann.

Personen:

Die Hauptpersonen sind

Leonce

Kronprinz von Popo,

versucht der Welt Popos und seinem Leben zu entfliehen,

will ein Leben in Zeichen der romantischen Melancholie und Langeweile führen.

Lena

Prinzessin von Pipi,

sie erscheint natürlich und unverbildet, aber melancholisch,

versucht sich in den Werten der klassischen Erziehung.

König Peter

Herrscher von Popo,

denkunfähiger Herrscher ohne Beziehung zur Außenwelt,

gescheiterter Vertreter aufklärerischer Vernunft.

Valerio

Landstreicher, Narr und Partner von Leonce,

Spielgestalter, Konfliktlöser,

wird am Ende Staatsminister und erlässt Dekret des Arbeitsverbots.

Rosetta

Mätresse, die ihr Leben lebt,

bricht aus der Langeweile aus,

Alternative zur höfischen Hierarchie.

Stil und Sprache Georg Büchners:

Büchner verfügt über ein sprachliches Gespür und reagiert auf aktuelle Entwicklungen.

Er ist radikaler kritischer Realist und nimmt oft Naturalistisches vorweg – das bedeutet möglichst genaue und vollständige Wirklichkeitsbeschreibung, scheinbar „zufällige“ Wirklichkeitsausschnitte.

Alltagssprache und Fachsprache, auch Montagen romantischer Metaphern stehen nebeneinander.

Eine Besonderheit Büchners ist der „windschiefe Dialog“ zwischen den Gestalten, unter Einbeziehung grotesker Sprach- und Stilmittel, in dem sie sich nicht verstehen.

Nichtszenische Bestandteile (Vorrede, Mottos) geben grundsätzliche Orientierungen.

Verschiedene Interpretationsansätze bieten sich an:

Langeweile und Fatalismus sind Lebensformen der bürgerlich-kapitalistischen Entwicklung und führen zu Melancholie und Müßiggang; sie verbinden sich mit dem Verlust gesellschaftlicher Bindungen und der Individualität.

Die Gesellschaftskritik Büchners betrifft feudalen Absolutismus und Frühkapitalismus. Die Maske des Narren dient als Waffe des Geistes, um sich der Langweile zu entziehen, ohne Alternativen zu besitzen.

Ein philosophisches Begriffssystem zum Verständnis der Welt von Descartes und Spinoza, Kant, Schopenhauer bis Hegel wird vom König Peter eingesetzt. Büchner steht den Begriffen kritisch gegenüber.

Die Rolle der Kunst für die Ausbildung der Individualität wird zum zentralen Thema.

Rezeptionsgeschichte:

Das Lustspiel hat unterschiedliche bzw. gegensätzliche Urteile erfahren, eine Ursache liegt in der Vielfältigkeit der von Büchner benutzten Quellen.

Beim Erscheinen des Stückes 1850 gab es zunächst kaum Reaktionen. Der späte Rezeptionsbeginn (nach 1895) bestätigt die erstaunliche Rolle, die Georg Büchner im deutschen Naturalismus spielte.

Heute wird Leonce und Lena vor allem als satirisches und groteskes Stück gelesen, das mit der versöhnlichen Heiterkeit von Lustspielen nichts mehr zu tun hat, dafür aber bis in die Nähe des absurden Theaters gerückt wird[1]: Leonce und Lenas Schicksal erscheint als Beispiel radikaler Absurdität.

Andererseits werden die romantischen Bezüge des Stücks als Satire und Karikatur auf menschliche Moral, auf Kunst und romantisches Lebensgefühl betrachtet.

2. Georg Büchner: Leben und Werk

2.1 Biografie[2]

Georg Büchner

(1813–1837)© picture alliance / dpa / dpa

Jahr

Ort

Ereignis

Alter

1813

Goddelau (Großherzogtum Hessen)

17. Oktober: Karl Georg Büchner als Sohn des Arztes Ernst Karl B. und seiner Ehefrau Caroline Louise B., geb. Reuß, geboren.

 

1816

Darmstadt

Vater wird Bezirksarzt und Großhrzl. Medizinalrat.

3

1819

 

Erster Unterricht durch die Mutter bis 1820.

6

1821

Darmstadt

„Privat-Erziehungs- und Unterrichtsanstalt“ (Dr. Karl Weitershausen).

8

1824

Darmstadt

Bruder Ludwig Büchner geboren (gest. 1899); mit seinem Buch Kraft und Stoff (1855) propagierte der Arzt später einen mechanischen Materialismus, der im Naturalismus einflussreich war.

11

1825

Darmstadt

Ostern: Aufnahme ins Gymnasium (Großhrzl. Pädagog). Lektüre: Homer, Shakespeare, Goethe, Schiller, Jean Paul, Tieck, Herder, Heine und Volkspoesie u. a.

11

1828

Darmstadt

Zirkel von Primanern, in dem religiöse, moralische und politische Fragen diskutiert werden.

15

1829

Darmstadt

Schulrede, dabei Fichtes Reden an die deutsche Nation, B.s Lieblingslektüre, verwendet.

16

1830

Darmstadt

29. 9.: Rede zur Schulabschlussfeier über Verteidigung des Kato von Utika: B. lobt den republikanischen Römer und zieht ihn Cäsar vor. Er versteht das wie Schiller als Ausdruck der Freiheit.

17

1831

Darmstadt

März: Öffentliche Abiturrede, Reifezeugnis.

17

Straßburg

Medizinstudium; wohnt bei dem verwandten Pfarrer Jaeglé, in dessen Tochter Louise Wilhelmine (Minna) Büchner sich verliebt.

18

Straßburg

17. November: durch Studienfreund Eugen Boeckel Kontakt zur Studentenverbindung „Eugenia“, die sich um elsässische Volksdichtung bemüht und Büchner zum hospes perpetuus (Dauergast) ernennt, da nur Theologen teilnehmen dürfen. Mittelpunkt sind die Brüder Adolph (1811–92) und August (1808–84) Stöber, B. befreundet sich mit ihnen.

18

1832

Straßburg

März: heimliche Verlobung Büchners mit Wilhelmine (Minna); Büchner spricht mehrfach in „Eugenia“ über die unhaltbaren gesellschaftlichen Zustände und soziale Gegensätze von Arm und Reich, das weist auf die Kenntnis der Ideen Henri de Saint-Simons (1760–1825) und des von ihm beeinflussten Louis-Auguste Blanqui (1805–1881) hin.[3]

19

Paris

Juni: Volksaufstand, die „Eugenia“ wird politisiert: Themen ihrer Beratungen sind die Verderbtheit der deutschen Regierungen, die zerstörerischen Gegensätze von Arm und Reich, eine universelle Republik, die Vereinigten Staaten von Europa, Saint-Simonismus und religiöse und soziale Erneuerung.[4]

 

1833

Frankfurt a.M.

3. April: Frankfurter Wachensturm. Bekenntnis zum Umsturz der Verhältnisse, Bekanntschaft mit Saint-Simonisten.

19

Darmstadt

Juni: Wanderung durch die Vogesen; Ende Juli: Rückkehr ins Großherzogtum, um die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Jahre an der Landesuniversität Gießen zu studieren.

 

Gießen

31. Oktober: Immatrikulation an der Universität Gießen und Interesse für vergleichende Anatomie.

20

Darmstadt

Nach Erkrankung (Hirnhautentzündung) Rückkehr ins Elternhaus.

 

1834

Gießen

Lebenskrise: sogenannter Fatalismusbrief[5] an Minna; Januar: Fortsetzung des Studiums. Büchner lernt den „roten August“ (August Becker, 1814–71) kennen, der ihn an den Pfarrer Friedrich Ludwig Weidig vermittelt. Liest Goethes Werther, Romane Laurence Sternes und Jean Pauls.

20

Gießen

Mitte März/April: Gründung der Gesellschaft der Menschenrechte (erste frühkommunistisch revolutionäre Vereinigung in Deutschland). Erarbeitet die Flugschrift Der Hessische Landbote, von Weidig entschärft.

 

Straßburg

Ostern: offizielle Verlobung mit Wilhelmine (Minna) Jaeglé.

 

Darmstadt

Mitte April: Gründung einer Sektion der Gesellschaft der Menschenrechte.

 

Ruine Badenburg (bei Gießen)

Juli: Gründungsversammlung des „Pressvereins“ auf Betreiben Weidigs: Rahmenprogramm für Flugschriften. Büchners Hinwendung zu „Proletariern“ stößt auf Widerspruch.

20

Butzbach

u. a.

Nach der Verhaftung des Mitkämpfers Minnigerode bei der Verteilung des Hessischen Landboten warnt Büchner die Freunde in Mannheim und Frankfurt. Der drohenden Verhaftung entgeht Büchner durch resolutes Auftreten und ein fingiertes Alibi.

 

Darmstadt

Büchner bereitet sich auf das Examen vor, Beschäftigung mit der Französischen Revolution.

 

Darmstadt

Herbst: politische Arbeit in der Gesellschaft, Waffenübungen, Vorbereitung der Befreiung Minnigerodes u. a.

21

1835

Darmstadt

Konspirative Tätigkeit, gerichtliche Vorladungen, Arbeit an Dantons Tod, Manuskript an Karl Gutzkow gesandt (erscheint unvollständig in der Zeitschrift Phönix).

 

Straßburg

März: Flucht vor drohender Verhaftung über die französische Grenze ins Exil; er meldet sich als Jacques Lutzius bei den Behörden. Freundschaft mit Wilhelm und Caroline Schulz, dauert bis zu Büchners Tod.

 

Frankfurt

18. Juni: Steckbrief Büchners erscheint; Büchner übersetzt Dramen Victor Hugos. Er arbeitet an einem Kurs/Vorlesungen über die philosophischen Systeme der Deutschen seit Descartes (Cartesius) und Spinoza.

21

Straßburg

Beginn mit der Untersuchung über das Nervensystem der Fische für die Promotion.

 

1836

Straßburg

Die Sociéte d‘histoire naturelle de Strasbourg ernennt ihn zum Mitglied, nachdem er über seine wissenschaftlichen Untersuchungen mehrfach vor ihr gesprochen hat.

22

Straßburg

Juni: Leonce und Lena für Preisausschreiben des Cotta-Verlages (1. 1. 1836) entstanden 3. Juli: eingeschickt zum Wettbewerb bei Cotta, wegen Verspätung ungeöffnet zurück. Juli: Arbeit am Woyzeck und am verschollenen Drama Pietro Aretino. Besuch der Mutter, Schwester Mathilde.

 

Zürich

3. September: Die Universität verleiht Büchner die „philosophische Doktorwürde“.

 

Zürich

18. Oktober: Übersiedlung nach Zürich. Umgang mit deutschen Exilanten. 5. Nov.: Probevorlesung, Privatdozent.

23

1837

Zürich

Januar: Büchner kündigt drei Dramen an. Erkrankt an Typhus.

23

Zürich

19. Februar: Tod Büchners in seinem 24. Lebensjahr in Anwesenheit von Wilhelmine Jaeglé. Zwei Tage später Beerdigung unter großer Teilnahme auf dem „Krautgarten“-Friedhof der Gemeinde Großmünster.

 

1875

Zürich

Überführung der Gebeine auf den Friedhof am Zürichberg. Auf dem Grabstein stehen Verse Georg Herweghs: „Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab, / Der Verse schönsten nimmt er mit hinab.“ (1841)

 

1895

München

31. Mai: Uraufführung von Leonce und Lena durch Naturalisten wie Max Halbe, Ernst von Wolzogen u. a.

 

1997

Goddelau

Im Geburtshaus wird ein Museum eröffnet.

 

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Zusammenfassung

Georg Büchners dramatische Werke Dantons Tod, Leonce und Lena und Woyzeck bilden eine Einheit, die einen zeitgeschichtlichen Verlauf unter verschiedenen Aspekten betrachtet.

Das Lustspiel Leonce und Lena behandelt ironisch absolutistische Herrschaft, Lebensmöglichkeit und Willensfreiheit, es wirft auch eine kritische Sicht auf die Romantik und ebenso auf die sozialen Verhältnisse im Feudalismus.

Büchners kurzes Leben zwischen Karlsbader Beschlüssen 1815, Julirevolution 1830 in Paris, Attentat auf König Louis-Philippe 1835, Verhaftung, Verurteilung und am 19. Februar 1836 Hinrichtung des Attentäters Guiseppe Fieschis[6] umreißen einen welthistorischen Veränderungsprozess.

Er wollte nicht zum Jungen Deutschland gerechnet werden, ging aber mit vielen seiner Ansichten mit diesem konform und in seinen sozialen Analysen (Der Hessische Landbote, 1834) darüber hinaus.

Deutschland nach dem Wiener Kongress

Die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 veränderte die Welt. Die napoleonische Herrschaft über Europa war zu Ende; der Wiener Kongress 1815 restaurierte die überholten Machtverhältnisse der feudalen Duodezherrscher (Fürsten über kleine und zersplitterte Herrschaftsgebiete) und damit die territoriale Zerrissenheit auf dem Gebiet des Deutschen Bundes. Das spiegelt sich in Büchners Lustspiel wider: Valerio und Leonce durcheilen in einem halben Tag 18 Fürstentümer und Großherzogtümer und ein paar Königreiche (R 60/HL 42); das Reich Popo ist so winzig, dass es vom Schlossfenster aus zu kontrollieren ist. Doch hatten sich in dieser Zeit eine patriotische Kraft und eine deutsche Nationalität entwickelt, die sich nicht mehr verdrängen ließ. Hinzu kamen die von Napoleon eingeführten bürgerlichen Rechte durch die Einführung des Code civil (1804) und ein sichtbarer politisch-ökonomischer Fortschritt in den Rheinbundstaaten. In der Bildung hatten sich eine neuhumanistische und eine naturwissenschaftlich geprägte Ausbildung durchgesetzt und waren an die Seite klassischer Fächer getreten; politische und soziale Interessen der Schüler entwickelten sich. Insofern wurde die Julirevolution 1830 für Denker wie Büchner die Erfahrung des Kampfes um bürgerliche Rechte und Freiheiten.

Auseinandersetzung mit Romantik und Frühkommunismus

Heute wird Georg Büchner als bedeutendster deutscher Schriftsteller am Beginn eines Realismus gesehen, der das 19. Jahrhunderts prägte. Mit dieser Entwicklung vollzog sich bei diesem Schriftsteller, ähnlich wie bei Heinrich Heine (1797–1856), die Auseinandersetzung mit der Romantik. Dieser Vorgang findet sich auch in Leonce und Lena. „Alles, was man je als ‚romantisch‘ empfand in Klang und Weltsicht, findet seinen Ort und Anteil in Büchners Lustspiel.“[7]

Das Lustspiel ist parallel zum sozialkritischen Fragment Woyzeck entstanden. Neben Schriftstellern, die Büchner vertraut waren, wurden die deutsche Romantik und das klassische Erziehungsideal thematisiert und parodiert. Die Romantik war eine verbreitete philosophische und ästhetische Strömung und Epoche, die sich international unterschiedlich entwickelte. Das bildete das Pendant zu einem frühkommunistischen revolutionären Denken, wie es in Büchners Flugschrift Der Hessische Landbote (1834) erkennbar ist. Dazu kommen soziale Überlegungen Claude Henri de Saint-Simons (1760–1825) und seiner Saint-Simonisten, auch frühsozialistischer Revolutionäre wie Louis-August Blanqui (1805–1881)[8] und George Sand (1804–1876). Blanqui erklärte z. B. das Steuerrecht als Instrument, „dessen sich die Minderheit zur Ausbeutung der großen Mehrheit bedient“[9], ein Gedankengang, der den Hessischen Landboten prägt. Wenn Blanqui erklärte: „Die Steuern sind eine Beraubung der arbeitenden Klassen durch die Müßiggänger“[10], so hieß es in Büchners Landboten nach einer Aufstellung der Steuern: „Das Geld ist der Blutzehnte, der vom Leib des Volkes genommen wird.“[11]

Der Büchner-Biograf Hermann Kurzke nennt Büchner abschätzig einen „geniale(n) Quellenplünderer“ – eine zwiespältig-unpassende Wertung, da Büchner seine Quellen gezielt nannte – und schrieb seine Genialität einem „delirierende(n) Büchner“[12] zu, der diese Delirien „im Wahnsinn seines Lenz“ formuliert habe. Das ist für Kurzke eine Begründung für den Romantiker und „bedeutende(n) Christ(en)“ Büchner, der den Realisten und Atheisten Büchner verdrängt habe. Dagegen gebe es laut Kurzke für „einen Frühsozialismusdiskurs im Werk Büchners … nur wenige belastbare Belege“[13]. Doch nur mit Fantasie sind Büchners revolutionäre Ambitionen zu negieren; Kurzke hat diese Fantasie, denn er bezieht seine Belege aus „Imagination“[14] oder Fakten, die „experimentell (…) zu ersetzen“[15] seien. Hans Mayer, der Begründer der modernen Büchner-Forschung, hat dagegen das Romantische in Büchners Werken bereits 1946 auf den Punkt gebracht: Das Lustspiel Leonce und Lena, in dem viel Romantisches zu finden ist, sei

„ein Gebilde, das mit der deutschen Romantik in seiner eigentlichen Substanz nichts mehr zu tun hat. Dies ist nicht mehr (…) ein romantisches Spiel auf der Grenze zwischen Kunst und Natur, sondern eine Dichtung, die sich bewährter literarischer Rezepte der Romantiker zu durchaus unromantischen Zwecken bedient.“[16]

Büchner und das Junge Deutschland

Georg Büchner forderte den sozial-engagierten Kampf und führte ihn, deshalb wurde er verfolgt. Seine Schriften galten als unsittlich, und mit dem Jungen Deutschland, von dem er sich vorsorglich distanzierte[17], geriet er in Verruf. Seine Ansichten waren jedoch radikaler als die des Jungen Deutschland. Er forderte die Fokussierung auf das unterdrückte Volk und die sozialen Gegensätze